Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210555 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 02.12.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_224/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Mord |
Zusammenfassung : | Der Gesuchsteller A.________ ersuchte das Grundbuchamt Goldau um Einsicht in den Kaufrechtsvertrag der Liegenschaft GB xxx, den die B.________ AG mit dem damaligen Eigentümer abgeschlossen hatte. Das Grundbuchamt lehnte das Gesuch ab, da A.________ kein glaubhaftes Interesse nachweisen konnte. A.________ erhob Beschwerde beim Kantonsgericht, argumentierte jedoch erfolglos, dass er als ehemaliger Verwaltungsrat der B.________ AG und Mieter der Liegenschaft ein Einsichtsrecht habe. Das Gericht entschied, dass A.________ kein rechtliches oder tatsächliches Interesse nachweisen konnte und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten von CHF 800 wurden A.________ auferlegt. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Verstorbene; Richt; Asservat-Nr; Aussage; Verstorbenen; Beweis; Asservate-Nr; Aussagen; Recht; Urteil; DNA-Spur; Person; Besitz; Video; Staat; Bundesgericht; Hinweis; Tatort; Bundesgerichts; Privatkläger; Wattetupfer; Staatsanwalt; Genugtuung; Mobiltelefon; Einvernahme; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 101 StPO ; Art. 108 StPO ; Art. 112 StGB ; Art. 113 StPO ; Art. 126 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 141 StPO ; Art. 147 StPO ; Art. 148 StPO ; Art. 182 StPO ; Art. 189 StPO ; Art. 248 StPO ; Art. 267 StPO ; Art. 273 StPO ; Art. 28a ZGB ; Art. 29 BV ; Art. 312 StPO ; Art. 32 BV ; Art. 399 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 408 StPO ; Art. 426 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 49 OR ; Art. 6 StPO ; Art. 66a StGB ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 133 I 33; 138 IV 169; 138 IV 47; 139 IV 25; 139 IV 45; 140 IV 172; 140 IV 196; 141 IV 20; 141 IV 220; 141 IV 244; 141 IV 249; 141 IV 34; 141 IV 423; 142 IV 207; 142 IV 49; 143 IV 397; 143 IV 457; 144 IV 207; 144 IV 345; 144 IV 74; 146 IV 126; 146 IV 231; 146 IV 88; 147 I 57; 147 IV 16; 147 IV 176; 147 IV 409; 147 IV 47; 147 IV 534; 147 IV 93; 147 IV 9; 148 IV 22; 148 IV 57; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210555-O/U/ad
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Wasser- Keller und Oberrichter lic. iur. Castrovilli sowie Gerichtsschreiberin MLaw Lazareva
Urteil vom 2. Dezember 2022
in Sachen
vertreten von Staatsanwalt lic. iur. Kaegi und Staatsanwältin lic. iur. Baumgartner,
Anklägerin und Erstberufungsklägerin
sowie
Privatklägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägerin
Privatkläger und Berufungsbeklagte
1, 2, 3 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Beschuldigter, Zweitberufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
betreffend Mord
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 27. November 2020 (Urk. 69) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte ist schuldig des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 14 Jahren Freiheitsstrafe, wovon bis und mit heute 961 Tage durch Haft erstanden sind.
Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 13 Jahre des Landes verwiesen (obligatorische Landesverweisung).
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 1 eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 4'000.– zuzüglich Zins zu 5 % seit 3. September 2018 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 2 eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 15'000.– zuzüglich Zins zu 5 % seit 3. September 2018 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 15'000.– zuzüglich Zins zu 5 % seit 3. September 2018 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Die folgenden, sichergestellten bzw. mit Verfügungen der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. September 2018 bzw. 17. November 2020 beschlagnahmten Gegenstände werden den nachfolgend aufgeführten Berechtigten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben nach unbenutztem Ablauf einer dreimonatigen Frist der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:
Direkte Vernichtung:
Bei der Kantonspolizei Zürich, Asservate-Triage, unter der Geschäftsnummer 73587538 lagernd:
1 Mobiltelefon HUAWEI des Beschuldigten (Asservate-Nr. A011'818'943)
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Messer ohne Griff (selfmade) aus Stahlplatte gesägt, ohne Griff (aus der Kommode im Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'832'636)
1 Messer ohne Griff (selfmade) aus Stahlplatte gesägt ohne Griff (aus der Kommode im Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'832'647)
Herausgabe an die Privatkläger:
Bei der Kantonspolizei Zürich, Asservate-Triage, unter der Geschäftsnummer 73587538 lagernd:
1 Mobiltelefon HUAWEI von †E. (Asservate-Nr. A011'816'890)
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Fixleintuch, schwarz mit Einstichstellen (aus dem Besitz von
†E. ) (Asservate-Nr. A011'816'583)
1 Jeans, hellgrau (aus dem Besitz von †E. ) (Asservate-Nr.
A011'816'812)
1 Küchenmesser mit schwarzem Griff mit drei Nieten (aus dem Besitz von †E. ) (Asservate-Nr. A011'816'925)
1 Paar Socken, weiss (aus dem Besitz von †E. ) (Asservate-Nr. A011'828'049)
1 Jeanshose, kurz, hellblau (ab Lagerraum am Tatort, mutmasslich aus dem Besitz von †E. ) (Asservate-Nr. A011'822'483)
1 Paar Hausschuhe, schwarz/rot (aus dem Schlafzimmer im 1. UG, mutmasslich aus dem Besitz von †E. )
(Asservate-Nr. A011'822'507)
1 Faserpelzjacke (diente als Kopfkissen) (ab Tatort) (Asservate-Nr. A011'828'094)
Herausgabe an den Beschuldigten:
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Kapuzenjacke, grau (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'818'921)
1 Jeanshose, dunkelblau (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'818'932)
1 rumänische Geldnote «1 LEU» (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'819'004)
1 T-Shirt, grau (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'818'998)
1 Herrenslip, dunkelblau (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'819'026)
1 Herrensocke, schwarz (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'819'048)
1 Paar Freizeitschuhe, Grundfarbe weiss (aus dem Besitz von D. ) (Asservate-Nr. A011'819'060)
1 Pullover, blau (aus dem blauen Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'213)
1 T-Shirt, bordeaux rot (aus dem blauen Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'832'158)
Herausgabe an F. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Arbeitsjacke, dunkelblau (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'140)
1 T-Shirt, grau (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'275)
1 Arbeitshose, grau-blau (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'297)
1 Paar Socken, grau-gelb (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'322)
1 Paar Schuhe, schwarz (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'333)
1 Armband, schwarz (aus dem Besitz von F. ) (Asservate-Nr. A011'821'344)
Herausgabe an G. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Kapuzenjacke, hellgrau (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'306)
1 Arbeitshose, dunkelblau (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'328)
1 T-Shirt, weiss (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'340)
1 Trägerleibchen, weiss (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'362)
1 Paar Socken, hellbeige (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'373)
1 Paar Arbeitsschuhe, schwarz (aus dem Besitz von G. ) (Asservate-Nr. A011'823'408)
Herausgabe an H. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Jacke, dunkelblau (aus dem Besitz von H. ) (Asservate-Nr. A011'821'491)
1 Poloshirt, dunkelgrau (aus dem Besitz von H. ) (Asservate-Nr.
A011'821'537)
1 Hose, dunkelblau (aus dem Besitz von H. ) (Asservate-Nr. A011'821'582)
1 Paar Socken, schwarz (aus dem Besitz von H. ) (Asservate-Nr.
A011'821'593)
1 Paar Schuhe, braun (aus dem Besitz von H. ) (Asservate-Nr. A011'821'606)
1 Türschloss ausgesägt ab aufgebrochener Zimmertüre (ab Tatort) (Asservate-Nr. A011'820'001)
1 Poloshirt, grau-schwarz (aus dem Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'828'118)
1 Geissfuss, dunkelblau (aus der Garage am Tatort) (Asservate-Nr. A011'828'221)
1 Spenglerhammer mit rot / blauen Farbabtragungen (aus der Garage am Tatort) (Asservate-Nr. A011'828'232)
1 Spenglerhammer mit blauen Farbabtragungen am Kopf (aus der Garage am Tatort) (Asservate-Nr. A011'828'243)
1 Abformung Aufbruchstelle Türrahmen Eingangstüre (am Tatort) (Asservate-Nr. A011'828'254)
1 Paar Nike Turnschuhe, schwarz (aus dem Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'829'315)
1 Badeschlappen, blau (aus dem Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'829'326)
1 Frotteetuch, Handtuch, hellblau (aus dem Aufenthaltsraum) (Asservate-Nr. A011'829'337)
1 Küchenmesser mit abgebrochener Klinge (aus der Küche am Tatort) (Asservate-Nr. A011'832'603)
1 Duvetüberzug, Grundfarbe weiss (aus dem Schlafzimmer / Tatort) (Asservate-Nr. A011'822'530)
1 Kopfkissenbezug, weiss (aus dem Schlafzimmer / Tatort) (Asservate-Nr. A011'822'563)
1 Fixleintuch, schwarz (aus dem Schlafzimmer / Tatort) (Asservate-Nr. A011'822'585)
1 Klappmesser, schwarz (ab Baustelle aus Werkzeuggurt) (Asservate-Nr. A011'822'596)
1 Reinigungseimer, rot (aus der Garage vor blauem Gestell) (Asservate-Nr. A011'828'129)
1 Reinigungsmob, nass (ab Boden vor blauem Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'042)
1 Fixleintuch, grün (ab Waschmaschine in der Waschküche im EG) (Asservate-Nr. A011'831'064)
1 SLOT Card SWISS Casinos (ab Küchentisch am Tatort) (Asservate-Nr. A011'831'086)
1 Schäufelchen, rot (aus dem blauen Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'122)
1 Handbesen, rot (aus dem blauen Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'155)
1 Besen mit grünem Stil (aus dem blauen Gestell in der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'202)
1 Schwarzer Abfallsack mit div. Abfall (aus der Garage) (Asservate-Nr. A011'831'279)
1 Textilreinigungstuch (aus Abfallsack) (Asservate-Nr. A011'831'315)
1 Waschtuch, grau, nass (aus der Dusche im 1. UG) (Asservate-Nr. A011'830'925)
2 Waschtücher, bordeaux rot (aus Duschwanne im 1. UG) (Asservate-Nr. A011'830'936)
Herausgabe an I. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Herrenjacke, grau (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'511)
1 Hose, dunkelblau (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823' 533)
1 Leibgürtel, schwarz (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'555)
1 Hemd, langarm, dunkelblau (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'566)
1 Trägerleibchen, hellgrün (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'588)
1 Herrenslip, schwarz (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'599)
1 Paar Socken, dunkelblau (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'602)
1 Paar Freizeitschuhe, weiss/hellblau (aus dem Besitz von I. ) (Asservate-Nr. A011'823'613)
Herausgabe an J. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Faserpelzjacke, schwarz (aus dem Besitz von J. ) (Asservate-Nr. A011'826'394)
1 Freizeithose, schwarz (aus dem Besitz von J. ) (Asservate-Nr. A011'826'407)
1 T-Shirt, weinrot (aus dem Besitz von J. ) (Asservate-Nr. A011'826'429)
1 Paar Socken, schwarz (aus dem Besitz von J. ) (Asservate-Nr. A011'826'430)
1 Paar Freizeitschuhe, grau (aus dem Besitz von J. ) (Asservate-Nr. A011'826'441)
Herausgabe an K. :
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
1 Herrenhose, beige (aus dem Besitz von K. ) (Asservate-Nr.
A011'824'683)
1 Jäckchen, grau (aus dem Besitz von K. ) (Asservate-Nr.
A011'824'707)
1 Hemd langarm (aus dem Besitz von K. ) (Asservate-Nr.
A011'824'718)
1 Paar Socken, dunkelgrau (aus dem Besitz von K. ) (Asservate- Nr. A011'824'763)
1 Paar Freizeitschuhe, braun (aus dem Besitz von K. ) (Asservate-Nr. A011'824'774)
1 Küchenmesser mit schwarzem Griff, ohne Markenbezeichnung (aus Abwaschmaschine im 1. OG am Tatort) (Asservate-Nr. A011'832'589)
1 Coiffeurkarte L. (ab Wohnzimmertisch 1. OG) (Asservate-Nr. A011'831'097)
Die folgenden, sichergestellten Gegenstände, Spuren und Spurenträger werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd :
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'607, PCN 36-920106-28)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'618, PCN 36-920107-26)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'629, PCN 36-920108-24)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'630, PCN 36-920109-22)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'652, PCN 36-920110-37)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'663, PCN 36-920111-35)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'685, PCN 36-920112-33)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'696)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'709)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'721)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'732)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'754)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'765)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'776)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'787)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'798)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'801)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'878, PCN 36-920113-31)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A011'816'900, PCN 36-920175-09)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'827'911, PCN 36-920176-07)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'903)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'816'914)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'817'542)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'817'553)
Werkzeug-/Schartenspur - Eindruck-Spur (Abformmasse) (Asservat-Nr. A011'833'797)
Schuhsohlenvergleichsabdruck - Folie (Asservat-Nr. A011'820'090)
Schuhsohlenvergleichsabdruck - Folie (Asservat-Nr. A011'820'103)
Schuhsohlenvergleichsabdruck - Folie (Asservat-Nr. A011'828'163)
Schuhabdruckspur - Folie (Asservat-Nr. A011'828'174)
Schuhabdruckspur - Folie (Asservat-Nr. A011'828'165)
Schuhabdruckspur - Folie (Asservat-Nr. A011'828'196)
Schuhabdruckspur - Folie (Asservat-Nr. A011'828'209)
Schuhabdruckspur - Folie (Asservat-Nr. A011'828'210)
DNA-Spur (Asservat-Nr. A011'828'072)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'235)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'246)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'257)
Werkzeug/Scharten-Spur (Asservat-Nr. A011'828'254)
Mikrospuren - Klebbandasservat (Asservat-Nr. A011'829'268)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'279)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'280)
DNA-Spur - Gegenstand (Asservat-Nr. A011'829'291)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'832'523)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'979'581)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'832'534)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'832'545)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'359)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'360)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'393)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'417)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'440)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'462)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'495)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'829'564)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'834'610)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'834'621)
DNA-Spur - Gegenstand (Asservat-Nr. A011'829'666)
Vergleichsabdrücke-Dakty (Asservat-Nr. A011'821'571)
Vergleichsabdrücke-Dakty (Asservat-Nr. A011'818'874, PCN 36-339042-19)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'821'640)
Werkzeug-/Schartenspur - Eindruck-Spur (Abformmasse) (Asservat- Nr. A011'834'814)
Mikrospuren - Saugasservat (Asservat-Nr. A011'832'476)
Mikrospuren - Saugasservat (Asservat-Nr. A011'832'487)
Spur (Asservat-Nr. A011'832'501)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'922'524)
Wasserprobe (Asservat-Nr. A011'828'141)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'830'958)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'830'992)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'053)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'832'567)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'100)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'133)
Mikrospuren - Klebbandasservat (Asservat-Nr. A011'831'199)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'832'512)
Mikrospuren - Saugasservat (Asservat-Nr. A011'832'578)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'280)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'291)
Mikrospuren (Asservat-Nr. A011'831'304)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'830'903)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'830'914)
DNA-Spur (Asservat-Nr. A013'761'938)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A013'761'949)
DNA-Spur - Scenesafe FAST (Asservat-Nr. A014'035'371)
Herrenunterwäsche (Asservat-Nr. A011'828'027)
Kerze (Asservat-Nr. A011'829'622)
Bei der KaPo, ITO-DF, unter der Geschäfts-Nr. 75859108 lagernd (soweit noch vorhanden):
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'874'627)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'874'649)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'843'361)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'383)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'407)
Datensicherung Speicherkarte (Asservat-Nr. A011'840'429)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'874'650)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'874'672)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'840'441)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'463)
Datensicherung Speicherkarte (Asservat-Nr. A011'840'485)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'840'496)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'510)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'840'521)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'543)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'840'554)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'576)
Datensicherung Mobiltelefon (Asservat-Nr. A011'840'587)
Datensicherung SIM-Karte (Asservat-Nr. A011'840'601)
Die folgenden sichergestellten Gegenstände und Spuren werden bis zur Erledigung des Verfahrens betreffend Siegelbruch (Geschäftsnummer Kantonspolizei Zürich: 73587538) aufbewahrt:
Beim FOR unter der Referenz-Nr. K180903-043 / 73587538 lagernd:
Etikette/Aufkleber (Asservat-Nr. A011'831'020)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'831'031)
DNA-Spur - Wattetupfer (Asservat-Nr. A011'834'609)
Der amtliche Verteidiger wird für seine Bemühungen und Auslagen (unter Berücksichtigung der am 16. August 2019 erfolgten Akontozahlung durch die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich in der Höhe von Fr. 17'555.05 [inkl. Mehrwertsteuer]) mit Fr. 45'750.10 (inkl. Fr. 3'270.90 Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt. Die Bezirksgerichtskasse wird angewiesen, den noch offenen Betrag von Fr. 28'195.05 auszuzahlen.
Die unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatklägerschaft wird für ihre Bemühungen und Auslagen mit Fr. 16'243.10 (inkl. Fr. 1'161.30 Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 15'000.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 10'000.00 Gebühr für das Vorverfahren Fr. 3'920.00 Kosten Kantonspolizei Zürich Fr. 64'573.15 Gutachten/Expertisen
Fr. 3'055.00 Zeugenentschädigung (Untersuchung)
Fr. 6'090.45 Auslagen Untersuchung Fr. 135.00 Dolm. Übersetzung
Fr. 99.00 IRM-Gutachten Typ A0
Fr. 45'750.10 Entschädigung amtliche Verteidigung
Fr. 16'243.10 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft Fr. 164'865.80Total
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausser diejenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Berufungsanträge:
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 180 S. 2 f.)
Schuldigsprechung des Beschuldigten D. des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB.
Bestrafung des Beschuldigten D. mit einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren.
Anordnung einer Landesverweisung von 15 Jahren.
Auferlegung der Kosten des Vorverfahrens sowie des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens, exklusive Kosten der amtlichen Verteidigung, dem Beschuldigten.
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 165 S. 2)
D. sei vollumfänglich freizusprechen.
Die Genugtuungsbegehren der Privatkläger 1 bis 3 seien abzuweisen.
Das Mobiltelefon HUAWEI, Asservat-Nr. A011'818'943, sei an D. herauszugeben.
D. sei eine angemessene Genugtuung zuzusprechen.
Die Kosten der Untersuchung, des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Des Vertreters der Privatkläger 1-3: (Urk. 181 S. 2)
Die Berufung der Staatsanwaltschaft sei vollumfänglich gutzuheissen;
die Berufung des Beschuldigten sei abzuweisen;
das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 20. April 2021 sei in Ziff. 5 abzuändern und es sei der Beschuldigte zu verpflichten, eine Genugtuung von Fr. 7'500.– (anstatt Fr. 4'000.–) zuzüglich 5% seit dem
September 2018 an die Privatklägerin 1, A. , zu bezahlen;
im Übrigen sei das Urteil des Bezirksgerichts Horgen zu bestätigen;
die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung seien dem Beschul- digten aufzuerlegen, eventualiter definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen;
den Privatklägern sei das Urteil hernach in vollständiger Ausführung zukommen zu lassen.
Erwägungen:
Verfahrensgang und Gegenstand der Berufung
Zum Verfahrensgang bis zum erstinstanzlichen Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 20. April 2021 sei auf die ausführlichen Erwägungen dazu im ge- nannten Urteil verwiesen (Urk. 161 S. 7 f.). Das eingangs im Dispositiv erwähnte Urteil vom 20. April 2021 wurde den Parteien nach durchgeführter Hauptverhandlung mit Befragungen von mehreren Zeugen am 13. April 2021 (Prot. I S. 97) und der Beratung an mehreren Tagen (Prot. I S. 85 und 86) am 4. Mai 2021 mündlich eröffnet und begründet sowie im Dispositiv mitgeteilt (Prot. I S. 87; Urk. 137).
Gegen das schriftlich begründete Urteil (Urk. 161) erstatteten die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) mit Eingabe vom 26. Oktober 2021 und der Beschuldigte mit Eingabe vom 12. November 2021 fristgerecht ihre Berufungserklärungen (Urk. 162 und 165). Mit Präsidialverfügung vom 15. November 2021 wurde den Parteien Frist zur Anschlussberufung angesetzt (Urk. 166). Die Privatklägerin 1 liess am 3. Dezember 2021 (Datum des Poststempels) fristgerecht Anschlussberufung erklären (Urk. 168), die übrigen Parteien äusserten sich nicht. Es wurden keine Beweisanträge gestellt, so dass zur Berufungsverhandlung auf den 2. Dezember 2022 vorgeladen wurde
(Urk. 172-173). Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten und seines amtlichen Verteidigers Rechtsanwalt lic. iur. Y. , Staatsanwalt lic. iur. Kaegi und Staatsanwältin lic. iur. Baumgartner für die Vertretung der Anklage sowie Rechtsanwalt lic. iur. X. für die Privatkläger 1-3 (Prot. II S. 5) erweist sich der Fall als spruchreif. Mit Beschluss vom 5. Dezember
2022 hat die erkennende Kammer in Bezug auf die Bestimmung des mittleren Verfalls als Beginn der Verzinsung der Genugtuungsforderung des Beschuldigten (siehe nachstehend Erw. VI.3.2) den Rechenfehler in Dispositivziffer 4 des mündlich eröffneten Urteils (Urk. 185) von Amtes wegen korrigiert (Urk. 189).
Gemäss Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung und wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils dementsprechend gehemmt. Das Berufungsgericht überprüft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Dabei ist es naheliegend, dass weitere nicht angefochtene Punkte in die Überprüfung des Urteils einzubeziehen sind, wenn eine enge Konnexität mit den angefochtenen Punkten besteht. Bei Anfechtung des Schuldspruchs mit Antrag auf Freispruch gelten für den Fall der Gutheissung automatisch auch damit zusammenhängende Folgepunkte des Urteils, wie zum Beispiel Nebenfolgen von Entscheiden über Einziehungen, Zivilpunkte sowie Kosten- und Entschädigungsregelungen, als angefochten. Bestätigt das Berufungsgericht den Schuldspruch, sind die weiteren nicht angefochtenen Urteilspunkte bei einer Beschränkung der Berufung nicht zu überprüfen (BGE 147 IV 93 E. 1.5.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_1320/2020 vom
12. Januar 2022 E. 2.2, nicht publ. in BGE 148 IV 22; vgl. auch SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zü-
rich/St. Gallen 2018 [kurz: Praxiskommentar StPO], N 18 zu Art. 399 StPO; HUG/SCHEIDEGGER in: DONATSCH/LIEBER/SUMMERS/WOHLERS [Hrsg.], Kommentar
zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl. 2020 [kurz: SK StPO], N 19 und 20 zu Art. 399 StPO; SPRENGER in: NIGGLI/HEER/WIPRÄCHTIGER [Hrsg.],
Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Jugendstrafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014 [kurz: BSK StPO], N 31 f. zu Art. 437 StPO). Auch wenn das Berufungsgericht nur die angefochtenen Punkte neu beurteilt, fällt es am Ende ein insgesamt neues Urteil (Art. 408 StPO), worin es jedoch anzugeben hat, welche Punkte bereits früher in Rechtskraft erwachsen sind (BGE 141 IV 244
E. 1.3.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_533/2016 vom 29. November 2016 E. 4.2 mit Hinweisen).
Der Beschuldigte verlangt mit seiner Berufung einen vollumfänglichen Freispruch mit ausgangsgemässer Kosten- und Entschädigungsregelung und einer angemessenen Genugtuung sowie die Herausgabe seines Mobiltelefons HUAWEI an ihn (Urk. 165 S. 2 und Prot. II S. 6).
Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Strafzumessung und verlangt die Bestrafung des Beschuldigten mit 20 Jahren Freiheitsstrafe. Sie beantragt zu- dem eine Landesverweisung von 15 Jahren (Urk. 162 S. 2; Urk. 180 S. 1 und Prot. II S. 5).
Die Privatklägerin 1 beantragt anschlussberufungshalber vom Beschuldigten eine Genugtuung von Fr. 7'500.– zuzüglich 5 % Zins seit dem 3. September 2018 und im Übrigen die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 168; Urk. 181
S. 2 und Prot. II S. 6).
Unangefochten geblieben sind die Anordnungen betreffend die beschlag- nahmten Beweismittel für den Fall des Eintritts der Rechtskraft des Urteils mit Ausnahme des Mobiltelefons des Beschuldigten der Marke HUAWEI (Dispositivziffern 8-10; ausgenommen Ziff. 8.a erster Spiegelstrich) sowie die Festsetzung der Kosten und Entschädigungen (Dispositivziffer 11-13). Da die Herausgabe der beschlagnahmten Beweismittel erst mit Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils erfolgen kann und die Kosten- und Entschädigungsfolgen naturgemäss dem Entscheid in der Hauptsache folgen, wird das vorinstanzliche Urteil in keinem Punkt rechtskräftig. Es kann jedoch nach dem vorstehend Gesagten in Bezug auf die Herausgabe der Beweismittel und der Kostenfestsetzung infolge deren Nichtanfechtung gegebenenfalls ohne weiteres auf die vorinstanzliche Regelung zurückgegriffen werden.
II. Prozessuales
Erhebung in strafbarer bzw. rechtswidriger Weise
Gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO dürfen Beweise, welche von den Strafbehör- den in strafbarer Weise unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben worden sind, nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich. Die Bestimmung impliziert eine Interessenabwägung. Je schwerer die zu beurteilende Straftat ist, umso eher überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das private Interesse des Beschul- digten daran, dass der fragliche Beweis unverwertet bleibt (BGE 147 IV 9
E. 1.4.2; 146 I 11 E. 4.2; 143 IV 387 E. 4.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_85/2021 vom 26. November 2021 E. 7.3.1; je mit Hinweisen).
Hat ein Beweis, der nach der genannten Bestimmung nicht verwertet wer- den darf, die Erhebung eines weiteren Beweises ermöglicht, so ist dieser nach Art. 141 Abs. 4 StPO nicht verwertbar, wenn er ohne die vorhergehende Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre. Soweit das Gesetz eine Bestimmung nicht selbst als Gültigkeitsvorschrift bezeichnet, hat die Praxis die Unterscheidung vorzunehmen. In jedem Fall verwertbar sind nach Art. 141 Abs. 3 StPO hingegen Beweise, bei deren Erhebung blosse Ordnungsvorschriften verletzt worden sind (BGE 141 IV 20 E. 1.2.3). Steht sicher fest, dass der erste Beweis keinen Einfluss auf die Erlangung des zweiten Beweises hatte, sondern Letzterer auch ohne bzw. unabhängig vom Ersteren erhoben worden wäre, besteht grundsätzlich kein Grund für eine Unverwertbarkeit des zweiten Beweises, da der illegale Beweis nicht kausal für den zweiten Beweis war und demnach nicht von einer Fernwirkung gesprochen werden kann. Eine Fernwirkung ist auch zu verneinen, wenn der Folgebeweis im Sinne eines hypothetischen Ermittlungsverlaufs zumindest mit einer grossen Wahrscheinlichkeit auch ohne den unverwertbaren ersten Beweis erlangt worden wäre (BGE 138 IV 169 E. 3.3.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1041/2021 vom 29. August 2022 E. 2.3).
Art. 141 Abs. 2 StPO bezieht sich auf die Beweiserhebung durch die Strafbehörden. Hingegen regelt die StPO die Beweiserhebung durch Private nicht explizit (BGE 147 IV 16 E. 1.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_902/2019 vom
8. Januar 2020 E. 1.2). Der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 Abs. 1 StPO) begründet kein staatliches Monopol für Beweiserhebungen im Strafverfahren. Eige- ne Ermittlungen der Parteien und der anderen Verfahrensbeteiligten sind zulässig, soweit sie sich darauf beschränken, Beoder Entlastungsmaterial beizubringen und entsprechende Beweise zu offerieren (Urteil des Bundesgerichts 6B_301/2022 vom 26. August 2022 E. 2.2.2 mit Hinweisen).
Von Privaten unter Verletzung der Rechtsordnung erlangte Beweismittel gelten als illegal erhoben, es sei denn, es liege ein Rechtfertigungsgrund vor (betreffend Datenschutzgesetz [DSG]: BGE 147 IV 16 E. 2). Wird die Rechtswidrigkeit durch einen Rechtfertigungsgrund aufgehoben, ist der Beweis uneingeschränkt verwertbar. Ist der Beweis als rechtswidrig erlangt zu qualifizieren, sind in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen für die Verwertbarkeit von Art. 141 Abs. 2 StPO zu prüfen (BGE 147 IV 16 E. 2, 5 und 6). Von Privaten rechtmässig erlangte Beweismittel sind ohne Einschränkungen verwertbar (BGE 147 IV 16 E. 1.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_301/2022 vom 26. August 2022 E. 2.2.3; 6B_1362/2020 vom 20. Juni 2022 E. 14.4.2; 6B_902/2019 vom 8. Januar 2020
E. 1.2; 6B_741/2019 vom 21. August 2019 E. 5.2 mit Hinweisen).
Nach Art. 179ter Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer als Gesprächsteil- nehmer ein nichtöffentliches Gespräch ohne Einwilligung der anderen daran Beteiligten auf einen Tonträger aufnimmt. Nach der neusten Rechtsprechung erfor- dert die Würdigung eines Gesprächs als nichtöffentlich im Sinne von Art. 179ter StGB nicht notwendig, dass sich dieses auf den Geheimoder Privatbereich der anderen Gesprächsteilnehmer bezieht in einem persönlichen geschäftlichen Kontext erfolgt. Das Gespräch ist nicht öffentlich, wenn sich dessen Teil- nehmer in Anbetracht der gesamten Umstände in der legitimen Erwartung unter-
halten, dass ihre Äusserungen nicht für jedermann verständlich sind (BGE 146 IV 126 E. 3.6; Urteile des Bundesgerichts 6B_301/2022 vom 26. August 2022
E. 2.2.4; 6B_395/2020 vom 12. Oktober 2020 E. 5.2).
Erhebung in Verletzung des Teilnahme- und Mitwirkungsrechts
Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Dieses spezifische Teilnahme- und Mitwirkungsrecht fliesst aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 107 Abs. 1 lit. b StPO). Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (BGE 140 IV 172
E. 1.3; 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; je mit Hinweisen). Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, muss der Beschuldigte namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und infrage stellen zu können (BGE 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 4.2; je mit Hinweisen). Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich der Einvernommene in Anwesenheit des Beschuldigten (nochmals) zur Sache äussert. Beschränkt sich die Wiederholung der Einvernahme aber im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen (Urteile des Bundesgerichts 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021
E. 2.3.5; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_1080/2020 vom 10. Juni
2021 E. 6.1; 6B_1003/2020 vom 21. April 2021 E. 2.2; je mit Hinweisen). Das wörtliche Vorhalten unverwertbarer Aussagen stellt eine unzulässige Verwertung im Sinne von Art. 141 Abs. 4 StPO dar (BGE 143 IV 457 E. 1.6.1).
Das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht darf nur in den gesetzlich vorgesehe- nen Fällen eingeschränkt werden (Art. 101 Abs. 1, Art. 108, Art. 146 Abs. 4 und
Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO; BGE 143 IV 397 E. 3.3.1; 141 IV 220 E. 4.4; 139 IV 25
E. 4.2 mit Hinweis). Nach Art. 147 Abs. 4 StPO dürfen Beweise, die in Verletzung der Bestimmungen von Art. 147 StPO erhoben worden sind, nicht zulasten der Partei verwendet werden, die nicht anwesend war (BGE 143 IV 457 E. 1.6.1;
143 IV 397 E. 3.3.1, 139 IV 25 E. 4.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_1078/2020
vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.1; 6B_ 1320/2020 vom 12. Januar 2022 vom
E. 4.2.1, nicht publ. in BGE 148 IV 22; je mit Hinweisen).
Beweiserhebungen dienen jedoch nicht allein der Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs der Parteien, sondern primär auch der Wahrheitsfindung im Strafprozess (vgl. Art. 139 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 StPO). Der Anspruch der beschuldigten Person auf Teilnahme an Beweiserhebungen gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO gilt daher zwar grundsätzlich auch für die Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen im gleichen Verfahren (BGE 141 IV 220 E. 4.3.1; 139 IV 25 E. 5), es sei denn, dass eine Teilnahme aus den im Gesetz genannten Gründen (Art. 101 Abs. 1 StPO; Art. 108, Art. 146 Abs. 4 und Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO) ausser Be-
tracht fällt (BGE 141 IV 220 E. 4.4; 139 IV 25 E. 4.2; je mit Hinweisen). Im Anfangsstadium der Untersuchung, nämlich bis zur ersten Einvernahme der beschuldigten Personen, ist bei der Auslegung von Art. 147 StPO auch der sachlich eng damit zusammenhängenden Bestimmung von Art. 101 Abs. 1 StPO betreffend Akteneinsicht Rechnung zu tragen. Danach können die Parteien spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen (Art. 101 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dabei bleibt Art. 108 StPO ausdrücklich vorbehalten. Nach der Praxis des Bundesgerichts besteht mithin zu Beginn der Strafuntersuchung noch kein absoluter Anspruch auf eine vollständige Akteneinsicht (BGE 139 IV 25 E. 5.5.2). Gestützt auf die Auslegung der StPO kann nach der Rechtsprechung die Staatsanwaltschaft – ähnlich wie bei der Akteneinsicht nach Art. 101 Abs. 1 StPO – im Einzelfall prüfen, ob sachliche Gründe für eine vorläufige Beschränkung der Parteiöffentlichkeit bestehen. Solche Gründe liegen insbesondere vor, wenn im Hinblick auf noch nicht erfolgte Vorhalte eine konkrete Kollusionsgefahr gegeben ist. Falls sich die Befragung des Mitbeschuldigten auf untersuchte Sachverhalte bezieht, welche den (noch nicht einvernommenen) Beschuldigten persönlich betreffen und zu denen ihm noch kein Vorhalt gemacht werden konnte, darf der Beschuldigte von der Teilnahme ausgeschlossen werden (BGE 139 IV 25 E. 5.5.4.1). Nach bereits erfolgter Einvernahme des Beschuldigten können weitere Ausschlussgründe gegeben sein, insbesondere bei begründetem Verdacht des Rechtsmissbrauchs durch eine Partei (Art. 108 Abs. 1 lit. a
StPO), im Falle einer Interessenkollision (Art. 146 Abs. 4 lit. a StPO) und zum Schutz der einzuvernehmenden Person (Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b StPO; zum Ganzen im Einzelnen BGE 139 IV 25 E. 5.5.6-5.5.10).
Vor Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft besteht der Anspruch auf Parteiöffentlichkeit nicht. Bei Beweiserhebungen durch die Polizei, etwa bei polizeilichen Einvernahmen von Auskunftspersonen gestützt auf Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO, sind die Parteien mit anderen Worten nicht zur Teilnahme berechtigt (Art. 147 Abs. 1 StPO e contrario; BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; 139 IV 25
E. 5.4.3; Urteile des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_638/2021 vom 17. August 2022 E. 2.1.3; 6B_415/2021 vom
11. Oktober 2021 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).
Ab Eröffnung der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft (Art. 309 Abs. 1
lit. a-c StPO) darf die Polizei grundsätzlich keine selbständigen Ermittlungen mehr vornehmen und ohne entsprechende Delegation insbesondere keine formellen polizeilichen Einvernahmen zur Sache mehr durchführen (Urteile des Bundesgerichts 6B_1080/2020 vom 10. Juni 2021 E. 5.4; 6B_217/2015 vom 5. November 2015 E. 2.2, nicht publ. in BGE 141 IV 423). Eine Ausnahme besteht bei einfachen Erhebungen zur Klärung des Sachverhalts. So ist etwa die selbständige polizeiliche Ermittlung von Geschädigten und Zeugen sowie deren informatorische Befragung, namentlich zur Abklärung, ob diese beweisrelevante Angaben zum Sachverhalt machen können, weiterhin möglich (BGE 143 IV 397 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Soweit die Polizei nach Eröffnung der Untersuchung Einvernahmen im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, stehen den Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte zu, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen (Art. 312 Abs. 2 StPO; Urteile des Bundesgerichts 6B_1320/2020 vom 12. Januar 2022 vom E. 4.2.1, nicht publ. in BGE 148 IV 22;
6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.3; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021
E. 1.3.3; vgl. auch BGE 139 IV 25 E. 4.2 f.; je mit Hinweisen). Daraus folgt, dass die Parteien das Recht haben, bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft während deren Untersuchung durchführt, anwesend zu sein und Fragen zu stellen (BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2 mit Hinweisen).
Die Durchführung einer Einvernahme ohne Teilnahme des Beschuldigten steht einer Wiederholung der Beweiserhebung im Grundsatz zwar nicht entgegen. Wird aber die Einvernahme wiederholt resp. zu einem späteren Zeitpunkt eine Konfrontationseinvernahme durchgeführt, darf die Strafbehörde nicht auf die Ergebnisse der vorausgegangenen Einvernahmen zurückgreifen, soweit diese ei- nem Beweisverwertungsverbot unterliegen (BGE 143 IV 457 E. 1.6.2 f.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.1 mit Hinweisen). Damit eine hinreichende Konfrontation stattfindet, muss sich der Befragte an der Konfrontationseinvernahme inhaltlich nochmals zur Sache äussern, sodass die beschuldigte Person ihr Fragerecht tatsächlich ausüben kann (BGE 140 IV 172
E. 1.5). Dabei ist keineswegs erforderlich, dass die befragte Person ihre Angaben wortwörtlich wiederholt. Macht sie Angaben zur Sache, so darf im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch auf die Ergebnisse der früheren Beweiserhebung ergänzend zurückgegriffen werden. Denn die Frage, ob bei widersprüchlichen Aussagen späteren Erinnerungslücken auf die ersten, in Abwesenheit des Beschuldigten erfolgten Aussagen abgestellt werden kann, betrifft nicht die Verwertbarkeit, sondern die Würdigung der Beweise (Urteile des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_415/2021 vom 11. Oktober
2021 E. 2.3.5; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_1003/2020 vom
21. April 2021 E. 2.2; je mit Hinweisen). Hingegen bleiben die in einer ersten Einvernahme in Verletzung von Art. 147 Abs. 1 StPO gemachten Aussagen nach Art. 147 Abs. 4 StPO unverwertbar, wenn sich die befragte Person im Rahmen einer späteren Konfrontation gar nicht mehr bzw. nicht frei und unbeeinflusst zur Sache äussert (vgl. BGE 143 IV 457 E. 1.6.1 ff.; Urteil des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2 mit Hinweisen).
Auf die Teilnahme resp. Konfrontation kann vorgängig auch im Nachhinein ausdrücklich stillschweigend verzichtet werden, wobei der Verzicht des Beschuldigten auch von seinem Verteidiger ausgehen kann (BGE 143 IV 397
E. 3.3.1). Der Beschuldigte kann den Behörden nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht vorwerfen, gewisse Zeugen zwecks Konfrontation nicht vorgeladen zu haben, wenn er es unterlässt, rechtzeitig und formgerecht entsprechen- de Anträge zu stellen (BGE 143 IV 397 E. 3.3.1; 125 I 127 E. 6c/bb; Urteile des
Bundesgerichts 6B_1320/2020 vom 12. Januar 2022 vom E. 4.2.1, nicht publ. in BGE 148 IV 22; 6B_1394/2020 vom 14. Dezember 2021 E. 1.2.2; 6B_98/2018
vom 18. April 2019 E. 3.3; 6B_1196/2018 vom 6. März 2019 E. 3.1; 6B_529/2014
vom 10. Dezember 2014 E. 5.2, nicht publ. in BGE 140 IV 196).
Aussagen nie konfrontierter (ehemaliger) Mitbeschuldigter und Auskunftspersonen
Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass sämtliche Einvernahmen der folgenden (ehemaligen) Mitbeschuldigten und Auskunftspersonen mangels Konfrontation nicht zuungunsten des Beschuldigten verwertet werden dürfen (Urk. 161
S. 10): Aussagen gegenüber der Kantonspolizei Zürich von I. (Urk. 10/1), J. (Urk. 10/2), M. (Urk. 10/3), K. (Urk. 10/5), N. , Schwester des Beschuldigten (Urk. 15/1), O. , Cousine des Beschuldigten
(Urk. 16/1), A. (Urk. 18/1), Schwester von †E. (nachfolgend: der Verstorbene), und P. , Cousin des Verstorbenen (Urk. 19/1). Nicht zu folgen ist der Vorinstanz allerdings darin, dass die Aussagen für die Entscheidfindung von vernachlässigbarer Relevanz sind. Wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, sind sie insbesondere hinsichtlich der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der am Tatort Anwesenden durchaus von Bedeutung. Indessen spricht – wiederum mit der Vorinstanz – nichts gegen die grundsätzliche Verwertbarkeit der anlässlich dieser Einvernahmen eingereichten Beweismittel (vgl. insbesondere Urk. 16/2 und Urk. 19/4).
Erste Einvernahmen am Tatort Anwesender ohne Teilnahmerecht des Beschuldigten
Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, war die Lage, wie sie sich am
3. September 2018 der Polizei am Tatort präsentierte, unübersichtlich und es herrschte Unklarheit darüber, wer von den vor Ort anwesenden Personen allenfalls an der Tötung von †E. beteiligt gewesen sein könnte. Es war demnach im Interesse der Wahrheitsfindung von zentraler Bedeutung, die potentiellen Mitbeschuldigten vorerst getrennt voneinander zum Geschehen in der Tatnacht zu vernehmen und ihnen dabei die ersten, noch oberflächlichen Erkenntnisse getrennt vorzuhalten, um die Kollusionsgefahr zu minimieren und ihre Rollen zu klären. Aufgrund der bestehenden Kollusionsgefahr wurden neben dem Beschuldigten auch F. , H. , J. , G. , I. und K. inhaftiert (vgl. Urk. 52-58). Diese Sachlage rechtfertigte einen vorläufigen Ausschluss der Teilnahme der potentiellen Mitbeschuldigten von den Einvernahmen der anderen Mitbeschuldigten bzw. Auskunftspersonen, weshalb die polizeilichen Einvernahmen von F. (Urk. 9/1 und Urk. 9/2), G. (Urk. 10/4) und H. (Urk. 10/6) auch zuungunsten des Beschuldigten verwertbar sind, zumal der Beschuldigte im Verlauf des weiteren Verfahrens ausreichend Gelegenheit zur Konfrontation mit diesen drei Personen erhielt (Urk. 9/4; Prot. I S. 12 ff., insbesondere
S. 68 ff.; Urk. 10/7; Urk. 10/8). Damit – und wegen der umfangreichen und detaillierten Spurensicherung und -auswertung – waren ausreichend kompensierende Faktoren gegeben, die den Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren und die Überprüfung der Verlässlichkeit des Beweismittels im Sinne der Rechtsprechung des EGMR gewährleisteten (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_173/2022 vom 27. April 2022 E. 1.3.1).
Allerdings ist – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – auch die Haft- Einvernahme von F. vom 4. September 2018 (Urk. 9/3) verwertbar, obwohl der Beschuldigte auch dort zugegebenermassen nicht anwesend war. Da sich
F. sowohl in der späteren Konfrontationseinvernahme vom 12. September 2018 (Urk. 9/4) als auch in der Hauptverhandlung vor der Vorinstanz einlässlich auf zahlreiche detaillierte Fragen zur Sache äusserte, und zwar ohne dass ihm lediglich seine früheren Aussagen einzig zur Bestätigung vorgehalten worden wären (Prot. I S. 12-22 und S. 30-70), darf nach der Rechtsprechung in einer Gesamtwürdigung auch auf die Ergebnisse der früheren Beweiserhebung ergänzend abgestellt werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.3 mit Hinweisen). Die Einvernahmen von F. sind daher samt und sonders im vorliegenden Verfahren verwertbar. Ob auf sie abgestellt werden kann, ist eine Frage der Beweiswürdigung, nicht jedoch der -verwertbarkeit.
Aussagen von Q.
und R.
Die rumänische Kriminalpolizei befragte ohne entsprechenden Auftrag in Folge des Internationalen Rechtshilfeersuchens vom 7. September 2018 betreffend die Sicherung des Mobiltelefons von Q. in Bezug auf WhatsApp- Nachrichten (Urk. 35/1 S. 3; Urk. 35/3-4) sowohl Q. (heute: Q'. ), Freundin des Beschuldigten, als auch deren Mutter R. als Zeugin. Weder bei deren Befragung vom 25. September 2018 (Urk. 14/1 = Urk. 35/19 [nachfolgend nur noch Urk. 35/19]; Urk. 35/20 [deutsche Übersetzung]) noch bei derjenigen von Q. vom 2. Oktober 2018 (Urk. 13/1 = Urk. 35/16 [nachfolgend nur noch Urk. 35/16]; Urk. 35/17 [deutsche Übersetzung]) waren der Beschuldigte o- der dessen Verteidiger anwesend. Auch fand die Einvernahme nicht via Videokonferenz statt und sie wurde auch nicht aufgezeichnet. Diese Einvernahmen sind mangels später erfolgter Konfrontationsmöglichkeit (beide Frauen nahmen die ihnen gebotene Gelegenheit, für eine Einvernahme in die Schweiz zu reisen, nicht wahr; Urk. 35/1 S. 3) bzw. infolge Verletzung des Teilnahmerechts des Beschul- digten unverwertbar. Sie sind für die Aufklärung des vorliegenden – zweifellos schweren – Delikts auch nicht unerlässlich, wie sich aus der nachfolgend dargelegten Beweiswürdigung ergibt. Ob und welche WhatsApp-Nachrichten der Beschuldigte in der Nacht vom 2. auf den 3. September 2018 mit seinem Mobiltelefon geschickt hat, lässt sich aufgrund der Sicherstellung seines Telefons unabhängig von einer Aussage von Q. deren Mutter klären (nachstehende Erw. III.C.4.11). Die Aussagen von Q. vom 2. Oktober 2018 und von
R. vom 25. September 2018 sind demnach im vorliegenden Verfahren absolut unverwertbar.
Auch wenn mit der Vorinstanz dafür zu halten ist, dass die Zeugeneinver- nahmen von Q. und R. vom 27. Juli 2020 (Urk. 36/36) gestützt auf das zweite Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft grundsätzlich verwertbar sind, da Art. 148 StPO nicht verletzt wurde (Urk. 161 S. 15), gilt es mit der Vertei- digung darauf hinzuweisen, dass infolge der Fernwirkung des Beweisverwertungsverbots sämtliche Aussagen, welche auf die Angaben in den polizeilichen Einvernahmen zurückzuführen sind, namentlich jene betreffend die WhatsApp-
Nachricht bzw. die Nachricht über den Facebook Massenger, bei welcher von umbringen die Rede ist und das Video, welches ein Schwert bzw. einen Säbel zeigen soll, nicht verwertet werden können, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese Aussagen auch ohne den zuvor von der rumänischen Polizei unter ungeklärten Umständen erhobenen Beweis hätten erlangt werden können (Urk. 183 S. 4 f.). Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die Zeuginnen ihre einmal formell gegenüber der Kriminalpolizei gemachten Aussagen nicht ohne weiteres gegenüber der rumänischen Staatsanwaltschaft zurücknehmen konnten wollten. Diese Aussagen bleiben demnach im vorliegenden Verfahren unverwertbar.
Aussagen von S.
und T.
Am 22. Januar 2019 wurden die beiden rumänischen Polizeibeamten S. und T. , welche Q. bzw. R. am 25. September bzw. 2. Oktober 2018 einvernommen hatten, durch die Staatsanwaltschaft in Zürich formell als Zeugen befragt (Urk. 11/1 und Urk. 12/1). Mit der Verteidigung ist davon auszugehen, dass deren Aussagen aufgrund der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten insoweit unverwertbar sind, als sich diese selbst auf eine unverwertbare Zeugeneinvernahme stützen (Urk. 129 S. 7). Nach den vorstehenden Erwägungen zur Verwertbarkeit der polizeilichen Einvernahmen von Q. und R. folgt, dass die Aussagen von S. und T. in Bezug auf die Angaben der befragten Frauen unverwertbar bleiben, ausgenommen wo sich ihre Aussagen gegebenenfalls zugunsten des Beschuldigten auswirken. Im Übrigen, namentlich insoweit die Zeugen Angaben aus eigener Anschauung bzw. aufgrund eigener Erkenntnis machen, sind sie uneingeschränkt verwertbar (Urk. 11/1 und
Urk. 12/1). Welcher Beweiswert ihnen vor dem Hintergrund der Geschehnisse und der von ihnen vor Ort bereits durchgeführten Ermittlungen zukommt, beschlägt indes die Frage der Beweiswürdigung.
Der Bericht der rumänischen Polizei vom 5. September 2018, der aufgrund des Interpol-Ersuchens der hiesigen Polizeibehörde um Benachrichtigung der Familie des Verstorbenen über das Vorgefallene erstellt wurde (Urk. 35/11 S. 1), ist als Beweismittel grundsätzlich verwertbar. Eine andere Frage ist dagegen, welcher Beweiswert ihm zuerkannt wird in Bezug auf die in diesem Bericht getroffenen Feststellungen zur Person des Beschuldigten, seiner Beziehung zum Verstorbe- nen und dessen Familie sowie zu Q. , und deren Aussagen, die darin dargestellt sind (Urk. 35/11 S. 2). Mit der Vorinstanz ist zu betonen, dass die Herkunft dieser Informationen unklar ist und die Art und Weise ihrer Erhebung durch die rumänische Polizei nicht dokumentiert wurde, womit sie nicht verifiziert werden können. Damit sind die festgehaltenen Angaben, insbesondere auch soweit sie den Beschuldigten belasten, nicht überprüfbar, was ihre Aussagekraft mindert.
U. , ein Cousin des Verstorbenen (Urk. 17/1 S. 3), reiste am 6. September 2018 zusammen mit A. , der Schwester des Verstorbenen, und P. , seinem Cousin, in die Schweiz, um den Verstorbenen zu identifizieren. Nach der Befragung von A. und P. am 7. September 2018 durch die Kantonspolizei Zürich reisten alle drei wieder zurück nach Rumänien. Dort besuchte
U. am 12. September 2018 Q. und nahm das Gespräch zwischen ihr und ihm auf (Urk. 23/1; Urk. 23/2 [schriftliche Übersetzung]). Er schickte die Auf- nahme umgehend an die Kantonspolizei Zürich (Urk. 17/1 S. 4). Bezüglich des Einverständnisses zur Aufnahme des Gesprächs seitens Q. liegen aller- dings widersprüchliche Angaben vor. Gemäss der Aktennotiz der Kantonspolizei Zürich vom 24. September 2018 erklärte U. gegenüber der Kantonspolizei Zürich, Q. habe nicht gewusst, dass er das Gespräch aufzeichne, wohingegen diese auf telefonische Nachfrage durch die Polizei angegeben habe, davon gewusst zu haben (Urk. 23/1 S. 1). Anlässlich ihrer Zeugeneinvernahme bei der rumänischen Staatsanwaltschaft erklärte sie dann aber, sie hätte erst nach dem Gespräch davon erfahren, dass U. dieses aufgezeichnet hatte (Urk. 36/36
S. 10). U. selbst sagte als Zeuge dazu aus, Q. habe nicht gewusst, dass er das Gespräch aufgezeichnet habe (Urk. 17 S. 7). Es ist demnach davon auszugehen, dass die Aufnahme in strafbarer Weise erfolgte (siehe oben
Erw. II.1.1.e). Aufgrund der vorliegenden Konstellation und mangels Verdachtsmomente gegen Q. ist davon auszugehen dass die Staatsanwaltschaft hypothetisch die Aufnahme dieses Gesprächs nicht rechtmässig hätte erlangen können. Wie unter Abschnitt C. auszuführen sein wird, ist die Verwertung dieser Aufnahme für die Aufklärung des Delikts auch nicht zentral bzw. unerlässlich, da höchste Zweifel an der Beweiskraft der aufgenommenen Aussagen angebracht sind. Demnach ist die von U. eingereichte Aufnahme (Urk. 23/2-3) nicht verwertbar. Selbst bei Annahme einer Verwertbarkeit zur Aufklärung einer schweren Straftat trotz Rechtswidrigkeit ist angesichts der Heimlichkeit der Aufnahme, der Kenntnisse von U. über die Umstände der Tat und die Verdächtigungen durch die Reise in die Schweiz sowie die Kenntnisse über die Medienmitteilungen (siehe dazu Erw. III.C.4.10) höchste Zurückhaltung geboten und bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte auf die Verwertung zu verzichten.
Gemäss Bericht der Kantonspolizei Zürich vom 17. September 2018 wurde mit
F. am 4. September 2018 eine Tatortbegehung anberaumt, um insbesondere die Aussagen von G. zu überprüfen, wonach er die Schlägerei nur akustisch mitbekommen habe, da er nach dem Wirtshausbesuch zu Bett gegangen sei (Urk. 2 S. 2). An dieser Tatortbegehung nahm zwar der Verteidiger des damals noch beschuldigten F. , nicht aber der Beschuldigte dessen Verteidiger teil (Urk. 2 S. 1). In dem Bericht der Kantonspolizei Zürich über diese Tatortbegehung fanden jedoch nicht nur Feststellungen Eingang, sondern es wurden zahlreiche Aussagen von F. festgehalten, die direkt nichts mit der Klärung der örtlichen Gegebenheiten der Zuordnung der Zimmer in der Liegenschaft zu tun hatten. So behauptete F. im Aufenthaltsraum offenbar ungefragt, dass der Beschuldigte alles, was sich an Leergut von Alkoholika im schwarzen Plastiksack befunden habe, alleine getrunken habe und dass er zusammen mit dem Verstorbenen drei Tage lang einen Horrorfilm über Schlägereien und Schneiden
geschaut habe (Urk. 2 S. 2 f. und nachstehende Erw. III.C.4.6). F. wurde zu diesen Umständen in der Konfrontationseinvernahme vom 4. September 2018 je- doch nicht befragt. Auch wurde er auf diese Aussagen weder angesprochen noch kam er von selbst darauf zurück, so dass sie nicht Gegenstand der Konfrontationseinvernahme wurden. Entsprechend hatte der Beschuldigte auch keinen Anlass, F. mit diesen Aussagen zu konfrontieren. Sie sind daher infolge nicht gewährleisteter genügender Kompensationsmassnahmen selbst bei dem schweren Delikt, das dem Beschuldigten vorgeworfen wird, nicht zu seinen Lasten verwertbar. Daran ändert auch nichts, dass F. ganz am Schluss seiner Befragung vor dem Bezirksgericht in seiner Antwort auf die Frage, ob er den Beschul- digten am Morgen nach der Tat gefragt habe, was hast du gemacht? völlig aus dem Zusammenhang gerissen die tendenziöse Behauptung einfliessen lässt Als der Chef gekommen ist und gesehen hat, dass er diese Horrorfilme angesehen hat … (Prot. I S. 64). Zudem hat F. offenbar erst mit zunehmendem Fortschritt der Untersuchung Kenntnis der Aussage von H. erhalten, wonach dieser am Nachmittag des 2. September 2018 kurz in der V. vorbeigekommen war, denn er hatte dies zuvor nirgends erwähnt (Urk. 9/1-3). Zum anderen hat H. nicht ausgesagt, dass der Beschuldigte am Sonntagnachmittag ei- nen Horrorfilm ähnliches gesehen hat. Er hat lediglich deponiert, dass er kurz dort war und der Beschuldigte einen Film schaute, was im Übrigen auch von der Schwester des Beschuldigten und von G. bestätigt wird (dazu nachstehend Erw. III.C.4.1). Mithin sind die Aussagen von F. anlässlich der Tatortbegehung unverwertbar zulasten des Beschuldigten, weil dessen Teilnahme nicht gewährt wurde und auch keine anderen genügenden Kompensationsmassnahmen getroffen wurden.
Entgegen der Ansicht der Verteidigung sind die auf dem beschlagnahmten Mobiltelefon des Beschuldigten ausgelesenen Nachrichten vom 4. September 2018 nicht das Resultat einer aktiven geheimen Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Urk. 183 S. 6). Wenn Mobiltelefone und andere digitale Kommunikationsgeräte
physisch sichergestellt werden und die Staatsanwaltschaft die gespeicherten Daten auswerten will (Kontaktnummern, Verbindungsdaten, vom Empfänger abgerufene SMS- und E-Mail-Nachrichten, abgerufene Kommunikation über abgeleitete Internetdienste usw.), liegt nach ständiger Praxis des Bundesgerichts grundsätzlich keine Fernmeldeüberwachung (Art. 269-279 StPO) vor und auch keine rückwirkende Randdatenerhebung (Art. 273 StPO). Der Rechtsschutz erfolgt hier in der Weise, dass die betroffene Person die Siegelung (Art. 248 Abs. 1 StPO) des edierten sichergestellten Gerätes verlangen kann (wie z.B. bei PCs, Notebooks, Servern usw.). Die Staatsanwaltschaft, welche die elektronischen Aufzeichnungen durchsuchen und beschlagnahmen will, muss dann beim Zwangsmassnahmengericht ein Entsiegelungsgesuch stellen (BGE 144 IV 74 E. 2.4;
143 IV 270 E. 4.6; 140 IV 181 E. 2.4, E. 2.10; je mit Hinweisen).
Der Beschuldigte gab vorliegend den Strafverfolgungsbehörden den PIN-Code zu seinem Handy bekannt (Urk. 59/1; Urk. 44/6 S. 4), womit sein Einverständnis für die Durchsuchung der Daten vorliegt. Weder wurde gegen die Beschlagnahme und den Durchsuchungsbefehl vom 5. September 2018 (Urk. 44/3-4) von Seiten des von Anfang an amtlich verteidigten Beschuldigten Beschwerde geführt, noch wurde die Siegelung des Mobiltelefons verlangt. Mithin erweisen sich die auf dem beschlagnahmten Handy des Beschuldigten ausgelesenen Erkenntnisse als voll- umfänglich verwertbar.
III. Sachverhalt
Zur freien Würdigung der Beweismittel und zur Unschuldsvermutung kann – um unnötige Wiederholungen zu vermeiden – vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (Urk. 161 S. 28 ff.) und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; 144 IV 345
E. 2.2.3.2; 138 V 74 E. 3; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen) verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich als Ergänzungen bzw. punktuelle Hervorhebungen:
Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Gericht hat damit die zur Klärung des Sachverhalts verwendbaren Beweise in freier Beweiswürdigung, also unabhängig von Beweisregeln, auf ihre Aussagekraft hin zu beurteilen, um daraus einen rechtsrelevanten Schluss zu ziehen; Ziel ist die Ermittlung der materiellen Wahrheit. Überzeugungskraft entfalten die Beweismittel danach einzig im Umfang ihrer inneren Autorität (HOFER, BSK StPO, N 41 ff., 56 zu Art. 10 StPO). Sind die Angaben glaubhaft, kann die Verurteilung auf diese auch dann gestützt werden, wenn andere Personen das Gegenteil behaupten wenn die Person ihr Aussageverhalten während des Prozesses geändert hat, z.B. auf ein widerrufenes Geständnis (WOHLERS, SK StPO, N 27 zu Art. 10 StPO; Urteil des Bundesgerichts 6B_576/2020 vom 18. März 2022 E. 3.3).
Die Vorinstanz befasste sich ausführlich mit der Glaubwürdigkeit der befragten Personen (Urk. 161 S. 31ff.). Dazu ist festzuhalten, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit einer Person im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kaum relevante Bedeutung zukommt und es für die Wahrheitsfindung auf die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage ankommt (BGE 147 IV 534 E. 2.3.3 mit Hinweisen), weshalb vorliegend auf jene Erwägungen der Vorinstanz nicht weiter eingegangen wird.
Die in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung (oder auch Grundsatz in dubio pro reo) bedeutet, dass es Sache der Strafverfolgungsbehörden ist, der beschuldigten Partei ihre Täterschaft nachzuweisen. Gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO muss sich die beschuldigte Person nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern. Sie muss sich aber den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen. Das Recht, zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten, gehört zum allgemein anerkannten internationalen Standard eines fairen Verfahrens (BGE 147 I 57 E 5.1; 144 I 242 E. 1.2.1; je mit Hinweis). Gegen das Verbot des Selbstbelastungszwangs verstösst zum Beispiel ein strafbewehrter Befehl an die beschuldigte an eine andere aussageverweigerungsberechtigte Person, potentiell belastende Beweisunterlagen herauszugeben belastende Aussagen gegen sich (im Rahmen des Aussageverweigerungsrechts) eine andere Person zu machen (BGE 142 IV 207 E. 8.3.1 mit Hinweisen). Unzulässig wäre es ferner auch, das Schweigen der beschuldigten Person als Indiz für ihre Schuld zu werten (BGE 138 IV 47 E. 2.6.1 S. 51 mit Hinweisen). Demgegen- über ist es – wie das Bundesgericht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen John Murray gegen Vereinigtes Königreich (Urteil vom 8. Februar 1996, Nr. 18731/91) festgestellt hat – nicht ausgeschlossen, das Aussageverhalten der beschuldigten Person in die freie Beweiswürdigung miteinzubeziehen, so insbesondere, wenn sie sich weigert, zu ihrer Entlastung erforderliche Angaben zu machen, bzw. es unterlässt, entlastende Behauptungen näher zu substantiieren, obschon eine Erklärung angesichts der belastenden Beweiselemente vernünftigerweise erwartet werden darf (Urteile des Bundesgerichts 6B_1202/2021 vom 11. Februar 2022 E. 1.8.2; 6B_1302/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.4.4, nicht publ. in BGE 147 IV 176; 6B_289/2020 vom 1. Dezember 2020 E. 7.8.1; je mit weiteren Hinweisen).
Auf die Frage allerdings, welche Beweismittel zu berücksichtigen und wie sie gegebenenfalls zu würdigen sind, findet der Grundsatz in dubio pro reo keine Anwendung. Er kommt erst zum Tragen, nachdem alle aus Sicht des urteilenden Gerichts notwendigen Beweise erhoben und ausgewertet worden sind, das heisst, bei der Beurteilung des Resultats der Beweisauswertung (BGE 144 IV 345
E. 2.2.3.1 f.; Urteile des Bundesgerichts 6B_160/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 2.3.2; 6B_595/2021 vom 24. Juni 2022 E. 5.3.1; 6B_257/2020 vom 24. Juni
2021 E. 4.8.1, nicht publ. in: BGE 147 IV 409; 6B_986/2020 vom 6. Januar 2021
E. 2; je mit Hinweisen). Insoweit stellt der Grundsatz in dubio pro reo gerade kei- ne Beweiswürdigungsregel dar.
Liegen keine direkten Beweise vor, ist nach der Rechtsprechung auch ein indirekter Beweis zulässig. Beim Indizienbeweis wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewiesen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache geschlossen. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichwertig. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich allein betrachtet nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache Täterschaft hindeuten und insofern Zweifel offen lassen, können in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das den Schluss auf den vollen rechtsgenügenden Beweis von Tat Täter erlaubt (Urteile des Bundesgerichts 6B_790/2021 vom 20. Januar 2022 E. 1.2.3; 6B_1019/2021 vom 8. Dezember
2021 E. 1.3.3; 6B_1302/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.2.3, nicht publ. in: BGE 147 IV 176; je mit Hinweisen). Der Grundsatz in dubio pro reo als Ent-
scheidregel verlangt nicht, dass bei sich widersprechenden Beweismitteln unbesehen auf den für den Angeklagten günstigeren Beweis abzustellen ist. Die Entscheidregel kommt nur zur Anwendung, wenn nach erfolgter Beweiswürdigung als Ganzem relevante Zweifel verbleiben (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_1019/2021 vom 8. Dezember 2021 E. 1.3.3; 6B_1302/2020
vom 3. Februar 2021 E. 1.2.3, nicht publ. in: BGE 147 IV 176; je mit Hinweisen).
Das Gericht würdigt Gutachten (wie die übrigen Beweismittel) grundsätzlich frei (Art. 10 Abs. 2 StPO). Die Vorinstanz erwog zutreffend, dass das Gericht in Fachfragen indes nicht ohne triftige Gründe vom Gutachten abweichen darf und Abweichungen begründet werden müssen (Urk. 407 S. 19 f.). Nach ständiger Rechtsprechung stellt ein Gutachten namentlich dann keine rechtsgenügliche Grundlage dar, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das trifft etwa zu, wenn der Sachverständige die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet, wenn er seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nicht begründet diese in sich widersprüchlich sind wenn die Expertise sonst wie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind (BGE 142 IV 49 E. 2.1.3; 141 IV 369 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_257/2020 vom 24. Juni 2021 E. 4.2.3). Die enge Bindung des Gerichts an das Gutachten entfällt auch, wenn mehrere einander widersprechende Gutachten vorliegen. Widersprechen sich zwei mehrere Gutachten, muss das Gericht in freier Würdigung der Gutachten darüber befinden, auf welches Gutachten abzustellen ist (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1; 107 IV 7 E. 5; Urteile des Bundesgerichts
6B_1363/2019 vom 19. November 2020 E. 1.2.3; 6B_35/2017 vom 26. Februar
2018 E. 7.2.1; 6B_648/2014 vom 28. Januar 2015 E. 4.2, nicht publ. in:
BGE 141 IV 34). Das Gericht ist nicht verpflichtet, seiner Beweiswürdigung in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo das für den Beschuldigten günstigere Gutachten zugrunde zu legen, wenn ein anderes Gutachten seines Erachtens überzeugender ist (vgl. BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_477/2021 vom 14. Februar 2022 E. 3.1; 6B_1363/2019 vom 19. November
2020 E. 1.2.3; 6B_547/2014 vom 21. Juli 2014 E. 1.4.4 und 1.4.6).
Gemäss Art. 189 StPO lässt die Verfahrensleitung das Gutachten von Amtes wegen auf Antrag einer Partei durch die gleiche sachverständige Person ergänzen verbessern bestimmt weitere Sachverständige, wenn das Gutachten unvollständig unklar ist (lit. a) Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestehen (lit. c). Das Bundesgericht anerkennt in seiner Rechtsprechung, dass bei der Begutachtung im Grundsatz Methodenfreiheit besteht. Die Wahl der Methode muss aber begründet sein. Die wissenschaftlichen Standards müssen eingehalten und die Schlussfolgerungen transparent sowie für die Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar dargestellt sein. Die mündliche Erläuterung des Gutachtens bietet Gelegenheit, Unklarheiten zu beseitigen und durch direkte Kommunikation zwischen der Strafbehörde, dem Sachverständigen und den Verfahrensbeteiligten das Verständnis für die aufzuklärenden Zusammenhänge zu fördern (Urteile des Bundesgerichts 6B_567/2020 vom 6. Dezember 2021
E. 2.3.3, nicht publ. in BGE 148 IV 57; 6B_1363/2019 vom 19. November 2020
E. 1.2.3; 6B_1237/2015 vom 25. Februar 2016 E. 1.3.3 mit Hinweis).
Anklagevorwurf
Der dem Beschuldigten von der Staatsanwalt vorgeworfene Sachverhalt ergibt sich im Detail aus der Anklageschrift vom 27. November 2020 (Urk. 69).
Darin wird zunächst als Vorgeschichte festgehalten, es sei am Sonntag,
September 2018, zwischen 22.00 und ca. 24.00 Uhr, im Wohnbereich der Werkstatthalle der V. an der W. -strasse 1 in AA. zu einer zu- nächst verbalen und anschliessend gewalttätig geführten Streitigkeit zwischen dem Beschuldigten und †E. , dem nachmalig Verstorbenen, gekommen, in
deren Verlaufe der Beschuldigte und der Verstorbene teilweise wechselseitig mit Fäusten und Fusstritten aufeinander eingeschlagen hätten, wobei der Verstorbe- ne den Beschuldigten unter anderem auf den Boden gedrückt und ca. 10 Mal mit der Faust auf den Kopf des Beschuldigten eingeschlagen habe. Der Beschuldigte habe sich dabei unter anderem eine blutende Verletzung an der Nase und ein Hämatom an den Augen zugezogen. Während dem Streit seien unter anderem nicht näher bekannte Gläser zerborsten. Die beiden Streitenden hätten dann von einem Mitbewohner, F. , getrennt werden können. Darauf habe sich der Beschuldigte erhoben und sei in sein Schlafzimmer im Untergeschoss zurückgekehrt, wo er sich mit Wasser die Blutspuren von Körper und Kleidung gewaschen habe. Als er realisiert gehabt habe, dass er während des Kampfes sein Mobiltelefon verloren habe, sei er in den Wohnbereich zurückgekehrt, wo er wieder auf den Verstorbenen getroffen sei, der im Begriff gewesen sei, Scherben und Blutspuren vom Boden aufzuwischen. Nachdem der Beschuldigte sein Mobiltelefon unter dem Sofa wiedergefunden habe, sei er auf den Verstorbenen zugetreten und habe diesem mit den Worten du E. , du musst aufpassen, du wirst es noch sehen gedroht. Anschliessend habe sich der Beschuldigte wieder in sein Schlafzimmer ins Untergeschoss zurückgezogen und der Verstorbene habe sich nach erfolgter Reinigung in sein Schlafzimmer, resp. die Küche, begeben, wo er einen Maisgriessbrei gekocht und sich dort nach dem Essen auf dem Ledersofa in ein schwarzes Fixleintuch eingewickelt habe und eingeschlafen sei.
Die Anklage wirft dem Beschuldigten folgendes Tatvorgehen vor: Im Nachgang zum zuvor geschilderten Sachverhalt in derselben Nacht zwischen ca. 01.50 und ca. 06.00 Uhr habe sich der Beschuldigte, bewaffnet mit einer von ihm selber aus Stahl angefertigten schwertähnlichen, ca. 30 cm langen Stich-/Schnittwaffe mit schwarzem Griff und einer scharfen ca. 14 cm langen Klinge, in das Schlafzimmer des Verstorbenen begeben und habe damit mindestens 15 Mal mit grosser Wucht ins Gesicht, in die Brustkorbvorderseite, linke Schulterrückseite und linke Extremität des schlafenden und in ein schwarzes Fixleintuch eingewickelten Verstorbenen eingestochen. Als Folge dieses Angriffs mit der Stich- und Schnittwaffe habe der Verstorbene zahlreiche Verletzungen erlitten (vgl. zu den Verletzungen im Einzelnen die Aufzählung in der Anklage Urk. 69 S. 3 f.), die den Tod
des Verstorbenen zur Folge gehabt hätten. Der Beschuldigte habe anlässlich des Angriffs mit der Stich- und Schnittwaffe um das Anschneiden lebenswichtiger Blutgefässe und Organe, wie Herz, Niere, Leber und Lunge, und die damit verbundenen tödlichen Folgen für den Verstorbenen (rasches Ausbluten, Span- nungspneumothorax, schwere Einschränkung der Pumpfunktion, Verschleppen von Luft in die Blutgefässe, Atem- und Herz-Kreislaufversagen) gewusst und er habe diese Todesfolge gewollt zumindest in Kauf genommen.
Beim Einstechen und Einschneiden mit der Stich- und Schnittwaffe auf den Verstorbenen habe der Beschuldigte laut Anklageschrift insbesondere aus nachgenannten Gründen besonders skrupellos gehandelt: Erstens habe er dem Verstorbenen, einer Massakrierung gleichkommend, durch wiederholtes und wuchtiges Einstechen mit der beschriebenen Stich- und Schnittwaffe auf äusserst sensible Körperregionen, wie das Gesicht, den Kopf, die Brust und die Schultern, in besonders grausamer Weise unnötige physische und psychische Leiden zugefügt, zumal der Verstorbene zahlreiche stark blutende und besonders qualvolle, stark schmerzende Verletzungen erlitten habe, insbesondere durch den Durchstich von der rechten Wange bis zum linken Nasenflügel mit Durchstechung der Mittelgesichtsknochen. Zweitens habe der Beschuldigte mit seinem Vorgehen ei- nen krassen Egoismus und damit verbunden eine Geringschätzung menschlichen Lebens in höchstem Masse offenbart. Drittens sei der Beschuldigte heimtückisch vorgegangen, indem er auf den schlafenden und auf dem Bett liegenden und daher völlig wehr- und arglosen Verstorbenen eingestochen habe. Viertens habe der Beschuldigte aus absolut nichtigen Beweggründen gehandelt. Die Tötung sei namentlich nicht mit einem (differenzierten) Beziehungskonflikt in Zusammenhang gestanden, welche eine Tat wie die vorliegende auch nur im Entferntesten gerechtfertigt hätte, sondern die Tat habe einzig auf einer sinnlosen Streitigkeit beruht, die mit gegenseitigem Aufnehmen mit Mobiltelefongeräten und Beschimpfungen begonnen und mit Faustschlägen geendet habe. Damit habe sich der Beschuldigte des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB schuldig gemacht.
Parteistandpunkte / Vorinstanz
Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe sowohl im bisherigen Verfahren als auch in der Berufungsverhandlung vollumfänglich (Prot. II S. 17; Urk. 183 S. 1). Es ist daher nachfolgend aufgrund der vorhandenen Beweismittel zu prüfen, ob sich der Anklagesachverhalt rechtsgenügend erstellen lässt.
Die Staatsanwaltschaft beantragt eine härtere Bestrafung des Beschuldigten sowie eine längere Dauer der Landesverweisung, hauptsächlich mit der Begrün- dung, dass die Vorinstanz die einzelnen Strafzumessungskriterien – insbesondere im Zusammenhang mit der Beurteilung der subjektiven Tatschwere – allzu stark zu Gunsten des Beschuldigten gewichtet habe und es analog zum sehr schwer wiegenden Tatverschulden das Höchstmass des möglichen Landesverweises auszusprechen (Prot. II S. 5; Urk. 180 S. 1 und 4-6).
Die Privatklägerin 1 beantragt, die Verurteilung des Beschuldigten vorausgesetzt, die Verpflichtung des Beschuldigten zu einer Genugtuungszahlung in der Höhe von Fr. 7'500.– nebst 5 % Zins seit 3. September 2018 (Urk. 168 S. 1;
Urk. 181 S. 2). Sie lässt zur Begründung ihrer Anträge zusammengefasst ausführen, dass die Vorinstanz zwar zutreffend gewürdigt habe, dass zwischen dem Verstorbenen und dessen Schwester eine sehr starke Familienbande bestanden habe, dass sie indes zu wenig stark berücksichtigt habe, dass die Privatklägerin 1 in die Schweiz habe fliegen müssen, um ihren ermordeten Bruder zu identifizieren und auch noch polizeilich befragt worden sei (Urk. 181 S. 5).
Die Vorinstanz kommt nach eingehender Glaubwürdigkeitsprüfung der befragten Personen und einlässlicher Beweiswürdigung zum Schluss, dass der Beschuldigte den Verstorbenen in der Nacht vom 2. auf den 3. September 2018, zwischen ca. 02.00 und 06.10 Uhr, mit mindestens 10 Messerstichen getötet habe. Zusammengefasst erwägt sie, diese Überzeugung werde in erster Linie durch die Auseinandersetzung zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten in der Tatnacht gestützt. Daraus ergebe sich, dass der Beschuldigte ob der Beleidigungen und der Schläge seitens des Verstorbenen eine grosse Wut empfunden habe, der er noch Luft zu machen gedacht habe. In dieses Bild passe auch das
beim Verstorbenen festgestellte Verletzungsmuster, wonach dieser richtiggehend massakriert worden sei, was zu der vom Beschuldigten angekündigten Rache als Tatmotiv passe (Urk. 161 S. 97). Weiter sei der Beschuldigte nachweislich in der Tatnacht um ca. 03.00 Uhr noch wach gewesen und habe – emotional aufgewühlt
ein Videogespräch mit seiner damaligen Freundin Q. geführt, wobei diese auf dem Bild der Videoübertragung ein Schwert einen Säbel erkannt habe. Im Weiteren spreche die ab der Einstichstelle ab dem Fixleintuch bei Fotoposition 12 sichergestellte DNA-Spur des Beschuldigten – als nur schwaches Indiz – für die Täterschaft des Beschuldigten. Schliesslich habe sich der Beschuldigte am Morgen nach der Tat merkwürdig verhalten (Urk. 161 S. 98 f.). Sämtliche vorliegenden Indizien verschiedenen Ursprungs würden sich derart zu einer konsistenten und überzeugenden Geschichte zusammenfügen, dass die Täterschaft des Beschuldigen erstellt sei. Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass das Tatmesser und der Küchenschlüssel nicht hätten gefunden werden können dass der Beschuldigte in der Tatnacht nicht versucht habe, zu fliehen. Beides schliesse die Täterschaft des Beschuldigten nicht aus. Demgegenüber würden konkrete Hinweise auf die Täterschaft der weiteren Bewohner der V. einer Drittperson fehlen. Der Anklagevorwurf sei im Wesentlichen erstellt, wobei in Abweichung vom in der Anklageschrift geschilderten Tatablauf weder erstellt wor- den sei, dass der Beschuldigte mehr als 10 Mal auf den Verstorbenen eingestochen, noch dass er dazu eine von ihm selber hergestellte Tatwaffe verwendet habe (Urk. 161 S. 99). Eine Minderheit des Gerichts liess jedoch eine abweichende Meinung zu Protokoll geben, wonach – stark zusammengefasst – unüberwindbare Zweifel an der Schuld des Angeklagten vorlägen, weshalb er nach dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen sei (Urk. 137b S. 1). So spreche namentlich die sehr gute Beziehung zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten klar gegen eine Täterschaft des Beschuldigten, ebenso wie der Charakter des Beschuldigten, dem entgegen der Mehrheit des Gerichts eine gewisse Gewaltbereitschaft nachgewiesen werden könne (Urk. 137b S. 3-5). Die Schlägerei in der Tatnacht sei zwar ein Indiz, jedoch als einziges Motiv für die Tat wenig überzeugend (Urk. 137b S. 6 ff.). Auch der Inhalt des Videogesprächs zwischen dem Beschuldigten und seiner damaligen Freundin sei nicht erstellt und was diese über
das Gesehene aussage, spreche gegen eine Täterschaft des Beschuldigten, da die Aufnahme im Zimmer des Verstorbenen hätte gemacht werden müssen und diesfalls ergebe eine Ankündigung des Todes in der Zukunft um 03.00 Uhr morgens keinen Sinn (Urk. 137b S. 10-17). Schliesslich wird die Würdigung der Beweise betreffend das Verhalten des Beschuldigten am Morgen nach der Tat und eine alternative Täterschaft nicht geteilt (Urk. 137b S. 18-26). Als einziges belastendes Indiz bleibe die bereits von Beginn an bekannte Schlägerei, wobei die Anwesenden davon ausgegangen seien, der Streit habe sich wieder gelegt. Die Hauptbelastungszeugen, insbesondere F. , hätten sich in nicht erklärbare Widersprüche verwickelt, aus den Aussagen von Q. und R. liessen sich kaum mehr als vage Angaben über einen Videoanruf ableiten und schliesslich blieben zahlreiche Ungereimtheiten, wie die vom Tatort wegfahrenden Perso- nen, der Siegelbruch unmittelbar nach der Tat, die Kokainspuren in der Wohnung oberhalb des Tatorts und die nicht erklärbaren Gespräche in der Tatnacht betreffend irgendwelche Hierarchien. Daher könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Täterschaft des Beschuldigten geschlossen werden (Urk. 137b S. 26).
Auf die Argumente des Beschuldigten bzw. der Verteidigung und der Vertretung der Privatklägerschaft zur Sache ist im Rahmen der nachstehenden Erwägungen einzugehen. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des von einem Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in seiner Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249
E. 1.3.1. mit Hinweisen).
C. Sachverhaltsfeststellung / konkrete Beweiswürdigung
Alarmierung der Polizei und Einleitung der Strafuntersuchung
Gemäss Polizeirapport alarmierte M. , Mitarbeiter in der AB. , am
3. September 2018 um 08.55 bzw. 08.56-08.58 Uhr telefonisch die Polizei, als er den Verstorbenen auf dem Sofa in der Küche, die zur Werkstatt/Carrosserie der V. an der W. -strasse 1 in AA. (nachfolgend: V. ) gehört und an diese angrenzt, liegen sah (Urk. 1 S. 5-7; Urk. 10/3 S. 2 und 5). Er war nach eigener Aussage zuvor mit I. (Chef der AB. ), auch genannt
I'. , von der AB. in AC. nach AA. gefahren, nachdem dessen Sohn J. ihm telefonisch mitgeteilt hatte, dass in AA. in der Küche ein Toter liegen würde (Urk. 10/3 S. 2).
Gestützt auf diese Anzeige rückten unter anderem der diensthabende Staatsanwalt der Abteilung für schwere Gewaltkriminalität, Staatsanwalt lic. iur. Kaegi, der Rechtsmediziner Dr. med. AD. , … [Position in IRM] Postmortale Rechtsmedizin vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (nachfolgend: IRM), welcher die Leichenschau vornahm (Urk. 27/7), diverse Mitarbeiter des Forensischen Instituts Zürich (nachfolgend: FOR), der Notarzt mit Personal sowie diverse Funktionäre der Kantonspolizei Zürich und zwei Mitarbeiter der Stadtpolizei Zürich an den Tatort in AA. aus (Urk. 1 S. 6 f.). Beim Eintreffen der Polizei um ca. 09.15 Uhr (Urk. 1 S. 1; Urk. 20/1 S. 1 und 20/2 S. 1) wurden der Beschuldigte, G. , F. , I. und M. auf dem Vorplatz angetroffen, worauf Letzterer den Funktionären den Weg zum Verstorbenen wies. Die Eingangstür in den Raum, in dem der Verstorbene aufgefunden worden war, war offensichtlich durch Gewalt geöffnet bzw. aufgebrochen worden (Urk. 1 S. 7; Urk. 20/1-2). Daraufhin wurden die anwesenden Personen getrennt und einzeln nach Zürich zur schriftlichen Einvernahme gebracht (Urk. 1 S. 8). Das FOR erstellte eine detaillierte Fotodokumentation und fertigte Übersichtspläne der Liegenschaft an der W. -strasse 1 in AA. an, in welcher der Tote gefun- den wurde (Urk. 7). Danach wurden vier Schlosszylinder ausgetauscht und die drei Aussentüren durch die Kantonspolizei Zürich versiegelt (Urk. 1 S. 8). Anlässlich der Tatortbegehung vom 4. September 2018 mit F. wurde jedoch festgestellt, dass jemand versucht hatte, das Siegel an der Tür im Erdgeschoss der V. bei der Waschküche zu entfernen und jemand eine Leiter an die Fassa- de gestellt hatte, die am Vortag noch nicht dort war (Urk. 2 S. 2; Urk. 42/6-7;
Urk. 7 S. 11). Die ab dem Siegel sichergestellte DNA konnte jedoch nicht zu einer bekannten Person zugeordnet werden (Urk. 24/14 S. 6 ff.; vgl. Urk. 161 S. 90).
Die Angaben der Befragten zu den Räumlichkeiten am Tatort decken sich nicht, so dass folgende Bezeichnungen der Örtlichkeiten verwendet werden:
Werkstatt/Carrosserie der V. an der W. -strasse 1 in AA. , auch Werkhalle: V.
Schlafzimmer des Verstorbenen, Aufenthaltsraum, Küche im EG mit sechseckigem Tisch, Wohnbereich, Fundort der Leiche: Küche (vgl. Urk. 161
S. 47)
Werkstattbereich mit den orangen Sofas: Aufenthaltsraum (vgl. Urk. 161 S. 48)
AB. an der AE. -strasse 2 in AC. : AB.
Im Übrigen stützen sich die Bezeichnungen auf die Beschreibungen in der Foto- dokumentation des FOR (Urk. 7). Die Distanz zwischen den beiden Standorten der V. AB. in AA. und AC. beträgt rund 7 km und ist mit dem Auto in rund 10 Minuten zu bewältigen.
Zum besseren Verständnis sei hier ein Überblick über die im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt am Tatort angetroffenen Personen aufgezeigt:
Bei F. , D. und dem Verstorbenen handelt es sich – wie die Vorinstanz zutreffend darlegt – um rumänische Staatsangehörige, die aus dem gleichen Dorf in Rumänien, AG. , stammen und sich seit der Kindheit [Verstorbener und D. ] bzw. seit 14, 15 Jahren [Verstorbener und F. ] kannten (Urk. 161
S. 33 und 39 f.). Auch G. ist rumänischer Staatsangehöriger, lebte aber ca. 200 km von AG. entfernt in AH. im Landkreis AI. (Urk. 161
S. 35). Diese vier Personen wohnten im Tatzeitpunkt alle in der Liegenschaft der V. in AA. (bis auf den Beschuldigten, der im Untergeschoss sein Zimmer hatte, schliefen sie alle im Erdgeschoss, auf dem gleichen Niveau, auf dem sich auch der Aufenthaltsraum befindet) und arbeiteten für diese bzw.
H. auf einer Baustelle rund 50 bis 100 Meter von der Liegenschaft entfernt (Urk. 161 S. 93 f.). K. , italienischer Staatsangehöriger, hatte die Wohnung im Obergeschoss gemietet und arbeitete in einem Restaurant vis-à-vis der
V. in AA. , wobei diesbezüglich widersprüchliche Angaben vorliegen. Jedenfalls war er weder in AC. noch in AA. Angestellter Mitarbeiter der V. AB. bzw. von H. I. (Urk. 161 S. 91 ff.).
Gemäss Feststellungen der Polizei ist H. der Bruder von I. und Geschäftsführer der V. AB. AG. Gemäss unbestrittenen Aussagen wurde als Chef der V. in AA. (Werkstatt/Carrosserie/Lackiererei) H. , als Leiter der Lackiererei J. und als Chef der AB. I. genannt. Die V. und die AB. werden als Familienunternehmung der beiden
Brüder H. und I. beschrieben. Die Autowerkstatt bzw. Lackiererei wurde von M. an H. übergeben, dem auch die Liegenschaft in AA. gehört (Urk. 10/3 S. 3; Urk. 1 S. 2).
Todesursache
Gestützt auf die Spurensicherung des FOR (vgl. u.a. den Spurenbericht vom
7. Oktober 2018 und den Untersuchungsbericht vom 8. Oktober 2018; Urk. 24/5- 6), die umfangreiche Fotodokumentation der Liegenschaft, des Tatorts und des Verstorbenen (Urk. 7), den Bericht des IRM zur Legalinspektion des Verstorbenen vom 19. Oktober 2018 (Urk. 27/7) und das Gutachten des IRM Zürich vom
13. Dezember 2019 zu den Verletzungen und der Todesursache (Urk. 27/10), die Rapporte und Berichte der Kantonspolizei Zürich mit Wahrnehmungsberichten (Urk. 1-4 und Urk. 20/1-2) sowie die übereinstimmenden Aussagen der Befragten ist folgender Sachverhalt erstellt, wovon auch die Vorinstanz ausging (vgl.
Urk. 161 S. 61 ff.):
Der Verstorbene wurde am Morgen des 3. September 2018 von F. und J. zwischen ca. 08.00 und 08.45 Uhr in der Küche im Erdgeschoss der V. in Rückenlage auf dem Sofa liegend und mit einem schwarzen Fixleintuch bedeckt tot aufgefunden. Dies war der übliche Schlafplatz des Verstorbenen, der jeweils dort auf dem Sofa in der Küche übernachtet und ein Fixleintuch als Decke benutzt hatte (Urk. 161 S. 62). Anders als üblich war jedoch die Tür zur Küche am Morgen des 3. September 2018 mit dem Schlüssel abgeschlossen und zugesperrt gewesen. Weil sie dringend einen Autoschlüssel holen wollten, der üblicherweise in der Küche aufbewahrt wurde, hatten F. und J. die Tür mit einem Brecheisen und weiterem Werkzeug aufgebrochen (Urk. 7 S. 30-31; Urk. 24/7 S. 20 Asservat-Nr. A011'820'001 [Türschloss … ab aufgebrochener brauner Eingangstür]). Der Schlüssel steckte nicht innen an der Küchentür, aber auch nicht aussen (Urk. 24/6 S. 4) und konnte weder in den Räumlichkeiten der V. noch in der Aussenumgebung gefunden werden (Urk. 4 S. 9; Urk. 42/3
S. 1 ff.). Die Untersuchung durch das FOR ergab aufgrund der Kupplungsstellung im Schliesszylinder, dass die letzte Schliessung der Küchentür von der Aussenseite her erfolgt war (Urk. 24/6 S. 8).
Der Verstorbene, der bis auf den Kopf mit einem schwarzen Fixleintuch zugedeckt war, wies im Gesicht – insbesondere auf seiner rechten Gesichtshälfte – eine deutliche Blutspur auf und auf dem Fixleintuch konnten diverse Textilbeschädigungen festgestellt werden (Urk. 7 S. 34 und S. 86-88; Urk. 24/6 S. 4 f. mit Hinweisen zur genauen Liegeposition). Nach Wegnahme des Fixleintuchs zeigten sich auf dem Körper des Toten weitere Verletzungen und Blutspuren (Urk. 7
S. 90). Gemäss dem Spurenbericht des FOR sind die im Brustbereich des Verstorbenen festgestellten Blutspurenbilder mit einer blutenden Person in liegender Position vereinbar (Urk. 24/6 S. 11), weshalb davon auszugehen ist, dass der Verstorbene an Ort und Stelle in der aufgefundenen Position auf dem Sofa liegend erstochen worden war. Aufgrund der Umstände ist weiter davon auszugehen, dass der Verstorbene im Schlaf erstochen wurde. So war er lediglich leicht bekleidet mit roten Boxershorts und weissen Knöchelsocken (Urk. 7 S. 90 und Urk. 24/6 S. 4). Rechts neben dem Sofa wurde sodann ein Kleiderhaufen mit diversen Kleidungsstücken – darunter eine hellgrau Jeans – und Haushaltwäsche mit Blutantragungen sichergestellt (Urk. 7 S. 36 ff.; Urk. 24/6 S. 4). Von einem Stuhl vor dem Sofa konnte das grau-schwarze Poloshirt des Verstorbenen, welches dieser in der Tatnacht getragen hatte (vgl. Urk. 22/3 [Videoaufnahme]), asserviert werden (Urk. 7 S. 34, 40-41; Urk. 24/7 S. 23 Asservat-Nr. A011'828'118). Der Verstorbene hatte sich demnach offensichtlich zum Schlafen umbzw. ausgezogen.
Die Gutachter des IRM unter der Leitung von Prof. Dr. med. Executive MBA HSG AJ. , … [Position IRM] des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich, stellten beim Verstorbenen zehn Stichverletzungen fest, davon zwei an der linken Schulterrückseite (Verletzungen 01 und 02), eine im Gesicht (Verletzung 05), fünf im Brustbereich (Verletzungen 07–11) sowie zwei an der linken Hand (Verletzungen 03 und 14; vgl. zum Ganzen Urk. 27/10 S. 2 f. mit detaillierter Beschreibung und Lokalisation; Urk. 7 S. 93 [Fotodokumentation der Obduktion]). Im Weiteren stellten sie diverse Verletzungen als Folge halbscharfer und stumpfer Gewalt fest (Urk. 27/10 S. 3 f.). Gemäss den Gutachtern entspricht das Verletzungsmuster der Stichverletzungen den Folgen einer Fremdbeibringung
(Urk. 27/10 S. 2; Urk. 27/7 S. 4), wobei die Stichverletzungen bis auf die Verletzungen an der linken Hand und der linken Schulterpartie hinten von vorne gegen den Verstorbenen erfolgten. Es erscheint ausserdem sehr wahrscheinlich, dass sich der Verstorbene, nachdem er die ersten Stichverletzungen erlitten hatte, auf dem Sofa wand, um sich vor weiteren Stichen zu schützen, zumal der Verstorbe- ne sowohl im Brustbereich (Stichverletzungen 07–11) als auch an der linken Schulterrückseite (Stichverletzungen 01 und 02) Stichverletzungen aufwies. So- dann scheint naheliegend, dass der Verstorbene seine Hände schützend auf sei- nen Brustkorb gelegt hatte, was dazu führte, dass ihm der Täter mit dem Messer auch die linke Hand durchstiess (Stichverletzungen 03 und 14). Abwehrverletzungen fanden sich demgegenüber offenbar keine. Alleine gestützt auf dieses Verletzungsmuster eine zeitliche Abfolge der Stichverletzungen zu rekonstruieren, ist aber gemäss Angaben der Gutachter (Urk. 27/10 S. 7) und entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft (Urk. 125 S. 11) nicht möglich. Sodann ist festzustellen, dass – entgegen der Anklageschrift, in welcher von mindestens 15 Messerstichen die Rede ist – lediglich mindestens zehn Messerstiche erstellt sind. Da auch knöcherne Strukturen durchstochen wurden, gehen die Gutachter davon aus, dass die Stiche mit wiederholten, sehr wuchtigen, kraftvollen Bewegungen ausgeführt wurden (Urk. 27/10 S. 5). Durch die Stiche wurden das Herz, der Lungenschlagaderstamm, die obere Hohlvene und die Lungenflügel als lebenswichtige Strukturen des Verstorbenen verletzt (Urk. 27/10 S. 4). Gemäss Gutachten führten die Verletzungen nicht sofort zum Tod und es muss statt dessen von einer Überlebenszeit im Bereich mehrerer Minuten ausgegangen werden (Urk. 27/10
S. 6). Als Todesursache stellten die Gutachter das Verbluten nach innen und aussen sowie das Verschleppen von Luft in die Blutgefässe infolge der Stichverletzungen fest. Zudem haben die Stichverletzungen am Herzen gemäss Gutachten zu einer schweren Einschränkung der Pumpfunktion geführt (Urk. 27/10 S. 6).
Gestützt auf die Erkenntnisse der Obduktion (Urk. 27/10 S. 5) und der ab ei- ner durchgetrennten Rippe sichergestellten Schartenspur des Messers (Urk. 24/6
S. 6 und 9) ist gemäss den Experten davon auszugehen, dass der Täter ein einschneidiges Messer mit glattem Schliff benutzt hatte, welches fähig war,
ca. 14 cm an einer wenig deformierbaren Lokalisation – dem Brustkorb – einzu- dringen und welches eine Klingenhöhe von mindestens 30 mm sowie eine Klingenlänge von mindestens ca. 14 cm aufwies. Die Tatwaffe konnte weder in den Räumlichkeiten der V. noch in deren Aussenumgebung sichergestellt wer- den, obwohl am 11. September 2018 die Räumlichkeiten der V. und die nähere Umgebung unter grossem personellem Aufwand abgesucht wurden
(Urk. 46/6; Urk. 4 S. 9). Das FOR konnte zwar drei Messer sicherstellen. Dasjenige ab dem Tisch vor dem Sofa in der Küche (Urk. 7 S. 34) wies jedoch keine blutverdächtigen Anhaftungen auf (Blutvorprobe Hemastix negativ; Urk. 24/6 S. 5). Auch die beiden am 7. September 2018 ab einer Kommode in der Küche sichergestellten selfmade-Messer wiesen keine offensichtlichen Blutspuren auf
(Urk. 24/6 S. 7; Urk. 24/7 S. 41 Asservat-Nr. A011'832'636 und A011'832'647).
Sodann konnte keines der sichergestellten Messer der festgestellten Schartenspur ab der durchgetrennten Rippe des Verstorbenen zugeordnet werden
(Urk. 24/6 S. 9). Demnach ist erwiesen, dass es sich auch bei den sichergestellten selfmade-Messern – entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft (vgl. Urk. 125 S. 14; Urk. 180 S. 2) – nicht um die Tatwaffe handelt. Zu Recht weist der Verteidiger im Übrigen darauf hin, dass – entgegen der Anklageschrift (Urk. 69 S. 3) – kaum Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Tatwaffe vom Beschuldigten selbst gefertigt worden sein könnte (Urk. 129 S. 31). So erklärten sowohl H. als auch G. , dass sie gesehen hätten, wie der Verstorbene – nicht der Beschuldigte – selbst Messer hergestellt habe (Urk. 10/7 S. 9; Urk. 10/8
S. 15 f.). Letztlich ist jedoch – der Vorinstanz folgend – nicht entscheidend, wer die sichergestellten selfmade-Messer hergestellt hat, da diese, wie soeben ausgeführt und worauf auch die Verteidigung hinwies (Urk. 183 S. 22 E1), als mögliche Tatwaffen ausscheiden.
Das Gutachten des IRM zum Todesfall überzeugt in jeder Hinsicht. Es ist nachvollziehbar dargestellt und die einzelnen Erkenntnisschritte sind sowohl fotografisch wie dokumentarisch belegt. Es kann somit ohne Einschränkung vollumfänglich darauf abgestellt werden.
Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf die Untersuchungsberichte des FOR. Sichert die Polizei Beweismittel und tatrelevantes (auch biologisches) Material, hat sie dieses gestützt auf die ausdrückliche gesetzliche Anordnung in Art. 306
Abs. 2 lit. a StPO auch auszuwerten. Zu diesem Zweck hat die Polizei im Ermittlungsverfahren die Kompetenz, Spezialdienste beizuziehen, wie ein spezialisiertes Laboratorium für die DNA-Analyse, die Brandermittlung das Forensische Institut Zürich, bei welchen meist Kriminaltechniker, Unfalltechniker und naturwissenschaftlich-technische Forensiker als sachverständige Personen tätig sind (siehe dazu JÖRG ARNOLD, Weitere Gedanken zur Auftragserteilung im Strafverfahren in: AJP 6/2020 S. 466, 468 Ziff. I.3.a), denn bei Art. 306 Abs. 2 lit. a StPO handelt es sich um eine Spezialnorm zu Art. 182 StPO, welcher Gutachtensaufträge üblicherweise der Staatsanwaltschaft und den Gerichten vorbehält (Urteil des Bun- desgerichts 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 4.5 betr. DNA-Analyse; mit Hinweisen). Dass vorliegend die Auswertung der fraglichen Tatortspuren zur Aufklärung der infrage stehenden Vorwürfe an sich nicht angezeigt gewesen sein soll, macht der Beschuldigte zu Recht nicht geltend. Dass es sich bei denjenigen Berichten des FOR, die nicht aufgrund eines Gutachtensauftrages im Sinne von Art. 182 ff. StPO erstellt wurden (namentlich dem Spurenbericht Urk. 24/5
oder dem Untersuchungsbericht Urk. 24/6), nicht um eigentliche Gutachten han- delt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_619/2014 vom 4. November 2014 E. 1.5), ändert nichts an deren Beweistauglichkeit und deren Beweiskraft. Sie wurden durch sachverständige Mitarbeitende der Institution nach wissenschaftlichen Kriterien verfasst, so dass ohne weiteres (und namentlich ohne spezifische perso- nenbezogene Vorbehalte, welche vorliegend nicht geltend gemacht wurden) gestützt auf die Fachkompetenz und die Einbindung in die Spezialdienste davon ausgegangen werden kann, dass die Berichte mit der erforderlichen Sachlichkeit und Neutralität erstellt wurden. Zudem werden die Erkenntnisse aufgrund nachvollziehbarer Methoden, logischer Schlüsse und teilweise auch fotografisch dokumentiertem Vorgehen dargelegt, so dass ihnen ein sehr hoher Beweiswert zukommt, worauf bereits die Vorinstanz zutreffend hingewiesen hat (Urk. 161
S. 17 f.).
Zusammenfassend ist nach dem vorstehend Ausgeführten erstellt, dass der Verstorbene in der Nacht vom 2. auf den 3. September 2018 durch die Täterschaft mit mindestens zehn Messerstichen getötet wurde. Er wurde im Schlaf, auf dem Sofa in der Küche im Erdgeschoss der V. liegend, vom Täter über-
rascht. Nach vollbrachter Tat schloss der Täter die Küchentür von aussen ab und liess sowohl den Schlüssel wie auch die Tatwaffe verschwinden. Mithin ist erstellt, dass es sich vorliegend um ein Tötungsdelikt handelt, wobei sich in tatsächlicher Hinsicht vordringlich die Frage nach der Täterschaft und dem genauen Tatzeitpunkt stellt.
Todeszeitpunkt
Gemäss dem Gutachten des IRM zum Todesfall ist den Befunden der Legalinspektion folgend der Tod des Verstorbenen ca. 8 bis 18 Stunden vor der Legalinspektion, welche am 3. September 2018 um 14.10 Uhr stattfand (Urk. 27/7
S. 1), und damit zwischen dem 2. September 2018, 20.10 Uhr, und dem
3. September 2018, 06.10 Uhr, eingetreten (Urk. 27/10 S. 2, 6).
Aus übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten ist erstellt, dass der Verstorbene, F. und G. am Nachmittag des 2. September 2018 zusammen ein Burger-Restaurant in AK. besuchten. Sie hätten auch den Beschuldigten gefragt, ob er mitkommen wolle. Dieser habe es jedoch vorgezogen, in der V. zu bleiben (Prot. I S. 16 f.; Urk. 9/1 S 1; Urk. 9/4 S. 3; Urk. 10/4
S. 3 f.). Die Angaben von F. und G. zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr in die V. variieren jedoch so stark, nämlich von ca. 18.30 (Abfahrtszeitpunkt von AK. ) bis 22.00 Uhr (vgl. Prot. I S. 17; Urk. 9/1 S 1; Urk. 9/4 S. 3;
Urk. 10/4 S 3; Urk. 10/8 S. 7), dass die genaue Uhrzeit ihrer Rückkehr gestützt darauf nicht erstellt werden kann. Dagegen lässt sich anhand der Videoaufnahmen aus der Tatnacht ab den sichergestellten Mobiltelefonen des Beschuldigten und des Verstorbenen – und damit gestützt auf einen unabhängigen Sachbeweis
belegen, dass sich F. , der Verstorbene und der Beschuldigte jedenfalls kurz vor 23.00 Uhr wieder in der V. aufhielten: So trägt die Videoaufnahme ab dem Mobiltelefon des Verstorbenen den Dateinamen VID_20180902_233721 (Urk. 22/3). In den Metadaten des Videos ist unter dem Abschnitt Modified der
2. September 2018 21:37:21 Uhr (UTC+0) angegeben (vgl. Urk. 44/8; Urk. 130/2). Da die mitteleuropäische Sommerzeit UTC+2 entspricht, lässt dies den Schluss zu, dass der Dateiname den tatsächlichen Erstellungszeitpunkt in der Schweiz wiedergibt. Sodann überschneidet sich diese Videoaufnahme ab dem Mobiltelefon des Verstorbenen (ab ca. Minute 02.06) mit der Aufnahme ab dem Mobiltelefon des Beschuldigten mit dem Dateinamen VID_20180902_234255 (Urk. 5/12). Daraus ist zweifelsfrei zu schliessen, dass auch die Dateinamen der Aufnahmen ab dem Mobiltelefon des Beschuldigten den Erstellungszeitpunkt in Schweizer Lokalzeit wiedergeben, auch wenn die angegebenen Uhrzeiten nicht minutengenau übereinstimmen. Die erste sichergestellte Videoaufnahme ist diejenige ab dem Mobiltelefon des Beschuldigten mit dem Dateinamen VID_20180902_225739
(Urk. 5/12). Demnach ist erstellt, dass sich der Verstorbene, F. und
G. am 2. September 2018 spätestens um 22.57 Uhr wieder in der V. aufgehalten hatten. Aufgrund der letzten vom Handy des Beschuldigten sichergestellten Videoaufnahme VID_20180903_002749 (Urk. 5/12) ergibt sich nach dem Gesagten, dass die Aufnahme am 3. September 2018 um 00:27:49 Uhr Lokalzeit erstellt wurde. Darauf ist hauptsächlich der Verstorbene zu sehen, der vom Beschuldigten gefilmt wird. Dass es sich beim Filmer um den Beschuldigten handelt, ergibt sich aufgrund der gefilmten Äusserungen und des grau-blauen Ärmels sei- nes Pullovers, der an verschiedenen Stellen zu sehen ist (Urk. 5/12, 8. Video, bei 01:43 und 02:12) und mit demjenigen übereinstimmt, den er gemäss Videoauf- nahmen an diesem Abend getragen hatte (Urk. 5/12: VID_20180902_225739
01:02-01:06; VID_20180902_225935 00:11-00:14; Urk. 22/3;VID_20180902_233721
00:06). Es ist somit zweifelsfrei erstellt, dass der Verstorbene am 3. September 2018 um ca. 00.30 Uhr Ortszeit noch gelebt hatte.
Die Auswertung der Mobiltelefondaten des Verstorbenen (Urk. 44/8 [USB- Stick] Dateiordner 0632.18.01) ergibt weiter, dass sich auf seinem Handy vom Zeitraum nach dem 2. September 2018 23:37:21 Uhr bis und mit dem
3. September 2018 – nebst dem bereits erwähnten Video VID_20180902_233721 – keine weiteren Videos befinden (a.a.O. Unterordner 'Videos'). Auf der Übersicht der Telefongespräche finden sich zwei ausgehende Anrufe vom 1. September 2018 an 'I'. ', bei dem es sich anhand der aufgezeichneten Telefonnummer um I. handelt (Urk. 1 S. 4). Der letzte Whatsapp Chat wird für die Zeit vom
12. bis 27. August 2018 mit AL. angegeben und das letzte Email datiert vom 31. August 2018 (a.a.O. Unterordner 'Call Logs', 'Chats', 'Emails'). Unter dem Unterordner 'Timeline' sind mit Datum vom 3. September 2018 fünf Fotos ersichtlich, aufgenommen zwischen 01:51:34 Uhr und 01:54:55 Uhr (Lokalzeit), welche eine rot befleckte hellgraue Jeans zeigen und (von der Aufnahmerichtung her) offensichtlich vom Träger der Jeans aufgenommen worden sind (a.a.O. Unterordner 'Timeline' 3.9.2018). Auf vier der Fotos ist ausserdem ein Teil eines orangen Sofas ersichtlich und auf dem zweiten Foto ein leergeräumter – augenscheinlich nasser – Platz mit einzelnen rötlichen Flecken, der anhand der Sofas, des Bodens und des Hintergrunds auf dem 4. Bild mittels Vergleich mit den vom FOR aufge- nommenen Fotos (Urk. 7 S. 23, 26-29) eindeutig als der Pausenbereich mit orangen Sofas in der V. zu identifizieren ist. Die rot befleckte Jeans ist sodann anhand des übereinstimmenden Fleckenbilds namentlich auf dem linken Hosenbein ebenfalls zweifelsfrei als diejenige des Verstorbenen zu identifizieren, welche am Tatort im Kleiderhaufen neben dem Schlafplatz des Verstorbenen sichergestellt wurde (Urk. 7 S. 37 und 36; vgl. auch Erw. III.C.2.2). Gemäss dem Spurenbericht des FOR handelt es sich bei den roten Flecken auf der Aussenseite der Jeans des Verstorbenen um blutverdächtige Anhaftungen, ab welchen ein Mischprofil bestehend aus den DNA-Profilen des Verstorbenen und des Beschuldigten sichergestellt werden konnte (Urk. 24/6 S. 12; Urk. 24/7 S. 1 und 18 f.). Damit handelt es sich bei den auf dem Foto ersichtlichen roten Flecken zweifelsfrei um Blutspuren, welche (auch) vom Beschuldigten stammen. Mithin steht aufgrund der Fotos ab dem Handy des Verstorbenen zweifelsfrei fest, dass er am 3. September 2018 um 01:54:55 Uhr im Aufnahmezeitpunkt auf dem Sofa im aufgeräumten Aufenthaltsraum sass und folglich in diesem Zeitpunkt noch gelebt hat.
Abschliessend ist gestützt auf das Obduktionsergebnis, die sichergestellten Videos vom Handy des Beschuldigten und die letzten Fotos des Verstorbenen mit seinem Handy als rechtsgenüglich erwiesen zu betrachten, dass der Tod von
†E. am 3. September 2018 zwischen ca. 02.00 Uhr und 06.10 Uhr eingetreten ist.
Ereignisse vor der Tat in der Nacht vom 2. auf den 3. September 2018
Wie sich aus übereinstimmenden Aussagen von H. und N. , der Schwester des Beschuldigten, ergibt, verbrachte dieser den Nachmittag des
2. September 2018 in Abwesenheit seiner Arbeitskollegen alleine in der V.
in AA. und schaute sich einen Film an (Urk. 10/7 S. 11 f. und Urk. 15/1
S. 4). Es liegen allerdings entgegen der Aussage von F. (Prot. I S. 64) kei- nerlei Hinweise vor, dass es sich dabei um einen Horrorfilm gehandelt haben könnte dass er eine Vorliebe für Filme mit Schneiden gehabt habe. Im Gegenteil muss betont werden, dass es sich bei dieser Angabe von F. lediglich um eine nicht verifizierte Behauptung handelt, die weder von H. noch von der Schwester des Beschuldigten bestätigt wird (Urk. 10/7; Urk. 15/1 S. 12). Auch G. erwähnte bereits in der ersten Befragung, dass der Beschuldigte einen Film anschaute, als er zusammen mit den anderen vom Restaurant in die
V. zurückgekehrt war. Die Stimmung sei gut gewesen. Der Verstorbene und der Beschuldigte hätten sogar zusammen den Film geschaut und gegenseitig gewitzelt (Urk. 10/4 S. 4). Diese Aussage lässt jedenfalls im Kontext, in dem sie steht, nicht den Schluss zu, dass es sich bei dem Film um einen Horrorfilm gehandelt haben könnte, da zu erwarten wäre, dass solches von G. angesichts des Tötungsdelikts angegeben worden wäre.
Da sich die Angaben der Befragten zur Rückkehr vom Restaurant in die V. nicht decken, ist in erster Linie – soweit vorhanden – auf Sachbeweise abzustellen. Nach übereinstimmenden Aussagen von F. und G. hät-
ten der Verstorbene und F. im Restaurant Bier und / Wein konsumiert. G. habe selber als Fahrer der Gruppe keinen Alkohol getrunken (Prot. I
S. 33; Urk. 10/4 S. 6; Urk. 10/8 S. 7). Auf dem Rückweg zur V. hätten sie noch einen Stopp an einer Tankstelle eingelegt, wobei der Verstorbene eine Flasche Whisky gekauft habe (Prot. I S. 16 f.; Urk. 10/8 S. 7). Gemäss G. soll es sich dabei um einen Whisky der Marke Red Label gehandelt haben
(Urk. 10/8 S. 7). Diese Aussagen erweisen sich als glaubhaft, da sie durch die vom FOR im Abfallsack im Aufenthaltsraum sichergestellte leere Whiskyflasche der Marke Red Label gestützt werden. Ebenfalls gesichert wurde in diesem Abfallsack eine leere Flasche der Marke J&B (Urk. 24/7 S. 39). Wie sich aus den Videoaufnahmen der Tatnacht ab dem Mobiltelefon des Beschuldigten ergibt, stand auf dem gläsernen Beistelltisch bei den orangen Sofas im Aufenthaltsraum nebst Bierdosen auch eine Whiskyflasche der Marke J&B, aus welcher die Anwesenden getrunken haben (Urk. 5/12; zum Beispiel in VID_20180902_225739 bei
00:38; VID_20180902_225935 bei 00:23). Anhand der sichergestellten Handyauf- nahmen erweist sich folglich als erstellt, dass der Verstorbene, der Beschuldigte und F. im Aufenthaltsraum auf den orangen Sofas sassen, Whisky und Bier konsumierten, während laute Musik lief und sich der Beschuldigte und der Verstorbene gegenseitig mit ihren Handys filmten und sich – teilweise auf primitive und vulgäre Art – neckten, wobei es zwischen dem Beschuldigten und dem Verstorbenen auch zu Beleidigungen kam, indem sie sich damit beschimpften, sie würden die Mutter des jeweils anderen ficken (Urk. 5/2-8 und 5/11; Urk. 22/2 [Transkriptionen der Videos]; siehe zu Details die Erw. 5.5.3 vorinstanzliches Urteil, Urk. 161 S. 49 f.). G. und F. gaben übereinstimmend an, dass sich G. schon kurz nach der Rückkehr in die V. in sein Schlafzimmer zurückgezogen habe, worauf sich nur noch F. , der Verstorbene und der Beschuldigte im Aufenthaltsraum der V. aufgehalten hätten (Prot. I S. 16 f., 30 ff.; Urk. 9/1 S. 5; Urk. 9/4 S 3; Urk. 10/4 S. 3 f.; Urk. 10/8 S. 7). Damit übereinstimmend ist auch G. auf den Videoaufnahmen nicht zu sehen (Urk. 5/12; Urk. 22/3). Aus Letzteren ist zudem ersichtlich, dass sich beim Beschuldigten und beim Verstorbenen im Verlaufe des Abends eine deutliche Steigerung des Alkoholisierungsgrades bemerkbar macht. Nachdem sie auf der ersten Aufnahme vom
2. September 2018, 22:57:39 Uhr Ortszeit (siehe vorstehende Erw. III.C.3.2), allenfalls etwas angetrunken wirken, erscheinen sie auf den Aufnahmen von 23.37 und 23.42 Uhr bereits deutlich betrunkener. Auf der Aufnahme von 00.27 Uhr ist dann aufgrund ihrer verwaschenen Sprache offensichtlich, dass die beiden stark alkoholisiert sind (Urk. 5/12). Bezeichnenderweise erklärte die Dolmetscherin anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, dass der Beschuldigte und der Verstorbene auf dieser Aufnahme derart stark lallen würden, dass es kaum noch nach der rumänischen Sprache klingen würde (Prot. I S. 46). Schliesslich wird der geschilderte Alkoholkonsum durch den von den Gutachtern festgestellten Blutalkoholgehalt erhärtet. So wies der Verstorbene im Todeszeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1.90 Gewichtspromille auf (Urk. 27/10 S. 7). Die Rückrech- nung der Blutalkoholkonzentration für den Beschuldigten in der Tatnacht ergab für verschiedene Zeitpunkte eines angenommenen Trinkendes von 23.00 Uhr einen Wert zwischen 1.24 – 3.53 Gewichtspromille (Urk. 25/7 S. 1).
Aus den Handyvideos ergibt sich, dass zwar F. , der Verstorbene und der Beschuldigte die ganze Zeit zwischen 22.57 Uhr am 2. September und 00.27 Uhr am 3. September 2018 zusammen auf den orangen Sofas im Aufenthaltsraum verbringen, jedoch bis um 23.42 Uhr hauptmassgeblich der Beschuldigte und der Verstorbene miteinander interagieren, während F. lediglich dabei sitzt, etwas Whisky trinkt, sich jedoch nicht an der Unterhaltung zwischen den an- deren beiden beteiligt und statt dessen auf einem Tablet Videos bzw. Fernsehsendungen schaut (z.B. siehe Video VID_20180902_233105 00:22). Im Unterschied dazu hat sich die Stimmung auf der Aufnahme von 00.27 Uhr am 3. September 2018 völlig verändert. Es läuft keine Musik mehr. Der Beschuldigte und der Verstorbene machen keine Faxen mehr und es wird auch nicht mehr getrunken. Der Verstorbene diskutiert statt dessen heftig mit F. , während der Beschuldigte, der neben ihm auf dem Sofa sitzt, immer mal wieder laut etwas dazwischen sagt und sich in die Diskussion einmischt. Nach dem Video und der Transkription der Unterhaltung ist zu schliessen, dass der Beschuldigte nicht damit einverstanden ist, dass der Verstorbene den Platz von F. einnehmen soll. Letzterer sagt zum Verstorbenen wiederholt Dieser muss meinen Platz einnehmen und zeigt dabei teilweise auch auf ihn, während er zum Beschuldigten sagt: So. Halt den Mund, kümmere dich um deine Sachen. Dieser [E. ] muss meinen Platz ein- nehmen und dieser beschützt dich (Urk. 5/8 S. 1). Auch zeigt sich durch diese Aufnahme eine deutliche Hierarchie von F. sowohl gegenüber dem Beschuldigten als auch gegenüber dem Verstorbenen. So schneidet er dem Beschuldigten einige Male das Wort ab bzw. fordert ihn zum Schweigen auf, indem er zu ihm sagt: Du Verrückter… hör zu, was ich Dir sage. Es gab sehr grosse Diskussionen zwischen dir und diesen auch Halt den Mund und sagt ihm schliesslich, er (der Beschuldigte) müsse sich nach dem Verstorbenen richten (Urk. 5/8 S. 1 und 2). Als sich der Beschuldigte danach erkundigt, mit welchen Leuten es Diskussionen gegeben habe, gibt ihm F. keine konkrete Antwort, sondern weicht aus, indem er ohne zu antworten sagt Andere Leute und den Beschuldigten anschliessend anherrscht, Halt den Mund. Dieser [E. ] muss bleiben (Urk. 5/8 S. 2). Darauf wendet sich der Verstorbene an den Beschuldigten und sagt: Verstehst du nicht, verdammt? Bist du dummö Ich muss seinen
Platz einnehmen (Urk. 5/8 S. 2; VID_20180903_002749, Urk. 5/12). Abschliessend hält die Übersetzerin folgende Anmerkungen fest: Vermutlich gibt D. E. eine Ohrfeige, man sieht es nicht. E. sagt etwas mit Gib keine Ohrfeige (2x), sonst holt dich der Teufel, F. bittet D. aufzuhören und will ihm was sagen. E. sagt dann Er [D. ] ist ja nicht dumm (Urk. 5/8
S. 2). Diese vermögen insofern nicht zu überzeugen, als auf dem letzten Video nicht zu sehen ist, wer wem eine Ohrfeige austeilt. Auch drängen die Geräusche eine solche nicht zweifelsfrei auf. Weiter erschliesst sich nicht, wieso die Übersetzerin bezüglich der Aussage, es habe grosse Diskussionen zwischen dem Beschuldigten und diesen gegeben, anmerkt [D. und E. ], womit der Beschuldigte und der Verstorbene gemeint sind (Urk. 5/8 S. 1). Die Verwendung der Mehrzahl spricht eher dagegen, dass mit diesen der Verstorbene gemeint sein könnte. Auch wird weiter von den anderen Leuten gesprochen, so dass es sich offensichtlich um mehrere Personen handelt. Der ganze Zusammenhang, in dem dieses Gespräch zu sehen und nach welchem es zu interpretieren ist, erschliesst sich aus den vorhandenen Akten nicht restlos.
Darüber Auskunft geben könnten die Anwesenden, mithin der Beschuldigte, der jedoch die Aussage verweigert, und F. , der angibt, den Grund der Auseinandersetzung nicht zu kennen und nur von Streit und Streiterei sowie von Beleidigungen bzw. Beschimpfungen spricht (Urk. 9/1 S. 1; Urk. 9/3 S. 3, 5; Urk. 9/4
S. 3, 8, 13; Prot. I S. 31, 32, 35). Dass F. als Zeuge anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung erstmals und neu aussagte, vor dem Tötungsdelikt und nach der Rückkehr aus den Ferien von ca. August 2018 hätten Probleme zwischen dem Beschuldigten und dem Verstorbenen angefangen (Prot. I S. 15), steht in diametralem Gegensatz zu seinen ersten Angaben. Diese neue Aussage ist ausserdem vage und auch widersprüchlich. Einmal sagt er, die Probleme seien nach der Rückkehr in die Schweiz passiert, dann verweist er darauf, er wisse nicht, was in den Ferien in Rumänien passiert sei (Prot. I S. 16), was impliziert, die Probleme kämen von dort. Seine Darstellung, wonach sich die Situation nach
der Schlägerei ca. um 22.00 bis 22.30 Uhr wieder beruhigt und †E.
alles
aufgewischt habe (Urk. 9/1 S. 6), erweist sich in zeitlicher Hinsicht ebenso als falsch und mittels der Mobiltelefondaten des sichergestellten Handys widerlegbar
wie seine Aussage vor Vorinstanz und auf Vorhalt des Videos vom 2. September 2018 von 22.57 Uhr, wonach dieses Video an einem anderen Tag vor dem Tötungsdelikt im Aufenthaltsraum aufgenommen worden sei (Prot. I S. 36 f.). Dass er seine Behauptung mit einer erstmals vorgebrachten Geschichte betreffend Kauf von Materialien unter Hinweis auf die von ihm getragenen Kleider zu untermauern versucht, zeigt exemplarisch auf, dass er auch nach Hinweis auf die Wahrheitspflicht als Zeuge nicht davor zurückschreckt, vollkommen wahrheitswidrige Angaben zu machen. Dass er nach späterer Konfrontation mit seinen sich widersprechenden Aussagen zur Kleidung des Verstorbenen und des Beschuldigten, die ebenfalls durch das Video widerlegt werden, seine zuvor deponierte Geschichte zum Video von 22.57 Uhr wieder zurücknimmt (Prot. I S 39 f.), ändert nichts an der Unzuverlässigkeit und der Unbeständigkeit seiner Angaben. Das zeigt sich auch daran, wie er herum laviert, als er sich zum Inhalt des letzten Vi- deos äussern soll (Prot. I S. 47 ff.). Erneut deponiert er eine vollkommen neue Geschichte, die er bisher nirgends erwähnt hatte. Danach habe er gewusst, dass sein Vater krank sei und er nach Hause habe fahren müssen, während der Verstorbene und der Beschuldigte hätten aufeinander aufpassen müssen (Prot. I
S. 47 f.), wohingegen er zu Beginn der Einvernahme verneint, dass es um den Tatzeitpunkt im September 2018 in seinem Leben in der V. wesentliche Veränderungen gegeben habe und erklärt, es habe nur dieses Problem (sc. das vorliegende Tötungsdelikt bzw. das Strafverfahren) gegeben (Prot. I S. 15). Nicht nur erscheint die neue Geschichte als unglaubhaft, weil sie spät im Verfahren und erst nach Konfrontation mit dem Videoinhalt nachgeschoben wurde, son- dern auch, weil sie die Konversation aus dem Video nicht annähernd plausibel zu erklären vermag. Zudem wird erneut deutlich, dass es F. mit der Wahrheit nicht genau nimmt, gab er zum einen am Anfang der Untersuchung noch an, er habe den Inhalt des Streits nicht richtig mitbekommen, es sei sehr laut gewesen und auch sei Musik gelaufen (Urk. 9/4 S. 8), was nicht zutrifft. Zum anderen behauptete er auch vor Vorinstanz noch (vor dem Vorspielen des Videos), sich bis zum Beginn der Schlägerei nicht besonders für die anderen beiden interessiert, bzw. wegen eines eigenen Telefonats mit seiner Familie nicht mitbekommen zu haben, worüber die anderen beiden gesprochen hätten (Prot. I S. 32 f.). Wenn es
sich, wie F. später angab, bei der Diskussion im letzten Video nur um die Arbeitsstelle handelte (Prot. I S. 49 f.), ist nicht nachvollziehbar und daher nicht plausibel, dass er in den früheren Aussagen immer betonte, dass er den Inhalt des Streits nicht mitbekommen habe. Wie teilweise bereits zum Todeszeitpunkt ausgeführt, sind auch hier die Aussagen von F. zu relevanten Punkten als unglaubhaft zu qualifizieren. Auf sie kann – entgegen der Ansicht der Vorinstanz (Urk. 161 S. 35) – nicht abgestellt werden, ausgenommen sie werden durch objektive Anhaltspunkte gedeckt bzw. bekräftigt.
Ebenfalls im Zeitpunkt der Schlägerei vor Ort war nach übereinstimmenden Aussagen G. . Dieser sagte in der ersten Einvernahme aus, er sei im Zeitpunkt der Schlägerei schon im Zimmer gewesen. Er habe nur Geräusche gehört,
d.h. dass sich der Beschuldigte und der Verstorbene gestritten hätten. Sie hätten laut geredet und geschrien. Die Streiterei sei bis etwa um 01.00 Uhr morgens gegangen. Er habe erst am nächsten Morgen von F. gehört, dass sich der Beschuldigte und der Verstorbene geschlagen hätten (Urk. 10/4 S. 3). Er sei nicht aufgestanden, weil er sich nicht habe einmischen wollen (Urk. 10/4 S. 6). F. sei etwa um 01.00 Uhr zu ihm ins Zimmer gekommen. Er habe ihn aber nicht angeschaut, habe nur kurz auf die Uhr gesehen, die Decke über den Kopf gezogen und habe weitergeschlafen (Urk. 10/4 S. 6). Diese ersten Aussagen von G. erweisen sich angesichts der objektiven Beweismittel zumal hinsichtlich seiner Zeitangabe betreffend den Streit als glaubhaft. Neu und im Gegensatz zu seiner ersten Aussage sagt G. in der Konfrontationseinvernahme vom 26. März 2019, mithin nach seiner Haftentlassung und ein halbes Jahr nach dem Tötungs- delikt, aus, er habe auch gehört, dass sich der Beschuldigte und der Verstorbene geschlagen hätten (Urk. 10/8 S. 6), er habe aber nicht genau verstehen können, was sie gesagt hätten, denn nebenan sei noch Musik gelaufen. Sie hätten sich angeschrien und er habe ein Geräusch gehört, wie wenn Glas ein Fenster zerstört werde. Er habe ein solches Geräusch wahrgenommen, das auf ein Jagen schliessen lasse; er glaube sie hätten sich gejagt (Urk. 10/8 S. 7). Später relativiert er, dass F. ihm am nächsten Morgen gesagt habe, dass sie sich geschlagen hätten (Urk. 10/8 S. 13). Da erfahrungsgemäss die tatnächsten Aussagen in aller Regel zuverlässiger und authentischer sind als jene, die erst Monate später gemacht werden, ist auf die erste Aussage von G. abzustellen, da davon auszugehen ist, dass diese noch weniger durch später hinzugekommene Kenntnisse verfälscht ist. Jedenfalls kann G. aufgrund seiner Distanz zum Geschehen keine Angaben zum Grund des Streits machen. Angesichts des Umstands, dass der Beschuldigte und der Verstorbene aufgrund ihres Alkoholkonsums bereits eine sehr verwaschene Sprache hatten, erscheint glaubhaft, dass G. in seinem Zimmer nicht verstehen konnte, weshalb sich die beiden im Aufenthaltsraum stritten.
Die Fotos des Verstorbenen über seine blutbefleckte Jeans sowie die Ergebnisse der Spurenauswertung und die Befundaufnahme des IRM stützen die Aussagen von G. und I. , wonach es in dieser Nacht zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten zu einer heftigen und blutigen Schlägerei gekommen war. Beide gaben unabhängig und übereinstimmend an, dass ihnen dies der Beschuldigte selbst am Morgen des 3. September 2018 nach dem Auffinden des Verstorbenen so gesagt habe (Urk. 10/4 S. 6; Urk. 10/1 S. 1). Dass auch F. die Schlägerei bestätigt, ist dagegen für die Sachverhaltsfeststellung zu vernachlässigen, nachdem sich seine Angaben, dass die Schlägerei am 2. September 2018 um 22.30 23.00 Uhr (Urk. 9/1 S. 1 f.; Urk. 9/3 S. 6;
Urk. 9/4 S. 3 f.) bzw. eine halbe Stunde nach der Rückkehr vom Restaurant um ca. 20.30 21.00 Uhr (Prot. I S. 31) stattgefunden habe, aufgrund der Videoaufnahmen als nachweislich falsch herausgestellt haben (so auch die Vorinstanz, Urk. 161 S. 51). Jedoch ist der Beschuldigte auf seiner Zugabe zu behaften, wo- nach es zwischen ihm und dem Verstorbenen in den frühen Morgenstunden des
3. September 2018 zu einer gewalttätigen Streiterei gekommen war, anlässlich welcher sowohl der Verstorbene als auch der Beschuldigte Verletzungen erlitten und das unterste Tablar des gläsernen Beistelltischchens zu Bruch ging (Urk. 129
S. 13, 16). An dieser Stelle ist jedoch ebenfalls festzuhalten, dass es selbst aufgrund der Aussagen von F. , der den Beschuldigten grundsätzlich eher belastet als entlastet, der Verstorbene war, der die tätliche Auseinandersetzung begann, indem er dem Beschuldigten mit der Faust auf die Nase schlug, die sofort stark zu bluten anfing (Urk. 9/3 S. 5,7; Urk. 9/4 S. 3 f.). Auch steht fest, dass der Beschuldigte dem Verstorbenen körperlich unterlegen war, denn er wird als kleiner und feiner und daher auch als der Kleine beschrieben (Urk. 10/7 S. 9; Prot. I
S. 64) und F. dazu aussagte, der Verstorbene sei über dem Beschuldigten gewesen und habe diesem von oben herab starke Faustschläge ausgeteilt
(Urk. 9/3 S. 5,7; Urk. 9/4 S. 3 f.). Darauf kann angesichts der bei beiden durch das IRM festgestellte Befunde abgestellt werden, erweisen sich diese Angaben von
F. gestützt auf die objektiven Beweise als glaubhaft. Demnach ist erstellt, dass sich nach der Diskussion zwischen F. und dem Verstorbenen, welche auf der letzten Videoaufnahme vom 3. September 2018 00:27 Uhr vom Beschul- digten zumindest teilweise festgehalten wurde (Urk. 5/12 VID_20180903_002749), eine tätliche Auseinandersetzung bzw. eine Schlägerei zwischen dem Beschuldigten und dem Verstorbenen ereignet hat. Zu den Einzelheiten ihrer Verletzungen kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen und deren schlüssige Beweiswürdigung verwiesen werden (Urk. 161 S. 54 f.). Danach lässt sich aus den Verletzungen aufgrund der Fotodokumentation und der Befunde des IRM schliessen, dass tatsächlich vor allem der Beschuldigte zahlreiche starke Schläge hatte einstecken müssen, so dass er namentlich Hämatome an den Augen, Hautunterblutungen bzw. Hautrötungen an der rechten Schulter und am Rumpf sowie Hautabschürfungen an den Knien erlitt (Urk. 7 S. 138; Urk. 28/3 S. 2 f und 5), wohingegen der Verstorbene lediglich eine Hautquetschung an der Stirn links aufwies, welche auf einen Faustschlag des Beschuldigten zurückführbar zu sein scheint. Mithin lässt das Beweisergebnis keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschuldigte zwischen 00:27:49 Uhr (letztes Video) und 01:51:34 Uhr (erstes Foto der blutbefleckten Jeans) am frühen Morgen des 3. September 2018 im Aufenthaltsraum bei den orangen Sofas vom Verstorbenen verprügelt worden war (Urk. 161 S. 54 f.). Mithin ist der Anklagesachverhalt bezüglich der Vorgeschichte und der dort geschil- derten Schlägerei in zeitlicher Hinsicht nicht erstellt.
Was die in der Anklage aufgeführte Drohung seitens des Beschuldigten an den Verstorbenen mit den Worten du E. , du musst aufpassen, du wirst es noch sehen betrifft, stützt sich dieser Sachverhalt einzig und allein auf die Angaben von F. . Wie sich aus dem Vorhalt der Vorinstanz in der Befragung der Dolmetscherin ergibt, formulierte F. die Drohung, die er den Beschuldigten an den Verstorbenen hat aussprechen hören, immer wieder leicht anders
(Urk. 161 S. 26): Zuerst hiess es: Du wirst es schon noch sehen! (Urk. 9/1 F/A 37) dann E. , pass du auf, ich werde es dir zeigen ... dich fertig machen (Urk. 9/3 F/A 21 S. 6) bzw. Pass du schon auf, ich werde dich erledigen
resp. du wirst schon sehen (Urk. 9/3 F/A 34) und dann E. , du musst Acht geben ... du wirst noch sehen (Urk. 9/4 S. 4). Die Übersetzerin führte dazu als Zeugin aus, dass sie sich an die einzelnen Formulierungen im Detail nicht mehr erinnern könne. Sie räumte ein, dass die unterschiedlichen Formulierungen mit der Unschärfe der Übersetzung erklärt werden könnten. Sie verwies aber darauf, dass sie immer versuche, bestmöglich und sehr genau zu übersetzten. Wenn ich sie sich nicht sicher sei, stelle ich Fragen, und zwar bevor sie übersetze, um sicher zu sein, dass sie das Gesprochene richtig verstanden habe, akustisch wie sprachlich, und um es korrekt übersetzen zu können. Zudem sei die Rückübersetzung des Gesagten am Ende der Einvernahme Pflicht. Auch da gebe es eine Möglichkeit seitens der angehörten Person zu sagen, das habe sie nicht so gesagt, da hätte ich sie falsch verstanden, bzw. zu korrigieren und zu ergänzen. Spätestens dann hätte man sie darauf aufmerksam machen können und müssen, falls sie etwas falsch übersetzt hätte, so dass es hätte korrigiert werden können (Prot. I S. 26 f.). Vorliegend fällt auf, dass F. von dieser Möglichkeit einer Korrektur bzw. Richtigstellung trotz Rückübersetzung seiner Aussagen nie Gebrauch gemacht hatte, jedoch nach Konfrontation mit seinen in Bezug auf die Intensität der Drohung nicht übereinstimmenden Aussagen die Dolmetscherin für die Abweichung verantwortlich macht (Urk. 9/4 S. 7). Wie bereits ausgeführt, haben sich die Aussagen von F. zu zentralen Punkten als nicht verlässlich und nicht glaubhaft erwiesen. Dem Verteidiger ist zudem darin zuzustimmen, dass F. eine – im Verlauf des Verfahrens zunehmende – Belastungsten- denz gegenüber dem Beschuldigten zeigt (Urk. 183 S. 8). So forderte er die Polizeibeamten anlässlich der Tatortbegehung auf: Schauen Sie mal in den schwarzen Plastiksack, wieviel D. getrunken hat. D. hat dies alles getrunken seit er am Sonntag, um ca. 07.00 Uhr, wach gewesen ist. Zum einen ist die Aussage suggestiv, zum anderen entspricht sie nicht den Tatsachen, wie sich anhand der Handyvideos ergibt, woraus ersichtlich ist, dass insbesondere der Verstorbe- ne und der Beschuldigte, aber auch F. selbst, Whisky getrunken haben.
Ebenso suggestiv und den Beschuldigten belastend erweist sich die – nicht zulasten des Beschuldigten verwertbare – Aussage von F. anlässlich der Tatortbegehung, dass sich der Beschuldigte und der Verstorbene ca. drei Tage lang ei- nen Film angeschaut hätten, bei dem es sich um Schlägereien und Schneiden gehandelt habe (Urk. 2 S. 3), welche nicht verifiziert wurde. Zudem benannte
F. den Beschuldigten bereits in der ersten Einvernahme explizit als möglichen Täter (Urk. 9/1 S. 9) und wiederholte diesen Verdacht in der Haft- Einvernahme (Urk. 9/3 S. 3). Die Aussagen von F. hinsichtlich des drohen- den Charakters der Bemerkung des Beschuldigten an den Verstorbenen Du wirst es schon noch sehen (z.B. Urk. 9/4 S. 9, Prot. I S. 56) sind – nebst der bereits dargelegten Aggravation – nicht damit in Einklang zu bringen, dass sich die Streitenden gemäss seiner eigenen Aussage beruhigt hätten, nachdem er sie getrennt habe und der Beschuldigte den Aufenthaltsraum verlassen hatte, nach unten zu seinem Zimmer ging und sich dort wusch und selbst nach der Rückkehr für die Suche nach seinem Handy wieder weg- und nach unten in sein Zimmer ging
(Urk. 9/1 S. 2, 5; Urk. 9/3 S. 6; Urk. 9/4 S. 4; Prot. I S. 58).
Gestützt auf die übrigen glaubhaften Aussagen von G. gibt es keinen Anlass, nicht auch seine Aussage, wonach der Beschuldigte vor sich hin gesprochen habe schon gut, E. , lass es, ich weiss, was ich zu tun habe während er nach unten in sein Zimmer ging, nachdem er sein Handy unter dem Sofa hervorgeholt hatte (Urk. 10/8 S. 7), als grundsätzlich glaubhaft zu beurteilen. Diese Äusserung, die der Beschuldigte offensichtlich mehr zu sich, als zum Verstorbe- nen machte, enthält aber objektiv betrachtet und ohne Rücksicht auf die nicht erstellte, von F. platzierte, Drohung weder eine Androhung irgendwelcher Art noch eine Ankündigung von irgendeiner konkreten Tat Massnahme. Nur schon die Wendung schon gut, E. lässt – zusammen mit dem Inhalt des letzten Videos – darauf schliessen, dass sich der Beschuldigte mit der ihm vom Verstorbenen mitgeteilten Nachricht abzufinden bereit war. Jedenfalls stellt die Äusserung keinerlei Indiz für einen Groll gar eine Täterschaft des Beschul- digten dar.
F. bezeichnete den Beschuldigten und den Verstorbenen in der Haft- Einvernahme weder als Freunde noch als Kollegen (Urk. 9/3 S. 4), was in unauflöslichem Widerspruch zu den übereinstimmenden Aussagen von G. ,
H. , I. , A. und N. steht, die allesamt angaben, dass der Beschuldigte und der Verstorbene im gleichen Dorf in Rumänien aufgewachsen sind, seit Kindsbeinen an eng befreundet waren und es zudem der Verstorbene war, der dem Beschuldigten die Arbeitsstelle in der Schweiz besorgt hatte, wo sie von allen Befragten als gute Kollegen bzw. gutes Team wahrgenommen wurden, die nie das geringste Problem gehabt hätten (Urk. 10/8 S. 4, 17; Urk. 10/6 S. 4; Urk. 10/1 S. 5; Urk. 18/1 S. 8; Urk. 15/1 S. 3). Selbst A. , die Schwester des Verstorbenen, sagte trotz Kenntnis von Gerüchten von Rumänien nur aus, der Beschuldigte und der Verstorbene hätten sich immer wieder beschimpft und sich Wörter an den Kopf geworfen, aber dies sei nur so daher gesagt gewesen und nicht ernst zu nehmen. Deswegen müsse es sich um etwas anderes handeln, dass es so weit gekommen sei (Urk. 18/1 S. 12). In die gleiche Richtung geht die Aussage von N. , der Schwester des Beschuldigten, die aussagt, sie könne das nicht glauben, dass ihr Bruder der Hauptverdächtige sei, sie habe keine Erklärung dafür. Ihr Bruder und der Verstorbene seien immer zusammen in einer Clique gewesen und hätten sich immer gut verstanden, auch wenn sie manchmal zu viel Alkohol getrunken hätten (Urk. 15/1 S. 3, 5). Sie könnten es nicht fassen und sie sei in die Schweiz gekommen, um herauszufinden, was los sei (Urk. 15/1
S. 1, 13). Selbst die Anklagebehörde räumt ein, dass in den Tagen und Wochen vor dem Vorfall keine tiefgreifenden Probleme zwischen dem Beschuldigten und dem Verstorbenen vorhanden gewesen seien (Urk. 180 S. 6).
Die Aussagen von N. erweisen sich als äusserst glaubhaft. Nicht nur stimmen sie bezüglich des Verhältnisses zwischen ihrem Bruder und dem Verstorbenen mit denjenigen anderer Befragter überein, sondern besonders stärkend in Bezug auf die Glaubhaftigkeit erweist sich ihre Aussage, wonach es im Dorf bereits Gerüchte gegeben habe bevor die rumänische Polizei gekommen sei (sc. um über die Tötung zu informieren), da jemand einen Zeitungsartikel gelesen habe, in dem gestanden sei, dass ein Rumäne einen anderen Rumänen in der Schweiz erstochen habe und dass drei Rumänen, vier Schweizer und ein Italiener verhaftet worden seien. Das habe sie alles erfahren, bevor sie durch ihre Cousine informiert worden sei (Urk. 15/1 S. 2). Gestützt auf die heute noch im Internet abrufbaren Publikationen vom 3. September 2018 ergibt sich, dass die Kantonspolizei Zürich am 3. September 2018 eine Medienmitteilung herausgab (Urk. 176/1). Zudem wurden in diversen Medien bereits am 3. September 2018 Einzelheiten über das Tötungsdelikt in AA. und das Grossaufgebot der Polizei verbreitet, darunter auch, dass es sich beim Verstorbenen um einen 30-jährigen Rumänen handelt, er in einem Autospritzwerk in AA. gefunden wurde und als mutmasslicher Täter ein Landsmann festgenommen wurde, wie zum Beispiel durch im Internet via Bluewin, bzw. SDA, Toponline, Limmattalerzeitung, 20 Minuten publizierte Beiträge (Urk. 176/1-6), wobei derjenige im BLICK bereits um
11.28 Uhr veröffentlicht wurde (Urk. 176/2).
Auch die Beschreibung des Fotos durch N. , das via Facebook vom Verstorbenen unter den Freunden in Rumänien kursierte (Urk. 15/1 S. 10), erweist sich als sehr authentisch, denn ganz offensichtlich handelt es sich dabei um eines von den letzten, die der Verstorbene noch selbst von seiner blutbefleckten Jeanshose gemacht hat (siehe oben Erw. III.C.3.3). Vor dem Hintergrund dieser Umstände ist vorliegend – im Unterschied zur Vorinstanz – nicht nur auf die Verwertung des rumänischen Polizeirapports, sondern auch auf die Verwertung von Aussagen vom Hörensagen zu verzichten, die sich offensichtlich auf Gerüchte aus dem rumänischen Dorf stützen, wo der Verstorbene und der Beschuldigte als Nachbarn gelebt hatten. Auch ist auf das durch U. heimlich aufgenommene Gespräch mit Q. (Urk. 23/2-3) nicht abzustellen, da auch bei ihr nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihre Angaben von den im Umlauf gewesenen Gerüchten und dem Foto des Verstorbenen so beeinflusst wurden, dass sie nicht mehr als unabhängig bezeichnet werden können. Ausserdem bleiben die Umstände, unter welchen sie die aufgezeichneten Angaben machte, völlig im Dunkeln, nachdem sie dazu nicht befragt werden konnte. Gleiches trifft für die Aussagen ihrer Mutter zu. Anhaltspunkte für eine wesentliche negative Beeinflussung liegen insbesondere darin, dass die angebliche Chat-Nachricht, die gemäss Zeugenaussage der rumänischen Polizistin S. den Inhalt Wenn ich dir morgen nicht antworte bedeutet, dass ich jemanden getötet habe aufwies (Urk. 14/1
S. 20; vgl. Urk. 11/1 F/A 19), im sichergestellten Handy des Beschuldigten nicht dokumentiert ist, die Anrufversuche und Nachrichten von Q. vom Morgen des 3. September 2018 dagegen schon. Das spricht – abgesehen vom unplausiblen Inhalt – besonders stark gegen die Authentizität dieser Nachricht. Da sowohl Q. als auch ihre Mutter R. eine regelkonforme Einvernahme durch ihr Fernbleiben von der Schweiz verhindert haben, verbietet sich eine Verwertung irgendwelcher Angaben, die ihnen zugerechnet werden, die aber nicht verifiziert werden können. Gleiches trifft auf die von der rumänischen Polizei erhobenen Feststellungen zu, deren Ursprung nicht unabhängig überprüft werden kann, auch wenn sie im Rahmen einer regelkonformen Zeugeneinvernahme der Beamten hier in der Schweiz in den Prozess eingeführt wurden. Die letzten Fotos des Verstorbenen verdeutlichen zusammen mit den Erkenntnissen aus der Spurensicherung jedoch auch, dass anschliessend an die Schlägerei aufgeräumt, das hellgrü- ne Fixleintuch, das über das eine der beiden Sofas gespannt gewesen war, abgezogen und der Boden geputzt wurde (sichergestellte Gegenstände wie der Abfallsack mit Glasscherben und leeren Whiskyflaschen, der Wischmob mit Eimer das blutbefleckte Fixleintuch). Aus den Daten des Mobiltelefons des Beschuldigten (Urk. 44/8 [USB-Stick] Dateiordner 0632.18.03) ergibt sich anhand der Timeli- ne sodann, dass er nach dem letzten Video vom 3. September 2018 00:27:49 Uhr (Lokalzeit) nur noch Videos und Fotos via den Facebook Messenger und SMS auf sein Handy erhielt, jedoch selbst weder telefonierte, noch eine Nachricht von sei- nem Handy verschickte (a.a.O.; Unterordner 'Timeline' und 'Web History'). Auch über das Handy des Verstorbenen fand nach 01:51:34 Uhr am 3. September 2018 keine Kommunikation mehr statt, weder über Facebook, noch Whatsapp via Telefon (Urk. 44/8 [USB-Stick] Dateiordner 0632.18.03, Unterordner 'Timeline'). Mithin ist weder die anklagegegenständliche Drohung noch eine Äusserung des Beschuldigten über eine mögliche Tötung rechtsgenüglich nachgewiesen.
Nach der Tat am Morgen des 3. September 2018
Gemäss den Aussagen von H. traf man sich üblicherweise vor der Arbeit in der V. in AA. und trank zusammen einen Kaffee. Normalerweise sei der Beschuldigte der erste gewesen, der gekommen sei (Urk. 10/6
S. 2 f.). Am 3. September 2018 sei er selbst um ca. 06.00 Uhr aufgestanden und direkt zur Lackiererei gefahren, wo er um ca. 06.25 Uhr angekommen sei, aber (noch) niemanden angetroffen habe. Dann habe er sich in der Küche eine Kaffeetasse holen wollen, was aufgrund der verschlossenen Tür nicht möglich gewesen sei, weshalb er eine gebrauchte Tasse vom Beistelltischchen genommen, diese ausgespült und dann im Pausenbereich einen Kaffee getrunken habe (Urk. 10/6
S. 3 und 4). Weder †E. habe auf seinen Anrufversuch von 07.04 Uhr reagiert, noch F. , den er anschliessend angerufen habe (Urk. 10/6 S. 3 F/A 25). Um diese Zeit sei dann G. dazu gekommen. Er habe mit ihm zusammen noch einen Kaffee getrunken und sei dann zum AB. nach AC. aufgebrochen (Urk. 10/6 S. 3). Diese Aussagen bestätigt er später in der Konfrontationseinvernahme (Urk. 10/7 S. 12, 15, 19). Sie decken sich mit denjenigen von G. , wonach er um ca. 07.00 Uhr aus dem Zimmer gekommen sei und mit dem Chef H. , der auf dem Sofa gewesen sei, noch einen Kaffee getrunken habe (Urk. 10/4 S. 2, 7). Die Aussagen zum Kaffeetrinken im Pausenbereich in der Werkstatt werden zudem gestützt durch die Fotoaufnahmen des FOR, die belegen, dass auf dem Beistelltischchen am Morgen des 3. September 2018 eine benutzte Tasse und ein benutztes Glas mit Spuren von Kaffee standen (Urk. 7
S. 27 und 29). Auch zeigen die Fotoaufnahmen sowie die Videoaufnahme von
22.57 Uhr, dass sich dort im Aufenthaltsraum – wie von H. und G. übereinstimmend ausgesagt (Urk. 10/7 S. 12; Urk. 10/4 S. 7) – auch eine Kaffeemaschine befand (Urk. 7 S. 23 links vom Bauernschrank; Urk. 5/12 VID_20180902_225739 00:50) und nicht nur in der Küche, wie F. Glauben machen wollte. Die Aussagen von H. und G. weichen insofern vonei- nander ab, als H. auch auf Nachfrage die Anwesenheit von F. in der V. an diesem Morgen vor seinem Aufbruch nach AC. nicht bestätigt (Urk. 10/4 S. 3 und Urk. 10/7 S. 15). Ausserdem entlarven die glaubhaften Aussagen von H. und G. diejenigen von F. zu den Geschehnissen in der V. am frühen Morgen (ein weiteres Mal) als falsch, zumal sie in zentralen Punkten abweichen. So gibt F. zunächst an, er sei um ca. 07.00 Uhr auf seinen Chef getroffen, habe mit ihm an die Küchentür geklopft, worauf dieser
gesagt habe, sie sollten den Verstorbenen und den Beschuldigten schlafen lassen, diese hätten heute einen freien Tag und dann seien sie beide zur Arbeit gegangen (Urk. 9/1 S. 2). Im Gegensatz dazu sagte H. als Zeuge aus, er habe G. gebeten, dafür zu sorgen, dass die Angestellten aufstünden und zur Arbeit gehen (Urk. 10/7 S. 12). Die Aussagen von F. erweisen sich aber auch deshalb als unglaubhaft, weil er sich nicht nur bezüglich der Zeitangaben selber widerspricht. So gibt er später in der Konfrontationseinvernahme an, er habe zusammen mit G. und dem Chef, der um ca. 06.30 Uhr dazu gestossen sei, im Vorraum, wo die Schlägerei stattgefunden habe, Kaffee getrunken (Urk. 9/4
S. 5), was weder mit seinen eigenen ersten Aussagen – er sei aufgestanden und habe an die Tür geklopft; die Kaffeemaschine stehe in der Küche und sie hätten sich einen Kaffee machen wollen; als der Verstorbene nicht geöffnet habe, hätten sie beschlossen den Kaffee später zu trinken (Urk. 9/1 S. 7) – noch mit seinen eigenen späteren – der Chef sei um 06.00 Uhr gekommen; der Chef habe auch an der Tür geklopft, aber die Tür sei zu gewesen und niemand habe geantwortet; dann sei ihr Chef weggegangen und habe gesagt, das sei vielleicht ein Witz und der Verstorbene möchte nicht herauskommen (Prot. I S. 63) – und auch nicht mit denjenigen von G. H. übereinstimmt. Diese Widersprüche in den eigenen Aussagen und deren Abweichung von den übereinstimmenden Aussagen anderer Befragter in Bezug auf die Zeitangabe und die Personen, die gleichzeitig anwesend waren, sowie die Frage, wer mit wem und ob Kaffee getrunken hat, verstärken die Einschätzung, wonach die Aussagen von F. zur Sache mit der allergrössten Vorsicht und Zurückhaltung zu würdigen sind.
Zusammenfassend ist jedoch aufgrund übereinstimmender und glaubhafter Aussagen als erstellt davon auszugehen, dass sich H. und G. ab ca.
07.00 Uhr am 3. September 2018 im Pausenbereich der Werkstatt in AA. getroffen und dort zusammen einen Kaffee getrunken haben, bevor H. da- nach – jedenfalls noch vor 08.00 Uhr – alleine nach AC. ins AB. aufbrach.
In der ersten Befragung sagte G. aus Ich war kurz vor 8 Uhr bei der Arbeit. J. hatte kurz nach 8 Uhr angerufen für ein Garagen-Kennzeichen.
(…) Kurz darauf rief er mich wieder an um nach dem Schlüssel zu fragen. (…) Kurz darauf hat F. mich angerufen und hat gesagt, komm hierher, weil wir die Tür öffnen mussten und hier liegt ein Toter. Als ich dort angekommen bin, war die Tür schon aufgebrochen von F. und J. (Urk. 10/4 S. 2 F/A 8). Auch sagt er im Zusammenhang damit, dass er mit dem Chef H. Kaffee getrunken habe, später aus, Danach kam F. (Urk. 10/4 S. 7 F/A 60). Weiter führt G. in Bezug auf das Tür-Aufbrechen aus, er sei nicht dabei gewesen, er sei schon auf der Baustelle gewesen (Urk. 10/4 S. 7 F/A 63). Wie sich erst aus der späteren Konfrontationseinvernahme ergibt, sagt G. dort dann eindeutig aus, nach dem Weggang des Chefs sei dann F. auch gekommen, habe auch noch einen Kaffee getrunken und dann seien sie zusammen zur Baustelle gegangen (Urk. 10/8 S. 8). Ausserdem stimmt das mit der Aussage von J. überein, wonach G. ihm bei seinem Anruf wegen der verschlossenen Tür und dem gesuchten Schlüssel gesagt habe, F. komme rasch rauf, woraufhin F. dann zu ihm gekommen sei. Er begründet dies sodann auch damit, dass F. und G. auf einer Baustelle ca. 100 Meter neben der Lackiererei arbeiteten (Urk. 10/2 S. 2). G. bestätigte in einer späteren Einvernahme denn auch explizit, dass F. nach den Anrufen von J. zurück zur Garage gegangen sei, ihn nach dem Aufbrechen der Tür und dem Leichenfund angerufen und gebeten habe, zurückzukommen (Urk. 10/8 S. 9). Gestützt auf diese übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen kann zweifelsfrei festgestellt wer- den, dass sich G. und F. jedenfalls kurz vor 08.00 Uhr auf der Baustelle nahe der V. aufgehalten hatten und F. in die Garage zurückkehrte, um J. mit der Tür zu helfen. J. gab an, dass es – ausgehend vom Anruf seines Vaters wegen des vorzuführenden Autos um ca. 08.00 Uhr – ungefähr 08.00-08.15 Uhr gewesen sein müsse, als er in der Werkstatt eingetroffen sei (Urk. 10/2 S. 1, 8). Insofern lässt sich damit in Einklang bringen, dass
F. nach eigener Aussage zwischen 08.10 und 08.20 Uhr einige Male versucht habe †E. anzurufen, dieser sich nicht gemeldet habe und er dann nach Hause gegangen sei und zusammen mit J. die Tür aufgebrochen habe (Urk. 9/1 S. 2; Urk. 9/4 S. 5; Prot. I S. 63).
Auch bezüglich des Verhaltens des Beschuldigten am Morgen des
3. September 2018 nach Auffinden des Toten deuten die Aussagen von F. darauf hin, dass er den Beschuldigten schlecht dastehen lassen will, indem er Aussagen macht, wonach ihn der Tod seines Freundes scheinbar nicht gekümmert habe. So sagt er aus, der Beschuldigte sei beim Auffinden des Verstorbenen unten mit dem Handy auf seinem Bett gelegen und habe ihn ängstlich angesehen. Als er nach oben gekommen sei, sei er umgezogen gewesen und als ihn die Polizei gefragt habe, habe er mit den Schultern gezuckt und gelacht. Zu ihm habe er nichts gesagt. Der Beschuldigte habe sich im Pausenraum aufs Sofa gesetzt und habe immer in Richtung Küche geschaut, er sei aber nicht in die Küche gegangen (Urk. 9/1 S. 8). Obwohl er später sich selbst widersprechend aussagt, er habe den Beschuldigten überhaupt nicht getroffen und er sei nicht zu ihm ins Zimmer gegangen (Prot. I S. 63), wiederholte er zuvor noch, der Beschuldigte sei unten im Bett gelegen und habe auf sein Handy eingetippt. Als er ihn gefragt habe Was hast du gemacht, habe er ihn nur seitlich angeschaut und nichts gesagt. Er sei angezogen gekommen, wie wenn er gewusst hätte…er habe nicht einmal genau hingeschaut und was passiert sei. Er habe nie einen Blick in die Küche geworfen. Er habe nicht schauen wollen, wie es seinem Kollegen gehe (Urk. 9/3 S. 7;
Urk. 9/4 S. 6). Dies steht jedoch in eklatantem Widerspruch zu den durchaus glaubhaften und ausserdem übereinstimmenden Aussagen von G. und
J. . G. sagte aus, der Beschuldigte sei erschrocken aus dem Zimmer gekommen, als F. ihn geweckt und ihn über den Tod des Verstorbenen informiert habe. Auf die Frage von G. , ob er es gewesen sei, der dem Verstorbenen etwas angetan habe, habe der Beschuldigte geantwortet, nein, er sei der erste gewesen, welcher weggegangen sei (Urk. 10/4 S. 6). Auch J. sagte aus, er glaube, dass der Beschuldigte geschockt gewesen sei. Dieser sei heraufgekommen, nachdem sie die Tür aufgebrochen hätten. Mit ihm gesprochen habe er aber nicht, was er mit den mangelnden Sprachkenntnissen erklärt
(Urk. 10/2 S. 7). Der Beschuldigte verneinte ausserdem gegenüber dem zivilen Polizeibeamten die konkludente Frage, ob er der Täter sei (Urk. 9/4 S. 6
[F. ]). Entlastend ist der Umstand zu werten, dass der Beschuldigte selbst sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber I. unumwunden zugab,
dass er am Vorabend betrunken gewesen sei und mit dem Verstorbenen gestritten habe bzw. sie sich verprügelt hätten (Urk. 20/1 S. 2; Urk. 10/1 S. 1), auch wenn seine Hämatome an den Augen so anders nach einer Erklärung gegenüber der Polizei verlangten.
Es ist damit entgegen der Vorinstanz nicht rechtsgenügend erstellt, dass sich der Beschuldigte am Morgen nach der Tat verdächtig verhalten haben soll bzw. es den Anschein gemacht habe, als hätte er bereits gewusst, was in der Nacht vorgefallen sei (Urk. 161 S. 82 f.). Dies umso weniger, wenn man das Verhalten des Beschuldigten mit demjenigen anderer Personen am Tatort vergleicht. J. fuhr nach dem Leichenfund vom Tatort weg, ohne die Polizei gerufen zu haben (Urk. 10/2 S. 7). Entgegen den Aussagen von F. rief auch er nicht die Polizei, als er mit J. zusammen ihren toten Kollegen in der Küche gefunden hatten, sondern telefonierten statt dessen mit I. und H. sowie mit
G. . Auch fuhr H. nach dieser Information nicht sofort nach AA. in die V. , sondern besprach noch etwas mit seinem Sohn (Urk. 10/6 S. 4), woraus auch nicht der Schluss gezogen werden kann, der Tod von †E. habe sie nicht gekümmert.
Gemäss den wiederholten und widerspruchsfreien Aussagen von G. traf er nach dem Aufbrechen der Küchentür K. im Obergeschoss an, als er hinaufging und um eine Kerze bat, und auch im Erdgeschoss, als er die Kerze in die Küche stellte (Urk. 10/8 S. 9, 20-21). Dass sich K. auch im Erdgeschoss aufhielt, bevor die Polizei kam, wird durch die Aussage von J. bestätigt (Urk. 10/2 S. 2). Auffällig ist auch diesbezüglich die erneute Widersprüchlichkeit in den Aussagen von F. . So sagte er in der ersten Befragung aus, G._ und er hätten bei den Italienern geklingelt, welche ihnen eine Kerze gegeben hätten (Urk. 9/1 S. 6). Anschliessend sagt er jedoch aus, es sei AM. gewesen, den er am Morgen des 3. September 2018 im Haus gesehen habe, wobei er bekräftigte, es hätten sich zwei Personen in der oberen Wohnung aufgehalten
(Urk. 9/2 S. 2). Im Gegensatz dazu sagt er in der Haft-Einvernahme wiederum aus, es habe sich bei der Person, die er angetroffen habe, um K. gehandelt (Urk. 9/3 S. 10). Dieser Unterschied in der Aussage ist deshalb umso gewichtiger,
als F. in der ersten Einvernahme angibt, dass sich im Obergeschoss der Liegenschaft zwei Personen aufhalten würden, die er als italienische Familie bezeichnet (Urk. 9/1 S. 3; Urk. 9/3 S. 10) und H. aussagt, bei den beiden Personen handle es sich um AM. und K. (Urk. 10/7 S. 5, 17). Auf die unglaubhaften und durch nichts belegten, ausserdem widersprüchlichen, ersten rudimentären Aussagen von K. (Urk. 10/5) kann nicht abgestellt werden. Damit ist nicht gänzlich auszuschliessen, dass am Morgen des 3. September 2018 sowohl AM. als auch K. am Tatort anwesend waren, bevor die Polizei eintraf, ansonsten weder G. noch F. in der Mehrzahl von den Italienern gesprochen hätten.
Täterschaft
Im Ergebnis kann der vorinstanzlichen Beweiswürdigung nicht gefolgt werden.
Sie geht massgeblich davon aus, dass die Aussagen von F. mit Blick auf das Kerngeschehen stets sehr konzis, einheitlich und nicht stereotyp wirkten (Urk. 161 S. 35) und kommt zum Schluss, dass auf die Schilderung der Gescheh- nisse in der V. nach der Rückkehr vom Restaurant und vor der Tat durch F. abgestellt werden kann. Diese Auffassung kann angesichts der – vorstehend im Einzelnen dargelegten – nachweislich falschen und mehrheitlich unglaubhaften Aussagen von F. nicht geteilt werden. Auch die von der Vorinstanz angenommene gewisse Gewaltbereitschaft des Beschuldigten
(Urk. 161 S. 43) ist hauptsächlich auf die von F. von Anfang an suggerierten Probleme bzw. Tätlichkeiten gestützt, die jedoch durch keinerlei objektive Anhaltspunkte untermauert werden konnten und der langen, engen Freundschaft zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten widersprechen. Im Gegenteil ist erstellt, dass es vor dieser Schlägerei, welche der Beschuldigte von sich aus sofort unumwunden zugab, nie zu tätlichen Auseinandersetzungen auch nur schon zu Problemen zwischen dem Beschuldigten und dem Verstorbenen kam. Irgendwelche unbestätigte Gerüchte aus Rumänien, auf die infolge der frühen Medienmitteilungen und das für Aussenstehende nicht einzuordnende Foto der blutverschmierten Jeanshose des Verstorbenen nicht abgestellt werden kann, vermögen den Nachweis der langen und engen Freundschaft zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten seit Kindertagen nicht zu erschüttern. Sie taugen indes – wie dargelegt – namentlich wegen der unklaren Herkunft auch nicht als Indiz für einen irgendwie gearteten gewalttätigen Anteil in deren Beziehung. Von aussen betrachtet kann angesichts des Schweigens des Beschuldigten und der nicht glaubhaften Angaben von F. der Grund für den Streit bzw. für die Schlägerei nicht geklärt werden. Erstellt ist jedoch, dass die Aggression nicht vom Beschuldigten, sondern vom Verstorbenen ausging, der unvermittelt auf den Beschuldigten einschlug. Weiter ist erstellt, dass sich der Beschuldigte vom Tatgeschehen entfernte und auch die Gelegenheit für eine Retourkutsche nicht nutzte, als er sein Handy holen ging und der Verstorbene am Aufwischen des Bodens war, so dass er den Vorteil der Situation hätte ausnützen und dem Beschuldigten einen Schlag zurückgeben können. Die Vorinstanz wertete diese Schlägerei als schwerstes und hauptsächlichstes Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten, weil kein anderes Motiv ersichtlich sei (Urk. 161 S. 97 f.).
Dass jedoch kein anderes Motiv ermittelt werden konnte, bedeutet klarerweise nicht, dass nicht doch ein – den Strafbehörden nicht offenbarter – Beweggrund für eine Täterschaft vorlag, die mit dem Inhalt der Diskussion zwischen dem Beschuldigten und F. gemäss dem letzten Video zu tun hat und welcher nicht geklärt werden konnte. Auch blieb unklar, weshalb der Verstorbene in letzter Zeit immer wieder die Tür zur Küche abschloss, wie sich aus den Aussagen von G. ergibt (Urk. 10/4 S. 4) und zu welchem Zweck der Verstorbene selbst gefertigte Messer herstellte und bei sich verwahrte. Dass der Tatort, die V. , einem Personenkreis von mindestens 20-30 Personen offen stand (vgl. hierzu Urk. 161 S. 89; Urk. 10/7 S. 16 f. und Urk. 10/3 S. 3), da der Nebeneingang – gemäss Aussage von I. – sogar gänzlich unverschlossen war (Urk. 10/1 S. 6), erweitert einen möglichen Täterkreis auch über die sich am Abend des
September 2018 in der V. aufhaltenden Rumänen. Ob der Facebook- Post des Verstorbenen mit den Fotos seiner blutbefleckten Jeans vom
September 2018 01.51-01.54 Uhr ein Motiv für eine unbekannte Täterschaft sein könnte, wie die Minderheit der Vorinstanz argumentiert, kann dahingestellt bleiben, zumal sich aus dem Foto nicht ergibt, wer wen und weshalb geschlagen hat. Der Beschuldigte hatte sich von allen anwesenden Rumänen am wenigsten
lange in der Schweiz aufgehalten (er trat die Arbeitsstelle nach übereinstimmen- den Angaben erst ca. im Juni/Juli 2018 an [Urk. 10/2 S. 4; Urk. 10/7 S. 5;
Urk. 10/8 S. 3; Urk. 19/1 S. 9]), so dass aus zeitlicher Sicht bei ihm der geringste Anlass bestand, dass er sich in den gut zwei Monaten mit seinem langjährigen Freund zerstritten haben könnte. Nach Angaben seiner Schwester, die am
1. September 2018 heiratete, gab er in einem Telefongespräch mit Landsleuten aus seinem Dorf in Rumänien an, dass es ihm gut gehe (Urk. 15/1 S. 4). Er nahm an der Hochzeit nach Angaben seiner Schwester nur deshalb nicht teil, weil er seine Arbeitsstelle nicht verlieren wollte (Urk. 15/1 S. 3). Mithin sprechen diese Umstände gegen ein Motiv des Beschuldigten. Der Umstand, dass weder die Tatwaffe noch der Schlüssel zur Küchentür gefunden wurden, spricht ebenfalls gegen eine Täterschaft des Beschuldigten, kannte er sich doch am wenigsten in der neuen Umgebung aus und verfügte er gemäss eigenen Angaben auch nicht über einen Führerschein (Urk. 8/1 S. 5), so dass er sich nicht ohne weiteres weit vom Tatort entfernen konnte. Zutreffend erscheint zudem das Argument, dass nicht nur eine theoretische, sondern durchaus eine konkrete Möglichkeit besteht, dass ein Motiv für den Mord im Zusammenhang mit den Kokainspuren im Obergeschoss der V. (Urk. 24/6 S. 7; Urk. 42/9) aber mit anderen (legalen illegalen) Geschäften gegeben sein könnte. Objektive Anhaltspunkte, dass andere Personen als der Beschuldigte etwas zu verbergen haben, liegen somit durchaus vor. So wurde unmittelbar nach der Tat und noch vor der Hausdurchsuchung, jedoch während der Haft des Beschuldigten, das Siegel an der Eingangstür bei der Waschküche im Erdgeschoss durch eine unbekannte Person aufgebrochen bzw. beschädigt. Auch sind nach dem Leichenfund insbesondere
J. und K. (Urk. 10/2 S. 7; Urk. 10/5 S. 2 f.) mit dem Auto vom Tatort weggefahren, bevor die Polizei eingetroffen ist. Ob es sich beim von der eintreffenden Patrouille festgestellten Auto, welches ihnen vom Vorplatz der V. her entgegenkam (Urk. 20/1 S. 1 und 20/2 S. 1), um K. handelte, ob jemand anders das Auto fuhr, konnte nicht geklärt werden (Urk. 1 S. 7 f.). Schliesslich verging zwischen dem Auffinden der Leiche um ca. 08.20-08.30 Uhr bis zum Eintreffen der ersten Polizeibeamten um 09.10 Uhr weit mehr als eine halbe Stunde, in welcher sich neben dem Beschuldigten noch diverse Personen
am Tatort aufhielten, so auch F. , G. , K. , M. sowie
J. und I. . Diesem Ermittlungsansatz einer gänzlich anderen Täterschaft ging die Staatsanwaltschaft – soweit ersichtlich – jedoch nicht weiter nach, nachdem die DNA zu dem Zeitpunkt keiner bekannten Person zugeordnet werden konnte, obwohl es aufgrund der vorgefundenen Situation nahe liegt, dass Gegenstände – namentlich die Tatwaffe – vom Tatort entfernt worden sein könnten.
Entgegen der Vorinstanz (Urk. 161 S. 77) stellt das festgestellte DNA-Profil des Beschuldigten in einer DNA-Mischspur ab der Einstichstelle bei Fotoposition 12 auf dem Fixleintuch (Urk. 7 S. 88), mit welchem der Verstorbene zugedeckt war, kein Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten dar. Aufgrund der glaubhaften Aussage von G. steht fest, dass das Fixleintuch vom Verstorbenen schon länger als Decke benutzt worden war und für den Tag auf dem Sofa weggelegt wurde (Urk. 10/8 S. 20). Das Sofa befand sich allerdings in der Küche, mithin in einem Raum, der von allen Bewohnern der Liegenschaft, namentlich von den rumänischen Mitarbeitenden der V. zum Zubereiten und Einnehmen des Essens benutzt wurde (Urk. 9/1 S. 7; Urk. 9/4 S. 15). Auch der Beschuldigte hielt sich dort berechtigterweise auf. Nachdem einzig an einer von zehn Einstichstellen DNA des Beschuldigten festgestellt wurde, jedoch nicht das ganze Leintuch auf vom Verstorbenen abweichende DNA untersucht wurde, vermag die festgestellte DNA-Spur des Beschuldigten nicht als Indiz für eine Täterschaft zu genügen, auch nicht als schwaches. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die DNA-Spur völlig unabhängig der Tat zu irgendeinem nicht bekannten Zeitpunkt vor der Tötung direkt indirekt an das Fixleintuch angetragen worden war.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz (Urk. 161 S. 70 und 73 f.) kann ein gegen 03.00 Uhr (MESZ) geführtes Videogespräch zwischen dem Beschuldigten und Q. nicht erstellt werden, da der Beschuldigte gemäss den Daten seines Mobiltelefons, namentlich anhand der Timeline, nach dem letzten Video vom
3. September 2018 00:27:49 Uhr (Lokalzeit) nur noch Videos und Fotos via den Facebook Messenger und SMS auf sein Handy erhielt, jedoch selbst weder telefonierte, noch eine Nachricht von seinem Handy verschickte (siehe oben
Erw. III.C.4.11). Zwar wurden einige SMS-Nachrichten von Q. auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten gefunden, jedoch stammt keine davon aus dem Zeitraum zwischen dem 21. August 2018 und dem Morgen des 3. September 2018. Aus den sichergestellten Handydaten des Beschuldigten ergibt sich dagegen, dass Q. ab 08:45:41 Uhr (UTC+0), d.h. in Schweizer Zeit ab 10:45:41 Uhr (UTC+2), diverse SMS an den Beschuldigten schrieb (Urk. 44/8 Unterordner 'SMS Messages'). Aus der Übersetzung ergibt sich, dass sich Q. heftige Sorgen um den Beschuldigten machte und wollte, dass er sich meldet, bzw. nach Hause kommt. Sie schrieb unter anderem Hey, wo zum Teufel bist du, komm nach Hause, mach so, wie du willst, Liebster, bin verzweifelt, antworte, die haben dich fertig gemacht D'. , du bist tod, D'. , gib mir ein Lebenszeichen D'. , wo bist du, ich habe keine Ruhe mehr D'. , denkst du an mich… (Urk. 34/3). Sie schreibt auch, andere (AN. und R. ) brächten sich um, bzw. die bringen sich um. Dass sie wisse, dass er verprügelt wor- den sei, schreibt sie erst am 4. September 2018 um 04.41 Uhr Schweizer Zeit (Urk. 34/3), mithin als die Neuigkeiten aus AA. per Internetmedien bereits längstens auch in ihrem Wohnort in Rumänien bekannt waren (siehe oben
Erw. III.C.4.10). Der Inhalt dieser SMS-Nachrichten spricht damit gegen eine Tötungsankündigung seitens des Beschuldigten. Dass sich andere in der Umgebung von Q. umbringen mit Steinen traktieren würden, bzw. verrückt gewor- den seien (Urk. 34/3), lässt dagegen eher darauf schliessen, dass im Umfeld der Rumänen aus dem Wohnort des Beschuldigten ganz andere Auseinandersetzungen virulent waren, die den hiesigen Behörden nicht bekannt sind.
Die Gesamtschau der Indizien, namentlich die Schlägerei als einziger Hinweis auf ein Motiv, das sich jedoch nicht mit der übrigen Beweislage deckt, lässt unüberwindbare Zweifel daran bestehen, dass es sich beim Täter um den Beschuldigten handelt, nachdem der Sachverhalt betreffend die Vorgeschichte, wie in der Anklage umschrieben, nicht erstellt ist. Das Tatvorgehen gemäss der Anklage wird durch die Berichte und Gutachten des FOR und des IRM zwar gestützt, jedoch lässt sich nicht rechtsgenügend nachweisen, dass der Täter das in der Anklage umschriebene Messer verwendete und dieses dem Beschuldigten zuzuordnen ist. Der gesamte Anklagesachverhalt in Bezug auf die Vorgeschichte, das
Motiv, die Tatwaffe und die Täterschaft kann daher nicht als erstellt diesem Urteil zugrunde gelegt werden, da eine lediglich theoretische Möglichkeit, dass es sich dabei trotz der dagegen sprechenden Sachlage um die Wahrheit handeln könnte, für einen Schuldspruch nicht ausreicht. Dem Beschuldigten kann vorliegend je- denfalls nicht rechtsgenügend und ohne unüberwindliche, bzw. vernachlässigbare, Zweifel nachgewiesen werden, dass er die Tat begangen hat. Im Gegenteil ist der Beschuldigte daher nach dem Grundsatz in dubio pro reo vom Vorwurf des Mordes zum Nachteil von †E. freizusprechen.
Aufgrund des Beweisergebnisses erübrigt es sich, auf die diversen von der Verteidigung des Beschuldigten eingangs der Berufungsverhandlung gestellten Beweisanträge (Urk. 179) einzugehen, da diese für den Fall eines Schuldspruchs vorgebracht wurden (Urk. 179 S. 1).
Einziehung
Ist der Grund der Beschlagnahme weggefallen, so hebt das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände der berechtigten Person aus (Art. 267 Abs. 1 StPO). Mit dem vorliegenden Freispruch ist das von der Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 5. September 2018 (Urk. 44/3) beschlagnahmte Mobiltelefon des Beschuldigten der Marke HUAWEI (Asservat-Nr. A011'818'943) nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils an den Beschuldigten herauszugeben.
Genugtuung der Privatkläger
1. Die Vorinstanz verpflichtete den Beschuldigten, der Privatklägerin 1
Fr. 4'000.– als Genugtuung und der Privatklägerin 2 sowie dem Privatkläger 3 je Fr. 15'000.– als Genugtuung zu bezahlen, jeweils zuzüglich Zins zu 5 % seit dem
3. September 2018. Im Mehrbetrag wies sie die Genugtuungsforderungen ab (Urk. 161 S. 120 und 126).
Wird die beschuldigte Person freigesprochen, entscheidet das Gericht gemäss Art. 126 Abs. 1 lit b StPO über die anhängig gemachte Zivilklage, wenn der
Sachverhalt spruchreif ist, andernfalls verweist es die Zivilklage gemäss Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO auf den Zivilweg.
Ergeht ein Freispruch aus rechtlichen Gründen (d.h. mangels Erfüllung eines Straftatbestandes), fehlt es in der Regel an der Grundlage für einen Adhäsionsanspruch und die Zivilklage ist in diesem Fall abzuweisen (LIEBER, SK StPO, N 8 zu Art. 126 StPO). Bei fehlender Tatbestandsmässigkeit und Rechtswidrigkeit dürften gemäss DOLGE meist auch die zivilrechtlichen Haftungsvoraussetzungen nach Art. 41 ff. OR (Widerrechtlichkeit, Kausalzusammenhang, Verschulden) fehlen, so dass im Falle eines Freispruchs die Zivilklage häufig abgewiesen werden muss. Doch kann bei fehlendem Nachweis eines Vorsatzes gleichwohl eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit für den verursachten Schaden bestehen (DOLGE, BSK StPO, N 21 zu Art. 126 StPO).
Nachdem der Beschuldigte bezüglich des Vorwurfs des Mordes vollumfänglich freizusprechen ist, sind die Genugtuungsforderungen der Privatkläger mangels Anspruchsgrundlage gemäss Art. 126 Abs. 1 lit. b StPO abzuweisen.
Entschädigung und Genugtuung bei Freiheitsentzug
Wird die beschuldigte Person ganz teilweise freigesprochen, so hat sie gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO bei besonders schweren Verletzungen in ihren persönlichen Verhältnissen, insbesondere bei Freiheitsentzug, Anspruch auf eine Genugtuung. Dieser Anspruch ist von den Strafbehörden von Amtes wegen zu prüfen (Art. 429 Abs. 2 StPO).
Ein Anspruch auf Genugtuung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO wird mithin regelmässig gewährt, wenn sich die beschuldigte Person in Untersuchungsoder Sicherheitshaft befand (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1329 Ziff. 2.10.3.1). Nebst der Haft können nach der Rechtsprechung auch eine mit starkem Medienecho durchgeführte Untersuchung, eine sehr lange Verfahrensdauer eine erhebliche Präsentation in den Medien eine schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO darstellen (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; 143 IV 339 E. 3.1; je mit Hinweisen).
Materiellrechtlich beurteilt sich der Genugtuungsanspruch nach Art. 28a Abs. 3 ZGB und Art. 49 OR (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; 143 IV 339 E. 3.1; je mit
Hinweisen). Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene immaterielle Unbill, indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert die Beeinträchtigung erträglicher gemacht wird. Bemessungskriterien sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; 141 III 97 E. 11.28; je mit Hinweisen). Abzustellen ist auf einen Durchschnittsmassstab (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1).
Gemäss Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO kann die Strafbehörde die Entschädigung Genugtuung herabsetzen verweigern, wenn die beschuldigte Person rechtswidrig schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung erschwert hat. Die Grundsätze gemäss Art. 426 Abs. 2 StGB sind auch bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine Entschädigung Genugtuung im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO herabzusetzen zu verweigern ist; insofern präjudiziert der Kostenentscheid die Genugtuungs- und Entschädigungsfrage (BGE 144 IV 207 E. 1.8.2).
Die Festlegung der Genugtuungssumme beruht auf richterlichem Ermessen.
Das Bundesrecht setzt keinen bestimmten Mindestbetrag fest (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO). Nach konstanter Rechtsprechung kommt bei der Ausübung des Er-
messens den Besonderheiten des Einzelfalles entscheidendes Gewicht zu und es ist zunächst die Grössenordnung der in Frage kommenden Genugtuung zu ermitteln, wobei Art und Schwere der Verletzung massgebend sind. In einem zweiten Schritt sind die Besonderheiten des Einzelfalles zu würdigen, die eine Verminderung Erhöhung der zuzusprechenden Summe nahelegen. Im Falle einer ungerechtfertigten Inhaftierung erachtet das Bundesgericht grundsätzlich einen Betrag von Fr. 200.– pro Tag als angemessen, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine höhere geringere Entschädigung rechtfertigen. In einem zweiten Schritt sind auch die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen wie die Dauer des Freiheitsentzugs, die Auswirkungen des Strafverfahrens auf die betroffene Person und die Schwere der ihr vorgeworfenen Taten etc. (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_984/2018 vom 4. April
2019 E. 5.1; 6B_506/2015 vom 6. August 2015 E. 1.3.1).
Der Beschuldigte beantragt für die von ihm erstandene Haft von über vier Jahren eine angemessene Genugtuung, wobei er angesichts der Schwere des Vorwurfs für die Festsetzung der Genugtuung einen Tagessatz von Fr. 150.– als sachgerecht erachtet, zuzüglich 5 % Zins ab mittlerem Verfall (Urk. 183 S. 24).
Der Beschuldigte befand sich vom 3. September 2018 bis und mit
2. Dezember 2022 während 1552 Tagen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Es liegt in concreto ein Fall von zwar rechtmässig angeordneter aber – entsprechend dem Ausgang des Verfahrens – unschuldig erlittener Haft vor, die grundsätzlich einen Anspruch gemäss Art. 429 StPO bewirkt.
Vorliegend handelt es sich um eine sehr lange Haftdauer. Das erlaubt zufolge der sich einstellenden Gewöhnung an die Haftsituation die Reduktion des Tagessatzes. Andererseits gilt es zu bedenken, dass der Beschuldigte nicht nur aus seinem sozialen Umfeld, in welchem er sich erst seit kurzer Zeit befand, mithin seit Antritt der für ihn neuen Arbeitsstelle in der Schweiz, herausgerissen wurde, sondern dass er die Haft auch in der Fremde, fernab seiner Heimat, erstehen musste, was den Kontakt zu seinen Familienangehörigen zusätzlich erschwerte. Beruflich wurde er jedoch nicht aus einem langjährigen Arbeitsverhältnis mit entsprechendem sozialen Status herausgerissen. Er versah einen befristeten Hilfsjob auf dem Bau, wofür er mit seinem Freund in die Schweiz gereist war. Dagegen erscheint die Verfahrensdauer von rund vier Jahren bis zur zweitinstanzlichen Hauptverhandlung angesichts der Schwere der Vorwürfe und den erforderlichen Rechtshilfemassnahmen im Untersuchungsverfahren nicht übermässig und bleibt daher bei der Festsetzung der Genugtuung unbeachtlich.
Da vorliegend die Voraussetzungen für die Auferlegung der Verfahrenskosten nicht erfüllt sind, darf dem Beschuldigten die Genugtuung für die erstandene Haft weder verweigert noch herabgesetzt werden. Es rechtfertigt sich in Würdigung der vorgenannten Umstände, von einem Tagessatz von Fr. 130.– auszugehen, so dass sich insgesamt eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 201'760.– als angemessen erweist, zuzüglich 5 % Zins seit dem schädigenden Ereignis, hier ab mittlerem Verfall der Haftdauer, d.h. ab dem 18. Oktober 2020.
Kostenfolgen
Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wird die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz teilweise nur dann auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO), das heisst wenn sie in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene ungeschriebe- ne Verhaltensnorm, die sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsord- nung ergeben kann, klar verstossen und dadurch die Einleitung des Strafverfahrens veranlasst dessen Durchführung erschwert hat. In tatsächlicher Hinsicht darf sich die Kostenauflage nur auf unbestrittene bereits klar nachgewiesene Umstände stützen (BGE 147 IV 47 E. 4.1). Unterliegt die Staatsanwaltschaft, trägt jedoch der verfahrensführende Kanton die Kosten (SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, N3 zu Art. 428 StPO).
Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO).
Dem Beschuldigten ist kein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten rechtsge- nügend und klar anzulasten, sodass ihn keine Kostenpflicht trifft. Da der Kostenentscheid (vgl. Art. 423-428 StPO) die Entschädigungsfrage (vgl. Art. 429-434 StPO) präjudiziert, entfällt vorliegend eine Entschädigungspflicht des Beschuldigten gegenüber der Privatklägerschaft. Ausgangsgemäss sind die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen. Dabei kann darauf hingewiesen werden, dass die Bemessung der Entschädigungen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerschaft nicht angefochten wurde, so dass kein Anlass besteht, darauf zurückzukommen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015
E. 2.4.1 mit Hinweisen; bestätigt in 6B_10/2015 vom 24. März 2015 E. 4.2.1). Für die Kostenauflage gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO sind nicht die rechtliche Würdigung und die Anzahl der angeklagten Tatbestände, sondern der zur Anklage gebrachte Lebenssachverhalt massgebend (Urteil des Bundesgerichts 6B_803/2014 vom 15. Januar 2015 E. 3.5). Wird der Entscheid im Rechtsmittelverfahren nur unwesentlich abgeändert, können die Kosten nach dem Verursacherprinzip auferlegt werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_318/2016 vom 13. Oktober 2016
E. 4.1 mit Hinweisen).
Der Beschuldigte obsiegt mit seiner Berufung vollumfänglich. Die Privatkläger hingegen unterliegen, soweit sie sich am Verfahren beteiligt haben, was auf die Privatklägerin 1 zutrifft, die hinsichtlich der ihr zugesprochenen Genugtuung anschlussberufungshalber einen abweichenden Antrag stellte. Dennoch trägt grundsätzlich der Staat die Verantwortung für das Strafverfahren (BGE 139 IV 45
E. 1.2), zumal es sich vorliegend um ein Offizialdelikt handelt und die Bemessung der Genugtuung einen Ermessensentscheid darstellt. Eine Kostenbeteiligung der Privatklägerin 1 rechtfertigt sich unter diesen Umständen nicht.
Nach dem Gesagten fällt die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ausser Ansatz und die Kosten des Berufungsverfahrens sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, darin inbegriffen die Kosten der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten und die Kosten für die unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatkläger.
Gemäss Art. 436 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, wenn sie freigesprochen wird, Anspruch auf Entschädigung für ihre Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Anwaltstarifen und nach dem Zeitaufwand, den der Verteidiger aufgewendet hat. Die Bemühungen des Anwaltes müssen im Umfang aber den Verhältnissen entsprechen, das heisst sachbezogen und angemessen sein. Die Verteidigungskosten müssen mithin in einem vernünftigen Verhältnis zur Komplexität bzw. Schwierigkeit des Falles und zur Wichtigkeit der Sache stehen (WEHRENBERG/FRANK, BSK StPO, N 15 f. zu
Art. 429 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, N 7 zu Art. 429 StPO).
Bezüglich der Entschädigung des amtlichen Verteidigers gelten grundsätzlich die gleichen Grundsätze wie für das erstinstanzliche Verfahren, wobei sich die Ansätze leicht unterscheiden. Sie sind den §§ 2 Abs. 1 lit. b, 3 und 18 Abs. 1
i.V.m. § 17 Abs. 1 lit. b Anwaltsgebührenverordnung (AnwGebV) zu entnehmen. Rechtsanwalt lic. iur. Y. beantragt als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten für das Berufungsverfahren eine Entschädigung von insgesamt Fr. 10'691.95, inklusive Mehrwertsteuer und Barauslagen (Urk. 178). Der geltend gemachte Aufwand steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung und erweist sich grundsätzlich als angemessen. In Berücksichtigung der Dauer des Berufungsverfahrens und der voraussichtlichen Dauer der Nachbesprechung ist der amtliche Verteidiger mit Fr. 14'500.– aus der Gerichtskasse zu entschädigen.
Der unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerin, Rechtsanwalt lic. iur. X. , reichte für seine Aufwendungen im Berufungsverfahren anlässlich der Berufungsverhandlung eine undatierte Honorarnote ein (Urk. 182) und bezifferte die Entschädigung auf Fr. 4'904.87, wobei er die Zeitdauer für die Berufungsverhandlung etwas zu hoch schätzte (Urk. 182 S. 2). Die vom unentgeltlichen Rechtsvertreter geltend gemachte Entschädigung für die Vertretung der Privatklägerschaft im Berufungsverfahren erweist sich angesichts des Umstandes, dass
der Rechtsvertreter bereits über entsprechende Aktenkenntnisse verfügte und keine substanziellen neuen Vorbringen vorgetragen hatte, als angemessen. Folglich ist dem unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatkläger für die Aufwendungen im Berufungsverfahren eine leicht korrigierte Entschädigung von pauschal Fr. 4'500.– aus der Gerichtskasse zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom
20. April 2021 bezüglich der Dispositivziffern 8-10 (sichergestellte Gegenstände und Spuren mit Ausnahme des Mobiltelefons HUAWEI des Beschuldigten) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte D. ist des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB nicht schuldig und wird freigesprochen.
Die Genugtuungsforderungen der Privatkläger 1-3 (A. , B. und C. ) werden abgewiesen.
Das bei der Kantonspolizei Zürich, Asservate-Triage, unter der Geschäfts- nummer 73587538 lagernde Mobiltelefon des Beschuldigten der Marke HUAWEI (Asservat-Nr. A011'818'943) wird nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen an den Beschuldigten herausgegeben. Verlangt er die Herausgabe nicht innert drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft, so wird das Mobiltelefon von der Lagerbehörde vernichtet.
Dem Beschuldigten werden Fr. 201'760.– (zuzüglich 5 % Zins ab
18. Oktober 2020) als Genugtuung aus der Gerichtskasse zugesprochen. Im Mehrbetrag wird die Genugtuungsforderung abgewiesen.
Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 11-13) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:
Die Kosten der Untersuchung und des Gerichtsverfahrens beider Instanzen, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerschaft, werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (übergeben)
die unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatkläger 1-3 vierfach für sich und zuhanden der Privatkläger 1-3 (übergeben)
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
die unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatkläger 1-3 vierfach für sich und zuhanden der Privatkläger 1-3
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)
die amtliche Verteidigung gemäss Dispositivziffer 3 betreffend Herausgabefrist
die Kantonspolizei Zürich, Asservate-Triage, Geschäftsnummer 73587538, gemäss Dispositivziffer 3
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 164.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 2. Dezember 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Lazareva
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