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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB210496: Obergericht des Kantons Zürich

Die Regionale Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau hat das Strafverfahren gegen A.________ wegen einer Verkehrsregelverletzung nicht weiterverfolgt. A.________ hat Beschwerde eingereicht, um die entstandenen Kosten aufgrund der Verfahrensdauer erstattet zu bekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Kostenfälligkeit der Beschwerde beantragt und argumentiert, dass die behaupteten Kosten nicht im Zusammenhang mit dem Strafverfahren stehen. Die Beschwerdekammer in Strafsachen hat entschieden, dass die Beschwerde unbegründet ist und A.________ die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von CHF 1'000.00 tragen muss.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB210496

Kanton:ZH
Fallnummer:SB210496
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210496 vom 02.05.2022 (ZH)
Datum:02.05.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache versuchte schwere Körperverletzung etc. und Widerruf
Schlagwörter : Beschuldigte; Privat; Privatkläger; Beschuldigten; Recht; Sinne; Landes; Urteil; Landesverweisung; Verteidigung; Staat; Tasche; Taschenmesser; Privatklägers; Schweiz; Staatsanwalt; Bezug; Staatsanwaltschaft; Stich; Gericht; Aussage; Körperverletzung; Dispositiv; Vorinstanz; Berufung; äter
Rechtsnorm:Art. 10 StPO ;Art. 103 StGB ;Art. 122 StGB ;Art. 13 BV ;Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 292 StGB ;Art. 34 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 400 StPO ;Art. 401 StPO ;Art. 41 StGB ;Art. 424 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48a StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 50 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 61 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 66c StGB ;Art. 66d StGB ;Art. 8 EMRK ;Art. 84 StPO ;Art. 94 SVG ;
Referenz BGE:133 I 33; 134 IV 26; 134 IV 97; 135 IV 12; 137 IV 1; 137 IV 312; 137 IV 57; 138 IV 120; 139 I 16; 141 IV 249; 142 IV 265; 144 II 1; 144 IV 168; 144 IV 217; 144 IV 313; 145 IV 455; 145 IV 55; 147 IV 340;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB210496

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210496-O/U/cwo

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, die Ersatzoberrichterinnen lic. iur. C. Brenn und lic. iur. M. Sigrist-Tanner sowie die Gerichtsschreiberin MLaw T. Künzle

Urteil vom 2. Mai 2022

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X1.

gegen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, vertreten durch Staatsanwalt lic. iur. A. Knauss,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend mehrfache versuchte schwere Körperverletzung etc. und Widerruf Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung,

vom 8. Juli 2021 (DG210008)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 19. Januar 2021 (act. D1/21) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 60 S. 94 ff.)

Es wird beschlossen:

  1. Das Verfahren betreffend Betäubungsmittelkonsum vor dem 8. Juli 2018 wird eingestellt.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB,

    • des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,

    • der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,

    • der Entwendung zum Gebrauch im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG,

    • des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB,

    • des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB,

    • der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB,

    • des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und c BetmG sowie

    • der mehrfachen Übertretung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 5 Jahren Freiheitsstrafe, wovon 270 Tage durch Haft erstanden sind und einer Busse von Fr. 500.–.

  3. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

  5. Der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich- Sihl vom 2. August 2017 ausgefällten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 20.– und der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 27. November 2017 ausgefällten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 30.– wird widerrufen.

  6. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 61 StGB in eine Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen.

    Es wird vorgemerkt, dass sich der Beschuldigte im vorzeitigen Massnahmenvollzug im Massnahmenzentrum Uitikon (MZU) befindet.

  7. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.

  8. Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird angeordnet.

  9. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Betäubungsmittel und Betäubungsmittel-utensilien (Lagernummer S02212-2018 und S01391-2019) werden eingezogen und der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  10. Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. Januar 2021 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:

    • 1 leeres Zigarettenpäckchen Marlboro (A013’178'671),

    • 1 CH Taschenmesser rot (A013'210'510).

  11. Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. Januar 2021 beschlagnahmten Gegenstände werden bei den Akten belassen:

    • 1 Freecom HD mit Videodaten VBZ (A013’289'764),

    • 2 Daten-CD mit Videoaufnahmen PP Rathaus (A013'534'015).

  12. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Gegenstände (Polis-Geschäftsnr. 73086370), Oberbekleidung

    des Beschuldigten (A011'620'534 und A011'620'556) werden dem Beschuldigten innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben, beziehungsweise nach Ablauf dieser Frist der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  13. Die nachfolgenden, einzig als Beweismittel sichergestellten Gegenstände Herrenjacke (A013'179'185), Herrenhose (A013'179'196), werden dem Privatkläger B. innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben.

  14. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides werden sämtliche unter der Referenz-Nr. K191101-011 bzw. der Geschäftsnr. 76671313, unter der Referenz- Nr. K200830-010 bzw. der Geschäftsnr. 78592446, unter der Referenz-Nr. K200707-021 bzw. der Geschäftsnr. 78198364 und unter der Referenz-Nr. K180629-004 bzw. der Geschäftsnr. 73086370 sichergestellten Asservate, Spuren und Spurenträger eingezogen und vernichtet.

  15. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Fr. 870.– zur Deckung der Busse und Verfahrenskosten verwen- det.

  16. Der Privatkläger C. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  17. Die Privatklägerin D.

    AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den

    Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  18. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber dem Privatkläger E. aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches wird der Privatkläger E. auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  19. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger C. Fr. 2'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 30. August 2020 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  20. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger E. Fr. 1'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 1. November 2019 als Genugtuung zu bezahlen.

  21. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin F. Fr. 500.– zuzüglich 5 % Zins ab 14. September 2019 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  22. Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers B. wird abgewiesen.

  23. Rechtsanwalt lic. iur. Y. wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter des Privatklägers E. mit Fr. 5'080.05 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  24. Rechtsanwalt lic. iur. Z._ wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter der Privatklägerin F. mit Fr. 2'078.35 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  25. Rechtsanwältin MLaw X2. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 15'395.– (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  26. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 6'500.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 5'000.00 Gebühr für das Vorverfahren

    Fr. 29'953.60 Auslagen (Gutachten/Expertisen) Fr. 610.00 Auslagen

    Fr. 3'490.00 Telefonkontrolle

    Fr. 2'520.00 Auslagen Polizei

    Fr. 100.00 Entschädigung Zeuge

    Fr. 15'570.85 Entschädigung amtliche Verteidigung (Vorverfahren)

    Fr. 6'166.70 Entschädigung amtliche Verteidigung (Verfügung 22.02.21) Fr. 15'395.00 amtliche Verteidigung

    Fr. 5'080.05 unentgeltlicher Rechtsvertreter Privatkläger E. Fr. 2'078.35 unentgeltlicher Rechtsvertreter Privatklägerin F.

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  27. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretungen der Privatklägerin F. und E. , werden dem Beschuldigten auferlegt.

  28. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatklägerin F. und E._ werden auf die Gerichtskasse genommen;

    vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO beim Beschuldigten.

  29. (Mitteilungen)

  30. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

(Prot. II S. 4 f.)

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 81)

    1. Es sei der Beschuldigte vom Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung in Bezug auf den Sachverhalt des Dossiers 1 im Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2021 freizusprechen. Das Urteil sei in Dispositiv Ziffer 1 entsprechend anzupassen.

    2. Es sei der Beschuldigte vom Vorwurf des Raubes in Bezug auf den Sachverhalt des Dossiers 1 im Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2021 freizusprechen. Das Urteil sei in Dispositiv Ziffer 1 entsprechend anzupassen.

    3. Es sei unter Berücksichtigung der Anpassung der Dispositiv Ziffer 1 eine neue Einsatz- und Gesamtstrafe festzulegen. Das Urteil sei in Dispositiv Ziffer 2 entsprechend anzupassen.

    4. Es sei die gegen den Beschuldigten im Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2021 angeordnete 5-jährige Landesverweisung aufzuheben. Das Urteil sei in Dispositiv Ziffer 7 entsprechend anzupassen.

    5. Es sei die im Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2021 angeordnete Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem aufzuheben. Das Urteil sei in Dispositiv Ziffer 8 entsprechend anzupassen.

    6. Es seien die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens nach Massgabe der im erstinstanzlichen Verfahren zur Verurteilung

      zum Freispruch geführten Anklagepunkte und der durch die Berufung erreichten Freisprüche und Abänderungen des Urteils anteilsmässig dem Beschuldigten und dem Staat aufzuerlegen.

    7. Alles unter vollumfänglichen Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7.7% MWST) zu Lasten der Staatskasse. Dem amtlichen Verteidiger seien seine Kosten gemäss der am 22. April 2022 eingereichten und heute ergänzten Honorarkostennote in Höhe von insgesamt CHF 15'071.20 vollumfänglich zu vergüten.

  2. Der Staatsanwaltschaft: (schriftlich, Urk. 68)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

  3. Des Vertreters des Privatklägers E. : (schriftlich, Urk. 79)

    Es sei das vorinstanzliche Urteil in Bezug auf sämtliche, den Privatkläger E. betreffenden Dispositivziffern, namentlich die Ziffern 1, 18 und 20, zu bestätigen.

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte und Berufungsumfang

  1. Prozessgeschichte

    1. Das vorstehend wiedergegebene Urteil vom 8. Juli 2021 wurde den Parteien gleichentags mündlich eröffnet (Prot. I S. 45 ff.). Der Beschuldigte meldete mit Schreiben vom 16. Juli 2021 innert Frist Berufung an (Urk. 48).

    2. Mit Verfügung vom 10. September 2021 wurde das Mandat der bisherigen

      amtlichen Verteidigerin beendet und Rechtsanwalt MLaw X1.

      als neuer

      amtlicher Verteidiger bestellt (Urk. 58 = Urk. 65/3). Nach Zustellung des begrün- deten Urteils (Urk. 60) reichte der Beschuldigte mit Schreiben vom 30. September

      2021 fristgerecht die Berufungserklärung ein; gleichzeitig stellte er den Beweisantrag, die Mutter des Beschuldigten sei im Zusammenhang mit der Landesverweisung als Zeugin einzuvernehmen (Urk. 63). Mit Präsidialverfügung vom

      5. Oktober 2021 wurde die Berufungserklärung in Anwendung von Art. 400 Abs. 2 und 3 StPO und Art. 401 StPO den Privatklägern und der Staatsanwaltschaft zugestellt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen und um zum Beweisantrag des Beschuldigten Stellung zu nehmen (Urk. 66). Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Schreiben vom 6. Oktober 2021 auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils; weiter beantragte sie sinngemäss die Abweisung des gestellten Beweisantrages (Urk. 68). Die Privatkläger liessen sich nicht verlauten. Mit Präsidialverfügung vom 2. November 2021 wies die Verfahrensleitung den Beweisantrag des Beschuldigen ab (Urk. 70).

    3. Am 28. Januar 2022 wurden die Parteien zur heutigen Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 72). Zur Berufungsverhandlung erschien der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers (Prot. II S. 5). Der unentgeltliche Rechtsvertreter des Privatklägers E. reichte seine Plädoyernotizen inklusive der Honorarnote (Urk. 79) bereits im Vorfeld schriftlich ein.

    4. Das Urteil erging im Anschluss an die Berufungsverhandlung und wurde dem Beschuldigten mündlich eröffnet, erläutert und im Dispositiv übergeben (Prot. II S. 8 ff.).

  2. Umfang der Berufung

    1. Der Beschuldigte ficht von den zahlreichen erstinstanzlichen Schuldsprüchen lediglich die Schuldsprüche betreffend versuchte schwere Körperverletzung sowie Raub gemäss Dossier 1 an (Dispositivziffer 1 Spiegelstrich 1 und 2) und verlangt diesbezüglich einen Freispruch. Entsprechend beantragt er die Neubeurteilung des Strafpunktes im Sinne einer Neufestsetzung der Einsatzstrafe und Gesamtstrafe unter Berücksichtigung dieser Freisprüche (Dispositivziffer 2). Weiter wendet sich der Beschuldigte gegen die angeordnete Landesverweisung (Dispositivziffer 7) sowie deren Ausschreibung im Schengener Informationssys-

      tem (Dispositivziffer 8). Weiter ficht der Beschuldigte die vollumfängliche Kostenauflage (Dispositivziffer 27) an (Urk. 81 S. 2 f.).

    2. Unangefochten blieben der vorinstanzliche Beschluss betreffend Einstellung des Verfahrens mit Bezug auf Betäubungsmittelkonsum vor dem 8. Juli 2018 sowie die Schuldsprüche betreffend versuchte schwere Körperverletzung gemäss Dossier 6 (Dispositivziffer 1 erster Spiegelstrich), einfacher Körperverletzung, Entwendung [eines Fahrzeuges] zum Gebrauch, Diebstahl, mehrfachen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, Nötigung, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Dispositivziffer 1 Spiegelstriche 3-9). Nicht angefochten wurde die aufgrund der Übertretungen festgesetzte Busse, deren Vollzug und die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe (Dispositivziffer 2 mit Bezug auf die Busse sowie Dispositivziffern 3 und 4), weiter der Widerruf des bedingten Vollzugs der beiden Vorstrafen vom 2. August 2017 bzw. vom 27. November 2017 (Dispositivziffer 5), die Einweisung des Beschuldigten in eine Einrichtung für junge Erwachsene (Dispositivziffer 6), die Entscheide betreffend die beschlagnahmten Betäubungsmittel, diversen Gegenstände sowie Barschaft (Dispositivziffern 9-15), die Entscheide betreffend die Zivilansprüche der Privatkläger (Dispositivziffern 16-22), die Festsetzung der Entschädigungen für die unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatkläger 5 und 6 (Dispositivziffern 23 und 24), die Entschädigung der vormaligen amtlichen Verteidigerin (Dispositivziffer 25 sowie die Kostenfestsetzung (Dispositivziffer 26) und die Übernahme der Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatkläger 5 und 6 auf die Gerichtskasse unter Vorbehalt des Nachforderungsrechts gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO (Dispositivziffer 28) (Prot. II S. 7). In diesem Umfang ist der vorinstanzliche Entscheid in Rechtskraft erwachsen, was vorab festzustellen ist (Art. 399 Abs. 3 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO).

    3. Im übrigen Umfang ist der angefochtene Entscheid unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO zu überprüfen. Diesbezüglich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und je-

des einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_46/2018 vom 14. Februar 2018 E. 4 mit Hinweisen). Das Berufungsgericht kann sich somit auf die für seinen Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken.

II. Sachverhalt

  1. Ausgangslage

    1. Dem Beschuldigten wird in Dossier 1 zusammengefasst vorgeworfen, am

      1. November 2019 den Privatkläger E.

      im Tram … mit einem offenen

      Taschenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 9 cm bedroht zu haben. Danach

      habe er sich neben den Privatkläger E.

      gesetzt und mit dem offenen

      Taschenmesser mit einer Ausholbewegung gegen den Unterleib des Privatklägers gestochen, wobei Letzterer dem Stich seitwärts nach rechts ausgewichen sei. Daraufhin habe der ebenfalls aufstehende Beschuldigte erneut gegen den

      Unterleib des Privatklägers E.

      gestochen, wobei Letzterer den Stich mit

      seiner einen Hand abgefangen habe, indem er das Handgelenk der Hand des Beschuldigten gepackt und fixiert habe. Der Beschuldigte habe den Privatkläger

      E.

      zudem während der ganzen Zeit mehrmals mit der rechten Faust ins

      Gesicht geschlagen. Nach den Stichen und Faustschlägen habe der Beschuldigten den Privatkläger E. und dem auf der anderen Tramseite auf Höhe des

      Beschuldigten sitzenden Privatkläger B.

      befohlen, ihm alle ihre Sachen

      auszuhändigen. Daraufhin habe der Privatkläger E.

      ihm sein Mobiltelefon

      Samsung Galaxy A20 (ca. CHF 400.–) und seine Bauchtasche der Marke Kappa (ca. 50.–) sowie der Privatkläger B. ihm sein Portemonnaie (CHF 20.–, mit Bargeld von CHF 20.–) gegeben. Schliesslich habe der Beschuldigte von oben herab mit dem Taschenmesser gegen den ebenfalls stehenden Privatkläger

      E.

      gestochen, wobei Letzterer zur Abwehr dieses Stiches seine rechte

      Hand gehoben habe, sodass er eine Stich-/Schnittverletzung am rechten Handrücken erlitten habe. Für die genauen Einzelheiten der Vorwürfe kann auf die angefügte Anklageschrift vom 19. Januar 2021 verwiesen werden (Urk. D1/21).

    2. Der Beschuldigte bestritt nicht, zur inkriminierten Zeit ins Tram Nr. … gestiegen zu sein und sich zwischen der Haltestelle G. und H. rechts

      neben den Privatkläger E.

      gesetzt zu haben. Weiter anerkannte der Beschuldigte, ein rotes Schweizer Sackmesser in der Hand gehalten zu haben, dies zu seinem eigenen Schutz. Bestritten wurde jedoch vom Beschuldigten, dass er – wie im Anklagesachverhalt beschrieben – versucht habe, auf den Privatkläger E. einzustechen; er habe diesen nur bedrohen, nicht aber verletzen wollen, wobei er zur Verdeutlichung der Drohung mehrfach in die Rückenlehne der vorderen Sitzbank gestochen habe. Mit Bezug auf das Taschenmesser bestritt der Beschuldigte die Klingenlänge von ca. 9 cm. Der Privatkläger E. habe sich am wieder geöffneten Taschenmesser an der Hand verletzt, als er sich habe befreien wollen. Weiter bestritt der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Faustschläge ins Gesicht des Privatklägers E. . Mit Bezug auf den ihm vorgeworfenen Raub anerkannte der Beschuldigte, dass er das Mobiltelefon und das Portemonnaie des

      Privatklägers E.

      sowie das Portemonnaie des Privatklägers B. an

      sich genommen habe. Er verneinte jedoch, dass diese ihm die Gegenstände unter Zwang bzw. unter Anwendung von Gewalt übergeben hätten. Eine unrechtmässige Bereicherungsabsicht habe zudem nie vorgelegen (vgl. Urk. D1/2/1 F/A 5 ff., Urk. D1/2/3 F/A 41 ff. und F/A 67 ff., Urk. D1/2/4 F/A 3, Urk. Prot. I S. 28 f., Urk. 81 S. 5 f. und S. 15). In der Folge ist zu prüfen, ob der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt mit den vorhandenen Beweismitteln rechtsgenügend erstellt werden kann. Was der Beschuldigte mit seinen Handlungen beabsichtigte in Kauf nahm, gehört zum subjektiven Tatbestand. Um Wiederholungen zu vermeiden, ist darauf bei der rechtlichen Würdigung näher einzugehen, nicht bereits bei der Sachverhaltserstellung.

  2. Allgemeines zur Sachverhaltserstellung und Würdigung von Beweismitteln

        1. Das Gericht legt seinem Urteil denjenigen Sachverhalt zugrunde, den es nach seiner freien, aus der Hauptverhandlung und den Untersuchungsakten geschöpften Überzeugung als verwirklicht erachtet (Art. 10 Abs. 2 StPO). Eine strafrechtliche Verurteilung kann nur erfolgen, wenn die Schuld des Beschuldigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist. Es darf namentlich kein vernünftiger

          Zweifel darüber bestehen, dass sich der dem Beschuldigten in der Anklageschrift vorgeworfene Tatbestand tatsächlich verwirklicht hat. Dies bedingt, dass das Gericht eine persönliche Gewissheit erhält. Nicht ausreichend ist, wenn die vorliegenden Beweise objektiv klar auf eine Schuld des Beschuldigten hindeuten, das Gericht aber persönlich nicht zu überzeugen vermögen. Allfällige abstrakte theoretische Zweifel sind nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss ausreichen, wenn vernünftige Zweifel an der Schuld des Beschuldigten ausgeschlossen werden können. Die blosse Wahrscheinlichkeit vermag einen Schuldspruch nicht zu begründen. Nur wenn sich das Gericht nach Erschöpfung aller Erkenntnisquellen weder von der Existenz noch von der Nichtexistenz der beweisbedürftigen Tatsachen zu überzeugen vermag, kommt der den Beschuldigten begünstigende Grundsatz in dubio pro reo zur Anwendung. Hat das Gericht also erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel (d.h. solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen), so muss es den Beschuldigten freisprechen.

        2. Stützt sich die Beweisführung im Wesentlichen auf die Aussagen von Beteiligten, so sind diese frei zu würdigen. Steht Aussage gegen Aussage, ist anhand sämtlicher Umstände, die sich aus den Akten ergeben, zu untersuchen, welche Sachdarstellung überzeugend ist, wobei es vorwiegend auf den inneren Gehalt der Aussagen ankommt, verbunden mit der Art und Weise, wie die Angaben erfolgen. Es darf aber nicht einfach auf die Persönlichkeit die allgemeine Glaubwürdigkeit des Aussagenden abgestellt werden, sondern auf die Glaubhaftigkeit der konkreten, im Prozess relevanten Aussagen. Diese sind einer Analyse bzw. kritischen Würdigung zu unterziehen, wobei auf das Vorhandensein von sogenannten Realitätskriterien grosses Gewicht zu legen ist (B ENDER, Die häufigsten Fehler bei der Beurteilung von Zeugenaussagen, SJZ 81, S. 53 ff.). Für die Glaubhaftigkeit einer Darstellung spricht insbesondere die Fülle von lebendigen, sachlich richtigen und psychologisch stimmigen Details, die nicht bloss auf das Beweisthema zielgerichtet sind (sog. Detailkriterium). Ferner spricht auch der Umstand, dass die Details der Schilderung sich schlussendlich zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen, für die Glaubhaftigkeit einer Darstellung (sog. Homogenitätskriterium; vgl. BENDER, a.a.O., S. 56).

    2.2. Bei der Würdigung von Aussagen in erster Linie nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit der Person massgebend ist, sondern die Glaubhaftigkeit der im Prozess relevanten Aussagen mit Bezug auf den konkret zu beurteilenden Vorfall (BGE 133 I 33 E. 4.3; Urteile des Bundesgerichts 6B_938/2014 vom 18. Februar

    2015 E. 2.3.; 6B_692/2011 vom 9. Februar 2012 E. 1.4, je mit Hinweisen). Dabei geht es um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der aussagenden Personen entsprechen. Entscheidend ist letztlich die Glaubhaftigkeit der Aussage zum Tathergang bzw. die Überzeugung des Gerichts betreffend deren Wahrheitsgehalt (Urteil des Bundesgerichtes 6B_382/2019 vom 8. August 2019 E. 1.1 mit Hinweisen).

  3. Vorhandene Beweismittel

    Mit Bezug auf den Sachverhalt gemäss Dossier 1 liegen die Aussagen des Beschuldigten anlässlich seiner Hafteinvernahme vom 12. November 2019 (Urk. D1/2/1), seiner polizeilichen Einvernahme vom 11. Dezember 2019 (Urk. D1/2/3), seiner staatsanwaltschaftlichen Einvernahmen vom 19. Februar 2020 bzw. 20. Februar 2020 (Urk. D1/2/4+5) sowie seiner Schlusseinvernahme vom 30. November 2020 (Urk. D1/2/6) bei den Akten. Zudem machte der Beschuldigte Aussagen anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (Prot. I

    S. 28 ff.) sowie anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung (Urk. 80 S. 7 f.). Als weitere Beweismittel liegen die Aussagen des Privatklägers E. vom 1. November 2019 und vom 4. November 2019 gegenüber der Polizei (Urk. D1/5/1+2) vor sowie seine staatsanwaltschaftliche Einvernahme als Auskunftsperson vom 19. Februar 2020 (Urk. D1/5/3). Ebenso liegen die Aussagen des Privatklägers B. vom 1. November 2019 und vom 4. November 2019 gegen- über der Polizei (Urk. D1/5/4+5) sowie gegenüber der Staatsanwaltschaft vom 19. Februar 2020 (Urk. D1/5/6) bei den Akten. Als weitere Beweismittel liegen drei Fotodokumentationen (Urk. D1/1/8, Urk. D1/1/10-11) bei den Akten, weiter mit Bezug auf den Privatkläger E. der ärztliche Befund des Universitätsspitals Zürich vom 12. Dezember 2019 (Urk. D1/7/3), das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich vom 7. August 2020 (Urk. D1/7/4) sowie die

    Dokumentation der Schnittverletzung an der Hand (Urk. 42/1). Mit Bezug auf den

    Privatkläger B.

    liegen der ärztliche Befund des Universitätsspitals Zürich

    vom 16. Dezember 2019 (Urk. D1/7/7) und das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich vom 11. August 2020 (Urk. D1/7/8) vor. Überdies wurde am 19. Februar 2020 vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich ein Gutachten über sichergestellte Spurenasservate erstattet (Urk. D1/9/8).

  4. Würdigung der Beweismittel

    1. Klingenlänge des Sackmessers

      1. Die Anklageschrift wirft dem Beschuldigten vor, ein offenes Taschenmesser mit einer ca. 9 cm langen Klinge gegen den Privatkläger E. eingesetzt zu haben. Die Tatwaffe wurde unbestrittenermassen nicht gefunden und sichergestellt; der Beschuldigte führte diesbezüglich aus, er habe das Messer in derselben Nacht am G. in den See geworfen (Urk. D1/2/1 F/A 6 ff., Urk. D1/2/3 F/A 75 f.). Der Beschuldigte führte anlässlich seiner Hafteinvernahme zur Klingenlänge Folgendes aus: Die Klinge war nicht so lang, es war ein normales Schweizer Taschenmesser. (Urk. D1/2/1 F/A 3 a.E.). Anlässlich seiner Einvernahme vom 11. Dezember 2019 sagte er dazu aus, es sei ein rotes Schweizer Sackmesser gewesen mit einer Klingenlänge von ca. 6 cm (Urk. D1/2/3 F/A 74).

      2. Auch der Privatkläger E. führte zum Messer aus, es habe sich um ein rotes Schweizer Taschenmesser gehandelt mit einer Klingenlänge von geschätzt 9 cm (Urk. D1/5/1 F/A 63, Urk. D1/5/2 F/A 11) bzw. um ein normales Taschenmesser (Urk. D1/5/3 F/A 22). Der Privatkläger B. , welcher den Angriff mit

        dem Messer auf den Privatkläger E.

        beobachten konnte, beschrieb das

        verwendete Messer unmittelbar nach dem Vorfall ebenfalls als normales Messer, ein rotes Schweizer Sackmesser, wobei die Klinge ca. 10 cm lang gewesen sei (Urk. D1/5/4 F/A 49 f.). Anlässlich seiner staatsanwaltschaftlichen Einver-

        nahme sprach der Privatkläger B. schenmesser (Urk. D1/5/6 F/A 10).

        ebenfalls von einem Schweizer Ta-

      3. Alle Beteiligten haben somit ausgeführt, dass das vom Beschuldigten verwendete Messer ein normales Schweizer Taschenmesser gewesen sei. Gemäss der Homepage von Victorinox gibt es das Schweizer Taschenmesser in drei verschiedenen Grössen: Die kleinste Version ist lediglich 5.8 cm lang, das kleinste Sackmesser von Wenger hat eine Länge von 6.5 cm. Die mittlere Grösse des Victorinox-Taschenmessers ist zwischen 8.4 cm bis 9.1 cm lang. Die grössten Taschenmesser haben eine Länge von 11.1 cm (vgl. zum Ganzen: https://www.victorinox.com/de/de/Produkte/Schweize r- Taschenmesser/c/SAK?ScrollPosition=0& maxResults=30). Wenn alle Beteiligten von einem normalen Taschenmesser ausgehen, erscheint offensichtlich, dass damit nicht ein kleines Messer von 5.8-6.5 cm gemeint sein kann. Diese Taschenmesser sind augenfällig kleiner als ein Taschenmesser, welches man als normal bezeichnen würde, gerade auch in der Hand eines jungen Mannes. Allerdings kann auch nicht nachgewiesen werden, dass es sich um ein grosses Taschenmesser mit einer Grifflänge von 11.1 cm gehandelt hat. Es verbleibt somit die mittlere, eben normale Grösse mit einer Grifflänge von 8.4-9.1 cm und einer Klingenlänge von 6.8 cm (vgl. dazu Urk. 81 Beilage). Die Anklageschrift nennt die Klingenlänge des Messers nicht mit einer genauen Angabe, sondern spricht von ca. 9 cm. Diese ungefähre Angabe stützt sich auf die Aussagen der Beteiligten, zumal auch der Beschuldigte von einem normalen Taschenmesser sprach und lediglich seine Schätzung der Klingenlänge nach unten abwich. Schätzungen divergieren jedoch naturgemäss, weshalb vielmehr auf die Beschreibung eines normalen Taschenmessers abzustellen ist, womit von einer mittleren Grösse und einer Klingenlänge von ca. 7 cm auszugehen ist. Mit der Vorinstanz ist somit davon auszugehen, dass dieses Sachverhaltselement erstellt ist.

    2. Stichbewegungen gegen den Privatkläger E.

      1. Die Anklageschrift wirft dem Beschuldigten drei Stichbewegungen mit dem

        offenen Taschenmesser gegen den Privatkläger E.

        vor: Der Beschuldigte

        habe sich im Tram rechts neben den Privatkläger E.

        gesetzt, habe sich

        stark zu ihm abgedreht und habe ein erstes Mal mit einer Ausholbewegung gegen den Unterleib des Privatklägers E. gestochen, wobei dieser dem Stich seitwärts nach rechts oben habe ausweichen können und dem Beschuldigten zugewandt stehen geblieben sei. Anschliessend habe der inzwischen ebenfalls aufstehende Beschuldigte ein zweites Mal gegen den Unterleib des Privatklägers E. gestochen, wobei dieser den Stich mit seiner Hand habe abfangen kön- nen, indem der das Handgelenk des Beschuldigten gepackt und fixiert habe. Später habe der stehende Beschuldigte von oben herab mit dem Taschenmesser er- neut gegen den ebenfalls stehenden Privatkläger E. gestochen, wobei dieser zur Abwehr des Stiches seine rechte Hand erhoben habe, so dass der Beschuldigte ihm mit seinem Taschenmesser eine Stich-/Schnittverletzung am rechten Handrücken zugeführt habe.

      2. Der Beschuldigte stellte sich während der Untersuchung grundsätzlich auf den Standpunkt, er habe keine Stichbewegungen gegen den Privatkläger E. ausgeführt. Vielmehr habe er auf die Tramsitze eingestochen. Dabei habe er sich gar selber am Finger verletzt, weil dabei die Klinge des Taschenmessers zugeklappt sei. Die Verletzung am Handrücken des Privatklägers E. sei entstanden, weil dieser ihm eine Backpfeife habe geben wollen bzw. mit sei- nen Händen herumgefuchtelt habe (Urk. D1/2/1 F/A 11 und 16 ff.; Urk. D1/2/3 F/A 48-66; Urk. D1/2/4 F/A 3). Vor Vorinstanz und anlässlich der heutigen Befragung machte er dazu keine weiteren Angaben (Urk. 80 S. 7 f.).

      3. Die Vorinstanz hat die Aussagen des Beschuldigten sowie der Privatkläger

        E.

        und B.

        ausführlich zusammengefasst wiedergegeben und zutreffend gewürdigt. Darauf kann, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wer- den (Urk. 60 S. 14-20). Unter Einbezug der Würdigung der objektiven Beweismittel (Fotodokumentationen, Gutachten) kam die Vorinstanz zum Schluss, der eingeklagte Sachverhalt sei erstellt (Urk. 60 S. 20-21). Diese Einschätzung ist zu teilen. Die folgenden Erwägungen sind lediglich wiederholender ergänzender Natur.

      4. Die Verteidigung des Beschuldigten erachtete die Aussagen des Privatklä-

        gers E.

        als wenig glaubhaft, da dieser behauptet habe, der Beschuldigte

        habe das Taschenmesser in seiner linken Hand gehalten (Urk. D1/5/1 F/A 10; Urk. D1/5/3 F/A 19 f.). Auf Frage der Staatsanwaltschaft, wie der Beschuldigte

        denn zum Stich ausgeholt habe, habe er jedoch mit seinem rechten Arm die angebliche Bewegung vorgezeigt. Der Beschuldigte sei zudem Rechtshänder (Urk. D1/2/3 F/A 50 und 110). Weiter weise der Beschuldigte am rechten Zeigefinger eine Narbe auf, welche entstanden sei, als das Taschenmesser ungewollt zugeklappt sei. Auch dies sei ein Beweis, dass der Beschuldigte das Taschenmesser entgegen den Aussagen des Privatklägers E. in der rechten Hand gehalten habe (Urk. 44 S. 5, Urk. 81 S. 7 ff.).

        Zunächst ist dazu festzuhalten, dass die Anklageschrift offenlässt, ob der Beschuldigte mit der linken rechten Hand zugestochen hat. Insoweit ist der Sachverhalt nicht zu erstellen. Soweit der Beschuldigte aus dieser Differenz je- doch ableitet, dass die Aussagen des Privatklägers E. nicht glaubhaft seien, ist ihm nicht zu folgen. Insbesondere ist aus der Tatsache, dass der Privatkläger

        E.

        von der linken Hand sprach, die Ausholbewegung jedoch mit seinem

        rechten Arm vorzeigte, nicht auf einen Widerspruch zu schliessen. Die Frage des Staatsanwaltes zielte nämlich nicht darauf ab, dass der Privatkläger E. vorzeigen sollte, mit welcher Hand der Beschuldigte zugestochen habe, sondern auf die Art, wie er zur Stichbewegung ausgeholt hat. Dies kann jedoch sowohl mit dem rechten als auch mit dem linken Arm gezeigt werden, losgelöst vom Arm, welchen der Beschuldigte tatsächlich benützt hat. Es ist überdies entgegen der Auffassung der Verteidigung auch möglich, mit der linken Hand seitlich zu stechen. Selbst wenn der Beschuldigte das Taschenmesser tatsächlich in seiner rechten Hand gehalten haben sollte, worauf die Narbe am rechten Zeigfinger hin- deutet, müssten die Aussagen des Beschuldigten dennoch nicht als dermassen widersprüchlich eingestuft werden, dass sie insgesamt als unglaubhaft erscheinen würden. Im Kern sind die Aussagen des Privatklägers E. nicht widersprüchlich und zurückhaltend. Es sind keine Übertreibungen Aggravierungen ersichtlich. Er schilderte nachvollziehbar die unterschiedliche Heftigkeit der ersten beiden Stichbewegungen und gibt bei der letzten Einvernahme auch Erinnerungslücken zu. Es sind keine Anzeichen ersichtlich, dass der Privatkläger E. den Beschuldigten absichtlich belasten wollte. Mit den Aussagen des Beschuldigten konfrontiert, bestätigte er auch, dass dieser sich in den Finger geschnitten habe.

        Insgesamt sind die Aussagen des Beschuldigten konstant und im Kern ohne Wi- dersprüche.

      5. Weiter machte die Verteidigung geltend, der Privatkläger B. habe von seinem Sitzplatz im Tram den behaupteten Angriff mit dem Taschenmesser gar nicht sehen können, da sich der Beschuldigte mit dem Rücken zu ihm befunden habe. Die den Beschuldigten belastende Aussage des Privatklägers B. , der Beschuldigte habe mit dem Messer eine Stichbewegung in Richtung Bauch des

        Privatklägers E.

        gemacht und er glaube gesehen zu haben, dass dieser

        erste Stich in den Sitz hineingegangen sei, habe deshalb keinen Beweiswert (Urk. 44 S. 5 f.). Zwar ist richtig, dass sich der Privatkläger B. auf dem Einzelsitzplatz auf gleicher Höhe wie der Beschuldigte und der Privatkläger E. befunden hat und dass sich der Beschuldigte zum Privatkläger E. hin abge- dreht hatte, dem Privatkläger B. somit grundsätzlich den Rücken zukehrte. Trotz dieser Position ist es aber ohne weiteres möglich, aufgrund der Körperhaltung und der Bewegungen zu beobachten und zu erfassen, welche Bewegungen der Beschuldigte mit dem Arm bzw. der Hand wohin machte. Der Privatkläger B. hat detailreich und präzis geschildert, was er gesehen und wahrgenommen hat. Wenn er sich nicht sicher war, brachte er dies zum Ausdruck und sagte zurückhaltend aus (z.B. in welcher Hand der Beschuldigte das Messer gehalten hat). Der Einwand der Verteidigung überzeugt nicht.

      6. Weiter will die Verteidigung des Beschuldigte darin einen Widerspruch erblicken, dass der Privatkläger E. in seiner ersten Befragung im Universitätsspital Zürich durch die Polizei angegeben habe, der Beschuldigte habe die drei Stichbewegungen gegen den Oberkörper ausgeführt; erst später habe er von Stichbewegungen gegen den Bauch gesprochen (Urk. 44 S. 6). Dazu ist festzuhalten, dass es sich bei der in Urk. D1/1/1 S. 9 festgehaltenen Aussage des Beschuldigten lediglich um die zusammenfassende Darstellung der rapportierenden Polizistin handelt. Zudem ist es keineswegs so, dass damals der Privatkläger E. lediglich von seinem Oberkörper gesprochen hat. Liest man nämlich wei-

        ter, hat der Privatkläger E.

        offenbar ausgeführt, dass wenn er die erste,

        massive Stichbewegung nicht abgewehrt hätte, der Täter ihm das Messer in den Bauch gerammt hätte (Urk. D1/1/1 S. 9). Ein Widerspruch liegt damit nicht vor.

      7. Zusammenfassend ist an dieser Stelle nochmals festzuhalten, dass die Einwendungen des Beschuldigten nicht zu überzeugen vermögen und der Sachverhalt mit Bezug auf die drei vom Beschuldigten ausgeführten Stichbewegungen erstellt ist.

    3. Faustschläge gegen den Privatkläger E.

      1. Die Anklageschrift wirft dem Beschuldigten vor, er habe den Privatkläger E. neben den drei Stichbewegungen gegen dessen Bauch auch mehrmals mit der rechten Faust ins Gesicht geschlagen. Der Beschuldigte führte dazu lapi-

        dar aus, er könne sich nicht daran erinnern, den Privatkläger E.

        mit der

        Faust ins Gesicht geschlagen zu haben verweigerte dazu die Aussage (Urk. D1/2/1 F/A 11, Urk. D1/2/3 F/A 122 und 130; Urk. D1/2/5 S. 3-4).

      2. Der Privatkläger E.

        erklärte bereits anlässlich seiner ersten Einvernahme im Universitätsspital, dass der Beschuldigte ihn geschlagen habe, wird dies doch im entsprechenden Rapport erwähnt (vgl. Urk. D1/1/1 S. 7). Auch später berichtete er von diesen Schlägen (Urk. D1/5/1 F/A 8, Urk. D1/5/2 F/A 43, Urk. D1/5/3 F/A 29 f.), wobei er ausführte, die Schläge seien nicht so stark gewesen.

      3. Der Privatkläger B. machte keine Aussage zu diesen Faustschlägen, was allerdings auch nicht verwunderlich ist, da er offenbar von einem anderen Beteiligten selber einen Faustschlag ins Gesicht erhalten hat (vgl. D1/5/4 F/A 18).

      4. Die Verteidigung wandte mit Bezug auf die Faustschläge im Wesentlichen ein, es könne nicht sein, dass diese mit der rechten Hand ausgeführt worden seien, da der Beschuldigte ja das Messer in der rechten Hand gehalten habe und Rechtshänder sei (Urk. 44 S. 7). Dieser Einwand vermag die konstanten, klaren

        und zurückhaltenden Aussagen des Privatklägers E.

        nicht zu erschüttern.

        Schliesslich handelte es sich beim in der Anklageschrift beschriebenen Vorfall um ein dynamisches Geschehen. Der Beschuldigte muss das Taschenmesser auch

        nicht zwingend immer in derselben Hand gehalten haben. Die Verteidigung brach-

        te zudem vor, der Privatklägerin E.

        habe die Faustschläge in der Einvernahme vom 4. November 2019 gegenüber der Staatsanwaltschaft nicht erwähnt (Urk. 81 S. 10). Dem ist entgegenzuhalten, dass es in der Einvernahme vom 4. November 2019 nicht um die inkriminierten Faustschläge des Beschuldigten son- dern um dessen (mutmasslichen) Messereinsatz gegangen ist (vgl. Urk. D1/5/2). Mit der Vorinstanz ist kein Grund zu erblicken, weshalb nicht auf die glaubhaften und überzeugenden Aussagen des Privatklägers E. abgestellt werden sollte. Auch diesbezüglich ist deshalb der Sachverhalt gemäss Anklageschrift als erstellt zu erachten.

    4. Anwendung von Gewalt zur Verübung des Raubes

      1. Weiter bestritt der Beschuldigte im Laufe der Untersuchung die Anwendung von Gewalt zur Verübung des Raubes. Anlässlich seiner Hafteinvernahme gab er noch zu, dass er den beiden Privatklägern das Mobiltelefon, die Bauchtasche und das Portemonnaie abgenommen habe, um auf Nachfrage zu präzisieren, er habe nur das Mobiltelefon abgenommen (Urk. D1/2/1 F/A 11 f.). Anlässlich der Einvernahme vom 10. Dezember 2019 anerkannte er ebenfalls, den beiden Privatklägern die Portemonnaies sowie ein Handy abgenommen zu haben (Urk. D1/2/3 F/A 62 und 67). Dabei stellte er sich auf den Standpunkt, die Privatkläger E. und B. hätten ihm das Mobiltelefon und die Portemonnaies freiwillig ausgehändigt; er habe sie gefragt und die beiden hätten auch nein sagen können (F/A 69-71 und 79-81).

      2. Der Privatkläger E.

        schilderte demgegenüber keineswegs eine freiwillige Übergabe der Gegenstände. Vielmehr führte er aus, der Beschuldigte habe zu ihm gesagt, er müsse seine Bauchtasche abziehen, dann habe er auf seine Hosentasche gezeigt und ihm befohlen, diese zu leeren. Beim Leeren habe der Beschuldigte dann sein Handy und seine Bauchtasche an sich genommen (Urk. D1/5/1 F/A 9). Auch später schilderte der Privatkläger E. alles andere als eine freiwillige Übergabe der Gegenstände (Urk. D1/5/2 F/A 47 ff., D1/5/3 F/A 60 ff.).

      3. Der Privatkläger B.

        schilderte ebenfalls von Beginn weg eine nicht

        freiwillige Übergabe des Portemonnaies und sprach davon, dass ihm die Sachen abgenommen worden seien (Urk. D1/5/4 F/A 37). Anlässlich der Einvernahme vom 4. November 2019 schilderte er, der Beschuldigte habe zu ihm und dem Privatkläger E. gesagt, sie sollten ihm alles geben, was sie hätten; er habe sein Portemonnaie übergeben. Er habe dies aus Angst gemacht, schliesslich habe der Beschuldigte ein Messer gehabt und bereits auf den Privatkläger E. eingestochen (Urk. D1/5/5 F/A 74 f.). Auch anlässlich seiner staatsanwaltschaftlichen Einvernahme schilderte der Privatkläger B. , er habe diese Sachen gegeben, weil der Beschuldigte mit dem Messer vor ihm gestanden sei und den Privatkläger E. bereits an der Hand verletzt habe; zudem seien noch drei weitere Personen von Seiten des Beschuldigten dabei gewesen (Urk. D1/5/6 F/A 22 ff.).

      4. Wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat, ist die Gewalt, welche der Beschuldigte gegen den Privatkläger E. angewendet hatte (Stichbewegungen und Faustschläge) erstellt (Urk. 60 S. 22). Von einer freiwilligen Übergabe der Gegenstände kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Die Darstellung des Beschuldigten ist völlig lebensfremd. Vielmehr ist der Sachverhalt, wie ihn die Anklageschrift schildert, erstellt.

  5. Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit Bezug auf Dossier 1 der Sachverhalt, wie er in der Anklageschrift geschildert wird, aufgrund der vorhandenen Beweismittel, insbesondere den glaubhaften und überzeugenden Aussagen der beiden Privatkläger, mit der Ausnahme einer Klingenlänge von ca. 7 cm und nicht ca. 9 cm, rechtsgenügend erstellt ist.

III. Rechtliche Würdigung

  1. Standpunkte der Parteien

    1. Die Staatsanwaltschaft würdigte den Sachverhalt gemäss Dossier 1 als eventualvorsätzlich versuchte schwere Körperverletzung im Sinne von Art. 122

      Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB, als Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 StGB sowie als vorsätzliche einfache Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 1 StGB (Schnittverletzung am rechten Handrücken des Privatklägers E. ). Mit Bezug auf diese letztgenannte rechtliche Würdigung führte die Vorinstanz aus, es habe sich um ein zusammenhängendes Geschehen gehandelt, weshalb die Faustschläge und die Schnittverletzung als einfache Körperverletzung vom Raub konsumiert würden (vgl. Urk. 60 S. 51). Heute steht mit Bezug auf Dossier 1 lediglich noch die versuchte schwere Körperverletzung und der Raub zur Diskussion.

    2. Die Verteidigung des Beschuldigten bestreitet diese rechtliche Würdigung durch die Staatsanwaltschaft. Vielmehr habe der Beschuldigte den Privatkläger

      E.

      nur bedrohen wollen. Zu keinem Zeitpunkt habe er diesen verletzen

      wollen, weshalb er eine Verletzung auch nicht in Kauf genommen habe. Überdies sei nicht belegt, dass ein Stich mit einem Taschenmesser in den Unterleib eine lebensgefährliche Verletzung verursachen könnte. Es fehle somit am Vorsatz sowie an der Möglichkeit der unmittelbaren Lebensgefahr. Mit Bezug auf das Weg- nehmen der Gegenstände habe es dem Beschuldigten an der Aneignung und der Bereicherungsabsicht gefehlt, da er die Gegenstände nicht behalten, sondern in den See geworfen habe. Der Beschuldigte sei entsprechend freizusprechen (Urk. 44 S. 8 ff.; Urk. 81 S. 14 ff.).

  2. Versuchte schwere Körperverletzung

    1. Die Vorinstanz hat in ihrem Urteil die allgemeinen Grundlagen mit Bezug auf den Tatbestand der schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB, den Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 1 StGB sowie den subjektiven Tatbestand (Vorsatz und Eventualvorsatz) zutreffend ausgeführt, worauf verwiesen werden kann (Urk. 60 S. 42 f.). Ergänzend ist mit Bezug auf den Eventualvorsatz Folgen- des festzuhalten: Nach ständiger Rechtsprechung ist Eventualvorsatz gegeben, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall sei- nes Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3. S. 4 mit Hinweis). Für den Nachweis des Vorsatzes

      kann sich das Gericht – soweit der Täter nicht geständig ist – regelmässig nur auf äusserlich feststellbare Indizien und auf Erfahrungsregeln stützen, die ihm Rückschlüsse von den äusseren Umständen auf die innere Einstellung des Täters erlauben. Zu den äusseren Umständen, aus denen der Schluss gezogen werden kann, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen, zählt auch die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung und die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Je grösser dieses Risiko ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto eher darf gefolgert werden, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen (BGE 135 IV 12 E. 2.3.2 S. 17; BGE 134 IV 26 E. 3.2.2 S. 28 f.).

    2. Zunächst ist festzuhalten, dass Messerstiche in den Bauch eines Menschen, auch wenn sie mit einem Taschenmesser ausgeführt werden, durchaus das Potential haben, einen Menschen lebensgefährlich zu verletzen. Wie in der Anklageschrift zutreffend festgehalten ist, besteht die hohe Gefahr einer Darmverletzung mit der lebensbedrohlichen Komplikation einer Sepsis sowie die Gefahr der Verletzung grosser Blutgefässe mit der lebensbedrohlichen Folge einer Einblutung in den Bauchraum. Auch mit einem Taschenmesser von einer Klingenlänge von ca. 7 cm (vgl. Urk. 81 Beilage) können solche lebensbedrohlichen Verletzungen im Bauchraum ohne Weiteres zugefügt werden. Dies ist allgemein bekannt, und auch der Beschuldigte hat nicht ausgeführt, dass er nicht gewusst habe, dass Messerstiche gegen den Bauch eines Menschen potentiell lebensbe- drohlich sein können (vgl. Prot. I S. 27).

    3. Unbestritten ist, dass keine vollendete Tatbegehung vorliegt. Der Privatkläger E. wurde nicht lebensgefährlich verletzt. Es kann entsprechend nur eine versuchte Tatbegehung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 StGB vorliegen.

    4. Mit Bezug auf den Eventualvorsatz hat die Vorinstanz absolut zutreffend ausgeführt, dass die Sorgfaltspflichtverletzung des Beschuldigten schwer wiegt, indem er zweimal mit dem Messer Stichbewegungen gegen den Bauch des Privatklägers E. ausgeführt hat (Urk. 60 S. 48). Auch die weiteren Erwägungen, dass der Beschuldigte damit hat rechnen müssen, dass er durch diese bei- den Stiche den Privatkläger E. lebensbedrohlich verletzen könnte, sind ohne weiteres zu teilen. Es ist der schnellen Reaktion des Privatklägers E. zu verdanken, dass er tatsächlich nicht getroffen wurde. Die beiden Stiche wurden vom Beschuldigten offensichtlich absolut ernsthaft ausgeführt, hat doch der Pri-

      vatkläger E.

      in seiner polizeilichen Einvernahme vom 1. November 2019,

      kurz nach der Tat, noch ausgeführt, nachdem der Beschuldigte das Tram verlassen habe, habe er zuerst gemeint, er sei am Bauch getroffen worden (Urk. D1/5/1 F/A 9). Auch der Privatkläger B. beschrieb die Stichbewegungen so, dass der Beschuldigte keinen Spass habe machen wollen, es habe so ausgesehen, dass er den Privatkläger E. habe treffen wollen (Urk. D1/5/5 F/A 66 f.). Aufgrund dieser Beschreibungen kann nur darauf geschlossen werden, dass der Beschuldigte eine potentiell lebensbedrohliche Verletzung des Privatklägers E. in Kauf genommen hat. Die Ausführungen des Beschuldigten, er habe den Privat-

      kläger E.

      lediglich bedrohen, sicher aber nicht verletzen wollen, sind in

      Anbetracht der Tatausführung nicht glaubhaft und als reine Schutzbehauptung zu werten.

    5. Mit der Vorinstanz ist der Sachverhalt gemäss Anklageschrift als eventualvorsätzlich versuchte schwere Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB zu würdigen. Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe liegen keine vor, weshalb der Beschuldigte entsprechend schuldig zu sprechen ist.

  3. Raub

    1. Die Vorinstanz hat die allgemeinen Voraussetzungen des Tatbestandes des Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zutreffend dargelegt, worauf verwiesen werden kann (Urk. 60 S. 49). Auch die übrigen Ausführungen der Vorinstanz zu den Vorbringen der Verteidigung des Beschuldigten, insbesondere zum Vorliegen einer Nötigungshandlung und zur Aneignungsabsicht (Urk. 60

      S. 50-51) sind zutreffend und vollumfänglich zu teilen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist dem Beschuldigten jedoch nicht nur eine (vorübergehende) Bereicherungsabsicht zu attestieren. Vielmehr verlangte er von den Privatklägern nicht nur das Mobiltelefon heraus, sondern auch deren Portemonnaies und die Bauchtasche des Privatklägers E. . Dass er auch das in den Portemonnaies

      befindliche Geld in den See geworfen haben will, ist eine Schutzbehauptung (vgl. Urk. 81 S. 14). Die dargelegten Umstände sprechen klar dafür, dass sich der Beschuldigte (zumindest) mit dem Inhalt der Portemonnaies hat bereichern wollen.

    2. Entsprechend ist der Beschuldigte auch des Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen, da auch diesbezüglich keine Rechtfertigungsoder Schuldausschlussgründe vorliegen.

IV. Strafzumessung

  1. Ausgangslage

    Aufgrund der rechtskräftigen Schuldsprüche der Vorinstanz und der wie vorstehend ausgeführten zusätzlichen Schuldsprüche ist heute für die folgenden Delikte eine Strafe auszufällen:

    • mehrfach versuchte schwere Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB,

    • Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,

    • einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,

    • Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB,

    • Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB,

    • Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und c BetmG.

      Für die rechtskräftigen Schuldsprüche betreffend Entwendung zum Gebrauch im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG, mehrfachen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB sowie mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG wurde von der Vorinstanz eine Busse von Fr. 500.– ausgefällt, da es sich bei diesen Tatbeständen um Übertretungen handelt, welche mit Busse zu sanktionieren sind (vgl. Art. 103 StGB). Die Bussenhöhe wurde mit der Berufung nicht angefochten, weshalb die

      Busse von Fr. 500.– gemäss Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils rechtskräftig festgelegt wurde. Bei der Strafzumessung ist auf die genannten Übertretungen nicht mehr einzugehen.

  2. Anträge der Parteien

    Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten für die obengenannten Verbrechen und Vergehen mit einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren. Die Verteidigung beantragt, der Beschuldigte sei – unter Berücksichtigung der Freisprüche – eine neue Einsatz- und Gesamtstrafe festzulegen (Urk. 81). Die Staatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids (Urk. 68).

  3. Allgemeine Grundsätze der Strafzumessung

    1. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu, wobei das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Täters sowie die Wirkung der Strafe auf dessen Leben zu berücksichtigen sind (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird dabei nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit dieser nach den gesamten Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB).

    2. Für die Zumessung der Strafe ist zwischen der Tat- und der Täterkompo- nente zu unterscheiden. Bei der Tatkomponente ist als Ausgangspunkt die objektive Schwere der Delikte festzulegen und zu bewerten. Dabei ist anhand des Ausmasses des Erfolgs sowie aufgrund der Art und Weise des Vorgehens zu beurteilen, wie stark das strafrechtlich geschützte Rechtsgut beeinträchtigt wurde. Ebenfalls von Bedeutung sind die kriminelle Energie, der Tatbeitrag bei Tatausführung durch mehrere Täter sowie ein allfälliger Versuch. Hinsichtlich des subjektiven Verschuldens sind insbesondere das Motiv, die Beweggründe, die Willensrichtung sowie das Mass an Entscheidungsfreiheit des Täters zu beurteilen. Die Täterkomponente umfasst die persönlichen Verhältnisse und das Vorleben, insbesondere frühere Strafen Wohlverhalten, sowie das Verhalten nach der

      Tat und im Strafverfahren, insbesondere Reue und Einsicht ein Geständnis (BSK StGB I-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 90 ff.).

    3. Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen (Asperation). Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kommt das Asperationsprinzip nur zur Anwendung, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzel- nen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt. Dies setzt voraus, dass das Gericht die (hypothetischen) Einzelstrafen sämtlicher Delikte (zumindest gedanklich) gebildet hat. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht (BGE 144 IV 313, E. 1.1.1; BGE 144 IV 217,

      E. 3.5; BGE 142 IV 265, E. 2.3.2; BGE 138 IV 120, E. 5.2; je m.w.H.). Geldstrafe

      und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 144 IV 217, E. 2.2; BGE 138 IV 120, E. 5.2; BGE 137 IV 57, E. 4.3.1).

      Grund für dieses methodische Vorgehen ist, dass ein Täter im Rahmen der Gesamtstrafenbildung nicht strenger bestraft werden soll, als wenn die Taten einzeln beurteilt worden wären (BGE 144 IV 217, E. 3.5.1). Erst nach Festlegung der Gesamtstrafe für sämtliche Delikte sind sodann die Täterkomponenten zu berücksichtigen (Urteil BGer 6B_865/2009 vom 25. März 2010, E. 1.6.1).

    4. Bei der Gesamtstrafenbildung hat sich das Gericht zur Wahl der jeweiligen Strafart für die konkreten Delikte zu äussern und mit Blick auf die Verhältnismässigkeit zu begründen, wenn es nach Festlegung der Einsatzstrafe für das schwerste Delikt auch für die weiteren Taten eine Freiheitsstrafe für erforderlich hält (Art. 41 Abs. 2 StGB; Art. 50 StGB; Urteil BGer 6B_210/2017 vom

25. September 2017, E. 2.2.2.). Bei der Wahl der Sanktionsart sind gemäss Rechtsprechung als wichtigste Kriterien die Zweckmässigkeit einer Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97, E. 4.2). Nach dem Prinzip der Verhält- nismässigkeit soll bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift beziehungsweise die ihn am wenigsten hart trifft (BGE 134 IV 97, E. 4.2.2). Eine Freiheitsstrafe wiegt immer schwerer als eine Geldstrafe, unabhängig von der Dauer der Freiheitsstrafe beziehungsweise der Höhe des Geldstrafenbetrages (BGE 144 IV 217, E. 3.3.3 und 3.4., je m.w.H.). Für Strafen von weniger als sechs Monaten ist grundsätzlich eine Geldstrafe auszusprechen (vgl. Art. 34 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 41 Abs. 1 StGB; vgl. BGE 137 IV 312, E. 2.4). Eine

Freiheitsstrafe ist lediglich dann auszufällen, wenn eine solche geboten erscheint, um den Täter vor weiteren Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB) wenn eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (Art. 41 Abs. 1 lit. b StGB).

  1. Wahl der Sanktionsart/Strafrahmen

    1. Das Gesetz sieht sowohl für Raub als auch für schwere Körperverletzung einen Strafrahmen von 6 Monaten bis 10 Jahre Freiheitsstrafe vor (Art. 140 Ziff. 1 StGB und Art. 122 Abs. 1 StGB). Mit Bezug auf die schwere Körperverletzung ist vorliegend zu berücksichtigen, dass es in beiden Fällen lediglich beim Versuch blieb, weshalb ein Strafmilderungsgrund vorliegt (Art. 22 Abs. 1 StGB). Dies hat zur Folge, dass das Gericht nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden ist und auch auf eine andere als die angedrohte Strafart erkennen kann (Art. 48a Abs. 1 und 2 StGB). Im vorliegenden Fall erscheint allerdings trotz Vorliegen dieses Strafmilderungsgrundes mit Bezug auf die beiden versuchten Körperverletzungen in Anbetracht der konkreten Tatausführung die Freiheitsstrafe als angemessene Sanktion. Der Versuch ist im Rahmen der Strafzumessung strafmin- dernd zu berücksichtigen.

    2. Für Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe bis 5 Jahre Geldstrafe. Bei den restlichen Delikten – einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB und Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und c BetmG – handelt es sich um Vergehen mit einer

      Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis 3 Jahre Geldstrafe. Grundsätzlich könnte für diese Delikte eine Geldstrafe ausgefällt werden. Vorliegend ist aller- dings zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte sowohl mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 2. August 2017 zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 20.– als auch mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 27. November 2017 zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 30.– verurteilt wurde (Urk. 62). Von diesen Vorstrafen hat sich der Beschuldigte offensichtlich nicht beeindrucken lassen und hat während laufender Probezeit delinquiert (heute zu beurteilender Sachverhalt gemäss Dossier 7). Unter diesen Umständen erscheint es geboten, auch für die genannten Vergehen eine Freiheitsstrafe auszufällen.

    3. Für alle diese Delikte ist somit eine Gesamtstrafe zu bilden. Dies wird im Übrigen auch von der Verteidigung so beantragt (Urk. 81 S. 17 f.). Als schwerste Tat ist vorliegend vom Raub auszugehen, da diesbezüglich keine versuchte Tatbegehung vorliegt. Die festzusetzende Einsatzstrafe ist mit den für die anderen Delikte auszufällenden Strafen zu asperieren.

  2. Anwendung

    1. Einsatzstrafe für den Raub (Dossier 1)

      Mit Bezug auf die objektive Tatschwere ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass der Beschuldigte durch die Art und Weise seines Vorgehens eine beträchtliche kriminelle Energie zeigte. Durch die vorangehenden Stichbewegungen mit dem offenen Taschenmesser sowie die Schläge gegen das Gesicht des Privatklägers E. hatte er beide Privatkläger eingeschüchtert, so dass sie sich gezwungen sahen, seinem Befehl, ihm alle ihre Sachen auszuhändigen, nachzukommen. Der Beschuldigte hat zwar objektiv betrachtet nicht Gegenstände von grossem Wert erbeutet, allerdings ist dies nicht zu Gunsten des Beschuldigten zu veranschlagen, da er den Privatklägern alle Wertgegenstände abgenommen hat, die sie dabei hatten. Dass sich im Portemonnaie des Privatklägers B. nicht mehr als Fr. 20.– befanden, konnte er nicht wissen. In subjektiver Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Tat nicht von langer Hand geplant war, der Beschuldigte jedoch, als sich die Gelegenheit ergab, ohne Not den Tatentschluss fasste. Im Rahmen seiner Aussagen machte er geltend, er habe sich gar nicht bereichern wollen, sondern er habe durch die Wegnahme des Mobiltelefons verhindern wollen, dass die Privatkläger die Polizei benachrichtigen konnten. Dieses Motiv lässt den Raub allerdings nicht wirklich in einem günstigeren Licht darstellen. Wie gezeigt ist dem Beschuldigten zumindest bezüglich des Inhalts der gestohlenen Portemonnaies eine Bereicherungsabsicht zu attestieren. Auf jeden Fall handelte der Beschuldigte aus rein egoistischen Gründen. Zudem handelte er mit direktem Vorsatz, obschon diese Tat im Gesamtgeschehen nicht im Vordergrund stand. Das über den Beschuldigten eingeholte psychiatrische Gutachten vom

      21. Oktober 2020 hält zudem fest, dass beim Beschuldigten im Zeitpunkt der Taten keine verminderte Schuldfähigkeit vorlag und er jederzeit fähig war, das Unrecht der Taten einzusehen und gemäss dieser Einsicht zu handeln (Urk. D1/14/16 S. 71). Es ist – in Anbetracht der möglichen Vorgehensweisen beim Raub – insgesamt von einem nicht mehr leichten Verschulden auszugehen. Es erscheint angemessen, für den Raub die Einsatzstrafe auf 24 Monate festzusetzen.

    2. Straferhöhung für versuchte schwere Körperverletzung (Dossier 1)

      Die objektive Tatschwere ist zunächst für das vollendete Delikt der schweren Köperverletzung zu erheben. Nach der Würdigung der objektiven und subjektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass eine versuchte Tatbegehung vorliegt.

      Zur objektiven Tatschwere des vollendeten Delikts ist festzuhalten, dass der Beschuldigte drei Mal auf den Beschuldigten eingestochen hat, wobei nicht alle drei Stichbewegungen mit derselben Intensität ausgeführt worden sind. Auch mit Bezug auf die schwere Körperverletzung handelte der Beschuldigte ohne Not: Er stieg ins Tram zu und setzte sich zum Privatkläger E. hin, ohne dass dieser ihn provoziert hätte. Beim vom Beschuldigten verwendeten Messer handelte es sich nicht um eines mit einer sehr langen Klinge, sondern diese mass knapp 7cm. Das Vorgehen des Beschuldigten ist verwerflich und die körperliche Integrität des

      Privatklägers E.

      wurde in erheblichem Mass gefährdet. In subjektiver

      Hinsicht ist ebenfalls von erheblicher krimineller Energie auszugehen. Dem

      Beschuldigten ist allerdings zu Gute zu halten, dass er nicht mit direktem Vorsatz handelte, sondern eventualvorsätzlich. Seine Motive blieben im Dunkeln. Allenfalls mag die vorgängige Konfrontation zwischen zwei Gruppen von Jugendlichen rund um den Bahnhof I. eine Rolle gespielt haben (vgl. dazu zum Beispiel Urk. D1/2/1 F/A 32 ff.). Mit Bezug auf dieses Tatvorgehen ist nicht von Planung auszugehen, sondern von relativ spontaner Vorgehensweise, auch wenn dazu allerdings überhaupt kein Anlass bestand. Die Tat wäre ohne weiteres vermeidbar gewesen. Insgesamt wäre für das vollendete Delikt von einem nicht mehr leichten bis erheblichen Verschulden auszugehen.

      Der Privatkläger E.

      wurde jedoch nicht lebensgefährlich verletzt, sondern

      trug lediglich eine Schnittverletzung am Handrücken davon. Deshalb liegt wie bereits ausgeführt eine versuchte Tatbegehung vor und die Strafe ist innerhalb des ordentlichen Strafrahmens zu mindern. Der Nichteintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs hing allerdings nicht primär vom Beschuldigten ab, sondern es ist wohl der schnellen und geistesgegenwärtigen Reaktion des Privatklägers E. zu verdanken, dass er nicht mehr verletzt wurde. Allerdings ist mit der Vorinstanz sicher mit zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Stichbewegungen wohl nicht mit letzter Konsequenz durchgeführt hat. Insgesamt erweist es sich angemessen, die Einsatzstrafe um 12 Monate zu asperieren.

    3. Straferhöhung für versuchte schwere Körperverletzung (Dossier 6)

      Mit Bezug auf die versuchte schwere Körperverletzung zum Nachteil des Privatklägers C. hat die Vorinstanz das objektive und subjektive Tatverschulden des Beschuldigten zutreffend dargelegt, worauf vollumfänglich zu verweisen ist (Urk. 60 S. 62). Hervorzuheben ist, dass es lediglich glücklichen Umständen zu verdanken ist, dass durch den Faustschlag und die anschliessenden Fusstritte gegen den Kopf des Privatklägers C. nicht grössere und vor allem bleiben- de Verletzungen entstanden sind. Mit der Vorinstanz erscheint eine Asperation der Einsatzstrafe um 12 Monate als dem Verschulden angemessen.

    4. Straferhöhung für einfache Körperverletzung (Dossier 2)

      In Bezug auf die objektive Tatkomponente ist festzuhalten, dass der Beschuldigte der Privatklägerin F. einen wuchtigen Faustschlag gegen den Kopf versetzte, wodurch diese zu Boden ging. Anschliessend hörte der Beschuldigte nicht auf, sondern versetzte ihr mehrere Fusstritte in den Rücken, so dass diese verschie- dene Prellungen erlitt. Der Beschuldigte ging rücksichtslos und verwerflich vor. In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte von der Privat-

      klägerin F.

      zuvor offenbar verbal provoziert worden ist (vgl. Urk. D2/3/4

      F/A 40). Es scheint sich beim Vorgehen des Beschuldigten somit um eine Kurzschlussreaktion gehandelt zu haben, auch wenn dies seine Tat nicht entschuldigt. Die Tat wäre trotzdem ohne weiteres vermeidbar gewesen. Der Beschuldigte handelte ohne Not und aus nichtigem Anlass. Auch wenn das Verhalten des Beschuldigten keineswegs zu bagatellisieren ist, ist das Verschulden noch als leicht einzustufen. Es erscheint gerechtfertigt, die Einsatzstrafe um 3 Monate zu asperieren.

    5. Straferhöhung für Nötigung (Dossier 7.1)

      Diesbezüglich ist auf die Erwägungen der Vorinstanz zu den objektiven und subjektiven Tatkomponenten zu verweisen, welche vollumfänglich zu teilen sind (Urk. 60 S. 63). Unter Berücksichtigung, dass der Beschuldigte offenbar gewisse Reue und Einsicht zeigte und sich beim Opfer entschuldigt hat (vgl. Urk. D7.1/5/3

      S. 10) erscheint es mit der Vorinstanz gerechtfertigt, die Einsatzstrafe um 2 Monate zu asperieren.

    6. Straferhöhung für Diebstahl (Dossier 4)

      In objektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass es sich beim gestohlenen Gegenstand um eine Damentasche im Wert von Fr. 495.– handelte. Das Vorgehen ist als plump, aber dreist zu beschreiben: Der Beschuldigte behändigte im Verkaufsgeschäft die Tasche und verliess darauf fluchtartig das Geschäft. In subjektiver Hinsicht erscheint das Vorgehen relativ spontan und nicht geplant. Der Beschuldigte hatte jedoch absolut nichtige Motive: Es ging ihm wohl vor allem um einen gewissen Kick und darum, bei den Kollegen dazu zu gehören, führte er doch aus, er wisse nicht, warum er den Diebstahl begangen habe, sein Kollege habe etwas

      genommen und dann habe er halt auch etwas genommen; für die Tasche hatte er keine eigentliche Verwendung (vgl. Urk. D4/5 F/A 14 ff.). Insgesamt ist das Verschulden noch als sehr leicht zu bewerten und eine Asperation um 1 Monat erweist sich als angemessen.

    7. Straferhöhung für Vergehen gegen das BetmG (Dossier 7.2)

      Diesbezüglich ist wiederum vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 60 S. 64 f.). Eine Asperation der Einsatzstrafe um 1 Monat erscheint angemessen.

    8. Fazit Tatkomponente

      Aufgrund der Tatkomponente erscheint aufgrund des Gesagten eine Freiheitsstrafe von 55 Monaten als dem objektiven und subjektiven Tatverschulden angemessen.

    9. Täterkomponente

      Zum Vorleben und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten kann auf die vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden (Urk. 60 S. 65 f.). Zusammengefasst ist im Wesentlichen festzuhalten, dass der Beschuldigte in Eritrea geboren wurde und zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwister 2008 2009 zu seinem bereits in der Schweiz lebenden Vater kam. Hier in der Schweiz musste er zuerst einmal Deutsch lernen. Danach besuchte er die Sekundarschule. Aufgrund von Problemen kam es zu verschiedenen Schulwechseln. Auch nach dem 10. Schuljahr vermochte der Beschuldigte keine Lehrstelle zu finden. Seit dem tt. Januar 2021 befindet sich der Beschuldigte in einer Massnahme für junge Erwachsene. Anlässlich der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aktualisierend aus, er habe dort eine Malerlehre begonnen, welche ihm recht gut gefalle. Mittlerweile gehe es gut dort und er halte sich an die Regeln (Urk. 80 S. 3 f.). Mit Bezug auf die Schwierigkeiten, die der Beschuldigte offensichtlich hat, sich in der Schweiz und der hiesigen Rechtsordnung zurecht zu finden, geht das psychiatrische Gutachten vom 21. Oktober 2020 zwar davon aus, dass beim Beschul- digten ausgeprägte dissoziale Tendenzen vorliegen, die Diagnose einer dissozia-

      len Persönlichkeitsstörung könne aufgrund des noch jungen Alters und des Umstandes, dass noch keine therapeutischen Interventionen stattgefunden hätten, (noch) nicht gestellt werden (Urk. D1/14/16 S. 69).

      Die Verteidigung hält es für angebracht, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten strafmindernd zu würdigen (Urk. 44 S. 26 f.). Dem ist nicht zu folgen. Sicher kam der Beschuldigte als Flüchtling in die Schweiz und musste hier zuerst einmal die Sprache lernen. Diese Aufgabe müssen jedoch viele Menschen bewältigen. Ein solcher Werdegang entschuldigt kriminelles Verhalten keineswegs. Mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass das Vorleben des Beschuldigten bei der Strafzumessung als neutral zu betrachten ist.

      Leicht straferhöhend fallen hingegen die beiden – wenn auch nicht einschlägigen

      – Vorstrafen ins Gewicht. Deutlich straferhöhend wirkt sich die Delinquenz während laufender Probezeit und während des laufenden Strafverfahrens aus. Trotz mehrmaligen Versetzens in Haft liess sich der Beschuldigte nicht beeindrucken.

      Strafmindernd ist zu berücksichtigen, dass sich der Beschuldigte – wie die Vorinstanz dies ausdrückte – zumindest nicht vollkommen ungeständig zeigte. Einsicht und Reue ist allerdings nicht erkennbar. Vielmehr scheint der Beschuldigte die Tendenz zu haben, sein kriminelles Verhalten zu bagatellisieren und zu entschuldigen.

      Insgesamt überwiegen bei der Täterkomponente die straferhöhenden Faktoren die strafmindernden deutlich. Die Strafe ist entsprechend um drei Monate zu erhöhen.

    10. Fazit Strafzumessung

Unter Berücksichtigung aller strafzumessungsrelevanter Faktoren erscheint es insgesamt angemessen, eine Freiheitsstrafe von 58 Monaten auszusprechen. Die bereits erstandene Haft von 272 Tagen ist auf die Strafe anzurechnen (Art. 51 StGB).

  1. Vollzug

    Für die heute auszusprechende Freiheitsstrafe ist weder ein bedingter noch ein teilbedingter Vollzug möglich. Die Strafe ist deshalb zu vollziehen.

  2. Landesverweisung

    1. Voraussetzungen der Anordnung bzw. des Absehens von einer Landesverweisung

      1.1.

      Gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB verweist das Gericht einen Ausländer, der

      eine Katalogtat im Sinne Art. 66a Abs. 1 lit. a-o StGB begangen hat, unabhängig von der Höhe der Strafe für die Dauer von 5 bis 15 Jahren des Landes. Ein Verzicht auf eine Landesverweisung ist nur ausnahmsweise dann möglich, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 StGB). Gemäss Bundesgerichtsentscheid 6B_378/2018 vom 22. Mai 2019 ist die Landesverweisung zunächst nach schweizerischem Recht zu prüfen und erst in zweiter Linie, ob ein Staatsvertrag bzw. Völkerrecht einer Ausweisung entgegenstehe, wobei die Kriterien der EMRK regelmässig bereits bei der Härtefallbeurteilung zu prüfen seien (E. 2.1).

      1.2.

      Ein schwerer persönlicher Härtefall ist dann anzunehmen, wenn die Summe aller mit der Landesverweisung verbundenen Schwierigkeiten den Betroffenen derart hart trifft, dass ein Verlassen der Schweiz bei objektiver Betrachtung zu ei- nem nicht hinnehmbaren Eingriff in seine Daseinsbedingungen führt. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sind alle potentiell härtefallbegründenden Aspekte zu bewerten. Relevant sind dabei die persönliche Situation des Beschuldigten in der Schweiz und die Bedingungen im Heimatstaat sowie die Tatschuld. Ein Härtefall ist jedoch nicht leichthin anzunehmen, da der Strafrichter bei Katalogtaten gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB nur ausnahmsweise von der Landesverweisung absehen darf. Namentlich gehören zu den härtefallbegründenden Aspekten die Anwesenheitsdauer in der Schweiz, die familiären Verhältnisse, die Arbeits- und Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration

      sowie die Resozialisierungschancen des Beschuldigten. Relevant sind dabei die persönliche Situation des Beschuldigten in der Schweiz und die Bedingungen im Heimatstaat. Bei Dritten auftretende härtefallbegründende Aspekte sind nur zu berücksichtigen, wenn sie sich zumindest indirekt auch auf den Beschuldigten auswirken. Ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu eruieren (BUSSLINGER/ÜBERSAX, Härtefallklausel und migrationsrechtliche Auswirkungen der Landesverweisung, in: plädoyer 5/16 S. 96ff., 97 und 101; FIOLKA/VETTERLI, Die Landesverweisung nach Art. 66a StGB, plädoyer 5/16 S. 85 und 87). Zudem sind die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Ein Härtefall ist unter diesem Gesichtspunkt dann anzunehmen, wenn die Landesverweisung einen Eingriff in das in Art. 13 der Bundesverfassung bzw. Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistete Privat- und Familienleben bedeuten würde, der von einer gewissen Tragweite ist (Urteile des Bundesgerichtes 6B_627/2018 vom 22. März 2019, E. 1.3.5. und 6B_907/2018 vom 23. November 2018, E. 2.3.).

      1.3.

      Der Umstand, dass ein ausländischer Verurteilter mit seiner Familie in der

      Schweiz lebt, bedeutet für sich allein noch keinen schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB, vielmehr müssen, damit ein schwerer persönlicher Härtefall angenommen werden kann, in der Regel weitere Kriterien hinzutreten, namentlich eine starke Verwurzelung in der Schweiz und/oder grosse Schwierigkeiten, sich im Heimatland privat und beruflich wieder zurechtzufinden. Insbesondere ist das in Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht auf Familienleben (nur dann) berührt, wenn eine staatliche Entfernungsoder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne weiteres möglich zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen. Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (Urteile des Bundesgerichts 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E.2.5.2.; 6B_627/2018 vom 22. März 2019, E.1.4.; 6B_907/2018 vom 23. November 2018 E. 2.3.1; 6B_659/2018 vom 20. September 2018, E. 3.4.; 6B_770/2018

      vom 24. September 2018, E.2.1. und BGE 144 II 1 E. 6.1. S. 12 f.). Unabhängig

      vom Vorliegen einer familiären Beziehung kann eine ausländerrechtliche Fernhaltemassnahme zwar das Recht auf Privatleben gemäss Art. 8 EMRK verletzen. Das Bundesgericht bejaht einen auf Art. 8 EMRK (Anspruch auf Privatleben) gestützten Anspruch aber vor allem bei Ausländern der zweiten Generation, die in der Schweiz aufgewachsen sind (BGE 139 I 16 E. 2.2.2. S. 20 f.).

      1.4.

      Steht fest, dass die Landesverweisung zu einer schweren persönlichen

      Härte führen würde, sind sodann die privaten Interessen des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz den öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber zu stellen. Für das öffentliche Interesse wesentlich sind die Art und Schwere der begangenen Delikte, das Verschulden, d.h. die ausgesprochene Strafe sowie die vom Täter ausgehende Gefahr, d.h. die Legalprognose. Für das persönliche Interesse ist neben dem Umstand, wie lange die Person in der Schweiz lebte, insbesondere auch ihre berufliche und familiäre Bindung relevant. Je gravierender das Delikt, desto höher hat das persönliche Interesse an einem Verbleib zu sein, damit die Härtefallklausel zu einem ausnahmsweisen Verzicht auf eine Landesverweisung führt. Überwiegen die öffentlichen Interessen, muss die Landesverweisung ausgesprochen werden (BUSSLINGER/ÜBERSAX, a.a.O S. 102 ff.).

    2. Beurteilung

    2.1.

    Die Vorinstanz hat den Beschuldigten gestützt auf Art. 66a StGB für die

    Dauer von 5 Jahren aus dem Hoheitsgebiet der Schweiz verwiesen (Urk. 60

    S. 95). Mit seiner Berufung liess dieser das Absehen von einer Landesverweisung beantragen (Urk. 63 S. 2, Urk. 81 S. 19 ff.).

    2.2.

    Vorliegend hat sich der Beschuldigte der mehrfachen versuchten schweren

    Körperverletzung sowie des Raubes schuldig gemacht. Damit hat er sogar zwei sogenannte Katalogtaten erfüllt (Art. 66a Abs. 1 lit. b und c StGB). Anzumerken bleibt, dass auch der blosse Versuch einer Katalogtat von Art. 66a Abs. 1 StGB erfasst wird (vgl. BGE 144 IV 168 E. 1.4.1, Urteile des Bundesgerichts 6B_1024/2019 vom 29. Januar 2020 E. 1.2.1. und 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 1.1). Es liegt somit ein Fall von obligatorischer Landesverweisung vor,

    womit grundsätzlich eine Landesverweisung anzuordnen ist. Zu prüfen bleibt, ob beim Beschuldigten ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt, weshalb aus- nahmsweise von der Anordnung einer Landesverweisung abzusehen wäre (Art. 66a Abs. 2 StGB).

    2.3.

    Die Schwierigkeiten, die der Beschuldigte im Falle seiner Rückführung in

    sein Zielland (Eritrea) möglicherweise zu gewärtigen hätte, sind bei der geforderten Gesamtbetrachtung der massgeblichen Aspekte, welche einen persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB zu begründen vermögen, mit zu berücksichtigen. Dies ergibt sich einerseits aus der gemischten Rechtsnatur der Landesverweisung, welche auch migrationsrechtliche Elemente enthält, und an- derseits aus dem Umstand, dass eben eine umfassende Prüfung der persönlichen Verhältnisse zu erfolgen hat. Ist als erstellt zu betrachten, dass der Beschul- digte im Falle der Rückführung in sein Zielland mit hoher Wahrscheinlichkeit Folter unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre, so müsste man wohl auch bei sonst schwachem Bezug zur Schweiz von einem persönlichen Härtefall ausgehen. Dieser würde aber noch nicht zum Verzicht auf die Anordnung einer Lan- desverweisung führen, sondern nur, aber immerhin, zur Abwägung dieser privaten Interessen mit den öffentlichen. Der Verweis auf eine allgemein problematische Situation im Zielland ist unter gewissen besonderen Umständen ebenfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, wird aber für sich allein in der Regel nicht zur Annahme eines Härtefalles führen können. Solche nicht direkt mit der Person des Beschuldigten zusammenhängen- de Probleme sind hauptsächlich im Rahmen des Vollzugs zu berücksichtigen. Das Gericht wird allein mit dieser Begründung nicht von einer Landesverweisung absehen, sondern die Vollzugsbehörde hat in Anwendung von Art. 66d StGB die Möglichkeit und die Pflicht, die Landesverweisung gegebenenfalls einstweilen auszusetzen. Zu betonen ist, dass sich solche Zustände im Zielland ohnehin än- dern können.

    2.4.

    Der Beschuldigte kam im Alter von ca. 10 Jahren mit seiner Mutter und

    seinen Geschwistern zu seinem Vater in die Schweiz. In der Folge besuchte der Beschuldigte hier zwar die Schulen und lernte Deutsch, von einer gelungenen

    Integration kann jedoch abgesehen davon keine Rede sein. In der Schule kam es zu Problemen, im Anschluss konnte er keine Lehrestelle finden. Der Beschuldigte musste deshalb vom Sozialamt unterstützt werden. Seine guten Deutschkennt- nisse allein begründen keine besondere Integration. Eine etablierte bzw. eigenständige wirtschaftliche Integration in der Schweiz besteht nicht. Dass ein Leben in der Schweiz wirtschaftlich komfortabler sein dürfte als in seinem Heimatland Eritrea, begründet keinen Härtefall. Die Familie des Beschuldigten lebt zwar hier, aber es ist auch festzuhalten, dass es sich beim Beschuldigten unterdessen um einen jungen Erwachsenen handelt, der nicht mehr auf die Pflege und Erziehung der Eltern angewiesen sein sollte. Weiter wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte keine Familienangehörigen in Eritrea mehr habe, insbesondere seien die Grosseltern bereits verstorben (Urk. 44 S. 30, vgl. auch Prot. I S. 17). In Bezug auf die Kontakte zu seiner engen Herkunftsfamilie würde eine Landesverweisung somit eine gewisse Härte darstellen. Über die Beziehungen zur eigentlichen Herkunftsfamilie hinaus sind aber keine intensiven, privaten Beziehungen hier in der Schweiz ersichtlich. Der Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK gilt nicht absolut. Insbesondere steht beim Beschuldigten keine Kernfamilie, d.h. eine Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern, zur Diskussion. Insgesamt wiegt der Eingriff in den Anspruch des Beschuldigten auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nicht allzu schwer. Es ist den Beteiligten zumutbar, die Beziehung zum Beschuldigten während der Dauer einer Fernhaltung auf telefonischem resp. elektronischem Weg aufrecht zu erhalten. Der Beschuldigte spricht Tigrinya und hat soweit positive Erinnerungen an seine Kindheit in Eritrea (vgl. Urk. D1/14/16 S. 28). Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass er sich in Eritrea reintegrieren kann.

    2.5.

    Mit Bezug auf die Aussichten der Integration in der Schweiz führte die Verteidigung aus, der Verlauf der Massnahme sei bis anhin positiv, weshalb die Chancen auf eine Wiedereingliederung des Beschuldigten sehr gut stehen wür- den (Urk. 81 S. 22 ff.). Die gleichzeitige Anordnung einer stationären Massnahme sowie einer Landesverweisung birgt unbestrittenermassen Spannungsfelder. Der Gesetzgeber hat die Vereinbarkeit beider Anordnungen jedoch explizit vorgesehen: Art. 66c Abs. 2 StGB hält fest, dass vor dem Vollzug der Landesverweisung

    die unbedingten Strafen und freiheitsentziehenden Massnahmen zu vollziehen seien. Die Prüfung der Voraussetzungen einer Landesverweisung und auch deren Verhältnismässigkeit hat im Urteilszeitpunkt zu erfolgen, nicht erst später, zum Beispiel nach Abschluss der Massnahme (vgl. BGE 145 IV 455 E. 9). Ein allfälliger zukünftiger Erfolg der angeordneten Massnahme kann entsprechend im Urteilszeitpunkt nicht berücksichtigt werden, zumal ein tatsächlicher Erfolg noch gar nicht feststeht. Die Massnahme für junge Erwachsene steht somit der Anordnung einer Landesverweisung nicht entgegen. Anzumerken bleibt, dass ein erfolgreicher Abschluss einer Berufslehre nicht nur in der Schweiz von Vorteil ist, sondern auch im Ausland die Grundlage für erfolgreiches wirtschaftliches Handeln sein kann. Der Beschuldigte ist jung, gesund, unverheiratet und kinderlos. Individuell konkret gefährdende Umstände in seinem Heimatland – nur solche sind massgebend, nicht die generelle Lage (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1024/2019 vom

    29. Januar 2020 E. 1.3.6) – sind weder erkennbar noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht. Auch unter dem Aspekt des Non-Refoulement Gebots ergibt sich entgegen den Ausführungen der Verteidigung (vgl. Urk. 81 S.19 f.) kein schwerer persönlicher Härtefall, der der Anordnung einer Landesverweisung entgegenstehen würde. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht als erstellt erachtet werden, dass der Beschuldigte im Falle der Rückführung in sein Zielland mit hoher Wahrscheinlichkeit Folter unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre. Die politische Situation im Zielland kann sich innerhalb des für die Landesverweisung relevanten Zeitraums von 5 - 15 Jahren massgeblich ändern, ebenso während der Dauer der vorab zu vollziehenden Freiheitsstrafe. Ein im Zeitpunkt des Vollzuges einer (allfällig auszusprechenden) Landesverweisung vorhandenes Vollzugshindernis wird gegebenenfalls von den Vollzugsbehörden im Rahmen von Art. 66d StGB zu berücksichtigen sei n (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichtes 6B_423/2019 vom 17. März 2020 E. 2.2). Ein schwerer persönlicher Härtefall ist deshalb trotz seines Flüchtlingsstatus in der Schweiz zu verneinen.

    2.6.

    Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit Art. 121 Abs. 3-6 BV und Art. 66a ff.

    StGB eine Verschärfung der zuvor geltenden ausländerrechtlichen Rechtsprechung angestrebt (BGE 145 IV 55 E. 4.3; 144 IV 332 E. 3.3.1 und 3.3.3; Urteile des Bundesgerichts 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.1 und

    6B_1394/2019 vom 17. Juli 2020 E. 4.2.2), sodass der Verzicht auf eine Landesverweisung wegen eines persönlichen Härtefalls nur mehr ausnahmsweise in Frage kommt. Beim Beschuldigten besteht gemäss Gutachten ein hohe Rückfallgefahr für Gewaltdelikte (Urk. D1/14/16 S. 72), weshalb ein sehr hohes öffentliches Interesse an einer Wegweisung besteht.

    2.7.

    Insgesamt führt eine Landesverweisung beim Beschuldigten freilich zu einer

    gewissen Härte, welche jedoch nicht die erforderliche Schwere für einen persönlichen Härtefall erreicht. Es ist somit eine Landesverweisung anzuordnen. Entsprechend kommt es nicht auf die Abwägung der öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung mit den privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz an, wie gesagt, überwiegt aber das öffentliche Interesse ohnehin.

    2.8.

    Die Vorinstanz hat trotz der empfindlich hohen ausgesprochenen Strafe

    von 58 Monaten die Landesverweisung auf das Minimum von 5 Jahren angesetzt (Urk. 60 S. 79). Aufgrund des Verbot der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) hat es damit sein Bewenden.

  3. Ausschreibung im Schengener Informationssystem

    1. Landesverweisungen gegenüber Ausländern aus Staaten, die nicht zum Schengen-Raum gehören, werden im Schengen-Informationssystem ausgeschrieben, wenn davon auszugehen ist, dass die Anwesenheit der betreffenden Person im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates die öffentliche Sicherheit und Ord- nung gefährdet. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-VO, vgl. Art. 96 Abs. 2 lit. a SDÜ). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Voraussetzung gemäss Art. 24 Ziff. 2 lit. a SIS-II-Verordnung erfüllt, wenn der entsprechende Straftatbestand eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr mehr vorsieht. Im Sinne einer kumulativen Voraussetzung ist zudem zu prüfen, ob vom Beschuldigten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht. Damit wird dem in Art. 21 SIS-II-Verordnung verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip Rech- nung getragen. An die Annahme einer solchen Gefahr sind jedoch keine allzu ho-

      hen Anforderungen zu stellen. Nicht verlangt wird, dass das individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dass bei der Legalprognose zum Beispiel eine konkrete Rückfallgefahr verneint und die Strafe bedingt ausgesprochen wurde, steht einer Ausschreibung der Landesverweisung im SIS daher nicht entgegen. Ebenso wenig setzt Art. 24 Ziff. 2 SIS-II- Verordnung die Verurteilung zu einer schweren Straftat voraus, sondern es ge- nügen eine mehrere Straftaten, die einzeln betrachtet in ihrer Gesamtheit von einer gewissen Schwere sind, unter Ausschluss von blossen Bagatell- delikten. Entscheidend ist zudem nicht das Strafmass, sondern in erster Linie die Art und Häufigkeit der Straftaten, die konkreten Tatumstände sowie das übrige Verhalten der beschuldigten Person (Urteil BGer 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 (publ. BGE 147 IV 340) mit Verweis auf Urteil BGer 6B_739/2020 vom 14. Oktober 2020).

    2. Der Beschuldigte ist eritreischer Staatsangehöriger. Damit ist er ein Drittstaatenangehöriger und die Landesverweisung ist grundsätzlich im Schengener Informationssystem auszuschreiben. Vorliegend erweist sich eine Ausschreibung auch als verhältnismässig, weil die vom Beschuldigten verübten Taten die von der Rechtsprechung vorausgesetzte Schwere ohne weiteres erfüllen. Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem ist entsprechend anzuordnen.

  4. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Kostenfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens

    Wie bereits ausgeführt ist die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (inklusive die Entschädigungen der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten sowie der Rechtsvertreter der Privatkläger 5 und 6) in Rechtskraft erwachsen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffer

    27) zu bestätigen.

  2. Kosten- und Entschädigungsfolgen im Berufungsverfahren

    1. Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 3'000.– festzusetzen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 GebV OG). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Beschwerdeinstanz bzw. Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen wurden (BSK StPO- D OMEISEN, Art. 428 N 6).

    2. Der Beschuldigte richtete sich mit seiner Berufung gegen einzelne Schuldsprüche, entsprechend gegen die vorinstanzliche Strafzumessung sowie gegen die angeordnete Landesverweisung. Das vorinstanzliche Urteil ist lediglich mit Bezug auf das Strafmass im Rahmen eines Ermessensentscheids etwas zu reduzieren. Ansonsten unterliegt der Beschuldigte mit seinen Anträgen vollumfänglich. Ausgangsgemäss sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren sind auf die Gerichtskasse zu nehmen. Eine allfällige Rückerstattungspflicht bleibt vorbehalten (Art. 135 Abs. 4 StPO).

    3. Die amtliche Verteidigung macht im Berufungsverfahren einen Aufwand von Fr. 15'071.18 (inkl. MwSt.) geltend (Urk. 82), was ausgewiesen ist und angemessen erscheint. Die Berufungsverhandlung dauert etwas länger, als von der Verteidigung geschätzt. Zudem ist der Aufwand für eine Nachbesprechung ebenfalls zu entschädigen. Es rechtfertigt sich daher, die Entschädigung für die Aufwendungen der amtlichen Verteidigung im Berufungsverfahren mit pauschal Fr. 15'300.– zu entschädigen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 8. Juli 2021 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

    Es wird beschlossen:

    1. Das Verfahren betreffend Betäubungsmittelkonsum vor dem 8. Juli 2018 wird eingestellt.

    2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • der (…) versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB [Dossier 6],

      - (…)

    • der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,

    • der Entwendung zum Gebrauch im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG,

    • des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB,

    • des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB,

    • der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB,

    • des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und c BetmG sowie

    • der mehrfachen Übertretung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit (…) einer Busse von Fr. 500.–.

  3. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

  5. Der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 2. August 2017 ausgefällten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 20.– und der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 27. November 2017 ausgefällten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 30.– wird widerrufen.

  6. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 61 StGB in eine Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen.

Es wird vorgemerkt, dass sich der Beschuldigte im vorzeitigen Massnahmenvollzug im Massnahmenzentrum Uitikon (MZU) befindet.

7. (…)

8. (…)

  1. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Betäubungsmittel und Betäubungsmittel-utensilien (Lagernummer S02212-2018 und S01391-2019) werden eingezogen und der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  2. Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom

    5. Januar 2021 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:

    • 1 leeres Zigarettenpäckchen Marlboro (A013’178'671),

    • 1 CH Taschenmesser rot (A013'210'510).

  3. Die nachfolgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom

    5. Januar 2021 beschlagnahmten Gegenstände werden bei den Akten belassen:

    • 1 Freecom HD mit Videodaten VBZ (A013’289'764),

    • 2 Daten-CD mit Videoaufnahmen PP Rathaus (A013'534'015).

  4. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Gegenstände (Polis-Geschäftsnr. 73086370), Oberbekleidung des Beschuldigten (A011'620'534 und A011'620'556) werden dem Beschuldigten innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben, beziehungsweise nach Ablauf dieser Frist der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  5. Die nachfolgenden, einzig als Beweismittel sichergestellten Gegenstände Herrenjacke (A013'179'185), Herrenhose (A013'179'196), werden dem Privatkläger B. innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben.

  6. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides werden sämtliche unter der Referenz-Nr. K191101-011 bzw. der Geschäftsnr. 76671313, unter der Referenz-Nr. K200830-010 bzw. der Geschäftsnr. 78592446, unter der Referenz-Nr. K200707-021 bzw. der Geschäftsnr. 78198364 und unter der Referenz-Nr. K180629-004 bzw. der Geschäftsnr. 73086370 sichergestellten Asservate, Spuren und Spurenträger eingezogen und vernichtet.

  7. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 11. September 2019 beschlagnahmten Fr. 870.– zur Deckung der Busse und Verfahrenskosten verwen- det.

  8. Der Privatkläger C. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  9. Die Privatklägerin D. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  10. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber dem Privatkläger E. aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur ge- nauen Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches wird der Privatkläger E. auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  11. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger C. Fr. 2'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 30. August 2020 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  12. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger E. Fr. 1'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 1. November 2019 als Genugtuung zu bezahlen.

  13. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin F. Fr. 500.– zuzüglich 5 % Zins ab 14. September 2019 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  14. Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers B. wird abgewiesen.

  15. Rechtsanwalt lic. iur. Y. wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter des Privatklägers E. mit Fr. 5'080.05 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  16. Rechtsanwalt lic. iur. Z.

    wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter der

    Privatklägerin F. entschädigt.

    mit Fr. 2'078.35 (inkl. MwSt) aus der Gerichtskasse

  17. Rechtsanwältin MLaw X2. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 15'395.– (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  18. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

Fr. 6'500.00; die weiteren Kosten betragen:

Fr. 5'000.00 Gebühr für das Vorverfahren

Fr. 29'953.60 Auslagen (Gutachten/Expertisen) Fr. 610.00 Auslagen

Fr. 3'490.00 Telefonkontrolle

Fr. 2'520.00 Auslagen Polizei

Fr. 100.00 Entschädigung Zeuge

Fr. 15'570.85 Entschädigung amtliche Verteidigung (Vorverfahren)

Fr. 6'166.70 Entschädigung amtliche Verteidigung (Verfügung 22.02.21) Fr. 15'395.00 amtliche Verteidigung

Fr. 5'080.05 unentgeltlicher Rechtsvertreter Privatkläger E.

Fr. 2'078.35 unentgeltlicher Rechtsvertreter Privatklägerin F.

Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten. 27. (…)

  1. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertreter der Privatklägerin F. und E. werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO beim Beschuldigten.

  2. (Mitteilungen)

  3. (Rechtsmittel)

2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist zudem schuldig

    • der versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 1)

    • des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 58 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 272 Tage durch Haft erstanden sind.

  3. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a lit. b und c StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.

  4. Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) im Schengener Informationssystem angeordnet.

  5. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 27) wird bestätigt.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 15'300.– amtliche Verteidigung

    Fr. 1'017.65 unentgeltliche Rechtsvertretung des Privatklägers E. .

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers E. , werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und des unentgeltlichen Rechtsvertreters werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 138 Abs. 1 StPO vorbehalten.

  8. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste (versandt)

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich (versandt) sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A und Formular B

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, Nr. F-1/2017/22011;

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Nr. A-6/2017/24280;

    • das Obergericht des Kantons Zürich, Zentrales Inkasso, betr. Vollzug der Geldstrafen, im Doppel, gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 5;

    • die Stadtpolizei Zürich, KA-FA-PLE-BMA, gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 9;

    • die Kantonspolizei Zürich, Asservaten-Triage, gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 10 bis 13;

    • das Forensische Institut Zürich, gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 14;

    • die amtliche Verteidigung gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 12 bzw.

      Herausgabefrist;

    • den Privatkläger B. bzw. Herausgabefrist.

      gem. erstinstanzliche Disp. Ziff. 13

  9. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 2. Mai 2022

Der Präsident:

lic. iur. B. Gut

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw T. Künzle

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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