Zusammenfassung des Urteils SB210535: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschwerdeführer hat gegen eine Verfügung des Friedensrichteramtes der Stadt Zürich Beschwerde eingelegt, in der es um die Aushändigung von Geschäftsunterlagen ging. Die Vorinstanz setzte eine Frist zur Zahlung eines Kostenvorschusses und Gebühren aus einem früheren Verfahren. Der Beschwerdeführer warf der Vorinstanz vor, sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Unrecht abgelehnt zu haben. Die Beschwerde wurde jedoch aufgrund einer versäumten Frist und fehlender Begründung nicht akzeptiert. Es wurden keine Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren erhoben, und es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Die Entscheidung kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210535 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 10.05.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_166/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Fahrlässige Körperverletzung |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatkläger; Fahrrad; Beschuldigten; Kollision; Privatklägers; Radweg; Fahrzeug; Fahrradweg; Unfall; Aussage; Aussagen; Berufung; Verteidigung; -strasse; Täter; Verkehr; Körper; Staat; Vorinstanz; Urteil; Geschwindigkeit; Zeuge; Verletzung; ässige |
Rechtsnorm: | Art. 122 StGB ;Art. 125 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 15 VRV ;Art. 182 StPO ;Art. 3 VRV ;Art. 307 StGB ;Art. 31 SVG ;Art. 32 SVG ;Art. 34 StGB ;Art. 36 SVG ;Art. 391 StPO ;Art. 40 VRV ;Art. 428 StPO ;Art. 45 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 47 VRV ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 103 IV 289; 115 IV 199; 127 IV 34; 130 IV 7; 135 IV 56; 98 IV 168; |
Kommentar: | Donatsch, Schweizer, Kommentar zum Schweizerischen Strafge- setzbuch mit JStG, Art. 47 StGB , 2018 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210535-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichter lic. iur. Kessler sowie Gerichtsschreiber MLaw Pandya
Urteil vom 10. Mai 2022
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
betreffend fahrlässige Körperverletzung
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 11. März 2021 (Urk. 16) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte A. ist schuldig der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt.
Der Privatkläger wird mit seinen Zivilforderungen auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 1'800.– ; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 2'000.– Gebühr für das Vorverfahren
Fr. 91.95 Auslagen (Arztberichte)
Fr. 8'762.75 Kosten amtliche Verteidigung (inkl. MwSt)
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 45 S. 3 und Urk. 62 S. 2)
Der Beschuldigte, A. , sei freizusprechen.
Die Ziff. 1 des vorinstanzlichen Urteils vom 2. Juni 2021 sei wie folgt abzuändern:
Der Beschuldigte A. wird von der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB freigesprochen.
Die Ziff. 2-4 des vorinstanzlichen Urteils vom 2. Juni 2021 seien ersatzlos aufzuheben.
Dem Beschuldigten sei eine Genugtuung von Fr. 3'000.– zuzusprechen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen inkl. der Kosten der Verteidigung zu Lasten der Staatskasse.
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft See/Oberland: (Urk. 51, schriftlich)
Keine Anträge
Des Vertreters der Privatklägerschaft: (Urk. 60)
Keine Anträge
Erwägungen:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil, Einzelgericht in Zivil- und Strafsachen, vom 2. Juni 2021 wurde der Beschuldigte der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von
30 Tagessätzen zu Fr. 30.– bestraft. Der Vollzug der Geldstrafe wurde aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt. Der Privatkläger wurde mit seinen Zivilforderungen auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen (Urk. 43 S. 33 ff.). Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 37).
Der Beschuldigte reichte innert Frist seine Berufungserklärung ein (Urk. 45 und Urk. 41). Darin ficht er das Urteil vollumfänglich an und beantragt Freispruch, wobei Dispositivziffer 1 des vorinstanzlichen Urteils wie folgt abzuändern sei: Der Beschuldigte A. wird von der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB freigesprochen. Dispositivziffer 2 - 4 seien ersatzlos aufzuheben. Sodann sei dem Beschuldigten eine Genugtuung von
Fr. 3'000.– zuzusprechen. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen inkl. der Kosten der Verteidigung zu Lasten der Staatskasse. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Anschlussberufung und die Stellung eines Antrags (Urk. 51). Demzufolge ist davon Vormerk zu nehmen, dass das vorinstanzliche Urteil betreffend die Dispositivziffer 5 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.
Im Weiteren stellte der Beschuldigte den Beweisantrag, es sei gemäss Art. 182 StPO ein verkehrstechnisches Gutachten durch einen Experten einzuholen. Schliesslich sei ein Augenschein der Unfallstelle und des Radwegs zur Unfallstelle durchzuführen. Im Zusammenhang mit dem Antrag betreffend Gutachten schlug er dabei mehrere Fragen zur Behandlung vor (zum Ganzen Urk. 45
S. 2 f.). Mit Präsidialverfügung vom 22. Dezember 2021 wies die Verfahrensleitung die Beweisanträge des Beschuldigten ab (Urk. 56). Die Berufungsverhandlung fand am 10. Mai 2022 statt in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers sowie dessen Substituten (Prot. II S. 4). Der Verteidiger stellte die gleichen Beweisanträge erneut anlässlich der Berufungsverhandlung (Urk. 62 S. 2 f.). Auf die Beweisanträge ist im Rahmen der Sachverhaltserstellung einzugehen.
Anklagevorwurf und Standpunkt des Beschuldigten
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, er habe am Mittwoch, tt. Juni 2020, um ca. 19.10 Uhr, den grauen Personenwagen Renault Clio 1.4 16V mit dem Kontrollschild ZH 1 mit langsamer Geschwindigkeit von der Liegenschaft C. -strasse 2 in D. weggelenkt mit der Absicht, über den Radweg links in die C. -strasse einzubiegen. Dabei habe er den Privatkläger als vortrittsberechtigten Fahrradlenker nicht wahrgenommen, der mit ca. 20 km/h auf dem Radweg von der E. -strasse, vom Zentrum D. herkommend, in Richtung F. unterwegs gewesen sei. In der Folge sei der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten Personenwagen mit dem Privatkläger resp. dem von diesem gelenkten Fahrrad kollidiert, wodurch der Privatkläger gestürzt sei und zumindest eine Rücken- und Kniekontusion rechts erlitten habe. Der Privatkläger sei infolge dieser Verletzungen und Verletzungsfolgen im Anschluss an das Unfallereignis zumindest vom tt. Juni 2020 bis zum tt. Juni 2020 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Der Beschuldigte sei verpflichtet gewesen, auf übrige Verkehrsteilnehmende Rücksicht zu nehmen, den auf dem Radweg vortrittsberechtigten Verkehrsteil- nehmenden den Vortritt zu lassen und diese nicht zu gefährden. Es sei für ihn vorhersehbar gewesen, dass es ohne ausreichende Aufmerksamkeit zu einer Kollision und hierdurch auch zu den erwähnten Verletzungen kommen könne. Hätte der Beschuldigte der Verkehrssituation die gebotene und geforderte Sorgfalt zugewandt und sich genügend auf andere Verkehrsteilnehmer geachtet, wären die Kollision sowie auch die hierdurch beim Privatkläger entstandenen Verletzungen und Verletzungsfolgen mit hoher Wahrscheinlichkeit in zumutbarer Weise vermeidbar gewesen.
Die Vorinstanz erachtete den Sachverhalt gemäss Anklageschrift grundsätzlich als erstellt, wich jedoch betreffend der Arbeitsunfähigkeit von ihr ab und sah diese nur vom tt. Juni 2020 bis zum tt. Juni 2020 als gegeben (Urk. 43).
Die Verteidigung bringt vor, dass der Beschuldigte beim Verlassen der fraglichen Liegenschaft zwangsläufig den Radweg vor dem Parkplatz bzw. vor der
Garage überqueren habe müssen, um auf die C. -strasse zu gelangen. Hierbei sei er gemäss Lehrbuch vorgegangen. Er habe die Bremse betätigt, die Handbremse ausgelöst, den Motor gestartet sowie nach rechts und links geschaut (Urk. 45 S. 6 mit Verweis auf Urk. 5/2. Frage 7). Auf dem Radweg seien keine Velofahrer zu sichten gewesen, die der Beschuldigte hätte hindern können. Er sei mit langsamer Geschwindigkeit von der Liegenschaft C. -strasse 2 in
D. weggefahren mit der Absicht, über den Radweg links in die C. strasse einzubiegen. Als sein Fahrzeug mit der Front dann ans andere Ende des Radwegs gereicht habe, habe er gemäss Art. 32 Abs. 1 SVG angehalten. Er habe somit den gesamten Radweg bedeckt und jeder Radfahrer, der einigermassen auf den Verkehr geachtet habe, habe ihn sehen können (Urk. 45 S. 6). Der Verkehr sei ziemlich dicht gewesen und der Beschuldigte habe extra vorsichtig sein wollen. Zum einen sei seine Tochter vor kurzem von einem Auto auf dem Fussgängerstreifen angefahren worden und habe sich dabei schwere Verletzungen zugezogen. Zum andern sei dies eine erste Probelieferung als G. -kurier gewesen. Seine Aufmerksamkeit habe der Beschuldigte der C. -strasse gewidmet (Urk. 45 S. 7). Er habe darauf vertrauen dürfen, dass von den Velofahrern keine Gefahr mehr ausgehen würde, da er den Platz bereits seit ein paar Sekunden blockiert gehabt habe. Für ca. 40 bis 50 Sekunden habe er also auf die Verkehrsteilnehmer auf der Strasse, die ein Linksabbiegen verhindert hätten, geachtet. Bevor der Beschuldigte überhaupt nach links habe einbiegen können, sei der Privatkläger in das stillgestandene Fahrzeug gefahren. Der Beschuldigte habe nur noch sehen können, wie der Privatkläger über die Haube des Autos geflogen sei und sich dabei verletzt habe. Das stillstehende Fahrzeug habe sich also quer auf dem Fahrradweg befunden, bevor es zur Kollision gekommen sei. Dies entspreche auch der Aussage des Zeugen H. , wonach er zuerst den Wagen des Beschuldigten und dann den Privatkläger auf dem Velo in einer Entfernung von ca. 50 bis 100 Metern wahrgenommen habe (Urk. 45 S. 8 mit Verweis auf Urk. 5/7 Frage 23). Wenn der Zeuge H. den Beschuldigten mit 50 km/h im Strassenverkehr als relevanten Verkehrsteilnehmer wahrgenommen habe, dann sei es schlicht nicht möglich, dass der Privatkläger mit geradem Blick auf den Beschul- digten nicht getan haben solle und nicht hätte abbremsen können (Urk. 45 S. 9).
Im Übrigen spreche für diese Darstellung auch der Bericht der behandeln- den Ärztin des Privatklägers, welche angab, dass der Patient mit dem Velo in die Motorhaube eines Autos gefahren sei. Der Privatkläger habe also gegenüber dem Medizinalpersonal nicht angegeben, dass ein Fahrzeug in ihn geprallt sei, son- dern umgekehrt, dass er, der Privatkläger, in ein Auto gefahren sei. Es spreche Bände, wenn der Privatkläger gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und den Ärzten unterschiedliche Versionen desselben Sachverhalts schildere. Die Glaubwürdigkeit des Privatklägers sei somit zu verneinen (Urk. 45 S. 9).
Weiter macht die Verteidigung geltend, dass das langsame und vorsichtige Überqueren des Radweges gemäss Anklageschrift keine conditio sine qua non für den Aufprall mit dem Privatkläger gewesen sei. Dabei verweist sie auf die Parallelen zu BGer-Urteil 6B_163/2010 vom 23. April 2010. Die Kollision lasse sich bei einem solchen Sachverhalt einzig durch die qualifizierte Unachtsamkeit des Radfahrers erklären. Ein langsames und vorsichtiges Überqueren des Radweges durch den Berufungskläger stellt von vornherein keine Pflichtverletzung dar. Die Anklageschrift laute gerade nicht, dass er schnell auf den Radweg gerast sei (Urk. 45 S. 10 f.). Im Zusammenhang mit den Aussagen des Beschuldigten weist die Verteidigung darauf hin, dass dessen Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision stillgestanden und nach rechts ausgerichtet gewesen sei. Dies sei anhand der Fotos 2 und 3 in Urk. 2 zu erkennen. Der Beschuldigte habe, um nach links abzubiegen, seine Aufmerksamkeit hauptsächlich dem Verkehr auf der linken und rechten Seite auf der C. -strasse widmen müssen, wo die Autos gewesen seien. Denn sein Wagen sei bereits seit einiger Zeit auf dem Fahrradweg gestan- den. Daher habe er nicht mit einer Gefahr von einem völlig unachtsamen Velofahrer rechnen müssen. Er hätte auch nichts unternehmen können, um einem solchen Radfahrer auszuweichen. Schliesslich gelte im Strassenverkehr das Vertrauensprinzip (Urk. 45 S. 11 f.). Unter solchen Umständen sei es mehr als glaubwürdig und völlig im Rahmen des Grundsatzes von in dubio pro reo, dass der Beschuldigte sein Augenmerk pflichtgemäss auf den Verkehr auf der Strasse vor ihm gesetzt habe und dabei den Privatkläger, der gemäss den Erwägungen der Vorinstanz seit 23 bis 60 Sekunden auf ihn zugefahren sei, nicht gesehen habe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei es aus der Fotodokumentation
keineswegs ersichtlich, dass der Beschuldigte sowohl die Geschehnisse auf der C. -strasse als auch auf dem Radweg gleichzeitig im Blickfeld gehabt habe. Das Foto 3 in Urk. 2 zeige, dass der Beschuldigte seinen Kopf stark hätte verdrehen müssen, um entlang des Radwegs bis zum Kreisel zu blicken. Selbst wenn jedoch der Ansicht der Vorinstanz zuzustimmen wäre, wonach eine Verletzung der Sorgfaltspflicht darin bestanden habe, dass der Berufungskläger den Radweg ausser Acht gelassen habe, so wäre dies nicht massgebend. Eine solche Verletzung der Sorgfaltspflicht wäre nämlich für die Kollision nicht kausal gewesen. Der Beschuldigte hätte weder in den Verkehr vor sich noch in den Platz mit den Fussgängern hinter sich rasen können, um dem Velofahrer auszuweichen (Urk. 45
S. 12). Weiter handle es sich auch nicht um einen Widerspruch, wenn der Beschuldigte ausgeführt habe, den Radfahrer nicht gesehen zu haben, aber gleichzeitig durch dessen hohe Geschwindigkeit in Angst versetzt worden zu sein (Urk. 45 S. 12). Der Beschuldigte habe nie verhehlt, dass er den Radfahrer nicht gesehen habe und dessen Geschwindigkeit aufgrund der Kollision mit dem Fahrzeug lediglich geschätzt habe (Urk. 45 S. 13). Umgekehrt sei daran zu erinnern, dass der Privatkläger widersprüchlich ausgesagt habe. Er habe in Urk. 5/5 unter Frage 20 ausgesagt, der Personenwagen sei ziemlich schnell aus der Ausfahrt
gekommen und er könne nicht sagen, wie hoch die Geschwindigkeit gewesen sei. Gleichzeitig habe der Privatkläger aber behauptet, dass er den Wagen erst im Zeitpunkt der Kollision gesehen habe (Urk. 45 S. 14 mit Verweis auf Urk. 5/5 Frage 13 und 14). Ein – gemäss Anklageschrift – langsam herausfahrendes Fahrzeug sehe man lange vor irgendeiner Kollision bzw. es gebe für die Kollision kei- ne andere vernünftige Erklärung, als die Unachtsamkeit bzw. das blinde Fahren des Privatklägers (Urk. 45 S. 15).
Beweismittel und Würdigung
Grundlagen und sachliche Beweismittel
Die Vorinstanz hat die Grundsätze der Beweiswürdigung, insbesondere im Hinblick auf die Würdigung von Aussagen, ausführlich und zutreffend dargelegt, weshalb auf ihre Erwägungen verwiesen werden kann (Urk. 43 S. 5 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Im von der Kantonspolizei Zürich erstellten Fotobogen (Urk. 2) ist sowohl das Auto des Beschuldigten als auch das Fahrrad auf der fraglichen Strecke mehrfach abgebildet. Die Fotos 1 bis 3 geben die unveränderte Lage der Objekte unmittelbar nach dem Unfall wieder. Auf diesen Abbildungen lag das Fahrrad vor dem Auto bzw. neben dem Fahrradstreifen. Vom Auto her gesehen, welches zur C. -strasse ausgerichtet war und den Fahrradweg vollends blockierte, befand sich das Fahrrad vorne links, diagonal zu dessen Vorderlicht (siehe Urk. 2 S.1). Auf Foto 5 lässt sich wiederum erkennen, dass die Stossstange links einen breitflächigen Lackschaden erlitt. Foto 6 zeigt wiederum einen verbogenen Lenker des Fahrrads (Urk. 2 S. 3).
Der Verteidiger des Beschuldigten reichte bereits vor Vorinstanz diverse Eingaben ein, insbesondere zur Veranschaulichung der geographischen Verhält- nisse des Unfallorts (Urk. 33/1-6). Grundsätzlich vermögen diese jedoch für den Hergang des Ereignisses selbst nichts Wesentliches beizutragen. So gibt auch das Orthofoto (Urk. 33/5) nicht die Verhältnisse im Tatzeitpunkt wieder. Die Verteidigung macht jedoch zusammengefasst geltend, dass sich aus dieser Abbil- dung ergebe, dass die vorinstanzliche Darstellung unrealistisch sei, wonach der Privatkläger das Fahrzeug, direkt in seiner Fahrtrichtung, gemäss den Erwägungen der Vorinstanz trotz der 150 m gerade verlaufenden Strecke erst im Zeitpunkt der Kollision gesehen habe. Entsprechend sei die Beweiswürdigung der Vorinstanz willkürlich. Aus dem Auszug des Geoportals ist immerhin ersichtlich, dass zwischen dem Kreisel und dem Tatort an der C. -strasse tatsächlich eine Distanz von 155.49 m lag. Zudem lässt sich klar erkennen, dass die C. strasse bzw. der parallel verlaufende Fahrradweg zwischen Kreisel und Unfallort durchgehend gerade verlaufen. Hierauf ist im Zusammenhang mit der Würdigung der Aussagen noch einzugehen.
Schliesslich zeigt sich aus den medizinischen Akten (Urk. 6/1-6) das Verletzungsbild des Privatklägers. Gemäss dem provisorischen Austrittsbericht des GZO Spital Wetzikon vom 4. Juni 2020 (Urk. 6/1) wurde bei ihm eine Rückenkontusion und eine Kniekontusion rechts diagnostiziert (Urk. 6/1 S. 1). Dabei wurde ihm eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % im Zeitraum vom tt. Juni 2020 bis und mit
tt. Juni 2020 attestiert (Urk. 6/1 S. 2). Im ärztlichen Befund des GZO Spitals Wetzikon vom 10. Februar 2021 (Urk. 6/6) zur Untersuchung vom tt. Juni 2020 wurde festgehalten, dass der Privatkläger eine Rückenkontusion, eine Kniekontusion und eine Transiente Kribbelparästhesien am Bein rechts erlitten habe. Eine Selbstbeibringung sei möglich gewesen. Die vom Rettungsdienst und vom Privatkläger angegebene Anamnese (Unfall, wobei der Privatkläger mit dem Velo in ei- ne Motorhaube eines Autos gefahren sei) passe mit der Klinik. Es sei ihm entsprechend eine Arbeitsunfähigkeit vom tt. Juni 2020 bis tt. Juni 2020 von ihnen veranlasst worden (Urk. 6/6 S. 2). Gemäss dem angehängten Austrittsbericht bestand die Arbeitsunfähigkeit bis zum tt. Juni 2020 (Urk. 6/6, Austrittsbericht S. 2). Der schriftlichen Auskunft der Klinik Impuls vom 6. Januar 2021 ist zu entnehmen (Urk. 6/3), dass der Beschuldigte am 18. August 2020 untersucht und eine Kniekontusion/Knieverrenkung mit medialer Meniskusläsion am Kniegelenk rechts erlitten habe. Es sei von einer gewissen Wahrscheinlichkeit auszugehen, dass die Meniskusverletzung des rechten Kniegelenks durch den Anfahrunfall vom tt. Juni 2020 entstanden sein könnte. Eine Garantie könne jedoch nicht abgegeben wer- den, da Meniskusverletzungen auch ohne Unfall bei diesem Jahrgang schon bestehen könnten. Abhängig von der sportlichen sowie beruflichen Tätigkeit des Privatklägers und auch dessen Postur. Inwieweit die Meniskusläsion unfallbedingt sei, sei aufgrund der MRI-Abklärung nicht mit hundertprozentiger Nachweisbarkeit zu definieren. Eine Selbstbeibringung sei theoretisch möglich, da der Privatkläger jedoch als Fahrradfahrer angefahren. Im Zeitpunkt der Untersuchung gab der Privatkläger an, keine Nachtschmerzen zu haben, schon wieder Joggen zu gehen und zu 100% als I. zu arbeiten, so dass keine aktive operative Vorgehensweise empfohlen worden sei (Urk. 6/3 S. 1 f.).
Aussagen der Beteiligten
Vorab kann betreffend die Glaubwürdigkeit der involvierten Personen grundsätzlich auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden (Urk. 43
S. 9 f.). Das Interesse des Beschuldigten, sich selbst möglichst vorteilhaft darzustellen, liegt auf der Hand. Deswegen wird der Beweiswert seiner Aussagen je- doch nicht ohne Weiteres herabgesetzt. Beim Privatkläger ist hervorzuheben,
dass auch gegen ihn ein Strafverfahren aufgrund des in diesem Verfahren zu be- urteilenden Sachverhalts eröffnet und er als Beschuldigter einvernommen wurde (Urk. 5/5 und Urk. 5/6). Dabei wurde ihm vorgehalten, die Kantonspolizei Zürich habe gegen ihn wegen mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln durch ungenügende Rücksichtnahme des Vortrittsberechtigen gegenüber dem Vortrittsbelasteten sowie Nichtbeherrschen des Fahrzeugs rapportiert (Urk. 5/6 Frage 8). Das gegen den Privatkläger durch die Staatsanwaltschaft See/Oberland eröffnete Verfahren wurde sistiert mit der Begründung, dass der Ausgang des Verfahrens gegen den Beschuldigten A. für die Strafuntersuchung gegen den Privatkläger entscheidend sei (Urk. 14). Angesichts dieser Umstände und der prozessualen Stellung des Privatklägers als Beschuldigter in einem – sistierten – parallelen Verfahren gilt auch bei ihm, dass sein Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens bei der Würdigung der Aussagen zu berücksichtigen ist. Beim Zeugen
H. , welcher unter Strafandrohung gemäss Art. 307 StGB aussagte, handelt es sich um einen Autofahrer, der im Ereigniszeitpunkt auf der Gegenfahrbahn parallel zum fraglichen Fahrradstreifen fuhr. Er sei vielleicht 100 Meter von der Unfallstelle entfernt gewesen, auf der anderen Strassenseite einfach (Urk. 5/7 Frage 20 f.). Er sei damals von der Arbeit nach Hause gekommen (Urk. 5/7 Frage 19). Weder den Beschuldigten noch den Privatkläger kannte er vor dem Ereignis (Urk. 5/7 Frage 11 f.). Mit dem Privatkläger habe er kurz nach dem Unfall per Whatsapp Kontakt gehabt. Zum einen habe er ihn gefragt, wie es ihm gehe, zum anderen habe er damals zwei Bilder gemacht, die er ihm zugeschickt habe. Wer den Kontakt aufgenommen habe, wisse er nicht mehr (Urk. 5/7 Frage 13 ff.). Ein Verhältnis zum Privatkläger, welches die Unabhängigkeit des Zeugen einschränken könnte, liegt nicht vor.
Der Beschuldigte wurde am 18. Juni 2020 durch die Polizei (Urk. 5/1), am
6. November 2020 durch die Staatsanwaltschaft (Urk. 5/2) und am 1. Juni 2021 vom Vorderrichter (Prot. I S. 6 ff) einvernommen. Seine Angaben blieben dabei in den wesentlichen Punkten konstant. So erklärte er mehrmals, langsam bzw. im Schritttempo auf den Fahrradreifen gefahren zu sein (Urk. 5/1 Frage 24; Urk. 5/2 Frage 31). Auch bekräftigte er stets, dass er auf dem Fahrradweg stehen geblieben sei und diesen dadurch gesperrt habe (siehe Urk. 5/1 Frage 32; Urk. 5/2 Frage 7; Prot. I S. 12). Dabei sei er 30 bis 40 (Prot. I S. 12) bzw. 40 bis 50 Sekunden (Urk. 5/2 Frage 34) auf dem Radweg stillgestanden (Urk. 5/1 Frage 5), um links auf die C. -strasse einzubiegen. Zudem wiederholte er, dass er gute Sicht nach links und rechts gehabt und er dabei keinen Fahrradfahrer gesehen habe (Urk. 5/1 Frage 5; Urk. 5/2 Frage 7 Prot. I S. 12). Er habe den Radfahrer nicht wahrgenommen, weil er sich auf das Einbiegen in die C. -strasse konzentriert habe (Urk. 5/1 Frage 5; Urk. 5/2 Frage 7; Prot. I S. 13). Trotz der Konstanz dieser Ausführungen vermögen sie nicht zu überzeugen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug des Beschuldigten den Fahrradstreifen zwar sperrte, doch fuhr der Beschuldigte nicht bis ganz nach vorne, um sein Einbiegen per Blinker anzuzeigen. Auf den Fotografien, welche die Lage unmittelbar nach dem Unfall wiedergeben, ist zu erkennen, dass neben dem Fahrradweg eine durch Kopfsteinpflasterlinien markierte Schwelle lag. Um in die C. -strasse einzubiegen wäre es notwendig gewesen, bis zur hinteren der beiden Linien aufzufahren. Dies gilt umso mehr bei dichtem Verkehr auf der C. -strasse, da er mit seinem Auto für die anderen Verkehrsteilnehmer bei einem Standort auf dem Radweg nicht sichtbar gewesen wäre, bzw. diese sein Blinken gar nicht erst bemerkt hätten. Im Übrigen wird der Fahrradweg von der C. -strasse durch ei- ne Baumreihe abgetrennt. Ein langes Warten auf dem Fahrradweg hinter den beiden Linien, um in die C. -strasse einzubiegen, hätte somit nur schon aufgrund der Sichtverhältnisse gar keinen Sinn ergeben. Dass der Beschuldigte derart lange mitten auf dem Fahrradweg hielt, wenn er ohnehin nicht direkt von dort aus hätte links einbiegen können und die Lenker auf der C. -strasse ihn gar nicht bemerken konnten, ist mithin nicht glaubhaft. Nicht plausibel ist weiter, dass der Beschuldigte mehrmals Angaben zur mutmasslich hohen Geschwindigkeit des Privatklägers machte (Prot. I. S. 14: 40 bis 50 km/h), durchwegs jedoch angab, ihn vor dem Zusammenstoss gar nicht bemerkt zu haben (Urk. 5/1 Frage 29; Urk. 5/2 Frage 7 und 26). Es handelte sich wohlgemerkt nicht um ein Fahrrad mit elektronischem Motor. Wie die Vorinstanz bereits festhielt, erscheint es wenig glaubhaft, wenn er angab, er habe die Geschwindigkeit anhand des Aufpralls bzw. des Schadens geschätzt. Allein gestützt auf das Schadensbild eine Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h anzunehmen (Prot. I S. 14), erscheint nicht zuverlässig. Ferner erscheint es fragwürdig, dass der Beschuldigte, der den Privatkläger ja nicht gesehen hat, plötzlich zu wissen schien, dass dieser habe den Vortritt erzwingen wollen bzw. dieser ihn nicht mehr gesehen, zu spät gebremst habe und dann nicht mehr habe ausweichen können (Urk. 5/1 Frage 40 ff). Es ergibt keinen Sinn, dass der Beschuldigte derart viel hätte beobachten können, wenn er den Privatkläger bis zur Kollision ja gar nicht wahrnahm und er vom Aufprall überrascht wurde. Die Aussagen des Beschuldigten erweisen sich somit als nicht glaubhaft.
Der Privatkläger wurde durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft befragt (Urk. 5/5 und Urk. 5/6). Auch in seinen Aussagen finden sich Widersprüche. Während er zuerst noch relativ einheitlich angab, dass ihm der Wagen des Beschul- digten erst aufgefallen sei, als er mit diesem kollidiert sei bzw. eine Millisekunde vorher (Urk. 5/5 Frage 13; Urk. 5/6 Frage 21 f.), erklärte er zuletzt plötzlich, dass er das Fahrzeug vielleicht schon gesehen habe, aber gedacht habe, es sei parkiert gewesen, er möge sich nicht daran erinnern, da dort jeden Tag Fahrzeuge stünden (Urk. 5/6 Frage 43). Dabei konnte er nicht erklären, wieso er trotz seines auf den Fahrradweg gerichteten Blicks das Auto des Beschuldigten nicht gesehen habe, zumal er ja freie Sicht gehabt habe. Dies ist umso weniger verständlich, als der Privatkläger erläuterte, er habe nach vorne geschaut. Er habe sich auf seinen Weg konzentriert, wo sein Blick halt sein sollte (Urk. 5/5 Frage 15 f. und Urk. 5/6 Frage 41 f.). Die defensive Haltung des Privatklägers zeigt sich auch in seiner wortkargen Schilderung des Ablaufs, als er angab, er sei auf dem Radweg gefahren und der Beschuldigte habe ihn angefahren. Dies sei der Anfang und das En- de. Es gebe nichts zu diskutieren. Er verstehe dieses Theater nicht (Urk. 5/6 Frage 36). Dementsprechend ist nicht ganz nachvollziehbar, wie der Privatkläger nach vorne schauen und das Fahrzeug des Beschuldigten nicht bzw. nur unmittelbar vor dem Zusammenstoss sehen konnte. Einzig eine hohe Geschwindigkeit des Autos könnte dies allenfalls noch erklären, doch hierzu fielen die Aussagen des Privatklägers sehr vage aus. Er konnte nicht angeben, ob es 10, 15, 18, 20 25 km/h gewesen seien und erklärte lediglich, dass es schneller als Schritttempo gewesen sei (Urk. 5/5 20; Urk. 5/6 Frage 19). Unklar waren auch seine Ausführungen dazu, ob er das Fahrzeug des Beschuldigten habe noch umfahren
wollen vor dem Aufprall (Urk. 5/5 Frage 30 Urk. 5/6 Frage 45), was aber angesichts einer sekundenschnellen Kollision noch verständlich ist. Trotzdem ist die von ihm verwendete Formulierung Ich wollte noch ausweichen, aber der Lenker ist mit dem Personenwagen in mich hineingefahren aufgrund der chronologischen Abfolge nicht ganz verständlich. Für ein Ausweichmanöver hätte er den Wagen des Beschuldigten zumindest kurze Zeit vorher noch sehen müssen. Insgesamt ergeben damit auch die Aussagen des Privatklägers kein stichhaltiges Bild über die Situation und fallen insgesamt wenig glaubhaft aus.
Der Zeuge H. schilderte die Ereignisse aus seiner Sicht anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme (Urk. 5/7) prägnant und nachvollziehbar. Er sei etwa 100 m vom Unfallgeschehen entfernt in seinem Auto gewesen und habe während der Fahrt gesehen, dass der Privatkläger mit dem Fahrrad auf dem Radweg gefahren sei. Der Beschuldigte sei mit dem Auto losgefahren und es sei zur Kollision auf dem Radweg gekommen (Urk. 5/7 Frage 19 ff.). Er habe vorher nicht auf das Fahrzeug geachtet, weil es im geparkten Zustand gewesen sei (Urk. 5/7 Frage 25 ff.). Der Personenwagen sei ein bisschen schneller als Schritttempo auf dem Radweg gefahren und sei im fahrenden Zustand gewesen, als es zur Kollision gekommen sei. Der Privatkläger sei mit normaler Velogeschwindigkeit gefahren. Seine Sicht auf das Unfallereignis sei gut gewesen (Urk. 5/7 Frage 31 ff.). Seine Angaben fielen mithin kurz aus, doch lässt sich aufgrund ihrer Stringenz ein klares Bild der Verhältnisse rekonstruieren. Seinen Aussagen kommt ein hoher Beweiswert zu.
Abschliessende Gesamtwürdigung
Es ist vorwegzunehmen, dass die Ausführungen des Beschuldigten, wo- nach er 30 Sekunden länger auf dem Fahrradweg gewartet habe, um da- nach auf die C. -strasse einzubiegen, nicht glaubhaft sind. Rein aufgrund der Strassenverhältnisse gemäss Orthofotografie und dem Fotografiebogen hätte ein solches Vorgehen keinen Sinn ergeben. Die Überzeugungskraft seiner Angaben leidet zudem darunter, dass der Beschuldigte widersprüchliche Angaben dazu machte, ob bzw. wann er den Privatkläger gesehen habe, ob dieser ausgewichen sei und warum er von dessen hohen Geschwindigkeit ausging. Im Übrigen ist der Vorinstanz beizupflichten, dass der Privatkläger ein wesentliches Interesse gehabt hätte, nicht in ein vor einer Einbzw. Ausfahrt stillstehendes Fahrzeug auf dem Fahrradweg zu fahren und es nicht weiter auf den Vortritt draufankommen zu lassen (siehe Urk. 43 S. 20). Ein derartiges Vorgehen wäre vielmehr bei einem auf den Fahrradweg einrollenden Wagen denkbar, wenn der Privatkläger allenfalls davon ausgegangen wäre, er hätte noch genügend Zeit gehabt, seinen Vortritt durchzusetzen. Bei einem Auto im Stillstand erscheint dies jedoch lebensfremd.
Doch auch die Ausführungen des Privatklägers vermögen nicht zu überzeugen. Obwohl sein Blick mutmasslich nach vorne auf den Fahrradweg gerichtet war, konnte er bezüglich der Geschwindigkeit des Privatklägers, mit welcher dieser aus dem Parkplatz gekommen sei, keine zuverlässigen Angaben machen. Ebenfalls nicht verständlich ist, wie er bei derart klaren Sichtverhältnissen im allerletzten Moment, nämlich unmittelbar vor der Kollision, erst das Fahrzeug sehen konnte. Selbst wenn dem Einwand der Verteidigung, der Privatkläger müsse blind gefahren sein, nicht zuzustimmen ist, stellen sich diesbezüglich doch Fragen, die durch die Aussagen des Privatklägers nicht beantwortet werden können und ihre Glaubhaftigkeit in gewisser Weise einschränken. Die Verteidigung mo- niert zu Recht, dass gerade die Geschwindigkeitsangaben des Privatklägers völlig uneinheitlich sind (Urk. 62 S. 13 f.). Daraus, dass die Angaben des vom Ereignis unmittelbar betroffenen Privatklägers teilweise widersprüchlich ausfielen, kann die
Verteidigung jedoch nicht ableiten, dass sich die Ereignisse nach der unglaubhaften Version des Beschuldigten abspielten.
Zentrale Bedeutung für die Sachverhaltserstellung kommt den Aussagen des Zeugen H. zu, welche eindeutig und zuverlässig ausfielen. Aufgrund der klaren Sichtbzw. Strassenverhältnisse erstaunt es, entgegen der Ansicht der Verteidigung, auch nicht, dass sich der Zeuge auf einer Distanz von ca. 100 m ein derart präzises Bild vom Unfallgeschehen machen konnte. Dass die Distanz des Zeugen zum Unfallort tatsächlich geringer gewesen sein muss, ergibt sich aus der Aufzeichnung seiner Position auf der Orthofoto als Beilage zur Zeugeneinver- nahme. Auf Vorhalt des Befragenden, wonach die eingezeichnete Position weniger als 100 Meter vom Unfallort entfernt sei, erklärte der Zeuge, er könne Distanzen nicht so gut schätzen (Urk. 5/7 S. 10). Der angeklagte Sachverhalt ist gestützt auf die glaubhaften Aussagen des Zeugen erstellt. Seinen Aussagen lassen sich jedoch keine konkreten Angaben bezüglich der von den Kollisionsbeteiligten gefahrenen Geschwindigkeiten. Gestützt auf die Zeugenaussage ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte langsam vom Parkplatz auf den Fahrradweg fuhr, wie dies in der Anklage vorgehalten wird. Konkrete objektiv gesicherte Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit lassen sich weder betreffend den Beschuldigten noch den Privatkläger machen. Dass der Privatkläger mit dem im langsamen Tempo angefahrenen Beschuldigten zusammentraf und ersterer aufgrund dieser Kollision so stürzte, dass er eine – medizinisch ausgewiesene (Urk. 6/1-6) – Rücken- und Kniekontusion rechts erlitt, lässt sich ohne Weiteres erstellen. Nicht erstellt ist, dass der Privatkläger mit ca. 20 km/h unterwegs war.
Weder die genaue gefahrene Geschwindigkeit des Beschuldigten noch diejenige des Privatklägers steht fest. Ebenfalls unklar ist, ob und wie stark der Privatkläger sein Fahrrad vor der Kollision abgebremst hat. Demzufolge lässt sich aufgrund des Aktenstandes auch nicht ermitteln, wo sich der Privatkläger mit seinem Fahrrad genau befand als der Beschuldigte mit seinem Fahrzeug von der Liegenschaft C. -strasse 2 wegfuhr. Dass er ihn vor der Kollision auf jeden Fall hätte sehen müssen, ergibt sich aufgrund der guten über eine weite Strecke uneingeschränkten Sicht auf den gerade verlaufenden Fahrradstreifen. Auch betreffend
den Privatkläger steht ausser Frage, dass er aufgrund der Sichtverhältnisse das langsam auf den Radweg fahrende Fahrzeug vor der Kollision hätte sehen müssen. Wenn der Beschuldigte in allen Befragungen aussagte, er habe keinen Fahrradfahrer gesehen, der Privatkläger sei plötzlich über seine Motorhaube geflogen (Urk. 5/1 S. 2 und S. 4; Urk. 5/2 S. 2, S. 5 und S. 7; Prot. I S. 10, S. 11 und S. 17),
spricht dies dafür, dass er dem Radweg auf der linken Seite nicht hinreichend Aufmerksamkeit schenkte. Von entscheidender Bedeutung sind die Aussagen des Zeugen H. , der den Personenwagen in der Einfahrt stehen, langsam wegfahren sah und dann sogleich die Kollision mit dem Radfahrer wahrnahm (Urk. 5/7
S. 12). Da nach der Schilderung des Zeugen die Kollision unmittelbar nach dem Wegfahren des Beschuldigten erfolgte, ist auch klar, dass der Privatkläger sich in naher Distanz zum Personenwagen des Beschuldigten befunden haben muss.
Dass der Privatkläger aussagte, er habe den Personenwagen erst gesehen als er mit diesem kollidierte (Urk. 5/5 S. 2), er habe den Personenwagen erst nach dem Unfall wahrgenommen, nicht schon von weitem her, erst in der Millisekunde als er ihn angefahren habe (Urk. 5/6 S. 4) und angab, nicht mehr zu wissen, ob er gebremst habe, das sei zwar die natürliche Reaktion, aber ob er das gemacht habe, wisse er nicht (Urk. 5/6 S. 6), deutet ebenfalls darauf hin, dass der Privatkläger das Auto erst im letzten Moment wahrnahm, was klar auf fehlende Aufmerksamkeit hinweist, weshalb denn auch gegen ihn eine Strafuntersuchung eröffnet wur- de. Darauf ist im Rahmen der Erwägungen zur rechtlichen Würdigung zurückzukommen.
Der Anklagesachverhalt ist erstellt mit Ausnahme der vom Privatkläger gefahre- nen Geschwindigkeit von ca. 20 km/h und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Privatklägers, welche in Übereinstimmung mit der Vorinstanz aufgrund des Austrittsberichts des GZO Spitals Wetzikon (Urk. 6/6, Austrittsbericht S. 2) bis zum tt. Juni 2020 dauerte.
Die Beweisanträge des Beschuldigten auf Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens und Durchführung eines Augenscheins an der Unfallstelle sind abzuweisen, da sich diese Beweisabnahmen als nicht notwendig erweisen. Der Sachverhalt lässt sich aufgrund der glaubhaften und klaren Aussagen des Zeugen und
der Aufnahmen der Polizei von der Unfallörtlichkeit und der Lage und des Zustands des Personenwagens und des Fahrrads erstellen.
Die Staatsanwaltschaft würdigte das Verhalten des Beschuldigten als fahrlässige Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB, namentlich durch mehrfache fahrlässige Verletzung der Verkehrsregeln des Strassenverkehrsgesetzes (Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 36 Abs. 4 SVG) der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates (Art. 3 Abs. 1 VRV; Art. 15 Abs. 3 VRV). Der Vorderrichter folgte dieser Würdigung und sprach den Beschuldigten wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB schuldig (Urk. 43 S. 27). Fahrlässigkeit setzt ein sorgfaltswidriges Verhalten und einen dadurch verursachten tatbestandsmässigen Erfolg voraus, dessen Eintritt voraussehbar war und bei Beachtung der nach den Umständen und den persönlichen Verhältnissen erfor- derlichen Vorsicht vermeidbar gewesen wäre.
In objektiver Hinsicht kann ohne Weiteres auf die Erwägungen der Vorinstanz abgestellt werden, gemäss welchen vom Erfolg einer einfachen Körperverletzung auszugehen ist (Urk. 43 S. 26; Art. 82 Abs. 4 StPO). Nach unten abgegrenzt gilt jede Einwirkung auf den Körper die Gesundheit eines Menschen, welche zwar das gesellschaftlich allgemein tolerierte Mass übersteigt, aber noch nicht als Verletzung i. S. v. Art. 123 zu werten ist, als Tätlichkeit (Art. 126 StGB). Nach oben abgegrenzt wird der Grundtatbestand durch die Merkmale der schweren Körperverletzung gemäss Art. 122 StGB. Zu beachten sind danach die besonderen Qualifikationen der einzelnen Tatbestände. Das Gesetz verlangt eine gewisse minimale Beeinträchtigung der körperlichen gesundheitlichen Integrität, damit überhaupt erst von einer Tätlichkeit einer Körperverletzung gesprochen werden kann. Bloss vorübergehende, unwesentliche Störungen des Wohlbefindens geringfügige pathologische Veränderungen sind damit nicht ausreichend, um die Strafbarkeit zu begründen (BSK StGB-ROTH/BERKEMEIER,
4. Aufl., N 16 f. zu VorArt. 122 StGB; STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 7. Aufl., § 3 N 2 und N 7 f.). Vorliegend erlitt der Privatkläger nachweislich eine Rücken- und Kniekontusion rechts. Eine Lebensgefahr bleibende Beeinträchtigung im Sinne einer Körperverletzung ist nicht gegeben (siehe hierzu Urk. 6/3 S. 2 und Urk. 6/6, Ärztlicher Befund, S. 2). Hingegen liegt auch nicht mehr eine harmlose und lediglich das gesellschaftlich tolerierte Mass übersteigende Einwirkung auf den Körper vor, zumal es zu einer Schädigung des Körpers kam, welche behandelt werden musste (Urk. 6/1). Dass die Rücken- und Kniekontusion auf die Kollision mit dem Beschuldigten zurückzuführen sind, steht ebenfalls fest, weshalb sich weitere Erwägungen zur Kausalität erübrigen.
Betreffend Sorgfaltspflichtverletzung hat die Vorinstanz zutreffend erwogen, dass der Beschuldigte, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen wollte, andere Strassenbenützer nicht in ihrem Vortritt hätte behindern dürfen. Der Privatkläger war auf dem Fahrradweg vortrittsberechtigt, wobei der Beschuldigte durch das langsame Herausfahren auf den Parkplatz auf den Fahrradweg und die anschliessende Kollision dieses Vortrittsrecht verletzte: Radwege sind Radfahrern vorbehalten. Sie haben grundsätzlich Vortritt gegenüber anderen Fahrzeugen und Fussgängern, die den Radweg überqueren (Urk.43 S. 24 f. mit Verweis auf Art. 36 Abs. 4 SVG, Art. 40 Abs. 4 VRV und Art. 47 Abs. 5 VRV).
Vorausgesetzt ist jedoch weiter die Voraussehbarkeit des Erfolges. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist daher zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen beziehungsweise erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen mindestens zu begünstigen (BGE 135 IV 56 E.2.1). Das Verhalten des Täters braucht nicht alleinige unmittelbare Ursache des Erfolgs zu sein (BGE 115 IV 199 E. 5b), ob der Erfolg auch auf anderem Weg hätte herbeigeführt werden können, ist ohne Belang (PK StGB-TRECHSEL/JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, N 25 zu Art. 12). Es kommt also nicht darauf an, ob der Täter durch sein fahrlässiges Verhalten die alleinige Ursache für den Erfolg gesetzt diesen nur mitverursacht hat. Es genügt, dass sein
schuldhaftes Verhalten geeignet war, nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu den tatsächlich eingetretenen Folgen zu führen (BGE 130 IV 7 E. 2). Die Rechtserheblichkeit des adäquaten Kausalzusammenhanges entfiele nur dann, wenn der Fehler des Geschädigten, des Privatklägers, so aussergewöhnlich wäre, dass damit schlechthin nicht gerechnet werden musste (BGE 103 IV 289 E. 2; BGE 135 IV 56 E.2.1). An dem erforderlichen rechtserheblichen Kausalzusammenhang fehlt es daher, wenn die Folge soweit ausserhalb der normalen Lebenserfahrung liegt, dass sie nicht zu erwarten war (BGE 98 IV 168 E. 3), d.h. ganz aussergewöhnliche Umstände […] hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste, und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache […] alle anderen mitverursachenden Faktoren – namentlich das Verhalten des Angeschuldigten – in den Hintergrund drängen (BGE 130 IV 7 E. 3.2).
Bei der Frage der Voraussehbarkeit ist vorliegend zu prüfen, ob der Beschuldigte beim Zufahren auf den Fahrradweg den Privatkläger rechtzeitig hätte erkennen können. Wie bereits im Rahmen der Sachverhaltserstellung erwähnt lagen überblickbare Verhältnisse vor, wobei der Beschuldigte gute Sicht auf die geraden Strecke gehabt hätte. Das herannahende Fahrrad des Privatklägers musste für ihn somit frühzeitig erkennbar gewesen sein. Im Hinblick auf die Adäquanz ist klarzustellen, dass das Fahrverhalten bzw. die dabei fehlende Sorgfalt des Beschuldigten auf dem Fahrradweg nach gewöhnlichem Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet war, die Verletzungen beim Privatkläger zu verursachen. Wie aufgezeigt, kommt es nicht darauf an, ob der Beschuldigte durch sein fahrlässiges Verhalten die alleinige Ursache für den Erfolg setzte. Selbst wenn die Aussagen des Privatklägers, wie vorne unter Ziff. II./2.2.3. bereits festgehalten, teilweise unglaubhaft ausfielen und nicht klar ist, wie er mit nach vorne gerichtetem Blick das langsam fahrende Auto des Beschuldigten erst im Zeitpunkt der Kollision sehen konnte, muss der adäquate Kausalzusammenhang bejaht werden. Dass der Beschuldigte ohne die erforderliche Sorgfalt auf den Fahrradweg fuhr, wird nicht durch eine allenfalls unvorsichtige Fahrweise des – vortrittsberechtigten – Privatklägers verdrängt.
Damit der Eintritt des Erfolgs auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt allerdings seine Voraussehbarkeit nicht. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass der Erfolg auch vermeidbar war (PK StGB- TRECHSEL/JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, 4. Aufl., N 38 f. zu Art. 12). Dabei wird ein
hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 130 IV 7 E. 3.2; BGE 127 IV 34 E. 2a).
Ob der Privatkläger allenfalls durch eine aufmerksamere Fahrweise dem Beschuldigten hätte ausweichen früher auf die Bremsen treten und den Unfall verhindern können, kann aufgrund der Aktenlage nicht beurteilt werden. Dies bleibt jedoch für die rechtliche Würdigung ohne Bedeutung, da klar festzuhalten ist, dass es nicht zur Kollision gekommen wäre, hätte der Beschuldigte nach dem Verkehr auf dem Fahrradweg gesehen und erst dann zu dessen Überquerung angesetzt, wenn kein Fahrradfahrer ihm entgegengekommen wäre. Dies verdeutlichen, wie im Rahmen der Sachverhaltserstellung bereits dargelegt, auch die glaubhaften Aussagen des Zeugen H. : Das Auto fuhr sozusagen dann los, nicht schnell, aber los. Dann ist das Velo ins Auto… das heisst, es gab eine Kollision (Urk. 5/7 Frage 28). Aus seinen Aussagen geht hervor, dass sich die Kollision unmittelbar nach dem Losfahren des Beschuldigten ereignete. Daraus ist zu schliessen, dass der Beschuldigte den herannahenden Privatkläger bei der gebotenen Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen müssen und es nicht zum Zusammenstoss gekommen wäre, wenn der Beschuldigte nicht losgefahren wäre. Selbst wenn der Privatkläger allenfalls vorausschauender gefahren wäre, ändert dies nichts daran, dass der Beschuldigte den Unfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte verhindern können, wenn er sich pflichtgemäss verhalten hätte.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Beschuldigte aufgrund seiner mangelnden Aufmerksamkeit die Kollision mit dem Privatkläger und dessen damit verbundene Verletzungen (adäquat) kausal verursachte. Der Unfall und die
dadurch verursachte Körperverletzung war für den Beschuldigten sowohl vorausals auch vermeidbar. Damit ist der objektive und subjektive Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 1 StGB erfüllt. Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe sind dabei keine ersichtlich. Der Beschuldigte ist entsprechend schuldig zu sprechen.
Bei der Bemessung der Strafe ist der gesetzliche Strafrahmen zu beachten. Für die fahrlässige Körperverletzung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren eine Geldstrafe von drei bis maximal 180 Tagessätzen vor
(Art. 125 Abs. 1 StGB und Art. 34 Abs. 1 StGB). Die Vorinstanz sprach eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.– aus. Der Beschuldigte weist keine Vorstrafen auf und das Tatverschulden liegt, wie noch aufzuzeigen sein wird, im untersten Bereich, weshalb sich die Sanktionsart der Geldstrafe als angemessen erweist. Aufgrund des Verschlechterungsverbots gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO kommt die Ausfällung einer schärferen Sanktionsart nicht in Betracht.
Innerhalb des Strafrahmens bemisst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters. Es berücksichtigt dabei das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters
(Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Han- delns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB).
Für die Zumessung der Strafe ist zwischen der Tat- und der Täterkompo- nente zu unterscheiden. Bei der Tatkomponente ist als Ausgangspunkt die objektive Schwere des Delikts festzulegen und zu bewerten. Dabei ist anhand des Ausmasses des Erfolgs sowie aufgrund der Art und Weise des Vorgehens zu be- urteilen, wie stark das strafrechtlich geschützte Rechtsgut beeinträchtigt worden ist. Ebenfalls von Bedeutung sind die kriminelle Energie sowie der Tatbeitrag bei Tatausführung durch mehrere Täter. Hinsichtlich des subjektiven Verschuldens
sind insbesondere das Motiv, die Beweggründe, die Willensrichtung sowie das Mass an Entscheidungsfreiheit des Täters zu beurteilen. Die Täterkomponente umfasst die persönlichen Verhältnisse, das Vorleben, insbesondere frühere Strafen Wohlverhalten, und das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren, insbesondere gezeigte Reue und Einsicht ein abgelegtes Geständnis (HEIM- GARTNER STEFAN, in: Donatsch [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch mit JStG, Strafbestimmungen des SVG, BetmG und AuG sowie weiteren einschlägigen Erlassen, 20. Auflage, Zürich 2018, Art. 47 StGB N 6 ff.).
Bezüglich der objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte auf den Radweg fuhr, ohne sich ein Bild davon zu machen, ob vortrittsberechtigte Fahrradfahrer von links herannahten. Damit schuf er ein erhöhtes Risiko für andere Verkehrsteilnehmer, das sich in der Folge dann durch die Kollision mit dem Privatkläger realisierte. Dadurch erlitt der Privatkläger eine Rücken- und Kniekontusion, die nicht gravierend, aber doch mit schmerzlindernden Medikamenten ärztlich behandelt werden musste. Der Privatkläger war nur wenige Tage arbeitsunfähig und konnte früh wieder Joggen gehen und als … arbeiten. Die Tatschwere wird dadurch relativiert, dass der Beschuldigte lediglich langsam auf den Fahrradweg fuhr. Schliesslich ist entlastend zu berücksichtigen, dass auch der Privatkläger erst im Moment des Aufpralls das Fahrzeug wahrnahm, was darauf hindeutete, dass auch er nicht die erforderliche Aufmerksamkeit walten liess. Die objektive Tatschwere wiegt somit sehr leicht.
Betreffend die subjektive Tatschwere gilt es hervorzuheben, dass der Beschuldigte fahrlässig handelte, was gegenüber vorsätzlicher Tatbegehung viel leichter wiegt. Ein solches Verhalten ist zwar nicht zu bagatellisieren, liegt jedoch verschuldensmässig im untersten Bereich. Folglich bleibt es auch subjektiv bei ei- ner sehr leichten Tatschwere. Im Ergebnis erweist sich somit eine hypothetische Einsatzstrafe von 30 Tagessätzen als angemessen.
Für die Täterkomponente ist vorab auf das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten einzugehen (Urk. 5/3; Prot. I S. 8 ff. und Prot. II
S. 7 ff.). Der Beschuldigte kam in J. [Staat in Asien] zur Welt. Gemäss eigenen Angaben habe er einige Jahre in K. [Stadt in J. ] gelebt. Er habe dort die Grundschule besucht und sei danach für einige Jahre in den L. [Staat in Asien] gezogen. Dort habe er eine Ausbildung zum Karate- und Yogalehrer sowie Schiedsrichter gemacht. Eine L. -ische Organisation, deren Namen er nicht nennen wolle, habe ihn nach M. [Staat in Asien] geschickt, um Karate zu studieren. Nebenbei habe er Anatomie, Psychologie und Physiologie studiert. Die Studiengänge habe er abgeschlossen, aber leider habe er seine Dokumente und Abschlüsse unterwegs verloren. Das sei sehr schade. In der Schweiz sei er deshalb gezwungen gewesen, als G. -kurier zu arbeiten. Er habe vor langer Zeit geheiratet und sei vor ca. fünf Jahren mit seiner Frau und den gemeinsamen sechs Kindern in die Schweiz geflüchtet, wobei eine Tochter während der Flucht verschollen sei. Er habe den L. verlassen müssen, da er dort Diplomat und eine Ausbildungsperson für die Geheimdienstorganisation gewesen sei. Das Ziel der Flucht sei N. [Staat in Europa] gewesen. Unterwegs hätten sie auch ihren Sohn verloren. Nach einer Weile hätten sie erfahren, dass dieser sich in der Schweiz befinde. Er sei mit seiner Frau in die Schweiz gekommen, um seinen Sohn zu suchen. Er habe eine B-Aufenthaltsbewilligung. Das erste Asylgesuch sei abgelehnt worden. Dann habe er einen Anwalt aufgesucht und mit dessen Hilfe über mehrere Instanzen einen positiven Entscheid erwirken können. Er würde gerne arbeiten und etwas zur Gesellschaft beitragen. Im Moment bestritten sie den Lebensunterhalt durch Sozialhilfe. Drei Jahre lang habe er vom Sozialamt aus gearbeitet, bis ein Baum auf ihn gefallen sei. Dabei habe er seine Hand und beide Knie verletzt. Seither könne er nicht mehr arbeiten. Der Beschuldigte durchlebte keine einfachen Verhältnisse. Umstände, welche vorliegend für die Strafzumessung zu berücksichtigen wären, sind jedoch keine ersichtlich. Vorstrafen weist der Beschuldigte keine auf (Urk. 48), was ebenfalls strafzumessungsneutral zu werten ist.
Die Täterkomponente wirkt sich somit strafzumessungsneutral aus.
Zusammenfassend erweist sich somit die Strafe von 30 Tagessätzen, wie sie die Vorinstanz festsetzte, als angemessen.
Das Gericht bestimmt die Höhe des Tagessatzes gemäss Art. 34 Abs. 2 StGB nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im
Zeitpunkt des Urteils. Damit ist das Urteil der letzten Tatsacheninstanz gemeint,
d.h. jene Instanz, vor welcher neue Tatsachen noch berücksichtigt werden kön- nen. Ist die Tagessatzhöhe im Rechtsmittelverfahren neu festzusetzen, so ist mithin der Zeitpunkt des Rechtsmittelurteils massgebend (DOLGE in Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK Strafrecht I, 4. Aufl., Basel 2019, N 50 zu Art. 34 StGB). Ein Tagessatz beträgt gemäss Art. 34 Abs. 2 StGB in der Regel mindestens Fr. 30.– und höchstens Fr. 3'000.–. Wenn es die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters gebieten, kann der Tagessatz bis auf Fr. 10.– gesenkt werden. Für die massgebenden Grundlagen kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden (Urk. 43 S. 30). Vorliegend verfügt der Beschul- digte über ein monatliches Einkommen von ca. Fr. 2'000.–. Zudem hat er Schul- den von Fr. 18'000.–angehäuft (Prot. II S. 10). Vermögen besitzt er keines. Der Beschuldigte lebt unter finanziell knappen Verhältnissen und muss mit dem Einkommen aus Sozialhilfe von Fr. 2'000.– seine ganze Familie unterhalten. Der mi- nimale Tagessatz von Fr. 30.– erscheint deshalb auch im Rechtsmittelverfahren noch als angemessen.
Der Vorderrichter hat den bedingten Vollzug der Geldstrafe angeordnet und eine Probezeit von zwei Jahren festgesetzt. Aufgrund des Verschlechterungsverbots gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO hat es dabei zu bleiben. Die Entscheidung erscheint jedoch unabhängig von diesem Grundsatz als angemessen und wäre zu bestätigen. Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft und es bestehen keine Faktoren, welche die Vermutung der günstigen Legalprognose umstossen würden. Gestützt auf diese Überlegungen wäre sodann auch eine Verbindungsbusse, wie die Staatsanwaltschaft vor erster Instanz beantrage, nicht angezeigt.
Damit ist festzuhalten, dass der Beschuldigte mit 30 Tagessätzen zu je
Fr. 30.– zu bestrafen ist, wobei die Strafe bedingt auszufällen und eine Probezeit von 2 Jahren festzusetzen ist.
Der Vertreter des Privatklägers beantragte anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung, die Schadenersatzforderungen des Privatklägers auf den Zivilweg zu verweisen (Prot. I S. 21), was vom Vorderrichter so auch erkannt wurde (Urk. 43 S. 33). Der Beschuldigte beantragt die Aufhebung der entsprechenden Dispositivziffer gestützt auf den begehrten Freispruch.
Das Gericht entscheidet über die anhängig gemachte Zivilklage, wenn es die beschuldigte Person schuldig spricht (Art. 126 Abs. 1 lit. a StPO). Das Gericht kann das Begehren jedoch unter anderem auf den Zivilweg verweisen, wenn die Privatklägerschaft ihre Klage nicht hinreichend begründet beziffert hat
(Art. 126 Abs. 2 lit. b StPO). Mangels hinreichender Begründung ist der Zivilanspruch des Privatklägers vorliegend auf den Zivilweg zu verweisen.
Bei diesem Ausgang des Berufungsverfahrens ist das erstinstanzliche Kostenauflage (Urk. 43 S. 32) ohne Weiteres zu bestätigen (Art. 428 Abs. 3 StPO und Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO).
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Vorliegend unterliegt der Beschuldigte mit seiner Berufung vollumfänglich, weshalb ihm ausgangsgemäss die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen sind.
Die amtliche Verteidigung machte für das Berufungsverfahren einen Aufwand von Fr. 8'861.55 (inkl. MwSt.) geltend (siehe Urk. 63/1-2). Für die Berufungsverhandlung, die Vor- und Nachbesprechung sowie die weiteren Schritte wurden 4.20 Stunden vorgesehen. Für die Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurden 14.3 Stunden angegeben. Da sich der Parteivortrag hauptsächlich auf die schriftlich begründete Berufungserklärung abstützte, erscheint es angemessen, die amtliche Verteidigung für das Berufungsverfahren mit einer Pauschale von Fr. 8'000.– zu entschädigen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil, Einzelgericht in Zivil- und Strafsachen, vom 2. Juni 2021 bezüglich der Dispositivziffer 5 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Der Privatkläger O. wird mit seiner Schadenersatzforderung auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'500.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 8'000.– amtliche Verteidigung
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens beider Instanzen, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt, aber sofort abgeschrieben. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft See/Oberland
die Vertretung der Privatklägerschaft im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerschaft
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft See/Oberland
die Vertretung der Privatklägerschaft im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerschaft
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Abteilung Administrativmassnahmen, Richterliche Fahrverbote, 8090 Zürich
die P. Versicherungsgesellschaft AG, z.Hd. Q. , [Adresse]
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 10. Mai 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Pandya
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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