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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB210464: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung am 25. Januar 2019. Am 28. Januar 2019 wird er schuldig gesprochen der einfachen Körperverletzung und der versuchten Nötigung. Die Drohung wird als Nötigungshandlung betrachtet und ist im Schuldspruch der versuchten Nötigung enthalten. Der Beschuldigte wird zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, da eine Geldstrafe in der Vergangenheit nicht abschreckend wirkte. Die Strafzumessung erfolgt innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der Delikte.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB210464

Kanton:ZH
Fallnummer:SB210464
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210464 vom 15.06.2022 (ZH)
Datum:15.06.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruch etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Privatklägerin; Beschuldigten; Berufung; Urteil; Aussage; Gericht; Recht; Verteidigung; Kanton; Aussagen; Dispositiv; Kantons; Vorinstanz; Verfahren; Polizei; Dispositivziffer; Handy; Staatsanwaltschaft; Körperverletzung; Genugtuung; Verfahren; Vorfall; Nötigung; Verbindung; Telefon; Anschluss; Freiheitsstrafe; Mobiltelefon
Rechtsnorm:Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 382 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 422 StPO ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 49 OR ;Art. 49 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 55a StGB ;Art. 67b StGB ;Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:141 IV 262; 143 IV 154; 144 IV 362; 147 IV 36;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB210464

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210464-O/U/cs

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur.

Keller und Ersatzoberrichter Dr. iur. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Huter

Urteil vom 15. Juni 2022

in Sachen

  1. ,

    Beschuldigter, Erstberufungskläger und Anschlussberufungskläger amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin MLaw X.

    gegen

  2. ,

Privatklägerin, Zweitberufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte unentgeltlich vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Y.

sowie

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruch etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, II. Abteilung, vom 20. April 2021 (DG190026)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 23. September 2019 (Urk. 43) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte A. ist nicht schuldig

    • des versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruchs i.S.v. Art. 118 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • der einfachen Körperverletzung i.S.v. Art. 123 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 Abs. 4 StGB

    • der versuchten einfachen Körperverletzung i.S.v. Art. 123 Ziff. 1

      i.V.m. Ziff. 2 Abs. 4 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB;

    • der Drohung i.S.v. Art. 180 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB;

    • der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB.

  3. Der Beschuldigte A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wovon bis und mit heute 250 Tage durch Haft erstanden sind.

  4. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  5. Auf die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung wird verzichtet.

  6. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 18. Juni 2019 (Referenz Nr. K190128-029) beschlagnahmten Gegenstände

    • Damenshirt Jack Daniels, Asservat-Nr. A012'266'512,

    • Sporthose Adidas, Asservat-Nr. A012'266'556,

    • Pullover, braun, Asservat-Nr. A012'266'396,

    • Herrenhose Jeans, schwarz, Asservat-Nr. A012'266'421,

    • Mobiltelefon iPhone 8, rot, Asservat-Nr. A012'268'698, werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils freigegeben.

      Die beschlagnahmten Gegenstände Pullover, braun, Asservat-Nr. A012'266'396; Herrenhose Jeans, schwarz, Asservat-Nr. A012'266'421 und das Mobiltelefon iPhone 8, rot, Asservat-Nr. A012'268'698 werden dem Beschuldigten, das Damenshirt Jack Daniels, Asservat-Nr. A012'266'512, und die Sporthose Adidas, Asservat-Nr. A012'266'556, werden der Privatklägerin (oder je einer bevollmächtigten Person) nach telefonischer Voranmel- dung und unter Vorweisen eines Personalausweises innert einer Frist von 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Urteils auf erstes Verlangen herausgegeben. Werden die Gegenstände nicht innert dieser Frist herausverlangt, wird Verzicht auf Aushändigung angenommen und die Gegenstände werden ver- nichtet. Mit der Vernichtung wird die Lagerbehörde beauftragt.

  7. Der Beschuldigte A. wird verpflichtet, der Privatklägerin eine Genugtuung in Höhe von Fr. 3'000.– nebst Zins zu 5% seit 28. Januar 2019 zu bezahlen. Im Mehrbetrag werden die geltend gemachten Zivilansprüche auf den Zivilweg verwiesen.

  8. Die Entschädigung von Rechtsanwältin MLaw X. für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten wird auf Fr. 38'000.– (pauschal, inkl. Mehrwertsteuer) festgesetzt. Es wird davon Vormerk genommen, dass von diesem Betrag bereits Fr. 22'635.30 durch die Staatsanwaltschaft als Akonto ausbezahlt worden sind.

  9. Die Entschädigung von Rechtsanwältin MLaw Y1. für die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin wird auf Fr. 14'148.60 (inkl. Mehrwertsteuer) festgesetzt. Es wird davon Vormerk genommen, dass von diesem Betrag bereits Fr. 7'591.60 durch die Bezirksgerichtskasse als Akonto ausbezahlt worden sind.

  10. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 4'500.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 3'900.00 Gebühr für das Vorverfahren Fr. 2'887.10 Auslagen (Gutachten)

    Fr. 2'500.00 Amtlicher Bericht C.

    Fr. 1'050.00 Auslagen Polizei

    Fr. 38'000.00 Amtliche Verteidigung Fr. 14'148.60 Vertretung Privatklägerin Fr. 66'985.70 Total

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, ermässigt sich die Gerichtsgebühr um einen Drittel auf Fr. 3'000.–.

  11. Die Kosten des Vorverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens (ohne die Auslagen für den amtlichen Bericht C. ) werden dem Beschuldigten zu zwei Dritteln auferlegt und im übrigen Umfang auf die Staatskasse genommen.

  12. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin werden dem Beschuldigten zu zwei Dritteln auferlegt, in diesem Umfang jedoch einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Vorbehalten bleibt die Verpflichtung des Beschuldigten, dem Kanton diese Entschädigungen zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 426 Abs. 4 StPO). Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin werden zu einem Drittel auf die Staatskasse genommen.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 98 S. 1 f.; Urk. 129 S. 1 f.)

    1. Die Berufung der Privatklägerin sei vollumfänglich abzuweisen.

    2. Die Ziffern 2, 3, 4, 7, 11 und 12 des vorinstanzlichen Urteils seien aufzuheben.

    3. Es sei festzustellen, dass der Beschuldigte der Privatklägerin keine Genugtuung schuldet.

    4. Der Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen.

    5. Dem Beschuldigten sei für die Haft eine Genugtuung von Fr. 50'000.– zzgl. 5 % Verzugszins ab dem 4. Oktober 2019 und für die Ersatzmassnahmen eine Genugtuung von Fr. 3'000.– zzgl. 5 % Verzugszins ab dem 3. Januar 2020 zuzusprechen.

    6. Eventualiter sei der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 12 Monaten zu bestrafen, wobei 250 Tage erstandene Haft anzurechnen seien, und es sei ihm der bedingte Strafvollzug zu gewähren.

  2. Des Vertreters der Privatklägerschaft:

    (Urk. 131 S. 11; vgl. auch Urk. 102 S. 2 und Prot. II S. 64)

    1. Das vorinstanzliche Urteil sei betreffend die Schuldpunkte zu bestätigen.

    2. Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin eine Genugtu- ung in der Höhe von Fr. 6'000.– zzgl. 5 % Verzugszins ab dem

      28. Januar 2019 zu bezahlen.

    3. Es sei gegen den Beschuldigten sowie dessen Vater D. ein fünfjähriges Kontaktverbot zur Privatklägerin sowie gegen den Beschuldigten ein fünfjähriges Rayonverbot für E. auszusprechen.

    4. Unter Auferlegung der Verfahrenskosten zulasten des Beschuldigten.

    5. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin seien auf die Staatskasse zu nehmen.

  3. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 108, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

Erwägungen:

  1. Prozessgeschichte

    1. Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, II. Abteilung, vom 20. April 2021 meldeten der Beschuldigte am

      29. April 2021 und die Privatklägerin am 30. April 2021 Berufung an (Urk. 84 und 85). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde ihnen am 25. bzw. 26. August 2021 zugestellt (Urk. 94 A 2-4), worauf der Beschuldigte am 7. September 2021 und die Privatklägerin am 10. September 2021 je ihre Berufungserklärung einreichten (Urk. 98 und 102).

    2. Innert angesetzter Frist gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO verzichtete die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (fortan Staatsanwaltschaft) auf Erhebung einer Anschlussberufung und ersuchte um Dispensation von der Teilnahme an der Berufungsverhandlung, was ihr mit Einverständnis des Beschuldigten durch Präsidialentscheid vom 21. Januar 2022 bewilligt wurde (Urk. 108 mit Stempelverfügung sowie Urk. 112).

    3. Am 27. Oktober 2021 erhob der Beschuldigte hinsichtlich der Berufung der Privatklägerin Anschlussberufung (Urk. 109; vgl. dazu nachfolgend Ziff. 2.1).

    4. Am 9. September 2021 und am 17. Mai 2022 wurde je ein neuer Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 101 und 122).

    5. Mit Beschluss vom 6. Mai 2022 wurden die Einvernahme der Privatklägerin anlässlich der Berufungsverhandlung als Auskunftsperson und der Beizug der nachgeführten Akten des Migrationsamtes des Kantons Zürich (fortan Migrationsamt) angeordnet (Urk. 119).

    6. Zur Berufungsverhandlung sind der Beschuldigte in Begleitung seiner amtlichen Verteidigerin, Rechtsanwältin MLaw X. , die Privatklägerin sowie ihr unentgeltlicher Rechtsbeistand, Fürsprecher lic. iur. Y. , erschienen (Prot. II S. 7).

  2. Prozessuales

    1. Die Berufung des Beschuldigten richtet sich gegen die Schuldsprüche (Dispositivziffer 2), die Strafe (Dispositivziffern 3 und 4), die Regelung der Zivilansprüche (Dispositivziffer 7) und die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffern 11 und 12; Urk. 98). Mit seiner Anschlussberufung vom 27. Oktober 2021 beantragte der Beschuldigte sodann hinsichtlich der durch die Privatklägerin (ursprünglich) angefochtenen Dispositivziffern 1 und 5 die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils (Urk. 109). Mit einer Anschlussberufung ist jedoch zwingend eine Abänderung des vorinstanzlichen Urteils zu verlangen, wohingegen ein Bestätigungsantrag nicht durch die Erhebung einer Anschlussberufung zu stellen ist, da hierzu das rechtlich geschützte Interesse fehlt (Art. 382 Abs. 1 StPO; Schmid/Jositsch, StPO Praxiskommentar, 3. Aufl., Art. 401 N 3a). Soweit in der Anschlussberufungserklärung sodann ein Antrag betreffend Dispositivziffer 7 gestellt wird, hat der Beschuldigte bereits im Rahmen seiner Erstberufung die Aufhebung dieser Dispositivziffer beantragt (Urk. 98), weshalb der Anschlussberufung hier keine eigenständige Bedeutung zukommen kann. Entsprechend ist auf die Anschlussberufung des Beschuldigten insgesamt nicht einzutreten (vgl. auch BGE 147 IV 36 E. 2.4.2 sowie den Entscheid des Bundesgerichts 6B_492/2016 vom 12. Januar 2017, E. 1.2).

    2. Die Privatklägerin focht in der Berufungserklärung den erfolgten Freispruch (Dispositivziffer 1) sowie den Verzicht auf Landesverweisung (Dispositivziffer 5) an und verlangte in Abänderung von Dispositivziffer 7 die Zusprechung einer höheren Genugtuung (Urk. 102). An der heutigen Berufungsverhandlung zog sie allerdings die Berufung hinsichtlich der Dispositivziffern 1 und 5 zurück und beantragte neu, es sei gegen den Beschuldigten sowie dessen Vater D. ein fünfjähriges Kontaktverbot zur Privatklägerin sowie gegen den Beschuldigten ein fünfjähriges Rayonverbot für E. auszusprechen (Urk. 131 S. 11). Mit der Berufungserklärung hat die das Rechtsmittel einlegende Partei den Umfang der Überprüfung des angefochtenen Entscheides anzugeben und insbesondere darzutun, ob das Urteil vollumfänglich nur in Teilen (und dann entsprechend in welchen Teilen) angefochten wird. Nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Berufungserklärung ist jedoch eine Ausdehnung des Berufungsantrags auf bisher nicht angefochtene Teile eines Urteils nicht mehr möglich (BSK StPO-Eugster, 2014, Art. 399 N 3). Da die Privatklägerin den Antrag auf Anordnung des vorgenannten Kontakt- und Rayonverbots, welcher den Umfang der Berufung ausdehnt, erst an der Berufungsverhandlung und nicht innert der Berufungserklärungsfrist stellte, ist dieser verspätet erfolgt, weshalb darauf nicht einzutreten ist, zumal das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil vorbehältlich Art. 404 Abs. 2 StPO - nur in den angefochtenen Punkten überprüfen kann (Art. 404 Abs. 1 StPO), ein Kontakt- und Rayonverbot bisher aber gar nicht Gegenstand des Verfahrens war. Je- denfalls nicht zuständig wäre das Strafgericht zur Anordnung eines Kontaktverbots gegen den in das Verfahren nicht involvierten D. .

    3. Damit ist das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Dispositivziffern 1 (Freispruch vom Vorwurf des versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruchs) und 5 (Verzicht auf fakultative Landesverweisung) sowie hinsichtlich der Freigabe beschlagnahmter Gegenstände (Dispositivziffer 6) und der Kostenfestsetzung (Dispositivziffern 8-10) in Rechtskraft erwachsen, was entsprechend festzustellen ist (BSK StPO-Eugster, Art. 402 N 1 f.).

    4. Die Parteien waren zur Tatzeit verheiratet, weshalb keines der angeklagten Delikte für die Strafverfolgung einen Strafantrag voraussetzt (vgl. Art. 123 Ziff. 2 Abs. 4 StGB und Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB).

  3. Sachverhaltserstellung

    1. Nachdem der Beschuldigte die Vorfälle vom 25. und 28. Januar 2019 deutlich anders schildert als die Privatklägerin, ist anhand der vorliegenden Beweismittel zu prüfen, ob sich die Anklage rechtsgenügend erstellen lässt. Gemäss welchen Grundsätzen dabei vorzugehen ist, wurde im angefochtenen Urteil ver-

      tieft dargestellt (Urk. 94 S. 10 ff.). Hierauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO).

    2. Zusätzlich zu den schon der Vorinstanz vorliegenden Beweismitteln (vgl. die Übersicht in Urk. 94 S. 12 ff.) wurden für das Berufungsverfahren die Akten des Migrationsamtes über den Beschuldigten erneut bzw. aktualisiert beigezogen (Urk. 121). Sodann wurden der Beschuldigte und die Privatklägerin anlässlich der Berufungsverhandlung persönlich befragt (Prot. II S. 9 ff. und 37 ff.).

    3. Was die generelle Glaubwürdigkeit des Beschuldigten und der Privatklägerin angeht, ist es zwar zutreffend, dass dieser gegenüber der Bewertung der Glaubhaftigkeit der einzelnen Aussagen lediglich eine untergeordnete Rolle zukommt (so die Vorinstanz in Urk 94 S. 29 f.). Trotzdem ist an dieser Stelle die Beziehung und damit die Motivlage der Beteiligten etwas näher zu beleuchten: Wie bereits die

      Vorinstanz geschildert hat, sind die Parteien seit 2013 verheiratet, wobei der Beschuldigte aufgrund der Heirat in die Schweiz übersiedelte, wo die Privatklägerin lebte. In den Folgejahren kam es mehrfach zu Strafuntersuchungen wegen häuslicher Gewalt. Ein erstes Strafverfahren betreffend Vorfälle von Mai und November 2014 sowie Januar und Mai 2015 liess die Privatklägerin in Anwendung von Art. 55a StGB sistieren (und später einstellen), weil sie die Untersuchungshaft des Beschuldigten als genügende Bestrafung wertete, bzw. davon ausging, er werde es nie mehr tun, und das Familienleben mit dem Beschuldigten wieder aufnehmen wollte (Urk. 13/5 S. 83 ff., S. 99). Im Jahr 2016 wurden Tätlichkeiten rapportiert, wobei die Privatklägerin den ausrückenden Polizeibeamten erklärte, sie wolle nun die Scheidung, aber keine Bestrafung des Beschuldigten (Urk. 13/5 S. 114). Ein weiterer Vorfall führte im Jahr 2017 zu einer Verurteilung des Beschul- digten wegen Drohung und Tätlichkeiten (vgl. die Beizugsakten Urk. 29). Als Folge dieser verschiedenen Ereignisse lebten die Parteien wiederholt getrennt, wobei sie jeweils – sobald das Migrationsamt diesbezüglich nachfragte, da eine allfällige Trennung Einfluss auf die Verlängerung der B-Bewilligung des Beschuldigten gehabt hätte – wieder zusammen kamen (Urk. 13/5 S. 118 ff., 190 ff., 198 ff., 206 ff.). Die Privatklägerin erklärte dazu gegenüber dem Migrationsamt sinngemäss, wegen dem Kind wieder mit dem Beschuldigten zusammen zu wohnen und sich scheiden lassen zu wollen, sofern es wieder zu Streit komme (Urk. 13/5 S. 129, S. 192). Auch im vorliegenden Verfahren erklärte sie, nach einer knapp einjährigen Trennung vor kurzem wieder mit ihrem Ehemann zusammen gekommen zu sein, weil sie gedacht habe, dass dies für die Kinder ok sei. Er habe ihr gesagt, er werde sich ändern. Sie habe ihm eine Chance gegeben wegen dem kleinen Sohn F. (Urk. 4/1 S. 2 in Verbindung mit Urk. 13/5 S. 200, 209 und 249). Mit Bezug auf die per Urteil vom 15. Juni 2017 (Urk. 29/39) abgeschlossene Strafuntersuchung fällt bei Durchsicht der Akten besonders ins Auge, dass der Beschul- digte während laufender Untersuchung und vor dem Einzelrichter die Übergriffe abstritt (Urk. 29/10-11 und 37), im Rahmen des heute aktuellen Verfahrens gegenüber dem Zwangsmassnahmengericht hierzu dann aber am 31. Januar 2019 erklärte, das letzte Mal bei der Staatsanwaltschaft habe er versprochen, dass er der Privatklägerin gegenüber nie wieder Gewalt anwenden werde. Er habe gewusst, dass er sie nicht mehr schlagen dürfe (Urk. 10/17 S. 13; im nächsten Satz relativierte er dies dann aber wieder, indem er erklärte, die Privatklägerin nie geschlagen zu haben, ihm sei gesagt worden, dass man gegenüber einer Frau nicht gewalttätig sein dürfe, er habe sich immer daran gehalten). In der Einvernahme durch das Zwangsmassnahmengericht vom 13. August 2019 erklärte er wiederum, er habe dem Richter in Bülach damals gesagt, dass sowas nie wieder vorkommen werde, der Richter in Bülach habe ihm alles erklärt, seine Frau habe das auch gemerkt, danach sei alles gut gelaufen (Urk. 36/5 S. 3). Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, dass tätliche Übergriffe in der Ehe der Parteien offensichtlich nicht singulär waren, dass der Beschuldigte mindestens einen – gemäss Aussagen des Zeugen G. , des Bruders der Privatklägerin, aber auch weitere (Urk. 33/1 S. 3) – früheren Vorfall retrospektiv anerkannte. Festzuhalten ist damit auch, dass die Privatklägerin – entgegen den Vorbringen der Verteidigung (Urk. 129 S. 16 und 18) sowie der häufig wiederholten Unterstellung des Beschuldigten, sie wolle ihn ins Gefängnis bringen und ausschaffen lassen (Urk. 3/1 S. 7, Urk. 3/2 S. 3, Urk. 3/4 S. 5 f.; Urk. 78 S. 26) – die Strafuntersuchungen in der Vergangenheit gerade nicht nutzte, um das Aufenthaltsrecht des Beschuldigten in der Schweiz zu beenden, auch nur konsequent eine Bestrafung forderte, eher im Gegenteil. Dies wird nachfolgend bei der Würdigung der einzelnen Aussagen mit zu berücksichtigen sein.

      Die im Zusammenhang mit Abklärungen betreffend das Schreiben G. als Zeugen befragten Verwandten der Privatklägerin bzw. der Kollege des Beschul- digten, H. , stehen notgedrungen der einen anderen Seite näher, was bei der Würdigung ebenfalls im Auge zu behalten ist.

    4. Was das ominöse Schreiben G._ (Urk. 19/1) angeht, so konnte der/die Urheber/in nicht ermittelt und damit auch nicht prozessrechtskonform einvernommen werden. Mehrere der im Schreiben enthaltenen Aussagen konnten jedoch widerlegt werden. So ist der Beschuldigte und nicht I. der Vater von F. (Urk. 35/3). I. bestritt zudem glaubhaft, ein Verhältnis mit der Privatklägerin – der Schwester seiner Ehefrau – (gehabt) zu haben (Urk. 33/2 S. 5 f.). Mehrere nahe Verwandte der Privatklägerin stellten überdies in Abrede, dass diese Alkohol trinke und in Deutschland bereits der nächste Ehemann bereit stehe (Urk. 33/1 S. 4, Urk. 33/3 S. 3 und 5). Die Mutter der Privatklägerin bestritt auch, für einen Schwangerschaftsabbruch einen speziellen Trank geliefert zu haben (Urk. 33/3 S. 5 f.). Ohnehin wäre bei Zutreffen letzteren Vorwurfs mit einem tatnahen Abort zu rechnen (innert Stunden, Urk. 59 S. 5), was vorliegend aber nicht der Fall war. Und überdies wäre auch nicht ersichtlich, wieso sich die Privatklägerin erst nach dem – selbst herbeigeführten – Verlust der Schwangerschaft entschied, keine Desinteresseerklärung abzugeben, eine solche vorher aber, durchaus in Übereinstimmung mit ihrem Verhalten in früheren Strafuntersuchungen (vgl. Ziff. 3.3 hiervor), in Aussicht stellte (Urk. 8/3 und Urk. 4/3 S. 16). Weiter konnte nicht erhärtet werden, dass die Privatklägerin bereits einmal betreffend ei- nen früheren Ehemann in der Türkei die Polizei involvierte (Urk. 33/4 S. 8). Ohnehin scheint sie – entgegen der Ansicht des Beschuldigten aber gemäss den Äusserungen von ihr und ihrer Verwandtschaft (Urk. 33/1 S. 5, Urk. 33/2 S. 4; Urk. 33/3 S. 3 und 5; Prot. II S. 33 f.) – in der Türkei nicht (bzw. zumindest nicht stan- desamtlich) verheiratet, sondern lediglich (religiös) verlobt gewesen zu sein, was eine enge Vertraute bzw. Cousine von ihr wohl gewusst hätte (vgl. auch Urk. 13/5

      S. 27, wo ihr Zivilstand im Zeitpunkt der Ehevorbereitung als ledig ausgewiesen

      wird). Gleichzeitig ergibt sich aber auch aus Äusserungen des Bruders und der Mutter der Privatklägerin, dass eine allfällige Scheidung in der Familie der Privatklägerin nicht als Stigma gewertet, sondern vielmehr unterstützt worden wäre (Urk. 33/1 S. 5 und Urk. 33/3 S. 5). Mithin war die Privatklägerin nicht aus familiärkulturellen Gründen darauf angewiesen, als Ausweg aus der Ehe einen Gewaltvorwurf zu konstruieren. Ebenso wenig ist von einer Falschbeschuldigung auszugehen, um dem Beschuldigten das Sorge- und Besuchsrecht für F. streitig zu machen, wie dies die Verteidigung insinuiert (Urk. 129 S. 16), zumal die Privatklägerin wie vorerwähnt gerade auch wegen dem gemeinsamen Kind dem Zusammenleben immer wieder eine Chance gegeben hatte. Aufgrund der offensichtlich ungenügenden Abschottung des Beschuldigten in der Untersuchungshaft (Urk. 32 S. 4 f. und Urk. 33/4 S. 3 und 6) überzeugt sodann auch nicht, dass die Urheberschaft des Schreibens gewisse Details des Tatvorgangs nur von der Privatklägerin erfahren haben kann. Hinzu kommt, dass die Familie des Beschuldigten schon kurz nach dessen Verhaftung versuchte, direkt und mittels Einfluss- nahme auf die Familie der Privatklägerin diese dazu zu bringen, ihre Belastungen zurückzunehmen, sodass der Beschuldigte aus der Haft frei kommt (Urk. 4/2 und Urk. 33/1 S. 6 f.; vgl. auch Urk. 32 S. 14 ff. in Verbindung mit den Anhängen und Urk. 34/1-11), worin sich auch ein Motiv für besagtes Schreiben finden liesse. Insgesamt kann damit – mit der Vorinstanz, auf deren Erwägungen ergänzend hingewiesen sei (Urk. 94 S. 14 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO) – für die Sachverhaltserstellung auf das Schreiben in keinerlei Hinsicht abgestellt und entgegen der Verteidigung (Urk. 129 S. 7 und 19) daraus insbesondere auch kein alternativ möglicher Sachverhalt entnommen werden.

    5. Die Vorinstanz hat die wesentlichen Aussagen des Beschuldigten und der Privatklägerin korrekt wiedergegeben (Urk. 94 S. 17 ff. und S. 45 ff.), worauf verwiesen werden kann (Art. 82 Abs. 4 StPO). Im Berufungsverfahren bestätigten sowohl die Privatklägerin wie auch der Beschuldigte im Wesentlichen ihre bisherigen Aussagen. Beide machten bezüglich den Vorfällen vom 25. und 28. Januar 2019 zusammengefasst geltend, jeweils selber ruhig (bzw. höchstens schockiert) gewesen zu sein, während der andere wütend bzw. aggressiv aufgetreten sei

      (Prot. II S. 17, 22, 51 und 55 f.), sowie den anderen jeweils nur von sich weggestossen zu haben (Prot. II S. 32, 50 und 57 f.).

    6. Würdigung hinsichtlich der einzelnen Anklagepunkte

      1. Was den zeitlich ersten Vorfall vom 25. Januar 2019 angeht, so ist dem – lediglich in den Akten des Migrationsamtes, nicht aber den eigentlichen Strafakten auffindbaren – Polizeirapport vom 22. Februar 2019 zu entnehmen, dass die Privatklägerin – nachdem der Beschuldigte sie zunächst aus dem Auto hinaus und dann nach seinem Aussteigen erneut mit den Fäusten auf den Kopf geschlagen habe – weiter rückwärtsgegangen und dann gestürzt sei und dabei ihren Kopf auf den Boden aufgeschlagen habe. Mit Ausnahme einer leichten Beule am Hinterkopf stellten die Polizisten bei der Privatklägerin keine Blessuren Rötungen fest, weshalb auf eine Fotodokumentation verzichtet wurde. Auch über Schwindel Übelkeit klagte die Privatklägerin offenbar damals nicht (Urk. 13/5 S. 240- 243). Am 28. Januar 2019 schilderte sie dies dann bei der Polizei derart, dass sie, da der Beschuldigte im Auto sitzen geblieben und nicht in die Wohnung gekommen sei, zu ihm hinunter gegangen sei, die Autotür aufgemacht und ihn gefragt habe, weshalb er nicht hochkomme. Dann habe er sie in betrunkenem Zustand geschubst und geschlagen, dann sei sie zu Boden gefallen und habe den Kopf angeschlagen. Schwindel Übelkeit erwähnte sie nicht (Urk. 4/1 S. 2). Bei der Staatsanwaltschaft erwähnte sie sodann am 20. Februar 2019 ebenfalls, wie der Beschuldigte im Auto sitzen geblieben sei, weshalb sie rausgegangen sei. Er sei am Telefonieren gewesen und habe sie nicht gesehen. Er sei besoffen gewesen und habe nicht normal gesprochen. Dann habe sie die Türe aufgemacht und gefragt, mit wem er telefoniere. Er habe das Telefon weggehalten, aber sie habe gesehen, dass er mit einer Frau telefonierte, sie habe das Profilbild gesehen. Dann habe sie gesagt, sein Sohn warte auf ihn, sei nicht schlafen gegangen, weil er Pizza möchte und er sitze hier und telefoniere mit einer Schlampe. Sie habe ihn am Kiefer gehalten, um sein Gesicht zu sich zu drehen, und habe das Handy

        nehmen wollen. Dann habe er sie mit den flachen Händen auf den Kopf und gegen das Gesicht geschlagen. Er sei dann ausgestiegen, weil sie, als er geschlagen habe, zurückgewichen sei. Dann habe er sie nochmals auf den Kopf geschlagen, mit flacher Hand und mit der Faust. Und dann sei sie auf den Boden gegangen und habe den Kopf aufgeschlagen, es sei alles schnell gegangen. Aufgrund der Nachfrage der Befragenden, die Privatklägerin habe vorhin eine Schubsbewegung gezeigt, würde nun aber von Schlägen sprechen, präzisierte diese, als er im Auto gesessen sei, habe er ihre Hand weggenommen und sie mit der Faust und der flachen Hand auf den Kopf geschlagen. Dann habe er das nochmals gemacht und habe sie nochmals geschubst. Sie sei dann nach hinten zu Boden gegangen. Auf die Frage, ob sie am Kopf eine Verletzung gehabt habe, antwortete sie, ihr sei schlecht und schwindlig gewesen. Sie habe ein wenig mit Aufstehen warten müssen, weil ihr richtig schwindlig gewesen sei (Urk. 4/3 S. 6 f.). Heute erklärte sie hierzu, der Beschuldigte habe das Telefon mit der rechten Hand weg von ihr gehalten, damit sie es ihm nicht habe wegnehmen können. Später gab sie an, sie sei von ihm stets mit der rechten Hand geschlagen worden. Auf die Frage, wo dann das Telefon gewesen sei, gab sie neu zu Protokoll, der Beschuldigte habe das Telefon unmittelbar vor dem ersten Schlag rechts im Auto fallengelassen (Prot. II S. 14, 18 und 20 f.). Ihr eigenes Verhalten stellte sie insoweit beschönigend dar, als sie den Beschuldigten nicht am Kiefer gehalten, son- dern ihn nur ganz leicht angefasst habe, sowie während des Vorfalls normal und nicht wütend gewesen sei, gleichzeitig aber dem Beschuldigten das Telefon entreissen und die Gesprächspartnerin darauf sehen wollte. Übereinstimmend mit den Aussagen bei der Staatsanwaltschaft sagte sie dagegen aus, dass der Beschuldigte sie sowohl noch im Auto sitzend wie auch nach dem Aussteigen mehrmals mit der flachen Hand und mit der Faust geschlagen habe, sowie dass es ihr am Boden liegend schlecht gewesen sei (Prot. II S. 13 ff. und 18). Die Frage, ob sie wegen eines Stosses wegen Schlägen umgefallen sei, beantwortete die Privatklägerin nicht konkret, sondern gab ausweichend an, der Beschul- digte mache dies immer so, dass er mit der flachen Hand und mit der Faust schlage, dies mache er schon jahrelang so (Prot. II S. 19 f.).

        Der Beschuldigte gab den Vorfall bei der Polizei bzw. anlässlich der Hafteinver- nahme wie folgt wieder: Sie sei zum Auto gekommen und er habe die Fahrertüre geöffnet und sie angesprochen. Sie habe seinen linken Arm weggestossen und versucht, sein Handy zu greifen und ihn Schlampe genannt. Er habe sie abgewehrt und dabei auch etwas von sich weggestossen. Aber nicht so, dass sie habe umfallen müssen, nur so, dass sie nicht zum Handy habe greifen können. Es habe Schnee gehabt und er habe gesehen, dass sie umgefallen sei. Dann sei sie aufgestanden und habe ihr Natel genommen. Es habe so ausgesehen, als ob sie ihn filmen würde, deshalb sei er schnell davon gefahren. Den Sturz führte er auf die getragenen Hausschuhe mit Absatz zurück. Aus dem Auto sei er nicht ausgestiegen und er sei auch nicht alkoholisiert gewesen. Auf Nachfrage, ob er von der Privatklägerin auch geschlagen worden sei, erklärte er, er könne das nicht genau sagen. Sie habe eine Handbewegung an sein Gesicht gemacht. Es sei schon ein Schlag ins Gesicht gewesen, um an sein Handy zu kommen. Sie habe Angst gehabt, dass er eine andere Frau habe (Urk. 3/1 S. 5 f. und Urk. 3/2 S. 5). Auch gegenüber der Staatsanwaltschaft bestritt er, aus dem Auto ausgestiegen zu sein. Er habe die Autotür geöffnet und gefragt, was sei. Sie habe dann nach seinem Mobiltelefon gegriffen. Er habe dieses gehalten und es sei ein Hin- und Herziehen gewesen. Sie habe dann das Gleichgewicht verloren und sei zu Boden gestürzt. Dann sei sie aufgestanden und habe begonnen, ihn mit dem Telefon aufzunehmen (Urk. 3/3 S. 2 f.). Im Widerspruch zu dieser bisher konstanten Schilderung aber teilweise passend zu den Aussagen der Privatklägerin machte er vor Vorinstanz dann geltend, er sei telefonierend im Auto gesessen, als die Privatklägerin überraschend die Türe aufgerissen und ihm einen Schlag ins Gesicht versetzt habe. Sie habe ihm eine Ohrfeige gegeben und währenddessen nach dem Handy greifen wollen. Sie habe das Handy gehalten und er habe auch daran festgehalten, es sei ein hin- und her gewesen. Sie sei dann nach hinten gefallen, als er sein Handy nicht habe aus den Händen geben wollen und sie trotzdem gezogen habe. Sie habe Hauspantoffeln mit ca. 4 cm Absätzen getragen. Sie habe dann sofort angefangen, mit ihrem Handy eine Videoaufnahme zu machen. Er sei dann sofort weggefahren (Urk. 78 S. 39 f.). Heute erklärte er zu diesem Vorfall wiederum mehrmals, er habe die Privatklägerin zum Auto kommen sehen, worauf er die

        Türe geöffnet und gefragt habe: Was ist los, meine Liebe, räumte im Verlauf der Befragung aber ein, dass es die Privatklägerin war, die die Türe geöffnet hatte (Prot. II S. 49 f. und 52). Weiter führte er zuerst aus, die Privatklägerin sei nach hinten gefallen, weil sie versucht habe, am Telefon zu ziehen, gab danach aber wie bei der tatnächsten Einvernahme zu Protokoll, dass er sie aktiv weggestossen bzw. von sich entfernt habe, um das Telefon zu retten (Prot. II S. 49 f.). Nach sei- ner Gemütslage gefragt, gab der Beschuldigte an, er sei nur schockiert aber nicht wütend gewesen, betonte gleichzeitig aber mehrmals rechtfertigend, dass die Privatklägerin seine Freundin als Hure bezeichnet habe (Prot. II S. 49 und 51). In diesem Zusammenhang fiel im Übrigen auch auf, dass der Beschuldigte die Gesprächspartnerin mehrmals als Freundin bezeichnete, auf entsprechende Frage aber eine Fremdbeziehung mit dieser verneinte, dann aber zumindest einräumte, in dieser Zeit eine Fremdbeziehung gehabt zu haben, von welcher die Privatklägerin gewusst habe (Prot. II S. 52 f.). Wie bei den bisherigen Einvernahmen sagte er hingegen auch heute konstant aus, nicht aus dem Auto ausgestiegen zu sein, sondern sofort weggefahren zu sein, als die Privatklägerin hingefallen sei und begonnen habe, ihn zu filmen (Prot. II S. 49).

        Zeugen sachliche Beweismittel, die zur Sachverhaltserstellung beigezogen werden könnten, fehlen. Beide Parteien haben, was Detailtreue und insbesondere das eigene Verhalten angeht, nicht konstant ausgesagt. So erwähnte die Privatklägerin gegenüber den ausrückenden Polizeibeamten sowie im Rahmen ihrer ersten Einvernahme nicht, dass sie den Beschuldigten zunächst am Gesicht packte und ihm das Telefon wegnehmen wollte, sondern machte geltend, er habe sogleich auf sie eingeprügelt, als sie die Autotür geöffnet habe, während der Beschuldigte versuchte, die Privatklägerin als schlechte Mutter, die die Kinder unbeaufsichtigt in der Wohnung lässt, darzustellen und den Sturz ausschliesslich auf schlechtes Schuhwerk zurückführte, obwohl er teilweise zumindest ein Zurückstossen auch eingestand. Vor dem Hintergrund dieses beidseitigen Aussageverhaltens kann nicht dem einen anderen Ehegatten eine eindeutig bessere o- der überzeugendere Aussagequalität zugesprochen werden, weshalb sich nur das einwandfrei erstellen lässt, was beidseits in den Schilderungen enthalten ist.

        Aufgrund der diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen kann somit erstellt werden, dass die Parteien am 25. Januar 2019 auf dem Parkplatz vor dem Wohnhaus eine tätliche Auseinandersetzung hatten. Offenbar öffnete die Privatklägerin die Autotür, als der Beschuldigte im Auto sass und mit einer Frau telefo- nierte. Die Privatklägerin wollte die Gesprächspartnerin sehen, weshalb sie versuchte, das Handy zu ergreifen und das Display zu kontrollieren. Gleichzeitig griff sie den Beschuldigten auch ins Gesicht und nannte die Gesprächspartnerin eine Schlampe. Wenn der Beschuldigte diesen Griff vor Vorinstanz und auch heute als eigentliche Ohrfeige schildert, scheint dies deutlich übertrieben, nachdem er solches tatnah in der freien Erzählung mit keinem Wort erwähnte und auf Nachfrage zunächst bloss erklärte, dies nicht genau sagen zu können. Die Schilderung der Privatklägerin, seinen Kiefer gehalten und zu sich gedreht zu haben, scheint deshalb näher an der Wahrheit zu liegen. Anschliessend ergab sich ein Gerangel um das Mobiltelefon mit gegenseitigem Gezerre an demselben, welches die Privatklägerin verlor und deshalb – wohl recht schwungvoll – nach hinten stürzte, unterstützt durch eine von sich wegstossende Bewegung des Beschuldigten. Dass der Beschuldigte sie zusätzlich mit Händen bzw. Fäusten an den Kopf geschlagen hätte, kann nicht erstellt werden, da gemäss Polizeirapport direkt nach der Tat keine entsprechenden Spuren festzustellen waren. Ebenfalls kann nicht mit rechtsgenügender Sicherheit erstellt werden, dass der Beschuldigte, nachdem er sein Mobiltelefon definitiv an sich reissen konnte, ausgestiegen wäre und die Privatklägerin zusätzlich geschlagen und geschubst hätte, und sie erst dann bzw. deswegen stürzte. Auch dass der Sturz bzw. das Anschlagen des Hinterkopfes auf dem Asphalt bei ihr Schwindel und Übelkeit hervorrief, lässt sich nicht rechtsgenügend erstellen.

      2. Was die Ereignisse vom 28. Januar 2019 angeht, kann dem angefochtenen Urteil eine sorgfältige und umfassende Würdigung der Aussagen des Beschuldigten entnommen werden (Urk. 94 S. 30 ff.). Nachvollziehbar und überzeugend wies die Vorinstanz dabei auf das oft ausweichende und dabei gleichzeitig weitschweifige Aussageverhalten des Beschuldigten und seine – auch schon in früheren Verfahren zu Tage getretene – Tendenz, die ärztlich festgestellten Verletzungen der Privatklägerin mittels eher abenteuerlichen, jedenfalls aber lebensfremden Geschichten zu erklären, hin (a.a.O. S. 30 ff.). So sagte er auch heute aus, die Geschädigte habe sich beim Vorfall am Schuhschrank gestossen und sich selber mit dem Handy gegen den Kopf geschlagen (Prot. II S. 54-56 und 59). Sei- ne Erklärung, dass die Privatklägerin sich deshalb in ihrer Wut selbst geschlagen habe, weil er ihr nicht wie von ihr verlangt dieses Mädchen auf dem Telefon gezeigt habe (Prot. II S. 54), lässt sich zudem nicht mit seiner Aussage vereinbaren, dass die Privatklägerin dazumal bereits sowohl seinen PIN-Code wie auch seine Korrespondenz mit dem Mädchen gekannt habe (Prot. II S. 53). Ins gleiche Muster passt, wenn er der Privatklägerin – ohne dass hierfür irgendwelche Belege vorliegen würden – psychische Probleme bzw. hysterisch-unkontrollierte Ausbrüche zuschreibt (Urk. 3/2 S. 2 und 7; Urk. 3/4 S. 4 und Urk. 78 S. 29). Ebenfalls zu Recht zeigte das Bezirksgericht innere Widersprüche in den Aussagen des Beschuldigten auf, welche durchaus auch wichtige Begleitumstände der Ereignisse betreffen (Urk. 94 S. 32 f.). So beispielsweise, wenn er einerseits geltend macht, die Privatklägerin nach dem 25. Januar 2019 auf seinem Mobiltelefon gesperrt zu haben, dann aber trotzdem mehrere ihrer Anrufe erhalten haben will, worin sie ihn

        • trotz polizeilich angeordneter Gewaltschutzmassnahmen – schon fast angefleht habe, nach Hause zurückzukehren. Dabei ist allgemein bekannt, dass Anrufe gesperrter Kontakte beim Angerufenen gar nicht angezeigt werden. Auch die Antwort, ob sie sich im Rahmen der Konfrontation vom 28. Januar 2019 um die durch den Streit geweckten Kinder kümmerte nicht, passte er im Laufe der Aussage situationsbezogen an. Ebenso was die Frage angeht, wie es genau zur Verunreinigung der Haustüre mit Biomüll kam, wo sich seine Aussagen von anfänglichem (impliziert sanft) zu Boden lassen (Urk. 3/2 S. 9) bis zum in Richtung Schuhe schmeissen/werfen gesteigert und heute wieder an die tatnächste Aussage angeglichen haben (Prot. II S. 54). Eine gegenläufige Entwicklung verzeichnen demgegenüber die von ihm eingestandenen Handlungen. Sprach er zunächst noch von gegenseitigem Schubsen (Urk. 3/3 S. 4), schilderte er später nur noch einseitige Gewalt durch die Privatklägerin (gegen den Beschuldigten und sich selbst, vgl. Urk. 3/4 S. 4 und Urk. 78 S. 31), bis er heute wieder – bezüglich der Abläufe im Schlafzimmer zudem erst auf mehrfaches Nachfragen hin – ein mehrfaches Wegstossen einräumte (Prot. II S. 56-58). Ein solches – entgegen der Verteidigung (Urk. 129 S. 9) keineswegs konstant zugegebenes – Gerangel und Wegstossen vermag jedoch nicht zu erklären, wieso nur die Privatklägerin im Anschluss zahlreiche Verletzungsspuren aufwies. Sodann unterschlug er anlässlich seiner Befragung auch frühere sowie die aktuell seit 30. Januar 2020 neu laufen- de Strafuntersuchungen bzw. machte diesbezüglich situative Erinnerungslücken geltend (vgl. Urk. 121 S. 256 ff., S. 386 ff. in Verbindung mit Urk. 78 S. 5 f. und

          S. 16 ff.). Dies alles lässt seine Aussagen wenig erlebnisbasiert, sondern vielmehr prozesstaktisch motiviert und dadurch unglaubhaft erscheinen. Daran vermag der Einwand der Verteidigung der suggestiven und voreingenommenen Befragung vor Vorinstanz (Urk. 129 S. 8) nichts zu ändern, zumal die von ihr zitierten Fragen höchstens vereinzelt als tendenziös zu bewerten und im Rahmen der 3.5stündigen Befragung auch in unwesentlicher Quantität vorgekommen sind. Im Übrigen hätte selbst eine gegebenenfalls suggestive Befragung keine Unverwertbarkeit zur Folge gehabt (vgl. BSK StPO-Häring, Art. 143 N 37).

          Demgegenüber lesen sich die Aussagen der Privatklägerin recht zurückhaltend und differenziert. Ihre Darstellung lässt sich zwanglos in einen grösseren Ereig- nisbogen einfügen, wirkt folgerichtig und logisch (vgl. hierzu die überzeugende Analyse der Vorderrichter, Urk. 94 S. 33 f.). Dass sie erst auf Vorhalt der Aussage des Beschuldigten, sie habe sich die Kopfwunde mit seinem roten Handy selbst zugefügt, ihre eigenen Aussagen insofern anpasste, dass er sie nicht bloss mit den Fäusten, sondern auch mit dem Handy geschlagen habe, vermag die Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung nicht zu vermindern. Vielmehr wäre, hätte sie sich die Verletzung tatsächlich mit dem Mobiltelefon des Beschuldigten selbst zugefügt mit dem Ziel, den Beschuldigten diesbezüglich falsch anzuschuldigen, zu erwarten gewesen, dass sie sogleich in ihrer ersten Einvernahme derartige Schläge des Beschuldigten als ursächlich benennt. Stattdessen schilderte sie – sehr authentisch –, wie sie gedacht habe, dass er sie nun schlage, sie ihre Hände vors Gesicht und das Gesicht nach unten gehalten habe (Urk. 4/3 S. 9), was nachvollziehbar erklärt, dass sie nicht gesehen hat, dass der Beschuldigte während der initialen Schläge im Flur der Wohnung das Mobiltelefon in einer Faust hielt. Ein- drücklich schilderte die Privatklägerin in der tatnächsten Einvernahme sogar, wie sie zuerst gedacht habe, das plötzlich heruntertropfende Blut könnte von ihrer

          Hand stammen, und erst danach begriff, dass sie am Kopf blutete (Urk. 4/1 S. 3). Aufgrund dieses Aussageverhaltens kann die rechtsmedizinisch noch als möglich beurteilte Selbstverletzung gemäss preliminärer Beurteilung vom 28. Januar 2019, welche die Verteidigung zitiert (Urk. 129 S. 14; Urk. 5/5 S. 1), ausgeschlossen werden. Auch die weiteren, gutachterlich festgestellten Verletzungen (Urk. 5/13) lassen sich ohne Weiteres mit ihrer Darstellung vereinbaren, was sich von der Zugabe des Beschuldigten, dass es bloss zu gegenseitigen Schubsern gekommen sei (Urk. 3/1 S. 3 f.) – wie bereits erwähnt – nicht sagen lässt. Demgegenüber wäre zu erwarten, hätte sie sich sämtliche Verletzungen selbst bzw. unter Zuhilfenahme der Fingernägel des gerade erst sechs Monate alten Sohnes F. (wie im Schreiben G. vorgeworfen, welcher Vorwurf vom Beschul- digten übernommen wurde) zugefügt und zudem den Schwangerschaftsabbruch vorgängig zur Auseinandersetzung mittels eines Abtreibungsgiftes eingeleitet, sie auch sichtbare Verletzungsspuren am Bauch produziert hätte, um die geltend gemachten Schläge zu untermauern. Dem ist aber nicht so. Und wenn die Vertei- digung vorbringt (Prot. II S. 63), die Privatklägerin habe an der Berufungsverhandlung erstmals von einer Tötungsdrohung des Beschuldigten im Schlafzimmer gesprochen (Prot. II S. 25), wobei die Privatklägerin dies bei der Polizei durchaus bereits aussagte, bei der Staatsanwaltschaft sich aber nicht erinnerte (vgl. Urk. 4/1 S. 3; Urk. 4/3 S. 14 f.), dann vermag diese einzige Inkonstanz die Glaubhaftigkeit ihrer übrigen Aussagen nicht zu beeinträchtigen.

          Mithin wirken die Aussagen der Privatklägerin zu diesem Anklagesachverhalt bei Gesamtbetrachtung – und erst recht bei Mitberücksichtigung des unter Ziff. 3.3 Gesagten – bedeutend glaubhafter, als diejenigen des Beschuldigten, weshalb für die Sachverhaltserstellung grundsätzlich darauf abzustellen ist. Entsprechend ist

        • soweit für die nachfolgende rechtliche Würdigung überhaupt wesentlich – erstellbar, dass der Beschuldigte die Privatklägerin am 28. Januar 2019, nachdem sich die Parteien offenbar zunächst verbal um die Fahrzeugschlüssel des vom Beschuldigten gefahrenen Fahrzeugs und die Frage, ob er plane, abzuhauen, um alleine mit einer anderen Frau (offenbar war der Beschuldigte zuvor tatsächlich fremdgegangen, was er in früheren Befragung noch als wahnhafte Ver- dächtigung der Privatklägerin dargestellt hatte, vgl. Urk. 10/17 S. 6 vs. Urk. 78 S.

        28 und Prot. II S. 52 f.) in der Türkei Urlaub zu machen, gestritten hatten und der Beschuldigte im Streit den Biomüllsack beim Wohnungseingang heftig auf den Boden geknallt hatte, im Flur der ehelichen Wohnung in kurzer Abfolge fünf bis sechs Mal mit den Fäusten auf den Kopf schlug. Dabei hielt er in einer Faust sein Mobiltelefon, womit er ihr eine stark blutende Wunde am Hinterkopf zufügte. Zu- dem wurde ihr ob der Schläge Sturm und übel. Nachdem sie blutete, schubste die Privatklägerin den Beschuldigten mehrfach, trotzdem zog er sie am Arm ins Schlafzimmer, wo die Kinder (zunächst) noch schliefen, blockierte den Ausgang und hinderte sie am Verlassen desselben, indem er ihr an den Haaren riss, sie jeweils zurück ins Zimmer stiess/schubste ihr weitere Faustschläge austeilte. Einmal ergriff er überdies die im Schlafzimmer auf einem Sideboard stehende Porzellanvase und drohte der Privatklägerin, ihr diese über den Kopf zu schlagen, wenn sie die Polizei anrufe (so deutlich ihre heutige Aussage: Prot. II S. 29 f.; vgl. auch Urk 4/3 S. 14), wobei es ihm egal sei, wenn er dafür 10 Jahre ins Gefängnis müsse, was bei ihr Angst auslöste. Gleichwohl alarmierte die Privatklägerin die Polizei, sobald sie ihr Mobiltelefon behändigen konnte, worauf der Beschuldigte fluchtartig die Wohnung verliess. Er konnte später durch die eidgenössische Zollverwaltung beim Grenzübergang Schaffhausen, von Jestetten her kommend in seinem Fahrzeug aufgegriffen werden, wobei er nebst dem türkischen Pass und der türkischen ID eine gültige sowie eine abgelaufene Schweizer B- Aufenthaltsbewilligung, ein türkisches Bankbuch sowie Fr. 2'135.60 und geringere Mengen Euro, türkische Lira, sowie auch Bargeld kroatischer und kenianischer Währung auf sich trug (Urk. 10/1-2). Letzteres ist für die rechtliche Würdigung zwar nicht von Bedeutung und entsprechend auch nicht Teil der Anklageschrift, bekräftigt aber als weiteres Indiz die Darstellung der Privatklägerin. Denn nach Erzählung des Beschuldigten war er auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle, welche sich in J. befand, und hätte überdies – da er sich aus seiner Sicht ja nichts zu Schulden hat kommen lassen – auch keinen Grund gehabt, nach der Ausei- nandersetzung mit Pass, Bankbuch und Bargeld (an J. vorbei) in Richtung Deutschland zu fahren. Bezeichnend ist, dass der Beschuldigte auch heute zuerst behauptete, direkt Richtung J. gefahren zu sein und erst auf die Anwesenheit am Grenzübergang angesprochen einräumte, doch nicht den direkten Weg

        genommen zu haben, wobei er seinen 'Umweg' auch nicht überzeugend erklären konnte (vgl. Prot. II S. 60 f.).

        Durch die zahlreichen Schläge erlitt die Privatklägerin nebst der bereits erwähnten Rissquetschwunde am Hinterkopf links, welche mittels Klammern versorgt werden musste, eine Quetschung des rechten Jochbeins sowie Hautabschürfungen und Hämatome im Gesicht und Rötungen im Nacken sowie eine Hautabschürfung am linken Unterschenkel beim Knie (Urk. 5/13).

  4. Rechtliche Würdigung

    1. Die Vorinstanz würdigte die erstellten Handlungen anklageentsprechend als mehrfache, teils versuchte einfache Körperverletzung, als Drohung und als Nötigung (Urk. 94 S. 57 ff.). Dem kann nicht in allen Teilen gefolgt werden.

    2. Was die Ereignisse vom 25. Januar 2019 angeht, liessen sich Schläge des Beschuldigten gegen die Privatklägerin ein eigentliches – über ein Zurückstossen hinausgehendes – Schubsen nicht erstellen. Vielmehr stürzte sie im Rahmen des gegenseitigen Ringens um bzw. Zerrens am Handy des Beschuldigten rückwärts auf den Boden, als es dem Beschuldigten gelang, sie abzuwehren und es ihr aus den Händen zu reissen. Dies, nachdem sie versucht hatte, ihm das Handy wegzunehmen, während er es selbst in der Hand hatte. Das Wegstossen der Privatklägerin, welches als Hauptursache für ihren Sturz angesehen werden muss, entsprach keiner Tathandlung mit dem Ziel einer Tätlichkeit gar einer versuchten Körperverletzung, zumal er damit im Gerangel bloss die Wegnahme seines Handys verhindern wollte. Vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 4 StGB ist er deshalb freizusprechen.

    3. Dass die Schläge vom 28. Januar 2019 im Flur der ehelichen Wohnung (vgl. Anklageschrift Urk. 43 S. 2 1. Absatz), welche unter anderem zur Kopfwunde geführt haben, die mit Klammern ärztlich versorgt werden musste, als einfache Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu würdigen sind, bedarf keiner weiteren Begründung. Demgegenüber scheint es künstlich konstruiert,

      wenn die Ereignisse im Schlafzimmer unter drei verschiedenen Sachverhaltsabschnitten dargestellt und je separat rechtlich gewürdigt werden (so die Anklageschrift, a.a.O. S. 2, 2. Absatz, S. 3 und S. 4 betreffend Drohung), obwohl sie im Rahmen eines chronologisch eng zusammenhängenden Tatablaufs quasi zeitgleich passiert sind. So packte der Beschuldigte die Privatklägerin im Flur der Wohnung nach Bemerken der blutenden Wunde, zog sie ins Schlafzimmer, wo er sie durch Faustschläge und Schubsen am Verlassen des Zimmers hinderte sowie ihr androhte, ihr die Vase über den Kopf zu schlagen, wenn sie die Polizei anrufe. Die Drohung, ihr die Vase über den Kopf zu schlagen, wenn sie die Polizei anrufe, ist ohne Weiteres als Nötigungshandlung zu qualifizieren. Allerdings ist zu beachten, dass die Privatklägerin kurz darauf in Anwesenheit des Beschuldigten gleichwohl die Polizei anrief, weshalb der gewünschte Taterfolg ausblieb und der Beschuldigte in Abweichung vom vorinstanzlichen Urteil bloss der versuchten Nötigung schuldig zu sprechen ist. Abweichend von der Vorinstanz wird die Drohung als Nötigungshandlung zudem vom Schuldspruch der versuchten Nötigung gemäss Art. 181 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB konsumiert (BSK StGB-Delnon/Rüdy, 2019, Art. 181 N 68). Dies bedeutet aber selbstredend nicht, dass hinsichtlich des Vorwurfs der Drohung ein Freispruch zu ergehen hätte, handelt es sich doch um ein und denselben Lebenssachverhalt (BGE 144 IV 362). Vielmehr ist der Unrechtsgehalt der Drohung im Schuldspruch betreffend versuchte Nötigung mitenthalten, und wird in der Strafzumessung auch entsprechend zu berücksichtigen sein.

    4. Zusammenfassend ist der Beschuldigte somit vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 und Ziff. 2 Abs. 4 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Vorfall vom 25. Januar 2019) frei- und der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 4 StGB (Vorfall vom 28. Januar 2019) sowie der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

  5. Strafzumessung und Vollzug

    1. Nachdem sich der Beschuldigte durch die ihm im Jahr 2017 für einschlägige Übergriffe gegen die Privatklägerin auferlegte unbedingte Geldstrafe von 180

      Tagessätzen offensichtlich nicht beeindrucken liess, kommt heute als Strafart für die einfache Körperverletzung und die Nötigung bereits aus spezialpräventiven Gründen nur eine Freiheitsstrafe in Frage.

      Wie bei der Strafzumessung im Einzelnen vorzugehen ist, kann dem angefochte- nen Urteil entnommen werden (Urk. 94 S. 68 ff.). Zufolge gleicher Strafart ist für die beiden Vergehen eine Gesamtstrafe auszufällen, welche – da ausserordentliche Umstände, die etwas anderes verlangen würden, fehlen – innerhalb des or- dentlichen Strafrahmens dieser Delikte, mithin zwischen mehr als drei Tagen und drei Jahren Freiheitsstrafe festzusetzen sein wird.

    2. Vorliegend imponiert die einfache Körperverletzung als schwerste Tat im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB. Was deren objektive Tatschwere angeht, so liegt die erlittene Rissquetschwunde, als schwerste der Verletzungen, im unteren Bereich möglicher einfacher Körperverletzungen. Anlass war ein spontaner Streit, den der Beschuldigte eskalieren liess, wobei er gleich mehrfach in kurzer Abfolge mit dem Mobiltelefon in der Hand gegen den Kopf der Privatklägerin, einen höchst sensiblen Körperteil, schlug und ihr nebst der bereits erwähnten, ärztlich zu versorgenden Kopfwunde weitere Quetschungen, Schürfungen, Hämatome und Hautrötungen zufügte. Angesichts der Gesamtheit der Verletzungen ist die objektive Tatschwere im unteren bis mittleren Bereich zu verorten. Subjektiv ist davon auszugehen, dass er die Privatklägerin mit seiner doch recht massiven Gewalteinwirkung ruhig stellen und so den verbalen Streit beenden und seine Vormachtstellung in der Beziehung bekräftigen wollte, was einer egoistischen Motivation entspricht. Hinsichtlich der Verletzungsfolgen ist zumindest von Eventualvorsatz auszugehen, wobei dieser angesichts der Vorgehensweise nahe am direkten Vorsatz zu liegen kommt und insgesamt das Verschuldensprädikat nicht mehr leicht rechtfertigt. Als Einsatzstrafe ist vor diesem Hintergrund – mit der Vorinstanz (Urk. 94 S. 70 f.) – eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten angemessen.

    3. Was die versuchte Nötigung angeht, so ist die Zeitspanne, in welcher die Privatklägerin am Verlassen des Schlafzimmers und an der Alarmierung der Polizei gehindert wurde, eher kurz geblieben. Hingegen wirkte der Beschuldigte mit verbaler (Drohung, ihr die Vase über den Kopf zu schlagen) wie tätlicher (Schlä-

      ge, Schubsen, Haare reissen) Gewalt auf die Privatklägerin ein. Der Beschuldigte schreckte dabei auch nicht davor zurück, sich vor seinen beiden kleinen Kindern derart zu benehmen und deren Mutter, seiner Ehefrau, Gewalt anzutun. Immerhin ist auch hier von einer spontanen, ungeplanten Entwicklung auszugehen, wenn auch vor dem Hintergrund einer schon länger konfliktbehafteten Beziehung. Die Motivation ist wiederum als egoistisch zu bezeichnen, wollte er doch den (absehbaren) Beizug der Polizei und damit ein Geradestehen für seine gewalttätigen Übergriffe auf seine Ehefrau verhindern. Angesichts des Strafrahmens ist insbesondere aufgrund der doch eher kurzen Zeit der Einwirkung das Verschulden insgesamt noch als leicht zu bezeichnen, was bei isolierter Betrachtung einer vollen- deten Nötigung eine Strafe von rund 5 Monaten rechtfertigen würde. Nachdem es aber beim Versuch geblieben ist, ist die Einsatzstrafe um einen Monat zu reduzieren, wobei aufgrund der Ausgestaltung als vollendeter Versuch keine grössere Reduktion angezeigt erscheint. Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung darf der versuchten Nötigung schliesslich nicht kumulierend, sondern bloss asperierend Rechnung getragen werden, wobei hier zusätzlich ins Gewicht fällt, dass die bei- den Delikte fliessend ineinander übergingen, so dass eine eher zurückhaltende Straferhöhung um zwei Monate auf 12 Monate Freiheitsstrafe angezeigt erscheint.

    4. Hinsichtlich der Täterkomponenten erweisen sich die persönlichen Verhält- nisse als strafzumessungsneutral: Der Beschuldigte ist in der Türkei mit mehreren Geschwistern bei seinen Eltern aufgewachsen und infolge Heirat mit der Privatklägerin 2013, ca. 24-jährig, in die Schweiz übersiedelt. Er hat in der Türkei alle Schulen besucht, ein Tourismusstudium aber abgebrochen und ist stattdessen ins Hotelfachgeschäft eingestiegen, wo er unter anderem ein Zertifikat als Koch erwarb. In der Schweiz hat er verschiedene Tätigkeiten in der Gastrobranche ausgeübt. In den Jahren 2014 und 2018 kamen die Söhne K. und F. zur Welt. Über die Jahre trennten sich die Parteien mehrfach, kamen in der Folge je- doch wieder zusammen, so nach längerer Trennung auch kurz vor den heute zu beurteilenden Taten (Urk. 3/4 S. 17 ff.; Urk. 78 S. 3 ff.). Den aktualisiert beigezogenen Akten des Migrationsamtes kann neu entnommen werden, dass zwischen den Parteien seit dem 8. März 2021 erstinstanzlich ein Scheidungsverfahren hängig ist, wobei gemäss den heutigen Aussagen derzeit noch der Eheschutzentscheid vom 13. Januar 2020 weiter gilt (Urk. 121 S. 468; Prot. II S. 11). Mit Verfügung vom 27. September 2021 stellte das Migrationsamt fest, dass die Aufenthaltsbewilligung des Beschuldigten zufolge längerer Auslandabwesenheit erloschen ist, wies sein Begehren um (Wieder-)Erteilung bzw. um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab und setzte ihm eine Ausreisefrist an (Urk. 121 S. 407 ff.). Der dagegen gerichtete Rekurs des Beschuldigten wurde mit Entscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Rekursabteilung, vom 1. Februar 2022 abgewiesen und es wurde dem Beschuldigten neu die Ausreisefrist bis 1. April 2022 angesetzt (Urk. 121 S. 470 ff.). Eine Erstreckung der Ausreisefrist wurde ihm verweigert (Urk. 121 S. 486 f.). Derzeit ist beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eine Beschwerde des Beschuldigten gegen den Rekursentscheid hängig (Urk. 121 S. 488 f.; Prot. II S. 39).

      Ergänzend erklärte der Beschuldigte an der Berufungsverhandlung, er habe per

      1. Juni 2022 eine neue Arbeitsstelle gefunden, bei welcher er vorerst in einem Pensum von 50 % und nach den Sommerferien in einem 100 %-Pensum arbeiten werde (Prot. II S. 42 und 47). Zudem sagte er aus, dass er seit letztem Jahr kei- nen Kontakt mehr zu den Kindern habe, seit die Privatklägerin diese zu einem zweiten von der KESB organisierten Treffen nicht mehr mitgebracht habe (Prot. II S. 40).

      Wie bereits eingangs erwähnt, weist der Beschuldigte eine einschlägige Vorstrafe auf. So wurde er am 15. Juni 2017 durch das Bezirksgericht Bülach wegen Be- drohung der und Tätlichkeiten gegen die Privatklägerin zu 180 Tagessätzen Geldstrafe zu Fr. 10.– und einer Busse von Fr. 500.– verurteilt, wobei ihm 11 Tage erstandene Untersuchungshaft angerechnet, der bedingte Vollzug jedoch verweigert wurde. Sodann ist aus dem Jahr 2015 eine weitere – allerdings nicht einschlägige – Vorstrafe zu verzeichnen, deren bedingter Vollzug widerrufen wurde (Urk. 101 und 122). Dass er trotz diesen vollzogenen Vorstrafen, und trotz der im Verfahren wegen häuslicher Gewalt erstandenen Untersuchungshaft kurz nach der Wiedervereinigung mit der Privatklägerin (die Parteien lebten von November 2017 bis November 2018 getrennt; Urk. 4/1 S. 2 in Verbindung mit Urk. 13/5

      S. 200 und S. 209) erneut einschlägig delinquierte, ist spürbar straferhöhend zu berücksichtigen, zeugt es doch von fehlender Einsicht und Renitenz. Die zweite Vorstrafe wegen Verkehrsregeldelikten aus dem Jahr 2015 wirkt sich demgegen- über nur marginal straferhöhend aus. Insgesamt ist die Strafe damit, den Tat- und Täterkomponenten angemessen, auf 15 Monate Freiheitsstrafe festzusetzen.

    5. Auf diese Strafe anzurechnen sind 250 Tage erstandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft (Art. 51 StGB).

    6. Nachdem dem Beschuldigten – wie oben bereits erwähnt – die wegen ei- nes einschlägigen Vorfalls bereits unbedingt auferlegte Geldstrafe offensichtlich wenig Eindruck machte, fällt heute ein gänzlich bedingter Vollzug der Freiheitsstrafe von vornherein ausser Betracht. Hinzu kommt, dass er bereits in den Jahren 2015 (für 26 Tage; Urk. 13/5 S. 83 ff., S. 94) und 2017 (für 11 Tage; Urk. 101 und Urk. 122) in Untersuchungshaft versetzt wurde und es gleichwohl nachfolgend zu weiteren Delikten häuslicher Gewalt kam, was die Bewährungsaussichten deutlich trübt. Weiter besteht eine Vorstrafe aus dem Jahr 2015 wegen grober Verkehrsregelverletzung etc. (Urk. 101 bzw. Urk. 122), woraus abzuleiten ist, dass sich die deliktische Tätigkeit des Beschuldigten nicht auf die Beziehung zur Privatklägerin beschränkt. Zudem wurde im Januar 2022 erstinstanzlich bereits eine neue Anklage gegen den Beschuldigten betreffend den Vorwurf des (Telefon-)Betrugs eingereicht, welche am 29. Juni 2022 verhandelt werden soll (Urk 121 S. 256 ff., S. 386 ff. und S. 462 sowie Urk. 123 und Prot. II S. 44 f). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürfen in die Prognosebeurteilung auch die in einem hängigen Strafverfahren zugegebenen Tatsachen einfliessen bzw. es dürfen mit der erforderlichen Zurückhaltung bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten auch nicht abgeurteilte Vortaten, welche Schlüsse auf das Vorleben und den Charakter eines Täters zulassen, beachtet werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_328/2021 vom 13. April 2022 E. 4.4, m.w.H.). Der Beschuldigte erklärte heute, dass er die Vorwürfe in der Anklage akzeptiere, und gestand ein, dass er drei Couverts abgeholt habe, weil man ihm versprochen habe, für jede Abholung Fr. 1'000.– zu erhalten. Er sei in jenem Verfahren geständig und er bereue seine Taten sehr, seit er vernommen habe, dass es sich um eine verbrecherische Or-

      ganisation gehandelt habe, welche Leute betrogen habe (Prot. II S. 44-48). Vor diesem Hintergrund muss dem Beschuldigten insgesamt eine schlechte Legalprognose gestellt werden, weshalb die gesamte Strafe zu vollziehen ist.

  6. Zivilansprüche

    1. Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen der Zusprechung einer Genugtu- ung gemäss Art. 49 OR zutreffend dargelegt (Urk. 94 S. 81), worauf verwiesen werden kann.

    2. Aufgrund des Freispruchs betreffend den Vorfall vom 25. Januar 2019 kann daraus kein Genugtuungsanspruch resultieren. Indessen ist der Privatklägerin zu attestieren, dass sie durch die Ereignisse vom 28. Januar 2019, als der Beschuldigte sie mehrfach mit der Faust gegen den Kopf schlug, ihr dabei eine zu nähende Rissquetschwunde zufügte, überdies ihre physische Integrität bedrohte und sie gegen ihren Willen – allerdings kurzzeitig – im Schlafzimmer festhielt, in nicht hinnehmbarem Umfang in ihrer Persönlichkeit verletzt wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschuldigte die Privatklägerin im besonders schützenswerten und verletzlichen Zustand einer Schwangerschaft traktierte. Allerdings erweisen sich die von der Privatklägervertretung konkret behaupteten physischen und psychischen Folgen (Urk. 131 S. 9) als gänzlich unbelegt. Der Privatklägerin geht es zudem gemäss ihren heutigen Aussagen inzwischen viel besser und sie hat auch keine Angst mehr (Prot. II S. 12 und 37). Unter den gesamten Umstän- den erweist sich deshalb eine Genugtuung in Höhe von Fr. 2'500.– nebst 5 % Zins ab 28. Januar 2019 der erlittenen Unbill angemessen. Im Mehrbetrag ist die Genugtuungsforderung der Privatklägerin abzuweisen.

  7. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    1. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens (wozu auch die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Geschädigtenvertretung gehören, vgl. die Definition der Verfahrenskosten in Art. 422 StPO) werden vom Bund dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat, soweit sie nicht der beschuldigten Person auferlegt werden können.

      Letzteres ist der Fall bei einer Verurteilung (Art. 423 und 426 Abs. 1 StPO). Nach der Rechtsprechung sind der beschuldigten Person, die bei mehreren angeklagten Straftaten nur teilweise schuldig gesprochen, im Übrigen aber freigesprochen wird, die Verfahrenskosten grundsätzlich anteilsmässig aufzuerlegen.

      Die Kosten des Berufungsverfahrens sind sodann den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Auch eine im Berufungsverfahren unterliegende Privatklägerin hat demnach die Kosten (ev. anteilig) zu tragen. Das betrifft auch Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes, zumindest soweit sie sich gegen einen erstinstanzlichen Freispruch wenden (so ausdrücklich BGE 143 IV 154 E. 2.3.5). Wurde der Privatklägerschaft die unentgeltliche Prozessführung gewährt, sind die sie treffenden Kosten einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, und ist in analoger Anwendung von Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO die Rückzahlung vorzubehalten (Urteil des Bundesgerichts 6B_370/2016 vom 16. März 2017 E. 1.2; BGE 141 IV 262 E. 2.2).

    2. Die Vorinstanz auferlegte dem Beschuldigten zufolge des Teilfreispruchs lediglich zwei Drittel der Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens, was auch bei heutigem Ausgang noch angemessen erscheint. Entsprechend ist die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 11 und 12) zu bestätigen. Ergänzend sind allerdings noch die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, betreffend Anordnung Sicherheitshaft (Geschäfts-Nr. UB190104-O) in der Höhe von Fr. 1'000.– ebenfalls zu zwei Dritteln dem Beschuldigten aufzuerlegen und im übrigen Umfang auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    3. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 lit. a GebV OG auf Fr. 4'000.– festzusetzen. Sodann ist ausgehend von den eingereichten Honorarnoten der amtlichen Verteidigerin eine Entschädigung von Fr. 11'000.– und des unentgeltlichen Rechtsbeistandes der Privatklägerin eine Entschädigung von Fr. 3'600.– zuzusprechen (§ 17 Abs. 1 lit. a und § 18 Abs. 1 AnwGebV).

      Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung mehrheitlich und auch der Berufung der Privatklägerin ist vorliegend kein Erfolg beschieden. Damit rechtfertigt es sich, die Kosten des Berufungsverfahrens beiden je zur Hälfte aufzuerlegen. Da der Privatklägerin die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde (Urk. 11/3) und diese die Befreiung von den Verfahrenskosten umfasst (Art. 136 Abs. 2 lit. b StPO), ist ihr Kostenanteil einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. In analoger Anwendung von Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO ist die Privatklägerin indessen zur Rückzahlung zu verpflichten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_370/2016 vom 16. März 2017 E. 1.2). Nach dem gleichen Kostenschlüssel ist, im Rechtsmittelverfahren unabhängig ei- ner Opferstellung, hinsichtlich der Rückforderung der Kosten der Verteidigung bzw. der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zu verfahren, welche einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen sind (vgl. BGE 143 IV 154 E. 2.3).

    4. Nachdem die Untersuchungs- und Sicherheitshaft vorliegend an die Strafe anzurechnen ist, bleibt – trotz nur teilweiser Kostenauflage – kein Raum für eine Genugtuung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO.

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Anschlussberufung des Beschuldigten vom 27. Oktober 2021 wird nicht eingetreten.

  2. Auf den Antrag der Privatklägerin auf Anordnung eines Kontakt- und Rayonverbots gemäss Art. 67b StGB wird nicht eingetreten.

  3. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, II. Abteilung, vom 20. April 2021 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Freispruch vom Vorwurf des versuchten strafbaren Schwangerschaftsabbruchs), 5 (Verzicht auf fakultative Landesverweisung), 6 (Freigabe beschlagnahmter Gegenstände) sowie 8-10 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  4. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

  5. Rechtsmittel:

Gegen Ziffern 1 und 2 dieses Entscheids kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig

    • der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 4 StGB (Vorfall vom 28. Januar 2019) sowie

    • der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird ferner freigesprochen vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 4 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Vorfall vom 25. Januar 2019).

  3. Der Beschuldigte wird bestraft mit 15 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 250 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft erstanden sind.

  4. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  5. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin B.

    Fr. 2'500.–

    zuzüglich 5 % Zins seit 28. Januar 2019 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  6. Das erstinstanzliche Kostenregelungsdispositiv (Ziff. 11 und 12) wird bestätigt.

  7. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, betreffend Anordnung Sicherheitshaft (Geschäfts- Nr. UB190104-O) in der Höhe von Fr. 1'000.– werden zu zwei Dritteln dem Beschuldigten auferlegt und im übrigen Umfang auf die Gerichtskasse genommen.

  8. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 4'000.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 11'000.– amtliche Verteidigung

    Fr. 3'600.– unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft.

  9. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin, werden dem Beschuldigten und der Privatklägerin je zur Hälfte auferlegt. Der Kostenanteil der Privatklägerin wird zufolge gewährter unentgeltlicher Prozessführung einstweilen auf die Gerichtskasse genommen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 StPO.

    Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten und der Privatklägerin im Umfang von je der Hälfte bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO, teilweise in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 StPO, vorbehalten.

  10. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • die Privatklägerin

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich

    • die Privatklägerin

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten

    • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.

  11. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 15. Juni 2022

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Wenker

Der Gerichtsschreiber:

MLaw Huter

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