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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB220058
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB220058 vom 08.02.2024 (ZH)
Datum:08.02.2024
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Raufhandel
Schlagwörter : Zelle; Schuldig; Verletzung; Privatkläger; Beschuldigte; Einandersetzung; Anklage; Auseinandersetzung; Schlagen; Zungen; Digten; Schuldigten; Verletzungen; Beschuldigten; Vorinstanz; Berufung; Recht; Geschlagen; Sinne; Körper; Vatklägers; Privatklägers; Erstellt; Faust; Tätlichkeit; Tätlichkeiten; Raufhandel; Urteil; Amtlich; Perverletzung
Rechtsnorm: Art. 106 StGB ; Art. 122 StGB ; Art. 123 StGB ; Art. 126 StGB ; Art. 133 StGB ; Art. 134 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 138 StPO ; Art. 147 StPO ; Art. 29 StPO ; Art. 30 StPO ; Art. 32 StReG ; Art. 325 StPO ; Art. 344 StPO ; Art. 350 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 424 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 47 OR ; Art. 49 OR ; Art. 59 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 83 StPO ; Art. 9 StPO ;
Referenz BGE:106 IV 246; 106 IV 253; 107 IV 40; 137 IV 1; 139 IV 168; 141 IV 249; 141 IV 454; 143 III 65; 146 IV 297;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Strafkammer

    Geschäfts-Nr.: SB220058-O/U/cwo

    Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. S. Volken, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.

    1. Kessler und Ersatzoberrichterin lic. iur. S. Nabholz sowie Gerichtsschreiberin MLaw A. Sieber

Urteil vom 8. Februar 2024

in Sachen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, vertreten durch Staatsanwältin Dr. iur. I. Meier, Anklägerin und I. Berufungsklägerin (Rückzug)

sowie

  1. ,

    Privatkläger und II. Berufungskläger

    unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter

amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

betreffend Raufhandel

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Dielsdorf, I. Abteilung, vom 13. Juli 2021 (GG210024)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 25. Juni 2021 (Urk. 44) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 65 S. 34 f.)

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte B. wird vom Vorwurf des Raufhandels im Sinne von Art.

    133 Abs. 1 StGB freigesprochen.

  2. Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers wird abgewiesen.

  3. Die Entscheidgebühr und die Gebühr für das Vorverfahren fallen ausser Ansatz; die übrigen Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Die Entschädigung von Rechtsanwältin lic. iur. Y. für die amtliche Verteidi- gung des Beschuldigten wird auf Fr. 11'377.30 (Fr. 10'461.– Aufwand, Fr. 102.90 Barauslagen und Fr. 813.40 Mehrwertsteuer) festgesetzt.

  5. (Mitteilung)

  6. (Rechtsmittel)

    Berufungsanträge:

    1. Des unentgeltlichen Rechtsvertreters des Privatklägers A. : (Urk. 69 S. 2)

      1. Es sei Ziffer 1 des Urteils des Bezirksgerichts Dielsdorf (GG210024-D) vom 13. Juli 2021 aufzuheben und es sei der Beschuldigte und Berufungsbeklagte B. des Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB, eventualiter des Raufhandels nach Art. 133 StGB sowie wegen einfa- cher Körperverletzung nach Art. 123 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen;

      1. Subeventualiter sei der Berufungsbeklagte B. wegen Tätlichkei- ten nach Art. 126 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen;

      2. Es sei Ziffer 2 des Urteils des Bezirksgerichts Dielsdorf (GG210024-D) vom 13. Juli 2021 aufzuheben und es sei der Beschuldigte und

Berufungsbeklagte B.

unter solidarischer Haftung der Beschuldigten C.

sowie D.

zur Bezahlung einer Genugtuung von

CHF 3'000.– an den Privatkläger und Berufungskläger A. zu ver- pflichten;

unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. MWSt).

  1. Der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten B. : (Prot. II S. 14 f.; sinngemäss)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

  2. Der Staatsanwaltschaft:

    (Urk. 66 und Urk. 85; schriftlich)

    Rückzug der Anschlussberufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

    Erwägungen:

    1. Verfahrensgang

      1. Zum Prozessverlauf bis zum erstinstanzlichen Urteil kann auf die Ausführ- ungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 65 S. 3). Das erstinstanzliche Verfahren gegen den Beschuldigten A. wegen versuchter vorsätzlicher Tö- tung und Raufhandel wurde unter der Geschäftsnummer DG200021-D und die

        Verfahren gegen die Beschuldigten D. , B.

        und C.

        unter den

        Geschäftsnummern GG210023-D (D. ), GG210024-D (B. ) und GG210025-D (C. ) geführt. A. nahm in den Verfahren gegen D. , B. und C. betreffend Raufhandel jeweils als Privatkläger teil, während

        B.

        und D.

        im Verfahren gegen A.

        als Privatkläger auftraten.

        Gestützt auf Art. 29 Abs. 1 StPO wurden alle Verfahren vor der Vorinstanz ge- meinsam beurteilt (Urk. 65 S. 3). Mit Urteilen vom 13. Juli 2021 wurden alle Betei- ligten vom Vorwurf des Raufhandels freigesprochen. A. wurde wegen ver- suchtem Totschlag schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten bestraft.

      2. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (nachfolgend: Staatsanwalt- schaft) sowie der Privatkläger A. (nachfolgend: Privatkläger oder A. ) meldeten jeweils fristgerecht Berufung gegen die freisprechenden Urteile vom

      13. Juli 2021 in den Verfahren gegen B. (nachfolgend: Beschuldigter oder B. ), D. (nachfolgend: D. ) und C. (nachfolgend: C. ) betreffend Raufhandel an und reichten im vorliegenden Verfahren gegen den Be-

      schuldigten B.

      fristgerecht ihre Berufungserklärungen ein (Urk. 66 und

      Urk. 69). Anzufügen ist, dass A. und die Staatsanwaltschaft auch Berufung gegen das Urteil in Sachen A. anmeldeten und fristgerecht ihre Berufungs- erklärungen einreichten (vgl. SB220061-O).

      1. Mit Präsidialverfügung vom 16. Februar 2022 wurden im vorliegenden Ver-

        fahren dem Beschuldigten, dem Privatkläger A.

        sowie der Staatsanwaltschaft eine Kopie der jeweiligen Berufungserklärungen zugestellt und Frist ange- setzt, um Anschlussberufung zu erheben oder ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen. Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft

        Frist angesetzt, um zum Antrag des Privatklägers A.

        auf Bewilligung der

        unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung Stellung zu nehmen (Urk. 71). Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit ihrer Eingabe vom 22. Februar 2022 (Poststempel) auf eine Anschlussberufung (Urk. 73) und beantragte die Ab- weisung des Gesuchs des Privatklägers A. auf Bewilligung der unentgeltli- chen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung (Urk. 75). Mit Präsidialverfügung vom 17. März 2022 wurde dem Privatkläger A. die unentgeltliche Rechts- pflege gewährt und in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unent- geltlicher Rechtsbeistand bestellt (Urk. 77).

      2. Mit Eingabe vom 15. Juni 2023 zog die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurück (Urk. 85).

      3. Am 17. November 2022 wurden die Parteien des vorliegenden Verfahrens

        sowie die Parteien der Berufungsverfahren in Sachen A.

        (SB220061-O),

        D.

        (SB220062-O) sowie C.

        (SB220060-O) zur gemeinsamen Berufungsverhandlung auf den 6. und 7. März 2023 vorgeladen (Urk. 79). Dieser Ter- min musste wegen Erkrankung eines Gerichtsmitglieds kurzfristig abgesagt wer- den. Am 16. Mai 2023 wurden die Parteien neu auf den 14. September 2023 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 83). Am 14. September 2023 erschienen

        die Beschuldigten A. , B.

        und D.

        in Begleitung ihrer amtlichen

        Verteidigungen sowie die Staatsanwältin Dr. iur. Meier. Der Beschuldigte C. erschien unentschuldigt nicht (Prot. II S. 5 f.). Das Gericht ordnete in Beachtung des Beschleunigungsgebots und im Einverständnis sämtlicher Parteien an, das

        Verfahren gegen A.

        betreffend versuchter Tötung an der Berufungsver-

        handlung vom 14. September 2023 durchzuführen und von den Verfahren in Sa-

        chen B. , C.

        und D.

        abzutrennen (Art. 30 StPO; Prot. II S. 7).

        Anzufügen ist, dass der Freispruch von A. vom Vorwurf des Raufhandels bereits rechtskräftig und nicht Gegenstand seines Berufungsverfahren (SB220061-O) war.

      4. In der Folge wurden die Beschuldigten B. , C.

        (SB220060-O)

        und D.

        (SB220062-O) sowie der jeweils als Privatkläger auftretende

        A.

        am 12. Dezember 2023 zu einer gemeinsamen Berufungsverhandlung

        auf den 8. Februar 2024 vorgeladen (Urk. 88), zu welcher C. und D. in Begleitung ihrer amtlichen Verteidiger und der Privatkläger in Begleitung seines unentgeltlichen Rechtsvertreters erschienen sind (Prot. II S. 8). Die amtliche Ver- teidigerin des Beschuldigten stellte zu Beginn der Berufungsverhandlung ein Ge- such um Erlass des persönlichen Erscheinens des Beschuldigten zur Berufungs- verhandlung, welches bewilligt wurde (Prot. II S. 11 f.).

      5. Es waren keine Vorfragen und keine Beweisanträge zu entscheiden. Der Beschuldigte liess ausdrücklich keine Anträge stellen (Prot. II S. 14 f.). Das Ver- fahren erweist sich als spruchreif.

    2. Prozessuales

  1. Umfang der Berufung

    1. Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt.

    2. Der Privatkläger A.

      verlangt mit seiner Berufung die Aufhebung der

      Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Urteils und die Bestrafung des Beschuldig- ten wegen Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB, eventualiter wegen Raufhandels nach Art. 133 StGB sowie wegen einfacher Körperverletzung nach Art. 123 Ziff. 1 StGB und subeventualiter wegen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB. Des Weiteren verlangt der Privatkläger A. die Aufhebung der Dispo- sitiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils und die Verpflichtung des Beschuldigten zur Bezahlung einer Genugtuung von Fr. 3'000.– an den Privatkläger A. un-

      ter solidarischer Haftung der Beschuldigten C. S. 2).

      sowie D.

      (Urk. 69

    3. Der Privatkläger hat seine Berufung nicht beschränkt (Urk. 69 S. 3), weshalb das vorinstanzliche Urteil grundsätzlich umfassend zu überprüfen ist (Art. 398 Abs. 2 StPO). Unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist immerhin die Fest- setzung des Honorars der amtlichen Verteidigung (Dispositiv-Ziffer 4), was vorab mittels Beschluss festzustellen ist.

    4. Vom Rückzug der Berufung der Staatsanwaltschaft (Urk. 85), ist Vormerk zu nehmen.

  2. Formelles

    Weiter ist darauf hinzuweisen ist, dass sich das urteilende Gericht nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Vielmehr kann sich die Berufungsinstanz auf die für ihren Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (vgl. BGE 146 IV 297 E. 2.2.7; BGE 143 III 65 E. 5.2; BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1403/2019 vom 10. Juni 2020 E. 2.5, m.w.H.). Soweit nachfolgend

    auf Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, er- folgt dies jeweils in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO.

  3. Strafantrag

A. hat sich als Privatkläger konstituiert und innert Frist Strafantrag gestellt (DG200021-D: Urk. 21/5).

III. Schuldpunkt

  1. Anklagevorwurf

    Im Kern wird dem Beschuldigten vorgeworfen, am 17. Mai 2020 in der Strafanstalt E. zusammen mit D. und C. in die Zelle von A. gestürmt zu sein und auf diesen eingeschlagen zu haben, wobei auch A. anfänglich mit der Faust auf sie eingeschlagen habe. Die Anklage gliedert sich – hier in aller Kürze zusammengefasst – in drei Teile (Urk. 44):

    Als Vorgeschichte wird ausgeführt, dass es vor dem Vorfall bei einem Fussball-

    spiel in der Strafanstalt zu einer Streitigkeit zwischen D.

    und A.

    ge-

    kommen sei, im Verlaufe welcher A. D. einen Kopfstoss (Schweden- kuss) versetzt habe, D. deshalb gestürzt sei und sich Schürfungen an bei- den Ellbogen zugezogen habe.

    Dann folgt eine Umschreibung des Tatablaufs: A. habe im Gang des Zel- lentrakts lautstark gefordert, D. solle zu ihm kommen. Dieser sei in der Folge zusammen mit B. und C. in den Gang gekommen. Dort sei provoziert und beleidigt sowie wild gestikuliert worden. A. und B. hätten unauffäl- lig Besteckmesser aus der Hosentasche geholt. Schliesslich seien B. , D. und C. in die Zelle von A. gestürmt. Ca. fünf bis zehn Sekun- den später sei D. wieder aus der Zelle gekommen und habe die Zellentüre zunächst weitgehend geschlossen, nach ein paar Sekunden wieder geöffnet und sodann schliesslich vollständig geschlossen. B. habe die Türe in der Folge von innen geöffnet, dann sei D. in die Zelle rein und B. sei im Türrah- men verblieben. In der Folge habe D. die Zelle verlassen und habe gewartet bis auch B. und C. nach ihm die Zelle verliessen (Anmerkung: das Ge-

    schehen im Zellentrakt ist durch Videos der Strafanstalt belegt; Urk. 92A = DG200021-D: Urk. 9/2-3; Urk. 8/2).

    In der Zelle habe B.

    ca. drei Mal kräftig mit der Faust auf den

    Kopf/Oberkörper und mindestens einmal mit einem Holzstuhl auf den Rü- cken/Nackenbereich von A. geschlagen. C. habe A. während ca. sechs bis sieben Sekunden in den Schwitzkasten genommen und mit der Hand mehrere Mal gegen den Kopf und mindestens einmal mit einem Holzstuhl auf den Rücken/Nackenbereich von A. geschlagen. D. habe zumindest einmal

    mit der Faust auf A.

    eingeschlagen. A.

    habe anfänglich mindestens

    drei Mal mit der Faust auf B. , C. und D. eingeschlagen. Danach habe er sich nur noch mit den Armen geschützt.

    Weiter werden in der Anklage die Verletzungen von A. , B. , C.

    und D.

    aufgeführt und dass die Beteiligten bewusst und gewollt an der

    wechselseitigen tätlichen Auseinandersetzung teilnehmen wollten.

    Unter dem Titel Nachgeschichte wird in der Anklage schliesslich festgehalten, dass nach dieser Auseinandersetzung D. (und auch B. und C. )

    wegelaufen war(en) und die Zellentüre geschlossen gewesen war. A.

    sei

    dann plötzlich aus der Zelle gestürmt und auf D. zugerannt und habe diesem von hinten mit einem Speisemesser mit grosser Wucht in den Nacken gestochen habe, wodurch D. umgefallen sei.

    Hinsichtlich der detaillierten Anklage ist auf diese zu verweisen (Urk. 44 S. 2-6).

  2. Standpunkte der Beteiligten

    Der Beschuldigte hat anerkannt, A. ca. drei bis vier Mal geschlagen zu ha- ben. A. habe aber auch ihn geschlagen. Es sei zwischen ihm und A. wechselseitig zu Schlägen gekommen. Es seien aber keine heftigen Schläge ge- wesen (Urk. 14/2 F/A 13, 25 f. und 28; Urk. 14/3 F/A 30). Er bestreitet indessen, dass A. – von ihm und/oder C. – mit dem Stuhl geschlagen worden sei (Urk. 14/2 F/A 31 f.; Urk. 14/3 F/A 30 f.). Sodann bestreitet er die in der Ankla- geschrift aufgeführten Verletzungen von ihm und C. und ist wie bereits vor

    Vorinstanz – wie auch C.

    und D.

    – der Ansicht, dass es sich bei

    sämtlichen in der Anklageschrift aufgeführten Verletzungen von der Schwere her nicht um einfache Körperverletzungen im Sinne von Art. 123 StGB handelt (Urk. 57 S. 2 ff.; Prot. II S. 15 und 17).

    Der Privatkläger bestreitet, die anderen drei Angreifer geschlagen zu haben. Vor Vorinstanz hat er ausgeführt, dass seine Verletzungen zwar nicht erheblich gewe- sen seien, aber nicht mehr als blosse Tätlichkeiten zu qualifizieren seien. Er habe erhebliche Schmerzen gehabt, habe das Bewusstsein verloren und einen Schock erlitten (was den Tatbestand der einfachen Körperverletzung erfülle). Prellungen seien bei Personen mit schwarzer Haut äusserst schwierig festzustellen. Die Verletzungen von B. und C. gemäss Anklage erachtet er als nicht do- kumentiert. Er ist daher der Ansicht, dass sich die drei Angreifer des Angriffs im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hätten. Sodann hat der Vertre- ter des Privatklägers bereits vor Vorinstanz darauf hingewiesen, dass D. beim Vorfall verletzt worden sei und er den Angriff in der Zelle sowie die an- schliessende Reaktion des Privatklägers als eine Tateinheit erachte, weshalb die objektive Strafbarkeitsbedingung einer einfachen Körperverletzung erfüllt sei. Das Bundesgericht (BGE 106 IV 253) lasse es sodann genügen, wenn die Verletzung nach Beendigung des Raufhandels erfolge (vgl. Urk. 58 S. 12-15 und 25-28). An diesem Standpunkt hielt er anlässlich der Berufungshandlung fest (Urk. 93 S. 1- 9).

  3. Grundsätze der Sachverhaltserstellung

    Zu den allgemeinen Grundsätzen der Sachverhaltserstellung ist vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 65 S. 6-8).

  4. Sachverhalt

    1. Vorgeschichte

      Die Vorinstanz erachtete den Anklagesachverhalt in Bezug auf die Vorgeschichte auf dem Fussballplatz sowie die Auseinandersetzung im 2. Stock vor der Zelle

      des Privatklägers A.

      gestützt auf die jeweiligen Aussagen der Beteiligten

      sowie die Videoaufnahmen vom 2. Stock vor der Zelle des Privatklägers A.

      als erstellt (Urk. 65 S. 9-15). Auf diese zutreffenden Erwägungen kann verwiesen

      werden. Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass D.

      wie auch

      A. übereinstimmend ausgesagt haben, dass A. D. am 17. Mai 2020 auf dem Fussballfeld beim Fussballspiel einen Kopfstoss verpasst habe und dieser umgefallen sei (Urk. 12/1 F/A 28; Urk. 12/3 S. 4, 7, 14 und 16). Es ist somit ohne Weiteres erstellt, dass es kurze Zeit vor dem angeklagten Geschehen in der Zelle des Privatklägers auf dem Fussballplatz zwischen dem Privatkläger und D. zu einer Auseinandersetzung kam. Ob es sich beim Kopfstoss wie ange- klagt um einen sog. Schwedenkuss oder einen Kopfstoss in die Brust von D. handelte, wie dies der Privatkläger vorbringen lässt, spielt letztlich keine Rolle und kann offen gelassen werden. Jedenfalls ist die Vorgeschichte insoweit erstellt, dass der Privatkläger A. auf dem Fussballplatz D. mit einer körperlich Attacke bzw. einem Kopfstoss zu Boden stiess.

    2. Auseinandersetzung im Zellentrakt

      1. Zum Geschehen im Zellengang/Zellentrakt Nr. 8 in E.

        liegen Videoaufnahmen bzw. Videoprints aus zwei entgegengesetzten Richtungen bei den Akten (Urk. 92A = DG200021-D: Urk. 9/3; Urk. 8/2; Urk. 12/2 Anhang), welche den gesamten Ablauf des Vorfalls in dieser Zone gut dokumentieren. Es sind zwar Aufnahmen ohne Ton, doch ist die Körpersprache der Beteiligten weitgehend aussagekräftig und eindeutig. Die Vorinstanz hat den wesentlichen Inhalt der Aufnahmen sorgfältig und überzeugend zusammengefasst. Darauf kann vollum- fänglich verwiesen werden (Urk. 65 S. 10 ff.).

      2. Kurz zusammengefasst lässt sich den Videofilmen Folgendes entnehmen:

        - C. und D. gehen mit B. in dessen Zelle und bleiben über drei Minuten dort,

        • B. und A. (steht vor seiner Zelle) fangen an sich zu provozieren,

        • B.

          und A.

          und nehmen jeweils (etwa gleichzeitig) einen metallenen

          Gegenstand aus der rechten Hosentasche und lassen diesen wieder verschwinden, A. wohl eine Schere, B. wohl ein Besteckmesser,

        • A. dreht sich und will in seine (von innen abschliessbare) Zelle. B._ läuft ihm wild gestikulieren hinterher (und ruft ihm wohl etwas hinterher),

        • A.

          winkt B.

          zu sich (dieser zeigt wohl Richtung Kameras und nach

          draussen),

        • A.

          steht die Türklinke seiner Zelle haltend im Zelleneingang und winkt

          B. zu sich,

        • B. schaut zurück und nickt C. zu, der ihm zusammen mit D. zur Zelle von A. folgt,

        • A. zeigt auf sich und B. ,

        • B.

          stürmt auf A.

          zu und hebt ausholend zu einem Schlag gegen

          A. die Faust, C. und D. folgen ihm in die Zelle von A. ,

        • rund 15 Sekunden später verlässt D. die Zelle, macht die Türe weitgehend zu, öffnet diese in der Folge wieder, schaut in die Zelle und schliesst dann die Türe ganz, wobei in diesem Moment B._ die Zelle verlässt und D. wieder in die Zelle hineingeht,

        • D. und C. kommen nach draussen, schliessen die Zellentür und alle drei entfernen sich,

        • insgesamt waren die drei ca. 38 Sekunden in der Zelle von A. ,

        • rund fünf Sekunden später kommt A. (mit zerrissenem Shirt) aus seiner Zelle und fällt D. von hinten an und sticht ihm mit einem (metallenen) Speisemes- ser in den Nacken,

        • D. läuft ein paar Schritte und fällt hin.

      3. Rekapitulierend ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass B. , D. und C. offensichtlich planten, A. anzugreifen. Der Zeuge F. hat denn auch glaubhaft ausgesagt, gesehen zu haben, dass B. , D. und

        C.

        zusammen waren – gemäss Video waren sie mehrere Minuten in der

        Zelle von B. – und gehört zu haben, dass D. gesagt habe, sie würden A. angreifen (Urk. 17/1 F/A 10 f.; Urk. 17/2 F/A 5 und 25 ff.). Das Verhalten

        von B. und D. bestätigt dies; ebenso, dass C. sich für A. nicht sichtbar im Treppenhaus abgestellt hatte. Letztlich ist auch nicht bestritten, dass die drei A. eine Abreibung/Lektion erteilen wollten. Es ist denn auch

        am Ende der Videoaufnahme zu sehen, wie C.

        und B.

        sich abklat-

        schen, so als wenn ihr Plan aufgegangen sei. Weiter kann festgehalten werden, dass es vor der tätlichen Auseinandersetzung offensichtlich zu gegenseitigen

        Provokationen (verbal und mit Gesten) zwischen B.

        und A.

        gekom-

        men ist. B. fordert diesen – wie A. glaubhaft angab und auf dem Vi- deo erkennbar – mehrfach auf ihm ins Treppenhaus zu folgen. Es folgen weitere

        gegenseitige Provokationen. A.

        geht zu seiner Zelle zurück, wobei ihm

        B. hinterherläuft und auf ihn einredet. A. hält mit der einen Hand die Zellentür halb geöffnet, schliesst diese aber nicht. Vielmehr winkt er den Beschul-

        digten B.

        mehrmals zu sich heran, zeigt mit dem Finger auf ihn und

        bedeutet ihm, er solle in seine Zelle hineinkommen. In der Folge nimmt B. Blickkontakt zu C. und D. auf und nach weiteren gegenseitigen pro- vokativen Gesten und einem hin und her mit der Zellentüre (etwas aufmachen

        und dann wieder zumachen durch A. ) springt B.

        Richtung A.

        und verpasst diesem wohl einen Faustschlag, wobei ihm C. und D. in die Zelle von A. folgen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass

        beide Seiten (B. , D. , C.

        einerseits, A.

        andererseits)

        mehrfach die Möglichkeit gehabt haben, die Situation zu entschärfen, was sie

        nicht taten. Insbesondere hätte auch der Privatkläger A.

        mehr als genug

        Zeit gehabt, seine Zellentüre von innen zu schliessen und sich so der Aggression gegen ihn zu entziehen.

    3. Auseinandersetzung in der Zelle

      1. Hinsichtlich des Geschehens in der Zelle während rund 35-38 Sekunden gehen die Darstellungen der Beteiligten auseinander. Ausser ihnen wurden auch die das Geschehen beobachtenden F. und G. befragt. Die Kameras im Zellentrakt haben während dieser Zeit wie bereits aufgeführt Folgendes festge- halten: B. stürmt in die Zelle auf A. zu und hebt ausholend zu einem Schlag die Faust, C. und D. folgen ihm in die Zelle. Während den ersten rund 15 Sekunden in denen B. , D. und C. mit A. in dessen Zelle waren, stand die Zellentüre von A. offen und mehrere Insas- sen schauten von draussen in die Zelle hinein. Danach kam D. wieder aus der Zelle heraus, stellte sich während rund sechs Sekunden vor den offenen Tür- rahmen, schaut in die Zelle hinein und macht dann die Türe weitgehend zu (Urk. 92A = DG200021-D: Urk. 9/3, Video 1, Videozeit: 02:11). Rund zehn Se- kunden später kommt B. aus der Zelle heraus und D. geht noch ein- mal kurz in die Zelle hinein, wobei er von B. von aussen beobachtet wird

        (Videozeit: 02:27). Rund acht Sekunden später kommen dann D.

        und

        1. aus der Zelle von A.

          heraus (Urk. 92A = DG200021-D: Urk. 9/3,

          Video 1, Videozeit: 02:35).

              1. Des Weiteren befasste sich die Vorinstanz mit den jeweiligen Aussagen der Beteiligten sowie von F. und G. zur Auseinandersetzung in der Zelle (Urk. 65 S. 15 ff.). Die Vorinstanz hat die wichtigsten Aussagen der Beteiligten und Zeugen sorgfältig und korrekt zusammengefasst. Darauf ist grundsätzlich zu verweisen (Urk. 65 S. 15-24). Lediglich der Übersicht halber werden die verschie- denen Darstellung hier – nur verkürzt – nochmals zusammengefasst.

              2. A. sagte aus, in seiner Zelle von drei Personen angegriffen worden zu sein. Der erste sei B. gewesen. Dann habe C. ihn ein einziges Mal mit dem Stuhl geschlagen, wobei er nicht sagen können wie stark. Der Brasilianer hätte ihn in den Schwitzkasten genommen. Mehreren Personen hätten ihn mit Faustschlägen und Fusstritten auf alle Körperstellen geschlagen, auch D. . Weiter meinte er zunächst, sich am Anfang vielleicht gewehrt zu haben. Später gab er an, nur Schläge bekommen zu haben und selber nicht geschlagen zu ha- ben. Irgendwann habe er ein bisschen sein Bewusstsein verloren (vgl. die aus- führliche Zusammenfassung in Urk. 65 S. 15 f.).

              3. brachte zunächst vor, nur dazwischen gegangen zu sein, um

        2. zu helfen, da A. in der Zelle mit dem Messer auf diesen losgegan- gen sei. A. habe ein Glas rumgeworfen. Er hätte A. deshalb gepackt, dann losgelassen und sei rausgelaufen. In der nächsten Befragung räumte er

        dann ein schuldig zu sein, A.

        angegriffen zu haben. Es stimme, dass er

        1. – zwei bis drei Mal mit der Faust, aber nicht kräftig – geschlagen habe. Er habe A. gar nicht verletzen wollen, sondern nur gewollt, dass dieser von seinem hohen Ross runterkomme. Es sei ein Gerangel gewesen. In einer weite- ren Befragung gab er dann an, gesehen zu haben, wie C. A. sechs bis sieben Sekunden in den Schwitzkasten genommen und mit der anderen Hand mehrere Male gegen dessen Kopf geschlagen und dann auf den Boden gedrückt habe. C. habe A. mit dem Holzstuhl schlagen wollen, er sei jedoch dazwischen gestanden (Er hat den Stuhl ja bereits in die Hände genommen und emporgehalten.). A. sei in der Zelle nicht ohnmächtig geworden. Er sei je-

          derzeit fähig gewesen, sich zu wehren. D.

          habe nie auf A.

          einge-

          schlagen (vgl. die ausführliche Zusammenfassung in Urk. 65 S. 18 f.).

              1. C. schilderte von Anfang an, dass B. und A. sich heftig

                geprügelt hätten. B.

                haben A.

                mit dem ersten Schlag getroffen. Es

                seien mehr oder weniger alle gegen A. gewesen. C. meinte allerdings zunächst, dass er nicht geschlagen habe, sondern zu trennen versucht habe. Er sei von A. mehr als einmal mit der Faust geschlagen worden. Er, C. ,

                habe A.

                weggestossen und während ca. sechs bis sieben Sekunden im

                Schwitzkasten gehalten und zugedrückt, aber nicht so fest, dass A.

                ohnmächtig geworden sei. Als A. dann auf den Boden gegangen sei, habe er dann von sich aus den Griff gelockert und von ihm abgelassen. Als A. auf dem Boden gewesen sei, seien andere dazugekommen und hätten auf ihn ein-

                gewirkt. Mit dem Stuhl habe er A.

                nicht geschlagen. C.

                gab auch

                noch an, im Handgemenge seine Sportschuhe verloren zu haben und im Trep- penhaus in eine Scherbe gestanden zu sein und sich eine Schnittwunde zugezo- gen zu haben (vgl. die ausführliche Zusammenfassung seiner Aussagen in Urk. 65 S. 19 f.).

              2. D. sprach von einer hitzigen Stimmung in der Zelle und dass er ge-

                wollt habe, dass A.

                sich entschuldige. A.

                hätte einen spitzigen Ge-

                genstand aus der Hose gezogen. C. sei dann zwischen ihm und A. gestanden. Er, D. , sei etwa vier bis fünf Sekunden in der Zelle gewesen.

        habe A.

        nicht angefasst und er habe auch nicht gesehen, dass

        A. zu Boden gegangen sei (vgl. die ausführliche Zusammenfassung seiner Aussagen in Urk. 65 S. 17 f.).

            1. Der Zeuge F. führte im Wesentlichen aus, gesehen zu haben, dass

        C.

        A.

        in den Schwitzkasten genommen und B.

        während dem

        auf A. eingeschlagen habe. B. habe von hinten mit den Fäusten auf A. eingeschlagen. Schläge von D. habe er nicht gesehen (Urk. 17/1 F/A 14-17; Urk. 17/2 F/A 30 ff.). G. schilderte bei der Polizei im Kern gese-

        hen zu haben, wie A.

        von den drei anderen geschlagen worden sei und

        dass C. einen Stuhl genommen habe. Wie der Privatklägervertreter zutref- fend ausführte hat G. auch geschildert, dass A. mit dem Gesicht nach unten (wie tot) auf dem Boden gelegen habe (Urk. 18/1 F/A 5). Nachdem G. indessen lediglich als polizeiliche Auskunftsperson befragt wurde und die Teil- nahmerechte des Beschuldigten nicht gewährt wurden, sind dessen Aussagen zu Lasten des Beschuldigten nicht verwertbar (Art. 147 StPO). Auf seine Angaben ist daher nachfolgend nicht mehr einzugehen. Anzufügen ist, dass der Zeuge H. gar nichts gesehen haben will, obwohl auf den Videoaufnahmen zu er- kennen ist, dass er in die Zelle geschaut hat (Urk. 16/1-3).

            1. Es ist zunächst zu konstatieren, dass B. eigene Faustschläge gegen A. Richtung Kopf eingesteht und C. , dass er A. in den Schwitz- kasten genommen habe. Weiter belasten sie sich gegenseitig, A. geschla- gen zu haben. B. hat zu Protokoll gegeben, es sei richtig, dass C. , als er A. im Schwitzkasten gehabt habe, diesen mit der anderen Hand mehrere Male gegen den Kopf geschlagen habe (Urk. 14/3 F/A 31). Dies deckt sich vorab mit den erwähnten Schilderungen des soweit ersichtlich neutralen Zeugen F. . Ein erster Faustschlag von B. gegen A. zu Beginn der Aus-

              einandersetzung lässt sich sodann auf dem Video erahnen. C.

              bestätigte

              denn auch ausdrücklich, dass B. A. mit dem ersten Schlag getroffen habe (Urk. 15/2 F/A 39). Das zerrissene T-Shirt von A. sowie die Scherben in seiner Zelle und der Umstand, dass C. bei der Auseinandersetzung seine Sportschuhe verlor, lassen denn auch auf ein durchaus heftiges Handgemenge schliessen. B. schildert im Weiteren, dass C. einen Stuhl in die Hand

              genommen habe. Dass sich B. und C. selber belasten, spricht für ihre Glaubhaftigkeit. Es kann ohne Weiteres auf ihre Zugaben bzw. Belastungen ab- gestellt werden. Anzufügen ist, dass C. zwar keine direkten Schläge von ihm gegen A. anerkannte, aber immerhin ein Handgemenge und ein Weg- gestossen. Diese Schilderung von mehreren Faustschlägen bzw. Schlägen mit der Hand von ihnen beiden gegen A. stimmen denn auch insoweit mit des- sen eigener Darstellung überein. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass B. zunächst wenig glaubhaft eine tätliche Auseinandersetzung abstritt und C. sich vor allem als Schlichter sieht. Dies ändert indessen nichts an deren Zugaben. Es besteht auch kein Anlass an ihren gegenseitigen Belastungen zu zweifeln, ist doch kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb sie sich gegenseitig zu Unrecht belasten sollten. Es ist demnach vorab wie angeklagt erstellt, dass B. und C. sich an der Auseinandersetzung tätlich beteiligt haben. Es kann zudem als erstellt erachtet werden, dass der Beschuldigte B. anlässlich der Ausei- nandersetzung in der Zelle A. ca. drei Faustschläge verpasst hat. Ferner ist mit der Vorinstanz erstellt, dass C. A. mindestens sechs bis sieben Sekunden in den Schwitzkasten genommen und ihn mit der freien Hand mehrere Male auf den Kopf geschlagen und ihn zu Boden gedrückt hat (vgl. Urk. 65 S. 22- 24). Dabei erscheint es mit der Vorinstanz richtig davon auszugehen, dass die er- stellten Faustschläge aufgrund des Verletzungsbildes von A. – dazu weiter unten eingehender – nicht als kräftig bezeichnet werden können (vgl. Urk. 65 S. 22).

            2. Mit der Vorinstanz kann im Weiteren nicht rechtsgenügend erstellt werden, dass C. und B. – so die Anklage – bzw. zumindest einer von ihnen A. mit einem Holzstuhl auf den Nackenbereich/Rücken geschlagen haben. Auch in diesem Punkt spricht vorab das Verletzungsbild von A. gegen einen solchen Schlag mit einem (ca. sieben bis acht Kilogramm schweren) Holzstuhl durch die kräftigen und offensichtlich gut trainierten C. und B. gegen den Nackenbereich/Rücken von A. . Gemäss IRM-Gutachten vom 29. Mai 2020 blieb dessen Halsbereich unversehrt (Urk. 6/1 S. 3). Es könnte schon von daher wenn überhaupt nur von einem leichten Schlag mit dem Stuhl auf den Na-

              cken/Rückenbereich von A.

              ausgegangen werden. Auf dem Stuhl wurden

              zwar DNA-Spuren von B. , indessen nicht von C. gefunden (Urk. 11/3

              S. 2), was indessen nicht zwingend ausschliesst, dass C. den Stuhl gehal-

              ten hat. A.

              sagte sodann zwar mehrfach aus, C.

              hätte ihn mit dem

              Stuhl geschlagen, wobei er mehrfach hervorhob, er habe gehört, dass C. gesagt habe, Geh mir aus dem Weg, ich möchte ihn mit dem Stuhl schlagen und dass er sich nicht erinnere, was danach gewesen sei (vgl. etwa Urk. 12/2 F/A 48). Die Vorinstanz hat zudem überzeugend erwogen, dass es eher unwahr-

              scheinlich erscheint, dass innert den rund 35 Sekunden, die B.

              und

              C. in der Zelle verbracht haben, diese A. mit den Fäusten geschla- gen, dann sechs bis sieben Sekunden im Schwitzkasten gehalten und auf den

              Boden gedrückt wurde, dann A.

              von C.

              mit dem Stuhl bedroht res-

              pektive leicht geschlagen wurde und dann auch noch der Beschuldigte B.

              den Stuhl genommen und A.

              geschlagen haben soll. Auch wenn DNA-

              Spuren des Beschuldigten B. am Stuhl gefunden wurden, so beweist dies in

              der Tat nicht, dass er A.

              mit dem Holzstuhl geschlagen hat. Hinsichtlich

              C. gab A. zwar an anderer Stelle dann konkret an, dass dieser ihn mit dem Stuhl in den Nacken bzw. im Hals- und Rückenbereich getroffen habe (Urk. 12/2 F/A 41). B. hat sodann ausgeführt, dass C. einen Stuhl in

              die Hand genommen habe. B.

              verneinte indessen ausdrücklich einen

              Schlag von C.

              mit dem Stuhl und begründete dies auch plausibel damit,

              dass er zwischen C.

              und A.

              gestanden sei. Er gab auch an, dass

              1. ansonsten A.

                wohl mit dem Stuhl geschlagen hätte (Urk. 14/3

                F/A 31). Es ist somit zwar erstellt, dass C. den Stuhl in die Hand nahm und A. damit schlagen wollte. Es bestehen aber nicht unerhebliche Zweifel, ob er dies in der Folge dann auch tat. A. selbst konnte denn auch nicht sagen, wie fest er mit dem Stuhl geschlagen worden sei (Urk. 12/3 S. 18). Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass C. A. nicht oder nur sehr leicht mit dem Stuhl geschlagen habe (Urk. 65 S. 23). Dies kann letztlich offen bleiben, da ohnehin er-

                stellt ist, dass C.

                sich tätlich an der Auseinandersetzung beteiligte. Auf-

                grund der bestehenden Zweifel ist indessen zugunsten der Beschuldigten davon

                auszugehen, dass C.

                keinen Schlag mit dem Stuhl auf den Nackenbe-

                reich/Rücken von A. ausführte.

            3. Zu prüfen ist weiter, ob D. ebenfalls wie angeklagt mindestens einmal mit der Faust auf A. eingeschlagen hat (Urk. 44 S. 4), was von ihm bestrit- ten wird (vgl. Urk. 13/2 F/A 49). Er wird diesbezüglich von A. belastet. Die- ser meinte zwar teilweise, sich nicht erinnern zu können, wer ihn wie geschlagen habe, anderseits war er sich dann wieder sicher, dass ihn D. mindestens einmal geschlagen habe. Kurz nach dem Vorfall meinte A. , die Schläge seien von überall gekommen. Wer ihn genau wie geschlagen habe, könne er nicht sagen. Sie hätten auf jeden Fall mit Fäusten auf ihn geschlagen. Alle drei hätten in der Zelle auf ihn eingeschlagen. Es hätten jedenfalls alle, die in seiner Zelle gewesen seien auf ihn eingeschlagen (Urk. 12/1 F/A 38; Urk. 12/2 F/A 45 f. und Urk. 12/3 S. 3 und 15; vgl. dazu auch DG200021-D: Urk. 13/4 S. 9 F/A 63). Es lässt sich dazu festhalten, dass er D. hier insgesamt nur zurückhaltend be- lastet, was für seine Glaubhaftigkeit in diesem Punkt spricht. Auch ist erstellt,

              dass er wie von ihm geschildert, von B.

              und auch C.

              geschlagen

              worden ist. Dass er nicht mehr genau sagen könne, wer ihn wie geschlagen habe, ist aufgrund des nur rund eine halbe Minute dauernden dynamischen Gesche-

              hens durchaus nachvollziehbar. Auch C.

              sprach allgemein davon, dass

              mehr oder weniger alle gegen A. gewesen seien und es seien, nachdem er A. aus dem Schwitzkastengriff gelassen habe und dieser am Boden gewe- sen sei, andere dazu gekommen und hätten auf A. eingewirkt (Urk. 15/3 F/A 4). Mit diesen anderen können nur D. und B. gemeint sein, da nur sie neben C. noch in die Zelle gegangen sind. Auch wenn C. spä- ter meinte, er wolle diese Aussagen korrigieren und er habe nicht gesehen, dass

              A.

              geschlagen habe und er nur über seine Rolle spreche

              (Urk. 15/4 F/A 24 sowie 44 und Urk. 12/3 S. 18 f.), ist auf diese belastende Aus- sage abzustellen. Er hat denn auch in keiner Weise begründet, weshalb er den Ausdruck eingewirkt benutzt haben will, wenn es denn gar nicht so gewesen war. Diese zwischenzeitliche Darstellung des Geschehens stützt diejenige von A. in diesem Punkt, dass eben nämlich danach die anderen auf A.

              einwirkten. Vor dem Hintergrund der Vorgeschichte zwischen A.

              und

              D. auf dem Fussballplatz, der Zusammenkunft von B. , C. und D. in der Zelle von B. , bei welcher sie in den Grundzügen besprochen

              haben, A. eine Lektion zu erteilen (ihn vom hohen Ross herunterzuholen) und ihn anzugreifen bzw. eine Abreibung zu verpassen, erscheint die Darstel- lung von A. zu diesem Schlag von D. denn auch plausibel, lebensnah und insgesamt glaubhaft. Wie oben erwogen ist denn auch aufgrund der Video- aufnahmen erstellt, dass D. kurz nach C. die Zelle von A. be- treten hat, diese kurz darauf verlassen und dann zum Schluss nochmals hinein- gegangen ist. Dies spricht dafür, dass er nicht einfach so in der Zelle war und für die Darstellung von A. . Auffallend ist, dass D. bei dieser Attacke der drei Beschuldigten Trainings-Handschuhe trug, was ebenfalls ins Bild passt, dass er selber auch austeilte. Trainingshandschuhe erhöhen zwar entgegen dem Vor- bringen der Privatklägervertretung (Urk. 58 S. 9; Urk. 93 S. 8) die Schlagkraft nicht, helfen aber, eigene Verletzungen zu vermeiden. Die Darstellung von D. , in der Zelle sei quasi gar nichts passiert, B. habe A. nicht

              angefasst und er habe auch nicht gesehen, dass A.

              zu Boden gegangen

              sei, erscheint vor dem Hintergrund der Anerkennungen von B. und C. und der vorhandenen aggressiven Stimmung, welche die Videoaufnahmen gut vermitteln, unglaubhaft und als offensichtliche Schutzbehauptung. Es ist daher mit der Vorinstanz erstellt, dass D. A. mindestens einmal mit der Faust geschlagen hat (Urk. 65 S. 23 f.).

              Anzufügen ist, dass dieser Teil des Sachverhalts für die Frage eines Mitwir- kens von D. an der tätlichen Auseinandersetzung ohnehin nicht entschei- dend wäre. Aufgrund seines engen Zusammenwirkens mit dem Beschuldigten

              B.

              und C. , dem Planen der Abreibung, dem mehrfachen Betreten

              der Zelle von A.

              während der Auseinandersetzung, dem Abschirmen vor

              der Zelle, während B. und C. auf A. einwirkten, sowie dem zwi- schenzeitlichen Schliessen der Zellentür, um Dritten die Sicht zu nehmen, wäre

              eine Beteiligung D.

              im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB am Raufhan-

              del/Angriff ohnehin zu bejahen gewesen (vgl. BSK StGB/JStG-MAEDER, 4. Aufl., Basel 2019, N 13 zu Art. 133 StGB, m.w.H.).

            4. Bleibt zu prüfen, ob sich A. wie angeklagt ebenfalls mit Faustschlä- gen an der tätlichen Auseinandersetzung beteiligte oder ob er sich, wie geltend

        macht, lediglich gewehrt (geschützt) habe. B. und C. haben überein- stimmend ausgesagt, dass A. auch sie (mehrfach) geschlagen habe. Beide haben sich – wie oben erwogen – selber und gegenseitig belastet, an der tätli- chen Auseinandersetzung teilgenommen zu haben und ihre Aussagen wirken von daher insgesamt nicht unglaubhaft. Für ihre Version sprechen auch die leichten Verletzungen von B. (vgl. dazu weiter unten). Zu Beginn der Untersuchung

        hat A.

        sodann selber Faustschläge seinerseits keineswegs ausgeschlossen, sondern meinte, dass er am Anfang vielleicht versucht habe, sich mit den Fäusten zu wehren, aber nachher nicht mehr (Urk. 12/1 F/A 42). Er hat dies spä- ter zwar verneint und hat angegeben, sich nur gewehrt zu haben. Seine anfängli- che Zugabe ist zwar vage (vielleicht), dennoch ist er darauf zu behaften. Es kann davon ausgegangen werden, dass er eigene Faustschläge von Anfang an entschieden zurückgewiesen hätte, wenn es zu keinen gekommen ist. Seine Aus- sagen sind sodann vor dem Hintergrund der Vorgeschichte und des bisherigen

        Geschehens zu würdigen, wonach er und insbesondere B.

        sich während

        einiger Zeit gegenseitig provozierten, B.

        anzeigte, A.

        solle mit ihm

        hinaus kommen und A. Zeichen machte, B. solle zu ihm in die Zelle kommen. Es wurden gegenseitig scharfe Gegenstände aus der Hosentasche ge- zogen und gezeigt etc. Es erscheint vor diesem Hintergrund durchaus auch le- bensnah und realistisch, dass A. zumindest anfänglich Faustschläge aus- teilte oder austeilen wollte. Weiter ist zu sehen, dass das ganze Geschehen in der Zelle rund 35 Sekunden dauerte. In Anbetracht der Überzahl und der körperlichen Überlegenheit von B. , C. und D. erscheint es daher im Weite-

        ren nachvollziehbar, dass sich A.

        ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch

        schützte, insbesondere nachdem C. ihn in den Schwitzkasten genommen hatte. Die Anklage geht denn auch selber davon aus, dass A. , als er reali- siert habe, gegen seine Widersacher nicht gewachsen zu sein, nur noch versucht habe, sich mit den Armen zu schützen (Urk. 44 S. 4). Es kann demnach mit der Vorinstanz als erstellt gelten, dass A. sich anfänglich mit den Fäusten zur Wehr gesetzt hat und dem Beschuldigten B. und C. mindestens drei Faustschläge versetzte. Als er einsah, dass er gegen die drei Mitinsassen keine Chance hat, hat er nur noch versucht, die Schläge abzuwehren (Urk. 65 S. 2124). Damit ist erstellt, dass in der Zelle von A.

        jedenfalls zu Beginn eine

        wechselseitige tätliche Auseinandersetzung zwischen ihm einerseits und B. , C. und D. andererseits stattfand.

    4. Verletzungen der Beteiligten

      1. In der Anklage sind Verletzungen von A. , B. , C. D. aufgeführt (Urk. 44 S. 4 f.).

und

      1. Die Vorinstanz erachtete die in der Anklageschrift beschriebenen Verlet-

        zungen von A.

        gestützt auf das IRM-Gutachten zur körperlichen Untersuchung vom 29. Mai 2020 sowie die dazugehörigen Fotos als erstellt (Urk. 65

        S. 24-26; Urk. 6/1). Die Vorinstanz übersah offensichtlich, dass in der Anklage noch eine weitere – in den Erwägungen der Vorinstanz nicht erwähnte – Verlet- zung von A. aufgeführt ist, nämlich eine ca. 3 cm scheitelwärts der Nasen- wurzel ca. 2x1cm grosse stecknadelgrosse Hautverfärbungen an der Stirn mittig (Urk. 44 S. 4). Eine solche Verletzung ist im IRM-Gutachten nicht erwähnt und nicht erstellt. Mit der Vorinstanz ist sodann zu erwägen, dass ohne Weiteres auf die Feststellungen im IRM-Gutachten abgestellt werden kann (Urk. 65 S. 24 f.).

        Den lediglich im Verfahren gegen A.

        zu den Akten genommenen Fotos

        (DG200021-D: Urk. 8/2) lässt sich nichts anderes entnehmen.

      2. Die Vorinstanz hat die Schilderungen von A. hinsichtlich seiner Ver- letzungen und Schmerzen angezweifelt (Urk. 65 S. 25 f.). Dieser hat zu seinen Verletzungen ausgeführt, er sei überall im Gesicht geschwollen gewesen und ha- be überall blaue Flecken, unter anderem am linken Unterarm, am linken Ohr, resp. hinter dem Ohr und am Oberkörper. Er habe überall auf dem Rücken und auch generell am Körper Spuren gehabt, wobei er anfügte, dass bei dunkelhäuti- gen Hämatome nicht sichtbar seien. Der Rücken habe ihn noch ca. zwei Wochen und der Kopf ca. drei Tage geschmerzt und er habe Tabletten gegen Kopf- schmerzen nehmen müssen (Urk. 12/1 F/A 39; Urk. 12/3 S. 16; DG200021-D: Urk. 13/4 F/A 48-50, 57-63 und 93). Diese behaupteten Schmerzen lassen sich objektiv nicht feststellen. Offenbar war aber ausser der Einnahme von Kopfweh- tabletten keine Behandlung erforderlich. In dem am 29. Mai 2020 – also zwölf Tage nach dem Vorfall – erstellten Gutachten (Urk. 6/1) sind diese Hämatome über- all am Körper und die Schmerzen nicht dokumentiert und auch in der Anklage- schrift sind weder Hämatome noch Schmerzen beschrieben. Es entsteht insge- samt der Eindruck, dass A. diese wochenlangen Schmerzen und Häma- tome überall am Körper jedenfalls leicht übertrieben schildert. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass die Aussagen von A. zur Auseinandersetzung wie erwogen auch ansonsten nicht in allen Punkten über- zeugend ausfielen. So hat er etwa im Widerspruch zu seinen anfänglichen Anga- ben unglaubhaft verneint, während der Auseinandersetzung selber je geschlagen zu haben. Auch seine Aussagen zu seiner Bewusstlosigkeit überzeugen nicht. Ei- ne solche hat zu Recht nicht Eingang in die Anklage gefunden. Wie erwähnt hat

        A.

        dazu ausgeführt, während der Auseinandersetzung ein bisschen das

        Bewusstsein verloren zu haben. Es kann hier offensichtlich nicht von einer eigent- lichen Bewusstlosigkeit gesprochen werden. Dies überzeugt schon deshalb nicht, da A. , nur rund fünf bis sechs Sekunden nachdem C. die Zelle ver- lassen hatte, aus seiner Zelle stürmt und wuchtig mit einem Messer auf D. einsticht (Urk. 92A = DG200021-D: Urk. 9/3, Video 1, Videozeit 02:35-02:39; Urk. 8/2 S. 13 = Urk. 12/2 S. 13 [in Farbe]). Eine eigentliche Bewusstlosigkeit von

        A.

        erscheint daher übertrieben und unglaubhaft, hätte er doch in diesen

        wenigen Sekunden nach seiner Bewusstlosigkeit auf dem Boden sich zunächst orientieren und aufstehen müssen, dann ein Messer behändigen und die Zellentü- re öffnen, um dann zielstrebig und sofort auf D. loszugehen und auf diesen mit grosser Wucht einzustechen. Dies erscheint aufgrund der Lebenserfahrung eher unwahrscheinlich. Gemäss IRM-Gutachten konnten auch keinerlei Würge- male oder dergleichen feststellt werden (Urk. 6/1 S. 3). Anzufügen ist, dass C. dazu detailliert geschildert hatte, dass er A. während ca. sechs bis sieben Sekunden im Schwitzkasten gehalten und zugedrückt habe, aber nicht so fest, dass dieser ohnmächtig geworden sei. Als A. dann auf den Boden ge- gangen sei, habe er dann von sich aus den Griff gelockert und von ihm abgelas- sen. Dann seien andere dazu gekommen hätten auf ihn eingewirkt und wieder

        abgelassen. A.

        sei dann wieder aufgestanden, auf ihn (C. ) zuge-

        kommen und habe ihn (C. ) weggestossen und auch er habe A. weggestossen, wobei A.

        nicht umgefallen sei. A.

        hätte ihn mit grossen

        Augen angeschaut. Er, C. , habe mit dem Zeigefinger der linken Hand auf ihn gezeigt, dass jetzt gut sei. Es sei dann als letzter zur Zelle hinausgelaufen etc. (Urk. 15/3 F/A 4). Diese detaillierte Schilderung erscheint glaubhaft und es kann festgehalten werden, dass entgegen dem Vorbringen von A. nicht von einer

        eigentlichen Bewusstlosigkeit von A.

        ausgegangen werden kann, was im

        Übrigen von den anderen Beteiligten bestritten wird. Auch diese Schilderung er- scheint zumindest leicht übertrieben.

      3. Insgesamt ist von einer übertriebenen Beschreibung seiner Hämatome und

Schmerzen durch A.

auszugehen, wobei nochmals zu betonen ist, dass

solche in der Anklageschrift ohnehin nicht aufgeführt sind. Es ist mit der Vo- rinstanz davon auszugehen, dass die in der Anklageschrift aufgeführten Verlet- zungen erstellt sind und diese A. während eher kurzer Zeit Schmerzen in unbestimmter Stärke verursachten, letztlich aber doch rasch und folgenlos aus- heilten (Urk. 65 S. 26).

      1. In der Anklageschrift sind weiter Verletzungen von B.

        aufgeführt,

        nämlich eine Rippenprellung, ein Hämatom an der Stirn und eine Verletzung (Sehnenanriss) am kleinen Finger der rechten Hand (Urk. 44 S. 5). Die Vorinstanz erwog zutreffend, dass diese Verletzungen nicht erstellt sind. Darauf kann vorab verwiesen werden (Urk. 65 S. 27 f.).

      2. Die in der Anklageschrift aufgeführten Verletzungen von B. sind ärzt- lich nicht dokumentiert worden. Sie basieren lediglich auf den Aussagen von B. . Richtig ist ferner, dass im Insassenstammblatt von B. am 17. Mai 2020 eingetragen wurde, dass auch er in den Arztdienst begleitet wurde und eine Verletzung am rechten kleinen Finger erwähnt. Ebenso eine Rissquetschwunde am linken Augenlied, eine Schürfwunde an der Stirn sowie ein kleiner Schritt im Rippenbereich (Urk. 53 S. 13). Ein Sehnenriss ist nicht erwähnt. Es ist auch nicht die Rede von einer Rippenprellung und bei der Verletzung an der Stirn wird eine Schürfwunde erwähnt und kein Hämatom. Eine Rissquetschwunde am linken Au- genlied ist wiederum gar nicht in der Anklage aufgeführt. B. hat zwar an- lässlich der Schlusseinvernahme die vorgehaltenen Verletzungen der Beteiligten

        gemäss Anklage pauschal bestätigt. Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptver- handlung hat er seine Verletzungen allerdings bestritten. Er selber hatte im Übri- gen lediglich von einer Verletzung wie eine Rippenprellung gesprochen (Urk. 14/1 F/A 4). Die Vorinstanz hält daher zu Recht fest, dass das Verletzungsbild

        des Beschuldigten B.

        mit Blick auf die Aktenlage tatsächlich im Dunkeln

        bleibt und nur auf Mutmassungen beruht. Insbesondere wurde ärztlich nie ein Sehnenanriss diagnostiziert. Es lässt sich allein gestützt auf seine früheren Aus- sagen nicht rechtsgenügend erstellen, ob er im Rahmen der Auseinandersetzung tatsächlich einen Sehnenanriss am kleinen Finger rechts, eine Rippenprellung und ein Hämatom an der Stirn erlitt oder nur leichte Blessuren der genannten Körperteile davontrug, welche folgenlos und rasch abheilten. Anzufügen ist, dass auch die amtliche Verteidigung respektive die unentgeltlichen Rechtsvertretung von A. vorbrachte, dass diese Verletzungen von B. und auch die von C. nicht erstellt seien, da diese nicht dokumentiert seien und einzig auf de- ren Aussagen beruhen würden (Urk. 58 S. 14).

      3. Zusammenfassend ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo mit der

Vorinstanz davon auszugehen, dass B.

höchstens leichte, folgenlose und

schnell abheilende Blessuren erlitten hat (Urk. 65 S. 28).

4.4. Hinsichtlich C. führt die Anklage als Verletzung auf, dass er eine nicht näher bekannte Verletzung am linken Fuss mit leichter Gehbehinderung erlitten habe (Urk. 44 S. 5). Die Vorinstanz hielt dazu überzeugend fest, dass er sich die- se Verletzung selber zufügte. Diese sei ihm nicht im Rahmen des Raufhandels von einem Dritten zugefügt worden, sondern sei die Folge einer eigenen Unacht- samkeit und damit letztlich eines Unfallgeschehens. Sie fügte an dieser Stelle an, dass eine solche sich selbst zugefügte Verletzung nicht als einfache Körperverlet- zung zu sehen sei, welche die objektive Strafbarkeitsvoraussetzung des Rauf-

handels erfüllt (Urk. 65 S. 28). C.

hat sich diese Verletzung am Fuss gemäss eigenen Angaben zugezogen, weil er wegen der Auseinandersetzung sei- nen Sportschuh verloren habe und nach der Auseinandersetzung im Treppen- haus in eine Scherbe gestanden sei. Diese Aussage lässt sich nicht widerlegen, auch wenn der Vertreter des Privatklägers grundsätzlich nachvollziehbar geltend

macht, dass es in der Zelle Scherben hatte und es von daher naheliegend sei, dass C. sich die Verletzung in der Zelle zugezogen habe (Urk. 93 S. 6). An- dere Hinweise für diese Verletzung liegen nicht vor. Es ist demnach von den An- gaben von C. zu dieser Verletzung auszugehen. Entgegen der Anklage ist demnach nicht erstellt, dass C. sich diese Verletzung unmittelbar durch die tätliche Auseinandersetzung in der Zelle zugezogen hat.

      1. Die Anklage hält weiter fest, dass D. bei der Auseinandersetzung in der Zelle diverse Verletzungen erlitten habe, nämlich Hautabtragungen am Ober- arm, Ellenbogen, Handinnenfläche und Knie sowie Hautverfärbungen an der Stirn und an der Handinnenfläche am Daumenballen (Urk. 44 S. 5). Die Vorinstanz erwog grundsätzlich zutreffend, dass die in der Anklage genannten Verletzungen durch das IRM-Gutachten belegt sind (Urk. 65 S. 26 f.; Urk. 7/1; vgl. auch die Fo- tos im Verfahren DG200021-D: Urk. 7/5). Wie bei den in der Anklage aufgeführten Verletzungen von B. ist auch hier indessen wiederum zu korrigieren, dass in der Anklage die identische (falsche) Verletzung mehrere ca. 3 cm scheitel- wärts der Nasenwurzel ca. 2x1cm grosse stecknadelgrosse Hautverfärbungen an der Stirn mittig genannt wird. Eine solche Verletzung war in der Untersuchung kein Thema und ist im IRM-Gutachten nicht aufgeführt. Weiter ist zu korrigieren, dass entgegen den Erwägungen der Vorinstanz in der Anklage – obwohl diese Verletzung im Gutachten (Urk. 7/1 S. 4 oben) festgestellt wurde – nicht von einer Hautabtragung an der rechten Schultervorderseite die Rede ist (Urk. 65 S. 27).

      2. Hier stellt sich indessen die Frage, ob diese (ohnehin leichten) Verletzun- gen von D. wie angeklagt auf die Auseinandersetzung in der Zelle zurück- zuführen sind. Es ist zu bedenken, dass D. zuvor Fussball gespielt und von A. einen Kopfstoss erhalten hat und zu Boden gestützt ist. D. hat in der Untersuchung ausgeführt, sich beim Sturz nach dem Kopfstoss beim Fuss- ballspiel an beiden Handballen und im Bereich der Ellbogen Abschürfungen zu- gezogen zu haben (Urk. 12/3 S. 7). Es ist daher insbesondere bezüglich der in der Anklageschrift genannten Hautabschürfungen von D. an seinem rech- ten Ellenbogen sowie an der rechten Hand und am rechten Knie keineswegs rechtsgenügend ausgeschlossen, dass diese vom Fussballspiel und der körperli-

chen Auseinandersetzung von D. mit A. noch auf dem Fussballplatz oder von früheren Ereignissen herrühren und eben nicht von Auseinandersetzung in der Zelle von A. , wie dies bereits im IRM-Gutachten als Möglichkeit er- wähnt wird (vgl. Urk. 7/1 S. 5 f., wo D. zudem dahingehend zitiert wird, die Verletzungen an der Innenhand und am Ellenbogen seien bei Fussballspiel zu- stande gekommen). Auch auf den Videoaufnahmen erscheint es so – ganz klar ist dies nicht ersichtlich –, dass die Schürfungen am Ellenbogen von D. bereits vor Beginn des Vorfalls vorhanden waren. Zudem trug D. während des Vor- falls in der Zelle sog. Fitnesshandschuhe, die ihm vor Verletzungen auf der Han- dinnenseite wohl einigen Schutz geboten haben dürften und gegen eine Hautab- schürfung an der Handinnenseite aufgrund der Auseinandersetzung in der Zelle

sprechen. Auch insofern kann der Anklagesachverhalt, wonach D.

sämtli-

che dieser Verletzungen anlässlich der Auseinandersetzung in der Zelle erlitten habe, nicht als rechtsgenügend erstellt betrachtet werden.

  1. Rechtliche Würdigung

    1. Ausgangslage

      Die Staatsanwaltschaft wirft sämtlichen Beteiligten (A. , B. , C. und D. ) vor, sich des Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB – sowie eines Angriffs im Sinne von Art. 134 Abs. 1 StGB – verneint, da die dafür jeweils notwendige objektive Strafbarkeitsbedingung weder in Form einer (einfachen) Körperverletzung noch in Form des Todes einer Person vorgelegen habe (Urk. 65 S. 28-31). Sämtliche Beteiligten wurden daher vom Vorwurf des Raufhandels freigesprochen. Hinsichtlich A. ist das erstin- stanzliche Urteil insoweit bereits vor seiner Berufungsverhandlung in Rechtskraft erwachsen. Die Vorinstanz erwog weiter, dass auch keine Verurteilungen wegen Tätlichkeiten ergehen könne, da eine Zuordnung der einzelnen Verletzungen als Tätlichkeiten in der Anklage nicht erfolgt – und auch nicht möglich – sei und eine entsprechende Verurteilung bereits mit Blick auf das Anklageprinzip nicht erfolgen könne (Urk. 65 S. 32). A. hatte sich vor Vorinstanz auf den Standpunkt ge- stellt, dass vorliegend ein Angriff (gegen ihn) vorliege, da nicht erstellt sei, dass er

      selber auch Faustschläge verteilt habe (Urk. 58 S. 25 f.). Mit seiner Berufung als

      Privatkläger verlangt er eine Verurteilung von B. , C.

      und D.

      wegen Angriffs, eventualiter wegen Raufhandels und einfacher Körperverletzung sowie subeventualiter wegen Tätlichkeiten.

    2. Objektive Strafbarkeitsbedingung beim Raufhandel/Angriff

      1. Sowohl der Raufhandel im Sinne von Art. 133 StGB wie der Angriff im Sinne von Art. 134 StGB setzen voraus, dass die tätliche Auseinandersetzung den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen zur Folge hat. Dieser Verletzungser- folg ist eine objektive (reine) Strafbarkeitsbedingung (Urteil des Bundesgerichts 6B_1163/2020 vom 25. Februar 2021 E. 3.1.1; BGE 141 IV 454 E. 2.3.2; je

        m.w.H.). Der Sinn dieses Erfordernisses liegt darin, die Strafbarkeit auf ernstzu- nehmenden Schlägereien zu beschränken. Erforderlich ist zumindest eine Kör- perverletzung im Sinne von Art. 123 StGB. Tätlichkeiten reichen nicht aus (Urteil des Bundesgerichts 6B_619/2013 vom 2. September 2013 E.2.2; BSK StGB/JStG-MAEDER, a.a.O., N 22-23a zu Art. 133 StGB; Praxiskommentar StGB- TRECHSEL/MONA, 4. Aufl., 2021, N 7 zu Art. 133 StGB).

      2. Art. 123 Ziff. 1 StGB erfasst alle Körperverletzungen, welche noch nicht als schwer im Sinne von Art. 122 StGB, aber auch nicht mehr als blosse Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 StGB zu werten sind. Die körperliche Integrität ist dann im Sinne einer Körperverletzung beeinträchtigt, wenn innere oder äussere Verlet- zungen oder Schädigungen zugefügt werden, die mindestens eine gewisse Be- handlung oder Heilungszeit erfordern, also etwa Knochenbrüche, Hirnerschütte- rungen, Quetschungen mit Blutergüssen und Schürfungen, sofern sie um einiges über blosse Kratzer hinausgehen. Auf blosse Tätlichkeiten ist umgekehrt zu er- kennen, wenn Schürfungen, Kratzwunden, kleinere Schwellungen,

        ,Quetschungen oder bloss blaue Flecken offensichtlich so harmlos sind, dass sie in kurzer Zeit vorübergehen und ausheilen. T (BSK StGB/JStG-ROTH/BERKEMEIER, a.a.O., N 3 f. zu Art. 123; OFK StGB/JStG-DONATSCH, 21. Aufl., 2022, N 3 zu Art.

        123 StGB; je m.H.). Eingriffe in die körperliche Integrität sind insbesondere dann als blosse Tätlichkeiten zu qualifizieren, wenn sie lediglich Schrammen, Kratzer, Schürfungen, blaue Flecken, Quetschungen und dergleichen bewirken, die keine

        besondere Behandlung erfordern, rasch ausheilen und ferner keine erheblichen Schmerzen hervorrufen (vgl. BGE 107 IV 40 E. 5.c.). Im Einzelfall kann eine Ein- ordnung schwierig sein, die letztlich eine Frage des richterlichen Ermessens unter Würdigung der konkreten Umstände ist.

      3. Art der Verletzungen

        Nachfolgend ist demnach zu prüfen, ob die erstellten Verletzungen der an der Auseinandersetzung Beteiligten zumindest eine einfache Körperverletzung dar- stellen.

        1. Im Gutachten des IRM wird zu den Verletzungen von A. festgehalten, dass diese voraussichtlich innerhalb kurzer Zeit folgenlos abheilen werden (Urk. 6/1 S. 4). Der Privatkläger A. erlitt vor allem diverse Schleimhautab- tragungen sowie Schleimhautverfärbungen und oberflächliche, kratzerartige Hautabtragungen. Dabei handelt es sich zwar um unangenehme Folgen, aber noch nicht um eigentliche Verletzungen im Sinne von Art. 123 StGB. Diese sind noch wie Kratzer, Schürfungen, blaue Flecken, Quetschungen und dergleichen im oben erwähnten Sinne als Verletzungen zu qualifizieren, die gerade noch Tätlich- keiten darstellen. Auch die durch das Forensische Institut Zürich erstellte Fotodo- kumentation der Verletzungen von A. hinterlässt keinen anderen Eindruck (DG200021-D: Urk. 8/2). Wie erwogen handelt es sich dabei im Grenzbereich um eine Ermessensfrage. Vorliegend handelt es sich um das Ergebnis einer tätlichen Auseinandersetzung von drei gegen einen, die zu Verletzungen von A. führ- ten, welche letztlich ohne Behandlung innerhalb kurzer Zeit folgenlos abheilten und insgesamt die Schwelle einer einfachen Körperverletzung gerade noch nicht erreichen. Hämatome und (wochenlange) Schmerzen sind in der Anklage nicht

          aufgeführt. Es ist sodann davon auszugehen, dass A.

          die erlittenen

          Schmerzen übertrieben darstellt. Entgegen der Verteidigung (Urk. 58 S. 26) be- stehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass A. aufgrund der Auseinander- setzung einen Schock erlitt, der einer einfache Körperverletzung gleichkommt. Ferner wurde bereits darauf hingewiesen, dass A. nicht bewusstlos war und das Würgen im Rahmen des Schwitzkastens nicht gefährdend war und auch sonst keine Spuren hinterliess (Urk. 6/1 S. 3 f.). Insgesamt ist davon auszugehen,

          dass die von A.

          tatsächlich erlittenen Verletzungen ihm wohl Schmerzen

          bereiteten, letztlich aber rasch und folgenlos abheilten. Die Verletzungen des Pri-

          vatklägers A.

          stellen damit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung noch Tätlichkeiten dar, die nicht geeignet sind, die objektive Strafbarkeits- bedingung gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB zu erfüllen.

        2. Hinsichtlich der in der Anklage aufgelisteten Verletzungen des Beschuldig- ten B. wurde oben erwogen, dass sich diese nicht rechtsgenügend erstellen lassen. Es ist letztlich davon auszugehen, dass er nur leichte Blessuren davon- trug, welche folgenlos und rasch abheilten. Es handelte sich somit auch dabei um Verletzungen, die nicht den Schweregrad einer einfachen Körperverletzung im Sinne der objektiven Strafbarkeitsbedingung gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB errei- chen.

        3. Die Fussverletzung von C. rührt nicht unmittelbar aus der Auseinan- dersetzung in der Zelle her und ist nicht Folge der dort erfolgten Schläge, weshalb diese Verletzung die Voraussetzung als objektive Strafbarkeitsbedingung nicht erfüllt. Eine solche muss aus der wechselseitigen Gewaltanwendung im Rahmen der Auseinandersetzung resultieren. Seine ausserhalb der Zelle erlittene Fuss- verletzung ist Folge einer eigenen Unachtsamkeit. Sie ist nicht unmittelbare Folge einer ernstzunehmenden Schlägerei, welche die Strafbarkeit der tätlichen Aus- einandersetzung begründen soll.

erlitt Hautabschürfungen, Kratzer und Hautabtragungen davon,

welche in Würdigung der angeführten Rechtsprechung ebenfalls nicht die Intensi- tät einer einfachen Körperverletzung erreichen (vgl. auch Urk. 65 S. 30 f.). Auch die Fotos seiner Verletzungen stützen dies (DG200021-D: Urk. 7/5). Es ist auch bei diesen Schürfungen und Hautabtragungen davon auszugehen, dass diese folgenlos und rasch abheilten (DG200021-D: Urk. 7/1 S. 3 ff.; Urk. 7/5). Wie oben erwogen kann sodann ohnehin nicht mit genügender Sicherheit davon ausgegan- gen werden, dass sich D. sämtliche dieser oberflächlichen Verletzungen bei

der tätlichen Auseinandersetzung in der Zelle von A.

zugezogen hat. Die

Schürfungen und Hautabtragungen erreichen aber ohnehin nicht den Schweregrad einer einfachen Körperverletzung im Sinne der objektiven Strafbarkeitsbe- dingung gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB.

    1. Verletzung D. im Rahmen der Nachgeschichte

      1. Wie in der Anklage unter dem Titel Nachgeschichte aufgeführt, stürmte A. – nachdem D. die Zellentüre geschlossen und weggelaufen war – aus der Zelle und stach D. mit der Klinge eines Speisemessers mit grosser Wucht in den Nacken (Urk. 44 S. 6). Die Vorinstanz erwog, dass diese Stichver- letzung in einem Zeitpunkt erfolgt sei, in welchem die körperliche Auseinanderset- zung in der Zelle bereits beendet gewesen sei, weshalb diese Verletzung nicht als objektive Strafbarkeitsbedingung für die vorherige, bereits abgeschlossene kör- perliche Auseinandersetzung dienen könne (Urk. 65 S. 30 f.). Der Vertreter von A. hat bereits vor Vorinstanz und auch in der Berufung erneut geltend ge- macht, er erachte den Angriff in der Zelle sowie die anschliessende Reaktion von A. als eine Tateinheit, weshalb aufgrund der Stichverletzung im Nacken von D. die beim Angriff sowie Raufhandel geforderte objektive Strafbarkeitsbe- dingung einer einfachen Körperverletzung erfüllt sei (Urk. 58 S. 27; Urk. 93 S. 5 f.).

      2. Es ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die tätliche Auseinan- dersetzung im Zeitpunkt der Attacke von A. gegen D. bereits abge- schlossen war, obwohl nur einige wenige Sekunden seit deren Abschluss vergan- gen waren. Dafür spricht vor allem, dass B. , C. und D. die Zelle verlassen hatten, die Zellentüre wieder verschlossen haben und alle drei bereits einige Meter weg von der Zelle weggelaufen waren und alle in die andere Rich- tung schauten. Die Vorinstanz erwägt zu Recht, dass damit ein möglicher Angriff oder Raufhandel – für welche es an einer objektiven Strafbarkeitsbedingung ge- mangelt hätte – für den objektiven Betrachter abgeschlossen war. Das nachfol- gende Herausstürmen von A. mit dem Messer ist als eine neue, wenngleich auf den vorherigen basierende, Handlung, mithin als ein neuer Angriff zu werten, der überraschend von hinten erfolgte und vom Opfer in keiner Weise erwartet wurde. Dieses hat den Täter nicht einmal wahrgenommen, bis es den Stich ver- spürte. Die durch diese Tat verübte Verletzung kann deshalb nicht als objektive

        Strafbarkeitsbedingung für die vorherige, bereits abgeschlossene körperliche Auseinandersetzung dienen. Es ist denn auch klar festzuhalten, dass die Staats- anwaltschaft dies auch als zwei separate Taten angeklagt hat und die Verletzung von D. durch den Messerstich von A. in der Anklage nicht einmal er- wähnt bzw. umschrieben wird.

      3. Es ist weiter darauf hinzuweisen, dass gemäss der Lehre die einfache Körperverletzung bzw. der Tod einer Person im Sinne der objektiven Strafbar- keitsbedingung gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB noch während des Raufhandels eingetreten sein muss (BSK StGB/JStG-MAEDER, a.a.O., N 28 zu Art. 133 StGB, m.w.H.). Das Bundesgericht liess es dabei früher zwar bereits genügen, dass die Verletzung durch Gewalttätigkeiten verursacht wird, welche der durch den unmit- telbar vorausgegangenen Raufhandel angeheizten Streitlust und der durch ihn angesammelten Gemütserregung entspringen, wenn Einzelne, angeheizt durch die vorangegangene grössere Schlägerei, die Gewalttätigkeiten fortsetzen (BGE 106 IV 246 E. 3.). Gemäss der in BGE 137 IV 1 E. 4.3.1 begründeten und seither etwa in den Urteilen des Bundesgerichts 6B_782/2020 vom 7. Januar 2021 E. 5.1.1, 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 4.3.2 sowie 6B_1307/2021 vom

  1. Januar 2023 E.2.1.2 verwendeten Formel soll es nunmehr darauf ankommen, ob die unmittelbare Abfolge der Vorkommnisse (in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht) es gebietet, das Tatgeschehen als Einheit zu betrachten oder ob sich das Tatgeschehen klar in mehrere Handlungseinheiten unterteilen lässt. Entscheidend ist somit, ob der vorliegende Sachverhalt gesamthaft als Einheit oder als mehrere Handlungseinheiten zu betrachten ist (vgl. auch BGE 139 IV 168 E. 1.1.4).

    Wie erwähnt ist es zwar richtig, dass vorliegend nur ca. fünf Sekunden zwischen dem Abschluss der Schlägerei in der Zelle und dem anschliessenden Messerangriff von A. auf D. liegen. Dennoch ist eine Einheit dieses Geschehens zu verneinen und im Sinne der angeführten Rechtsprechung von mehreren Handlungseinheiten auszugehen. In der Zelle von A. fand ein all- seits provozierter offener Schlagabtausch ohne Waffeneinsatz statt, der bei den

    Beteiligten keine wesentlichen Verletzungen hinterliess. D.

    und B.

    sowie C.

    hatten die Zelle des Privatklägers A.

    daraufhin verlassen

    und dessen Zellentüre geschlossen. Entscheidend kommt hierbei hinzu, dass sich eine Zellentür nicht mehr von aussen öffnen bzw. nur noch mit einem Schlüssel, nachdem sie geschlossen wurde. Ein weiteres Eindringen in die Zelle von

war somit D. , B.

sowie C.

nicht mehr möglich. Dies

bringt eine klare Zäsur des Geschehens mit sich. Der Beschuldigte und D.

sowie C. entfernten sich von der Zelle des Privatklägers A.

und für

sie war die Auseinandersetzung abgeschlossen. Sie schauten auch nicht mehr nach hinten. Dies zeigt in aller Deutlichkeit, dass die bisherige waffenlos in der Zelle von A. geführte Auseinandersetzung in einer Gesamtbetrachtung be- endet war. Trotz des nur kurzen zeitlichen Abstands des nachfolgenden Mes- serangriffs von A. ausserhalb der zuvor abgeschlossenen Zelle, lässt sich das Geschehen somit doch klar in mehrere, zeitlich, räumlich und auch sachlich voneinander zu trennende Handlungseinheiten unterteilen. Der überraschende Messerstich des Privatklägers A. in den Hals-/Nackenbereich von D. von hinten ist somit als neue Handlungseinheit zu werten. Die Stichverletzung am Hals von D. kann daher nicht zur Begründung der objektiven Strafbarkeits- bedingung gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB herangezogen werden. Anzufügen ist am Rande, dass die amtliche Verteidigung respektive unentgeltliche Vertretung

von A.

vorbringt, das Geschehen sei als Einheit zu betrachten, indessen

dennoch den Antrag stellt, dass B. , C. und D. wegen Angriff zu

bestrafen seien, obwohl bei dieser Betrachtung A.

die objektive Strafbarkeitsbedingung einer Körperverletzung gesetzt hätte und schon von daher somit klarerweise aktiv in die tätliche Auseinandersetzung involviert gewesen wäre. Der Tatbestand des Angriffs würde bei dieser Betrachtungsweise somit ohnehin ent- fallen.

2.5. Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die erstellten Verletzungen der Beteilig- ten nicht die Intensität einer einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erreichen, weshalb weder dieser Tatbestand noch derjenige des Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB oder des Angriffs im Sinne

von Art. 134 StGB vorliegend gegeben ist. Der Beschuldigte ist demnach vom Vorwurf des Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB freizusprechen.

  1. Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB

    1. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz lässt indessen der vorliegende Ankla-

      gesachverhalt eine Verurteilung des Beschuldigten (wie auch von C.

      und

      D. ) wegen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB zu. Gemäss dem Anklagegrundsatz im Sinne von Art. 9 Abs. 1 StPO kann eine Straftat nur ge- richtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Ge- richt Anklage erhoben hat. Der Inhalt der Anklageschrift ergibt sich aus Art. 325 Abs. 1 StPO. Das Gericht darf nur den Sachverhalt beurteilen, der in der Anklage aufgeführt wird. An die darin vorgenommene rechtliche Würdigung ist es jedoch nicht gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO). Wenn sich das Gericht aufgrund der Be- weislage die Meinung bildet, es liege ein anderes als in der Anklage umschriebe- nes inkriminiertes Verhalten vor, sehen die Art. 329 Abs. 2 und 333 StPO die Möglichkeit der Anklageänderung nach Anklageerhebung vor. Keiner Anklageän- derung bedarf es jedoch, wenn das Gericht zum Schluss gelangt, dass der Ankla- gesachverhalt einen anderen Tatbestand erfüllt, als in der Anklageschrift angege- ben ist. Unter Wahrung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 344 StPO kann es nach dem Grundsatz iura novit curia eine andere rechtliche Würdigung vorneh- men als die Staatsanwaltschaft (BSK StPO/JStPO-NIGGLI/HEIMGARTNER, 3. Aufl., Basel 2023, N 52 ff. zu Art. 9 StPO).

    2. Der Privatkläger A. verlangt mit seiner Berufung im Subeventualantrag die Bestrafung des Beschuldigten wegen Tätlichkeiten. Vorliegend bedarf es kei- ner Anklageergänzung oder -änderung, da die Anklage das inkriminierte Verhal- ten des Beschuldigten genau umschreibt (Urk. 44), weshalb eine rechtliche Wür- digung dieses Verhaltens ohne weiteres möglich ist.

    3. Wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Kör- pers oder der Gesundheit zur Folge haben, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft (Art. 126 Abs. 1 StGB). Als Tätlichkeit im Sinne dieser Bestimmung gilt eine das

      allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass überschreitende physische Einwirkung auf einen Menschen, die keine Schädigung des Körpers oder der Ge- sundheit zur Folge hat. Auch die Verursachung von Schmerzen wird nicht vo- rausgesetzt. Als Beispiele zu nennen sind unter anderem Ohrfeigen, Faustschlä- ge, Fusstritte und heftige Stösse (OFK StGB/JStG-DONATSCH, a.a.O., N 1 zu Art. 126 StGB). Voraussetzung ist somit, dass die Einwirkung auf den Körper eines anderen Menschen mindestens eine bestimmte Intensität erreicht. Entgegen der Vorinstanz ist für eine Verurteilung wegen Tätlichkeiten eine genaue Zuordnung einzelner Verletzungen des Privatklägers A. an einen der Beteiligten nicht notwendig. Für die rechtliche Qualifikation einer Handlung als Tätlichkeit müssen vielmehr gar keine (sichtbaren) Verletzungen oder Schmerzen festgestellt wer- den. Es ist erstellt, dass der Beschuldigte dem Privatkläger im Rahmen einer kör- perlichen Auseinandersetzung absichtlich ca. drei Faustschläge gegen den Kopf bzw. den Oberkörper verpasst hat. Auch wenn diese entgegen der Anklage nicht als kräftig zu bezeichnen sind, stellen sie ohne Weiteres Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB dar.

    4. In subjektiver Hinsicht wird Vorsatz vorausgesetzt, wobei Eventualvorsatz genügt. Dieser muss sich auf die Tathandlung und den Erfolg beziehen (BSK StGB/JStG-ROTH/KESHELAVA, a.a.O., N 13 zu Art. 126 StGB). Vorliegend kann der Vorinstanz gefolgt werden, dass es dem Beschuldigten darum gegangen ist, dem Privatkläger eine Abreibung zu verpassen bzw. ihm eine Lektion zu ertei- len (vom hohen Ross herunterholen), er den Privatkläger jedoch nicht richtig zusammenschlagen oder verletzen wollte (vgl. Urk. 65 S. 21 f.). Ein darüber hinausgehender Vorsatz des Beschuldigten, den Privatkläger A. schwerer zu verletzen, als tatsächlich geschehen ist, kann nicht erstellt werden.

    5. Fazit

Der Beschuldigte hat sich somit der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

  1. Strafzumessung

    1. Allgemeines

      Vorliegend hat sich der Beschuldigte der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Als Strafe kommt eine Busse von bis zu Fr. 10'000.– in Betracht. Ferner ist für den Fall schuldhafter Nichtbezahlung der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten festzulegen. Busse und Freiheitsstrafe sind dabei je nach den persönli- chen Verhältnissen des Täters so zu bemessen, dass er die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Art. 106 StGB).

    2. Tatkomponenten

      In Bezug auf die objektive Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte

      dem Privatkläger A.

      in seiner Zelle im Rahmen einer körperlichen

      Auseinandersetzung ca. drei Faustschläge gegen den Kopf bzw. den Körper ver- passt hat. Dies im Rahmen eines geplanten feigen Vorgehens zu Dritt gegen den alleine dastehenden Privatkläger, der sich nicht lange wehren konnte. Dabei wur- den dem Privatkläger insgesamt schmerzhafte Verletzungen zugefügt. Dass auch der Privatkläger vorgängig provozierte, ändert an diesem verwerflichen Vorgehen nichts. In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass der Beschuldigte direkt vor- sätzlich handelte und es sich letztlich um eine primitives gewalttätiges Vorgehen handelte, mit dem Ziel den Privatkläger eine Abreibung zu verpassen, weil ihm dessen Verhalten nicht passte, was in keiner Weise zu entschuldigten ist. Insge- samt ist von einem nicht mehr leichten Verschulden auszugehen.

    3. Täterkomponente

      1. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse kann auf die einschlägige Befra- gung des Beschuldigten anlässlich der Hauptverhandlung verwiesen werden (Urk. 56 S. 1-5). Der Beschuldigte ist am tt. Mai 1990 in Brasilien geboren und ab dem Alter von fünf oder sechs Jahren mehrheitlich in der Schweiz, zunächst bei seiner Mutter, aufgewachsen. Mit zwölf Jahren ist er gemäss seinen Angaben zunächst in eine Schule für schwererziehbare Kinder, danach für längere Zeit in

        ein Heim gekommen. Im Anschluss kam er zu einer Pflegefamilie. Schliesslich kehrte der Beschuldigte nach Brasilien zurück, wo bei seiner Grossmutter, Tante und Onkel gelebt und eine schöne, aber auch sehr schwierige Zeit gehabt habe. Der Beschuldigte hat keinen Schulabschluss und auch keine Ausbildung bzw. Lehre. Er gab an, immer wieder als Zimmermann, als Hilfsmaurer und auch als Gerüstbauer gearbeitet zu haben. Er kämpfe seit über drei Jahren darum, eine Lehre machen zu können, doch sei es ihm in der Justizvollzugsanstalt E. aus Sicherheits- oder anderen Gründen immer wieder verwehrt worden. Zurzeit befinde er sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt E. auf der Foren- sisch-Psychiatrischen Abteilung, wobei er sich in einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB befinde, welche offenbar vor kurzem verlängert worden sei (Urk. 54; Urk. 87 und Prot. II S. 11). In der Untersuchung gab der Beschuldigte zu seinen persönlichen bzw. finanziellen Verhältnissen überdies an, dass er im Ge- fängnis einen Lohn von ca. Fr. 22.– pro Tag erhalten habe, wodurch er wenig Er- spartes in der Höhe von ca. Fr. 5'000.– habe erzielen können. Er habe Schulden im Bereich von ca. Fr. 20'000.–. Vom Militär erhalte er immer wieder die Aufforde- rung zur Leistung von Geld, doch habe er keines (vgl. Urk. 14/3 S. 16 f.).

      2. Der Beschuldigte ist mehrfach vorbestraft. Insgesamt weist sein Strafregis- terauszug sieben Vorstrafen aus, wobei es sich zur Hauptsache um Diebstähle, Betäubungsmitteldelikte, verschiedene Strassenverkehrsdelikte, Beschimpfung und Drohung sowie zuletzt um eine schwere Körperverletzung handelt. Bezüglich letzterer Straftat wurde er durch das Bezirksgericht Zürich 10. Abteilung am

        14. Juni 2019 zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, wobei der Vollzug der Frei- heitsstrafe zugunsten einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB aufge- schoben wurde (Urk. 87). Diese Vorstrafen wirken sich deutlich straferhöhend aus.

        3. Bezüglich des Nachtatverhaltens des Beschuldigten ist festzuhalten, dass er bereits in der Untersuchung zugab und auch anlässlich der Hauptverhandlung durch seine amtliche Verteidigung wiederholte, den Privatkläger A. während der Auseinandersetzung in der Zelle mehrmals mit Faustschlägen traktiert zu ha- ben, was sich merklich strafmindernd auswirkt.

    4. Fazit

      Unter Einbezug seines Verschuldens sowie der persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten, erscheint eine Busse von Fr. 800.– als ange- messen. Ausgehend von einem praxisgemässen Umwandlungssatz von Fr. 100.– pro Tag ist die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegend mithin auf acht Tage festzusetzen.

  2. Zivilansprüche

      1. Der Privatkläger verlangt mit seiner Berufung die Zusprechung einer Genug- tuung von Fr. 3'000.– unter solidarischer Haftung des Beschuldigten, von C. sowie D. (Urk. 69 S. 2). Zur Begründung führte er vor der Vorinstanz und im Berufungsverfahren aus, dass es augenscheinlich sei, dass der Privatkläger

        A.

        eine schwere Persönlichkeitsverletzung erlitten habe, die auf das

        rechtswidrige strafbare Verhalten der Beschuldigten zurückzuführen sei. Es sei ohne Weiteres erstellt, dass die Beschuldigten ein schweres Verschulden treffe, da sie den Privatkläger A. grundlos und in Überzahl niedergeschlagen hät- ten. Die Rechtsprechung habe in ähnlich gelagerten Fällen Genugtuungen zwi- schen Fr. 1'000.– und Fr. 3'000.– zugesprochen (Urk. 58 S. 31; Urk. 93 S. 9).

      2. Die Vorinstanz hat das Genugtuungsbegehren des Privatklägers mit der Begründung abgewiesen, dass der Beschuldigte von Schuld und Strafe freige- sprochen worden sei und der Privatkläger zudem nur Verletzungen erlitten habe, die als Tätlichkeiten zu qualifizieren seien. Schliesslich habe der Privatläger im Vorfeld der Auseinandersetzung eine durchaus aktive Rolle eingenommen (Urk. 65 S. 33).

      3. Gemäss Art. 47 OR kann der Richter bei Tötung oder Körperverletzung ei- nes Menschen unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Ferner hat gemäss Art. 49 OR Anspruch auf Leistung einer Geld- summe als Genugtuung, wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. Die Höhe einer Genugtuung hängt dabei in erster Linie von der Art und Schwere der Verletzung, der Intensität und Dauer der Auswirkun- gen auf die Persönlichkeit der betroffenen Person sowie vom Grad des Verschul- dens des Schädigers am Schadensereignis ab. Selbstverschulden des Verletzten spielt ebenfalls eine wichtige Rolle (BSK OR-KESSLER, 7. Aufl., Basel 2020, N 20a

        f. zu Art. 47 OR und N 16 zu Art. 49 OR).

      4. Der Privatkläger war im Rahmen der Auseinandersetzung in seiner Zelle Opfer von Tätlichkeiten. Das IRM-Gutachten hielt fest, dass die erlittenen Ver- letzungen voraussichtlich innerhalb kurzer Zeit folgenlos abheilen würden. Dass er aufgrund des Vorfalls noch zwei Wochen lang Schmerzen gehabt habe, wie er angegeben hatte oder allenfalls sogar psychisch beeinträchtigt worden sei, kann nicht erstellt werden. Der Privatkläger hat diesbezüglich keinerlei Gutachten oder ärztliche Berichte eingereicht. Ferner hat sich der Privatkläger selber aktiv an der Auseinandersetzung in der Zelle beteiligt und diese massgeblich mitprovoziert. Insgesamt rechtfertigen die geringen Verletzungen des Privatklägers als Folge der Auseinandersetzung, zu welcher er nota bene durch Provokationen seiner- seits ebenfalls beigetragen hat, und die Tatsache, dass er in der Zelle zumindest am Anfang selber auch Faustschläge verteilt hat, keine Genugtuung. Nach dem Gesagten ist das Genugtuungsbegehren des Privatklägers abzuweisen.

  3. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens

    1. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO).

    2. Nachdem der Beschuldigte heute der Tätlichkeiten schuldig gesprochen wurde, sind ihm die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfah- rens gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO teilweise aufzuerlegen. In Gewichtung zum

      eigentlichen Anklagevorwurf des Raufhandels rechtfertigt sich eine Kostenauflage von einem Viertel, zumal es sich bei Tätlichkeiten um eine blosse Übertretung handelt. Im selben Umfang ist auch gestützt auf Art. 135 Abs. 4 StPO eine Rück- forderung der Kosten der amtlichen Verteidigung vorzubehalten. Im Übrigen sind die Kosten auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die erstinstanzliche Entscheidge- bühr ist gestützt auf § 14 GebV OG sowie praxisgemäss auf Fr. 1'500.– festzu- setzen. Die Gebühr für das Vorverfahren beträgt Fr. 1'100.– (vgl. Urk. 46).

  2. Kosten des Berufungsverfahrens

    1. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 2'000.– festzu- setzen (Art. 424 Abs. 1 StPO i.V.m. § 16 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 GebV OG).

    2. Die amtliche Verteidigung macht für das Berufungsverfahren eine Entschä- digung von total Fr. 2'980.40 (inkl. MwSt.) geltend (Urk. 95). Der bezifferte Auf- wand ist ausgewiesen und erscheint angemessen, weshalb die amtliche Verteidi- gerin, Rechtsanwältin lic. iur. Y. , antragsgemäss zu entschädigen ist.

    3. Die unentgeltliche Rechtsvertretung des Privatklägers macht für die drei Berufungsverfahren eine Entschädigung von total Fr. 6'727.– (inkl. Barauslagen und MwSt.) geltend (Urk. 93 S.10 und Urk. 94/1-2). Der bezifferte Aufwand ist ausgewiesen und erscheint angemessen, weshalb der unentgeltliche Rechtsver- treter des Privatklägers, Rechtsanwalt lic. iur. X. , antragsgemäss zu ent- schädigen ist. Es erscheint angemessen, seinen Aufwand gleichmässig auf die drei Berufungsverfahren zu verteilen – also zu je einem Drittel (je Fr. 2'242.30) –,

      da sämtliche Ausführungen die drei Beschuldigten B. , C. D. in gleicher Weise betrifft.

      und

    4. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Vorliegend unterliegt die Staatsanwaltschaft mit ihren Anträgen zwar vollumfänglich. Die Staatsanwalt- schaft hat ihre Berufung indessen frühzeitig zurückgezogen. Der Privatkläger un- terliegt mit seinem Haupt- sowie Eventualantrag ebenfalls vollumfänglich und ob- siegt lediglich hinsichtlich seines Subeventualantrags in Bezug auf die Verurtei-

lung des Beschuldigten wegen Tätlichkeiten. Des Weiteren unterliegt er im Zivil- punkt vollumfänglich. Es rechtfertigt sich daher insgesamt – unter Berücksichti- gung des Umfangs der Anträge –, die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Aus- nahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsver- tretung, dem Privatkläger zu drei Vierteln und dem Beschuldigten zu einem Viertel aufzuerlegen. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist der Kos- tenanteil des Privatklägers einstweilen auf die Gerichtkasse zu nehmen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 138 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 135 Abs. 4 StPO. Diese gesetzliche Folge der dem Privatkläger gewährten unentgelt- lichen Rechtspflege wurde im ausgehändigten Urteilsdispositiv aufgrund eines of- fensichtlichen Versehens nicht erwähnt und ist der Klarheit halber – der Beschul- digte ist nicht beschwert – in Dispositiv-Ziffer 9a zu ergänzen (Art. 83 StPO).

Ferner sind die Kosten der amtlichen Verteidigung im Umfang von drei Vierteln definitiv und im Umfang von einem Viertel einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten ist im Umfang von einem Viertel gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorzubehalten. Die Kosten der unentgeltli- chen Vertretung des Privatklägers sind dagegen im Umfang von einem Viertel de- finitiv und im Umfang von drei Vierteln einstweilen auf die Gerichtskasse zu neh- men. Die Rückzahlungspflicht des Privatklägers ist um Umfang von drei Vierteln gemäss Art. 138 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 135 Abs. 4 StPO vorzubehalten.

Es wird beschlossen:

  1. Vom Berufungsrückzug der Staatsanwaltschaft wird Vormerk genommen.

  2. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Dielsdorf, I. Abtei- lung, vom 13. Juli 2021 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

Es wird erkannt:

1.-3. (…)

  1. Die Entschädigung von Rechtsanwältin lic. iur. Y. für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten wird auf Fr. 11'377.30 (Fr. 10'461.– Aufwand, Fr. 102.90 Barauslagen und Fr. 813.40 Mehrwertsteuer) festgesetzt.

  2. (Mitteilung)

  3. (Rechtsmittel)

3. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte B.

    wird freigesprochen vom Vorwurf des Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte ist schuldig der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB.

  3. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Busse von Fr. 800.–.

  4. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen.

  5. Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers A. wird abgewiesen.

  6. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 1'500.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 1'100.– Gebühr Vorverfahren Fr. 11'377.30 amtliche Verteidigung

  7. a) Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten zu einem Viertel auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.

    b) Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden zu drei Vierteln definitiv und zu einem Viertel einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang eines Viertels ge- mäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  8. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'000.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'980.40 amtliche Verteidigung

    Fr. 2'242.30 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft (1/3 von Fr. 6'727.–)

  9. a) Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung, werden dem Privatkläger zu drei Vierteln und dem Beschuldigten zu einem Viertel auferlegt. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird der Kostenanteil des Privatklägers einstweilen auf die Gerichtkasse genommen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 138 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 135 Abs. 4 StPO.

    1. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden im Umfang von drei Vierteln definitiv und im Umfang von einem Viertel einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang von einem Viertel gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

    2. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers werden im Umfang von einem Viertel definitiv und im Umfang von drei Vierteln einst- weilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Pri- vatklägers bleibt um Umfang von drei Vierteln gemäss Art. 138 Abs. 1 StPO

    i.V.m. Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  10. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

  11. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der gemäss Art. 35 und 35a BGerR zuständigen strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebe- nen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Zürich, 8. Februar 2024

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. S. Volken

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw A. Sieber

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