E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB210407
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210407 vom 28.11.2022 (ZH)
Datum:28.11.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Sexuelle Nötigung etc. und Widerruf
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Privatklägerin; Beschuldigten; Verteidigung; Aussage; Drohung; Recht; Aussagen; Recht; Prot; Vorinstanz; Berufung; Schuld; Gericht; Urteil; Schaden; Antrag; Freiheitsstrafe; Verfahren; Sexuell; Fähig; Amtlich; Amtliche; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Nötigung; Schadenersatz; Gericht
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 105 StGB ; Art. 106 StGB ; Art. 119 AIG ; Art. 120 StPO ; Art. 123 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 147 StGB ; Art. 180 StGB ; Art. 189 StGB ; Art. 19 StGB ; Art. 304 StPO ; Art. 33 StGB ; Art. 343 StPO ; Art. 389 StPO ; Art. 424 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 431 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 49 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 66a StGB ;
Referenz BGE:121 IV 97; 123 IV 155; 127 I 38; 136 IV 55; 140 IV 196; 142 IV 265; 144 IV 313; 145 IV 1; 147 IV 534; 84 IV 10;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210407-O/U/jv

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, lic. iur. B. Amacker und Oberrichterin lic. iur. M. Knüsel sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. M. Keller

Urteil vom 28. November 2022

in Sachen

A. ,

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. sc. nat. et lic. iur. X. ,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend sexuelle Nötigung etc. und Widerruf

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung vom 7. Juni 2021 (DG210044)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 30. März 2021 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 51).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 88 S. 44 ff.)

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 28 Monaten Freiheitsstrafe, wovon bis und mit heute 279 Tage durch Haft erstanden sind, teilweise als Zusatzstrafe zu der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 6. Februar 2020 ausgefällten Strafe, sowie mit einer Busse von Fr. 200.–.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatz- freiheitsstrafe von 2 Tagen.

  5. Der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom

    15. Januar 2020 ausgefällten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– wird widerrufen.

  6. Von der Anordnung einer therapeutischen Massnahme wird abgesehen.

  7. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 8 Jahre des Landes verwiesen.

  8. Die unter der Asservaten-Nr. A013'586'293 sichergestellten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgegeben. Verlangt er die Gegenstände nicht innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Urteils heraus, werden sie der zuständigen Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  9. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin B. Fr. 250.80 zu bezahlen.

    AG Schadenersatz von

  10. Rechtsanwalt Dr. sc. nat. et lic. iur. X. wird für die amtliche Verteidigung des Beschul- digten mit Fr. 13'292.30 (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  11. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 4'500.–; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'500.– Gebühr Untersuchungsverfahren

    Fr. 11'400.– Gutachten/Expertise

    Fr. 13'292.30 Entschädigung amtliche Verteidigung Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

  12. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

  13. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehal- ten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

  14. [Mitteilungen.]

  15. [Rechtsmittel.]

Berufungsanträge:

(Prot. II S. 14 f.)

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten:

    (Urk. 108 S. 2 und Urk. 137 S. 2, teilweise sinngemäss)

    1. Der erstinstanzliche Schuldspruch betreffend Drohung sei aufzuheben und es sei auf den Anklagepunkt der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB nicht einzutreten, eventualiter sei der Beschuldigte vom Vorwurf der Drohung freizusprechen.

    2. Der erstinstanzliche Schuldspruch betreffend sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB sei aufzuheben und der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

    3. Die Strafe sei unter Berücksichtigung der Anträge 1 und 2 angemessen zu reduzieren und der Beschuldigte sei für eine allfällige Überhaft angemessen zu entschädigen.

    4. Eventualiter sei die Strafe auch für den Fall, dass das Obergericht am erst- instanzlichen Schuldspruch vollumfänglich festhalten sollte, angemessen zu reduzieren.

    5. Der Schadenersatzanspruch der B. AG sei auf den Zivilweg zu verweisen.

    6. Die Kostenfolgen seien mit Bezug auf beide Instanzen ausgangsgemäss zu verlegen und die Kosten für die amtliche Verteidigung (inkl. MwSt.) seien auch für das Berufungsverfahren auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die dem Beschuldigten auferlegten Kosten seien infolge offensichtlicher Uneinbring- lichkeit sofort vollumfänglich abzuschreiben.

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 97; schriftlich)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

  3. Der Privatklägerschaft: Keine Anträge.

    Erwägungen:

    1. Prozessuales

  1. Verfahrensgang

    1. Das vorstehe8fgfrnd wiedergegebene Urteil vom 7. Juni 2021 wurde den Parteien gleichentags mündlich eröffnet (Prot. I S. 27 ff.). Der Beschuldigte liess mit Schreiben vom 8. Juni 2021 innert Frist Berufung gegen den vorinstanzlichen Entscheid anmelden (Urk. 72). Auf entsprechenden Antrag der Verteidigung hin bewilligte die zuständige vorinstanzliche Verfahrensleitung dem sich in Sicher-

      heitshaft befindlichen Beschuldigten mit Verfügung vom 18. Juni 2021 den vorzei- tigen Strafvollzug (Urk. 74-77).

    2. Nach Zustellung des begründeten Urteils reichte der Beschuldigte am

      9. August 2021 fristgerecht die Berufungserklärung ein (Urk. 82; Urk. 86/1-2; Urk. 91). Mit Präsidialverfügung vom 11. August 2021 wurde die Berufungser- klärung den Privatklägerinnen und der Staatsanwaltschaft zugestellt, um ge- gebenenfalls Anschlussberufung zu erheben oder Nichteintreten auf die Berufung

      zu beantragen (Urk. 93). Während sich die Privatklägerin 2 (H'.

      AG) nicht

      vernehmen liess, äusserte sich die Privatklägerin 1 (C. ) mit Eingabe vom

      14. August 2021 erstmals zur Sache, ohne dabei jedoch Anschlussberufung zu erheben oder Anträge zu stellen (Urk. 95). Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 16. Februar 2021 auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids (Urk. 97).

    3. Am 3. November 2021 wurde zur Berufungsverhandlung auf den

      13. Januar 2022 vorgeladen, zu welcher sowohl der Beschuldigte als auch sein amtlicher Verteidiger erschienen (Urk. 101; Prot. II S. 4). Nach vollständiger Durchführung der Berufungsverhandlung erachtete das hiesige Gericht gewisse Tatvorwürfe zum Nachteil der Privatklägerin 1 nicht als spruchreif, weshalb das Beweisverfahren erneut aufgenommen und die Berufungsverhandlung vertagt wurde (Prot. II S. 8 f.).

    4. Mit Beschluss vom 10. Februar 2022 wurde die gerichtliche Einvernahme der Privatklägerin 1 als Auskunftsperson angeordnet (Urk. 112). In diesem Zu- sammenhang erklärte sich die Verteidigung ausdrücklich damit einverstanden, dass trotz bevorstehendem Wechsel der Gerichtsbesetzung keine vollständige Wiederholung der Berufungsverhandlung zu erfolgen habe, sondern lediglich noch die Befragung der Privatklägerin 1 sowie die entsprechenden Stellungnahmen dazu erfolgen sollen (Prot. II S. 9). In der Folge wurde auf den

      11. Juli 2022 zur Fortsetzung der Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 120). Mit Schreiben vom 9. bzw. 23. Juni reichte die Privatklägerin 1 ärztliche Zeugnisse ins Recht, welche ihr eine längerfristige Verhandlungsunfähigkeit attestierten (Urk. 122; Urk. 125; Urk. 126/1-2).

    5. Vor diesem Hintergrund wurden die Ladungen für die anberaumte Fort- setzung der Verhandlung im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung abgenommen, mit Beschluss vom 28. Juni 2022 die schriftliche Fort- führung des Berufungsverfahrens angeordnet und den genannten Parteien Frist zur Stellungnahme angesetzt (Urk. 124; Urk. 127; s.a. nachfolgend E. I.4.). Während die Staatsanwaltschaft auf Vernehmlassung verzichtete, reichte die Verteidigung am 5. Juli 2022 ihre schriftliche Stellungnahme samt aktualisierter Honorarnote ein (Urk. 136; Urk. 137; Urk. 139). Unter dem 30. Juni 2022 und dem

3. August 2022 erfolgten weitere (unaufgeforderte) Eingaben der Privatklägerin 1 (Urk. 131; Urk. 141). Da diese für die Entscheidfindung nicht relevant sind, konnte auf eine Zustellung an die Verteidigung und Staatsanwaltschaft verzichtet werden. Auf entsprechendes Gesuch hin wurde der Beschuldigte sodann per 5. Juli 2022 aus dem vorzeitigen Strafvollzug entlassen (Urk. 128; Urk. 132; Urk. 140).

  1. Umfang der Berufung und Vorbemerkungen

    1. Der Beschuldigte beanstandet mit seiner Berufung die vorinstanzlichen Schuldsprüche wegen sexueller Nötigung und Drohung zum Nachteil der Privat- klägerin 1. Er beantragt vor diesem Hintergrund eine angemessene Reduktion der Strafe sowie eine Entschädigung für allfällige Überhaft (Urk. 91 S. 2; Urk. 108

      S. 2; Urk. 137 S. 2). Selbst wenn keine weiteren ausdrücklichen Anträge vorliegen, führt die beschränkte Anfechtung von Schuldsprüchen bei einer Gutheissung der Berufung automatisch dazu, dass die mit dem Schuldpunkt eng verknüpften Teile des Urteils neu überprüft werden (Zürcher Kommentar StPO- ZIMMERLIN, 3. Aufl. 2020, Art. 399 N 19). Damit gilt vorliegend nicht nur der vorinstanzliche Schuldspruch wegen sexueller Nötigung und Drohung (Dispositiv- Ziff. 1 alinea 1 und 2) sowie die Sanktion (Dispositiv-Ziff. 2-5) als angefochten, sondern (formell) auch die Anordnung der obligatorischen Landesverweisung gemäss Dispositiv-Ziff. 7. Weiter wendet sich der Beschuldigte gegen die Zusprechung von Schadenersatz an die Privatklägerin 2 (Dispositiv-Ziff. 9) sowie die vorinstanzliche Kostenauflage (Dispositiv-Ziff. 12-13; vgl. Urk. 108 S. 2).

    2. Unangefochten blieben die Schuldsprüche betreffend Diebstahl, rechts- widriger Einreise und mehrfachem geringfügigem betrügerischen Missbrauch

      einer Datenverarbeitungsanlage (Dispositiv-Ziff. 1 alinea 3-5) sowie das Absehen von einer therapeutischen Massnahme (Dispositiv-Ziff. 6), die Herausgabe von sichergestellten Gegenständen (Dispositiv-Ziff. 8) und die Kostenfestsetzung (Dispositiv-Ziff. 10-11). In diesem Umfang ist das vorinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen, was vorab vorzumerken ist (Art. 399 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 437 StPO; Prot. II S. 6).

    3. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen respektive jedes einzelne Vorbringen widerlegen muss. Die Berufungsinstanz kann sich bei der Entscheidfindung daher auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte be- schränken (vgl. BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; Urteil 1B_242/2020 vom

  1. September 2020 E. 2.2). Bezüglich Aktenverweise ist sodann festzuhalten, dass sich Verweise auf Untersuchungsakten ohne explizite Nennung des ent- sprechenden Dossiers jeweils auf das Hauptdossier 1 beziehen.

  2. Strafantrag betreffend Drohung

    1. Die Verteidigung macht geltend, die Privatklägerin 1 habe den Strafantrag betreffend Drohung zurückgezogen und dies entsprechend klar zu Protokoll ge- geben. Die Privatklägerin 1 habe in diesem Zusammenhang explizit von einem Rückzug gesprochen und gemäss eigenen Aussagen erst später die Anzeige wieder reaktiviert, nachdem sie vom Beschuldigten erneut bestohlen worden sei. Ein solcher Rückzug sei gemäss Art. 33 Abs. 2 StGB definitiv. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach aus den Akten kein Rückzug hervorgehe, sei nicht haltbar (Urk. 91 S. 3; Urk. 108 N 1 ff.; Urk. 137 N 1).

    2. Vorab ist festzuhalten, dass ein am 24. Februar 2020 formell korrekt ge- stellter Strafantrag gegen den Beschuldigten wegen Drohung im Recht liegt (Urk. D2/2). Die Privatklägerin 1 schilderte vor Vorinstanz, dass sie die Anzeige zunächst wieder zurückgezogen, nach dem 21. Februar 2020 dann aber wieder aktiviert habe. Diese Aussage erfolgte auf die Frage, weshalb sie nicht sofort Anzeige wegen sexueller Nötigung erstattet habe (Prot. I S. 12). Gleiches erklärte die Privatklägerin 1 bereits in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom

      15. Oktober 2020, ebenfalls ausdrücklich im Zusammenhang mit dem geltend ge- machten sexuellen Übergriff (Urk. 28 F/A 38). Die Darstellung der Privatklägerin 1 bezog sich deshalb offenkundig nicht auf den Vorwurf der Drohung, sondern auf die Anzeige wegen sexueller Nötigung. Deshalb kann daraus von Vornherein kein Rückzug des Strafantrages betreffend Drohung abgeleitet werden. Abgesehen davon sprach die Privatklägerin 1 jeweils von Anzeige und nicht von Strafantrag, was rechtlich nicht als gleichbedeutend angesehen werden darf (Urk. 108 N 3; vgl. (DONATSCH/ TAG, Strafrecht I, 9. Aufl. 2013, S. 420).

    3. Selbst wenn die genannten Aussagen der Privatklägerin 1 genereller Natur gewesen wären, ist ihre Schilderung, wonach sie die Strafanzeige zunächst wieder zurückgezogen habe, offenkundig bloss die spätere Darstellung der Entwicklung ihres subjektiven Anzeigewillens. Sie hatte zunächst vor, eine Strafanzeige zu erstatten, kam von diesem Vorhaben vorübergehend wieder ab und entschloss sich hernach trotzdem – als der Beschuldigte am

      21. Februar 2020 wieder abgehauen sei (so der Wortlaut ihrer Aussage vor Vorinstanz; Prot. I S. 12) – eine Strafanzeige zu machen. Dieser Willensumschwung bezüglich einer Strafanzeige im Vorfeld eines danach formell gültig erfolgten Strafantrages ist rechtlich irrelevant in Bezug auf die Gültigkeit desselben. Mit dem Strafantrag erklärt der Verletzte seinen bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters. Es trifft zwar zu, dass die Rechtsprechung zu Gunsten von Geschädigten auch bei als Strafanzeige betitelten Erklärungen Konstellationen ableitet, welche aufgrund erkennbarer Willenserklärungen zugleich den Strafantragserfordernissen genügen (vgl. zum Ganzen: BSK StGB- RIEDO, 4. Aufl. 2019, Art. 30 N 49). Daraus vorliegend zum Nachteil der Privatklägerin 1 ableiten zu wollen, ein Strafantrag sei zurückgezogen worden, geht nicht an, zumal aus den Akten nicht hervorgeht, dass seitens der Privatklägerin 1 vor dem 24. Februar 2020 ein gültiger Strafantrag wegen Drohung gestellt worden wäre (Urk. 88 S. 7). Jedenfalls wurde ein solcher auch nicht protokolliert, wie es Art. 304 Abs. 1 StPO im Falle einer mündlichen Strafantragserklärung verlangen würde (vgl. Polizeirapport wegen Diebstahl: Urk. 1/1; Polizeirapport wegen Drohung: Urk. D2/2/1).

    4. Aktenkundig ist einzig, dass die Privatklägerin 1 am 5. Februar 2020, un- mittelbar nach dem angeklagten Vorfall, die Notrufnummer der Polizei angerufen

      habe, worauf sie mit der Polizeibeamtin Fw D.

      von der Fachgruppe

      Sexualdelikte verbunden worden sei. Den vereinbarten ersten Besprechungstermin vom 14. Februar 2020 habe die Privatklägerin 1 dann aber nicht wahrgenommen, weil sie Angst gehabt habe, der Beschuldigte würde alles bestreiten (Urk. D2/2/1 S. 2; Urk. 2/3 F/A 31). Eine solche mündliche Kontaktnahme zwecks Anzeigeerstattung kann nicht als Strafantrag qualifiziert werden. Soweit die Verteidigung insinuiert, die Privatklägerin 1 habe bereits anlässlich des ersten Telefonats einen Strafantrag gestellt, welcher jedoch aufgrund der Untätigkeit eines Polizeifunktionärs nicht korrekt zu Protokoll genommen worden sei, entbehrt dies jeglicher Grundlage (Urk. 108 N 7 f.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein allfälliger Rückzugswille ohnehin unmissverständlich zum Ausdruck kommen müsste. Auch dies ist vorliegend nicht ansatzweise ersichtlich. Selbst ein nachträglicher Verzicht auf die Verfahrensbeteiligung als Privatklägerschaft gilt gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht als Rückzug des Strafantrages (vgl. BGE 143 IV 104

      E. 1.3.3 und E. 5.1; Zürcher Kommentar StPO-LIEBER, 3. Aufl. 2020, Art. 120 N 5 m.w.H.).

    5. Gesamthaft steht demnach fest, dass das bei den Akten liegende Straf- antragsformular wegen Drohung, welches die Privatklägerin 1 mit

24. Februar 2020 datiert und persönlich unterzeichnet hat, die rechtlich einzig massgebende bzw. erste Strafantragserklärung ist (Urk. D2/2). Der Einwand des amtlichen Verteidigers zum angeblichen Rückzug des Strafantrags wegen Dro- hung ist daher nicht zu hören.

  1. Einvernahme der Privatklägerin 1

    1. Im Strafverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz. Auch die Berufungs- instanz ist verpflichtet, von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung besorgt zu sein (Urteil 6B_145/2018 vom 21. März 2019 E. 2.4). Wie bereits erwähnt, kam die hiesige Kammer im Entscheid vom

      10. Februar 2022 zum Schluss, dass sich das Verfahren noch nicht als spruchreif

      erweise (Prot. II S. 8 f.). In Bezug auf die sexuelle Nötigung handelt es sich um eine klassische Aussage gegen Aussage-Konstellation. Zwar wurde die Privatklägerin 1 bereits vor Vorinstanz als Auskunftsperson befragt. Die Sachverhaltslage erscheint jedoch nach wie vor etwas diffus, was auf ein gewisses ambivalentes Verhalten der Privatklägerin 1 im Tatzeitraum zurückzuführen ist, aber auch an der etwas ungewöhnlichen persönlichen Beziehung zwischen ihr und dem Beschuldigten. Dies ist nicht als Vorwurf gegenüber der Privatklägerin 1 zu verstehen oder gar als Unterstellung, sie habe eine falsche Anschuldigung erhoben. Es kann durchaus sein, dass das Verhalten im Tatzeitraum und das spätere Aussageverhalten der Privatklägerin 1 auf einer schwierigen emotionalen Situation im Tatzeitraum oder auch auf ihrer psychischen Verfassung, verursacht durch das Verhalten des Beschuldigten, gründen könnte. Unabhängig davon ist in Nachachtung der bundesgerichtlichen Praxis zum Unmittelbarkeitsprinzip von Art. 343 Abs. 3 StPO in solchen Fällen aber die Befragung vor der Rechtsmittelinstanz zu wiederholen, weil der persönliche Eindruck der befragten Person von erheblicher Bedeutung ist (s.a. nachfolgend E. II.5.). Mit Beschluss vom 10. Februar 2022 wurde daher die Einvernahme der Privatklägerin 1 als Auskunftsperson angeordnet (Urk. 112; Urk. 120; s.a. Art. 389 Abs. 3 StPO).

    2. In der Folge erklärte die Privatklägerin 1, nicht an weiteren Prozess- handlungen teilnehmen zu wollen (Urk. 114). Daher wurde ihr seitens des Gerichts schriftlich die Sach- und Rechtslage erläutert, worauf die Privatklägerin 1 mit Eingabe vom 3. März 2022 erklärte, zu einer erneuten Befragung vor Gericht zu erscheinen (Urk. 116 und 117). Mit Eingabe vom 9. Juni 2022 machte die Privatklägerin 1 demgegenüber geltend, sie sei ausser Stande, weitere Aussagen in vorliegender Sache zu tätigen (Urk. 122). Als Beleg reichte sie zunächst ein

      ärztliches Zeugnis von Dr. med. E.

      vom 9. Juni 2022 ins Recht, mit

      welchem der Privatklägerin 1 eine derzeitige und längerfristige Verhandlungsunfähigkeit attestiert wird (Urk. 123 = Urk. 126/2). Sodann bestätigte

      Dr. med F.

      der Privatklägerin 1 am 22. Juni 2022, dass diese aus

      medizinischen Gründen bis auf Weiteres nicht in der Lage sei, persönlich Aussagen vor Gericht zu machen (Urk. 126/1).

    3. Im Beschluss vom 28. Juni 2022 wurde dargelegt, weshalb eine Ein- vernahme der Privatklägerin 1 weder als durchführbar erscheint noch ein Zuwarten von unbestimmter Dauer prozessrechtskonform wäre. Es kann auf die entsprechenden Erwägungen verwiesen werden (Urk. 127 S. 2 f.). Welche konkreten Folgen der Wegfall der Befragung der Privatklägerin 1 in der Sache haben wird, muss im Rahmen der Beweiswürdigung geprüft werden.

  2. Parteistellung der Privatklägerin 2 (H'.

AG)

Die Verteidigung macht geltend, die Privatklägerin 2 habe ihre Aktivlegitimation zur Geltendmachung der Schadenersatzforderung nicht belegt (Urk. 108 N 43- 48). Damit bezweifelt sie die Parteistellung der Privatklägerin 2 im vorliegenden Strafverfahren. Die Klärung dieser Frage ist eng verknüpft mit der materiellen Prü- fung des geltend gemachten Schadenersatzanspruches. Es kann bereits an die- ser Stelle auf die entsprechenden Erwägungen verwiesen werden (s. nachfolgend E. VI.2.).

II. Sachverhalt

  1. Ausgangslage

    1. Soweit für das Berufungsverfahren noch relevant, wirft die Staatsanwalt- schaft dem Beschuldigten zusammengefasst vor, am Abend des 4. Februar 2020 massiv alkoholisiert in die Wohnung der Privatklägerin 1 gekommen zu sein und der Privatklägerin 1 ein Rüstmesser an die Brust gesetzt sowie ihr gesagt zu haben, dass dies sehr weh tun könne. Hernach habe sich der Beschuldigte das Messer selber an die Brust gesetzt und die Privatklägerin 1 aufgefordert zuzustechen. Letztere habe während des Vorfalles Angst um ihr Leben gehabt. Etwa zwei Stunden später habe sich die Privatklägerin 1 zum Beschuldigten ins Bett gelegt, worauf dieser die Privatklägerin 1 bedrängt um am Körper berührt habe. Hernach habe der Beschuldigte seine Hose ausgezogen und den Kopf der Privatklägerin 1 zu seinem Penis gedrückt. Gegen ihren Willen habe die Privatklägerin 1 den Beschuldigten danach bis zum Samenerguss oral bedriedigen müssen (Urk. 51 S. 2 f.).

    2. Der strittige Anklagevorwurf stützt sich allein auf die Aussagen der Privat- klägerin 1 (Urk. 65 S. 2). Die Vorinstanz kam nach Würdigung der im Recht liegenden Aussagen zusammengefasst zum Schluss, die Aussagen der Privatklägerin 1 würden nicht den Eindruck erwecken, erfunden zu sein. Ihre Angaben seien in sich stimmig, widerspruchsfrei und damit glaubhaft. Demgegenüber könne auf die Angaben des Beschuldigten nicht abgestellt werden, weshalb die Anklagevorwürfe als rechtsgenügend erstellt zu betrachten seien (Urk. 88 S. 12-18).

    3. Der Beschuldigte räumt ein, sich am 4. Februar 2020 bei der Privatkläge- rin 1 in der Wohnung aufgehalten zu haben (Prot. I S. 17). Er bestreitet jedoch, am fraglichen Abend betrunken gewesen zu sein. Er habe die Privatklägerin 1 auch nicht mit einem Rüstmesser bedroht oder gegen ihren Willen sexuelle Hand- lungen vorgenommen (Urk. 26 F/A 5 ff.; Urk. 27 F/A 3 ff.; Urk. 32 F/A 21 ff.; Prot. I

      S. 15 ff.; Urk. 107 S. 10 ff.). Er wisse nicht, wieso die Privatklägerin 1 so etwas behaupte (Prot. I S. 19). Die Verteidigung bringt zusammengefasst vor, die Aussagen der Privatklägerin 1 würden sich nicht als glaubhaft erweisen und angesichts der geschilderten Umstände bleibe unklar, ob die dem Beschuldigten vorgeworfenen sexuellen Handlungen tatsächlich gegen ihren Willen vorgenommen worden seien. Sodann sei die Privatklägerin 1 nicht durch ein vorsätzliches Verhalten des Beschuldigten in Angst und Schrecken versetzt worden, sondern ihre Angst sei allein im Zustand des Beschuldigten begründet gewesen (Urk. 108 N 10 ff.).

  2. Grundsätze der Beweiswürdigung

    1. Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundsätze der richterlichen Beweis- würdigung zutreffend dargelegt (Urk. 88 S. 10). Zur Verdeutlichung ist hervor- zuheben, dass gemäss dem Grundsatz in dubio pro reo jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt (Art. 10 Abs. 1 StPO). Als Beweislastregel bedeutet dieser Grundsatz, dass es Sache der Strafbehörden ist, die Schuld des Beschuldigten zu beweisen (SCHMID/JOSITSCH, Handbuch StPO,

  3. Aufl. 2017, N 216 f.). Dabei darf sich das Strafgericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären,

wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (BGE 127 I 38 E. 2a m.H.). Dies gilt es nachfolgend zu prüfen.

2.2. Die Vorinstanz hat vorab Erwägungen zur generellen Glaubwürdigkeit von Verfahrensbeteiligten angestellt (Urk. 88 S. 11). Hierzu kann festgehalten werden, dass das das Konzept einer allgemeinen Glaubwürdigkeit in der Aussage- psychologie mittlerweile als wenig brauchbar bewertet wird. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Aussagewürdigung daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Für den Beweiswert einer Aussage letztlich entscheidend ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage. Dabei wird überprüft, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der befragten Person entspringen (BGE 147 IV 534 E. 2.3.3). Das noch aufzuzeigende aussergewöhnliche Aussageverhalten des Beschuldigten beschlägt ebenfalls nicht die Glaubwürdigkeit seiner Person, sondern die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen (vgl. E. II.3.4.).

  1. Sachverhalt betreffend Drohung

    1. Die Privatklägerin 1 hat detailliert und anschaulich dargelegt, dass der Beschuldigte an besagtem Abend alkoholisiert gewesen sei. Sie gab konstant zu Protokoll, dass der Beschuldigte in ihre Wohnung gekommen und umhergetigert sei, den Fernseher überlaut eingestellt sowie die Fenster geöffnet, zu tanzen und zu rappen begonnen habe (Urk. D2/3 F/A 7; Urk. 28 F/A 13). Wiederholt führte die Privatklägerin 1 aus, der Beschuldigte habe sich nicht beruhigen lassen und sei durch die Wohnung getobt. Sie habe den Beschuldigten so noch nie gesehen, er sei nicht derjenige Mensch gewesen, welchen sie gekannt habe, auch habe er nicht auf sie gehört (Urk. D2/3 F/A 7; Urk. 28 F/A 13 und 45; Prot. I S. 11). Sie schliesse nicht aus, dass er auch Drogen genommen gehabt habe (Urk. D2/3 F/A 7). Der Beschuldigte habe etwas zu Essen gewollt, welchem Wunsch sie sich jedoch widersetzt habe. Auch habe er nach Alkohol verlangt, und in kurzer Zeit eine Flasche Rotwein sowie Bier getrunken (Urk. D2/3 F/A 7; Prot. I S. 11).

    2. Auch die Geschehnisse im Zusammenhang mit der eingeklagten Drohung schilderte die Privatklägerin 1 während der Untersuchung detailliert, differenziert und ohne wesentliche Strukturbrüche. Anlässlich der Befragung vor Vorinstanz vermochte die Privatklägerin 1 die Geschehnisse in diesem Zusammenhang ebenfalls im Kern widerspruchsfrei darzulegen. So habe der Beschuldigte die Privatklägerin 1 gesagt, dass sie ihm eine Flasche Wein und Bier geben solle. Der Beschuldigte sei in die Küche gekommen, habe ein Rüstmesser aus der Schublade genommen, ihr dieses auf die Brust gesetzt und geschrien, dass dies sehr weh tun würde. Danach habe der Beschuldigte ihre Hände genommen, sich das Küchenmesser selber an die Brust gesetzt und die Privatklägerin 1 aufgefordert, zuzustechen (Urk. 28 F/A 13 und 47 ff.; s.a. Urk. D2/3 F/A 8; Prot. I

      S. 11). Sie habe Angst vor dem Beschuldigten gehabt, da sie diesen so nicht gekannt habe. Er habe einen stechenden Ausdruck in seinen Augen gehabt (Urk. D2/3 F/A 8 und 33; Prot. I S. 11). Zurückhaltend erklärte die Privatklägerin 1 hierzu, dass sie zuerst noch gelacht und gedacht habe, dies könne doch nicht sein. Jedoch habe sie den Ausdruck in seinen Augen gesehen und gemerkt, dass der Beschuldigte jetzt fähig sei, ihr etwas anzutun (Urk. D2/3 F/A 33). Der Beschuldigte verhalte sich nur so, wenn er Alkohol und Drogen konsumiert habe, ansonsten sei er lieb und zuvorkommend (Urk. 3 F/A 15). Auch habe der Beschuldigte keine Stichbewegung gemacht und sie könne sich nicht vorstellen, dass er seine Äusserungen mit Absicht getätigt habe (Urk. 28 F/A 49). Alle diese Umstände sprechen klar für die Glaubhaftigkeit ihrer Schilderung der Geschehnisse.

    3. Macht die Verteidigung vor diesem Hintergrund geltend, die Privatklägerin 1 habe das theatralische Vorgehen des Beschuldigten gar nicht ernst genommen, da sie zunächst sogar gelacht habe, ist dies nicht nur aus dem Kontext gerissen, sondern zielt auch an der Sache vorbei (Urk. 108 N 10 f.). Die Darstellung ihrer Gefühlslage mit anfänglicher Ungläubigkeit spreche vielmehr für ein differenziertes Aussageverhalten. Dass sie sich rund zwei Stunden später zum Beschuldigten ins Bett legte, mag seltsam anmuten (vgl. sogleich E. II.5.), kann jedoch entgegen der Verteidigung für sich genommen nicht als Indiz

      fehlender Furcht in dieser Phase des Geschehens gewertet werden (vgl. Urk. 108 N 17).

    4. Die Aussagen des Beschuldigten sind einer eigentlichen Würdigung nur schwer zugänglich. Die im psychiatrischen Gutachten vom 8. März 2021 gemachte Feststellung, wonach der Beschuldigte unter anderem durch einen auffälligen Sprachstil und einen teils anekdotisch-weitschweifigen, zerfahrenen und sprunghaften formalen Denkablauf auffalle, ist anhand der Befragungen deutlich erkennbar (Urk. 33/9 S. 23, S. 33; vgl. Urk. 26; Urk. 27; Urk. 32). Dem Beschuldigten schien es jeweils schwer zu fallen, konkret und zusammenhängend auf Fragen zu antworten, ohne dabei abzuschweifen oder den Kontext zu verlieren. Exemplarisch zeigte sich dies wiederholt im Rahmen der Einvernahme zur Sache anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. Januar 2022 (Urk. 107

      S. 10 ff.). Auch die Verteidigung hielt im Nachgang zu dieser persönlichen Befragung fest, es sei nicht einfach, das Wesen des Beschuldigten sowie dessen Aussagen einzuordnen und deren Wahrheitsgehalt zu eruieren (Prot. II S. 7). Dies darf dem Beschuldigten selbstredend nicht zum Nachteil gereichen, muss jedoch im Rahmen der Aussagewürdigung berücksichtigt werden. Selbst unter Beachtung dieses inkonsistenten Aussageverhaltens erweisen sich die Schilderungen des Beschuldigten jedoch widersprüchlich und Ungenau, was erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen weckt.

    5. Der Beschuldigte bestritt, alkoholisiert gewesen zu sein und machte geltend, mit Alkohol überhaupt kein Problem zu haben, er komme gut damit klar (Urk. 26 F/A 5, Urk. 107 S. 3). Am fraglichen Abend sei er voll bei Besinnung gewesen und könne sich noch hundertprozentig an das Geschehene erinnern (Urk. 26 F/A 5; Prot. I S. 19). Gleichzeitig räumte er anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung aber selber ein, 10 Dosen Bier im Rucksack mitgebracht und davon vielleicht 8 Dosen getrunken zu haben (Prot. I S. 18). Kommt hinzu, dass der Beschuldigte nur rund einen Tag nach den hier zu prüfenden Geschehnissen in einem anderen Zusammenhang verhaftet wurde. Da sich der Beschuldigte stark alkoholisiert (Atemalkoholwert 2,5 Promille), unkooperativ fordernd und aggressiv gezeigt habe, musste seine

      Hafterstehungsfähigkeit ärztlich abgeklärt werden, wobei ihm nebst Medikamenten auch täglich vier Flaschen Bier verordnet worden waren (vgl. Beizugsakten Geschäfts-Nr. 2020/10004508, Urk. 4/1-3). Gleiches galt anlässlich seiner Verhaftung vom 2. September 2020 (Urk. 43/1 S. 3). Im Rahmen der ent- sprechenden Überprüfung wurde sogar ein C2 Abusus (Alkoholmissbrauch) festgestellt (Urk. 43/3). Zum gleichen Ergebnis gelangte man auch anlässlich der psychiatrischen Begutachtung des Beschuldigten (Urk. 33/9 S. 33). Die Vorinstanz hat daher zutreffend dargelegt, weshalb auf die Aussagen des Beschuldigten zu seinem behaupteten Zustand nicht abgestellt werden kann (Urk. 88 S. 16).

    6. Bezüglich der Drohung beschränkte sich der Beschuldigte darauf, diese Vorwürfe zu bestreiten. Er macht geltend, dass er die Privatklägerin 1 nicht mit ei- nem Messer bedroht habe (Urk. 26 F/A 5). Dies sei nicht seine Art und solches habe nie so stattgefunden (Urk. 107 S. 15). Er sei noch nie gegenüber einer Frau gewalttätig geworden (Urk. 27 F/A 3). Mit der Vorinstanz lässt das blosse Demen- tieren von Vorwürfen naturgemäss wenig Raum für eine vertiefte Aussagewürdi- gung (Urk. 88 S. 16). In diesem Zusammenhang ist jedoch auf die Aussage des Beschuldigten anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung hinzuweisen. Nachdem ihm vorgehalten worden war, er sei betrunken gewesen und hätte ge- mäss Aussagen der Privatklägerin 1 getobt, hielt der Beschuldigte fest (Prot. I

      S. 18): Ich habe gelacht. Die Privatklägerin 1 hat auch gelacht. Ich weiss nicht, was sie für ein Problem hat. Aber in einem Ausnahmezustand, wie sie erzählt hat

      • nein. Ich war ganz ruhig, habe halt gelacht und Musik gehört. Ich habe erzählt, was ich so höre. Dass es schön ist, dass sie keine Angst zu haben braucht, so- was halt (Prot. I S. 18). Es leuchtet nicht ein, weshalb der Beschuldigte ausdrück- lich hätte darauf hinweisen sollen, dass die Privatklägerin 1 keine Angst zu haben brauche, wenn hierzu überhaupt kein Anlass bestanden hätte. Auch dies hinter- lässt Zweifel an den Schilderungen des Beschuldigten.

    7. Den untauglichen Schilderungen des Beschuldigten stehen somit die glaubhaften Aussagen der Privatklägerin 1 gegenüber. Da bezüglich des ersten Sachverhaltsabschnittes keinerlei Zweifel am Wahrheitsgehalt der Ausführungen

      der Privatklägerin 1 bestehen, ist dieser Sachverhaltsteil als anklagegemäss erstellt zu erachten (Urk. 51 S. 2). Soweit die Verteidigung entgegen dem Standpunkt seines eigenen Klienten ins Feld führt, dieser sei gemäss den Ausführungen der Privatklägerin 1 am Tatabend derart stark alkoholisiert gewesen, dass von einer Schuldunfähigkeit respektive stark verminderten Schuldfähigkeit auszugehen wäre, kann auf die nachfolgenden Erwägungen zur Frage der Schuldfähigkeit verwiesen werden (Prot. II S. 7 f.; Urk. 66 N 10; Urk. 137 N 3; vgl. nachfolgend E. III.2.).

  2. Sexuelle Nötigung

    1. Irritierend und widersprüchlich sind die Aussagen des Beschuldigten auch bezüglich des ihm zur Last gelegten sexuellen Übergriffs. Zunächst stellte er sinn- gemäss in Abrede, dass überhaupt ein sexueller Kontakt mit der Privatklägerin 1 stattgefunden habe. Er gab zu Protokoll, diese sei kein Topmodell und er würde sich nicht bei ihr befriedigen. Er habe dies nicht nötig (Urk. 26 F/A 15). Dem- gegenüber relativierte er im Verlaufe des Verfahrens diesen Standpunkt zu- nehmend und führte aus, vielleicht habe die Privatklägerin 1 etwas für länger gewollt, sich geschämt und daher eine Anzeige gemacht. Und weiter: Ich habe niemanden gezwungen. Ich habe schon viele Frauen gehabt […], die Frauen rennen mir hinterher (Urk. 27 F/A 3). Schliesslich räumte er sowohl vor Vorinstanz als auch anlässlich der Berufungsverhandlung ein, dass die Privatklägerin 1 ihn oral befriedigt habe, was jedoch nicht gegen ihren Willen geschehen sei. Eher habe die Privatklägerin 1 mehr gewollt und den Beschuldigten zu sich ins Bett gerufen (Prot. I S. 20 f.; Urk. 107 S. 11 f.). Es sei sogar zwei Mal zu Oralverkehr gekommen, sowohl im Schlaf- als auch im Wohnzimmer (Urk. 107 S. 13). Die Privatklägerin 1 habe ihm bereits im Wohnzimmer die Hose aufgemacht und ihn oral befriedigt (Urk. 107 S. 14). Das beschönigende und verzerrte Aussageverhalten des Beschuldigten vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere ist es nicht möglich, aufgrund seiner Erklärungen eine einigermassen nachvollziehbare Darstellung der fraglichen Geschehnisse zu rekonstruieren. Daher kann aus dem Eingeständnis, wonach es zu sexuellen Handlungen gekommen sei, nichts Konkretes bezüglich des Nötigungsvorwurfs

      abgeleitet werden. Der strittige Anklagevorwurf muss vielmehr anhand der Aussagen der Privatklägerin 1 zweifelsfrei erstellbar sein.

    2. Die Vorinstanz erwog, die Privatklägerin 1 habe bezüglich des erzwungenen Oralverkehrs Aussagen gemacht, welche zahlreiche Realitätskennzeichen enthielten (Urk. 88 S. 13). Dieser Feststellung kann nicht vollumfänglich gefolgt werden. Zwar erscheinen die belastenden Aussagen der Privatklägerin 1 bezüglich des strittigen sexuellen Übergriffs nicht von Vornherein als unglaubhaft. Im Unterschied zu ihren übrigen Ausführungen verlieren ihre Schilderungen in diesem Punkt jedoch erheblich an Konsistenz und fallen weniger detailliert, teilweise ungenau sowie vereinzelt nicht nachvollziehbar aus.

    3. Die Verteidigung moniert sinngemäss, es sei unverständlich, weshalb sich die Privatklägerin 1 freiwillig neben denjenigen Mann in ein Bett hätte legen sollen, von welchem sie zuvor bedroht worden sei (Urk. 108 N 17-19). Tatsächlich erscheint für einen aussenstehenden Dritten nur schwer nachvollziehbar, weshalb sich die Privatklägerin 1 im Wissen um den emotionalen Ausnahmezustand des Beschuldigten sowie nach ergangener Drohung überhaupt zu diesem ins Bett legte. Jedoch ist bei der Interpretation von solchen Verhaltensweisen starke Zurückhaltung angebracht, besteht doch dabei rasch die Gefahr, sich in Spekulationen zu verlieren. Auch mit Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung können für solche Situationen meist keine allgemein gültigen Verhaltensmuster festgemacht werden. Dennoch fällt zumindest auf, dass die Privatklägerin 1 diesen Umstand nur teilweise und uneinheitlich erklären konnte. Einerseits gab sie an, gehofft zu haben, dass der Beschuldigte ruhiger werde, wenn sie sich ins Bett lege und schlafe (Urk. D2/3 F/A 9). Andererseits führte die Privatklägerin 1 aus, sie sei müde gewesen und habe es einfach nicht fertiggebracht, den Beschuldigten aus dem Bett zu bringen (Urk. 28 F/A 13). Auf dem Sofa könne sie aufgrund ihrer starken Rückenschmerzen nicht schlafen. Sie habe gedacht, jetzt sei er wenigstens ruhig (Prot. I S. 12). Dieser Umstand allein vermag die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin 1 nicht ernsthaft zu trüben. Jedoch verlieren ihre Aussagen hinsichtlich der fraglichen Geschehnisse

      anderweitig kontinuierlich an Konsistenz, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen.

    4. So vermochte die Privatklägerin 1 zwar gleichbleibend darzulegen, wie der Beschuldigte ohne Erlaubnis in ihr Bett gegangen sei und sie sich dazugelegt habe (Urk. D2/3 F/A 9; Urk. 28 F/A 13). Ausführliche Angaben zu den nachfolgenden Übergriffen machte sie jedoch nur anlässlich der polizeilichen Befragung vom 24. Februar 2020 (Urk. D2/3 F/A 9-27). Dort führte sie aus, der Beschuldigte habe sie berührt und nicht locker gelassen. Sie – die Privatklägerin 1 – habe ihm mindestens drei Mal gesagt, dass sie das nicht wolle. Der Beschuldigte habe dann ihren Kopf genommen und auf seinen Penis gedrückt. Sie habe keine Chance gehabt sich zu wehren und habe es über sich ergehen lassen. Er habe sie gezwungen, ihn oral zu befriedigen. Hernach vermochte die Privatklägerin 1 in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom

      15. Oktober 2020 lediglich noch das Geschehen im Zusammenhang mit der Drohung ausführlich darzulegen. Den erzwungenen Oralverkehr schilderte sie demgegenüber vergleichsweise rudimentär. Als Grund gab sie zu Protokoll: Ich kann nicht alles sagen. Es berührt mich im Moment wieder zu sehr (Urk. 28 F/A 13-15). In der vorinstanzlichen Befragung beschränkten sich die Ausführungen der Privatklägerin 1 nach einer anschaulichen Schilderung der vorangehenden Ereignisse darauf, dass es hernach zu dieser sexuellen Nötigung gekommen sei. Der Beschuldigte habe sie genommen und ihren Kopf auf seinen Penis gepresst. Es sei widerlich gewesen (Prot. I S. 11 f.). Mehr wollte oder konnte die Privatklägerin 1 nicht sagen bzw. wurde sie nicht weiter dazu befragt. Auch wenn es fraglos nachvollziehbare Gründe gibt, erlebte sexuelle Übergriffe nicht wiederholt in allen Einzelheiten darlegen zu können, erweisen sich solche Konstellationen mit Blick auf die Beweisführung als problematisch, insbesondere wenn die fraglichen Aussagen das einzig belastende Beweismittel darstellen.

    5. Auch dass der Beschuldigte in ihren Mund ejakuliert habe, führte die Privatklägerin 1 von sich aus einzig in der ersten polizeilichen Befragung aus (Urk. D2/3 F/A 12 und 16). Ansonsten bestätigte sie zwar, dass der Beschuldigte

      einen Samenerguss gehabt habe, dies jedoch erst auf ausdrückliche Nachfrage. Auf die Frage, wie dies geschehen sei, erklärte die Privatklägerin 1: Ich mag fast nicht mehr (Urk. 28 F/A 26 f.). Solche Ungenauigkeiten müssen nicht gegen tatsächlich Erlebtes sprechen. Jedoch ist auffallend, dass es der Privatklägerin 1 erhebliche Schwierigkeiten bereitete, eine mehr oder weniger präzise Darstellung der Vorkommnisse in ihrem Bett zu Protokoll zu geben. Auch hinsichtlich der Vorgänge nach dem geschilderten Oralverkehr ist ein wesentlicher Bruch in ihren Aussagen ersichtlich. Einerseits habe der Beschuldigte – nachdem er einen Samenerguss in ihrem Mund gehabt habe, was einfach nur widerlich gewesen sei

      • sogleich verlangt, dass sie sich auf ihn setze. Sie habe zwar gesagt, dass sie dies nicht gern habe, habe aber nachgegeben und sich auf ihn gesetzt. Der Beschuldigte habe schon wieder ein erigiertes Glied gehabt, sei vaginal in sie eingedrungen und erneut zum Samenerguss gekommen. Beim zweiten Samenerguss sei er jedoch nicht mehr in der Privatklägerin 1 gewesen (Urk. D2/3 F/A 15-17). Sie habe nachgegeben, weil sie keine Kraft mehr gehabt und nur noch gewollt habe, dass der Beschuldigte endlich Ruhe gebe. Es habe auch genützt, der Beschuldigte sei danach endlich eingeschlafen (Urk. D2/3 F/A 21). Andererseits gab sie im Widerspruch dazu in den nachfolgenden Einvernahmen jeweils an, der Beschuldigte sei nach dem Oralverkehr ruhig geworden, aufgestanden und habe sich auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen gelegt (Urk. 28 F/A 31; Prot. I S. 12). Auf entsprechende Nachfrage verneinte die Privatklägerin 1 sogar ausdrücklich, dass es noch zu weiteren sexuellen Handlungen gekommen sei (Urk. 28 F/A 19).

    6. Nebst diesem markanten Widerspruch fällt auf, dass die Privatklägerin 1 in der ersten polizeilichen Befragung den geschilderten Geschlechtsverkehr trotz des unmittelbar zuvor erfolgten, von ihr als entsetzlich und widerlich bezeichneten Oralverkehrs nicht als sexuellen Übergriff taxiert. Der Beschuldigte habe ihr diesbezüglich keine Nachteile angedroht, weshalb es keine Vergewaltigung gewesen sei (Urk. D2/3 F/A 26). Auf die Frage, weshalb sie den in ihrer Wohnung befindlichen Notrufknopf nicht gedrückt habe, als sie zum Oralverkehr gezwungen und vergewaltigt worden sei, führte die Privatklägerin 1 aus: Vergewaltigt kann man ja nicht sagen, da ich dort nachgegeben habe

      (Urk. D2/3 F/A 11 f. und 24 f.). Auf diese Unterscheidung legte sie grossen Wert. Bereits ganz zu Beginn der Befragung, als der einvernehmende Polizeifunktionär festhielt, die Privatklägerin 1 sei auf dem Detektivposten erschienen und habe erklärt, vergewaltigt und sexuell genötigt worden zu sein, antwortete die Privatklägerin 1 konsequent wie klar: Ich habe nicht gesagt, dass ich vergewaltigt worden sei (Urk. D2/3 F/A 7). Es spricht zweifellos für ein zurückhaltendes Aussageverhalten, wenn ein potenzielles Opfer solche Differenzierungen von sich aus vornimmt. Dennoch verbleibt bei dieser Ausgangslage ein gewisser Widerspruch, welcher das Kerngeschehen direkt tangiert und daher Zweifel am Gehalt der diesbezüglichen Aussagen der Privatklägerin 1 weckt. Es leuchtet denn auch nicht ein, weshalb die Privatklägerin 1 im Zusammenhang mit dem erzwungenen Oralverkehr zwar grundsätzlich nachvollziehbar erklärte, sie sie sei vom Beschuldigten körperlich und mit Worten bedrängt worden und habe Angst gehabt, dass noch mehr passiere, weshalb sie es über sich ergehen lassen habe (Urk. D2/3 F/A 9; Urk. 28 F/A 16 und 24). Andererseits erklärt sie aber, wenn sie sich tatsächlich am Leben bedroht gefühlt hätte, hätte sie einen Notfallknopf gehabt und diesen gedrückt. Benutzt habe sie den Notfallknopf jedoch nicht, da sie ja nicht vergewaltigt worden sei (Urk. D2/3 F/A 24 f.). Es erscheint doch recht aussergewöhnlich, dass sexuelle Übergriffe, welche unter dem Eindruck der physischen Einwirkung des Beschuldigten und der damit verbundenen Angst unmittelbar nacheinander erfolgt sein sollen, mit Nachdruck derart unterschiedlich bewertet werden.

    7. Auch das Verhalten der Privatklägerin 1 vor der Anzeigeerstattung darf in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet bleiben. Gemäss eigenen Aussagen habe sie den Beschuldigten nur wenige Tage nach dem inkriminierten Vorfall, am

      11. Februar 2020, für eine Woche wieder bei sich in der Wohnung beherbergt. Er sei jedoch anständig gewesen, habe auf dem Sofa geschlafen und sie rührend umsorgt, da sie krank gewesen sei (Urk. D2/3 F/A 32). Probleme habe es erst wieder am 21. Februar 2020 gegeben, als der Beschuldigte erneut stark alko- holisiert in ihre Wohnung gekommen, unruhig gewesen und herumgetigert sei (Urk. D2/3 F/A 32; Urk. 28 F/A 42). Er habe sie wiederum beleidigt und sich von ihr nicht beruhigen lassen. Hernach sei der Beschuldigte in ihr Schlafzimmer gegangen (Urk. 3 F/A 4). Damit schildert die Privatklägerin 1 ein nahezu identisches Tatgeschehen, wie es sich am Abend des 4. Februar 2020 im Vorfeld des sexuellen Übergriffs abgespielt habe. Dennoch zog die Privatklägerin 1 nicht Hilfe bei, sondern ging gemäss ihren Aussagen trotz Anwesenheit des Beschuldigten in ihr Bett, worauf der Beschuldigte ihre Wertsachen aus der Wohnung entwendete. Auch bleibt unklar, weshalb sie am nächsten Tag zwar sofort eine Anzeige gegen den Beschuldigten wegen (erneutem) Diebstahls erstattete, den sexuellen Übergriff hingegen wiederum erst zwei Tage später zur Anzeige brachte (Urk. D2/3 F/A 7 und 32; Urk. 3). Die Privatklägerin 1 erklärte dies damit, dass nach dem zweiten Diebstahl der Zapfen einfach ab gewesen sei und sie hoffe, dass der Beschuldigte nun endlich hinter Gitter komme (Urk. D2/3 F/A 35). Auch dies allein spricht nicht per se nicht gegen den seitens der Privatklägerin 1 erhobenen Tatvorwurf, weckt im Lichte sämtlicher aufgezeigten Unklarheiten jedoch zusätzlich Zweifel im Zusammenhang mit dem genauen Tatablauf des erzwungenen Oralverkehrs. Insbesondere der subjektive Tatbestand lässt sich anhand der Aussagen der Privatklägerin kaum zweifelsfrei beweisen.

    8. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Aussagen der Privatklägerin 1

      • im Gegensatz zu denjenigen bezüglich des Vorwurfs der Drohung – vorliegend einen wesentlich geringeren Detaillierungsgrad aufweisen und verschiedene Fragen zum Geschehensablauf bzw. zu den von ihr geltend gemachten Verhal- tensweisen der Klärung bedürften.

  3. Erneute Befragung der Privatklägerin 1

    1. Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren grund- sätzlich auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Haupt- verfahren erhoben worden sind. Erweisen sich die bereits getätigten Beweis- erhebungen aber als rechtsfehlerhaft, unvollständig oder erscheinen sie als un- zuverlässig, werden sie von der Rechtsmittelinstanz wiederholt (Art. 389 Abs. 2 StPO). Eine unmittelbare Beweisabnahme im Sinne einer persönlichen Befragung ist nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts notwendig, wenn es in besonderem Masse auf den unmittelbaren Eindruck der Aussage der einzuver- nehmenden Person ankommt, was bei sogenannten Aussage gegen Aussage-

      Konstellationen regelmässig der Fall ist (BGE 140 IV 196 E. 4.4.2; Urteil 6B_612/2020 vom 1. November 2021 E. 2.3.3; Urteil 6B_693/2021 vom 10. Mai

      2022 E. 4.1.3).

    2. Die Privatklägerin 1 ist zur sexuellen Nötigung zwar bereits in der Unter- suchung sowie anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung einvernommen worden (Urk. 1/28; Prot. I S. 8 ff.). Die Einvernahmen wurden – soweit ersichtlich

      –aber zu keinem Zeitpunkt auf Video aufgezeichnet. Darüber hinaus erweisen sie sich teilweise als unvollständig. Insbesondere wurde es bis anhin unterlassen, die Privatklägerin 1 zu ihren uneinheitlichen Aussagen hinsichtlich des im Raum stehenden Geschlechtsverkehrs zu befragen, welcher unmittelbar nach dem er- zwungenen Oralverkehr erfolgt sein soll. Auch die weiteren Unklarheiten, welche zuvor dargelegt wurden, hätten einer Klärung respektive Stellungnahme der Privatklägerin 1 bedurft. Demgegenüber basierte die vorinstanzliche Verurteilung des Beschuldigten wegen sexueller Nötigung allein auf den hierfür unzureichenden Aussagen der Privatklägerin 1. Vor diesem Hintergrund sowie der nicht unerheblichen Schwere des strittigen Tatvorwurfs wäre sowohl der unmittelbare Eindruck der Privatklägerin 1 sowie deren (erneute) Aussagen vor Gericht für die Urteilsfindung notwendig und unabdingbar gewesen (zum Ganzen: BGE 140 IV 196 E. 4.4.2; Urteil 6B_693/2021 vom 10. Mai 2022 E. 4.1.3).

      Nachdem die Privatklägerin 1 auf unbestimmte Zeit verhandlungsunfähig ist und wiederholt erklärte, keine Ausführungen mehr zum streitgegenständlichen Tatgeschehen machen zu wollen, kann eine solche Einvernahme im heutigen Zeitpunkt nicht (mehr) erfolgen. Diese Tatsache ist insbesondere aufgrund der unklaren Dauer der Verhandlungsunfähigkeit hinzunehmen. Auch in solchen Fällen muss sich das Gericht jedoch an die prozessualen Verfahrensgrundsätze halten.

  4. Fazit

    1. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo ist es Aufgabe der Anklagebehörde, den Nachweis für die Schuld einer beschuldigten Person zu erbringen (s.a. Art. 10 StPO). Das Gericht muss sich hernach zwischen den Alternativen Freispruch oder Verurteilung entscheiden. Ein Schuldspruch darf

      dabei nie auf blosser Wahrscheinlichkeit beruhen. Diesfalls hat im Zweifel für die beschuldigte Person ein Freispruch zu ergehen. Gleiches muss im Falle einer eigentlichen Nicht-Entscheidbarkeit gelten. Von diesen Grundsätzen kann insbesondere auch nicht mit der Begründung abgewichen werden, dass sich das Opfer einer Straftat manchmal in einem eigentlichen Beweisnotstand befindet. Auch in diesen Fällen darf keine Verurteilung ergehen, selbst wenn die Sachdarstellung des Opfers nicht per se unglaubhaft wirkt. Kann der Anklagesachverhalt nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts dargetan werden, enthält dies noch nicht notwendigerweise auch eine Entscheidung darüber, was tatsächlich geschehen sein mag. Vielmehr wird lediglich festgestellt, dass sich das Gericht nicht mit der erforderlichen Gewissheit von der Schuld des Beschuldigten überzeugt erklären kann (vgl. OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Aufl. 2020, N 1077; Urteil SB170460 des Obergerichts des Kantons Zürich vom 15. November 2018 E. IV.1.1.).

    2. Nach abgeschlossener Würdigung sämtlicher verfügbarer Beweismittel be- stehen mehr als bloss theoretische Zweifel am eingeklagten Sachverhalt. Gestützt auf das vorhandene Beweisfundament lässt sich ohne erneute Befragung der Privatklägerin 1 insbesondere der subjektive Tatbestand nicht rechtsgenügend nachweisen. In Anwendung von Art. 10 Abs. 3 StPO, wonach in solchen Fällen von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage ausgegangen werden muss, hat in diesem Punkt ein Freispruch zu erfolgen. Im Übrigen ist der Sachverhalt betreffend Drohung als erstellt zu betrachten.

III. Rechtliche Würdigung

  1. Drohung

    1. Die Verteidigung hält in ihrem Eventualstandpunkt dafür, die Privatkläge- rin 1 sei weder durch eine schwere Drohung noch durch ein vorsätzliches Verhal- ten des Beschuldigten in Angst und Schrecken versetzt worden, sondern durch die Tatsache, dass dieser alkoholisiert gewesen sei und einen stechenden Blick gehabt habe (Urk. 108 N 12 f.; Urk. 137 N 2).

    2. Weshalb das Vorgehen des Beschuldigten insgesamt den Tatbestand der Drohung erfüllt, hat die Vorinstanz zutreffend aufgezeigt (Urk. 88 S. 18-20). Er- gänzend ist Folgendes festzuhalten: Wann eine Drohung schwer ist, kann nicht abstrakt beschrieben werden, sondern muss im Einzelfall objektiv nach der Schwere des angedrohten Nachteils und nach der Gesamtheit der Situation gemessen werden (Urteil 6B_98/2016 vom 9. September 2016 E. 5.3; BSK StGB II-DELNON/RÜDY, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 20 f.). Dass der Beschuldigte durch sein erstelltes Verhalten der Privatklägerin 1 unmissverständlich einen schweren Nachteil in Aussicht stellte, dürfte ausser Frage stehen. Dass die Privatklägerin 1 die Situation nicht nur wegen dem Messer auf ihrer Brust und den Aussagen des Beschuldigten, dies könne sehr weh tun, sondern insbesondere auch wegen seines stechenden Blicks und seiner Alkoholisierung als bedrohlich empfand, ist entgegen der Auffassung des Verteidigers nicht entlastend. Das Gegenteil ist der Fall, denn es ist allgemein bekannt, dass Rauschzustände zu einer gefährlichen Enthemmung führen können. Führt der Verteidiger weiter an, die Privatklägerin 1 habe den Beschuldigten gemäss eigenen Aussagen gar nicht ernst genommen, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Das Merkmal der Angst kann sowohl einen plötzlichen, momentanen wie auch einen dauerhaften Zustand umfassen (BSK StGB II-DELNON/RÜDY, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 20). Es wurde seitens der Privatklägerin 1 anschaulich dargelegt, wie sie zunächst noch gelacht und gedacht habe, das könne doch wohl nicht sein. Sie habe dann aber den Blick des Beschuldigten gesehen, sich bedroht gefühlt und Angst bekommen (Urk. D2/3 F/A 33; Prot. I S. 11). Damit ist der objektive Tatbestand der Drohung erfüllt.

    3. Zu präzisieren sind die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen hinsicht- lich des subjektiven Tatbestandes. Mit der Vorinstanz musste dem Beschuldigten bewusst sein, dass sein Verhalten geeignet war, die Privatklägerin 1 in Angst und Schrecken zu versetzen (Urk. 88 S. 19). Das buchstäbliche an die Brust setzen des Messers unter dem Hinweis auf damit verbundene Schmerzen ist ein un- zweideutiges Verhalten, welches nur zu diesem Zweck dienen konnte. Der Beschuldigte handelte daher mit direktem Vorsatz. Von einem bloss theatralischen Vorgehen kann entgegen der Verteidigung keine Rede sein (Urk. 108 N 11).

  2. Schuldfähigkeit

    1. Die Verteidigung sieht beim Beschuldigten zwar kein strukturelles Alkohol- problem, führt entgegen dessen eigenen Aussagen aber ins Feld, der Beschuldig- te sei gemäss der Privatklägerin 1 am Tatabend derart stark alkoholisiert gewe- sen, dass von einer Schuldunfähigkeit respektive stark verminderten Schuldfähig- keit auszugehen sei (Urk. 66 N 10; Prot. I S. 24; Prot. II S. 7 f.; Urk. 137 N 3).

    2. Dieses Vorbringen steht im krassen Widerspruch zu den Aussagen des Bschuldigten selber, der bestritt, alkoholisiert gewesen zu sein (Urk. 26 F/A 5; Urk. 107 S. 3). Es entspricht auch nicht den Schilderungen der Privatklägerin 1. Weist die Verteidigung darauf hin, dass die Privatklägerin 1 die einzige Person gewesen sei, welche den Zustand des Beschuldigten an jenem Abend habe er- kennen können, so ist dem zu entgegnen, dass die Privatklägerin 1 gerade keine Wahrnehmungen machte, welche auf eine aufgehobene Steuerungs- oder Ein- sichtsfähigkeit des Beschuldigten hindeuten würden. Sie bezeichnete ihn in ihren eigenen Worten durchaus als fast besinnungslos betrunken, schildert hernach aber weder verlangsamte Bewegungen noch Reaktionsverzögerungen oder redu- zierte Wahrnehmungen. Im Gegenteil hielt sie konstant daran fest, dass der Beschuldigte durch die Wohnung getigert, herumgeturnt und umhergerannt sei (vgl. Urk. D2/3 F/A 7-9; Urk. 28 F/A 13).

    3. Unter anderem zur Frage der Schuldfähigkeit des Beschuldigten wurde mit Datum vom 26. Oktober 2020 ein psychiatrisches Gutachten erstattet (Urk. 33/9). Das Gutachten attestiert dem Beschuldigten für den inkriminierten Zeitraum eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie eine Alkoholabhängigkeit, respektive sei differentialdiagnostisch zumindest von einem schädlichen Gebrauch von Alkohol auszugehen (Urk. 33/9 S. 32 f.). Der Gutachter kommt zum Schluss, dass für den Tatvorwurf der sexuellen Nötigung von einer uneingeschränkt gegebenen Ein- sichtsfähigkeit auszugehen sei, während die Steuerungsfähigkeit als leichtgradig vermindert qualifiziert werde. Dabei berücksichtigt der Gutachter offensichtlich auch die vorangehenden Ereignisse im Zusammenhang mit der Drohung (Urk. 33/9 S. 33 f.). Auch die weiteren Gründe, weshalb mit dem Gutachter von bestehender Einsichts- sowie Steuerungsfähigkeit und daher insgesamt nur von

einer leicht verminderten Schuldfähigkeit gemäss Art. 19 Abs. 2 StGB auszugehen ist, hat die Vorinstanz ausführlich und zutreffend dargelegt (Urk. 88

S. 22-24). Es bleibt hervorzuheben, dass insbesondere das seitens der Verteidigung verneinte Alkoholproblem des Beschuldigten den Erkenntnissen der Strafuntersuchung widerspricht. Die Tatsache, dass der Beschuldigte nur einen Tag nach der erfolgten Drohung in anderem Zusammenhang stark alkoholisiert verhaftet wurde und ihm bereits damals sowie anlässlich seiner Verhaftung vom

  1. September 2020 bei der Prüfung der Hafterstehungsfähigkeit ein Alkoholmissbrauch attestiert worden war, spricht mit der Vorinstanz ebenfalls für die gutachterlichen Erkenntnisse. Darauf wurde bereits im Rahmen der Sachverhaltserstellung eingegangen (vgl. vorstehend E. II.3.5.). Schuldausschlussgründe sind nach dem Gesagten keine ersichtlich. Die verminderte Schuldfähigkeit hat bei der Strafzumessung Berücksichtigung zu finden.

  2. Fazit

Der Beschuldigte ist der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

IV. Sanktion

  1. Ausgangslage und Grundsätze der Strafzumessung

    1. Die Verteidigung erachtet unter Berücksichtigung der beantragten Frei- sprüche eine Freiheitsstrafe von drei Monaten für den Diebstahl und die rechts- widrige Einreise sowie eine Busse von Fr. 200.– für den mehrfachen geringfügigen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage als angemessen (Urk. 108 N 28). Im Falle eines zusätzlichen Schuldspruchs wegen Drohung sei gemäss dem Eventualstandpunkt der Verteidigung diesbezüglich von einem leichten Tatverschulden auszugehen, wofür eine Asperation der Einsatzstrafe um zwei Monate als angezeigt erscheine (Urk. 108 N 33).

    2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt

      (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatz- und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 144 IV 313 E. 1.1 S. 316 ff., 217 E. 2.2 und E. 3 S. 219 ff.; 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67 f.; je mit Hinweisen). Darauf sowie auf die zutreffenden theoretischen Erwägungen der Vorinstanz für das Vorgehen bei retrospektiver Konkurrenz kann verwiesen werden (Urk. 88 S. 26 f.).

  2. Wahl der Sanktionsart, teilweise retrospektive Konkurrenz und Strafrahmen

    1. Der Beschuldigte weist vier Einträge im hiesigen Strafregister sowie in seinem Heimatland G. [Staat in Europa] über 30 Einträge auf, wovon allein in den letzten fünf Jahren vor den hier zu beurteilenden Taten 10 Verurteilungen eingetragen worden waren. Dabei liess sich der Beschuldigte weder mit bedingten noch zu vollziehenden Freiheitsstrafen von weiterer Delinquenz abhalten (vgl. Urk. 90; Urk. 47/2). Dass aufgrund der Kriterien der präventiven Effizienz und der Zweckmässigkeit für sämtliche zu beurteilenden Vergehen bzw. Verbrechen daher nur die Ausfällung einer Freiheitsstrafe angezeigt erscheint, steht ausser Frage (Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB). Kommt hinzu, dass der Beschuldigte gemäss eigenen Angaben seit über 15 Jahren über keinen festen Wohnsitz mehr verfügt, seit mehr als 5 Jahren keiner Erwerbstätigkeit mehr nachging, keine finanziellen Mittel hat und von Zuwendungen von Freunden lebt (Urk. 107 S. 5 f.; Art. 41 Abs. 1 lit. b StGB). Auch die Verteidigung beantragt vor diesem Hintergrund zu Recht die Bestrafung des Beschuldigten mit einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe (Urk. 108 N 28 ff.).

    2. Der Beschuldigte beging die vorliegend zu beurteilende Drohung am

      4. Februar 2020, mithin kurz bevor er mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 6. Februar 2020 wegen Missachtung der Ausgrenzung zu einer Freiheitsstrafe von 45 Tagen verurteilt worden ist (Urk. 51 S. 2; Urk. 90). Es liegt damit ein Fall von retrospektiver Konkurrenz vor, weshalb in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB für die Drohung eine (teilweise) Zusatzstrafe auszufällen ist. Mit der Vorinstanz wird sodann für die weiteren Schuldsprüche wegen Dieb- stahls und rechtswidrigen Einreise kumulativ eine eigenständige (Gesamt-)Strafe festzulegen sein (Urk. 88 S. 27; zum Ganzen: PK StGB-TRECHSEL/SEELMANN,

      4. Aufl. 2021, Art. 49 N 19 f. mit Hinweisen). Für den zu ahnenden mehrfachen geringfügigen betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage ist zwingend eine Busse auszufällen.

    3. Diebstahl als schwerstes Delikt wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Für die vor dem 6. Februar 2020 begangene Drohung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Strafschärfungs- und Strafmilde- rungsgründe führen nur bei aussergewöhnlichen Umständen dazu, die Grenzen des ordentlichen Strafrahmens zu verlassen (BGE 136 IV 55 E. 5.8 S. 63 mit Hinweisen), was vorliegend nicht der Fall ist. Die jeweils vorliegenden Strafschär- fungsgründe sind aber straferhöhend und Strafmilderungsgründe strafmindernd zu berücksichtigen.

  3. Zusatzstrafe Drohung

    1. Bezüglich der objektiven Tatschwere gilt es zu berücksichtigen, dass die Drohung nicht nur eine rein verbale war, sondern auch ein Messer mit nicht un- erheblichem Gefährdungspotential eingesetzt wurde. Der Beschuldigte beliess es jedoch nicht nur beim blossen Vorzeigen des Messers, sondern setzte dieses zur Einschüchterung der Privatklägerin 1 gar auf deren Brust an mit der Bemerkung, dass dies sehr weh tun könne. Somit baute er eine eigentliche Drohkulisse auf, ohne dass die Privatklägerin 1 ihm hierfür auch nur irgend einen Grund gegeben hätte. Berücksichtigt man zudem, dass der Beschuldigte sich das Messer auch noch selber an die Brust setzte, die Hand der Privatklägerin 1 nahm und diese zum Zustechen aufforderte, offenbart dies eine erhebliche kriminelle Energie. Die Vorgehensweise des Beschuldigten hebt sich damit deutlich ab von einer rein verbalen Androhung von Nachteilen, wie sie beispielsweise im Rahmen eines es- kalierenden Streites widergegeben werden. Dennoch ist im Lichte des gesamten Strafrahmens in objektiver Hinsicht von einem gerade noch leichten Verschulden auszugehen und die Strafe für das objektive Tatverschulden auf 6 Monate festzu- setzen.

    2. Der Beschuldigte hatte die Tat nicht geplant, sondern agierte primär im Affekt. Unter Berücksichtigung der direktvorsätzlichen Tatbegehung vermögen die

      Elemente der subjektiven Tatkomponente die objektive Tatschwere nicht zu rela- tivieren.

    3. Gemäss dem umfassenden, nachvollziehbar begründeten und schlüssigen Gutachten ist insbesondere unter Berücksichtigung der Alkoholisierung des Beschuldigten von einer leichtgradigen Verminderung der Schuldfähigkeit auszu- gehen (Urk. 33/9 S. 34). Die auszusprechende Strafe ist damit grundsätzlich dem Grad der Verminderung entsprechend zu mildern. Allerdings ist der Richter nicht gehalten, eine Strafe linear herabzusetzen (OFK/StGB-DONATSCH, 21. Aufl. 2022, Art. 19 N 14 m.w.H.). Unter Berücksichtigung des Grads der verminderten Schuld- fähigkeit resultiert ein eher leichtes Verschulden, und es rechtfertigt sich, die Strafe für die Drohung auf rund 4.5 Monate zu reduzieren.

    4. Bei der Würdigung der persönlichen Verhältnisse hat der Zweitrichter auf den Zeitpunkt der Zusatzstrafe abzustellen (BGE 121 IV 97 S. 103). Die Vorinstanz hat die persönlichen Verhältnisse und den Werdegang des Beschuldigten wiedergegeben und zutreffend als strafzumessungsneutral gewertet. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 88 S. 31). Anlässlich der Berufungsverhandlung ergänzte der Beschuldigte lediglich, er sei ledig und kinderlos. Zu seinen Geschwistern habe er keinen Kontakt, dafür telefoniere er regelmässig mit der Mutter. Der Beschuldigte befand sich anlässlich der zweitinstanzlichen Befragung im vorzeitigen Strafvollzug, aus welchem er am

      5. Juli 2022 entlassen wurde (Urk. 107 S. 1 f.; Urk. 140). Die Verteidigung machte hernach keine Ausführungen mehr zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten (Urk. 137). Gleichermassen wie dem Beschuldigten seine Lebensführung in strafrechtlicher Hinsicht nicht anzulasten ist, kann entgegen der Ansicht der Verteidigung ebenso nicht ersehen werden, weshalb die Arbeits- sowie Obdachlosigkeit im Rahmen der Täterkomponente gesondert strafmindernd zu berücksichtigen wäre. Auch der psychischen Konstitution des Beschuldigten wurde im Rahmen der verminderten Schuldfähigkeit bereits genügend Beachtung geschenkt (Urk. 108 N 34). Eine Strafminderung ist unter diesem Titel nicht angezeigt.

    5. Der Beschuldigte zeigte sich bezüglich der Drohung weder geständig noch einsichtig. Demgegenüber hatte er bereits im damaligen Tatzeitpunkt drei Vor- strafen wegen Diebstahls in der Schweiz erwirkt und war auch im Ausland mehr-

      fach vorbestraft. Allein die in G.

      seit 2012 erwirkten Vorstrafen sind beträchtlich (Urk. 47/2). Die hier zu beurteilende Drohung beging der Beschuldigte sodann während laufender Probezeit des Strafbefehls vom 15. Januar 2020. Dies zeugt von einer bedenklichen Gleichgültigkeit gegenüber der geltenden Rechts- ordnung, weshalb sich aufgrund der vielzähligen Vorstrafen eine erhebliche Straf- erhöhung rechtfertigt. Dass sich unter dem Titel der Täterkomponente die strafer- höhenden und strafmindernden Elemente aufwiegen würden, wie dies die Vertei- digung geltend machen will, ist nicht ansatzweise gerechtfertigt (Urk. 108 N 35). Aufgrund der Täterkomponente wäre die Strafe für die Drohung daher im Umfang von 2 Monaten zu erhöhen. Für die Drohung resultiert eine Einsatzstrafe von rund

      6.5 Monaten.

    6. Die Strafe für die Drohung sowie die rechtskräftige Grundstrafe im Straf- befehl vom 6. Februar 2020 ist zwecks Ausfällung einer Zusatzstrafe durch An- wendung des Asperationsprinzips gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB zu schärfen. Die Zusatzstrafe ist die infolge Asperation mit der Grundstrafe reduzierte Strafe für die neu zu beurteilenden Taten. Die Einsatzstrafe bildet die Strafe der (abstrakt) schwersten Straftat sämtlicher Delikte (BGE 142 IV 265 S. 271 f. E. 2.4.4 m.w.H.). Vorliegend sehen sowohl die mit Strafbefehl vom 6. Februar 2020 sanktionierte Missachtung der Ein- oder Ausgrenzung sowie die heute zu beurteilende Drohung eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor (Art. 119 Abs. 1 AIG; Art. 180 StGB). Da somit beide Straftaten den gleichen abstrakten Strafrahmen aufweisen, ist die rechtskräftige Grundstrafe im Sinne einer Einsatzstrafe angemessen zu erhöhen. Anschliessend ist von der (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatzstrafe ergibt (vgl. PK StGB-TRECHSEL/SEELMANN, 4. Aufl. 2021, Art. 49 N 14 f. m.H.a. BGE 142 IV 265 E. 2.4.4).

      Bei gleichzeitiger Beurteilung wäre der Beschuldigte wegen Missachtung der Ein- oder Ausgrenzung (45 Tage bzw. 1.5 Monate) sowie der heute zu beurteilenden Drohung in Anwendung des Asperationsprinzips (Asperation um 5 Monate) mit

      einer Freiheitsstrafe von 6.5 Monaten bestraft worden. Von dieser hypothetischen Gesamtstrafe ist die rechtskräftige Grundstrafe abzuziehen, weshalb für die Drohung eine Zusatzstrafe von 5 Monaten zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 6. Februar 2020 auszufällen ist.

  4. Diebstahl und rechtswidrige Einreise

    1. Diebstahl

      1. Als die Privatklägerin 1 dem Beschuldigten am 21. Februar 2020 erneut Obdach gewährte, entwendete er deren Portemonnaie samt Inhalt sowie das Mobiltelefon aus dem abgeschlossenen Garderobenschrank. Der Vermögensschaden belief sich dabei gesamthaft auf Fr. 459.– (Urk. 51 S. 3; Urk. 88 S. 9).

      2. Macht die Verteidigung in diesem Zusammenhang sinngemäss geltend, der Deliktsbetrag liege nur leicht über dem Grenzwert zum geringfügigen Diebstahl gemäss Art. 172ter StGB, weshalb sich hierfür eine Freiheitsstrafe von unter 3 Monaten rechtfertige, kann ihr nicht gefolgt werden (Urk. 108 N 28). Bei einem solchen Diebstahl ist der Lebenserfahrung entsprechend grundsätzlich vom Vor- satz des Täters auszugehen, das zu nehmen, was ihm zufällt, mithin ist sein Handeln auf eine möglichst grosse Beute ausgelegt. Nur unter bestimmten Um- ständen, welche hier klar nicht vorliegen, wäre etwas anderes anzunehmen (zum Ganzen: BGE 123 IV 155 E. 1b S. 157). Zwar erlangte der Beschuldigte vorliegend insbesondere keinen namhaften Bargeldbetrag, jedoch richtete sich sein deliktischer Wille nicht auf das Erlangen einer bestimmten, sondern einer möglichst hohen Summe sowie das Telefon. Etwas anderes machte der Beschuldigte denn auch nicht geltend. Dem konkreten Deliktsbetrag kann deshalb

        keine übergeordnete Bedeutung bei der Bemessung der objektiven Tatschwere zukommen. Auch bei Mobiltelefonen ist der Warenwert heutzutage letztlich nicht mehr allein ausschlaggebend, speichern Smartphones doch mittlerweile nicht nur Fotoalben, Adressverzeichnisse und weitere Dokumente, sondern sind sie auch für Zahlungen und weitere alltägliche Verrichtungen nahezu unabdingbar. Der immaterielle Schaden ist somit als hoch einzustufen. Besonders verwerflich ist

        überdies, dass der Beschuldigte die ihm von der Privatklägerin 1 erneut gewährte Gastfreundschaft auf rücksichtslose Art und Weise ausnutzte, wenngleich es sich beim Diebstahl nicht um eine geplante Aktion handelte.

        Das Verhalten des Beschuldigten zeugt von einer rücksichtslosen Vorgehens- weise, wobei er insbesondere den Respekt gegenüber fremdem Eigentum ver- missen lässt und dabei eine bedenkliche Gleichgültigkeit gegenüber der geltenden Rechtsordnung offenbart. Seine in der Untersuchung gemachte Bemerkung, wonach ihm die Privatklägerin 1 schliesslich nicht gesagt habe, dass er die Sachen nicht wegnehmen dürfe, erscheint als geradezu zynisch und Ausdruck von grosser Unverfrorenheit (Urk. 27 F/A 8).

      3. Der Beschuldigte handelte aus finanziellen, respektive egoistischen Moti- ven. Es liegt mit den Vorderrichtern direkter Vorsatz vor (Urk. 88 S. 33). Die sub- jektive Tatkomponente vermag die objektive Tatschwere damit nicht zu relativie- ren. Obwohl das Verschulden im Lichte des weiten Strafrahmens von bis zu 5 Jahren bzw. angesichts der denkbaren, weit gravierenderen Tatvarianten insge- samt im unteren Drittel anzusiedeln ist, erweist sich die vorinstanzlich festgelegte Einzelstrafe als zu tief. Eine gedankliche Freiheitsstrafe von rund 6 Monaten er- schiene dem gerade noch leichten Tatverschulden angemessen.

    2. Rechtswidrige Einreise

      Auch hinsichtlich der illegalen Einreise ist die Strafe der Vorinstanz zu wohlwollend festgesetzt worden (Urk. 88 S. 33). Der Beschuldigte reiste trotz fremdenpolizeilicher Fernhaltemassnahmen erneut in die Schweiz ein. Die obere Grenze des Strafrahmens liegt bei einem Jahr Freiheitsstrafe (Art. 115 Abs. 1 lit. a AIG). Sachliche Gründe wie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder der Aufenthalt bloss für kurze Dauer konnte der Beschuldigte nicht ansatzweise darlegen. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass er sich ohne Absicht einer zeitlichen Beschränkung in der Schweiz aufhalten wollte (Urk. D4/2 F/A 7 ff.). Welche Gründe das objektiv mittelschwere Verschulden massgeblich relativieren könnten, ist nicht ersichtlich. In subjektiver Hinsicht ist ein direktvorsätzliches Handeln erstellt, räumte der Beschuldigte doch anlässlich der polizeilichen

      Befragung vom 3. September 2020 ein, um sein Einreiseverbot bis 2022 gewusst zu haben (Urk. D4/2 F/A 13 f.). Entlastende Momente lassen sich den Akten nicht entnehmen, weshalb das Verschulden bezüglich der rechtswidrigen Einreise sowohl objektiv als auch subjektiv als nicht mehr leicht zu qualifizieren ist. Eine gedankliche Einsatzstrafe von rund 4 Monaten Freiheitsstrafe erschiene angemessen. Die Einsatzstrafe für den Diebstahl ist in Anwendung des Asperationsprinzips um 3 Monate auf 9 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.

    3. Tatunabhängige Strafzumessungsfaktoren

      1. Bezüglich der persönlichen Verhältnisse und des Vorlebens kann vorab auf das zuvor unter E. IV.3.4. Gesagte verwiesen werden. Auch hier sind die zahl- reichen Vorstrafen massiv straferhöhend zu gewichten, zumal der Beschuldigte diesbezüglich mehrfach und einschlägig deliniquierte. So sind allein im deutschen Strafregister rund 20 Vermögensdelikte verzeichnet, und auch hierzulande musste der Beschuldigte bereits mehrfach wegen Diebstählen sowie ein Mal wegen der Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz bestraft werden (Urk. 47/2; Urk. 90). Ebenfalls nicht unbeachtet bleiben darf der Umstand, dass der Beschuldigte trotz hängiger Strafuntersuchung und während laufender Probezeit delinquierte.

      2. Nur leicht strafmindernd können die Geständnisse des Beschuldigten be- rücksichtigt werden. Zwar anerkannte der Beschuldigte den Vorwurf der rechts- widrigen Einreise in der Hafteinvernahme. Nachdem gegen ihn ein Einreiseverbot verhängt worden war und er daraufhin in der Schweiz verhaftet wurde, musste sein Geständnis jedenfalls nicht mehr zur Erleichterung der Untersuchung beigezogen werden. Gleiches hat für den Diebstahl zu Lasten der Privatklägerin 1 zu gelten, welcher der Beschuldigte erst anlässlich der Einvernahme vom

        15. Oktober 2020 eingestand, obwohl er schon zum damaligen Zeitpunkt anhand von Beweismitteln bereits weitgehend überführt war (Urk. 27; Urk. D3/4-10).

      3. Selbst unter Berücksichtigung der genannten Geständnisse überwiegen die zahlreichen Vorstrafen massiv, was stark straferhöhend berücksichtigt werden

muss. Aufgrund der Täterkomponente ist die Strafe daher im Umfang von rund 3 Monaten auf 12 Monate zu erhöhen.

  1. Auszusprechende Freiheitsstrafe

    Die für die Drohung festgelegte Zusatzstrafe ist nunmehr in Nachachtung der jüngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit der festgelegten Gesamtstrafe (Diebstahl und rechtswidrige Einreise) zu addieren (BGE 145 IV 1 E. 1.3 f., Urteil 6B_759/2019 vom 11. März 2020 E. 2.3.2). Daraus ergibt sich, dass der Beschuldigte für die genannten Delikte mit 17 Monaten Freiheitsstrafe als teilweise Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom

  2. Februar 2020 zu bestrafen ist.

  1. Busse

    Die vorinstanzlich festgelegte Busse von Fr. 200.– für den mehrfachen gering- fügigen betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage wurde von der Verteidigung nicht beanstandet und ist unter Berücksichtigung der prekären finanziellen Situation des Beschuldigten zu bestätigen (Urk. 88 S. 34 f.).

  2. Vollzug und Widerruf sowie Ersatzfreiheitsstrafe

    1. Wie noch aufzuzeigen sein wird, ist die ausgesprochene Freiheitsstrafe be- reits durch Haft bzw. vorzeitigen Strafvollzug erstanden (vgl. sogleich E. IV.8.). Dennoch muss gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung über den Vollzug entschieden werden (BGE 84 IV 10). Die Vorinstanz hat zutreffend aufgezeigt, weshalb dem Beschuldigten im Lichte seiner instabilen Verhältnisse, der ein- schlägigen Vorstrafen sowie der gutachterlich attestierten hohen Rückfallgefahr für Eigentumsdelikte eine eigentliche Schlechtprognose zu stellen ist (Urk. 88

      S. 35 f.). Die Freiheitsstrafe von 17 Monaten ist daher zu vollziehen.

    2. Ebenfalls kann bezüglich des Widerrufs des bedingten Vollzugs der mit Strafbefehl vom 15. Januar 2020 ausgesprochenen Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– auf die korrekten vorinstanzlichen Erwägungen ver- wiesen werden (Urk. 88 S. 37 f.). Der bedingte Vollzug wurde dem Beschuldigten

      damals trotz den bekannten mehrfach einschlägigen Vorstrafen gewährt. Nur we- nige Wochen später bestahl der Beschuldigte die Privatklägerin 1 erneut und be- drohte sie. Auch die Verteidigung hat vor diesem Hintergrund nicht ausdrücklich dagegen opponiert (Urk. 108 S. 2), weshalb heute der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 15. Januar 2020 aus- gefällten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– zu widerrufen ist.

    3. Die Busse ist bereits von Gesetzes wegen zwingend zu bezahlen (Art. 105 Abs. 1 StGB). Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, ist in Anwen- dung von Art. 106 Abs. 2 StGB eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen festzule- gen.

  3. Anrechnung der Haft und Genugtuung für Überhaft

    1. Der Beschuldigte wurde am 2. September 2020 verhaftet und befand sich hernach bis zum 5. Juli 2022, mithin für 672 Tage in Haft respektive im vorzeitigen Strafvollzug (Urk. 43/1; Urk. 140). Die Verteidigung beantragt, der Beschuldigte sei für die erstandene Überhaft angemessen zu entschädigen (Urk. 108 S. 2).

    2. Der Ausgleich der erstandenen Haft hat primär als Realersatz zu erfolgen (Art. 51 StGB; Art. 431 Abs. 2 StPO). Erst wenn eine Anrechnung an eine andere Sanktion nicht mehr erfolgen kann, stellt sich die Frage der finanziellen Entschä- digung. Die Anrechnung hat zunächst an die Freiheitsstrafe, hernach an die Geld- strafe sowie Busse zu erfolgen, wobei ein Tag Haft einem Tagessatz Geldstrafe bzw. bei Bussen einem Tag der Ersatzfreiheitsstrafe entspricht. Tat- oder Verfah- rensidentität wird für die Anrechnung nicht verlangt (zum Ganzen: BGE 141 IV

      236 S. 239 E. 3.3; OFK/StGB-HEIMGARTNER, 21. Aufl. 2022, Art. 51 N 2 ff. m.w.H.).

    3. Der Beschuldigte wird zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten (entspricht 510 Tagen) und einer Busse von Fr. 200.– (bei einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verurteilt. Ebenso ist die mit Strafbefehl vom 15. Januar 2020 bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 30 Tagessätzen nunmehr zu vollziehen. Hiervon sind aber nur 28 Tage anzurechnen, da sich der Beschuldigte im dortigen Ver-

      fahren bereits für zwei Tage in Haft befunden hatte (Urk. 90; Beizugsakten Staats- anwaltschaft Zürich-Sihl, Geschäfts-Nr. F-6/2020/10001558). Auf die erstandene Haft von 672 Tagen sind somit insgesamt 540 Tage als Realersatz anzurechnen (510 + 2 + 28 = 540 Tage). Die Freiheitsstrafe, die Busse sowie die zu vollziehende Geldstrafe gelten somit als durch Haft bzw. vorzeitigen Strafvollzug erstanden.

    4. Für die verbleibenden 132 Tage sogenannter Überhaft ist nach Art. 431 Abs. 2 StPO eine Genugtuung auszurichten. Die Höhe der Genugtuung richtet sich in erster Linie nach der Dauer und den Umständen der Verhaftung. Im Weite- ren ist auf die Schwere des vorgeworfenen Delikts abzustellen und es sind die Auswirkungen auf die persönliche Situation des Verhafteten zu beachten. Auf- grund der Art und Schwere der Verletzung ist zunächst die Grössenordnung der infrage kommenden Genugtuung zu ermitteln. Bei längerer Haft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Ansatz in der Regel zu senken. In einem zweiten Schritt sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu würdigen (vgl. OBERHOLZER, Grundzü- ge des Strafprozessrechts, 4. Aufl. 2020, N 2341 m.H.).

    5. Der seitens der Verteidigung geltend gemachte Ansatz von Fr. 150.– pro Tag für die gesamte Dauer erweist sich nicht als gerechtfertigt. Fraglos ist der Beschuldigte primär aufgrund des gewichtigen Vorwurfs der sexuellen Nötigung zu Unrecht über längere Zeit inhaftiert worden. Der Beschuldigte wurde damit jedoch gerade nicht aus sozial oder beruflich gefestigten Verhältnissen gerissen. Die Verteidigung legt sodann auch nicht ansatzweise dar, weshalb dem arbeitslosen und nicht sesshaften Beschuldigten ein solcher Anspruch zustehen sollte (s.a. Urteil 6B_632/2017 vom 22. Februar 2018 E. 2.3). Der geltend gemachte Ansatz kann daher nur für die ersten 15 Tage in Anspruch genommen werden. Für die weiteren Tage ist dieser Ansatz mit Blick auf die besonderen Verhältnisse des Beschuldigten im Bereich von Fr. 100.– anzusiedeln. Gesamthaft rechtfertigt es sich daher, dem Beschuldigten für die erlittene Überhaft eine Genugtuung von Fr. 13'950.– zuzusprechen ([15 x Fr. 150.–] +[117 x Fr. 100.–] = Fr. 13'950.–). Die weitergehenden Genugtuungsansprüche des

Beschuldigten sind abzuweisen. Zins ist aufgrund des Antrags der Verteidigung nicht zuzusprechen (Urteil 6B_632/2017 vom 22. Februar 2018 E. 2.4).

V. Landesverweisung

  1. Obligatorische Landesverweisung

    Aufgrund des Freispruchs vom Vorwurf der sexuellen Nötigung fällt mangels Katalogtat eine obligatorische Landesverweisung, wie sie seitens der Vorinstanz angeordnet wurde, ausser Betracht (vgl. Art. 66a StGB).

  2. Fakultative Landesverweisung

    1. Auch eine nicht obligatorische Landesverweisung ist im vorliegenden Fall nicht näher zu prüfen, da aufgrund der heute zu beurteilenden Delikte die Voraus- setzungen noch nicht erfüllt sind, welche für einen Anwendungsfall der fakultativen Landesverweisung erforderlich wären (zum Ganzen: Urteil 6B_429/2021 vom 3. Mai 2022 E. 3.1).

    2. Da im vorinstanzlichen Urteil eine (obligatorische) Landesverweisung angeordnet wurde, ist der Klarheit halber im Dispositiv festzuhalten, dass gegen den Beschuldigten keine Landesverweisung ausgesprochen wird.

VI. Zivilansprüche der Privatklägerschaft

  1. Zivilansprüche der Privatklägerin 1

    1. Die Verteidigung weist richtigerweise darauf hin, dass die Privatklägerin 1 in ihren schriftlichen Eingaben im Berufungsverfahren mehrfach Schadenersatz- forderungen in unterschiedlicher Höhe erwähnt (Urk. 114; Urk. 125; Urk. 141).

    2. Mit Formular vom 10. März 2020 erklärte die Privatklägerin 1, sich als Zivil- klägerin am vorliegenden Strafverfahren zu beteiligen und den Schaden im Zusammenhang mit der Entwendung ihres Mobiltelefons ersetzt haben zu wollen (Urk. 9). In der Folge wurde der Privatklägerin 1 erneut ein entsprechendes For- mular zu gestellt, in welchem sie auf die Geltendmachung von Zivilansprüchen

      verzichtete. Sie unterliess es jedoch, dieses Formular zu unterzeichnen (Urk. 35). Im Rahmen ihrer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 15. Oktober 2020 gab sie allerdings unmissverständlich zu Protokoll, für das gestohlene Handy von der Versicherung einen Schadensausgleich erhalten zu haben und im Übrigen keinen Schadenersatz gegenüber dem Beschuldigten geltend zu machen (Urk. 28 F/A 58 f.). Ein solcher Verzicht hinsichtlich allfälliger Zivilansprüche im hängigen Strafverfahren ist endgültig (vgl. Art. 120 Abs. 1 und 2 StPO). Die Privatklägerin 1 stellte denn auch bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens diesbe- züglich keinerlei Anträge mehr. Die Privatklägerin 1 ist daher darauf hinzuweisen, dass sie ihre Schadenersatzforderungen nicht (mehr) in diesem Strafprozess geltend machen kann, sondern hierfür zivilrechtliche Wege beschreiten müsste. Auf das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin 1 ist daher nicht einzutreten.

  2. Zivilansprüche der Privatklägerin 2

    1. Die Verteidigung bestreitet die Aktivlegitimation der Privatklägerin 2. Es sei nicht belegt, dass die geltend gemachte Forderung der Privatklägerin 2 zustehe. So sei die Privatklägerin 2 nicht geschädigt worden, wenn sie das Konto der Privatklägerin 1 aufgrund der Kreditkartenbezüge des Beschuldigten belastet haben sollte. Falls die Privatklägerin 2 diesen Schaden aus Kulanz übernommen hätte, würde es – nach Ansicht der Verteidigung – am erforderlichen Kausal- zusammenhang zwischen den Handlungen des Beschuldigten und dem einge- tretenen Schaden fehlen. Eine Abtretung der Ansprüche der Privatklägerin 1 an

      die Privatklägerin 2 bzw. die B.

      AG sei sodann ebenfalls nie behauptet

      worden, weshalb die gelten gemachte Schadenersatzforderung abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen sei (Urk. 108 N 43-48).

    2. Die B. AG stellte im Zusammenhang mit der entwendeten Kreditkarte der Privatklägerin 1 Strafantrag gegen den Beschuldigten und be- antragte hernach die Zusprechung von Schadenersatz im Umfange von Fr. 250.80 (Urk. D3/3/3; Urk. 57). Die Vorinstanz nahm formell jedoch die

      H'.

      AG als Privatklägerin 2 im Rubrum auf und lud diese zur

      Hauptverhandlung vor (Urk. 55; Urk. 56/5). Daraufhin meldeten sich mit Schreiben vom 23. April 2021 Vertreter der H. AG und teilten der Vorinstanz mit,

      dass sich Erstere von der Teilnahme an der Hauptverhandlung dispensiere (Urk. 59). Im Urteil vom 7. Juni 2021 sprach die Vorinstanz schliesslich der B. AG Schadenersatz von Fr. 250.80 zu (Urk. 88 S. 45).

    3. Die B. AG, welcher im vorinstanzlichen Erkenntnis Schadenersatz zugesprochen wurde, war formell weder Partei im Strafverfahren, noch existiert im Schweizerischen Firmenregister eine Gesellschaft unter dieser Bezeichnung (Zentraler Firmenindex der Schweizerischen Eidgenossenschaft, abrufbar unter: https://www.zefix.ch/de/search/entity/welcome). Obwohl vermutlich mit der

      B.

      AG jeweils die H'.

      AG gemeint sein dürfte, hätte bereits im

      Untersuchungsverfahren abgeklärt werden müssen, wer bzw. welche Gesellschaft genau als geschädigte Person den genannten Schadenersatzanspruch geltend macht. Dies hat umso mehr zu gelten, als die Vorinstanz erwog, der geltend gemachte Schadenersatz sei aufgrund des Kreditkartenauszugs vom

      8. März 2020 belegt. Ein Kreditkartenauszug, welcher wohlgemerkt von der I. AG ausgestellt worden war (Urk. 88 S. 43; Urk. D3/3/4). Ob die Privatklägerin 2 zu Geltendmachung der Schadenersatzforderung überhaupt aktivlegitimiert ist, braucht indessen aus folgenden Gründen nicht abschliessend geprüft zu werden.

    4. Es ist nicht Aufgabe der Strafbehörden, von Amtes wegen für die Wieder- gutmachung des Schadens der geschädigten Person zu sorgen. Die geschädigte Person muss ihre Ansprüche selbst geltend machen (Dispositionsmaxime) und trägt dafür die (objektive und subjektive) Beweislast. Diese wird jedoch dadurch gemindert, dass sie von den Ergebnissen der Strafuntersuchung profitieren und darauf verweisen kann. Das Strafgericht hat sich im Zivilpunkt auch auf die im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu stützen. Sachverhalte welche für die Straftat nicht wesentlich sind und deshalb nicht durch die Straf- behörden ermittelt werden, hat die Zivilklägerschaft hingegen zu substantiieren (BSK StPO-DOLGE, 2. Aufl. 2014, Art. 122 N 23).

    5. Für die Schadenersatzforderung über Fr. 250.80 findet sich in den Akten keine Begründung. Folglich ist auf die Erkenntnisse des Strafverfahrens abzu- stellen. Gemäss in Rechtskraft erwachsenem Sachverhalt steht fest, dass der

      Beschuldigte mit der gestohlenen I. -Mastercard der Privatklägerin 1 Bezüge im Gesamtbetrag von Fr. 250.70 tätigte (Urk. 51 S. 4). Ob der Schaden letztlich

      bei der Privatklägerin 1, der Privatklägerin 2 oder gar der I.

      AG

      eingetreten ist, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Eine taugliche Schuld- anerkennung des Beschuldigten ist entgegen der Vorinstanz ebenfalls nicht aktenkundig, hat der Beschuldigte den eingetretenen Schaden doch lediglich betragsmässig anerkannt, indem er eingestand, die entsprechenden Bezüge getätigt zu haben (Urk. 88 S. 43; Urk. 66 N 27; Prot. I S. 16). Damit lässt sich der für die geltend gemachten Ansprüche der Privatklägerin 2 erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Straftat und dem geltend gemachten Schaden nicht herstellen. Die seitens der Privatklägerin 2 geltend gemachte Zivilforderung erweist sich daher letztlich als materiell nicht ausreichend begründet. Auch aus den Akten lässt sich der Anspruch nicht genügend substantiieren (s.a. Art. 123 StPO).

    6. Hat die Privatklägerschaft ihre Zivilklage nicht hinreichend begründet und beziffert, sind die geltend gemachten Zivilansprüche auf den Zivilweg zu verwei- sen (Art. 126 Abs. 2 lit. b StPO). Die Privatklägerschaft erleidet dadurch keinen Rechtsverlust, da sie die Forderung im Zivilprozess erneut geltend machen kann. Die im Zivilprozess einschneidende Folge der Klageabweisung bei mangelnder Substantiierung tritt im Adhäsionsprozess nicht ein (BSK StPO-DOLGE,

2. Aufl. 2014, Art. 123 N 13). Da adhäsionsweise über den Anspruch nicht materi- ell entschieden werden kann, sind die Zivilansprüche entgegen dem Antrag der Verteidigung nicht abzuweisen, sondern auf den Weg des ordentlichen Zivilpro- zesses zu verweisen.

VII. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Untersuchung und erstinstanzliches Verfahren

    1. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der beschuldigten Person grundsätzlich nur diejenigen Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen

      Verfahrens auferlegt werden können, welche mit der Abklärung des zu verurtei- lenden Delikts in einem engen und direkten Zusammenhang stehen. Bei einem einheitlichen Sachverhaltskomplex ist vom Grundsatz der vollständigen Kosten- auflage nur abzuweichen, wenn die Strafuntersuchung im freisprechenden Punkt zu Mehrkosten führte (Art. 426 Abs. 1 StPO; Urteil 6B_115/2019 vom 15. Mai 2019 E. 4.3 m.H.).

    2. Ein Grossteil der getätigten Untersuchungshandlungen wäre auch ohne den abzuklärenden Vorwurf der sexuellen Nötigung angefallen. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass diesfalls eine psychiatrische Begutachtung im erfolgten Umfang vorgenommen worden wäre. Die Kosten des Gutachtens (Fr. 11'400.–) sind daher definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die verbleibenden Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, sind dem Beschuldigten ausgangsgemäss zu 3/4 aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von 3/4 vorbehalten bleibt.

  2. Berufungsverfahren

    1. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind auf Fr. 3'500.– zu veranschlagen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 der Gebühren- verordnung des Obergerichts). Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend oder unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre gestellten Anträge gutgeheissen wurden (BSK StPO II-DOMEISEN, 2. Auflage 2014, Art. 428 N 6).

    2. Die Verteidigung beantragt, die dem Beschuldigten auferlegten Kosten sei- en infolge offensichtlicher Uneinbringlichkeit sofort vollumfänglich abzuschreiben (Urk. 108 S. 2). Die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten sind wohl prekär, jedoch sieht die StPO für die beschuldigte Person grundsätzlich keine Kosten- befreiung aufgrund mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit vor (BSK StPO II-

      DOMEISEN, 2. Aufl. 2014, Art. 426 N 4). Dass eine Kostenauflage als geradezu unbillig erschiene, ist jedenfalls nicht auszumachen.

    3. Der Beschuldigte hat bezüglich des Freispruchs vom Vorwurf der sexuellen Nötigung und hinsichtlich der Zivilansprüche der Privatklägerschaft als obsiegend zu gelten. Er unterliegt jedoch sowohl in Bezug auf den beantragten Freispruch vom Vorwurf der Drohung als auch hinsichtlich der Höhe der Sanktion. Es recht- fertigt sich daher, ihm die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, zur Hälfte aufzuerlegen und im Übrigen defini- tiv auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten für die amtliche Verteidigung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO in hälftigem Umfang vorzubehalten ist.

    4. Der seitens der amtlichen Verteidigung geltend gemachte Aufwand von Fr. 12'004.05 (inkl. MwSt.) ist grundsätzlich ausgewiesen. Er erscheint zwar eher hoch, aber aufgrund des zweiffellos erhöhten Besprechungsbedarfs des Beschul- digten gerade noch angemessen (Urk. 139). Dr. sc. nat. et lic. iur. X. ist für seine Aufwendungen daher entsprechend dem genannten Betrag zu ent- schädigen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 7. Juni 2021 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

    Es wird erkannt:

    1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

      - […]

      - […]

2.-5. […]

6. Von der Anordnung einer therapeutischen Massnahme wird abgesehen. 7. […]

8. Die unter der Asservaten-Nr. A013'586'293 sichergestellten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgege- ben. Verlangt er die Gegenstände nicht innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Ur- teils heraus, werden sie der zuständigen Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

9. […]

  1. Rechtsanwalt Dr. sc. nat. et lic. iur. X. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 13'292.30 (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse ent- schädigt.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

Fr. 4'500.–; die weiteren Kosten betragen:

Fr. 2'500.– Gebühr Untersuchungsverfahren

Fr. 11'400.– Gutachten/Expertise

Fr. 13'292.30 Entschädigung amtliche Verteidigung Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

12.-13. […]

  1. [Mitteilungen.]

  2. [Rechtsmittel.]

2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist zudem schuldig

  2. Vom Vorwurf der sexuellen Nötigung wird der Beschuldigte freigesprochen.

  3. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer vollziehbaren Freiheitsstrafe von 17 Monaten als teilweise Zusatzstrafe zu der mit Strafbefehl der Staatsan- waltschaft Winterthur/Unterland vom 6. Februar 2020 ausgefällten Freiheits- strafe, sowie mit einer Busse von Fr. 200.– (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage).

  4. Der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 15. Januar 2020 ausgefällten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– (abzüglich 2 Tage Untersuchungshaft) wird wi- derrufen.

  5. Die Freiheitsstrafe und die Busse gemäss Ziff. 3 sowie die für vollziehbar erklärte Geldstrafe gemäss Ziff. 4 gelten als durch insgesamt 540 Tage Haft bzw. vorzeitigen Strafvollzug erstanden.

  6. Es wird keine Landesverweisung angeordnet.

  7. Dem Beschuldigten werden Fr. 13'950.– als Genugtuung aus der Gerichts- kasse zugesprochen. Die weitergehenden Genugtuungsansprüche des Beschuldigten werden abgewiesen.

  8. Auf die im Berufungsverfahren gestellten Schadenersatzbegehren der Pri- vatklägerin 1 wird nicht eingetreten.

  9. Die Privatklägerin 2 H'. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des ordentlichen Zivilprozesses verwiesen.

  10. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und des Gutachtens, werden zu ¾ dem Beschuldigten auferlegt und zu ¼ auf die Gerichtskasse genommen.

  11. Die Kosten für das Gutachten (Fr. 11'400.–) werden vollumfänglich auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für die Untersuchung und das erstinstanzliche Verfahren werden zu ¾ einstweilen und zu ¼ definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten im Umfang von ¾ bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  12. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'500.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 12'004.05 amtliche Verteidigung.

  13. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amt- lichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Ver- teidigung werden zur Hälfte einstweilen und im Übrigen definitiv auf die Ge- richtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten für die Hälfte der Kosten der amtlichen Verteidigung bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  14. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

  15. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung

des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 28. November 2022

Der Präsident:

lic. iur. B. Gut

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Keller

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz