Zusammenfassung des Urteils SB210636: Obergericht des Kantons Zürich
Das Kantonsgerichtspräsident hat in einem Verfahren betreffend definitive Rechtsöffnung entschieden, dass die Beschwerde der Gesuchsgegnerin nicht angenommen wird. Die Gesuchsgegnerin muss die zweitinstanzlichen Kosten von CHF 300.00 tragen und der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung von CHF 600.00 zahlen. Gegen diesen Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Gerichtskosten werden der Gesuchsgegnerin auferlegt, da sie den Kostenvorschuss nicht bezahlt hat.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210636 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 31.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Schändung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Klägerin; Privatklägerin; Beschuldigten; Zeugin; Handlung; Handlungen; Berufung; Aussagen; Vorinstanz; Recht; Urteil; Staatsanwaltschaft; Verteidigung; Schändung; Freiheits; Freiheitsstrafe; Busse; Schlaf; Sinne; Dispositiv; Zustand; Widerstand; Schaden; Befehl; Dispositivziffer; önne |
Rechtsnorm: | Art. 104 StGB ;Art. 105 StGB ;Art. 106 StGB ;Art. 126 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 153 StPO ;Art. 191 StGB ;Art. 259 StPO ;Art. 319 StPO ;Art. 335 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 45 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 67 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 119 IV 230; 133 IV 49; 138 IV 120; 142 IV 265; 144 IV 217; 147 IV 241; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210636-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur.
Keller und Ersatzoberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Huter
Urteil vom 31. August 2022
in Sachen
,
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
gegen
sowie
,
Privatklägerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.
betreffend Schändung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 24. März 2021 (Urk. 33) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte, A. , ist schuldig
der Schändung im Sinne von Art. 191 StGB;
der mehrfachen Übertretung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG.
Der Beschuldigte wird mit einer Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 10. Mai 2021 bestraft mit 9 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 39 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Busse von Fr. 100.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Es wird von einer Landesverweisung abgesehen.
Es wird gegenüber dem Beschuldigten ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot im Sinne von Art. 67 Abs. 4 lit. a Ziff. 2 StGB angeordnet.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin Schadenersatz in der Höhe von Fr. 1'623.35 zu bezahlen.
Es wird zudem festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches wird die Privatklägerin auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin Fr. 10'000.– zuzüglich 5 % Zins ab 17. Mai 2020 als Genugtuung zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 1'800.– die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'500.–Gebühr für das Vorverfahren; Fr. 6'569.80Auslagen (Gutachten)
Fr. 6.80 Entschädigung Zeuge
Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.
Die Entscheidgebühr und die weiteren Kosten werden dem Beschuldigten auferlegt.
Rechtsanwältin lic. iur. X. wird für ihre Bemühungen als amtliche Verteidigerin des Beschuldigten mit Fr. 13'846.40 (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse ge- nommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung beim Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin eine Prozessentschä- digung von Fr. 6'348.35 (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 62 S. 2 f.; Urk. 74 S. 2 f.)
Es seien die Dispositivziffern 1 Spiegelstrich 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 11, 12 letzter Teilsatz und 13 des vorinstanzlichen Urteils aufzuheben.
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der Schändung und der sexuellen Belästigung freizusprechen.
Der Beschuldigte sei im Sinne einer Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland vom 10. Mai 2021 mit einer Busse von Fr. 100.– zu bestrafen.
Es sei von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots abzusehen.
Die Zivilansprüche der Privatklägerin seien abzuweisen; eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.
Das erstellte DNA-Profil des Beschuldigten sei zu löschen.
Dem Beschuldigten sei für die erstandene Haft von 39 Tagen eine Ge- nugtuung von Fr. 7'800.– zzgl. 5 % Zins ab dem mittleren Verfall, dem
5. Juni 2020, aus der Gerichtskasse zuzusprechen.
Der Privatklägerin sei keine Prozessentschädigung zuzusprechen.
Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen. In Bezug auf die Kosten der amtlichen Verteidigung sei auf einen Nachforderungsvorbehalt zu verzichten.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MwSt. zulasten der Staatskasse.
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft See/Oberland: (Urk. 66, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Der Vertreterin der Privatklägerschaft: (Urk. 76 S. 1)
Das vorinstanzliche Urteil sei zu bestätigen.
Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin eine Parteientschädigung für das Berufungsverfahren von Fr. 1'679.70 zzgl. Zeitaufwand für die Berufungsverhandlung zu bezahlen.
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksgerichtes Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 2. September 2021 meldete der Beschuldigte am 3. September 2021 Berufung an (Urk. 57). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde ihm am 24. November 2021 zugestellt (Urk. 60), worauf er am 8. Dezember 2021 die Berufungserklärung einreichte (Urk. 62).
Innert angesetzter Frist gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO verzichtete die Staatsanwaltschaft See/Oberland (fortan Staatsanwaltschaft) auf Erhebung einer Anschlussberufung (Urk. 66). Die Privatklägerin teilte am 26. Januar 2022 mit, dass sie keine Anträge im Sinne von Art. 153 Abs.1 StPO und Art. 335 Abs. 4 StPO stelle (Urk. 67). Auch eine Anschlussberufung erhob sie nicht.
Am 27. Dezember 2021 und am 23. August 2022 wurde je ein neuer Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 63 und Urk. 72). Sodann liess der Beschuldigte am 27. Januar 2022 das ausgefüllte Datenerfassungsblatt samt weiteren Unterlagen einreichen (Urk. 69 und Urk. 70/1-5).
Zur Berufungsverhandlung sind der Beschuldigte in Begleitung seiner amtlichen Verteidigerin, Rechtsanwältin lic. iur. X. , sowie die Privatklägervertreterin, Rechtsanwältin lic. iur. Y. , erschienen (Prot. II S. 5).
Umfang der Berufung
Der Beschuldigte beschränkte seine Berufung auf den Schuldspruch wegen Schändung im Sinne von Art. 191 StGB (Dispositivziffer 1, 1. Spiegelstrich) und die damit zusammenhängenden Nebenpunkte des Urteils (Strafe, Tätigkeitsverbot, Zivilansprüche), beantragte die Löschung seines DNA-Profils und verlangte die Zusprechung von Fr. 7'800.– Haftentschädigung samt Zins und die Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen (Urk. 62 und 74; Art. 399 Abs. 4 lit. b, c und e StPO).
Entsprechend ist vorab festzuhalten, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 2. September 2021 hinsichtlich Dispositivziffer 1, 2. Spiegelstrich (Schuldspruch wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes), Dispositivziffer 5 (Absehen von Landesverweisung), Dispositivziffer 10 (Kostenfestsetzung) und Dispositivziffer 12 Abs. 1 (Festsetzung des Honorars der amtlichen Verteidigung) in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. BSK StPO-Eugster, 2. Aufl. 2014, Art. 402 N 1 f.).
Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten im Wesentlichen vor, am frühen Morgen des 17. Mai 2020 das Schlafzimmer der Privatklägerin betreten, sich neben die in ihrem Bett alkoholisiert schlafende Privatklägerin gestellt, ihr den Schlüpfer hinunter gezogen und sie mit seinen Fingern an ihren Schenkeln, ihrem Gesäss und ihrer Vagina ausgegriffen sowie mit seinem Glied ihr Gesäss und die Vagina berührt zu haben. Zudem habe er mindestens einmal zumindest die Spitze bzw. die Eichel seines Glieds vaginal in die Privatklägerin eingeführt. Dabei sei dem Beschuldigten bewusst gewesen bzw. habe er zumindest in Kauf genommen, dass die Privatklägerin in alkoholisiertem Zustand geschlafen habe und somit weder in die sexuellen Handlungen habe einwilligen noch sich dagegen habe wehren können (Urk. 33 S. 2 f.).
Der Beschuldigte gab zwar bereits in der ersten Einvernahme zu, dass es mit der Privatklägerin zu einer Versuchung gekommen sei, machte aber gleichzeitig geltend, dass kaum etwas passiert sei, zumal die Privatklägerin die sexuellen Handlungen initiiert habe und entsprechend nicht widerstandsunfähig gewesen sei. Vielmehr seien die sexuellen Handlungen im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt (Urk. 6/1 passim). Diesen Standpunkt vertrat er grundsätzlich auch in der heutigen Befragung. Allerdings vermochte er sich im Detail nicht mehr zu erinnern und sagte aus, er habe jedenfalls kein klares Nein bekommen bzw. keine Ablehnung gespürt. Ein solches Signal hätte er nämlich akzeptiert. Die Reaktion der Privatklägerin sei vielmehr weder positiv noch negativ gewesen (Prot. II
S. 11 ff., insbesondere S. 14).
Damit ist aufgrund der vorliegenden Beweismittel zu prüfen, ob sich der Anklagevorwurf rechtsgenügend erstellen lässt.
Nebst der Würdigung von Sachbeweisen und Aussagen Dritter kommt auch den Aussagen der direkt involvierten Personen entscheidendes Gewicht zu. Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen hängt zunächst einmal davon ab, ob die Aussagen grundsätzlich überprüfbar sind (formelle Validität), ob sie mit anderweitig im Verfahren erhobenen Fakten übereinstimmen/in Einklang zu bringen sind (externe Validität) und ob sie in sich konsistent sind (interne Validität). Schliesslich vermag auch die von der Vorinstanz bereits ausführlich erwähnte inhaltliche Analyse der einzelnen Aussagen auf das Vorliegen von Realitätskriterien und Lügensignalen (Urk. 61 S. 5 ff.) Anhaltspunkte für deren Glaubhaftigkeit zu liefern.
Die Vorinstanz hat die für die Sachverhaltsermittlung zur Verfügung stehenden Beweismittel zutreffend aufgezählt (Urk. 61 S. 7 f.), worauf verwiesen werden kann (Art. 82 Abs. 4 StPO). Nicht zugestimmt werden kann ihren Ausführungen jedoch insoweit, als sie die polizeilichen Aussagen der Privatklägerin und der Zeuginnen C. und D. als lediglich zugunsten des Beschuldigten verwertbar qualifiziert (Urk. 61 S. 8). Diese Aussagen erfolgten vor der formellen Untersuchungseröffnung im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens gemäss Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO, in welchem dem – damals überdies noch nicht eindeutig identifizierten – Beschuldigten kein Teilnahmerecht zukommt (Art. 147 Abs. 1 StPO e contrario). Da er jedoch nachfolgend mit den Zeuginnen bzw. ihren Aussagen konfrontiert wurde und Gelegenheit hatte, ihnen Ergänzungsfragen zu stellen, sind auch die früheren Aussagen vollständig verwertbar (BGer 6B_780/2021 vom 16. Dezember 2021 E. 1.2 m. w. H., zur Publikation vorgesehen). Ebenso voll verwertbar sind die Aussagen von E. (Urk. 10), welcher in Anwesenheit des Beschuldigten und seiner Verteidigung polizeilich befragt wurde.
Was die Aussagen der Privatklägerin angeht, ist sodann anzumerken, dass diese mehrfach – so auch durch die Vorinstanz (Urk. 53) – ausführlich befragt wurde, wobei die staatsanwaltschaftliche Einvernahme vom 17. Juni 2020 (Urk. 7/2) auf Video festgehalten wurde und bei den Akten liegt (Urk. 7/3), was es dem Obergericht erlaubt, sich – neben der Kenntnisnahme des Inhalts der Aussagen – auch
ein Bild über ihr nonverbales Aussageverhalten zu machen. Eine erneute Einver- nahme durch das Berufungsgericht drängt sich vor diesem Hintergrund nicht auf, zumal die Privatklägerin zum Kerngeschehen konstant ausgesagt hat, sodass auch keine Notwendigkeit besteht, sie mit Widersprüchen zu konfrontieren und überdies auch Drittpersonen ihren damaligen Zustand bezeugen können (im Einzelnen vgl. nachfolgend). Eine weitere Einvernahme der Privatklägerin wurde denn auch von keiner der Parteien beantragt.
Sodann ist festzuhalten, dass a priori nichts gegen die grundsätzliche Glaubwürdigkeit der verschiedenen Befragten spricht, auch wenn natürlich offensichtlich ist, dass gerade für den Beschuldigten einiges auf dem Spiel steht. Oh- nehin aber kommt der Glaubwürdigkeit gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung gegenüber der Bewertung der Glaubhaftigkeit der einzelnen Aussagen le- diglich untergeordnete Bedeutung zu.
Was die Zeit vor den tatgegenständlichen Ereignissen angeht, so decken sich die Aussagen sämtlicher Befragten und ergibt sich somit, dass die Privatklä-
gerin und die beiden Zeuginnen C.
und D.
den Beschuldigten und
E. in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2020 in Zürich kennenlernten. Offenbar fanden sich alle sympathisch und wollten den Abend – da aufgrund der damals für die Gastronomie geltenden Corona-Massnahmen nach Mitternacht kein Club etc. mehr geöffnet hatte – zuhause bei der Privatklägerin ausklingen lassen, da man es gemeinsam lustig hatte. Auch gemäss dem Beschuldigten selbst sei man dabei immer in der Gruppe zusammen gewesen, weder sei er spezifisch mit einer zusammen gewesen noch hätte eine der Frauen ein näheres Interesse an ihm E. gehabt (Urk. 6/1 S. 3 F/A 18 und S. 4 F/A 25). Aufgrund des bereits zuvor in der Stadt konsumierten Alkohols wurde es der Zeugin D. bereits auf der Taxifahrt nach F. übel. Sie musste sich in der Folge – auch zuhause bei der Privatklägerin – mehrfach übergeben und ging deshalb recht bald nach der Ankunft im Schlafzimmer der Privatklägerin in deren Bett schlafen. Auch die Privatklägerin, welche bis dahin ebenfalls einiges an Alkohol konsumiert hatte, legte sich bald – bekleidet mit T-Shirt und Unterhose – neben der Zeugin D. , auf der linken Betthälfte ihres Doppelbettes, ins Bett, während die Zeugin C. zusammen mit dem Beschuldigten und E. im
Wohnzimmer verblieb, Musik hörte und tanzte (vgl. hierzu auch die Vorinstanz in Urk. 61 S. 9).
Die Frage, ob der Beschuldigte in der Folge einmal mehrfach das Schlafzimmer der Privatklägerin betrat, enthält kein für die rechtliche Würdigung als Schändung notwendiges Tatbestandsmerkmal und kann damit grundsätzlich offenbleiben, auch wenn der Beschuldigte selbst dies vor Vorinstanz grundsätzlich als möglich anerkannte (Urk. 54 S. 10). Sodann ist aufgrund des pharmakologisch-toxikologischen Gutachtens vom 29. Mai 2020 (Urk. 12/6), des ärztlichen Berichts zur Blutalkoholanalyse vom 27. Mai 2020 (Urk. 12/7), des Alkoholgutachtens vom 3. August 2020 (Urk. 12/11) sowie aufgrund der diesbezüglich gleichlautenden Aussagen der Privatklägerin (Urk. 7/1 S. 4 f., Urk. 7/2 S. 9, Urk. 53 S. 3), der Zeugin C. (Urk. 8/1 S. 4 f., Urk. 8/2 S. 9) und im Grunde sogar des Beschuldigten (Urk. 6/1 S. 2, Urk. 6/2 S. 4) erstellt, dass die Privatklägerin in jener Nacht deutlich alkoholisiert war, was gemäss allgemeiner Lebenserfahrung schlafverstärkend gewirkt haben dürfte, was jedoch nicht von entscheidender Relevanz ist.
Aufgrund tatnaher eigener Zugaben des Beschuldigten ist sodann davon auszugehen, dass er sich im weiteren Verlauf des Abends bzw. anbrechenden Morgens – mithin einige Zeit nachdem sich die Zeugin D. und die Privatklägerin zum Schlafen ins Schlafzimmer der Privatklägerin begeben hatten – ins Schlafzimmer der (selbst gemäss eigenen Zugaben, vgl. Urk. 7/2 S. 8) schlafen- den Privatklägerin begab und sich neben die seitlich von ihm abgewandt im Bett liegende Privatklägerin hinlegte. Konkret erklärte er dazu, die einte habe fast nichts angehabt, er sei neben sie gelegen, da kam ich schon in Versuchung. Sie sei etwas näher gekommen, aber sie hätten nichts gemacht, er sei so besoffen gewesen. Er habe nichts gemacht und sie habe auch nichts gemacht. Es sei nicht zu Sex gekommen. In Versuchung sei er gekommen, weil sie Körpernähe gehabt hätten. Es sei doch ein menschliches Bedürfnis. Hätte sie aber gesagt, er solle gar nicht hinliegen, wäre er sofort gegangen (Urk. 6/1 S. 4 f.). Auf erneute Nachfrage, wie er in Versuchung gekommen sei, erklärte er, er sei mit dem Penis an die Arschbacken gegangen, habe ihn aber nicht hochbekommen. Er sei noch etwas gelegen, dann aber aufgestanden. Er habe dort nicht schlafen wollen, er habe nach Hause gewollt (a.a.O., S. 5). Auf den Vorhalt, die Privatklägerin habe geschildert, dass sie seinen Penis an ihrem Hintern und auch in der Scheide gespürt habe, bestätigte er: Ja, es kam zum Versuch. Das war aber auch, weil sie ihren Po in meine Richtung gestreckt hat. Es kam dann zu einer Versuchung. Sie war müde, ich auch, wir haben beide keine Kraft gehabt. Ich habe auch nichts gehört von Nein Hör uf mir ist unwohl so etwas (a.a.O., S. 5). Auf weiteren Vorhalt, sie habe aber auch nicht ja gesagt, entgegnete er, er sage ja auch nicht immer, dass er Sex wolle, bevor er mit dem Sex anfange. Aber sie habe gestöhnt, und zwar so, als dass es ihr gefalle. Aber sie hätten beide keine Kraft dazu gehabt, seien zu müde gewesen (a.a.O., S. 6). Weiter mit den Angaben der Privatklägerin konfrontiert, gab er zu, dass es sein könne, dass die Spitze seines Penis in ihrer Scheide drin war, wenn auch nur für ganz wenige Sekunden, das streite er nicht ab. Aber wo die ganze Szene stattgefunden habe, könne man ja auch mit der Körpersprache etwas sagen, aber da sei nichts gewesen. Er habe es wirklich nicht als einseitig empfunden (a.a.O., S. 6 F/A 46). Er habe sie sicher am Po und den Schenkeln berührt (a.a.O., S. 6 F/A 49). Beim Hinstreichen habe er gespürt, dass sie feucht war. Er habe seine Hosen beim Liegen heruntergezogen und es dann versucht, aber ihre Position sei noch gleich gewesen, als er die Hosen wieder raufgezogen habe. Er wisse nicht mehr, ob er es [das Feuchtsein] mit dem Penis dem Finger gespürt habe. Es könne gut möglich sein, dass er auch mit dem Finger die Scheide berührt habe (a.a.O., S. 7 F/A 56 ff.). Gesprochen hätten sie in dieser Zeit, wo es passiert sei, nichts. Es sei gar nichts gesagt worden (a.a.O., S. 8 F/A 65).
Bereits aufgrund der oben wiedergegebenen Zugaben – welche der Beschuldigte auch in späteren Einvernahmen bestätigte (Urk. 6/2 S. 3 und S. 5, Urk. 6/3 S. 3, Urk. 6/4 S. 3) und welche sich mit den Angaben der Privatklägerin, sie habe beim Aufwachen bemerkt, dass etwas an ihr dran sei, dass er versucht habe, in sie einzudringen, dass etwas am ihrem Hintern und auch an der Scheide war (Urk. 7/1 S. 4 und 6 f., Urk. 7/2 S. 7) decken – sind die ihm vorgeworfenen sexuellen Handlungen mitsamt dem heute von Seiten der Verteidigung bestrittenen Eindringen der Spitze seines Penis (vgl. Urk. 74 Rz. 13 ff.) rechtsgenügend erstellt. Daran ändert auch nichts, dass er vor Vorinstanz (Urk. 54 S. 5 f) sichtlich bemüht
war, seine Handlungen zu relativieren, wozu er primär ausführte, dass es nicht zum Sex gekommen sei, was ihm in dieser absoluten Form aber auch gar nicht vorgeworfen wird, selbst wenn rechtsdogmatisch bereits das Eindringen der Eichelspitze in den Scheidenvorhof als Beischlaf gewertet wird (vgl. hierzu die Vorinstanz, Urk. 61 S. 32). Ohne Einfluss auf die rechtliche Beurteilung bleibt auch, dass es keinen Anlass gibt, an den Angaben des Beschuldigten, er habe diese Handlungen im Liegen und nicht im Stehen vorgenommen, zu zweifeln, scheint dies doch durchaus lebensnah und bemerkte überdies auch die Zeugin C. , er sei aufgesprungen, als sie reingekommen sei (Urk. 8/2 S. 5). Und auch die Privatklägerin schloss solches aufgrund der damaligen situativen Umstände nicht gänzlich aus (Urk. 53 S. 5). Diese Abänderung des Anklagesachverhalts betrifft kein für den Tatbestand der Schändung wesentliches Detail und ändert entsprechend nichts am eigentlichen Tatvorwurf, zumal sie für den Beschuldigten auch nicht überraschend kommt, basiert sie doch auf seiner eigenen Darstellung (vgl. auch BGer 6B_1262/2021 vom 23. März 2022 E. 3.1 m. w. H. und BGer 1P.494/2002 vom 11. November 2002 E. 3).
Kernthema sind denn auch nicht die vorgenommenen sexuellen Handlungen, sondern der damalige Zustand der Privatklägerin. In diesem Zusammenhang fällt zunächst einmal auf, dass der Beschuldigte anfänglich sein Intermezzo im Schlafzimmer der Privatklägerin verschwieg und der Polizei bloss erklärte, sie seien alle im Wohnzimmer gewesen. Irgendwann sei eine ins Zimmer gegangen, dann die andere auch. Er und E. seien noch mit einer im Wohnzimmer gewesen. Irgendwann habe er auch noch etwas schlafen gehen wollen, aber dann sei es hell geworden und sie seien nach Hause gegangen (Urk. 6/1 S. 4 F/A 28). Auch sprach er konstant von Versuchung, was schon begrifflich etwas Verbote- nes indiziert und nahelegt, dass er die sexuellen Handlungen zuerst unterschlug, da ihm deren heikle Umstände durchaus bewusst waren. Erst auf Nachfrage, teilweise auch erst auf entsprechenden Vorhalt der Vorwürfe der Privatklägerin, gab er konkrete Handlungen zu Protokoll. Weiter ist festzuhalten, dass auch nach Darstellung des Beschuldigten die Privatklägerin sich zu keinem Zeitpunkt verbal äusserte, vielmehr sei er, weil die einte fast nichts anhatte, weil sie etwas näher kam, weil sie Körpernähe hatten, und es doch ein menschliches Bedürfnis sei,
weil sie ihren Po in seine Richtung gestreckt habe, in Versuchung geraten. Auch erst auf Vorhalt, die Privatklägerin habe erklärt, sich gewunden, weggedreht und Geräusche gemacht zu haben, erklärte er, ihr Geräusch sei eher so ein Ah und nicht ein Seufzen, dass sie nicht wolle, gewesen. Auch habe sie sich ja nicht wirklich abgedreht, aber es sei ein Stöhnen und nicht ein Seufzen gewesen. Er denke, sie habe die Handlungen gewollt, wegen dem Stöhnen weil sie mir das Gesäss hingestreckt hat. Es sei eine zuneigende Körpersprache gewesen, keine abneigende (Urk. 6/1 S. 6 F/A 50, vgl. auch Urk. 6/2 S. 6 f.). Dies wirkt im Kontext der gesamten Einvernahme nachgeschoben, selbstrechtfertigend und wenig überzeugend und vermag die Anklage jedenfalls nicht zu widerlegen. Allerdings ist dies auch gar nicht Aufgabe des Beschuldigten. Vielmehr ist es Sache des Staates, dem Beschuldigten seine Tat nachzuweisen, ohne dass daran rechtserhebliche Zweifel verbleiben.
Aus der ersten Schilderung der Privatklägerin, kurz nach der Tat und mit gesundheitlichen Problemen (Übelkeit) kämpfend deponiert, geht quasi greifbar hervor, dass sie das Erlebte nicht einordnen kann und Mühe hat klar zu definieren, was sie im Halbschlaf selbst erlebt, und was sie aus Erzählungen der Zeuginnen nachträglich rekonstruiert hat. Sie legt dies aber in den Aussagen klar offen und schil- dert insgesamt sehr glaubhaft, wie sie sich nicht mehr erinnern könne, dass sie zuhause ins Bett gegangen sei. Sie sei aber davon aufgewacht, dass jemand versucht habe, in sie einzudringen. Durch die Geräusche und Bewegungen eben, die man normalerweise so mache, habe sie sich weggedreht und gewehrt. Ihre Freundin habe dies so mitbekommen und ihn beschimpft und rausgejagt. Sie selbst sei mehr weniger im Halbschlaf gewesen. Sie habe das so nicht mitbekommen (Urk. 7/1 S. 4). Als sie aufgewacht sei, habe sie ihn gesehen, dass er neben ihrem Bett gestanden sei. Sie habe gespürt, dass etwas an ihr dran gewesen sei, dass er versucht habe, in sie einzudringen. Sie habe gespürt, dass er versucht habe, sie zu drehen, sie habe sein Geräusch gehört und er habe ihre Freundin beschimpft. Er habe gesagt, sie würde es wollen, weil sie feucht wäre. Dass ihre Freundin eine verklemmte Schlampe wäre. Sie sei irgendwie im Halbschlaf gewesen und habe erst nicht begriffen, dass dies ein Fremder sei. Sie habe im Halbschlaf gedacht, dass es ihr Freund sein könnte (Urk. 7/1 S. 6 f. und S. 10).
Auch in ihrer Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft ist sie sichtlich bemüht offenzulegen, woran sie sich effektiv erinnert und wo sie spekulieren muss. Sie erinnere sich, dass sie morgens aufgewacht sei, es sei bereits hell gewesen. Sie sei davon aufgewacht, dass die Zeugin D. neben ihr lag und sie habe aufwecken wollen und immer wieder gefragt habe B. , möchtest du das. Andererseits sei sie aufgewacht, weil jemand versucht habe, ihre Beine auseinanderzudrücken, mit seinen Händen an ihre Genitalien gedrückt und gezogen habe sowie versucht habe, seinen Penis in sie hineinzudrücken. Sie sei in dem Moment noch im Halbschlaf gewesen, sie habe nicht begriffen, was da passiert sei. Was sie noch wisse, dass sie sich gewunden habe, sich hin und hergedreht habe und versucht habe, sich von der Situation wegzubewegen. Sie habe akustische Geräusche gemacht, die Abwehr sein sollten. Auf die Frage der Zeugin D. habe sie nicht wirklich reagieren können. Sie sei immer noch im Halbschlaf gewesen und habe nur mitbekommen, dass sie sie das gefragt habe. Die Zeugin D. habe dann zum Beschuldigten gesagt, er solle das lassen, er solle rausgehen, da sie (die Privatklägerin) dies offensichtlich nicht möchte. Er habe ihr geantwortet, sie solle sich raushalten. Dann habe er in etwa gesagt, du verklemmte Schlampe, sie (die Privatklägerin) würde das doch wollen, sie sei ja feucht. An das erinnere sie sich ganz genau, weil sie die Worte in ihrem Ohr eingebrannt habe. In dem Moment, als er angefangen habe zu sprechen, habe sie gewusst, dass etwas nicht stimme. Sie (die Zeugin D. ) habe ihn dann auch gleich rausgeschickt. Alles was ab da passiert sei, wisse sie nur von Erzählungen, weil sie noch im Schlafzimmer gewesen sei und sie das auf dem Flur geklärt hätten. Sie erinnere sich auch daran, dass die Zeugin C. plötzlich im Zimmer gestanden habe. Die Zeuginnen C. und D. hätten die beiden dann aus der Wohnung geworfen und hätten sie (die Privatklägerin) dann trösten wollen. Sie habe in dem Moment noch nicht realisiert, was passiert sei. Erst als sie sie darauf angesprochen hätten, sei sie zusammengebrochen. Dann hätten sie die Polizei gerufen (Urk. 7/2 S. 20 f.). Diese Schilderung wirkt authentisch und deckt sich mit der früheren Darstellung. Sie vermittelt überzeugend, dass die ersten Erinnerungen der Privatklägerin nach dem Aufwachen von Halbschlaf und eingeschränkter bzw. verzögerter kognitiver Wahrnehmungsfähigkeit geprägt waren. Geradezu typisch für ein plötzliches Erwachen aus tiefem Schlaf nahm sie den Beschuldigten zunächst nur diffus und gleichzeitig mit den Bemühungen ihrer Freundin, sie zu wecken, war. Wirklich realisiert, was passiert ist, hat sie sodann noch nicht einmal dann, als sie den Streit zwischen ihrer Freundin und dem Beschuldigten hörte und ihn dadurch erstmals klar wahrnahm, sondern erst im Nachhinein. Dies schilderte sie sodann erneut vor Vorinstanz (Urk. 53 S. 2 f.).
Diese Schilderung bzw. ihr zunächst schlaftrunkenes, das Geschehene nicht sogleich realisierendes Verhalten wird sowohl von der Zeugin C. (Urk. 8/1 S. 2 und 6, Urk. 8/2 S. 8) als auch von der Zeugin D. (Urk. 9/1 S. 2, Urk. 9/2
S. 6) bestätigt. Die Zeugin C. erklärte ergänzend, im Moment, als sie den Beschuldigten im Schlafzimmer der Privatklägerin erwischt habe, habe diese kei- ne Bewegung Reaktion gezeigt. Sie könne nicht sagen, ob die Privatklägerin geschlafen habe bewusstlos gewesen sei, sie sei aber auf jeden Fall nicht wach gewesen (Urk. 8/2 S. 7). Auch die Zeugin D. schilderte, dass die Privatklägerin geschlafen habe. Sie (die Zeugin) habe mehrmals versucht, sie anzusprechen und habe sie wachgerüttelt. Für sie habe es so ausgesehen, als hätte sie tief und fest geschlafen. Sie (die Privatklägerin) habe halt dann schlaftrunken geantwortet. Bis sie sie dann irgendwann aufgeweckt und gefragt habe, habe sie gar nicht reagiert. Sie sei nicht ansprechbar gewesen (Urk. 9/2 S. 8 und 10). Ebenso bestätigten beide, dass es anschliessend zwischen dem Beschuldigten und der Zeugin D. zu einem Wortwechsel kam, anlässlich welchem der Beschuldigte diese beschimpfte und sagte, die Privatklägerin habe das ja gewollt, da sie ja feucht gewesen sei (Urk. 8/1 S. 2, Urk. 8/2 S. 6 und 8, Urk. 9/1 S. 2, Urk. 9/2 S 6 und 8).
Der Verteidigung ist zwar zuzustimmen, dass die Zeuginnen verschiedene Sachverhaltsteile wie die Bekleidung des Beschuldigten beim Vorfall unterschiedlich schilderten (Prot. II S. 20), was aufgrund derer Schlaftrunkenheit und Alkoholisierung aber auch nicht weiter überrascht. Zutreffend ist auch, dass die Privatklägerin und die Zeuginnen miteinander über den Vorfall gesprochen haben (so die Verteidigung in Urk. 74 Rz. 25 und Prot. II S. 20). Die vorgenannt doch unterschiedlich und gleichzeitig authentisch ausgestalteten Aussagen der Zeuginnen sprechen allerdings ebenso gegen eine absichtliche Absprache wie der Umstand, dass – insbesondere auch von der Privatklägerin – jeweils ohne Weiteres offengelegt wurde, wenn die Aussagen nicht der eigenen Erinnerung, sondern den Erzählungen anderer entsprachen. Hinsichtlich des Zustands der Privatklägerin erweisen sich die in der Schilderung lebensnah und nachvollziehbar wirkenden Aussagen der Privatklägerin und der beiden Zeuginnen allerdings als inhaltlich deckend und äusserst glaubhaft, weshalb sie nur den Schluss zulassen, dass die Privatklägerin damals für Dritte zweifelsfrei feststellbar tief und fest geschlafen hat, bis sie durch die sexuellen Handlungen des Beschuldigten, insbesondere seinen Versuch, seine Penisspitze in ihre Scheide zu drücken, sowie die darauf folgenden Aufweckversuche der Zeugin D. aus dem Schlaf gerissen wurde. Selbst der Beschuldigte gestand heute ein, dass die Privatklägerin geschlafen habe, auch wenn er nicht sagen könne, ob sie sich im Tiefschlaf befunden habe (Prot. II S. 13). Selbst nach dem ersten Gewahrwerden der körperlichen Übergriffe des Beschuldigten dauerte es noch einige Zeit, bis ihr halbschläfrigschlaftrunkener Zustand, in welchem sie instinktiv versucht hatte, sich dem Beschuldigten durch Winden/Wegdrehen und Abwehrlaute zu entziehen, wirklichem Wachsein wich. Erst da realisierte sie vollends, was davor passiert war. Soweit der Beschuldigte in diesem Zusammenhang geltend macht, aufgrund einer Rückwärtsbewegung der Privatklägerin mit dem Po von einer Einladung zu sexuellen Handlungen ausgegangen zu sein, ist dies als klare Schutzbehauptung zu würdigen, musste er den benommenen, ja bewusstlosen Zustand der Privatklägerin doch ebenso klar bemerkt haben, wie die beiden Zeuginnen, zumal er selbst schilderte, dass sie schlief und sich damit zumindest im Halbschlaf befand, sich zu keinem Zeitpunkt verbal geäussert hatte und überdies am Schluss, als er die Hose wieder hochgezogen hatte, in der gleichen Position gewesen sei wie am Anfang. Vielmehr scheint er einzig – so auch gemäss seinen heutigen Aussagen (Prot. II S. 14) – aus ihrer fehlenden verbalen Gegenwehr und der durch ihn selbst geschaffenen körperlichen Nähe für sich ein Recht abgeleitet zu haben, die Privatklägerin in sexueller Absicht an Po und Scheide auszugreifen, mit dem Pe- nis zu berühren und mit der Penisspitze (zumindest) in den Scheidenvorhof einzudringen, was selbstredend keine selbstbestimmte Einwilligung der Privatklägerin zu ersetzen vermag. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass er – von der Zeugin D. in die Enge getrieben – seine eigenmächtigen Handlungen anhand einer körperlichen Reaktion der Privatklägerin nachträglich zu legitimieren versuchte und nicht etwa um Klarstellung der Einvernehmlichkeit der Handlungen durch die Privatklägerin bat, was ja wohl das Naheliegendste gewesen wäre, hätten sich die Umstände so präsentiert, wie von ihm dargestellt.
Mithin lässt sich der Sachverhalt – mit der unwesentlichen Präzisierung/Änderung, dass der Beschuldigte die sexuellen Handlungen im Liegen und nicht im Stehen vornahm – der Hauptanklage rechtsgenügend erstellen.
Rechtliche Würdigung
Der Schändung im Sinne von Art. 191 StGB macht sich schuldig, wer eine urteilsunfähige eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen einer anderen sexuellen Handlung missbraucht.
Nach der Rechtsprechung gilt als im Sinne von Art. 191 StGB widerstandsunfähig, wer nicht imstande ist, sich gegen ungewollte sexuelle Kontakte zu wehren, weil er seinen Abwehrwillen nicht (wirksam) fassen äussern in einen Abwehrakt umsetzen kann. Die Gründe einer Widerstandsunfähigkeit können dauernd, vorübergehend situationsbedingt sein. Kennzeichnend ist dabei, dass eine in der Person des Opfers liegende dauerhafte Eigenschaft eine vorübergehende (situative) physische psychische bzw. kognitive Beeinträchtigung vorliegt, welche Zustände das dergestalt verwundbare Opfer dem Täter vollständig ausliefern. Die Tathandlung des Missbrauchs nach Art. 191 StGB besteht darin, dass sich der Täter die vorbestehende Urteilsoder Widerstandsunfähigkeit des Opfers bewusst zunutze macht, um eine sexuelle Handlung zu vollziehen (vgl. zum Ganzen BGer 6B_265/2020 vom 11. Mai 2022 E. 3.2 und 5.2 [zur Publikation vorgesehen], BGer 6B_34/2020 vom 11. Mai 2022, BGer 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 2.2 m. w. H., BGE 119 IV 230 E. 3a).
Widerstandsunfähigkeit wird namentlich bejaht, wenn es dem Opfer unmöglich ist, den Angriff auf seine geschlechtliche Integrität abzuwehren, weil er von ihm nicht wahrgenommen wird (BGE 133 IV 49 E. 7.4 S. 56 f., BGer 6B_128/2012 vom
21. Juni 2012 E. 1.2.2). Das zunächst tief schlafende Opfer bleibt nach der Rechtsprechung zum Widerstand unfähig, wenn es nach Beginn des sexuellen
Übergriffs zwar erwacht, sich danach aber aus körperlichen Gründen nicht zur Wehr setzen kann (BGer 6B_128/2012 vom 21. Juni 2012 E. 1.2.2 mit Hinweis). Eine Bewusstlosigkeit im Sinne eines komatösen Zustands wird nicht vorausgesetzt. Widerstandsunfähigkeit kann auch vorliegen, wenn sich eine Person alkohol- und müdigkeitsbedingt nicht nur schwach gegen die an ihr vorgenommenen Handlungen wehren kann (BGer 6B_543/2019 vom 17. Januar 2020 E. 3.1.2, BGer 6B_232/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 2.2, BGer 6B_128/2012
vom 21. Juni 2012 E. 1.6.4; je mit Hinweisen).
In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand der Schändung, dass der Täter in Kenntnis der Widerstandsunfähigkeit des Opfers handelt. Diese Wendung bringt zum Ausdruck, dass der Täter die Widerstandsbzw. Urteilsunfähigkeit des Opfers wahrgenommen haben muss, wobei Eventualvorsatz genügt. Eventualvorsätzlich handelt, wer zumindest ernsthaft für möglich hält, dass das Opfer aufgrund seines physischen psychischen Zustandes nicht in der Lage ist, sich gegen das sexuelle Ansinnen zur Wehr zu setzen, und es trotzdem zu sexuellen Handlungen bestimmt, sprich wenn der Täter zumindest ernsthaft für möglich hält, dass sein Opfer schläft und sich gegen die sexuellen Handlungen nicht zur Wehr setzen kann. Sichere Kenntnis um die Widerstandsunfähigkeit ist nicht erforderlich (BGer 6B_543/2019 vom 17. Januar 2020 E. 3.1.2, BGer 6B_128/2012 vom 21. Juni 2012 E. 1.6).
Gestützt auf die Beweiswürdigung ist vorliegend von einer Widerstandsunfähigkeit im Sinne von Art. 191 StGB auszugehen, da der Beschuldigte, wie von der Privatklägervertretung zutreffend dargelegt (Urk. 76 S. 4; Prot. II S. 19), bereits sexuelle Handlungen an der Privatklägerin vorzunehmen begann, als diese tief schlief und die sexuellen Handlungen zunächst nicht bemerkte, und da die Privatklägerin sich sodann gegen diese nicht zur Wehr setzen konnte. Daran än- derte auch nichts, dass sich die Privatklägerin in der Aufwachphase durch Win- den/Wegdrehen und akustische Abwehrlaute zu wehren versuchte, da diese Abwehrhandlungen offensichtlich ineffektiv waren.
Sodann ergab die Sachverhaltserstellung, dass der Beschuldigte wusste, dass die Privatklägerin schlief. Zumindest aber nahm er jedenfalls in Kauf, dass die Privatklägerin aufgrund ihres zunächst schlafenden und hernach schlaftrunkenen Zustands nicht in der Lage war, sich gegen seine sexuellen Handlungen wirksam zur Wehr zu setzen, was er zur Vornahme eben dieser Handlungen ausnutzte. Der Verteidigung ist zuzustimmen, dass der Beschuldigte nach der geltenden Gesetzeslage kein ausdrückliches Einverständnis der Privatklägerin hätte einholen müssen (Urk. 74 Rz. 30). Indizien für ein sexuelles Interesse der Privatklägerin gab es im gesamten Ablauf des Abends aber nicht, zumal keine sexuell aufgela- dene Stimmung, sondern ein kollegiales Zusammensein herrschte und die Privatklägerin sich alleine ins Zimmer begab, sich neben ihre bereits schlafende Kollegin schlafen legte, und den Beschuldigten auch nicht zum Teilen des Bettes einlud. Sollte es, nachdem sich der Beschuldigte später eigenmächtig und unbemerkt dazugelegt hatte, tatsächlich zu einer zweideutig interpretierbaren annähernden Bewegung der von ihm erkannt schlafenden Privatklägerin gekommen sein (allenfalls auch, da sie im benommenen Zustand irrtümlich ihren Freund neben sich vermutet und sich herangeschmiegt haben könnte; vgl. dazu Urk. 74 Rz. 29), konnte er eine solche Bewegung, insbesondere auch bei den vorgenannten Gesamtumständen, keinesfalls einseitig als Einverständnis interpretieren. Vielmehr nahm er nicht nur die Widerstandsunfähigkeit, sondern auch das fehlen- de Einverständnis der Privatklägerin zumindest in Kauf. Damit ist der Tatbestand der Schändung gemäss Art. 191 StGB objektiv wie subjektiv erfüllt.
Schuldausschluss- und Rechtfertigungsgründe sind keine gegeben. Entgegen den Vorbringen der Verteidigung (Urk. 74 Rz. 33) liegen insbesondere keine Indizien vor, dass der Beschuldigte sich in einem derart erheblich alkoholisierten und übermüdeten Zustand befunden haben könnte, dass er die Widerstandsunfähigkeit der Privatklägerin deshalb nicht hätte erkennen können, mithin schuldunfähig gewesen sein könnte. Sein Zustand lässt sich denn auch nicht mit demjenigen der Privatklägerin vergleichen, welche im Gegensatz zu ihm schlief. Damit ist der Beschuldigte ferner der Schändung im Sinne von Art. 191 StGB schuldig zu sprechen.
Strafzumessung und Vollzug
Der Beschuldigte wurde mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 10. Mai 2021, mithin nachdem er die heute zu beurteilen- den Delikte begangen hat, wegen grober Verkehrsregelverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 50.– sowie einer (Verbindungs-)Busse von Fr. 400.– verurteilt (Urk 38). Aufgrund dieser Sachlage ist zu prüfen, inwiefern heute in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB eine Zusatzstrafe auszufällen ist.
Die Vorinstanz hat hierzu an sich zutreffend ausgeführt, dass eine Zusatzstrafenbildung nur hinsichtlich gleichartiger Strafen in Frage kommt (Urk. 61 S. 37; vgl. hierzu auch BGE 144 IV 217, BGE 142 IV 265, BGE 138 IV 120 sowie BGE 137
IV 57). Wenn sie nachfolgend dann aber ausführt, die von ihr als schuldangemessen angesehene Freiheitsstrafe für die Schändung sei in Anwendung der retrospektiven Konkurrenz nach Art. 49 Abs. 2 StGB aufgrund der 30 Tagessätze Geldstrafe des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom
10. Mai 2021 um einen Monat Freiheitsstrafe zu erhöhen und davon sei dann die mit Strafbefehl ausgefällte Strafe in Abzug zu bringen (Urk. 61 S. 38), ist dies vor dem Hintergrund der klaren Rechtsprechung weder nachvollziehbar noch zutreffend. Vielmehr wird nachfolgend lediglich hinsichtlich der für die mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes auszusprechenden Busse eine Zusatzstrafe zu besagtem Strafbefehl auszusprechen sein, während für die Schändung von vornherein nur eine sechs Monate übersteigende Freiheitsstrafe in Frage kommt, da eine maximal 180 Tagessätze betragende Geldstrafe hierfür in keinem Fall schuldangemessen wäre (vgl. zur Wahl der Strafart auch BGE 147 IV 241 = Pra 111 [2022] Nr. 17; der gesetzliche Strafrahmen für dieses Delikt beträgt Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren Geldstrafe). Diese Freiheitsstrafe ist jedoch zufolge fehlender Gleichartigkeit von Freiheits- und Geldstrafe nicht als Zusatzstrafe auszugestalten, sondern kumulativ zum Strafbefehl vom 10. Mai 2021 als eigenständige Strafe zu verhängen.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen der Strafzumessung zutreffend wiedergegeben und auch den anwendbaren Strafrahmen korrekt abgesteckt (Urk. 61
S. 34 f.). Auf diese Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden.
Hinsichtlich der zu würdigenden Tatkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte mehrere sexuelle Handlungen an der Privatklägerin vorgenommen hat, deren schwerwiegendste das Einführen seiner Penisspitze in die Vagina war, was als Beischlafhandlung zu qualifizieren ist (es genügt ein Einführen in den Scheidenvorhof; BSK StGB-Maier, 2019, Art. 190 N 13). Dies stellt eine Tatvariante der Schändung mit relativ hoher Eingriffsintensität dar, zumal der Beschul- digte kein Kondom verwendete, weshalb das Verschulden von vornherein nicht im untersten Bereich der gesamten Skala anzusiedeln ist, wenn auch noch schwerere Übergriffe denkbar sind. Der Beschuldigte nutzte die Gastfreundschaft der Privatklägerin skrupellos aus und missbrauchte sie in ihrer eigenen Wohnung in ihrem Schlafzimmer, obwohl noch eine Drittperson im gleichen Bett schlief, was von besonderer krimineller Energie zeugt. Immerhin ist nicht davon auszugehen, dass er den Missbrauch bereits vorgängig geplant und die Privatklägerin dafür gezielt zum Konsum alkoholischer Getränke motiviert hätte. Vielmehr scheint er sich eher spontan hierzu entschlossen zu haben. Trotz der Vielzahl von sexuellen Handlungen ist zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass der Übergriff kurz dauerte, bevor die Privatklägerin erwachte und auch ihre Freundin etwas bemerkte. In Anbetracht sämtlicher Umstände erscheint die objektive Tatschwere als nicht mehr leicht, was eine Einsatzstrafe im Bereich von rund 16 bis 18 Monaten rechtfertigt.
Subjektiv wusste der Beschuldigte darum, dass die Privatklägerin schlief und nahm zumindest in Kauf, dass sie entsprechend keinen Abwehrwillen bilden bzw. ausdrücken konnte, was das Verschulden höchstens marginal relativiert. Zu sei- nen Gunsten ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch er – wie sämtliche an je- nem Abend Anwesenden – deutlich alkoholisiert war, zumal auch Cannabiskonsum nachgewiesen ist. Der dadurch erfahrungsgemäss hervorgerufenen Enthemmung ist moderat verschuldensmindernd Rechnung zu tragen, womit das Verschulden insgesamt als noch leicht zu qualifizieren ist. Die Einsatzstrafe ist damit im Bereich von 13 bis 14 Monaten Freiheitsstrafe festzusetzen.
Hinsichtlich der Täterkomponenten ist festzuhalten, dass das Vorleben des im Tatzeitpunkt noch nicht vorbestraften Beschuldigten und seine persönlichen
Verhältnisse strafzumessungsneutral ausfallen: Der Beschuldigte wuchs zusammen mit seinem älteren Bruder bei den Eltern in G. auf, absolvierte die obligatorische Schulzeit und machte hernach eine Lehre als Heizungsinstallateur, die er indessen nicht abschloss. Anschliessend arbeitete er im Verkauf. Zur Zeit der erstinstanzlichen Verhandlung war er arbeitslos, bezog Taggelder der Arbeitslosenversicherung und unterlag einer Lohnpfändung für Schulden im Zusammenhang mit einem Autoleasing (Urk. 6/4 S. 10 f. und Urk. 54 S. 2). Ende November 2021 wurde er ausgesteuert, fand jedoch per Anfang Januar 2022 eine neue Arbeitsstelle als Personalberater, bei welcher er ein Einkommen von Fr. 3'800.– netto (ohne 13. Monatslohn, zzgl. allfällige Provision) erzielt. Er ist heute noch im Umfang von Fr. 30'000.– bis Fr. 35'000.– verschuldet (Prot. II S. 9, Urk. 70/2-4).
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann ihm die Verurteilung vom 10. Mai 2021 nicht straferhöhend entgegen gehalten werden (Urk. 61 S. 36), da sich Tat und Verdikt erst nach dem heute zu beurteilenden Vorfall ereigneten und somit keine straferhöhende Warnwirkung entfalten konnten. Strafmindernd kann ihm demgegenüber sein Geständnis hinsichtlich der vorgenommenen sexuellen Handlungen angerechnet werden, womit sich die tat- und täterangemessene Strafe auf ca. 11 bis 12 Monate Freiheitsstrafe belaufen würde. Nachdem jedoch einzig der Beschuldigte Berufung erhoben hat, darf die Strafe im Berufungsverfahren nicht zu seinen Ungunsten erhöht werden (Verschlechterungsverbot gemäss Art. 319 Abs. 2 StPO), weshalb im Ergebnis die vorinstanzliche Strafe von 9 Monaten Freiheitsstrafe zu bestätigen ist, unter Anrechnung der bereits erstandenen 39 Tage Untersuchungshaft.
Wie bereits erwähnt, wurde der Beschuldigte mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 10. Mai 2021 wegen grober Verkehrsregelverletzung (massive Geschwindigkeitsüberschreitung) unter anderem mit einer (Verbindungs-)Busse in Höhe von Fr. 400.– bestraft (Urk. 38). Für den heute zu beurteilenden mehrfachen Drogenkonsum (im Zeitraum von ca. 16. Mai 2018 bis ca. 16. Mai 2020 zweibis dreimaliger Konsum/Jahr einer nicht näher bekannten Menge Kokains durch Schnupfen sowie Konsum von Cannabis in unbekannter Menge durch Rauchen am 17. Mai 2020, vgl. die Anklageschrift Urk. 33 S. 4) erscheint bei isolierter Betrachtung die von der Staatsanwaltschaft beantragte (Ge-
samt-)Busse in Höhe von Fr. 500.– als dem Verschulden, dem Geständnis und den heutigen finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen (vgl. Art. 106 Abs. 3 StGB). Im Rahmen der Zusatzstrafenbildung wäre die Grundstrafe aus dem Strafbefehl angemessen zu erhöhen (Art. 104 StGB in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 StGB). Eine Gesamtbusse von Fr. 700.– bzw. eine Zusatzbusse von Fr. 300.– erschiene dabei angebracht. Indessen würde auch damit der erstinstanzliche Entscheid zum Nachteil des Beschuldigten abgeändert. Damit bleibt nichts anderes übrig, als auch die Busse von Fr. 100.–, als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 10. Mai 2021, zu bestätigen.
Mit der Vorinstanz kann dem Beschuldigten als (damaligem) Ersttäter der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe gewährt werden, unter gleichzeitiger Ansetzung einer zweijährigen Probezeit (Art. 42 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 StGB; Urk. 61 S. 39 f.). Allerdings ist relativierend zu den erstinstanzlichen Erwägungen festzuhalten, dass die erlittene Untersuchungshaft den Beschuldigten ganz offensichtlich nicht von weiterer Delinquenz abgehalten hat, machte er sich doch am 18. März 2021 einer groben Verkehrsregelverletzung schuldig (vgl. Urk. 38). Dies führt jedoch nicht dazu, dass heute von einer eigentlichen Schlechtprognose auszugehen wäre, zumal einem unbedingten Vollzug der Ansetzung einer gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil verlängerten Probezeit wiederum das Verschlechterungsverbot entgegenstünde.
Die Busse ist von Gesetzes wegen zu bezahlen (Art. 105 Abs. 1 StGB). Die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse ist praxisgemäss auf einen Tag festzusetzen (Art. 106 Abs. 2).
Löschung DNA-Profil
Da der Beschuldigte der Schändung gemäss Art. 191 StGB schuldig zu sprechen ist, richtet sich die Löschung seines DNA-Profils nach Art. 16 Abs. 1 lit. e des DNA-Profil-Gesetzes (SR 363; Löschung fünf Jahre nach Ablauf der Probezeit, vorbehältlich der Verweigerung der Zustimmung nach Art. 17 des DNA-Profil- Gesetzes; Art. 259 StPO). Sein (schon vor Vorinstanz gestellter) Antrag um sofortige Löschung ist damit abzuweisen.
Tätigkeitsverbot
Wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat (Urk. 61 S. 42 f.), steht dem Gericht in der vorliegenden Konstellation gemäss der seit 1. Januar 2019 geltenden Version von Art. 67 StGB (AS 2018 3803) kein Spielraum für den Verzicht auf ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot im Sinne von Art. 67 Abs. 4 StGB zur Verfügung (vgl. Art. 67 Abs. 4bis lit. a StGB). Entsprechend ist dem Beschuldigten in Anwen- dung von Art. 67 Abs. 4 lit. a Ziff. 2 StGB lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu volljährigen, besonders schutzbedürftigen Personen umfasst, sowie jede berufliche jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit im Gesundheitsbereich mit direktem Patientenkontakt zu verbieten.
Zivilansprüche
Was die geforderte Genugtuung angeht, hat die Vorinstanz deren rechtliche Grundlagen und Bemessungskriterien zutreffend dargelegt (Urk. 61 S. 44 f.). Hierauf kann verwiesen werden. Ebenfalls gefolgt werden kann ihr bei der Würdigung der konkreten Umstände (Urk. 61 S. 45 ff.). Der Beschuldigte nahm in Aus- nützung der Gastfreundschaft der Privatklägerin in ihrem privatesten Bereich, dem Schlafzimmer, zahlreiche sexuelle Handlungen vor, die in einer ungeschützten, wenn auch äusserst kurzen Beischlafshandlung kulminierten. Wie die Privatklägervertreterin heute zutreffend ausführt, kann aus der Verschuldensbemessung im Rahmen der Strafzumessung nicht gleichsam auf die Schwere der Folgen für ein Opfer geschlossen werden (Prot. II S. 19). Vorliegend führten die Tathandlungen bei der Privatklägerin zu einer derartigen psychischen Belastung, dass sie sich seither infolge diagnostizierter posttraumatischer Belastungsstörung mit zeitweise depressiven Phasen einer langwierigen Psychotherapie unterziehen muss. Auch ihre Arbeitsfähigkeit wurde durch den Übergriff spürbar tangiert (vgl. zum Ganzen das vorinstanzliche Plädoyer der Privatklägervertreterin [Urk. 48 in Verbindung mit Prot. I S. 12] sowie den Bericht und das aktuelle E-Mail ihrer Psychotherapeutin [Urk. 49/1 und 73/1]). Aufgrund der spezifischen, übergriffsbezogenen Ausführungen der behandelnden Therapeutin und der zeitlichen Nähe des Auftretens der Symptome zur Tat kann am adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Tat
und den hier erheblichen psychischen Folgen bei der Privatklägerin nicht gezweifelt werden. Nicht ausgeschlossen werden kann aber auch, dass die von der Privatklägerin geschilderten sexuellen Übergriffe in der Kindheit teilursächlich für die Symptome sein könnten. Unter diesen Umständen und in Abgleichung mit der weiteren Genugtuungspraxis erweist sich eine Genugtuung von Fr. 7'500.– zuzüglich Zins ab Ereignisdatum als der erlittenen Unbill und dem Verschulden des Beschuldigten angemessen. Im Mehrbetrag ist das Genugtuungsbegehren abzuweisen.
Was die vorinstanzlich gestellte und gutgeheissene Schadenersatzforderung der Privatklägerin angeht, liess der Beschuldigte in der Hauptverhandlung und auch heute bestreiten, dass die Aufwendungen gemäss Urk. 49/2 mit der Tat zusammenhängen (Prot. I S. 10 sowie Urk. 74 Rz. 43). Tatsächlich führte die Privatklägervertreterin hierzu zur Begründung zwar aus, sie habe die in Rechnung gestellte Franchise selbst bezahlen müssen, wobei mit Ausnahme der Kosten von
Fr. 141.65 der H.
Gruppenpraxis sämtliche aufgelisteten medizinischen
Kosten im Zusammenhang mit dem sexuellen Übergriff gestanden seien (Urk. 48
S. 8). Jedoch lässt sich dieser Zusammenhang aus dem hierzu offerierten Beweismittel, der Kostenübersicht der Krankenkasse (Urk. 49/2), nicht ablesen, da diese lediglich den Leistungserbringer nennt, nicht jedoch die Art der Leistung und den Sachzusammenhang mit der Tat beweist.
Werden geltend gemachte Schadenersatzansprüche hinreichend begründet, kön- nen sie aber auf Bestreitung hin nicht bewiesen werden, sind sie abzuweisen (BSK StPO-Dolge, 2014, Art. 126 StPO N 17). Dies ist vorliegend der Fall, weshalb die beziffert gestellte Schadenersatzforderung im Betrag von Fr. 1'623.35 abzuweisen ist.
Anders zu entscheiden ist hinsichtlich des Antrags, im Übrigen festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Nachdem die Privatklägerin weiterhin in psychiatrischer Behandlung ist (Urk. 73/1), weshalb mit weiterem, aus dem Delikt erwachsendem Scha- den zu rechnen ist, ist vorliegend festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin aus dem Delikt grundsätzlich zur Leistung von Schadenersatz
verpflichtet ist, wobei die Privatklägerin zur genauen Feststellung der Schadenhöhe auf den Weg des Zivilprozesses zu verweisen ist.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO) und hat diesfalls grundsätzlich auch die Privatklägerschaft angemessen zu entschädigen (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO). Die Kosten des Berufungsverfahrens sind den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Nachdem der Beschuldigte auch heute der Schändung schuldig zu sprechen ist, ist die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung (Dispositivziffern 11, 12 Abs. 2 und 13) zu bestätigen.
Für das Berufungsverfahren ist eine Gerichtsgebühr von Fr. 3'500.– zu erheben (§ 14 Abs. 1 lit b GebV OG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 GebV OG).
Da der Beschuldigte mit seiner Berufung mit Ausnahme der teilweisen Abweisung der bezifferten Schadenersatzansprüche der Privatklägerin und der Reduktion der Genugtuung vollumfänglich unterliegt, sind ihm auch die Kosten des Berufungsverfahrens, ausser derjenigen der amtlichen Verteidigung, aufzuerlegen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche ausgehend von der eingereichten Honorarnote auf Fr. 7'200.– festzusetzen sind (Urk. 75; § 23 in Verbindung mit
§ 17 f. AnwGebV), sind einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, unter Vorbehalt der Rückzahlung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Sodann ist der Beschuldigte zu verpflichten, der Privatklägerin, welche zwar im Zivilpunkt nur teilweise, als Strafklägerin aber vollumfänglich obsiegt, für das Berufungsverfahren eine Entschädigung von Fr. 2'800.– (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Mangels Freispruchs fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die Zusprechung einer Haftentschädigung, wie der Beschuldigte dies fordert (vgl. Art. 429 Abs. 1 StPO).
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 2. September 2021 bezüglich Dispositivziffer 1,
Spiegelstrich (Schuldspruch wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes), Dispositivziffer 5 (Absehen von Landesverweisung), Dispositivziffer 10 (Kostenfestsetzung) und Dispositivziffer 12 Abs. 1 (Festsetzung der Entschädigung der amtlichen Verteidigerin) in Rechtskraft erwachsen ist.
2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist ferner schuldig der Schändung im Sinne von Art. 191 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 9 Monaten Freiheitsstrafe (wovon
39 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind) sowie, als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 10. Mai 2021, mit einer Busse von Fr. 100.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Der Antrag des Beschuldigten auf sofortige Löschung seines DNA-Profils wird abgewiesen.
Dem Beschuldigten wird lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu volljährigen, besonders schutzbedürftigen Personen umfasst, sowie jede berufliche jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit im Gesundheitsbereich mit direktem Patientenkontakt verboten.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin B. Fr. 7'500.– zuzüglich 5 % Zins seit 17. Mai 2020 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Das auf Fr. 1'623.35 bezifferte Schadenersatzbegehren der Privatklägerin wird abgewiesen.
Was weiteren Schaden aus dem eingeklagten Ereignis angeht, wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin dem Grundsatze nach vollumfänglich schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des weiteren Schadenersatzanspruches wird die Privatklägerin auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung (Ziff. 11, 12
Abs. 2 und 13) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'500.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 7'200.– amtliche Verteidigung.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 2'800.– zu bezahlen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft See/Oberland
die Privatklägerschaft (übergeben) sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft See/Oberland
die Privatklägerschaft
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland betr. Untersuchungs- Nr. C-7/2021/10012073
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 31. August 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Wenker
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Huter
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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