Zusammenfassung des Urteils SB210368: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte A.________ wurde an einem Bahnhof gestoppt, nachdem er mehrmals die Leitlinie überfahren hatte und eine Atemalkoholprobe verweigerte. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren ein und verhängte Verfahrenskosten. Der Beschuldigte legte Beschwerde ein, da er das Recht zur Verweigerung der Atemalkoholprobe beanspruchte. Das Kantonsgericht entschied, dass die Kosten des Verfahrens vom Staat getragen werden müssen, da kein strafbares Verhalten des Beschuldigten vorlag. Die Einstellungsverfügung wurde aufgehoben, und die Verfahrenskosten wurden auf die Staatskasse genommen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210368 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 31.05.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1315/2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Vorsätzliche Tötung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Privatklägerin; Aussage; Vorinstanz; Recht; Sinne; Aussagen; Ketamin; Urteil; Beschwerdegegner; Schuld; Berufung; Massnahme; Dossier; Verfahren; Schuldfähigkeit; Gutachter; Entscheid; Dispositiv; Gutachten; Ausführungen |
Rechtsnorm: | Art. 111 StGB ;Art. 113 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 15 StGB ;Art. 16 StGB ;Art. 182 StPO ;Art. 185 StPO ;Art. 189 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 2 VRV ;Art. 22 StGB ;Art. 263 StGB ;Art. 27 SVG ;Art. 31 SVG ;Art. 32 SVG ;Art. 33 SVG ;Art. 369 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 60 StGB ;Art. 62b StGB ;Art. 63 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 86 StGB ;Art. 9 BV ;Art. 90 SVG ;Art. 91a SVG ; |
Referenz BGE: | 107 IV 20; 121 IV 202; 128 IV 97; 129 I 49; 131 IV 54; 132 IV 120; 133 I 33; 136 IV 55; 141 IV 329; 146 IV 1; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210368-O/U/jv
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident, lic. iur. C. Maira und Ersatzoberrichterin lic. iur. C. Brenn sowie Gerichtsschreiberin MLaw N. Hunziker
Urteil vom 31. Mai 2022
in Sachen
Beschuldigter und I. Berufungskläger
verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.
gegen
Anklägerin und II. Berufungsklägerin
sowie
Privatkläger
1, 2, 3, 4, 5 vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y. 5 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.
betreffend vorsätzliche Tötung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 27. März 2017 (Urk. 250) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Juni 2017:
(Urk. 360 S. 232 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB (Dossier 1);
der qualifizierten Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3);
der mehrfachen, teilweise qualifizierten sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1, teilweise in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3);
des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 SVG und Art. 2 Abs. 1 und 2 VRV (Dossier 4);
der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 4); und
der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 33 Abs. 2 SVG sowie Art. 27 Abs. 1 SVG und
Art. 27 Abs. 1 SSV (Dossier 4).
Der Beschuldigte ist nicht schuldig und wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 3);
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten, wovon 913 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft erstanden sind, sowie mit einer Busse von CHF 2'000.–.
Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen.
Es wird eine vollzugsbegleitende ambulante Behandlung im Sinne von Art. 63 StGB (Suchtbehandlung) angeordnet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. August 2015 beschlagnahmten CHF 14'964.35 werden zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.1; Dossier 1, act. 14/1) beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.2; Dossier 1, act. 14/4) beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Kantonspolizei Zürich zur Vernichtung überlassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 2; Dossier 1, act. 14/10) beschlagnahmten Gegenstände 1.a) bis und mit 1.f) sowie 1.h) wer- den der Familie des Opfers †G. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Im Übrigen werden die beschlagnahmten Gegenstände bei den Akten belassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 3; Dossier 1, act. 14/12) beschlagnahmten Gegenstände werden H. und I. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 15. April 2016 beschlagnahmten Mobiltelefone iPhone 5 schwarz und iPhone 5s weiss werden der Privatklägerin F. (F. ) nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Mobiltelefone vernichtet.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 28'239.40 zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 27'532.– zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 1 (B. ) CHF 5'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 20'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 25'000.– zuzüglich 5% Zins seit dem 27. März 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrumfang wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 4 (E. ) CHF 7'500.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin F.
(F. ) CHF 18'000.–
zuzüglich 5% Zins ab 18. Oktober 2014 als Genugtuung zu bezahlen. Der Beschuldigte ist berechtigt, den geschuldeten Betrag durch Zahlung an den Verein J. , … [Adresse] zu tilgen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf
CHF 40'000.– ; die weiteren Kosten betragen: CHF 20'000.– Gebühr für das Vorverfahren CHF 165'716.10 Gutachten / Expertisen
CHF 23'086.– Kosten Kantonspolizei Zürich CHF 938.10 Zeugenentschädigungen CHF 10'304.20 Auslagen Untersuchung CHF 12'500.– Übersetzungskosten
CHF 156'000.– Entschädigung amtliche Verteidigung CHF 234.– Getränkekosten
CHF 1'000.– Kosten für das Beschwerdeverfahren
Rechtsanwalt lic. iur. X3. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten mit CHF 156'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) entschädigt. Die Kasse des Bezirksgerichts Meilen wird angewiesen, den Betrag von CHF 122'000.–
(CHF 156'000.– abzüglich Akontozahlung von CHF 34'000.–) an Rechtsanwalt lic. iur. X3. auszubezahlen.
Die Kosten und Auslagen der Untersuchung, des Beschwerdeverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung und der Getränkekosten, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Die Getränkekosten von CHF 234.– werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, den Privatklägern 1 (B. ), 2 (C. ) und 4 (E. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von insgesamt CHF 131'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von CHF 64'000.– zu bezahlen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge im ersten Berufungsverfahren (Prozess Nr. SB170499):
Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 486 S. 2 ff.; Prot. II S. 23 f.):
Es sei festzustellen, dass das Urteil der Abteilung des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Juni 2017 in den folgenden Punkten nicht angefochten wurde und deshalb in Rechtskraft erwachsen ist:
Dispositiv-Ziff. 1, 4.–6. Lemma (Verurteilung wegen des Fahrens in fahrunfähigem Zustand, der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahr- unfähigkeit und der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Dossier 4),
Dispositiv-Ziff. 2 (Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung gemäss Dossier 3),
Dispositiv-Ziff. 3 (soweit die Busse betreffend),
Dispositiv-Ziff. 5 (Vollzug der Busse und Ersatzfreiheitsstrafe),
Dispositiv-Ziff. 7 (Beschlagnahme zur Deckung der Verfahrenskosten),
Dispositiv-Ziff. 8 (Herausgabe an A. ),
Dispositiv-Ziff. 9 (Einziehungen),
Dispositiv-Ziff. 10 (Herausgabe an die Familie von †G. ),
Dispositiv-Ziff. 11 (Herausgabe an die Eltern von A. ),
Dispositiv-Ziffer 12 (Herausgabe an die Privatklägerin F. ),
Dispositiv-Ziff. 13 (Schadenersatz an die Privatklägerin 2),
Dispositiv-Ziff. 14 (Schadenersatz an die Privatklägerin 3),
Dispositiv-Ziff. 15 (Genugtuung an den Privatkläger 1),
Dispositiv-Ziff. 16 (Genugtuung an die Privatklägerin 2),
Dispositiv-Ziff. 17 (Genugtuung an den Privatkläger 3),
Dispositiv-Ziff. 18 (Genugtuung an die Privatklägerin 4),
Dispositiv-Ziff. 20 (Gerichtsgebühr),
Dispositiv-Ziff. 21 (Kosten amtliche Verteidigung),
Dispositiv-Ziff. 22 (Kostenverteilung),
Dispositiv-Ziff. 23 (Prozessentschädigung an die Privatkläger 1, 2 und 4),
Dispositiv-Ziff. 24 (Prozessentschädigung an den Privatkläger 3),
A. sei
der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB (Dossier 1),
der qualifizierten Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3) sowie
der mehrfachen, teilweise qualifizierten sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3)
für nicht schuldig zu befinden und von diesen Vorwürfen freizusprechen.
A. sei mit einer bedingten Geldstrafe zu bestrafen, dies unter Anrechnung der bis heute erstandenen Haft sowie unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.
A. sei für die von ihm bis heute zu Unrecht ersessene Haft eine angemessene Ge- nugtuung zuzusprechen.
A. ist damit einverstanden, dass die Genugtuung zur Begleichung der Verfahrenskosten und der Prozessentschädigungen der Privatkläger 1 - 4 sowie im allenfalls verbleiben- den Betrag als Spende an eine gemeinnützige Organisation verwendet werden soll.
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 489 S. 1):
Der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren zu bestrafen, unter Anrechnung der bisher erstandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie des bisher verbüssten vorzeitigen Strafvollzuges.
Im Übrigen sei das vorinstanzliche Urteil zu bestätigen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. November 2019:
(Urk. 510 S. 144 ff.)
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Juni 2017 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
- (…)
- (…)
- (…)
des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 SVG und Art. 2 Abs. 1 und 2 VRV (Dossier 4);
der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfä- higkeit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 4); und
der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 33 Abs. 2 SVG sowie Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 27 Abs. 1 SSV (Dossier 4).
Der Beschuldigte ist nicht schuldig und wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 3);
Der Beschuldigte wird bestraft mit (…) einer Busse von CHF 2'000.–. 4. (…)
5. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen.
6. (…)
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. August 2015 beschlagnahmten CHF 14'964.35 werden zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.1; Dossier 1, act. 14/1) beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschul- digten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.2; Dossier 1, act. 14/4) beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Kantonspolizei Zürich zur Vernichtung überlassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 2; Dossier 1, act. 14/10) beschlagnahmten Gegenstände 1.a) bis und mit 1.f) sowie 1.h) werden der Familie des Opfers †G. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Im Übrigen werden die beschlagnahmten Gegenstände bei den Akten belassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 3; Dossier 1, act. 14/12) beschlagnahmten Gegenstände werden H. und I. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 15. April 2016 beschlagnahmten Mobiltelefone iPhone 5 schwarz und iPhone 5s weiss werden der Privatklägerin F. (F. ) nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Mobiltelefone vernichtet.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 28'239.40 zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 27'532.– zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 1 (B. ) CHF 5'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 20'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 25'000.– zuzüglich 5% Zins seit dem 27. März 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrumfang wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 4 (E. ) CHF 7'500.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
(…)
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf
CHF 40'000.– ; die weiteren Kosten betragen: CHF 20'000.– Gebühr für das Vorverfahren CHF 165'716.10 Gutachten / Expertisen
CHF 23'086.– Kosten Kantonspolizei Zürich CHF 938.10 Zeugenentschädigungen CHF 10'304.20 Auslagen Untersuchung CHF 12'500.– Übersetzungskosten
CHF 156'000.– Entschädigung amtliche Verteidigung CHF 234.– Getränkekosten
CHF 1'000.– Kosten für das Beschwerdeverfahren
Rechtsanwalt lic. iur. X3. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten mit CHF 156'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) entschädigt. Die Kasse des Bezirksgerichts Meilen wird angewiesen, den Betrag von CHF 122'000.– (CHF 156'000.– abzüglich Akontozahlung von CHF 34'000.–) an Rechtsanwalt lic. iur. X3. auszubezahlen.
Die Kosten und Auslagen der Untersuchung, des Beschwerdeverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung und der Getränkekosten, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Die Getränkekosten von CHF 234.– werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, den Privatklägern 1 (B. ), 2 (C. ) und 4 (E. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von insgesamt CHF 131'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von CHF 64'000.– zu bezahlen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
[Mitteilung]
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
ist ferner schuldig der Verübung einer Tat in selbstverschuldeter
Unzurechnungsfähigkeit im Sinne von Art. 263 Abs. 1 und 2 StGB in Verbindung mit Art. 111 StGB.
Der Beschuldigte wird ausserdem freigesprochen von den Vorwürfen
der qualifizierten Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3) und
der mehrfachen, teilweise qualifizierten sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1, teilweise in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3).
Der Beschuldigte wird zudem bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, welche durch die insgesamt 1794 Tage Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigen Strafvollzug vollständig erstanden ist.
Es wird eine stationäre Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB (Suchtbehandlung) angeordnet. An die stationäre Massnahme angerechnet werden die nicht bereits an die Freiheitsstrafe angerechnete Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. der vorzeitige Strafvollzug des Beschuldigten von insgesamt 699 Tagen.
Der Antrag der Privatklägerin F. wiesen.
um Zusprechung einer Genugtuung wird abge-
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 15'000.–. Die Kosten der zeit-
weisen amtlichen Verteidigung des Beschuldigten durch RA lic. iur. X3. Fr. 7'812.90 (bereits entschädigt).
betragen
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten zu zwei Fünfteln auferlegt und zu drei Fünfteln auf die Gerichtskasse genommen.
Vom Verzicht des Beschuldigten auf eine Prozessentschädigung für das Berufungsverfahren wird Vormerk genommen.
[Mitteilung]
[Rechtsmittel]
Urteil des schweizerischen Bundesgerichts, Strafrechtliche Abteilung, vom 24. Juni 2021:
(Urk. 569 S. 37)
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verfahren 6B_257/2020 und 6B_298/220 werden vereinigt.
Die Beschwerden werden gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. November 2019 wird aufgehoben und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen
Dem Beschwerdegegner werden Gerichtskosten von Fr. 1'500.-auferlegt.
Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin 2 für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-zu bezahlen.
Der Beschwerdegegner hat der Beschwerdeführerin 2 für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-zu bezahlen.
[Mitteilung]
Berufungsanträge im zweiten Berufungsverfahren (Prozess Nr. SB210368):
Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 683 S. 2 ff.; Urk. 680/1 S. 2):
1. Es sei festzustellen, dass das Urteil der Abteilung des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Juni 2017 in den folgenden Punkten nicht angefochten wurde und deshalb in Rechtskraft erwachsen ist:
Dispositiv-Ziff. 1, 4.–6. Lemma (Verurteilungen wegen des Fahrens in fahrunfähigem Zustand, der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahr- unfähigkeit und der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Dossier 4),
Dispositiv-Ziff. 2 (Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung gemäss Dossier 3),
Dispositiv-Ziff. 7 (Beschlagnahme zur Deckung der Verfahrenskosten),
Dispositiv-Ziff. 8 (Herausgabe an A. ),
Dispositiv-Ziff. 9 (Einziehungen),
Dispositiv-Ziff. 10 (Herausgabe an die Familie von G. ),
Dispositiv-Ziff. 11 (Herausgabe an die Eltern von A. ),
Dispositiv-Ziffer 12 (Herausgabe an die Privatklägerin F. ),
Dispositiv-Ziff. 13 (Schadenersatz an die Privatklägerin 2),
Dispositiv-Ziff. 14 (Schadenersatz an die Privatklägerin 3),
Dispositiv-Ziff. 15 (Genugtuung an den Privatkläger 1),
Dispositiv-Ziff. 16 (Genugtuung an die Privatklägerin 2),
Dispositiv-Ziff. 17 (Genugtuung an den Privatkläger 3),
Dispositiv-Ziff. 18 (Genugtuung an die Privatklägerin 4),
Dispositiv-Ziff. 20 (Gerichtsgebühr),
Dispositiv-Ziff. 21 (Kosten amtliche Verteidigung),
Dispositiv-Ziff. 22 (Kostenverteilung),
Dispositiv-Ziff. 23 (Prozessentschädigung an die Privatkläger 1, 2 und 4),
Dispositiv-Ziff. 24 (Prozessentschädigung an den Privatkläger 3),
A. sei
der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB (Dossier 1),
der qualifizierten Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3) sowie
der mehrfachen, teilweise qualifizierten sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Abs. 3 StGB (Dossier 3)
für nicht schuldig zu befinden und von diesen Vorwürfen freizusprechen.
A. sei für die nicht angefochtenen erstinstanzlichen Verurteilungen angemessen zu bestrafen.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.
A. sei für den von ihm bis heute zu Unrecht erstandenen Freiheitsentzug eine angemessene Genugtuung zuzusprechen.
Es sei festzuhalten, dass A.
auf eine Entschädigung für seine Anwaltskosten
verzichtet und damit einverstanden ist, dass die Genugtuung zur Begleichung der Verfahrenskosten und der Prozessentschädigungen der Privatkläger 1 - 4 sowie im allenfalls verbleibenden Betrag als Spende an eine gemeinnützige Organisation verwendet werden soll.
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 679 S. 1; Urk. 682/1 -2 jeweils S. 1):
Die Berufung des Beschuldigten mit Bezug auf den Schuldspruch der Vorinstanz wegen vorsätzlicher Tötung (Dossier 1), qualifizierter Vergewaltigung und mehrfacher, teilweise qualifizierter sexueller Nötigung (Dossier 3) sei abzuweisen und es sei das vorinstanzliche Urteil diesbezüglich zu bestätigen.
Der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren zu bestrafen, unter Anrechnung der bisher erstandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie des bisher verbüssten vorzeitigen Strafvollzuges.
Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Erwägungen:
Verfahrensgang
Der Verfahrensgang bis zum Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. November 2019 bzw. hernach bis zum Entscheid des Bundesgerichts vom 24. Juni 2021 ergibt sich aus den entsprechenden Entschei- den (Urk. 510 S. 9-13 E. I.2. und Urk. 569 S. 3-6 E. A.-E.).
Im Zuge des ergangenen Bundesgerichtsentscheids beantragte die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich mit Eingabe vom 19. Juli 2021, es sei für den Beschuldigten Sicherheitshaft anzuordnen (Urk. 570). Nachdem dieser am
23. Juli 2021 angehört worden war (Urk. 590), wurde gleichentags die Abweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft verfügt und der Beschuldigte in die Justizvollzugsanstalt St. Johannsen im Kanton Bern in den vorzeitigen Massnahmevollzug zurückgeführt (Urk. 593).
Mit Eingabe vom 10. August 2021 forderte das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung (JUWE), Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD) Vollzug 3, die Verfahrensleitung dazu auf, allfällige Einwendungen gegen Vollzugslockerungen in Form von Progressionsstufe B mitzuteilen (Urk. 595 f.). Nachdem den Parteien hierzu das rechtliche Gehör gewährt worden war (Urk. 597 f., 599, 601, 608, 610, 612 f. und 615 f.), hielt die Verfahrensleitung mit Verfügung vom
21. September 2021 fest, dass keine Einwände gegen die Bewilligung der vorgeschlagenen Vollzugslockerungen bestünden. Gleichzeitig wurde auf die Anträge der Privatklägervertreter auf Erteilung von Weisungen an die Vollzugsbehörden nicht eingetreten (Urk. 618). Mit Verfügung vom 29. Oktober 2021 gewährte das JUWE dem Beschuldigten die entsprechenden Vollzugslockerungen (Urk. 626). Am 8. März 2022 forderte das JUWE die Verfahrensleitung erneut dazu auf, gegen allfällige Einwendungen gegen weitere Vollzugslockerungen, in Form von Progressionsstufe C, mitzuteilen (Urk. 629 f.). Auch hierzu wurde den Parteien das rechtliche Gehör gewährt (Urk. 633 f., 635, 637, 639) und anschliessend dem JUWE mit Verfügung vom 6. April 2022 mitgeteilt, das keine Einwendungen gegen die entsprechenden Vollzugslockerungen bestünden (Urk. 645). Mit Verfügung vom 22. April 2022 gewährte das JUWE dem Beschuldigten die Vollzugslockerungen (Urk. 648).
Am 10. März 2022 wurde auf den 30. und 31. Mai 2022 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 627).
Mit Präsidialverfügung vom 14. März 2022 wurde die Publikumsöffentlichkeit von den Befragungen des Beschuldigten, von Dr. K.
und von L.
sowie den Parteivorträgen zu den Tatvorwürfen gemäss
Anklageziffer 1.2 (Dossier 3) an der Berufungsverhandlung ausgeschlossen. Die akkreditierten Gerichtsberichterstatter/-innen wurden dagegen unter Vorbehalt von Auflagen zugelassen (Urk. 631). Mit Verfügung vom 27. April 2022 wurde auf Antrag der Privatklägerschaft den akkreditierten Gerichtsberichterstattern/-innen jegliche Form von Live-Berichterstattung aus dem Verhandlungssaal über den von der Publikumsöffentlichkeit ausgeschlossenen Teil der Berufungsverhandlung untersagt (Urk. 649 f.).
Mit Eingabe vom 4. Mai 2022 stellte der Beschuldigte mehrere Beweisanträge (Urk. 655 und 657/1-2). Ebenfalls mit Eingabe vom 4. Mai 2022 ersuchte der Beschuldigte darum, dass ihm für die An- und Rückreise zur zweiten Berufungsverhandlung Urlaub gewährt werde (Urk. 653). Nachdem den weiteren Parteien und dem JUWE das rechtliche Gehör zum Urlaubsgesuch gewährt worden war (Urk. 658, 660 und 662), wurde es mit Verfügung vom 23. Mai 2022 abgewiesen (Urk. 668). Ebenfalls unterm 23. Mai 2022 teilte die Verfahrensleitung mit entsprechendem Schreiben dem Beschuldigten mit, dass die Kammer über die Beweisanträge anlässlich der Berufungsverhandlung befinden werde (Urk. 664).
Sodann liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 20. Mai 2022 mitteilen, er habe im Vorfeld der ersten Berufungsverhandlung festgehalten, dass er keine Aussagen zur Sache machen werde, da er sich nicht mehr verlässlich an das Geschehene erinnern könne. An dieser Situation habe sich nichts geändert. Nachdem seit der ersten Berufungsverhandlung erneut rund zweieinhalb Jahre vergangen seien, werde er sich auch im Rahmen der zweiten Berufungsverhandlung nicht zur Sache äussern können. Dies gelte auch für
Fragen zu seinen früheren Aussagen gegenüber Prof. Dr. M. Prof. Dr. N. (Urk. 665).
und
Die Berufungsverhandlung fand am 30. Mai 2022 statt. Der Beschuldigte erschien in Begleitung seiner zwei Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. X2. und Rechtsanwalt Dr. iur. X1. . Als Vertreter der Anklagebehörde nahm Staatsanwalt lic. iur. A. Knauss an der Verhandlung teil. Weiter erschienen Rechtsanwalt lic. iur. Z. für die Privatklägerin F. und Rechtsanwältin
Dr. iur. Y.
für die Privatkläger bzw. -innen F. , B. , C. ,
D. und E. . Im Rahmen des Beweisverfahrens wurden in Nachachtung des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheids (Urk. 569 S. 32 E. 5.4.1.)
Rechtsanwalt Dr. iur. K.
und Rechtsanwältin MLaw L.
als Zeugen
einvernommen (Urk. 671 und 675). Zudem wurde der Beschuldigte befragt
(Urk. 678 und 681). Schliesslich wurden die vom Zeugen Dr. iur. K.
und
vom Beschuldigten eingereichten Unterlagen als Beweismittel zu den Akten genommen (Urk. 673/1-2, Urk. 677/1-7). Auf die weiteren vom Beschuldigten gestellten Beweisanträge wird nachfolgend eingegangen. Die Parteiverhandlungen wur- den gleichentags geschlossen. Nach erfolgter Beratung wurde das Urteil am
31. Mai 2022 mündlich eröffnet und den anwesenden Parteien im Dispositiv übergeben (Prot. III S. 46 ff.).
Umfang der Neubeurteilung
Bei einem bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid hat die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet wird, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Diese Beurteilung bindet auch das Bundesgericht, falls ihm die Sache erneut unterbreitet wird. Aufgrund dieser Bindungswirkung ist es den nochmals mit der Sache befassten Gerichten wie den Parteien verwehrt, der Überprüfung einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind (vgl. Entscheide des Bundesgerichtes 6B_1213/2014 vom 7. April 2015, E. 1.1; 6B_116/2013 vom 14. April 2014 E. 1.2; 6B_35/2012 vom 30. März 2012, E. 2.2;
je mit Hinweisen). Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist somit auf diejenige Thematik beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt. Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichtes Rechnung zu tragen (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes 6B_1213/2014 vom 7. April 2015 E. 1.1. mit Hinweisen). Für die Frage, was im neuen kantonalen Entscheid zum Prozessgegenstand gehört, ist nicht das Dispositiv des Bundesgerichtsentscheids massgebend, sondern die materielle Tragweite des entsprechenden Urteils. Es ist danach zu fragen, ob das ursprüngliche kantonale Urteil insgesamt nur teilweise aufgehoben werden soll (Entscheid des Bundesgerichts 6B_372/2011 vom 12. Juli 2011 E. 1.3.2).
Das Bundesgericht hat die Sache zur Neubeurteilung des Vorwurfs der vorsätzlichen Tötung sowie der Vorwürfe der qualifizierten Vergewaltigung und der mehrfachen, teilweise qualifizierten sexuellen Nötigung an die Kammer zurück-
gewiesen (Urk. 569 S. 36 E. 7.). Hinsichtlich des Vorwurfs der vorsätzlichen Tötung wurde das Urteil der Kammer lediglich in Bezug auf die Frage der Schuldfähigkeit aufgehoben (a.a.O., S. 23 E. 4.10). Auch wenn das Bundesgericht das Urteil der Kammer vom 27. November 2019 vollständig aufgehoben hat, geht aus den bundesgerichtlichen Erwägungen klar hervor, dass sich die Aufhebung auf die genannten Teilaspekte beschränkt. Damit stehen allerdings auch die von der Kammer verhängte Sanktion sowie die weiteren materiell beurteilten Nebenfolgen wieder zur Diskussion, wobei in diesem Zusammenhang erwähnt sei, dass der neue kantonale Entscheid für den Beschuldigten auch zu einem Nachteil führen darf, zumal das Bundesgericht die Beschwerden der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und der Privatklägerin F. gutgeheissen hat und somit das Verbot der reformatio in peius gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO nicht greift. Nicht mehr zur Diskussion stehen indes sämtliche Punkte, bezüglich welcher die Kammer mit Beschluss vom
27. November 2019 die Rechtskraft festgestellt hat (Urk. 510 S. 13 E. II.1.2.). Ebenfalls nicht mehr zur Diskussion stehen schliesslich die von der Kammer behandelten und vor Bundesgericht nicht mehr strittigen Vorfragen (a.a.O., S. 14- 20 E. II.2.).
Formelles
Soweit für die tatsächliche und rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwäh- nung findet. Gleichermassen wird in sinngemässer Anwendung dieser Bestimmung hinsichtlich der Erwägungen im aufgehobenen Entscheid der Kammer verfahren. Weiter ist an dieser Stelle festzuhalten, dass aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör die Pflicht des Gerichts folgt, seinen Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt. Es darf sich aber auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken und muss sich nicht aus- drücklich mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen und diese widerlegen. Es kann sich mithin auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Ein unverhältnismässiger Motivationsaufwand kann nicht eingefordert werden. Ebenso wenig lässt sich Art. 6 Ziff. 1 EMRK in der Weise auslegen, dass eine detaillierte Antwort auf jedes Argument gefordert würde (vgl. dazu statt Weiterer BGer 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.5.2., mit Hinweisen).
Beweisanträge des Beschuldigten
Der Beschuldigte liess zunächst eine erneute Befragung des Gutachters
Prof. Dr. M.
als sachverständiger Zeuge beantragen. Zur Begründung
wurde zusammengefasst vorgebracht, aufgrund des bundesgerichtlichen Entscheids erscheine es sachgerecht, dem Gutachter Gelegenheit einzuräumen, seine Alternativbegründung zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten betreffend das Tötungsdelikt, wonach der Beschuldigte nach seiner Auffassung in jeder möglichen Tatversion um sein Leben gekämpft habe und sehr wahrscheinlich in allen Varianten schuldunfähig gewesen sei, nochmals zu bestätigen und sämtliche allenfalls noch bestehenden Unklarheiten auszuräumen (Urk. 676 S. 3; Urk. 655 S. 2 ff.). Darauf wird beim Schuldpunkt einzugehen sein.
Weiter liess der Beschuldigte beantragen, Prof. Dr. O.
in Ergänzung
zu seinem Privatgutachten vom 6. März 2017 als sachverständigen Zeugen einzuvernehmen. Der Beschuldigte liess vorbringen, damit könnten allfällige Lücken geschlossen, Ungereimtheiten aufgelöst und allfällige Zweifel an der Kompetenz und Objektivität des Gutachters ausgeräumt werden (Urk. 676 S. 3; Urk. 655 S. 4 ff.). Mit diesem Beweisantrag hat sich die Kammer im Entscheid vom 27. November 2019 unter Hinweis auf die verfahrensleitende Verfügung vom
November 2019 zutreffend auseinandergesetzt (Urk. 510 S. 21 E. II.3.2.; Urk. 476). Auf diese Erwägungen kann zunächst uneingeschränkt verwiesen werden. Teilweise ergänzend und rekapitulierend ist festzuhalten, dass zu entscheiden sein wird, ob das Privatgutachten schlüssig ist und überzeugt (vgl. nachfolgend unter E. III.3.13.). Das ist eine Frage der Beweiswürdigung. Zweifel an der Kompetenz des Gutachters auf seinem Fachgebiet bestehen indes keine. Ebenso wenig erweist sich das Gutachten als unvollständig unklar. Von einer
ergänzenden Befragung von Prof. Dr. O. Dieser Beweisantrag ist folglich abzuweisen.
kann daher abgesehen werden.
4.3. Schliesslich liess der Beschuldigte eine erneute Einvernahme von P. als Zeugin beantragen. Zur Begründung wurde zusammengefasst vorgebracht, aktenkundig sei, dass die Privatklägerin F. in regelmässiger psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Die Akten enthielten zudem Hinweise, die einen hohen und regelmässigen Medikamentenkonsum vermuten liessen. Dass die Einnahme grosser psychoaktiver Substanzen Wahrnehmung und Verhalten eines Menschen verändern würden, liege auf der Hand. Eine geeignete und einfache Möglichkeit, mehr über den psychischen Zustand und den Medikamentenkonsum der
Privatklägerin F.
zu erfahren, sei eine Einvernahme von P. , die im
relevanten Zeitraum zu den engsten Freundinnen der Privatklägerin F. gehört habe. (Urk. 676 S. 3; Urk. 655 S. 6 ff.). Mit diesem Beweisantrag hat sich die Kammer im Entscheid vom 27. November 2019 unter Hinweis auf die verfahrensleitende Verfügung vom 5. November 2019 ebenfalls zutreffend auseinandergesetzt (Urk. 510 S. 21 E. II.3.2.; Urk. 476). Auf diese Erwägungen kann zunächst uneingeschränkt verwiesen werden und die nachfolgenden sind als teilweise ergänzende und rekapitulierende zu verstehen. P. wurde am
20. Januar 2016 als Zeugin zu den Sexualdelikten einvernommen (Urk. 4/2). Seit den vorgeblichen Sexualdelikten sind mittlerweile rund acht Jahre vergangen.
Nach so langer Zeit ist nicht zu erwarten, dass P.
noch eigene
Wahrnehmungen zum Medikamentenkonsum der Privatklägerin F. im
relevanten Zeitraum wiedergeben kann. Was die Verteidigung für den
Beschuldigten in Anspruch nimmt, muss auch für P.
gelten. Die
Verteidigung bzw. der Beschuldigte beruft sich darauf, dass er keine verlässlichen Erinnerungen mehr habe und entsprechend keine Aussagen mehr machen könne (vgl. E. I.1.7.). Zu beachten ist dabei auch, dass der Beschuldigte anders als
P.
aufgrund seiner Parteistellung ein naturgemässes (jedenfalls viel
grösseres) Interesse am Verfahrensausgang und damit auch an der Frage hat, ob
auf die Darstellung der Privatklägerin F.
abzustellen ist bzw. ob ihre
Wahrnehmung beeinträchtigt war. Jedenfalls sind keine Gründe ersichtlich, weshalb sie allfällige Wahrnehmungen während rund acht Jahren memoriert haben
sollte. Und selbst wenn sie Angaben zum behaupteten Medikamentenkonsum machen könnte, wäre kein Aufschluss darüber zu erwarten, inwiefern die behauptete psychische Verfassung der behauptete Medikamentenkonsum der
Privatklägerin F.
ihre Wahrnehmung bzw. ihre Aussagen tatsächlich
beeinflusst hat. Der Beschuldigte, der sich zur Tatzeit mit der Privatklägerin
F.
allein im Hotelzimmer aufhielt, berichtete überdies nie von einer beeinträchtigten verzerrten Wahrnehmung der Privatklägerin F. . Die inkriminierten Sexualdelikte (anale Vergewaltigung etc.) erfordern auch keine besondere Leistung des Denkvermögens, um deren Bedeutung zu verstehen. Es sind vergleichsweise einfach zu verstehende tatsächliche Vorgänge. Insgesamt ist deshalb nicht zu erwarten, dass aus einer erneuten Befragung von P. Relevantes erhellen würde. Dieser Beweisantrag ist daher abzuweisen.
Anklagevorwurf und äusserer Ablauf der Tötung
Was den Anklagevorwurf und den äusseren Ablauf der Tötung anbelangt, so kann diesbezüglich auf die Ausführungen im Entscheid der Kammer vom 27. November 2019 (Urk. 510 S. 21 f. E. III.1. und S. 28-30 E. III.2.) verwiesen werden und ist dazu mit dem Bundesgericht (Urk. 569 S. 3 f. E. B.a) rekapitulierend festzuhalten, dass der Beschuldigte den Abend vom 29. auf den 30. Dezember 2014 zusammen mit verschiedenen Freunden in der Wohnung eines Bekannten in Zürich verbrachte. Darunter befand sich auch sein langjähriger Freund †G. . Die beiden konsumierten im Verlauf des Abends gemeinsam Kokain und Ketamin.
†G. wollte beim Beschuldigten übernachten, weshalb die beiden am frühen
Morgen des 30. Dezember 2014 mit einem Taxi vom Q.
in Zürich (nach
einem Zwischenstopp bei einem Bancomaten) nach R. zur Liegenschaft der Eltern des Beschuldigten fuhren. Dort konsumierten sie weiteres Ketamin. Zwischen 05.00 und 07.00 Uhr kam es wegen des Herumtanzens zu lauter Musik
bzw. wegen einer Anwandlung des Beschuldigten er und †G.
sollten mit
dem Drogenkonsum aufhören, zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Beschuldigte seinen Freund tötete. Zuerst hatte †G. den Beschuldigten in den Glastisch im Wohnzimmer gestossen, ehe der Beschuldigte mit massiver
Gewalt auf seinen Freund einwirkte. Konkret schlug er ihm mehrmals mit der Faust gegen den Kopf und versetzte ihm mit einem 1.2 m hohen und 6 kg schweren Kerzenständer mehrere wuchtige Schläge gegen Oberkörper und Kopf, sodass der Schädel brach. Zudem schlug er mit einer ca. 1.88 kg schweren unförmigen Skulptur sowie einer ca. 0.54 kg schweren, antiken Dekorationsfigur mehrfach gegen den Oberkörper und den Kopf des Opfers. Schliesslich führte er eine 30 cm lange und 2 cm breite Kerze auf der Länge von ca. 10 cm in dessen Rachen ein und würgte das Opfer massiv. †G. erlitt unter anderem zum Teil grossflächige Schlagverletzungen, insbesondere Quetsch-Riss-Wunden mit darunter liegenden Frakturen. Er erstickte infolge des Würgens und der Verletzungen der Atemwege mit der Kerze. Dabei könnten der Blutverlust durch die offenen Wunden sowie das Schädel-Hirn-Trauma, aber auch das Einatmen von hoch gekommenem Mageninhalt in die Lunge den Todeseintritt begünstigt haben. Der Beschuldigte trug von der Auseinandersetzung kaum Verletzungen davon. Er bestreitet nicht, †G. getötet zu haben.
Zustand des Beschuldigten im Tatzeitraum
Nach entsprechenden rechtlichen Ausführungen (Urk. 569 S. 9-11 E. 4.2) erwog das Bundesgericht zum Zustand des Beschuldigten im Tatzeitraum für die Kammer verbindlich, was folgt (a.a.O., S. 11-14 E. 4.3): Die Vorinstanz verletzt das Willkürverbot nicht, indem sie davon ausgeht, der Beschwerdegegner [Beschuldigter] sei bei der Tötung von †G. unter dem Einfluss von Kokain und auch von Ketamin gestanden. Sie berücksichtigt, wie auch der Beschwerdegegner zutreffend argumentiert (Beschwerdeantwort S. 16 ff.), mehrere Beweismittel, die diesen Schluss erlauben. Zunächst bestätigen drei Zeugen, die den Tatabend mit dem Beschwerdegegner und †G. verbracht haben, dass beide nebst Kokain auch in erheblichen Mengen Ketamin eingenommen hätten. S. sagte aus, die beiden Protagonisten hätten massenweise Ketamin zu sich genommen, und T. sprach davon, dass der Beschwerdegegner etwa fünf bis zehn Linien Ketamin innerhalb von sechs Stunden konsumiert habe bzw. dass sowohl er als auch †G. unter dem Einfluss von Kokain und Ketamin gestanden seien. Zusätzlich schilderten die Zeugen die äusserlich
wahrnehmbaren Wirkungen dieser Drogen. Gemäss T.
sei die Stimmung
euphorisch gewesen bzw. beide, der Beschwerdegegner und †G. , hätten
beim Verlassen der Wohnung getorkelt. U.
bemerkte beim
Beschwerdegegner Symptome des Drogen- und Alkoholkonsums – er sei entspannter, aber geistig weniger klar gewesen (vgl. angefochtenes Urteil
S. 50 f.). Auch der Beschwerdegegner bestätigte, am Tatabend Ketamin konsumiert zu haben, sowohl bei den Freunden als auch am späteren Tatort in
. Er habe gemeinsam mit †G.
Ketamin und Kokain zu sich
genommen, wobei er davon ausging, zusammen mit diesem maximal zwei Gramm und selber sicher ein Gramm Ketamin verbraucht zu haben (angefochtenes Urteil S. 51). Die Vorinstanz schliesst in vertretbarer Weise aus den Angaben zum Drogenkonsum in der Tatnacht und aus dem Umstand, dass
der Beschwerdegegner und †G.
den Tag vor der Tat und die Tatnacht
gemeinsam verbrachten, beide hätten ein ähnliches Konsumverhalten an den Tag gelegt und sie seien im Tatzeitpunkt in vergleichbarem Ausmass unter Kokain- und Ketamineinfluss gestanden. Der vorinstanzliche Schluss betreffend den Ketamineinfluss stützt sich ausserdem auf einen Vergleich der Blut- und
Urinwerte von †G.
und des Beschwerdegegners gemäss den
pharmakologisch-toxikologischen Gutachten. Gemäss diesen stand †G. im Zeitpunkt des Todes unter der kombinierten Wirkung von Kokain, Ketamin und THC, wobei insbesondere das Ketamin als wirksam beurteilt wurde (angefochtenes Urteil S. 51 f.), während der Beschwerdegegner im Tatzeitpunkt unter Kokain- und Alkoholeinfluss stand. Auch die Einnahme von Ketamin liess sich bestätigen. Hingegen konnte das Gutachten beim Beschwerdegegner eine Wirkung dieser Droge während der Tat weder sicher nachweisen noch ausschliessen. Mit Verweis auf das Gutachten folgert die Vorinstanz aus der kurzen Plasmahalbwertszeit von Ketamin und der Zeitspanne von über vier Stunden zwischen der Tat und der Blutentnahme dennoch nachvollziehbar, dass der Beschwerdegegner im Tatzeitpunkt eine wirksame Menge an Ketamin im Blut hatte, welche mit derjenigen von †G. vergleichbar ist (angefochtenes Urteil
52 f.). Weiter geht die Vorinstanz davon aus, die drei Gutachten zu den Haaranalysen des Beschwerdegegners seien in zeitlicher Hinsicht viel unschärfer
als die Blutanalyse. Aber auch die Haaranalysen liefern nach ihrer willkürfreien Würdigung Hinweise auf einen mittelstarken bis starken Kokain- und Ketaminkonsum des Beschwerdegegners im Ereigniszeitraum (angefochtenes Urteil S. 52 f.). Dieser Schluss lässt sich namentlich auf die Angaben des zweiten, korrigierten Gutachtens vom 31. Juli 2015 stützen. Dieses weist – wie auch von der Beschwerdeführerin 1 [Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich] vorgebracht – einen mittelstarken bis starken Kokain- und Ketaminkonsum von Ende Dezember 2014 (Tatzeitpunkt der Tötung am 30. Dezember 2014) bis Mitte Januar 2015 aus, während die aufgrund externer Kontamination entstandenen positiven Kokain- und Ketaminbefunde laut Gutachten mehrheitlich in die Zeit vor der Tat einzuordnen sind (act. D1/6/12 S. 5 f. Ziff. 2.3.2 f., 2.4.2 f.). Schliesslich werden die Ausführungen der Vorinstanz zum Konsum und zur Wirksamkeit des Ketamins indirekt auch durch die Gutachten von Prof. Dr. N. und Prof. Dr.
bekräftigt, wonach der Beschwerdegegner im Tatzeitpunkt unter einer
Ketaminbzw. Kokain- und Ketaminabhängigkeit litt, die bereits seit 2011 bestand
(das Gutachten von Prof. Dr. M.
vom 11. April 2016 S. 184 ff. geht
ausschliesslich von einer Ketaminabhängigkeit aus, während Prof. Dr. N. im Gutachten vom 29. Februar 2016 S. 7 von einer kombinierten Kokain- und Ketaminabhängigkeit spricht). Die Vorinstanz hat beide Gutachter befragt und entsprechende Zweifel ausgeräumt. Selbst wenn die dritte Haaranalyse, wie von der Beschwerdeführerin 1 vorgetragen, einen nennenswerten Konsum von Kokain und Ketamin im Zeitraum von Ende November 2013 bis Ende April 2014 – und damit weit vor dem Tatzeitpunkt – ausschliesst, ändert dies nichts an der Überzeugungskraft der beiden Gutachten. Eine temporäre Abstinenz bedeutet nicht zwingend, dass eine Person ihre Drogenabhängigkeit überwunden hat. Die dokumentierte, langjährige Drogenvergangenheit des Beschwerdegegners, die zahlreichen gescheiterten Entzugskuren sowie die Aussagen aus dem Bekanntenkreis zu seinem Drogenkonsum (vgl. angefochtenes Urteil S. 32 ff.) bekräftigen die Schlussfolgerungen der Gutachter zur Drogenabhängigkeit.
Ebenfalls haltbar ist, dass der Gutachter Prof. Dr. N.
von einem
gesteigerten Kokain- und Ketaminkonsum in den letzten zwei Wochen vor der Tat ausgeht und die Vorinstanz auf diese Angaben abstellt. Die betreffende Aussage
des Gutachters lässt sich zum einen mit Zeugenaussagen aus dem Umfeld des Beschwerdegegners vereinbaren (vgl. angefochtenes Urteil S. 39 f.). Zum anderen lässt sie sich auf die Haaranalysen stützen, die eine gewisse zeitliche Unschärfe aufweisen, zumal sie vom durchschnittlichen und nicht vom effektiven Haarwachstum ausgehen (vgl. act. D1/6/12 S. 3 Ziff. 2.2). Hierbei attestiert die zweite Haaranalyse vom 31. Juli 2015 dem Beschwerdegegner für die Zeit von Ende Dezember 2014 bis Mitte Januar 2015 einen mittelstarken bis starken Kokain- und Ketaminkonsum (act. D1/6/12 S. 5 Ziff. 2.3.3, S. 6 Ziff. 2.4.3), obwohl aufgrund des Haftregimes, d.h. ab dem 30. Dezember 2014, ein derartiger Substanzgebrauch ausgeschlossen scheint. Unter diesen Umständen lässt sich die zeitliche Interpretation des Konsums (Vorverschiebung des durch das Haargutachten belegten Konsums um 14 Tage) gemäss Gutachten von Prof. Dr. N. auf die Zeit vor der Verhaftung willkürfrei halten. Die Vorinstanz durfte zur Frage der (Kokain- und) Ketaminabhängigkeit auf die Gutachten von Prof. Dr.
und Prof. Dr. M.
abstellen. Insgesamt geht die Vorinstanz ohne
Willkür davon aus, dass der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Tat durch die Wirkung des Ketamins beeinträchtigt war. Dieses aus den vorhandenen Beweisen durch die Vorinstanz erstellte Sachverhaltselement, welches letztlich einen Einfluss auf die Frage der Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners im Tatzeitpunkt hat, ist gut begründet. Dabei zieht die Vorinstanz aus den vorstehend gewürdigten Elementen weder einen Schluss auf den Grad der Beeinträchtigung noch auf das Vorhandensein einer Psychose (angefochtenes Urteil S. 53). Somit stellt sich nachfolgend die Frage zum Grad der Beeinträchtigung durch die Einnahme von Kokain und Ketamin. Davon ist entgegen der Staatsanwaltschaft, die eine relevante Ketamin-Wirkung beim Beschuldigten im Tatzeitpunkt als nicht erstellt erachtet (Urk. 682/2 S. 7 ff.), auszugehen.
Grad der Schuld(un)fähigkeit des Beschuldigten
Erwägungen des Bundesgerichts
Im Entscheid der Kammer vom 27. November 2019 beruhte die Beweiswürdigung zur angenommenen aufgehobenen Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu einem wesentlichen Teil auf der Frage, ob seine Angaben gegenüber den
Gutachtern Prof. Dr. M. und Prof. Dr. N. zu seinen Wahrnehmungen
im Tatzeitpunkt, wonach er †G.
als Alien gesehen haben will, zutreffen.
Gemäss den für die Kammer verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts entscheidet die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen darüber, ob der Beschwerdegegner an einer die Schuldfähigkeit ausschliessenden drogeninduzierten Psychose gelitten hat (Urk. 569 S. 20 E. 4.9). Der Frage der Glaubhaftigkeit gehe jedoch diejenige der Verwertbarkeit voraus (a.a.O.). Im Einzelnen erwog das Bundesgericht zu diesem Themenkomplex was folgt:
Unmittelbar nach der Tat (Einvernahme vom 30. Dezember 2014) sowie im weiteren Anfangsstadium der Untersuchung (Einvernahmen vom 31. Dezember 2014 und vom 7. Januar 2015 sowie Schreiben an das Bezirksgericht Zürich vom
2. Januar 2015) behauptete der Beschwerdegegner eine Notwehrsituation, relativierte das eigene Verhalten und sah sich als Opfer, wobei er diese (vermeintliche) Rolle zunehmend betonte (angefochtenes Urteil S. 53 f.). Demgegenüber machte er anlässlich der Einvernahmen vom 17. März und vom
18. Juni 2015 einen vollständigen Gedächtnisverlust geltend (angefochtenes Urteil S. 70). In den Explorationsgesprächen vom 2. November 2015 und vom
15. Januar 2016 gab er erstmals an, dass Derealisationsphänomene bestanden hätten und er †G. verändert, als bedrohliches Wesen, welches sein Leben bedrohe (grün, mit langen Ohren, roten Augen, wie ein Alien), wahrgenommen habe. In dieser Vorstellung habe er um sein Leben gekämpft (angefochtenes Urteil S. 66). Sowohl vor der ersten Instanz als auch vor der Vorinstanz machte der Beschwerdegegner anschliessend von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und äusserte sich nicht mehr zur Sache (angefochtenes Urteil S. 11). (Urk. 569 S. 15 f. E. 4.5).
Prof. Dr. M.
stellt im Gutachten vom 11. April 2016 zur Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners zwei Sachverhaltsvarianten zur Diskussion. Er erachtet sowohl die vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit als auch die mittelgradige Minderung der Schuldfähigkeit als möglich, je nachdem, ob das Gericht der Alien-Version des Beschwerdegegners folgt aber von einem unter Substanzeinfluss ohne nachvollziehbaren Grund geführten Streit ausgeht
(act. D1/17/22 S. 201 f.). In Ergänzung dazu hat der Gutachter an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung präzisiert, für ihn sei relevant, dass der Beschwerdegegner in allen Varianten daran festgehalten habe, er sei mit einer Attacke des Opfers konfrontiert gewesen und habe um sein Leben kämpfen müssen. Deshalb gehe er nach wie vor davon aus, dass die Einsichtsfähigkeit des Beschwerdegegners aufgehoben gewesen sei (angefochtenes Urteil S. 87). Schliesslich hält der Gutachter in der ergänzenden Stellungnahme vom 12. Mai 2017 (act. 287) fest, unter der Annahme, wonach die Angaben des Beschwerdegegners betreffend die psychotischen Wahrnehmungen unwahr seien, sei davon auszugehen, dass keine psychotischen Rauschphänomene und insbesondere keine solchen, welche die Wahrnehmung des späteren Opfers betrafen, vorgelegen hätten. Die Einsichtsfähigkeit sei in diesem Fall nicht aufgehoben gewesen. Auch unter Ausblendung psychotischer bzw. psychosenaher Phänomene sei aufgrund der gesamten Tatumstände, deren Kontrast zur zuvor harmonischen Interaktion zwischen den Beteiligten sowie der erfolgten Substanzeinnahme eine mittlere bis schwere Minderung der Schuldfähigkeit gerechtfertigt. Folge man dem Beschwerdegegner in Bezug auf die geltend gemachte, wegen einer Attacke von
†G. für ihn überraschende und als lebensbedrohlich interpretierte Situation, sei sogar eine Aufhebung der Schuldfähigkeit denkbar. Der Gutachter Prof. Dr.
N.
führt in seinem Gutachten vom 29. Februar 2016 zur allgemeinen
Wirkung von Ketamin aus, der Beschwerdegegner habe von psychotischem
Erleben am Tatabend (Wahrnehmung von †G.
auf der Taxifahrt als
bedrohliches Alien) berichtet. Diese Wahnwahrnehmungen könnten durch den akuten Ketaminoder Kokainkonsum in der Tatnacht, aber auch durch den intensiven Ketaminmissbrauch in den Wochen vor der Tat erklärt werden (angefochtenes Urteil S. 66, 78, act. D1/17/21 S. 11). (Urk. 569 S. 16 f. E. 4.6).
Nach Abhandlung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen (Urk. 569
S. 18-20 E. 4.8) erwog das Bundesgericht sodann was folgt: Die vorinstanzliche Beweiswürdigung zur aufgehobenen Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners beruht zu einem wesentlichen Teil auf der Frage, ob seine Angaben gegenüber
den Gutachtern Prof. Dr. M.
und Prof. Dr. N.
zu seinen Wahr-
nehmungen im Tatzeitpunkt, wonach er †G. als Alien gesehen haben will,
zutreffen. Die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen entscheidet darüber, ob der Beschwerdegegner an einer die Schuldfähigkeit ausschliessenden drogeninduzierten Psychose gelitten hat. Der Frage der Glaubhaftigkeit geht jedoch diejenige der Verwertbarkeit voraus. (a.a.O., S. 20 E. 4.9).
Bei den Angaben des Beschwerdegegners zu seinen verzerrten Wahr- nehmungen im Tatzeitpunkt resp. kurz davor geht es um Elemente, die nicht nur für die sachverständige Beurteilung der Schuldfähigkeit und damit die Erfüllung des Gutachtensauftrags, sondern auch für den Ablauf des Kerngeschehens zentral sind. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall etwa von BGE 146 IV 1 E. 3.4.2, wo der Gutachter – wie dies in der Praxis oft der Fall ist – einzig Erhebungen zur lebensgeschichtlichen Entwicklung und damit zu rein gutachterlich-medizinischen Zwecken selber vorgenommen hat. Die Ermittlung des Tatablaufs, soweit dies mittels Befragungen von Beschuldigten und Zeugen geschieht, obliegt den Strafbehörden und ist von den einfachen Sachverhaltsfeststellungen, zu denen der Sachverständige nach Art. 185 Abs. 4 StPO selber berechtigt ist, klar zu trennen. Die Sachverständigen stützten sich vorliegend nicht nur auf die sich aus den Akten ergebende Sachlage, sondern nahmen selber entscheidende und unmittelbar den Kernsachverhalt betreffende Abklärungen vor. Der von Art. 185 Abs. 4 StPO gesetzte Rahmen, in welchem Sachverständige selbstständig Erhebungen tätigen können, wurde damit überschritten. Zwischen den von den Gutachtern festgestellten und dem im Strafverfahren erhobenen Sachverhalt besteht ein klarer Widerspruch, weshalb die Vorinstanz in diesem Punkt ohne zusätzliche Beweiserhebungen nicht auf die Gutachten hätte abstellen dürfen. Das Vorgehen der Vorinstanz ist vor allem auch deshalb als problematisch anzusehen, weil die Sachverhaltsabklärungen der Sachverständigen einen gewissen Suggestivgehalt aufweisen. So hat Prof. Dr.
M.
dem Beschwerdegegner zu verstehen gegeben, dass er den
zwischenzeitlich geltend gemachten, kompletten Gedächtnisverlust nicht für
plausibel halte, und Prof. Dr. N.
hat ihn aktiv nach
Wahrnehmungsveränderungen psychotischer Art gefragt (angefochtenes Urteil
S. 77 ff., 84). Zuvor hatte der Beschwerdegegner während mehr als zehn Monaten andere Versionen des Tatgeschehens erzählt. Die
Beschwerdeführerin 1 bringt berechtigterweise vor, dass die Aussagen des Beschwerdegegners gegenüber den Gutachtern zu angeblichen psychotischen realitätsverzerrten Wahrnehmungen mangels eines justizförmigen Verhörs überhaupt keiner Würdigung und damit auch keiner Würdigung zu dessen Gunsten zugänglich sind (vgl. Urteil 6B_166/2020 vom 9. April 2020 E. 2.7). Der Beschwerdegegner selber teilt diese Auffassung (Beschwerdeantwort S. 4 ff.). Daran ändert nichts, dass die fraglichen Aussagen – wie im Schrifttum angeregt wird (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014,
N. 3 zu Art. 182 StPO; NIKLAUS SCHMID, Einige Aspekte der naturwissenschaftlichen Gutachten aus der Sicht der Schweizerischen Strafprozessordnung, AJP 7/2010 S. 831) – mittels Befragung von Prof. Dr.
N.
und Prof. Dr. M.
in den Prozess eingeführt wurden. Verdeutlicht
wird die Problematik dadurch, dass sich die Gutachter bei ihrer Befragung laut Vorinstanz nicht mehr an Einzelheiten zu den Angaben des Beschwerdegegners sowie deren Detaillierungsgrad erinnern konnten (angefochtenes Urteil S. 77 ff., 83, 85). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners (vgl. Beschwerdeantwort S. 11) vermag die Bewertung der Aussagen durch die Gutachter unabhängig von ihrer Sachkunde die gerichtliche Aussagewürdigung nicht zu ersetzen. Eine Aussagewürdigung, die dem Gericht und nicht etwa den Gutachtern obliegt (vgl. BGE 129 I 49 E. 4; Urteil 6B_738/2018 vom
27. März 2019 E. 1.3.1), ist vorliegend nicht möglich, weil der Beschwerdegegner in den förmlichen, aussage-analytisch verwertbaren Befragungen gegenüber Behörden nie von seiner Alien-Wahrnehmung gesprochen hat. Dass er die Alien-Optik gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz in einem Schreiben vom 18. September 2015 an seinen damaligen Verteidiger bereits einmal erwähnt hatte (angefochtenes Urteil S. 84), vermag eine justizförmige Erhebung der Aussagen klarerweise nicht zu ersetzen. Derweil divergieren die in den Gutachten dokumentierten Angaben des Beschwerdegegners, wann er
†G.
als Alien gesehen haben will (ob im Taxi im Elternhaus), auch
wenn Prof. Dr. M. diesen Widerspruch offenbar nicht wahrgenommen hat (angefochtenes Urteil S. 85). Ein Grund für diese Differenzen lässt sich mangels Möglichkeit einer Aussageanalyse nicht ausmachen, was auch die Vorinstanz
explizit feststellt (angefochtenes Urteil S. 83). Diesen Widersprüchen kommt jedoch gewichtige Bedeutung zu, lässt doch die Version von Prof. Dr. N. , wonach das psychotische Erleben während der Taxifahrt stattgefunden und der Beschwerdegegner solches unmittelbar vor der Tat nicht erwähnt habe (angefochtenes Urteil S. 78), das Delikt in merklich anderem Licht erscheinen. Zusammenfassend ist den für den Tathergang zentralen Aussagen des Beschwerdegegners gegenüber den Gutachtern zu seiner Wahrnehmung des Opfers als bedrohliches grünes Alien mangels Erhebung im Rahmen einer justizförmigen Befragung die Verwertbarkeit abzusprechen. (Urk. 569 S. 20-22 E. 4.9.1).
Die Beschwerdeführerin 1 weist ferner zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdegegner verschiedentlich Verhaltensweisen geschildert hat, welche ihn im Gegensatz zur geltend gemachten Alien-Erscheinung als zeitlich und örtlich orientiert erscheinen lassen, beispielsweise, indem er dem Opfer klarzumachen versucht hat, dass sie doch friends, not enemies seien (angefochtenes Urteil
S. 61). In ähnlichem Sinn kommt im Übrigen auch die Vorinstanz zum Schluss, dass der Beschwerdegegner das Geschehen realitätsfremd und unvollständig, aber doch mit verschiedenen wahren Elementen versetzt wahrgenommen hat (angefochtenes Urteil S. 76). Die weiteren von der Vorinstanz festgestellten Umstände erlauben weder für sich alleine noch zusammengenommen den Schluss, dass die Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners im Tatzeitpunkt aufgehoben gewesen wäre. Dies betrifft etwa frühere psychotische Episoden unter Ketamineinfluss, die Verwüstung am Tatort und das Chaos um den Leichnam herum, die bizarre Tatausführung, die Unausgewogenheit der Verletzungsbilder und die verhaltene Abwehr von †G. sowie den unerklärlichen Gewaltexzess angesichts der zuvor guten und unauffälligen Stimmung. Gleiches gilt für die wechselhaften Reaktionen des Beschwerdegegners und seine erhaltene Hoffnung in Bezug auf den Zustand von †G. beim Eintreffen der Polizei. (Urk. 569 S. 22 E. 4.9.2 f.).
Schliesslich äussert sich die Vorinstanz nicht weiter zur von ihr erwähnten Alternativbegründung des Gutachters Prof. Dr. M. , wonach der Beschwerdegegner nach seiner Auffassung in jeder möglichen Tatversion um sein Leben gekämpft habe und sehr wahrscheinlich in allen Varianten schuldunfähig gewesen sei (angefochtenes Urteil S. 87). Ihre Annahme einer vollständigen Schuldunfähigkeit lässt sich mangels entsprechender Feststellungen im angefochtenen Urteil auch mit dieser alternativen Argumentation nicht halten. Dies gilt umso mehr, als die Vorinstanz das vom Gutachter und der Verteidigung erwähnte Indiz für eine psychotische Motivation der Tat – nämlich dasjenige des Fehlens eines vorbestehenden Konflikts – in Abrede stellt. Sie geht davon aus, aufgrund des Herumtanzens bzw. -hüpfens des Beschwerdegegners zu lauter schwedischer
Musik bzw. wegen einer Anwandlung seinerseits, er und †G.
sollten mit
dem Konsum von Drogen aufhören, sei es zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen. Diese habe damit begonnen, dass †G. den Beschwerdegegner in den Salontisch aus Glas gestossen habe und dieser zerbrochen sei. Damit habe eine an sich nichtige Zwistigkeit zu einem unerwarteten Schaden in Form einer geborstenen Glasplatte in der elterlichen Wohnung und beim Beschwerdegegner zu kleineren Schnittverletzungen geführt. Angesichts dessen habe die Situation durchaus Potenzial für eine Eskalation geboten (angefochtenes Urteil S. 28 f., 65). Inwieweit sich dieser unangefochten gebliebene Schluss mit ihrer Würdigung verträgt, die Alien-Geschichte könne nicht widerlegt werden, beantwortet die Vorinstanz nicht schlüssig. Jedenfalls lässt sich aus ihren Erwägungen, wonach es unmittelbar vor der Tat aufgrund von Banalitäten zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, die Annahme des Gutachters, der Beschwerdegegner habe in je- der Phase des Tatgeschehens um sein Leben gekämpft, nicht erhärten. (Urk. 569 S. 22 f. E. 4.9.4.).
Das angefochtene Urteil verstösst gegen Art. 9 BV. Es ist in Bezug auf die Frage der Schuldfähigkeit aufzuheben und zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Evaluation des psychischen Zustands des Beschwerdegegners im Tatzeitpunkt ist einzig anhand aussageanalytisch verwertbarer Aussagen, welche zu den restlichen Beweismitteln erneut in Bezug zu setzen sind, abzuklären. Die Vorinstanz wird den Beschwerdegegner zur gegenüber den Gutachtern geltend gemachten Alien-Version erneut befragen müssen (aller- dings ohne ihm die nicht justizförmig erhobenen Angaben in den Gutachten vorzuhalten) und seine korrekt erhobenen Aussagen auf ihre Glaubwürdigkeit hin würdigen müssen. Weiter wird sie die gutachterlichen Ausführungen anhand der weiteren Beweismittel dahingehend prüfen müssen, ob der Beschwerdegegner in seiner Vorstellung in jeder Phase des Tatgeschehens um sein Leben gekämpft hat und welche Schlüsse sich daraus zur Schuldfähigkeit ergeben. Dabei wird sie auch seine Ausführungen zum Tatgeschehen berücksichtigen müssen, welche sie mit einlässlicher Begründung als widersprüchlich, karg, lückenhaft und über weite Strecken wahrheitswidrig bzw. den objektiven Gegebenheiten widersprechend taxiert hat (angefochtenes Urteil S. 68-70, 73). (Urk. 569 S. 23 f. E. 4.10).
Den Erwägungen des Bundesgerichts folgend wurde der Beschuldigte anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung zur von ihm geltend gemachten Alien-Version befragt. Dabei gab der Beschuldigte einzig zu Protokoll, er habe keine vernünftigen Erinnerungen mehr an die Tat und deren Vorgeschichte (Urk. 681 S. 4 f.). Aufgrund aller Erkenntnisse der Aussagenpsychologie erstaunt dies nicht. Nach fast acht Jahren Verfahrensdauer und nachdem der Beschuldigte schon zigmal befragt wurde, könnten seine Aussagen kaum mehr zuverlässig und glaubhaft sein, zumal er kaum mehr originäre Wahrnehmungen, sondern vielmehr Pseudoerinnerungen wiedergäbe rezitieren würde, was er aus seiner Erinnerung früher einmal gesagt hat. In diesem Sinne war es nur konsequent, dass der Beschuldigte zu seinen angeblichen Halluzinationen während der Tat gar keine Ausführungen mehr machte. Seine Aussagen hätten ohnehin keinen relevanten Beweiswert mehr gehabt.
Beurteilung der Schuldfähigkeit
Was die theoretischen Grundlagen zur Frage der Schuldfähigkeit betrifft, kann vollumfänglich auf die Ausführungen im Bundesgerichtsentscheid vom
24. Juni 2021 sowie jene im Entscheid der Kammer vom 27. November 2019 verwiesen werden (Urk. 569 S. 9 f. E. 4.2.1 f. und Urk. 510 S. 30-32 E. III.3.1.2.- 3.1.6.). Selbstredend sind in diesem Zusammenhang auch die im Bundesgerichtsentscheid vom 24. Juni 2021 zur Erhebung des rechtserheblichen Sachverhalts gemachten Ausführungen beachtlich, namentlich was die Würdigung der vorliegenden Gutachten anbelangt (Urk. 569 S. 10 E. 4.2.3. und S. 18-20 E. 4.8.1. f.).
Sodann hat bereits die Vorinstanz die massgebenden Grundsätze der Sachverhaltserstellung und der Beweiswürdigung zutreffend wiedergegeben (Urk. 360
S. 13-16 E. II.2.), worauf ebenfalls verwiesen werden kann.
Hinsichtlich der wesentlichen Überlegungen, die zum vorinstanzlichen Entscheid führten, kann schliesslich auf die nach wie vor zutreffende Zusammenfassung im Entscheid der Kammer vom 27. November 2019 verwiesen werden (Urk. 510 S. 53-58 E. III.3.4.). Im Ergebnis schloss sie aus, dass sich der Beschuldigte aufgrund psychotischen Erlebens in Todesangst wähnte, als er
†G.
tötete (Urk. 360 S. 82 E. II.3.8.). Sie verwarf dabei die im
ursprünglichen psychiatrischen Gutachten vom 11. April 2016 von Prof. Dr. med. M. aufgrund der Angaben des Beschuldigten gebildete (Haupt-) Hypothese eines psychotischen Rauschverlaufs, der zu einer Aufhebung seiner Steuerungsfähigkeit sowie auch seiner Einsichtsfähigkeit bezüglich der Tötungshandlungen und zu einer Aufhebung der Schuldfähigkeit geführt habe (Urk. D1/17/22 S. 198, S. 201).
Die Vorinstanz hat die im Lichte des Bundesgerichtsurteils vom 24. Juni 2021 als verwertbar anzusehenden wesentlichen Aussagen des Beschuldigten sowie den Inhalt des von ihm verfassten Schreibens vom 2. Januar 2015 zutreffend wiedergegeben (Urk. 360 S. 24-35 E. II.3.4.1.-3.4.8.), darauf kann vorab verwiesen werden. In diesem Zusammenhang ist erneut festzuhalten, dass der Beschuldigte weder vor Vorinstanz noch anlässlich beider Berufungsverhandlungen Aussagen zur Sache machte (Prot. I S. 51 ff.; Urk. 485 S. 1 ff. und Urk. 681
S. 4 f.; vgl. auch vorne unter E. II.3.1.9.).
Die Vorinstanz hat zunächst unter Hinweis auf das einschlägige Schrifttum zutreffend festgehalten, dass eine Erstaussage, die unmittelbar nach dem Vorfall erfolgt, ein besonderes Gewicht erhält, da diese zeitnah und frei von äusseren Einflüssen ist. Gerade weil die Wahrheit noch gut im Gedächtnis ist, gehört schon eine sehr grosse Energie dazu, dieser Macht der Tatsachen zu widerstehen und eine davon abweichende Lügengeschichte zu erfinden und glaubwürdig vorzutragen. Eine wirklich überzeugende Lüge ist eine ausserordentlich schwierige Aufgabe. Sie muss gut überlegt sein und auf Schwachpunkte, Widersprüche etc.
geprüft werden. Das braucht seine Zeit – und die hat die Auskunftsperson gar nicht, wenn sie unmittelbar nach dem Ereignis vernommen wird. Schliesslich benötigen auch die Motive, die zur Lüge drängen, oftmals eine gewisse Zeit, dass sie tatsächlich bis zur Lüge durchschlagen. Schon bei der Zweitaussage neigen nicht wenige Auskunftspersonen dazu, ihre Aussagen der Prozesslage entsprechend zu modifizieren. Andererseits ist freilich auch eine gewisse Vorsicht gegenüber Aussagen geboten, die dem Erlebnis ganz unmittelbar folgen. Steht die Auskunftsperson noch unter Schock, ist ihre Aufregung über das Erlebnis noch nicht abgeklungen (Urk. 360 S. 36, E. II.3.5.1). Mit der Hafteinvernahme vom 30. Dezember 2014 liegt eine Erstaussage vor, die nur wenige Stunden nach der Tat erfolgte (Urk. D1/3/1). Ebenfalls in diesem Zusammenhang zu würdigen ist das Telefongespräch, mit dem der Beschuldigte kurz nach der Tat die Polizei alarmierte (Urk. D1/1/7).
Bei der Würdigung seiner Erstaussage ist der Zustand des Beschuldigten im Tatzeitraum zu beachten, namentlich dass er unter dem Einfluss von Kokain und auch von Ketamin stand (vgl. dazu im Einzelnen vorne unter E. II.2.). Beachtlich sind dabei die nachfolgenden gutachterlichen Ausführungen: Prof. Dr. N. führte in seinem Gutachten vom 29. Februar 2016 aus, da Ketamin die Erinnerungsfähigkeit stark beeinträchtige, sei es nicht erstaunlich, dass sich der Beschuldigte teilweise nicht an die Geschehnisse am Tatabend erinnern könne bzw. widersprüchliche Angaben dazu mache. Ebenfalls sei möglich, dass er Erinnerungslücken mit phantastischen Elementen auffülle, ohne dies zu beabsichtigen. Weiter sei es durchaus wahrscheinlich, dass er die Geschehnisse unter Ketamin anders erlebt habe, als sie tatsächlich stattgefunden hätten, da Ketamin dazu führen könne, dass sich die Grenze zwischen der eigenen Person und dem Anderen auflöse und so die Agentenschaft des eigenen mit der des fremden Handelns verwechselt werden könne (Urk. D1/17/21 S. 11 f.). Auf die Frage im Rahmen der Hauptverhandlung, ob es zwingend sei, dass der Ketaminkonsum zu Erinnerungslücken und Widersprüchen in den Angaben bzw. zu einer von der Wirklichkeit abweichenden Wahrnehmung von eigenen und fremden Handlungen führe, gab Prof. Dr. N. zu Protokoll, unter Akutwirkung sei das eigentlich schon zwingend, denn das Wesen einer Ketamin-Intoxikation seien ja
Wahrnehmungsverzerrungen und eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt, der eigenen Person und anderer Personen. Das heisse aber nicht, dass der Beschuldigte nicht trotzdem Angaben machen könne, die auch stimmten. Natürlich könne auch die komplette Aussage eine der Aussagen der Wahrheit entsprechen. Es werde nur schwierig sein, zu beurteilen, was stimme und was nicht (Prot. I S. 88 f.). Bei sehr starker Gewöhnung einer Person an eine Substanz werde sie mit Sicherheit auch eine weniger starke Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung erfahren als jemand, der nicht daran gewöhnt sei, da das Gehirn die erstaunliche Fähigkeit habe, alle möglichen Einflüsse auf Dauer zu kompensieren. Es könne gut sein, dass gerade weil der Beschuldigte an den Konsum so gewöhnt gewesen sei, eine grössere Zuverlässigkeit bei der Erinnerung vorliege (a.a.O., S. 89). Es sei nicht so, dass man unter Ketamin gar nicht mehr wisse, was genau passiert sei (a.a.O., S. 90). Auch der Gutachter Prof.
Dr. M.
bestätigte an der Hauptverhandlung, dass Ketamin die
Erinnerungsfähigkeit Gedächtnisleistung beeinträchtigen und zu unterschiedlichen Störungen führen könne (a.a.O., S. 117). Es könne schon sein, dass bestimmte Dinge erinnert würden. Er habe aber wenig plausibel gefunden, dass irgendwann keine Erinnerungen mehr da gewesen seien. Wenn jemand an bestimmte Rauschphänomene Erinnerungen habe, die im Verlauf einfach gar nicht mehr da seien, sei das weniger plausibel, als dass bestimmte Dinge zu unterschiedlichen Gesprächszeitpunkten hinsichtlich ihrer Abläufe anders erinnert würden (a.a.O., S. 118). Problematisch nicht plausibel habe der Gutachter gefunden, dass der Beschuldigte in einem Brief etwas geschildert habe und dass er dann nachher bei den ersten Kontakten mit ihm (dem Gutachter) behauptet habe, er könne sich nicht mehr daran erinnern. Weil wenn ich es einmal erinnert habe und der Rausch abgeklungen ist, muss ich es irgendwie auch weitererinnern. Egal, ob ich zwischendurch Benzodiazepine absetze. Das habe er nicht plausibel gefunden. Aber man müsse davon ausgehen, dass die Erinnerung an diese Nacht den frühen Morgen in der Wohnung und vielleicht auch schon die Erinnerung an die Taxifahrt durch Substanzeinfluss verzerrt sei und nicht das wiedergebe, was objektiv passiert sei (Prot. I S. 136; vgl. in diesem Sinne auch a.a.O., S. 112 und S. 146 sowie Urk. D1/17/22 S. 159 f.). Auf die
Frage, ob der Beschuldigte das, was er psychotisch wahrgenommen habe, auch detailliert und in seiner Wahnwelt logisch schildern könne ob bezüglich Detaillierungsgrad und Folgerichtigkeit aufgrund der Psychose und/oder der Wirkung von Ketamin diesbezüglich Einschränkungen bestünden, antwortete der Gutachter, der Beschuldigte könne nur das wiedergeben, was er erlebt habe. Und dieses Erleben sei ja definitionsgemäss durch die Substanz verzerrt. Auch zeitliche Zusammenhänge seien verzerrt. Das sei ja gerade das Spezifische an der Ketaminintoxikation, dass man sich dann oft in Parallelwelten befinde (Prot. I
S. 136 f.). Dies, wie schliesslich der Umstand, dass der Beschuldigte bei Beginn der Hafteinvernahme am 30. Dezember 2014 um 15:29 Uhr übernächtigt war und sehr müde gewesen sein dürfte (vgl. dazu den entsprechenden Einwand der Verteidigung im vorinstanzlichen Verfahren; Urk. 266 S. 6), ist bei der Aussageanalyse im Auge zu behalten (vgl. in diesem Sinne Urk. 360 S. 36-38, E. II.3.5.3.-3.5.7.).
Mit der Vorinstanz ist zunächst festzuhalten, dass die Aussage des Beschuldigten im Zusammenhang mit der Alarmierung der Polizei (Urk. D1/1/7) zwar sehr kurz ist, jedoch auffällt, dass er zuerst angab, †G. habe versucht, ihn umzubringen und erst danach erwähnte, dass dieser jetzt tot sei, womit der Beschuldigte bereits zu diesem sehr frühen Zeitpunkt einen Rechtfertigungsgrund für die Tötung von †G. ins Spiel brachte, wenn auch der Begriff der Notwehr nicht explizit verwendet wurde (vgl. in diesem Sinne Urk. 360 S. 38 E. II.3.6.1.). Bereits hier scheint sich abzuzeichnen, was sich – wie zu zeigen sein wird – im übrigen Aussageverlauf fortsetzt, nämlich dass die Aussagen des Beschuldigten überwiegend selbstentlastender und †G. belastender Natur sind.
Die Vorinstanz hat die Erstaussage bei der Staatsanwaltschaft vom
30. Dezember 2014 (Urk. D1/3/1) einer eingehenden, auf wissenschaftlichen Vorgaben beruhenden Analyse unterzogen, namentlich indem diese mit weiteren Beweismitteln, insbesondere dem (Blut-)Spurenbild am Tatort, dem Tatwerkzeug sowie den Aussagen anderer Personen verglichen und in Zusammenhang zu bekannten bzw. bewiesenen Umständen gestellt wurde, wobei sich die Vorinstanz auch mit Vorbringen verschiedener Prozessparteien auseinandersetzte. Auf diese
überzeugenden Ausführungen kann vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 360
S. 39-53 E. II.3.6.2.1.-3.6.2.8.). Im Ergebnis ist dazu mit der Vorinstanz festzuhalten, dass das hohe Mass an Übereinstimmung mit weiteren Beweismitteln ein Indiz dafür ist, dass die Erstaussage die Erlebnisse des Beschuldigten so wiedergibt, wie er sie tatsächlich erinnerte. Ob die vorhandenen Lücken vom Beschuldigten bewusst offengelassen wurden auf seinen Ketaminkonsum zurückzuführen sind, kann nicht eindeutig geklärt werden. Auffällig ist aber, dass praktisch sämtliche Erinnerungen des Beschuldigten entlastender Natur sind, d.h. den Beschuldigten als Opfer darstellen, das hinterrücks angegriffen wurde, sich nur in Notwehr verteidigt und anschliessend auch alle Bemühungen unternommen hat, die Polizei zu alarmieren. Der Aussage des Beschuldigten fehlen damit sowohl Elemente der Selbstbelastung als auch der Entlastung von †G. , was klar für eine gewisse Steuerung der Aussage in eine bestimmte Richtung bzw. für ein Ausweichen des Beschuldigten vor ihn belastenden Elementen spricht. Erinnerungslücken finden sich vorliegend gerade im Zusammenhang mit dem rechtsrelevanten Tatbestand und weniger bei den Nebensächlichkeiten. Der Ein- druck gesteuerten Aussageverhaltens deckt sich im Übrigen mit der Einschätzung von Prof. Dr. M. , wonach der Beschuldigte bemüht ist, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen bzw. die Auseinandersetzung mit schwierigen Problembereichen zu vermeiden (Urk. D1/17/22 S. 160). Das heisst, dass der Beschuldigte bei seiner Erstaussage zwar keine von den feststehenden Tatsachen grob abweichende eigentliche Lügengeschichte präsentierte, sondern im Gegenteil durchaus in einigen Punkten die Wahrheit sagte, jedoch seine Aussage – mindestens unbewusst – in eine bestimmte Richtung steuerte. Ebenfalls zu beachten ist die Kargheit der Aussage im Kerngeschehen, der Auseinandersetzung mit †G. , selbst wenn dies allenfalls auch durch den Ketaminkonsum erklärt werden könnte. Zusammenfassend kann jedenfalls festgehalten werden, dass die Erstaussage des Beschuldigten zwar wahre Elemente enthält, aber weit davon entfernt ist, vollständig zu sein. Die Erstaussage als Ganzes kann daher nicht als glaubhaft bezeichnet werden, sondern nur einzelne Elemente davon (vgl. in diesem Sinne Urk. 360 S. 52 f. E. II.3.6.2.8.).
Bei der Aussage vor dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirksgerichts Zürich am 31. Dezember 2014 (Urk. D1/24/4) akzentuiert sich die Tendenz des Beschuldigten, sich selbst in der Opferrolle zu sehen und sich als Opfer darzustellen. Zunächst fällt die dramatische Beschreibung der eigenen Verletzungen auf. Der Beschuldigte sprach von massiven Verletzungen und gab an, seine Schulter sei ausgekugelt gewesen. Solche gravierende Verletzungen konnten indes anlässlich der tags zuvor durchgeführten rechtsmedizinischen körperlichen Untersuchung des Beschuldigten (Urk. D1/6/2 f.) nicht annähernd bestätigt werden. Vielmehr wurde die Verletzungsschwere insgesamt als geringgradig eingestuft, wobei die meisten Verletzungen voraussichtlich binnen weniger Tage folgenlos abheilen würden. Nur in Bezug auf eine Verletzung am linken Kleinfingermittelglied konnte damals noch nicht gesagt werden, ob diese folgenlos abheilen würde (Urk. D1/6/2 S. 6 f. Ziffer 3). Die Aussage des Beschuldigten weist also eine klare Übertreibungstendenz auf und ist insofern auch unwahr. Weiter betonte der Beschuldigte die Notwehrsituation und nachdrücklich, dass er anständig, religiös und in seinem Umfeld als nette Person bekannt sei. Was das Kerngeschehen betrifft, blieb seine Darstellung indes sehr rudimentär und bruchstückhaft, wobei sie sich im Wesentlichen auf das Schubsen in den Glastisch, die verbalen Beschimpfungen und das Schlagen mit dem Kerzenständer beschränkte. Eine auch nur ansatzweise detaillierte Beschreibung des Kampfgeschehens fehlt. Gleichwohl wird der Einsatz des Kerzenständers sehr dezidiert als quasi alternativlos dargestellt (Ich musste aus Notwehr agieren.; Was hätte ich machen sollen, ausser mich selbst zu schützen.; Entweder wäre ich gestorben er.) und wiederum wird die Schuld an den Ereignissen letztlich †G. zugewiesen: Dieser rastete aus, beschimpfte den (anständigen und religiösen) Beschuldigten, versuchte, ihn zu würgen, schaute psychopathisch und lachte, dieser war schon immer aggressiv (vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 53 f. E. II.3.6.3.1.-3.6.3.3.). Auch diese Aussage des Beschuldigten ist überwiegend selbstentlastender und †G. belastender Natur und insgesamt nicht überzeugend, obschon sie einzelne wahre Elemente enthält.
Das Schreiben des Beschuldigten an das Bezirksgericht Zürich vom
2. Januar 2015 (Urk. D1/3/2) belegt dessen Tendenz, den Sachverhalt zu seinen Gunsten zu relativieren und zu modifizieren, ebenfalls.
Dies zeigt sich zunächst darin, dass er nunmehr angab, †G. bloss mit einer grossen Kerze bedroht zu haben, worauf dieser ihn gegen das Schienbein gekickt habe, worauf wiederum er die Kerze aus Reflex / aus Versehen fallen gelassen habe und das Glas leider Gottes auf dem Kopf von
†G.
gelandet sei (Urk. D1/3/2 S. 3). Die Vorinstanz hat aufgezeigt, dass
sich diese Darstellung des Beschuldigten nicht mit dem gemäss Gutachten zum Todesfall des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM) vom
2. Juni 2015 festgestellten Verletzungsbild von †G.
vereinbaren lässt und
diese Verletzungen unmöglich auf die vom Beschuldigten nun geschilderte Weise entstanden sein können (Urk. 360 S. 55 E. II.3.6.4.2.2. unter Hinweis auf Urk. D1/7/6 S. 3 f.), darauf kann vollumfänglich verwiesen werden. Auch die diesbezüglichen Aussagen des Beschuldigten erscheinen somit unglaubhaft.
Einigermassen detailliert fällt nun die Beschreibung zum Beginn des Kampfes aus. Bereits in der ersten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom
30. Dezember 2014 (Urk. D1/3/1 S. 11 F/A 88) und auch tags darauf vor dem Zwangsmassnahmengericht (Urk. D1/24/4 S. 4) hatte der Beschuldigte ange-
deutet, dass er mit den Drogen habe aufhören wollen und †G.
deshalb
ausgerastet sei. Nun stellt er es so dar, dass er gemeint habe, sie sollten doch beide mit den Drogen aufhören, er habe es sowieso mit seinem Vater, seiner Stiefmutter und dem Psychiater besprochen, dass er aufhöre, die Medikamente zu konsumieren. Dieser Vorschlag habe aber nicht zum Ziel geführt, vielmehr sei
†G.
komplett ausgerastet, habe ihn zuerst beschimpft und dann in den
massiven Glastisch im Wohnzimmer gestossen (Urk. D1/3/2 S. 2). Die Vorinstanz hat dargelegt, dass weitere Beweismittel bestätigen, dass der Beschuldigte gerade unter Drogeneinfluss auf die Idee kam, mit den Drogen auszuhören (Urk. 360 S. 56 f. E. II.3.6.4.3.2.-3.6.4.3.5.), und dass aufgrund weiterer Aussagen als erwiesen anzusehen ist, dass er im neuen Jahr 2015 tatsächlich vorhatte, einen Drogenentzug zu machen (a.a.O., S. 58 E. II.3.6.4.3.6.), darauf kann
verwiesen werden. Mit der Vorinstanz ist entsprechend davon auszugehen, dass sich wenigstens dieser Teil der Angaben des Beschuldigten über den Beginn bzw. die Ursache der Auseinandersetzung insoweit harmonisch in einen nachvollziehbaren Gesamtzusammenhang einfügt (a.a.O., E. II.3.6.4.3.7.).
Neu gab der Beschuldigte in seinem Schreiben vom 2. Januar 2015 an, als er das Ketamin gewollt habe, habe †G. geantwortet: Before you have it, I'm gonna take it all und sich den Plastiksack mit dem Ketamin in den Mund gesteckt (Urk. D1/3/2 S. 3). Im Wohnzimmer wurden zwei Minigrip-Säcke mit einem weissen, kristallinen Pulver aufgefunden (Urk. D1/8/9 S. 35), wobei einer davon Blutspuren von †G. aufwies. Beim anderen ergab die DNA-Analyse ein komplexes, nicht reproduzierbares Mischprofil, das keine sicheren Interpretationen zuliess (Urk. D1/8/14 S. 15). Die Betäubungsmittel-Voruntersuchung des IRM ergab, dass es sich bei beiden Pulvern um Ketamin handelte (Urk. D1/8/7
S. 2). Soweit lassen sich die Untersuchungsergebnisse mit der Darstellung des Beschuldigten noch in Einklang bringen. Der labortechnische Vortest auf Speichel bei den Minigrip-Säcken war allerdings negativ (Urk. D1/8/9 S. 12), womit ausgeschlossen werden muss, dass †G. einen dieser Säcke im Mund hatte (vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 58 E. II.3.6.4.4.). Diese Aussage des Beschuldigten ist somit widerlegt, was weiter gegen die Glaubhaftigkeit seiner Darstellung spricht.
Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 7. Januar 2015 (Urk. D1/3/3) relativierte der Beschuldigte sein Verhalten weiter und modifizierte seine Angaben teilweise erneut.
Der Beschuldigte bestritt wiederum, †G.
mit dem Kerzenständer
geschlagen zu haben und machte geltend, der am Boden liegende †G. habe ihn gegen das Schienbein getreten, woraufhin er die Kerze aus Reflex habe fallen lassen. Diese sei samt Glasschutz †G. direkt aufs Gesicht gefallen. Der Glasschutz sei zerbrochen und die Eisenstange sei auf die linke Kopfseite gefallen (Urk. D1/3/3 S. 13 F/A 84 f.). Er habe nie mit einem Gegenstand auf den
Kopf von †G.
eingeschlagen und er habe ihn auch nie gewürgt (a.a.O.,
S. 15 F/A 100 f.). Der vom Beschuldigten beschriebene Ablauf ist bereits durch
das (Blut-)Spurenbild am Tatort widerlegt. Auch können die festgestellten
Verletzungen von †G.
unmöglich auf die vom Beschuldigten geschilderte
Art entstanden sein. Sodann wurde am Tatort kein zerbrochener Glasschutz vorgefunden (sondern zwei intakte Glasglocken; vgl. dazu u.a. Urk. 8/21 S. 6 f.). Widerlegt werden kann dem Beschuldigten weiter die Behauptung, er sei von
†G.
gewürgt worden (Urk. D1/3/3 S. 14 F/A 89). Wie bereits ausgeführt,
wurde der Beschuldigte wenige Stunden nach der Tat körperlich untersucht. Dem entsprechenden Gutachten ist zu entnehmen, dass seine Halshaut zu diesem Zeitpunkt unverletzt war und auch keine Stauungsblutungen festgestellt werden konnten (Urk. D1/6/2 S. 3). Demgegenüber konnten gemäss Gutachten zum Todesfall des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM) vom
2. Juni 2015 bei †G. Stauungsblutungen festgestellt werden. Weiter wird im Gutachten festgehalten: Aufgrund der nachgewiesenen Hauteinbzw. - unterblutungen und -abschürfungen am Mundboden und an der rechten Halsseite sowie den Einblutungen in der geraden Halsmuskulatur links und im Ansatzbereich des linken Schildknorpelfortsatzes des Kehlkopfes ist als Ursache für das Ersticken aus rechtsmedizinischer Sicht eine Kombination aus einer stumpfen Gewalteinwirkung gegen den Hals (Strangulation bzw. Würgen) sowie eine Verlegung der Atemwege durch eine in den Rachen gesteckte Kerze und die Einatmung von hoch gekommenem Mageninhalt zu diskutieren (Urk. D1/7/6
S. 4 f.). Damit ist auch die Aussage des Beschuldigten widerlegt, wonach er
†G.
nicht gewürgt haben will (Urk. D1/3/3 S. 10 f. F/A 67 und S. 15
F/A 101). Unzutreffend ist weiter die Aussage des Beschuldigten, er habe den
Körper von †G.
nicht von einem Ort zu einem anderen Ort verlegt
(Urk. D1/3/3 S. 15 F/A 103). Von der grösseren Blutlache verlief eine sehr grosse Blutwischspur geradeaus in Richtung der kleineren Blutlache, wo †G. schliesslich aufgefunden wurde. Die Intensität der Blutwischspur nahm in diese Richtung ab. Aufgrund der klar definierten Blutwischbzw. Schleifspur muss
†G. , der sich mutmasslich nicht mehr bewegte bzw. bereits verstorben war, vom Bereich der grösseren zum Bereich der kleineren Blutlache verschoben worden sein (D1/ 8/21 S. 6 und S. 81 und D1/ 8/22 S. 44; vgl. zum Ganzen in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 59 f. E. II.3.6.5.1.3.-3.6.5.1.5.). Davon, dass sich
im Mund von †G. schliesslich eine Kerze befand, wollte der Beschuldigte im Übrigen nichts gewusst haben (Urk. D1/3/3 S. 17 F/A 120). Auch all dies spricht klar gegen die allgemeine Glaubhaftigkeit der Depositionen des Beschuldigten.
Weiter fallen erneut mehrere negative Äusserungen des Beschuldigten
über †G.
auf, die er platzierte, obschon er nicht nach Entsprechendem
gefragt worden war. So gab er an, †G. sei schon immer ein bisschen ein Miesepeter gewesen, negativ und pessimistisch, er habe eine bipolare Persönlichkeitsstörung gehabt, ständig so krankes Zeug im Internet gepostet, keinen Job gehabt, immer irgendwelche Sachen im Internet gehackt und dem Beschuldigten immer so Celebreties Pornos zugestellt (Urk. D1/3/3 S. 10 F/A 18) – um dann aber doch noch nachzuschieben, er wolle jetzt nicht schlecht über Tote sprechen (a.a.O., S. 21 F/A 149). Auch diese Episode lässt die Darstellung des Beschuldigten nicht sehr überzeugend erscheinen. Ebensowenig die überhöhende Zeichnung der eigenen Person bzw. des eigenen Verhaltens, wenn der Beschuldigte ausführt, er habe †G. erste Hilfe leisten und dessen Wunden waschen wollen, dachte er doch zunächst an sich selbst und ging duschen, d.h. er liess †G. , der regungslos im Wohnzimmer lag, dort während längerer Zeit einfach liegen und kümmerte sich um sein Äusseres (a.a.O., S. 4 F/A 24 und S. 15 F/A 103 ff.; vgl. zum Ganzen in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 60 f. E. II.3.6.5.1.6. f.).
Die Vorinstanz wies zurecht darauf hin, dass der Beschuldigte auch neue und zutreffende Details nennen konnte, insbesondere was seine Bekleidung während der Tat betrifft (Urk. 360 S. 61 E. II.3.6.5.2.1.), auf die entsprechenden Ausführungen kann verwiesen werden. Ebenfalls soweit glaubhaft erscheint mit der Vorinstanz die vom Beschuldigten in dieser Einvernahme erstmals deponierte Spontanaussage, wonach er vor dem Vorfall laute schwedische Musik abgespielt habe, zu der er auch gesungen und getanzt habe, was †G. genervt habe (a.a.O., S. 62 f. E. II.3.6.5.2.3.), auch darauf sei verwiesen. Weiter erwog die Vorinstanz zutreffend, die Aussage des Beschuldigten enthalte insoweit eine weitere spontane und zutreffende Ergänzung, als er angab, in seiner Wohnung seien sie nicht nur zu viert gewesen, sondern zu fünft, was durch spätere Er-
mittlungen bestätigt werden konnte (a.a.O., S. 63 E. II.3.6.5.2.4.), auch darauf kann verwiesen werden. Schliesslich gab der Beschuldigte ebenfalls neu und in Übereinstimmung mit weiteren erhobenen Beweisen an, er und †G. hätten
nach der Ankunft in R.
die Socken wechseln müssen, da diese nass
gewesen seien, und er habe †G. einmal an der Unterhose gezogen, um zu sehen ob er reagiere (a.a.O., S. 64 E. II.3.6.5.2.6. f.), auch diesbezüglich kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden. Damit ist festzuhalten, dass der Beschuldigte (wie teilweise bereits in den Aussagen zuvor) zwar auch wahre Angaben machte. Das belegt aber vor allem, dass er durchaus in der Lage war, sich auch noch nach der Ersteinvernahme am 30. Dezember 2014 an neue und zutreffende Details zu erinnern (vgl. dazu sogleich nachfolgend unter E. II.3.2.11.).
Bei den staatsanwaltschaftlichen Einvernahmen vom 17. März 2015 (Urk. D1/3/6) und vom 18. Juni 2015 (Urk. D1/3/8) gab der Beschuldigte an, sich nicht mehr an die Ereignisse erinnern zu können, was er im Wesentlichen damit begründete, er habe einen Medikamentenentzug gemacht, was zum vollständigen Gedächtnisverlust geführt habe (Urk. D1/3/6 S. 2 F/A 6). Ein solch vollständiger Gedächtnisverlust erscheint bereits aus Laiensicht sehr unglaubhaft. Wie soeben ausgeführt, vermochte sich der Beschuldigte anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 7. Januar 2015 (und damit über eine Woche nach der Ersteinvernahme am 30. Dezember 2014) durchaus noch an diverse neu vorgebrachte Einzelheiten zu erinnern (vgl. dazu soeben unter E. II.3.2.10.3.). Auch der Gutachter Prof. Dr. M. führte wiederholt aus, es sei nicht plausibel, dass Erinnerungen, die einmal vorhanden gewesen seien, plötzlich nicht mehr da seien (Urk. D/1/17/22 S. 159 f. und S. 200, Prot. I S. 112,
S. 118, S. 136 und S. 146). Unter anderem gab er auf entsprechende Frage vor Vorinstanz an, es sei nicht möglich, dass es eine Amnesie gebe, wenn sich der Beschuldigte einmal erinnert habe. Es sei vor allem nicht möglich, dass es dann im Verlauf eine komplette Amnesie gebe. Für ihn gehe das eher in einer Bewältigungsstrategie auf, in einer fehlenden Bereitschaft des Beschuldigten, sich mit diesem schwierigen Thema auseinanderzusetzen (a.a.O., S. 112). Der Gutachter Prof. Dr. N. führte gar aus, es könne gut sein, dass gerade weil
der Beschuldigte an den Konsum so gewöhnt gewesen sei, eine grössere Zuverlässigkeit bei der Erinnerung vorliege (a.a.O., S. 89). Dass es sich bei der geltend gemachten Amnesie um eine reine Schutzbehauptung handelt, zeigt schliesslich auch das weitere Aussageverhalten des Beschuldigten, zumal er bei späteren Untersuchungsterminen gegenüber den Gutachtern dann doch wieder Ausführungen zum Tatgeschehen machen wollte und konnte.
Der Beschuldigte machte – abgesehen von einem entsprechenden äusserst knappen Hinweis in einem Schreiben vom 18. September 2015 an seinen damaligen Verteidiger (Urk. 265B) – erstmals am 2. November 2015 und sodann am 15. Januar 2016 gegenüber den Gutachtern Angaben darüber, dass bei ihm in der Tatnacht Derealisationsphänomene bestanden hätten und er
†G. verändert, d.h. als bedrohliches Wesen (grün, mit langen Ohren, roten Augen, alienmässig) wahrgenommen habe, das sein Leben bedrohe. In dieser Vorstellung habe er um sein Leben gekämpft (vgl. dazu Urk. 569 S. 15 E. 4.5 bzw. vorne unter E. II.3.1.2.). Wie gesehen, sind diese Ausführungen nicht verwertbar (a.a.O., S. 20-22 E. 4.9.1 bzw. vorne unter E. II.3.1.5.). Anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung machte der Beschuldigte wie ausgeführt mangels zuverlässiger Erinnerungen keine Aussagen mehr in der Sache (vgl. vorne unter
E. II.3.1.9. und E. II.3.2.3.). Damit liegen zur vom Beschuldigten gegenüber den Gutachtern geltend gemachten Alien-Version keine verwertbaren Aussagen des Beschuldigten vor, weshalb diese Tatvariante (grundsätzlich) zu verwerfen ist. Gleichwohl bzw. unabhängig von den gegenüber den Gutachtern gemachten Ausführungen kann zum geltend gemachten psychotischen Erleben des Beschuldigten bzw. dazu, dass er sich aufgrund psychotischen Erlebens im Tatzeitpunkt in Todesangst wähnte, Folgendes festgehalten werden:
Bereits der lange Zeitabstand zwischen der Tat und dem erstmaligen Geltendmachen psychotischen Erlebens im Tatzeitpunkt weckt Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens. An der staatsanwaltschaftlichen Schlusseinvernahme vom 24. Mai 2016 damit konfrontiert, gab der Beschuldigte dazu an, er habe Angst gehabt, als psychisch gestört abgestempelt zu werden (Urk. D1/3/10 S. 5 F/A 20). Auch wenn eine solche Angst grundsätzlich geeignet
erscheint, den späten Zeitpunkt der neuen Angaben zu erklären, so vermag sie die genannten Zweifel wie zu zeigen sein wird im vorliegenden Fall nicht auszuräumen.
Der Beschuldigte müsste, hätte er †G.
tatsächlich als Alien
wahrgenommen, bei den beiden Erstaussagen unmittelbar nach der Tat trotz angeblicher Beeinträchtigung durch Drogen, Medikamente und Müdigkeit in der Lage gewesen sein, gezielt und strategisch alle entsprechenden Elemente aus seiner Erzählung zu entfernen, was von vornherein äusserst unwahrscheinlich erscheint. Hinzu kommt, dass er wie aufgezeigt von allem Anfang an in der Lage
war, überwiegend selbstentlastende und †G.
belastende Aussagen zu
machen und die Alien-Version für ihn durchaus entlastend gewesen wäre. Gleiches gilt im Übrigen auch in Bezug auf das kurz darauf verfasste Schreiben des Beschuldigten vom 2. Januar 2015. Unverkennbar ist mit Blick auf diese Erstaussagen und den genannten Brief des Beschuldigten sodann, wie sehr er unter der Haftsituation litt und dass er alles in seiner Macht stehende daran setzte, frei zu kommen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es völlig abwegig, dass er mit der Alien-Version bewusst hinter dem Berg hielt.
Der Beschuldigte gab im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 17. März 2015 an, dass Ketamin eine halluzinogene Droge sei, die die Wahrnehmung verzerre. Das von ihm konsumierte Ketamin habe jeweils halluzinogene Wirkung gehabt, so wie LSD Pilze. Die Wirkung beschrieb er mit verzerrten Formen, verschiedenen und verzerrten Farben. Man sehe nichts mehr realistisch. Es sei sedierend, schmerzstillend. Man nehme die Wahrnehmung anders wahr (sic). Wenn man (z.B.) auf eine Pflanze schaue, sei es eine Blume, man sehe aber ein lachendes Gesicht. Es sei im Moment die potenteste Droge auf dem Markt. Sie führe zu Gedächtnisverlust und sei extrem schlecht für das Immunsystem (Urk. D1/3/6 S. 7 f. F/A 43 ff.). Diese Ausführungen beschreiben augenscheinlich nur allgemein die Wirkungen von Ketamin bzw. allenfalls eine (ebenfalls nur allgemein beschriebene) halluzinogene Wirkung beim Beschuldigten in der Vergangenheit. Es fällt jedoch auf, dass der Beschuldigte nicht etwa sagte, er habe vorliegend infolge von Ketaminkonsum
nichts mehr realistisch gesehen statt einer Blume ein lachendes Gesicht, sondern man sehe so etwas. Ausserdem gab der Beschuldigte in derselben Einvernahme auf Vorhalt seiner Aussage vom 7. Januar 2015, wonach man mit Ketamin eine ganz andere Zeitwahrnehmung bzw. eine Wahrnehmungsveränderung habe, die Sinne sich veränderten, es teilweise zu Halluzinationen bzw. Wahnvorstellungen komme und es eigentlich das LSD des
21. Jahrhunderts sei sowie die Frage, woher er das wisse, an, das habe er im Internet gelesen (a.a.O., S. 8 F/A 51 ff.). Insgesamt fehlt in diesen Aussagen des Beschuldigten jeder Hinweis auf eine halluzinogene Wirkung im Tatzeitpunkt, geschweige denn auf eine psychotische Verarbeitung der damaligen Situation. Vielmehr unterstreichen diese Aussagen die Feststellung von Prof. Dr. M. , wonach der Beschuldigte dazu tendiere, eine Expertenrolle einzunehmen und mit einer gewissen Selbstverständlichkeit über typische Wirkungen und Nebenwirkungen der Substanzen zu dozieren (Urk. D1/17/22 S. 159; vgl. zum Ganzen in diesem Sinne bereits Urk. 360 S. 66 f. E. II.3.6.7.2.3.). Auch aus der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 15. Juli 2015, wo es an einer Stelle um Psychosen wahnhafte Halluzinationen ging (Urk. D1/3/9 S. 2 F/A 2 ff.), finden sich in den Aussagen des Beschuldigten keinerlei Hinweise auf ein psychotisches Erleben im Tatzeitpunkt, womit festzustellen bleibt, dass der Beschuldigte bis und mit der Einvernahme am 15. Juli 2015 – also ein gutes halbes Jahr nach der Tat – nie von Halluzinationen psychotischem Erleben im Tatzeitpunkt berichtete so etwas auch nur andeutete (vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 67 f. E. II.3.6.7.2.4.). All dies spricht klar gegen ein tatsächlich stattgefundenes psychotisches Erleben im Tatzeitpunkt sondern vielmehr für ein rein prozesstaktisches Nachschieben einer solchen Version.
Beachtlich ist weiter, dass der Beschuldigte diverse Verhaltensweisen schilderte, die ihn durchaus als zeitlich und örtlich orientiert erscheinen lassen, und die im Widerspruch zu einem psychotischen Erleben im Tatzeitpunkt stehen. So führte er selber aus, er habe zu †G. gesagt We're friends (Urk. D1/ 3/1
S. 6 F/A 31) bzw. habe versucht, diesen zur Vernunft zu bringen und geschrien: We are friends, not enemies (Urk. D1/3/2 S. 3 und Urk. D1/3/3 S. 12 F/A 82),
womit er †G.
offenbar noch als Freund (und eben gerade nicht als ihm
feindliches Alien) wahrnahm. Weiter schilderte der Beschuldigte, er habe zu
†G. gesagt: Stop it. Hör auf, was ist mit dir los? (Urk. D1/3/3 S. 12 F/A 82), was ebenfalls als Versuch zu verstehen ist, †G. , der laut dem Beschuldigten durchgedreht und psychopathisch gewesen sei (Urk. D1/3/2), zur Vernunft zu bringen. Weiter gab der Beschuldigte an, als er [der Beschuldigte] am Boden gelegen habe, habe er †G. damit gedroht, die Polizei zu rufen (Urk. D1/3/3 S. 11 F/A 74). Gleichermassen gegen ein psychotisches Erleben spricht der Umstand, dass der Beschuldigte, wie weiter vorne dargelegt, das Geschehen immer noch mit zahlreichen wahren Elementen versetzt wahrgenommen hat. Weiter wirkt das Verhalten des Beschuldigten im direkten Anschluss an die Tat – er ging duschen, zog sich um, prüfte, ob †G. noch lebte, und zwar indem er diesem an der Unterhose zog, alarmierte die Polizei etc.
doch recht strukturiert, was ebenfalls im Widerspruch zu einem unmittelbar davor stattgefundenen psychotischen Erlebnis steht. Gleich verhält es sich mit seiner Schilderung, wonach er versucht habe, die Wasseraufbereitungsmaschine aus der Bar zu holen, um die Wunden von †G. zu waschen und dadurch zu sehen, wie schlimm es sei und um ihm [†G. ] erste Hilfe zu leisten (Urk. D1/3/2 S. 3 und Urk. D1/3/3 S. 4 F/A 24). Die genannten Umstände sprechen für ein jedenfalls noch einigermassen intaktes Steuerungsverhalten. Sie lassen sich zudem mit dem pharmakologisch-toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin vom 15. Januar 2015 in Übereinstimmung bringen (Urk. D1/6/5). Gemäss den eigenen Angaben des Beschuldigten, habe †G. denn auch (viel) mehr Drogen als er konsumiert (Urk. D1/3/1 S. 11 F/A 83 und 86), was sich ebenfalls mit den Resultaten der beiden pharmakologischtoxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin vom 15. Januar 2015 in Übereinstimmung bringen lässt (Urk. D1/6/5 und Urk. D1/7/11). Gemäss eigenen Beschreibungen des Beschuldigten, habe er überdies eine hohe Toleranz gehabt
(Urk. D1/3/1 S. 10 F/A 77; Urk. 24/4 S. 5), wohingegen †G.
es nicht so
vertragen habe (Urk. 24/4 S. 5). Der Beschuldigte war insofern drogengewöhnt und mit den Wirkungen von Ketamin und Kokain vertraut.
Aufhorchen lässt auch eine Passage im Gutachten von Prof. Dr. M. vom 11. April 2016, wonach der Beschuldigte auf einen Aufenthalt in der
Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich im Jahr 2011 angesprochen angab, man habe ihm damals gesagt, dass er eine Psychose habe, er denke jedoch, dass das alles der massive Drogenkonsum gewesen sei. Auf jeden Fall habe er so etwas wie 2011 nie mehr erlebt (Urk. D1/17/22 S. 124 f.). Auch das spricht eher gegen ein psychotisches Erleben im Tatzeitpunkt.
Schliesslich erscheint das geltend gemachte psychotische Erleben im Tatzeitpunkt auch im Gesamtkontext, d.h. unter Berücksichtigung der übrigen Ausführungen des Beschuldigten zum Tatgeschehen, welche als widersprüchlich, karg, lückenhaft, über weite Strecken wahrheitswidrig bzw. den objektiven Gegebenheiten widersprechend und letztlich im Ganzen als nicht überzeugend zu taxieren sind, als reine Schutzbehauptung.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass bereits die Analyse der Genese der Aussagen des Beschuldigten klar gegen deren allgemeine Glaubhaftigkeit spricht, passte er diese doch laufend nach seinem Gutdünken dem Stand der Untersuchung an. Zunächst behauptete er eine Notwehrsituation, was (jedenfalls aus einer Laienperspektive) relativ nahe lag und sogar insoweit einen wahren Kern hatte, als †G. den Beschuldigten in den Wohnzimmertisch geschubst hatte und es anschliessend zu einem Kampf kam. Nachdem ihm diese Version nicht weiterhalf und er insbesondere weiter in Untersuchungshaft verblieb, berief sich der Beschuldigte auf einen Gedächtnisverlust, was wie ausgeführt als reine Schutzbehauptung anzusehen ist. Schliesslich wurde dann viel später neu ein psychotisches Erleben im Tatzeitpunkt geltend gemacht, was ebenfalls unglaubhaft ist. Wie dargelegt, sind die einzelnen Ausführungen zum Tatgeschehen widersprüchlich, karg, lückenhaft und über weite Strecken wahrheitswidrig, was sich alles auch eingedenk des Zustands des Beschuldigten im Tatzeitraum nie hinreichend plausibel erklären liess. Nochmals sei – das Ausgeführte teilweise rekapitulierend – im Einzelnen auf Folgendes hingewiesen: Augenfällig ist zu- nächst, dass die Aussagen des Beschuldigten von allem Anfang überwiegend
selbstentlastender und †G.
belastender Natur sind, was unter den
gegebenen Umständen nicht überzeugt. Unverkennbar sind sodann die starken Strukturunterschiede in den Aussagen des Beschuldigten, fiel doch dessen
Bericht über den eigentlich relevanten Tatbestand, d.h. das Kerngeschehen, ausnehmend karg aus, währendem er hinsichtlich Nebensächlichkeiten, welche vor allem den Zeitraum vor und nach der Tat betrafen, merklich detailliertere und authentische Angaben machte. Seine Angaben zum Tatgeschehen bestanden im Wesentlichen in der Darstellung, †G. habe ihn angegriffen und er habe sich zur Wehr gesetzt. Was seine Gewalthandlungen gegen †G. betrifft bzw. die dazu verwendeten Tatwerkzeuge, machte der Beschuldigte im Wesentlichen beschönigende und unwahre Aussagen. An den Aussagen des Beschuldigten zum Kerngeschehen fällt sodann vor allem deren Lückenhaftigkeit auf. Keine Ausführungen machte er etwa dazu, was sich in der Küche abgespielt hatte, wie es überhaupt dazu kam, dass †G. schliesslich am Boden lag, währendem er selbst aufrecht über ihm stand, wie die anderen Gegenstände, mit denen er nebst dem schwarzen Kerzenständer erwiesenermassen auch noch auf den Kopf seines Opfers einschlug, ins Spiel kamen, wie es kam, dass schliesslich eine Vielzahl verschiedener Objekte auf dem Boden verstreut und auf dem Leichnam lagen auf welchem Weg sein Mobiltelefon und einer der Deko-Nikoläuse ihren Weg ins Freie fanden. Ebenso wenig äusserte sich der Beschuldigte zur enormen Anzahl der zum Teil wuchtigen Schläge gegen den Kopf von †G. und blieb auch eine Erklärung, wie die Kerze in den Mund von †G. gelangte und wieso er dessen bereits reglosen Körper noch wegzog, schuldig – von einer ansatzweise nachvollziehbaren Reihenfolge der Ereignisse ganz zu schweigen. Nur wenige Angaben machte der Beschuldigte auch zur Reaktion von †G. auf die Schläge und deren Verletzungsfolgen. Vor Gericht konnte wollte der Beschuldigte weder weitere Details nennen noch die zahllosen Widersprüche kommentieren auflösen. Damit sind gewichtige Umstände vorhanden,
welche die Schlussfolgerung im Gutachten von Prof. Dr. M.
vom
April 2016 – Hypothese eines psychotischen Rauschverlaufs, der zu einer Aufhebung der Einsichtsfähigkeit bezüglich der Tötungshandlung und einer Aufhebung der Schuldfähigkeit geführt habe (Urk. D1/17/22 S. 201) – zu erschüttern vermögen (vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 73 f. E. II.3.6.8.). Anzumerken bleibt, dass soweit im Gutachten von Prof. Dr. M. als Indiz für eine psychotische Motivation der Tat die fehlende Vorgeschichte eines Konflikts
zwischen dem Beschuldigten und †G.
genannt wird (Urk. D1/17/22
S. 198 f.), dem nicht zugestimmt werden kann, da es zwischen dem Beschuldigten und †G. erstelltermassen einen Konflikt gab (vgl. dazu vorne unter E. II.3.1.7.). Die Hypothese im Gutachten von Prof. Dr. M. ist überdies auch deshalb schlecht nachvollziehbar, weil er als Begründung im Wesentlichen vorbringt, dass die Schilderung des Beschuldigten von der Taxifahrt nach
R.
mit der anfänglichen Realitätsentfremdung bis hin zu psychotischen
Vorstellungen, der Taxifahrer führe etwas im Schilde, auf eine spätere Aufhebung der Schuldfähigkeit hindeute. Abgesehen von früheren Vorfällen mit halluzinatorichen Erscheinungen und dem nachfolgenden Drogenkonsum vor der Tat brachte der Gutachter im Wesentlichen keine weiteren Argumente für seine Hypothese vor (Urk. D1/17/22 S. 197-201). Auch in seiner Stellungnahme vom
ai 2017 wies Prof. Dr. M.
darauf hin, dass der Beschuldigte bei der
Taxifahrt durchaus noch rational handeln konnte (Urk. 287 S. 2 f.). Im Übrigen sei an dieser Stelle lediglich der Vollständigkeit halber nochmals auf die diversen weiteren Tatumstände (frühere psychotische Episoden unter Ketamineinfluss, die Verwüstung am Tatort und das Chaos um den Leichnam herum, die bizarre Tatausführung, die Unausgewogenheit der Verletzungsbilder, die verhaltene Abwehr von †G. , den unerklärlichen Gewaltexzess angesichts der zuvor guten und unauffälligen Stimmung, die wechselhaften Reaktionen des Beschuldigten und seine erhaltene Hoffnung in Bezug auf den Zustand von
†G. beim Eintreffen der Polizei) verwiesen, die gemäss den für die Kammer verbindlichen Ausführungen des Bundesgerichts weder für sich alleine noch zusammengenommen den Schluss zulassen, dass die Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitpunkt aufgehoben gewesen wäre (Urk. 569 S. 22 E. 4.9.3 bzw. vorne unter E. II.3.1.6.)
Die ursprünglich vom Gutachter Prof. Dr. M. favorisierte Hypothese eines psychotischen Rauschverlaufs, der zu einer Aufhebung der Einsichtsfähigkeit bezüglich der Tötungshandlung geführt hat (Urk. D1/17/22 S. 201), ist somit wie ausgeführt nicht haltbar, da diese Hypothese im Wesentlichen auf den Angaben des Beschuldigten beruht, die nicht verwertbar bzw. nicht glaubhaft sind. Mit dem vorinstanzlichen Beschluss vom 4. April 2017 (Urk. 268) in
Verbindung mit dem Schreiben vom 18. April 2017 (act. 279) wurde Prof. Dr.
M.
ergänzend gefragt, ob sich die Hypothese eines psychotischen
Rauschverlaufs mit aufgehobener Schuldfähigkeit bei Nichtberücksichtigung der Angaben des Beschuldigten verändere. Bei Nichtberücksichtigung der Angaben des Beschuldigten bzw. unter der Annahme, dass diese nicht den Tatsachen
entsprechen, ist gemäss der Stellungnahme von Prof. Dr. M.
vom
12. Mai 2017 davon auszugehen, dass keine psychotischen Rauschphänomene und insbesondere keine psychotischen Rauschphänomene, die die Wahrnehmung des späteren Opfers betrafen, vorlagen. Somit ist […] davon auszugehen, dass die Verfassung [des Beschuldigten] nicht bzw. nicht gravierend von halluzinatorischen Phänomenen und Fehldeutungen der Realität gekennzeichnet war. Damit würde die Diagnose einer gemischten Substanzintoxikation mit Wahrnehmungsstörungen hinfällig. Demnach ergeben sich in dieser Variante […] keine forensisch relevanten Einbussen der Einsichtsfähigkeit (Urk. 287 S. 1 f.). Tatsachen, Indizien Parteivorbringen, aus denen sich ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit dieser Darlegungen aufdrängen bzw. welche diese Ausführungen des Gutachters ernstlich erschüttern würden, sind nicht vorhanden. Damit ist auch ausgeschlossen, dass sich der Beschuldigte aufgrund psychotischen Erlebens in Todesangst wähnte (vgl. in diesem Sinne Urk. 360 S. S. 82 E. II.3.8.).
Prof. Dr. M.
führte in seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2017
sodann weiter aus, was folgt: Wenn das Gericht […] davon ausgehen sollte, dass [der Beschuldigte] im Rahmen eines Streites um die Musik bzw. das Ketamin in der Tat (d.h. ohne psychotische Fehldeutungen der Handlungen des Opfers bzw. einer verzerrten Wahrnehmung von [†G. ]) initial und auch unerwartet von [†G. ] attackiert worden wäre, käme [dem Beschuldigten] zumindest initial keine aktive bzw. auf eine Eskalation hinwirkende Rolle zu. Vielmehr wäre er akut zu einer Reaktion gezwungen gewesen und diese Reaktion wäre infolge des Kokainkonsums überschiessend aggressiv ausgefallen. Vor diesem Hintergrund kommt aus hiesiger Sicht auch eine schwere Minderung der Schuldfähigkeit in Frage, wobei diese Variante einer impulsiv-aggressiven Reaktion aus dem Moment heraus jedoch nur die initiale Phase des Kampfes abdeckt. Darüber
hinaus will der [der Beschuldigte] […] nach einer heftigen Attacke von [†G. ] nicht nur initial, sondern bis zuletzt um sein Leben gekämpft haben. Demnach hätte er – unter dem Einfluss der enthemmenden Substanz Kokain stehend – aus einer für ihn überraschenden und als lebensbedrohlich interpretierten Situation heraus nicht nur überschiessend aggressiv reagiert. Vielmehr wäre, wenn das Gericht [dem Beschuldigten] soweit folgt bzw. folgen kann, dass er sich initial aber auch im weiteren Verlauf des Kampfes in Lebensgefahr sah, unter Berücksichtigung der jeweiligen körperlichen Konstitution der Opponenten und der gering ausgeprägten Verletzungen des [Beschuldigten] von einer gravierenden Fehleinschätzung bzw. Fehldeutung der Situation auszugehen. Diese kann dann als Ausdruck einer besonders schwerwiegend ausgeprägten Kokainbzw. gemischten Kokain- und Ketaminintoxikation gelten. Somit würde diese Variante sogar eine Aufhebung der Schuldfähigkeit begründen. Allerdings basiert diese Annahme einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit auf einer gravierenden Fehlwahrnehmung bzw. -einschätzung der Situation, was wiederum den Bereich psychotischer Rauschphänomerie tangiert. Diese sollten jedoch gemäss Vorgaben [des Gerichts] ausgeschlossen werden. Daher kommt aus hiesiger Sicht, wenn man die in beiden Fragen enthaltenen inhaltlichen Vorgaben kombiniert, keine Aufhebung der Schuldfähigkeit in Frage (Urk. 287 S. 4). Zusammenfassend führte der Gutachter zur Frage, wie sich die Schuld(un)fähigkeit des Beschuldigten beurteile, wenn ein unter Substanzeinfluss geführter Streit, ausgelöst durch die schwedische Volksmusik und den Ketaminsack, angenommen werde, aus: Nach dieser Variante des Tatgeschehens ist vor dem Hintergrund des Tatortbilds bzw. der massiven Verletzungen des Opfers von einer durch eine gemischte Kokain- und Ketaminintoxikation ohne psychotische Phänomene begünstigten, überschiessend aggressiven Tatbegehung auszugehen. Insbesondere Kokain kann aggressive Durchbrüche bzw. eine Enthemmung aggressiver Verhaltensbereitschaften begünstigen. Auch die vorab einvernehmliche Interaktion zwischen beiden Beteiligten sowie das auch in dieser Variante vorliegende Missverhältnis zwischen dem Anlass des Streites und dessen Ergebnis, sprechen dafür, dass substanzbedingte Enthemmungsphänomene für
das vorgeworfene Delikt relevant waren. Demzufolge ist von forensisch relevanten Einbussen der Steuerungsfähigkeit und aus psychiatrischer Perspektive von einer zumindest mittelgradigen Minderung der Schuldfähigkeit auszugehen. Die Frage, ob eine schwere Minderung gar eine Aufhebung der Schuldfähigkeit vorlag, hängt entscheidend davon ab, ob und inwiefern das Gericht nachvollziehen kann, dass [der Beschuldigte] vom späteren Opfer initial und auch überraschend angegriffen wurde, was die Feststellung einer schweren Schuldminderung begründen kann. Wenn man davon ausgeht, dass sich [der Beschuldigte] aufgrund dieser Attacke initial und auch im weiteren Verlauf des Kampfes in einer sein Leben unmittelbar bedrohenden Situation sah, kann sogar von einer Aufhebung der Schuldfähigkeit gesprochen werden. In dieser Konstellation befindet man sich dann jedoch wieder in einer Tatvariante, die derjenigen ähnelt, die gemäss der […] Vorgabe des Gerichts ausgeschlossen werden sollte. Somit kommt in der·Kombination beider Fragen aus hiesiger Sicht nur eine mittelgradige bzw. schwere Minderung der Schuldfähigkeit in Betracht (Urk. 287, S. 5 f.).
Die Ausführungen des Gutachters überzeugen. Wie dargelegt, ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte im Rahmen eines Streits wegen der schwedischen Volksmusik bzw. seines Vorschlags, mit den Drogen aufzuhören, von †G. überraschend in den Glastisch gestossen wurde. Darauf konnte er in einer ersten Phase noch adäquat reagieren (indem er †G. etwa mit der Polizei drohte und fragte, was mit ihm los sei; vgl. dazu Urk. D1/3/3 S. 11 f. F/A 74 und 82), wobei es dann im weiteren Verlauf des Streites zu einer deutlich überschiessend aggressiven Reaktion des Beschuldigten kam, die, wie der Gutachter schlüssig darlegt, insbesondere durch den Kokainkonsum begünstigt wurde. Auch die Folgerung, dass vor dem Hintergrund des Tatortbilds, der massiven Verletzungen des Opfers, der vorab einvernehmlichen Interaktion zwischen den beiden Beteiligten sowie dem Missverhältnis zwischen dem Anlass des Streits und dessen Ergebnis substanzbedingte Enthemmungsphänomene relevant waren, überzeugt, ebenso das darauf basierende Resultat einer mittelgradigen bis schweren Minderung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten(vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 86-88 E. II.4.4.1.-4.4.3.). Nachdem eine
Aufhebung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten ausgeschlossen werden kann, ist mit dem Gutachter von einer mittelgradigen bis schweren Minderung der Schuldfähigkeit auszugehen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nicht erstellt ist, dass der Beschuldigte †G. als ihm feindliches Alien wahrnahm bzw. (sonstwie) in seiner Vorstellung in jeder Phase des Tatgeschehens um sein Leben gekämpft hat. Dieses Ergebnis stützt sich namentlich auf folgende Umstände: Die ersten Aussagen des Beschuldigten enthalten recht rationale Schilderungen des Tatgeschehens. Insbesondere beschrieb der Beschuldigte, wie er versucht habe,
†G.
zur Vernunft zu bringen und geschrien habe We are friends, not
enemies. Er nahm †G. offenbar noch als Freund wahr. Der Beschuldigte
schilderte auch, wie er †G.
gedroht habe, die Polizei zu rufen. Auch das
Verhalten des Beschuldigten im direkten Anschluss an die Tat wirkt recht strukturiert und rational, indem er namentlich angab, er habe versucht, die Wasseraufbereitungsanlage aus der Bar zu holen, um die Wunden von †G. zu waschen und dadurch zu sehen, wie schlimm es sei. Die genannten Umstände, welche gegen ein psychotisches Erleben sprechen, lassen sich zudem mit dem Ergebnis des pharmakologisch-toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin vom 15. Januar 2015 und der Tatsache, dass der Beschuldigte drogenbzw. ketamingewöhnt war, in Übereinstimmung bringen. Überdies erscheint das vom Beschuldigten geltend gemachte psychotische Erleben unter Berücksichtigung seiner übrigen Ausführungen zum Tatgeschehen, die wie ausgeführt letztlich im Ganzen als unglaubhaft und nicht überzeugend zu taxieren sind, als reine Schutzbehauptung. Die diversen weiteren Tatumstände lassen wie ausgeführt weder für sich allein noch zusammengenommen den Schluss zu, dass die Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitpunkt aufgehoben gewesen wäre. Mit dem Gutachter ist jedoch von einer mittelgradigen bis schweren Minderung der Schuldfähigkeit auszugehen.
Gemäss den Vorgaben des Bundesgerichts waren die gutachterlichen Ausführungen anhand der vorhandenen Beweismittel dahingehend zu überprüfen, ob der Beschuldigte in seiner Vorstellung in jeder Phase des Tatgeschehens um
sein Leben gekämpft hat und welche Schlüsse sich daraus zur Schuldfähigkeit ergeben (Urk. 569 S. 23 f. E. 4.10 und E. II.3.1.8.). Mit anderen Worten ging es nicht darum, den Gutachter ergänzend zu seinen Ausführungen zu befragen, sondern seine Ausführungen anhand der Beweismittel zu überprüfen. Eine erneute Befragung des Gutachters würde denn auch keine neuen relevanten Erkenntnisse für die Frage der Schuld(un)fähigkeit liefern. Seine Ausführungen sind klar und verständlich. Es handelt sich lediglich um einen dialektischen Streit, wann und wo der Beschuldigte was gegenüber dem Gutachter ausgeführt hat. Auf eine erneute Befragung von Prof. Dr. M. konnte daher verzichtet werden. Dieser Beweisantrag ist folglich ebenfalls abzuweisen.
Vorsatz
Was die Frage des Vorsatzes betrifft, kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 360 S. 88-90 E. II.4.5.1.-4.5.3. sowie E. II.5.), mit der davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich handelte.
Rechtliche Würdigung
Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist zutreffend (Urk. 360 S. 176 f.
E. VI.1.), darauf kann ebenfalls verwiesen werden. Der Rechtfertigungsgrund der Notwehr gemäss Art. 15 StGB wurde von der Vorinstanz ebenfalls zutreffend abgehandelt (a.a.O. S. 197 f. E. VII.3.2.4.1.-3.2.4.4.; vgl. auch nachfolgend
E. IV.2.1.4.). Auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden. Gegen Notwehr spricht letztlich auch, dass der Beschuldigte gemäss eigenen Anga-
ben die Oberhand hatte und er †G.
physisch überlegen war (Urk. D1/3/1
S. 2 F/A 5) sowie kaum Verletzungen erlitt. Putativnotwehr kann ebenfalls verworfen werden, zumal wie gezeigt nicht erstellt ist, dass der Beschuldigte in seiner Vorstellung in jeder Phase des Tatgeschehens um sein Leben gekämpft hat.
Ergebnis
Der Beschuldigte ist in Bezug auf Dossier 1 der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB schuldig zu sprechen.
1. Anklagevorwurf
Was den Anklagevorwurf anbelangt, so kann diesbezüglich auf die Ausführungen im Entscheid der Kammer vom 27. November 2019 (Urk. 510 S. 96-98 E. IV.1.2. [inkl. Parteistandpunkte]) verwiesen werden und ist dazu mit dem Bundesgericht (Urk. 569 S. 4 f. E. B.b) rekapitulierend festzuhalten, dass der Beschuldigte seine
damalige Verlobte die Privatklägerin F.
in der Nacht vom 17. auf den
18. Oktober 2014 in einem Hotelzimmer in V.
sexuell genötigt und vergewaltigt haben soll. Er habe zunächst im Badezimmer des gemeinsamen Hotelzimmers gegen den Willen der Privatklägerin F. Analverkehr vollzogen, in dessen Rahmen sie kopfüber in die Badewanne gefallen sei. Anschliessend habe der Beschuldigte sie an beiden Armen aus der Badewanne gerissen, ihr ein gefaltetes Badetuch auf das Gesicht gedrückt und gleichzeitig ihren Hinterkopf festgehalten, sodass sie keine Luft mehr bekommen habe und ihr schwarz vor Augen geworden sei. Gleichzeitig habe er gedroht, ihr weiterhin das Badetuch auf das Gesicht zu drücken bzw. sie zu ersticken, wenn sie mit dem Schreien nicht aufhöre. Als sie wegen der Drohung mit Schreien aufgehört habe, habe er die um
Luft ringende und zum Widerstand unfähige Privatklägerin F.
ins Schlafzimmer gezogen und auf das Bett gestossen. Dort habe er sie wie eine leblose Puppe in verschiedene Positionen gebracht und vaginal penetriert. Anschliessend habe er sie aufgefordert, ihn oral zu befriedigen. Diesem Wunsch sei die zu Tode
verängstigte Privatklägerin F.
angesichts der vorangegangenen und aus
Angst vor weiterer Gewalt nachgekommen. Schliesslich habe der Beschuldigte die Privatklägerin F. im Vaginalbereich gegen ihren Willen geleckt.
Erwägungen des Bundesgerichts
Nach verschiedenen Ausführungen rechtlicher Natur (Urk. 569 S. 29 f.
E. 5.3) erachtete das Bundesgericht die Rügen der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und der Privatklägerin F. teilweise als begründet (a.a.O., S. 31 E. 5.4) und führte dazu aus, was folgt:
Als gerichtsnotorisch darf gelten, dass Opfer von Sexualdelikten aus verschiedenen Gründen, namentlich aus Angst und Scham, oftmals auf eine Anzeigeerstattung verzichten (vgl. GESELLSCHAFT FÜR SOZIALFORSCHUNG BERN, Schlussbericht zur Befragung sexuelle Gewalt an Frauen in der Schweiz, 2019,
S. 16 f.; MARIANNE SCHWANDER, Das Opfer im Strafrecht, 3. Aufl. 2019, S. 125; SCHWARZENEGGER UND ANDERE, Häusliche Gewalt, rechtliche Instrumente zum Schutz der Opfer und ihre Wirksamkeit, in: 7. Zürcher Präventionsforum - Häusliche Gewalt, 2015, S. 44; Bericht des Bundesrats vom 27. Februar 2013 in Erfüllung des Postulats Fehr 09.3878 Mehr Anzeigen, mehr Abschreckung vom
24. September 2009 S. 2, 7). Ausserdem befinden sich Betroffene nach einem traumatischen Erlebnis wie etwa einer Vergewaltigung nicht selten in einem Zustand des Schocks und der Erstarrung. In diesem Zustand kommt es zu Verdrängungsresp. Verleugnungsbestrebungen, welche dazu führen, dass sich das Opfer (in einer ersten Phase) niemandem anvertraut (vgl. Urteile 6B_17/2016 vom 18. Juli 2017 E. 1.4.2; 6B_1149/2014 vom 16. Juli 2015 E. 5.9.2;
FISCHER/RIEDESSER, Lehrbuch der Psychotraumatologie, 5. Aufl. 2020, S. 101,
173 f., 370; SCHWANDER, a.a.O., S. 135; STANG/SACHSSE, Trauma und Justiz,
2. Aufl. 2014, S. 204). Wenn überhaupt teilen sich deshalb viele Betroffene erst später – nach Tagen, Monaten gar Jahren – über das Vorgefallene mit und zeigen bis dahin kaum äusserlich wahrnehmbare Reaktionen auf das Erlebte (vgl. Urteile 6B_1047/2016 vom 24. August 2017 E. 1; 6B_1149/2014 vom 16. Juli 2015 E. 5.9.2; 1P.180/1997 vom 12. Juni 1997 E. 3a; MICHAELIS-ARNTZEN,
Die Vergewaltigung, 2. Aufl. 1994, S. 27, 48). Wie von den Beschwerdeführerinnen zutreffend vorgebracht, liefern die Wissenschaft und die allgemeine Lebenserfahrung gemäss den vorangehenden Ausführungen nachvollziehbare Erklärungen dafür, weshalb die Beschwerdeführerin 2 mit der Einreichung ihrer Anzeige rund 13 Monate lang zugewartet hat, und auch dafür, dass sie sich am Folgetag gegenüber der Schwester des Beschwerdegegners und den Zeuginnen W. und AA. (ebenfalls beides Personen aus dem Umfeld des Beschwerdegegners) nichts anmerken liess. Mit der von ihr und ihrer Therapeutin übereinstimmend geschilderten Angst vor dem Beschwerdegegner (vgl. angefochtenes Urteil S. 102, act. D3/7/4 S. 12) liegen legitime und
namentlich aus der Viktimologie bekannte Gründe für die späte Anzeigeerstattung und ihr vermeintlich normales Auftreten am Tag nach der Tat vor. Ihr Verhalten entspricht somit einem bei Opfern von Sexualdelikten verbreiteten Phänomen. Den Aussagen der Beschwerdeführerin 2 mit dem Verweis auf die späte Anzeigeerstattung sowie ihren (für Dritte wahrnehmbaren) Zustand am Tag nach dem Vorfall die allgemeine Glaubhaftigkeit abzusprechen, wie es die Vorinstanz tut, ist mithin unhaltbar und damit willkürlich. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin 2 zu Protokoll gegeben hat, ihrem damaligen Rechtsvertreter
Dr. K.
und dessen Substitutin L.
bereits am 15. Januar 2015 vom
Vorfall in V. berichtet zu haben (act. D3/3/4 S. 32 f.). Für die Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte der Aussagen der Beschwerdeführerin 2 kommt ihren
im Büro von Dr. K.
relativ früh nach dem streitigen Vorfall getätigten
Angaben grosse Bedeutung zu (vgl. BGE 129 I 49 E. 6.1; Urteile 6B_921/2017 vom 29. April 2019 E. 3.2.2; 6B_326/2009 vom 3. September 2009 E. 2.1; je mit Hinweisen). Mittels Befragung des Anwalts und dessen Substitutin hätte sich verifizieren lassen, ob die beiden, wie von der Beschwerdeführerin 2 behauptet, damals tatsächlich über die Vergewaltigungsvorwürfe informiert wurden und was sie dabei genau in Erfahrung gebracht haben. Indem die Vorinstanz es trotz ihrer Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin 2 unterlässt,
Dr. K.
und Frau L.
zur Sache zu befragen, erachtet sie den
angeklagten Sachverhalt gestützt auf eine unvollständige Beweislage als nicht erwiesen. Sie verletzt ihre Ermittlungspflicht und damit Bundesrecht (vgl. 5.3.1 f. hiervor). Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich grundsätzlich, die weiteren Rügen der Beschwerdeführerinnen detailliert zu behandeln. Aus Gründen der Prozessökonomie wird aber dennoch auf einige Punkte eingegangen, soweit dies im jetzigen Verfahrensstadium geboten erscheint. (Urk. 569 S. 31 f. E. 5.4.1).
Ob den Aussagen der Beschwerdeführerin 2 entsprechend den vorinstanzlichen Erwägungen aufgrund ihres aussergewöhnlichen Detailreichtums im ersten Teil des Tatgeschehens die Glaubhaftigkeit abzusprechen ist, kann aufgrund der von der Vorinstanz ohnehin neu vorzunehmenden Beweiswürdigung offen gelassen werden. Angemerkt sei nur Folgendes: Traumatische Erlebnisse werden gemäss wissenschaftlichen Erkenntnissen anders verarbeitet als alltägliche Vorkommnisse. Einerseits können Erinnerungsverzerrungen und Gedächtnisausfälle auftreten, namentlich hervorgerufen durch Verdrängungsbestrebungen (FISCHER/RIEDESSER, a.a.O., S. 177; STANG/SACHSSE, a.a.O., S. 90 ff.). Andererseits bleibt bei gewissen Opfern eine grosse Anzahl von Einzelheiten des traumatischen Erlebnisses im Gedächtnis haften resp. wird dieses praktisch vollständig erinnert (SCHWANDER, a.a.O., S. 134; ANDREAS GEIPEL, Handbuch der Beweiswürdigung, 3. Aufl. 2017, S. 701; STANG/SACHSSE, a.a.O., S. 90 ff.; EGLOFF UND ANDERE, Traumatization and chronic pain: a further model of interaction, Journal of Pain Research 2013/6 S. 767; GABRIELE JANSEN, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Aufl. 2012, S. 218). Detailreichtum, insbesondere wenn er Nebenschauplätze betrifft, stellt denn auch ein gängiges, bei der Aussageanalyse zu beachtendes Realitätskennzeichen dar (Urteile 6B_442/2019 vom 26. August 2019 E. 6.3.2; 6B_253/2011 vom 5. Oktober 2011
E. 1.3.2; GEIPEL, a.a.O., S. 794 ff.; JANSEN, a.a.O., S. 313; je mit Hinweisen).
Diese Erkenntnisse und theoretischen Hintergründe wird die Vorinstanz bei der Würdigung der Aussagen der Beschwerdeführerin 2 zu berücksichtigen haben. Erst dann wird sie auch beurteilen können, ob der teils hohe Übereinstimmungsgrad zwischen den Aussagen der Beschwerdeführerin 2 und
denjenigen der Zeugin AB.
als Indiz für ein gezieltes Vorbereiten
wahrheitswidriger Anschuldigungen gewertet werden kann. (Urk. 569 S. 32 f. E. 5.4.2).
Alsdann kritisch zu würdigen sind die vorinstanzlichen Erwägungen zum von der Beschwerdeführerin 2 in der Vergangenheit erhobenen Vergewaltigungsvorwurf an die Adresse von AC. , aus dem die Vorinstanz eine eingeschränkte Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin 2 ableitet. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft einer Person kommt nach der Rechtsprechung kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussagen (BGE 133 I 33 E. 4.3 mit Hinweisen; Urteil 6B_349/2020 vom 25. Juni 2020
E. 2.3; GEIPEL, a.a.O., S. 336 f., 725). Die Mutmassung der Vorinstanz, die Anschuldigungen der Beschwerdeführerin 2 in Bezug auf eine mutmassliche Vergewaltigung im Sommer 2013 in AD. seien erfunden, taugt deshalb wenig,
um ihren Aussagen im vorliegenden Verfahren die Glaubhaftigkeit abzusprechen. Dies gilt umso mehr, als sie die Vorwürfe gegen AC. nie zur Anzeige gebracht hat, diese nie in einem Strafverfahren förmlich untersucht wurden und letzt-
lich völlig unklar ist, was sich damals in AD. S. 33 E. 5.4.3).
zugetragen hat. (Urk. 569
Betreffend das Kerngeschehen wertet die Vorinstanz die im Badezimmer vollzogene Analpenetration als Versehen und den anschliessenden Sturz in die Badewanne als Unfall. Wie von den Beschwerdeführerinnen zutreffend vorgetragen, sind die entsprechenden Erwägungen teilweise widersprüchlich resp. lässt die Vorinstanz wichtige Gegebenheiten ausser Acht. So erachtet sie zwar die vom Beschwerdegegner am Tag nach dem Vorfall getätigte Äusserung, er habe halt das falsche Loch getroffen, als erstellt (angefochtenes Urteil S. 114). Im Widerspruch dazu steht die Tatsache, dass er die Vornahme sexueller Handlungen am fraglichen Abend gänzlich abstritt mit der Begründung, er sei unter Drogeneinfluss gestanden, was W. , AA. und AE. übereinstimmend widerlegten (angefochtenes Urteil S. 99). Diese Differenzen übergeht die Vorinstanz genauso wie die Aussage einer ehemaligen Sexualpartnerin des Beschwerdegegners. Diese gab im Gegensatz zu ihm, der auf die Frage nach für ihn problematischen Sexualpraktiken Analsex als no go bezeichnete (Gutachten Prof. Dr. M. vom 11. April 2016 S. 133), zu Protokoll, mit dem Beschwerdegegner Analsex praktiziert zu haben (act. D3/4/11 S. 4, D3/4/12 S. 3 ff.). Indem die Vorinstanz auf die Widersprüche in den Angaben des Beschwerdegegners in sich und in Bezug auf diejenigen der erwähnten Zeugin nicht eingeht, berücksichtigt resp. würdigt sie das vorhandene Beweismaterial einseitig. Sie verfällt damit in Willkür und verletzt ihre Begründungspflicht (vgl. E. 4.2.4 und E. 5.3.4 hiervor). Sie wird unter Berücksichtigung der genannten Aussagen und der aufgezeigten Diskrepanzen prüfen müssen, ob sich die These eines versehentlichen Eindringens in den Anus halten lässt. (Urk. 569 S. 33 f. E. 5.5.1).
Was den angeklagten Gewaltakt mit dem Badetuch anbelangt, weisen die
Beschwerdeführerinnen zu Recht darauf hin, dass AF.
der Polizei bereits
am 5. Februar 2015, das heisst noch vor der Anhebung eines Strafverfahrens
wegen Sexualdelikten, von einem gewaltsamen Verlegen der Atemwege der Beschwerdeführerin 2 mit einem Badetuch berichtet hatte (angefochtenes Urteil
S. 107). Diese Aussagen in ihrer Beweiswürdigung zum Geschehen im Bade-
zimmer des V.
Hotels unberücksichtigt lassend, verletzt die Vorinstanz
wiederum die Grundsätze der Beweiswürdigung und ihre Begründungspflicht (vgl.
E. 5.3.3 f. hiervor). Ob die von der Vorinstanz festgestellten und von der Beschwerdeführerin 2 bestrittenen Widersprüche und Dramatisierungstendenzen in ihrer Darstellung von den Akten tatsächlich gestützt wird, braucht nicht weiter geprüft zu werden, denn die Vorinstanz wird auch zu diesem Teil des Tatgeschehens die Aussagen der Beschwerdeführerin 2 neu würdigen und dabei
auch diejenigen von AF. E. 5.5.2).
berücksichtigen müssen. (Urk. 569 S. 34
Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin 2 die Fortsetzung des Geschehens im Schlafzimmer (mehrfacher Vaginalverkehr sowie Oralverkehr) über sich ergehen liess, ohne aktive Gegenwehr zu leisten. Nach der Rechtsprechung kann eine tatbestandsmässige Gewaltanwendung im Sinne von Art. 189 und Art. 190 StGB aber auch dann gegeben sein, wenn das Opfer seinen Widerstand aufgrund der Ausweglosigkeit resp. aus Angst vor einer weiteren Eskalation der Situation irgendwann aufgibt (Urteile 6B_1149/2014 und 6B_1166/2014 vom 16. Juli 2015 E. 5.7.2; 6B_278/2011 vom 16. Juni 2011 E. 3.3.2; 6P.74/2004 und
6S.200/2004 vom 14. Dezember 2004 E. 9.2). Die angeklagten Handlungen im Schlafzimmer sind deshalb nicht isoliert zu betrachten. Die Vorinstanz wird im Anschluss an die neu vorzunehmende Beweiswürdigung (vgl. E. 5.4.1-5.5.2 hiervor) abklären müssen, ob aufgrund der vorangehenden Ereignisse im Badezimmer ei- ne ausweglose Situation im Sinne der zitierten Rechtsprechung gegeben war und wie die sexuellen Handlungen im Schlafzimmer strafrechtlich zu würdigen sind. (Urk. 569 S. 34 f. E. 5.5.3).
Zusammenfassend lässt die Vorinstanz bei ihrer Beweiswürdigung verschiedene bekannte Erfahrungssätze ausser Acht, erhebt resp. berücksichtigt Beweismittel teilweise unvollständig und verfällt dadurch in Willkür. Sie wird die Aussagen der Beschwerdeführerin 2 erneut auf ihre Glaubhaftigkeit hin
überprüfen müssen. Dabei wird sie zu berücksichtigen haben, dass die Angaben der Beschwerdeführerin 2 im Grundsatz von denjenigen der Zeuginnen AB.
(act. D3/4/8 S. 4 ff.), AF.
(act. D3/4/6 S. 3 ff.) und AG.
(act. D3/4/10
S. 3 ff.) sowie von denjenigen ihrer Therapeutin (act. D3/7/4/ S. 4) gestützt werden, begründen müssen, weshalb sie die Aussagen dieser Zeuginnen als
unzuverlässig erachtet. Diesfalls wird sie Rechtsanwalt Dr. K.
sowie die
Substitutin L.
zu ihrem mit der Beschwerdeführerin 2 im Januar 2015
geführten Erstgespräch zu befragen haben. Gestützt auf diese neue Beurteilung der allgemeinen Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdeführerin 2 wird sie jede Phase des Tatgeschehens im Sinne der Erwägungen 5.5.1-5.5.3 nochmals beurteilen und auf ihre Tatbestandsmässigkeit hin würdigen müssen. (Urk. 569 S. 35 E. 5.6).
Sachverhalt
Nebst den Schilderungen der Privatklägerin F.
und des Be-
schuldigten würdigte die Vorinstanz Aussagen weiterer Personen, nämlich der Schwester des Beschuldigten, AE. , W. , Mitarbeiterin der Galerie des
Vaters des Beschuldigten, AA. , eine Bekannte von AE.
und
Besucherin der Kunstmesse AH.
in V. , sowie von vier Freundinnen
der Privatklägerin F. , nämlich P. , AF. , AB.
und
AG. . Sie hat diese Aussagen ausführlich wiedergegeben (Urk. 360 S. 92- 128 E. III.2.-10.), darauf kann vorab verwiesen werden.
Ergänzend dazu wurden in Nachachtung der bundesgerichtlichen Erwägungen (vgl. dazu Urk. 569 S. 32 E. 5.4.1 bzw. vorne unter E. III.2.2.) an der Berufungsverhandlung vom 30. Mai 2022 der seinerzeitige Rechtsvertreter der Privatklägerin F. , Dr. K. , und dessen damalige Substitutin (heutige Kanzleipartnerin) L. zur Sache befragt, namentlich zur Frage, ob ihnen die Privatklägerin F. , wie von ihr ausgeführt (Urk. D3/3/4 S. 32 f. F/A 151 ff.), bereits am 15. Januar 2015 vom Vorfall in V. berichtet hatte (Urk. 671 und Urk. 675; vgl. vorne unter E. I.1.8.).
sagte aus, die Privatklägerin F.
habe ihn in
seiner Anwaltskanzlei kontaktiert, weshalb am 13. Januar 2015 ein 2.2 Stunden dauerndes Konsultationsgespräch stattgefunden habe. Daran teilgenommen
hätten er [Dr. K. ], L.
und die Privatklägerin F. . Grund des
Konsultationsgesprächs sei gewesen, dass die Privatklägerin F.
eine
Vorladung von der Polizei erhalten habe, um in den darauffolgenden Tagen zum Tötungsdelikt [Anklagevorwurf 1.1.: Tötung von †G. ] auszusagen. Sie habe
relativ bald von der Vergewaltigung in V.
zu erzählen begonnen. Er [Dr.
K. ] könne sich noch aktiv an die Besprechung erinnern. Die Privatklägerin F. habe geschildert, wie sie im Badezimmer gewesen sei und sich gefreut habe, als der Beschuldigte das Badezimmer betreten habe, weil sie gedacht habe, es gehe um Zärtlichkeiten. Plötzlich, als sie vor der Badewanne gestanden sei, sei er von hinten in ihren Anus eingedrungen, worauf sie gestürzt sei. Es sei sehr schmerzhaft gewesen. Sie habe laut geschrien, worauf der Beschuldigte ihr ein Handtuch auf das Gesicht gedrückt habe. Weiter habe sie erzählt, sie sei dann auf dem Bett gelegen und wie erstarrt gewesen. Sie habe berichtet, sie habe sich bis zum nächsten Morgen kaum getraut, sich zu bewegen, und auch am nächsten Morgen noch und auch weiterhin sehr viele Schmerzen gehabt.
Weiter habe die Privatklägerin F.
erzählt, dass sie Analverkehr absolut
ablehne und darüber auch mit dem Beschuldigten gesprochen habe. Sie habe auch erzählt, dass der Beschuldigte Analverkehr gewollt habe. Frau L. habe Notizen vom Inhalt dieses Konsultationsgesprächs gemacht (die Dr. K. samt einem Auszug aus der Leistungsverwaltung als Urk. 673/1 und Urk. 673/2 ins Recht reichte; vgl. vorne unter E. I.1.8.). Ferner führte Dr. K. auf die Frage,
weshalb die Privatklägerin F.
in mehreren Einvernahmen mit der Polizei
und mit der Staatsanwaltschaft nie etwas von den sexuellen Übergriffen im Hotel
in V.
im Oktober 2014 erzählt habe, aus, dass die Privatklägerin F.
noch nicht dazu bereit gewesen sei, das in das Verfahren einzubringen. Er gehe davon aus, habe aber kein sicheres Wissen, dass sie sich im Rahmen ihrer Therapie dazu entschlossen habe, diese Aussagen zu machen. Irgendwann habe er ja dann Strafanzeige gemacht. Er habe keine Zweifel daran, dass das, was die Privatklägerin F. ihm gesagt habe, wahr ist (Urk. 671 S. 4 ff.).
gab übereinstimmend mit Dr. K. zu Protokoll, am
13. Januar 2015 habe ein erstes Konsultationsgespräch mit der Privatklägerin F. stattgefunden, nachdem diese Anfang 2015 ihre Kanzlei aufgesucht und durch Dr. K. habe vertreten werden wollen. An der Besprechung hätten sie
[L. ], Dr. K. und die Privatklägerin F.
teilgenommen. Sie
[L. ] habe die von Dr. K. eingereichten Notizen gestützt auf die Schilderungen der Privatklägerin F. anlässlich dieser Besprechung verfasst.
Sie erinnere sich, dass die Privatklägerin F.
in dieser Besprechung von
einem sexuellen Übergriff, einer analen Vergewaltigung, in V.
in einem
Hotel erzählt habe, welche der Beschuldigte ihr [der Privatklägerin F. ]
gegenüber begangen habe. Die Privatklägerin F.
habe eindrücklich
geschildert, wie der Beschuldigte sie anal vergewaltigt habe, und dass sie ein Gleichgewichtsproblem bekommen habe, dass sie bei der Badewanne gewesen und davor Angst gehabt habe, sich anzuschlagen und nach vorne zu kippen. Sie erinnere sich auch, dass die Privatklägerin F. (gemäss ihren Angaben) ab der Aggressivität des Beschuldigten erschrocken und infolge dessen physischer Überlegenheit vor dem Badewannenrand umgekippt sei. Sie glaube auch, dass sie [die Privatklägerin F. ] sich angeschlagen habe. Das wisse sie aber nicht mehr. Die Privatklägerin F. habe auch erzählt, dass sie danach wahnsinnig Angst gehabt und im Bett gar nichts mehr gemacht habe. Nach dem Grund für die späte Strafanzeige der Privatklägerin F. gefragt, erklärte L. , sie wisse nicht genau, weshalb sie das erst später nach draussen tragen konnte. Sie wisse
noch, dass die Privatklägerin F.
an der Besprechung generell und auch
aufgrund der Geschichte in V. noch sehr aufgewühlt gewesen sei. So wie sie es verstehe, sei sie [die Privatklägerin F. ] einfach nicht in der psychischen Verfassung dazu gewesen (Urk. 675 S. 3 ff.).
Der Beschuldigte bestritt den Anklagevorwurf wie schon früher auch an der Berufungsverhandlung vom 30. Mai 2022. Im Übrigen machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht gemäss Art. 113 StPO Gebrauch (Urk. 678).
Eine Erstaussage der Privatklägerin F. , die unmittelbar auch nur in zeitlicher Nähe zum eingeklagten Sachverhalt erfolgt wäre, liegt nicht vor.
Vielmehr wurde sie im Zusammenhang mit der Tötung von †G.
zunächst
am 2. Februar 2015 von der Polizei (Urk. D1/4/2) und hernach am
29. Oktober 2015 und am 11. November 2015 von der Staatsanwaltschaft einver- nommen (Urk. D1/4/3 f. = D3/3/1 f.), wobei sie an keiner dieser Einvernahmen den nun eingeklagten Sachverhalt vortrug. Dieser wurde von ihrem damaligen Rechtsvertreter Dr. K. am 18. November 2015 zur Anzeige gebracht
(Urk. D3/1/1), worauf die Privatklägerin F.
dazu am 19. Januar 2016
erstmals staatsanwaltschaftlich einvernommen wurde (Urk. D3/3/4). Aus dem Umstand der späten Anzeigeerstattung und ihrem vermeintlich normalen Auftreten nach der Tat lässt sich nichts zuungunsten der allgemeinen Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung ableiten (Urk. 569 S. 31 f. E. 5.4.1 bzw. vorne unter E. III.2.2.). Dass die Privatklägerin F. nach den sexuellen Übergriffen mit dem Beschuldigten im Hotelzimmer blieb und Tage danach vermeintlich normal auftrat, erscheint aus ihrer Perspektive als stimmig und plausibel. Das übergriffige Verhalten war abgeschlossen und die Privatklägerin F. befand sich in einer Liebesbeziehung mit dem Beschuldigten, welche sie (zumindest in der ersten Zeit nach den Taten noch) aufrechterhalten wollte. Sie durchlief einen emotionalen Prozess, sich vom Beschuldigten, den sie geliebt hatte, zu
distanzieren. Die Privatklägerin F.
nannte für die späte Anzeigeerstattung
plausible und legitime Gründe: Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 19. Januar 2016 gab sie auf die Frage, wann sie sich zur Anzeigeerstattung entschlossen habe, an, das sei zusammen in ihrer Therapie
mit Frau AI.
geschehen, nach langen Gesprächen, aus verschiedenen
Gründen. Auf die Frage, wann das etwa gewesen sei, gab sie an, das sei ein Prozess gewesen. Es sei relativ schnell gewesen, nachdem sie bei ihr gewesen
sei. Die Frage, ab wann sie bei Frau AI.
gewesen sei, konnte die
Privatklägerin nicht umgehend beantworten. Auf Nachfrage, ob es schon vor ihrer ersten Zeugeneinvernahme erst später gewesen sei, gab sie an, nein (sic), bei der ersten Zeugeneinvernahme habe sie die Mutter von †G. gesehen. […] Sie habe sich damals gefühlt, wie wenn ich mich selber zur Schlachtbank
führe. Wenn ich aussage und A.
kommt raus, dann tötet er mich. Dann
habe ich mir überlegt, vielleicht wenn er raus kommt, sagt er mir, Schatz, es tut
mir leid, sind wir wieder gut zusammen. Dann, was wenn ich nein sage, rastet er gleich wieder aus. Und dann habe ich die Augen dieser Mutter gesehen, die ihr Kind auf so schreckliche Art verloren hat. Auch G. habe ich gut gemocht. […] Die Frage, ob sie demnach den definitiven Entscheid zur Anzeige nach der ersten Zeugeneinvernahme gefällt habe, bejahte sie. Sie habe sich gedacht, der Beschuldigte hasse sie ja sowieso schon, denn jetzt sei sie eine Verräterin, da könne er sein Rachepläne schmieden, wie er es mit andern auch getan habe. Aber sie könne nicht zusehen, wie eine Mutter ihr Kind verliere und es zu Grabe tragen müsse. Und ausserdem wolle sie nicht, dass der Beschuldigte so etwas mit einer anderen Frau wieder mache (Urk. D3/3/4 S. 27 f. F/A 121 ff.). In die gleiche Richtung gingen ihre diesbezüglichen Angaben anlässlich der Hauptverhandlung: Sie habe zunächst nicht das Gefühl gehabt, dass ihr eine Strafanzeige etwas bringe, ausser dass es ihr Gewissen beruhigen würde. Sie habe das Gefühl gehabt, ihre eigene Haut gerettet zu haben. […] Als sie dann zum Staatsanwalt gekommen sei und diese unheimlich traurige Frau [die Mutter von
†G. ] gesehen habe, habe sie das einfach nicht so stehen lassen können. Nicht so wie die anderen, die alle von der Polizei gekommen seien und gesagt hätten: Ja, es ist super gelaufen. Wir haben nichts gesagt. Sie haben nichts gefragt. Es habe sie fast erstickt. Sie habe auch gedacht, wenn sie in V. jetzt am Boden gelegen wäre… […] Sie habe einfach das Gefühl gehabt, das hätte auch ihre Mutter sein können, die jetzt hier stehe, und allen sei es einfach egal. Niemand wolle Schwierigkeiten. Es sei immerhin ein Mensch gestorben. Das habe sie absolut entsetzt. Die Tatsache, dass eine Mutter ihr Kind ohne Gesicht ins Grab trage und sie es nicht einmal mehr erkennen könne, habe sie wirklich schockiert. Und sie sei die Ex-Verlobte von diesem Mann und könnte ihr etwas erzählen, das vielleicht helfe. Sie habe das Gefühl gehabt, er [†G. ] sei irgendwie für sie eingestanden. […] (Prot. I S. 235 f.; vgl. auch Prot. I S. 263). Die Privatklägerin schildert recht farbig ein vor dem Hintergrund der gegebenen Umstände nachvollziehbares Gefühlschaos und nennt soweit überzeugend verschiedene Gründe, die sie im Rahmen eines längeren Prozesses schliesslich dazu bewogen haben, doch Anzeige zu erstatten. Die späte Anzeigeerstattung ist im Übrigen auch deshalb nachvollziehbar, weil die Übergriffe des Beschuldigten
den intimsten Bereich der damaligen Liebesbeziehung betreffen, und diese nach draussen zu tragen, naturgemäss mit einer gewissen Scham verbunden ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie mit einer Anzeige bewusst zugewartet hätte, um Zeit zur Verfügung zu haben, eine überzeugende, auf Schwachpunkte und Widersprüche durchgeprüfte Lüge zu konstruieren und einzustudieren, liegen jedenfalls keine vor.
Erwiesen ist, dass die Privatklägerin F.
ihrem damaligen Rechtsvertreter Dr. K. und dessen Substitutin L. bereits am 13. Januar 2015 im Rahmen eines Konsultationsgesprächs betreffend ihre bevorstehende polizeiliche Einvernahme zum Tötungsdelikt [Anklagevorwurf 1.1.: Tötung von
†G. ] von den inkriminierten sexuellen Übergriffen des Beschuldigten
berichtete. Aus den von der Substitutin L.
gestützt auf die Schilderungen
der Privatklägerin F.
erstellten Notizen ergibt sich insbesondere, dass
Letztere beim vorerwähnten Konsultationsgespräch von einer am 18. Oktober
2014 in einem Hotelbadezimmer in V.
stattgefundenen analen
Vergewaltigung durch den Beschuldigten erzählte. Aus den Notizen geht zudem hervor, dass sich die Privatklägerin angeschlagen habe und der Beschuldigte sie bedroht habe, weil er gewollt habe, dass sie aufhöre zu schreien (Urk. 673/2; vgl.
auch Urk. 673/1). Die Privatklägerin F.
schilderte damit bereits in diesem
frühen Zeitpunkt ziemlich konkret, was geschah. Dadurch wird einerseits die späte Anzeigeerstattung relativiert. Andererseits relativiert sich dadurch auch das Vorbringen der Verteidigung, wonach die Privatklägerin den beanzeigten Sachverhalt monatelang zusammen mit ihren Freundinnen einstudiert habe (Urk. 680/1 S. 10).
Die Privatklägerin F. liess sich nach der verzeigten Tat nicht ärztlich untersuchen, weshalb keine neutralen Feststellungen über ihren damaligen körperlichen Zustand vorhanden sind. Zunächst ist festzuhalten, dass sich auch aus diesem Umstand nichts zuungunsten der allgemeinen Glaubhaftigkeit der Darstellung der Privatklägerin F. ableiten lässt, da es auch hierfür plausible
und legitime Gründe gibt. Die Privatklägerin F.
führte dazu anlässlich der
staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 19. Januar 2016 aus, sie habe sich
nicht getraut zum Arzt zu gehen, weil sie gedacht habe, der Beschuldigte würde
hässig werden. […] Der Beschuldigte wäre in AJ.
[Staat in Europa] in
grössere Schwierigkeiten gekommen und sie wäre dann schuld gewesen. […] Sie habe Angst gehabt, vor seiner Reaktion. […] (Urk. D3/3/4 S. 18 F/A 74 f.). Auch diese Erklärung erscheint soweit plausibel und jedenfalls nicht abwegig. Bei den beschriebenen Beschwerden war eine ärztliche Konsultation denn auch nicht
zwingend erforderlich. AB.
gab an, die Privatklägerin F.
habe ihr,
wenige Tage nach der Rückkehr aus V.
(Urk. D3/4/8 S. 3 F/A 11), eine
Beule am Hinterkopf gezeigt. Sie habe dann gesagt, sie wolle die Hämatome vom
Sturz sehen, die Privatklägerin F.
habe sich aber geweigert, sich auszu-
ziehen, obwohl sie sich schon sehr lange kennen würden (a.a.O., S. 6 f. F/A
21 f.). Auch hierfür nannte die Privatklägerin F.
nachvollziehbare Gründe
(Prot. I S. 234), was aber nichts daran ändert, dass AB. abgesehen von der Beule keine weiteren Verletzungen wahrnehmen und beschreiben konnte. Die Beule wurde auch von AG. erwähnt, wobei jedoch aus der Protokollstelle nicht klar hervorgeht, ob sie diese selbst gesehen durch die Privatklägerin
F.
davon erfahren hat (Urk. D3/4/10 S. 4 F/A 18 f.), was letztlich nicht
entscheidend ist, da auch AG. aus eigener Wahrnehmung keine weiteren Verletzungen wahrnehmen und beschreiben konnte. AF. gab zu Protokoll,
die Privatklägerin F.
habe ihr gegenüber Schmerzen im Unterleib,
Schwierigkeiten mit Sitzen und Kopfschmerzen sowie Schwindel erwähnt (Urk. D3/4/6 S. 3 F/A 11), konnte indes ebenfalls keine sichtbaren Verletzungen beschreiben. Letzteres gilt im Übrigen auch für die weiteren Zeuginnen. Es kann damit davon ausgegangen werden, dass die Privatklägerin F. wenige Tage
nach ihrem Aufenthalt in V.
am Hinterkopf eine Beule aufwies, was
immerhin auf einen gewalttätigen Vorfall, wie er von ihr beschrieben wurde, hindeutet. Bemerkenswert ist freilich, dass sich die Beule offenbar am Hinterkopf
der Privatklägerin F.
befand, was angesichts des von ihr geschilderten
Tatablaufs (sie sei kopfvoran in die Badewanne geknallt; Prot. I S. 208) etwas überraschen mag, ohne diesen freilich auszuschliessen.
Die Privatklägerin F.
gab an, sie habe P. , AB.
und
AF. , ihrer Freundin AK. und AG. von den sexuellen Übergriffen
erzählt (Urk. D3/3/4 S. 21 f. F/A 92 ff.). P. , AB.
und sie seien vor
Weihnachten 2014 mindestens zweibis dreimal zusammengesessen und hätten überlegt, was sie wegen dem Beschuldigten machen sollten (a.a.O., S. 21
F/A 95). Damit übereinstimmend gab AB.
zu Protokoll, sie könne den
Vorfall deshalb so genau schildern, weil er irgendwann zwischen dem 26. und
27. Oktober 2014 und bis vielleicht Mitte November 2014 auch mit P. besprochen worden sei, sie seien beide Juristinnen und hätten relativ genau wissen wollen, was da abgelaufen sei (Urk. D3/4/8 S. 5 [unten] F/A 15). Auf die Frage, ob die Privatklägerin F. ihr detailliert geschildert habe, was auf dem Bett geschehen sei, antwortete AB. : Ja, und zwar aus dem Grund, weil ich sie aufgrund meiner beruflichen Erfahrung auch detailliert gefragt habe (a.a.O.,
S. 6 F/A 16). Während dieser Gespräche habe man auch detailliert über die Sexualpraktiken des Beschuldigten geredet (a.a.O., F/A 18). Im Zusammenhang mit den Verletzungen der Privatklägerin F. erklärte AB. sodann: Ich habe sie gefragt, ob sie Beschwerden habe, ob sie noch Schmerzen habe. Sie hat mir das bestätigt, im Unterleib und auch im Anusbereich. Aus meiner Erfahrung heraus habe ich sie auch gefragt, ob sie auch Blut im Stuhl, im Anusbereich gehabt habe. Das hat sie mir bestätigt (a.a.O., S. 7 F/A 22). Und
schliesslich gab AB.
auch zu Protokoll: Über diesen Vorfall ist so viele
Male gesprochen worden mit Personen aus dem engen Umfeld [der Privatklägerin F. ], dass er einfach ins Gedächtnis eingebrannt ist (a.a.O., S. 18 F/A 64). Letzteres bestätigte die Privatklägerin F. sinngemäss auch im Rahmen der Hauptverhandlung (Prot. I S. 232). Der Umstand, dass der Vorfall mit AB. und weiteren Personen aus dem engeren Umfeld der Privatklägerin F. offenbar immer wieder besprochen wurde, birgt zweifellos ein beträchtliches Risiko der Verfälschung der ursprünglichen Wahrnehmung der Privatklägerin F. . Zudem kann nicht mehr rekonstruiert werden, welche Teile der Aussage im freien Bericht erfolgten (also spontan von der Privatklägerin F. aus) und welche Teile erst auf Nachfrage. Ein weiteres Verfälschungsrisiko ist die unbekannte Art der Nachfrage. Jedenfalls im Zusammenhang mit dem
Verletzungsbild der Privatklägerin F.
enthielten die von AB.
geschilderten Nachfragen auch suggestive Elemente. So erfolgte etwa die
Angabe von Blut im Stuhl bzw. im Anusbereich offenbar erst auf ausdrückliche
Nachfrage danach. Auffällig ist bei AB.
auch ihre für Hörensagen sehr
detaillierte Schilderung der Ereignisse in V. . Insbesondere fällt auf, dass selbst kleinste Nebensächlichkeiten mit der Darstellung der Privatklägerin F. übereinstimmen. So erwähnten beide etwa das gefaltete Badetuch die auffälligen Armaturen in der Badewanne. Hinzu kommt, dass die fraglichen Aussagen von AB. 16 Monate nach den fraglichen Ereignissen in V. und immer noch mehr als ein Jahr nach den Gesprächen mit der Privatklägerin F. erfolgten, in denen diese Ereignisse thematisiert wurden. AB. gab in diesem Zusammenhang wie gesehen zu Protokoll, über den Vorfall sei so viele Male gesprochen worden mit Personen aus dem engen Umfeld [der Privatklägerin F. ], dass er einfach im Gedächtnis eingebrannt sei. Das mag den extrem hohen Detailierungs- und Übereinstimmungsgrad erklären. Ebenso der Umstand,
dass es sich bei AB.
um eine Anwältin handelt, der zweifellos bekannt
gewesen sein durfte, wie wichtig gerade bei Vorwürfen wie dem vorliegend
Details sind. Was von der Privatklägerin F.
ursprünglich berichtet wurde
und was nachträglich allenfalls dazu kam, etwa aufgrund der bereits angesprochenen suggestiven Nachfragen der Gesprächspartnerinnen, ist nach so häufigen und auch detaillierten Gesprächen allerdings nicht mehr zu rekonstruieren. Diese Entstehungsgeschichte mahnt zu erheblicher Vorsicht bei der Würdigung der entsprechenden Aussagen (vgl. zum Ganzen so bereits Urk. 360
S. 131-133 E. III.11.4.1.-11.4.3.). Zu berücksichtigen bleibt gleichwohl, dass
die Angaben der Privatklägerin F.
im Grundsatz von denjenigen der
Zeuginnen AB.
(Urk. D/3/4/8 S. 4 ff.), AF.
(Urk. D3/4/6 S. 3 ff.) und
AG.
(Urk. D3/4/10 S. 3 ff.), welche praktisch unmittelbar nach den
Geschehnissen in V. Kenntnis davon erhielten, sowie von denjenigen ihrer
Therapeutin AI.
(Urk. 3/7/4 S. 4) gestützt werden (vgl. in diesem Sinne
Urk. 569 S. 35 E. 5.6. bzw. vorne unter E. III.2.8.), auch wenn diese vom Hörensagen erfolgten.
Die Vorinstanz führte zutreffend aus, dass AF.
in ihrer ersten
Einvernahme durch die Polizei am 5. Februar 2015 zwar vom Vorfall in V.
kurz vor der Trennung der Privatklägerin F.
und des Beschuldigten
berichtete, eine (klare) sexuelle Komponente damals jedoch noch fehlte und erst in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 20. Januar 2016 hinzukam. Mit der Vorinstanz ist die gesucht wirkende und wenig überzeugende Erklärung von AF. , weshalb sie in der ersten Befragung Informationen zurückgehalten habe, als unglaubhaft zu werten (Urk. 360 S. 133 f. E. III.11.5.1. f. sowie dazu im Einzelnen Urk. D3/4/5 S. 4 F/A 25 und Urk. D3/4/6 S. 3 F/A 11 und S. 12 F/A 89 f.). Das ändert jedoch nichts daran, dass was den angeklagten Gewaltakt mit dem Badetuch anbelangt, AF. der Polizei bereits am 5. Februar 2015, also noch vor der Anhebung eines Strafverfahrens wegen Sexualdelikten, von
einem gewaltsamen Verlegen der Atemwege der Privatklägerin F.
mit
einem Badetuch berichtet hatte (vgl. in diesem Sinne Urk. 569 S. 34 E. 5.5.2 bzw. vorne unter E. III.2.6.), und sowohl diese Schilderung als auch die am
20. Januar 2016 bei der Staatsanwaltschaft deponierte und um die sexuelle
Komponente ergänzte im Grundsatz mit jener der Privatklägerin F.
sowie
weiterer Zeuginnen übereinstimmt (vgl. in diesem Sinne soeben unter E. III.3.5.
[am Schluss]). Bemerkenswert ist überdies auch, dass AF.
bereits am
5. Februar 2015 der Polizei immerhin berichtete, dass sie nach der Rückkehr der Privatklägerin F. aus V. gesehen habe, dass etwas nicht stimmte. Die
Privatklägerin F.
habe aufgrund von Schmerzen im Gesäss, Bauch und
Kopf kaum richtig sitzen können. Danach gefragt, was der Beschuldigte mit ihr
gemacht habe, habe ihr die Privatklägerin F.
die Vorfälle erzählt
(Urk. D3/4/5 S. 4 F/A 25). Damit hat AF.
entgegen der Darstellung der
Verteidigung (Urk. 680/1 S. 12) bereits vor der Strafanzeigeerstattung wegen der Sexualdelikte den sexuellen Übergriff in V. zumindest angedeutet. All dies spricht insgesamt eher für die Darstellung der Privatklägerin F. .
Dass P. , entgegen der Darstellung der Privatklägerin F.
und
AB. , Gespräche über sexuelle Übergriffe des Beschuldigten in Abrede stellte, ist zutreffend, vermag am Ergebnis aber nichts zu ändern. Sie führte konstant aus, die Privatklägern 5 habe ihr (lediglich) mitgeteilt, dass der Beschuldigte sie in V. im Streit in die Badewanne geschmettert (Urk. D3/4/1
S. 5 F/A 33) bzw. nach einem heftigen Streit im Hotel in V. geschubst habe, so dass sie in die Badewanne gefallen sei (Urk. D/3/4/2 S. 3 F/A 14). Danach
gefragt, ob die Privatklägerin F. ihr gegenüber in diesem Zusammenhang einen sexuellen Übergriff erwähnt habe, erklärte sie auf Nachfrage, was darunter zu verstehen sei, es sei, wie sie es verstanden habe, nie ein Thema gewesen,
dass der Beschuldigte die Privatklägerin F.
zu einer sexuellen Handlung
gezwungen, also mit ihr geschlafen hätte, wenn sie es nicht hätte tun wollen (Urk. D3/4/2 S. 4 f. F/A 21 f.). Ein Strafverfahren gegen den Beschuldigten in Zusammenhang mit Sexualdelikten sei in ihren Gesprächen mit der Privatklägerin F. nie ein Thema gewesen, obwohl diese Gespräche tiefgründig gewesen seien (Urk. D3/4/2 S. 7 F/A 36). Auf weitere ausdrückliche Nachfrage erklärte sie, sie würde sich erinnern, wenn die Privatklägerin F. ihr damals gesagt hätte, sie sei anal vergewaltigt worden (Urk. D3/4/2 S. 11 F/A 53). Die Aussagen dieser Zeugin wirken wohl überlegt, ausgewogen, authentisch und insgesamt glaubhaft.
Augenfällig ist jedoch, dass die Privatklägerin F.
explizit behauptete, sie
habe nicht nur AB. , sondern eben auch P.
und später auch
AF. , AK. und AG. von den sexuellen Übergriffen in jener Nacht erzählt (Urk. D3/3/4 S. 21 f. F/A 92 ff. sowie Prot. I S. 219 und S. 233; vgl. dazu
bereits vorne unter E. III.3.5.). AB.
konkretisierte in diesem
Zusammenhang, es habe zwischen dem Vorfall in V. und Mitte Dezember 2014 mehrere bzw. drei intensive Gespräche zwischen ihr, der Privatklägerin
F.
und P.
gegeben, wobei man auch detailliert die absonderlichen
Sexualpraktiken des Beschuldigten und mindestens einmal den Vorfall in V. ausführlich und detailliert sowie aus juristischer Sicht die rechtliche Qualifizierungen besprochen habe (Urk. D3/4/8 S. 6 F/A 18 und S. 11 ff. F/A 33 ff.). Solche Gespräche über sexuelle Übergriffe des Beschuldigten in ihrer
Anwesenheit stellt P.
wie gesehen in Abrede. Darauf angesprochen
mutmasste AB. , sie könne sich das nur damit erklären, dass P. der Privatklägerin F. nach dem Tötungsdelikt die Freundschaft gekündet habe
(a.a.O., S. 12 F/A 35). Zu Letzterem ist zunächst zu sagen, dass P.
wie
ausgeführt insgesamt glaubhaft aussagte, wobei besonders zu beachten ist, dass sie angesichts ihrer Tätigkeit als Gerichtsschreiberin bei einer Falschaussage grössere Nachteile zu befürchten gehabt hätte als andere einvernommene Personen, was eine bewusste Falschaussage in diesem Punkt ebenfalls als
wenig wahrscheinlich erscheinen lässt. Ähnliches gilt umgekehrt aber auch für Rechtsanwältin AB. , deren Aussagen im Übrigen soweit ebenfalls glaubhaft sind. Dass sich eine der beiden Zeuginnen falsch erinnerte bzw. irrte, erscheint aufgrund der Thematik zwar nicht sehr wahrscheinlich, kann aber auch nicht ganz ausgeschlossen werden. Eine bewusste Lüge kann jedenfalls keiner von ihnen angelastet werden. Die aufgezeigte Diskrepanz lässt sich damit nicht befriedigend auflösen. Auch wenn diese nicht einen unerheblichen Nebenpunkt betrifft, bleibt doch zu sagen, dass – und dies ist letztlich entscheidender – unabhängig davon weitgehende grundsätzliche Übereinstimmungen in den Aussagen der Privat-
klägerin F.
und den genannten Zeuginnen vom Hörensagen, namentlich
auch AG.
(Urk. D3/4/10 S. 3 ff. F/A 9 ff.) und AI.
(Urk. 3/7/4 S. 4 ff.
F/A 13 ff.), bestehen, was wie gesehen doch eher für die Darstellung der
Privatklägerin F.
spricht. Zudem ist festzuhalten, dass die Schilderungen
von P. jedenfalls auch nicht Darstellung des Beschuldigten stützen, wonach
gar keine körperliche Auseinandersetzung stattgefunden habe. P.
gab
diesbezüglich übereinstimmend mit der Privatklägerin F. konstant an, dass der Beschuldigte Letztere in die Badewanne gestossen habe.
Am 20. Oktober 2014, Montag, Tag der Rückkehr aus V. , schrieb der Beschuldigte der Privatklägerin F. um 19:16 Uhr: Tut mir leid mit meinen aussetzern, versuchs unter kontrolle zu bekommen (Urk. D3/5/19 Index 710).
Am 23. Oktober 2014 um 11:09 Uhr schrieb die Privatklägerin F.
dem
Beschuldigten: […] In der zwischenzeit könntest du dir ja mal überlegen, wie du mich in V. behandelt hast … Und was du dagegen zu unternehmen bereit bist… […] (a.a.O., Index 720). Und um 13:27 Uhr: Und es ist mein ernst, die vorfälle in V. waren grenzüberschreitungen mir gegenüber, die vollkommen unakzeptabel sind! (a.a.O., Index 726). Der Beschuldigte schrieb darauf unter anderem, er habe sich dafür schon entschuldigt (a.a.O., Index 729). Auch wenn sich daraus nicht viel Konkretes ableiten lässt, so indizieren diese Nachrichten doch, dass es in V. zumindest einen Vorfall von einer gewissen Tragweite (aussetzern, grenzüberschreitungen, vollkommen unakzeptabel) gegeben haben muss, für den sich der Beschuldigte denn auch entschuldigte (vgl. in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 14 E. III.11.6.). Auch dies spricht eher für die
Darstellung der Privatklägerin F.
und klar gegen die Bestreitungen des
Beschuldigten. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil der Beschuldigte nie eine Erklärung für die ausgetauschten Nachrichten gab.
Festgehalten werden kann an dieser Stelle im Sinne eines Zwischenergebnisses, dass doch Vieles darauf hinweist, dass sich im fraglichen Zeitpunkt
in V.
ein Vorfall von einer gewisser Tragweite ereignet hat, wobei wie
ausgeführt Verschiedenes eher für die Darstellung der Privatklägerin F. spricht. Was den eingeklagten Sachverhalt als solchen betrifft, so stützt sich dieser letztlich auf die Aussagen der Privatklägerin F. . Wie gesehen mahnt die Entstehungsgeschichte dieser Aussagen zu erheblicher Vorsicht bei ihrer Würdigung. Die Entstehungsgeschichte ist indes zwar ein wichtiges, aber bei weitem nicht das einzige Glaubhaftigkeitskriterium. Von entscheidender Bedeutung bleibt die Aussage als solche (vgl. in diesem Sinne auch Urk 360
S. 135 E. III.11.7.1. sowie dazu sogleich unter E. III.3.10. ff.), mit welcher sich die Verteidigung kaum auseinandergesetzt hat (Urk. 680/1).
Auffällig bei der Aussagewürdigung der Privatklägerin F. ist zunächst ganz generell ein teilweise mit einem gewissen Pathos gepaarter Hang zur Übertreibung, was sich unter anderem darin manifestiert, dass sie sich selbst in einem durchwegs positiven Licht darstellt, am Beschuldigten indes tendenziell kein gutes Haar lässt. Letzteres lässt sich wohl ein Stück weit durch den turbulenten Beziehungshintergrund und die am Ende gescheiterte Liebesbeziehung erklären, wobei die von der Privatklägerin F. geschilderten
Ereignisse in V.
doch sehr lebensnah in einen in sich stimmigen Bericht
über die Beziehung zum Beschuldigten eigebettet sind und insofern glaubhaft erscheinen. Die Vorinstanz hat sodann anhand mehrerer aktenkundiger Beispiele dargelegt, dass der Beschuldigte in der Zeit vor dem Vorfall in V. mehrfach zu gewalttätigem Verhalten tendierte, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen lief, und daraus zutreffend geschlossen, dass sich die Schilderung der Privatklägerin F. insoweit auch mit der Persönlichkeit des Beschuldigten in Übereinstimmung bringen lasse, der sich zwar vordergründig höflich und anständig verhält, aber auch anders kann, wenn etwas nicht nach seinem Kopf
läuft (Urk. 360 S. 143 f. E. III.11.9.2.), darauf kann verwiesen werden. Weiter kann an dieser Stelle zur Frage der Glaubwürdigkeit der Privatklägerin F. und der dazu von der Verteidigung gemachten Einwände (Urk. 680/1 S. 6 f.) vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (a.a.O. S. 145 f. E. III.11.10.1.-11.10.3.), die im Einklang mit den bundesgerichtlichen Erwägungen (Urk. 369 S. 33 E. 5.4.3 bzw. vorne unter
E. III.2.4.) insbesondere festhielt, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit nach der aktuellen Rechtsprechung kaum mehr relevante Bedeutung zukommt. Namentlich lässt sich vorliegend gemäss den verbindlichen Feststellungen des Bundesgerichts aufgrund der Ausführungen der Privatklägerin F. zu einem
Vorfall im Sommer 2013 in AD.
nichts Relevantes in Bezug auf die
Glaubhaftigkeit ihrer im vorliegenden Verfahren gemachten Aussagen ableiten.
Die Vorinstanz arbeitete unter Hinweis auf die einschlägigen Aktenstellen sehr eingehend, sorgfältig und überzeugend heraus, aus welchen Gründen sie
welche Elemente der Schilderung der Privatklägerin F.
für glaubhaft
erachtete (Urk. 360 S. 136-142 E. III.11.8.2.-11.8.13.), darauf kann vorab voll- umfänglich verwiesen werden. Die folgenden Ausführungen sind deshalb als teilweise ergänzende und rekapitulierende zu verstehen. Zutreffend erwog die Vorinstanz unter anderem, dass die Schilderung der Privatklägerin F. nicht der klassischen Vergewaltigung in einer Beziehung entspricht und insbesondere der einvernehmliche Beginn des sexuellen Kontakts zwischen dem Beschuldigten und ihr sowie ihre Freude über dessen Interesse an ihr für ein real erlebtes Ereignis und nicht für eine nachträglich zurecht gelegte Geschichte sprechen (Urk. 360
S. 136 f. E. III.11.8.2. f.). Ebenfalls mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass auch der beschriebene weitere Verlauf, nämlich die verschiedenen Wechsel der Positionen vom Lavabo Richtung WC, sodann auf die Ablage hinter dem WC, anschliessend auf das WC hinab und schliesslich vor die Badewanne, sowie das Ausziehen der Kleidung und die Komplikationen während alldem, stimmig und glaubhaft ist (a.a.O., S. 138 f. E. III.11.8.5.). Sodann hat die Vorinstanz anhand verschiedener Beispiele dargelegt, dass die Schilderung der Privatklägerin F. zahlreiche qualitativ hochwertige Details aufweist, auch im Bereich von Nebenschauplätzen, und schloss zutreffend auf eine hochgradig detaillierte,
farbige, anschauliche und in sich stimmige Sachverhaltsdarstellung. Weiter verwies sie auf diverse originelle und realistische Details, stimmige gefühlsmässige Reaktionen und originelle Assoziationen, unter anderem wiederum auch Nebenschauplätze betreffend (a.a.O., S. 138-141 E. III.11.8.4.- 11.8.10.). All dies spricht für die Glaubhaftigkeit der Darstellung der Privatklägerin F. . Schliesslich ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die Privatklägerin
F.
grundsätzlich durchwegs in der Lage war, auf Nachfragen rasch und
überzeugend zu antworten und dass sich praktisch alle Antworten harmonisch zumindest ohne erkennbare Widersprüche in das Gesamtbild einfügten (a.a.O., S. 141 f. E. III.11.8.11.). Weiter hat die Vorinstanz richtig darauf hingewiesen, dass die Angabe der Privatklägerin F. , am Morgen nach der Tat habe sie ihr Handy gehört und gesehen, dass ihr die Schwester des Beschuldigten ihr irgendetwas schreibe, durch weitere Beweismittel bestätigt werden konnte (a.a.O., S. 142 E. III.11.8.12.), was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung spricht. Besonders auffällig ist vorliegend neben
dem Detailreichtum, dass die Aussage der Privatklägerin F.
als Ganzes,
d.h. insbesondere auch was Nebensächlichkeiten betrifft, äusserst konstant bleibt. Dies mag unter anderem dem Umstand geschuldet sein, dass die Privatklägerin
F.
ein Manuskript über die Vorfälle in V.
verfasst und sich auf die
Einvernahmen wohl auch vorbereitet hatte, was beides ihr gutes Recht und bei der Aussagewürdigung grundsätzlich nicht zu ihrem Nachteil zu werten ist. Mitunter mögen die Aussagen deshalb zwar gar etwas einstudiert wirken. Gleichwohl enthalten sie zahlreiche spontane Äusserungen und war die Privatklägerin F. , wie ausgeführt, durchaus in der Lage, auf Nachfragen überzeugend zu antworten. So spricht deshalb auch nichts dagegen, neben dem Detailreichtum auch das konstante Aussageverhalten der Privatklägerin F. als Realitätskriterium zu werten, das ebenfalls sehr stark für die Glaubhaftigkeit
ihrer Darstellung spricht. Dafür, dass die Privatklägerin F.
tatsächlich
Erlebtes schilderte, spricht ferner auch, dass sich primär darüber entrüstete, dass der Beschuldigte in einer für sie wehrlosen Lage gewaltsam und gegen ihren zuvor explizit geäusserten Willen in ihren Anus eindrang und er ihren Willen derart massiv missachtete. Ebenso für die Darstellung der Privatklägerin F.
sprechen ihre Schilderungen, wie der massive Schmerz im Anus und die Brutalität, wie der Beschuldigte sie in die Badewanne gestossen habe, wobei sie sich weh getan habe, schockiert und enttäuscht hätten. Ein klares Realitätssignal ist, dass sie mehr das grobe Hineinstossen in die Badewanne und weniger den sexuellen Missbrauch schilderte. Untypisch für falsche Anschuldigungen ist auch, dass die Privatklägerin immer wieder entlastende Momente aufführte, wie zum Beispiel, dass der Beschuldigte nicht zum Orgasmus gekommen sei (Urk. D3/4
S. 4-7 F/A 12; Prot. I S. 204-206). Ein weiteres Indiz für die Glaubhaftigkeit der Darstellung der Privatklägerin F. , wenn auch kein entscheidendes, ist, dass sie die Beziehung mit dem Beschuldigten kurze Zeit nach der Rückkehr in die Schweiz beendet hat.
Betreffend die von der Privatklägerin F. geschilderte Analpenetration ist an dieser Stelle folgendes festzuhalten: Ihre diesbezügliche Schilderung ist wie ausgeführt anschaulich, detailliert, konstant und damit glaubhaft (vgl. dazu soeben vorne unter E. III.3.11.) und auch diese Angaben werden von den
Zeuginnen vom Hörensagen AB.
(Urk. D/3/4/8 S. 4 f. F/A 15), AF.
(Urk. D3/4/6 S. 3 F/A 11), AG.
(Urk. D3/4/10 S. 3 F/A 10) und AI.
(Urk. 3/7/4 S. 4 F/A 13) gestützt. Mit dem von der Verteidigung (zur Stützung ihrer
Behauptung, der von der Privatklägerin F.
geschilderte erzwungene
Analverkehr im Badezimmer sei anatomisch unmöglich; Urk. 264 S. 43)
eingeholten Privatgutachten von Prof. Dr. med. O.
vom 6. März 2017
(act. 265/5), hat sich bereits die Vorinstanz sattsam auseinandergesetzt, so dass es nicht Not tut, darauf nochmals einzugehen, sondern ohne Weiteres grundsätzlich vollumfänglich auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden kann, mit der im Ergebnis davon auszugehen ist,
dass die von Prof. Dr. med. O.
angestellten Überlegungen keine
erheblichen Zweifel an der überzeugenden Darstellung der Privatklägerin F. zu begründen vermögen (Urk. 360 S. 147-149 E. III.11.10.5.1.-11.10.5.4.).
Ergänzend ist lediglich festzuhalten, dass die Privatklägerin F.
schilderte,
dass sie hinten eine blutige Verletzung hatte. Weiter erklärte sie: Das war etwas, das ich an Schmerzen gar nicht gekannt habe. (Prot. I S. 228) Sie berichtete namentlich von Unterleibskrämpfen und starken Schmerzen in
Analbereich, weshalb sie kaum habe sitzen und gehen können sowie Medikamente eingenommen habe (Urk. D3/4 S. 7 F/A 12, S. 8 f. F/A13, S. 18 F/A 70,
S. 21 F/A 95, S. 23 F/A 107). Dass sie nicht explizit Schmerzen beim Stuhlgang und beim Vaginalverkehr erwähnte, tut derweil nichts zur Sache. Ebenso, dass sie berichtete, sie habe ihren Körper 100 Mal mit Duschgel eingerieben, was nicht zwingend bedeutet, dass sie damit auch ihren Analbereich meinte. Entgegen dem Privatgutachten (Urk. 265/5 S. 7 f.) lassen sich diese Verletzungen in ihrer Art und ihrem Ausmass zwanglos mit der von der Privatklägerin F. geschilderten Analpenetration in Einklang bringen.
Zutreffend ist, dass die Privatklägerin F.
im Verlaufe der Untersuchung einen beträchtlichen Belastungseifer gegen den Beschuldigten entwickelte, was sich negativ auf ihre Glaubwürdigkeit auswirkt. Darüber hinaus bestehen aber keine Anhaltspunkte für die Spekulationen des Beschuldigten bzw.
dessen Verteidigung, wonach die Privatklägerin F.
ein Interesse daran
habe, dem Beschuldigten zu schaden (Urk. 680/1 S. 8 f.; Prot. III. S. 35 unten). Hätten Rache und Selbsterhaltungstrieb die Privatklägerin zu ihren Aussagen angetrieben, wie die Verteidigung insinuiert, hätte sie sich nicht erst Monate später nach Beendigung der Liebesbeziehung mit dem Beschuldigten zur Strafanzeigeerstattung entschieden. Ebenfalls gegen die von der Verteidigung postulierte Rachehypothese spricht, dass ein geringer Belastungseifer der
Privatklägerin F.
zu konstatieren ist und sie auf naheliegende
Mehrbelastungen verzichtet hat, obwohl ihr diese nur schwer widerlegt werden könnten (vgl. in diesem Sinne bereits Urk. 360 S. 141 E. III.11.8.10). Hinzu
kommt, dass die Privatklägerin F.
aufgrund des
verfahrensgegenständlichen Tötungsdelikts davon ausgehen konnte, dass der Beschuldigte hart bestraft und ihm eine langjährige Gefängnisstrafe auferlegt würde und ihre Anschuldigungen nicht nötig sein würden, um ihn jahrelang wegzusperren.
Was die Aussagen des Beschuldigten betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass er keine zuverlässigen Angaben zum Tatzeitraum machen konnte. So führte er aus, er und die Privatklägerin F. seien nach dem mutmasslichen Vorfall
in V. immer noch zusammen gewesen und die Privatklägerin F. habe ihn gedrängt, in Zürich einen Verlobungsring zu kaufen, was er noch gemacht
habe, und die Privatklägerin F.
habe ihn fröhlich angenommen. Erst ein
paar Wochen später sei Schluss gewesen (Urk. D3/2/1 S. 5 f. F/A 21). Dieser Einwand ist mehrfach falsch, denn der Ring wurde viel früher gekauft (Urk. D3/6/1 f.) und die Beziehung wurde bereits kurz nach dem Aufenthalt in V. beendet (Urk. D3/3/4 S. 20 f. F/A 87 f. sowie dazu Urk. D3/5/10 ff.). Weiter gab der Beschuldigte an, sie hätten gar keinen Sex gehabt, weil er so auf Drogen gewesen sei (Urk. D3/2/1 S. 6 f. F/A 23). Seine Schwester AE. konnte jedoch keine Auffälligkeiten bestätigen. Sie gab vielmehr an, wenn der Beschuldigte vor der Rückkehr ins Hotel auffällig gewesen wäre, hätte sie sich Sorgen gemacht und ihn auf die Seite genommen und würde sich noch daran erinnern (Urk. D3/4/19
S. 9 f. F/A 51). Damit grundsätzlich übereinstimmend gab die Privatklägerin
F.
auf die Frage, ob der Beschuldigte bei der Rückkehr ins Hotelzimmer
nach ihren Feststellungen unter Drogenoder Ketamineinfluss gestanden habe, an, sie habe ihm nichts angemerkt (Urk. D3/3/4 S. 10 f. F/A 20). Dass sie aufgrund einer unmittelbar vor der Rückkehr ins Hotel angefertigten Fotographie, auf der sie beim Beschuldigten erweiterte Pupillen festgestellt habe, später einen Drogenkonsum nicht ausschloss (a.a.O.), steht dazu nicht in Widerspruch, zumal es sich hierbei um eine nachträgliche Spekulation handelt. Weiter gab sie auf entsprechende Fragen an, der Beschuldigte habe eigentlich immer Alkohol konsumiert, am Abend beim Fortgehen, aber auch zu Hause, betrunken sei er
aber nicht gewesen (a.a.O., S. 11 F/A 22). Auch W.
beschrieb einen
lustigen Abend ohne irgendwelche Unstimmigkeiten (Urk. D3/4/17 S. 8 F/A 49 f.). Selbst wenn damit zwar nicht ganz ausgeschlossen werden kann, dass der Beschuldigte Drogen konsumiert hatte und eventuell auch leicht alkoholisiert war, erscheint seine Darstellung doch stark übertrieben und vor dem Hintergrund, dass die übrigen Beteiligten keine besonderen Auffälligkeiten bemerkt hatten, letztlich nicht glaubhaft (vgl. zum Ganzen in diesem Sinne auch Urk. 360 S. 142 f.
E. III.11.9.1.). Auffällig ist weiter, dass der Beschuldigte dem Gutachter Prof. Dr.
M.
gegenüber Analsex als no-go bezeichnete (Urk. D1/17/22 S. 133),
wohingegen er in der Untersuchung auf Vorhalt der Aussage seiner ehemaligen
Sexualpartnerin AL. , die angab, mit ihm Analsex praktiziert zu haben (Urk. D3/4/11 S. 4 F/A 25 und Urk. D3/4/12 S. 3 ff. F/A 16 ff.), dies zunächst zwar bestritt, dann aber doch als möglich einräumte (Urk. D3/2/3 S. 2 f. F/A 6 ff.). Selbst die Verteidigung hat an der Berufungsverhandlung vom 30. Mai 2022 eingeräumt, dass der Beschuldigte mit seinen Aussagen etwas übertrieben bzw. über das Ziel hinausgeschossen ist (Prot. III. S. 33 f.). Auch dies lässt seine Ausführungen nicht in einem überzeugenden sondern vielmehr sehr zweifelhaften Licht erscheinen. Da der Beschuldigte wie ausgeführt angab, sie hätten gar keinen Sex gehabt, und keine zuverlässigen Angaben zu den von der
Privatklägerin F.
geschilderten Ereignissen im Badezimmer machte sowie
mangels anderweitiger konkreter Anhaltspunkte, lässt sich die These eines versehentlichen Eindringens in den Anus nicht halten.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Aussagen der Privatklägerin
F.
insgesamt ein derart hohes und vielfältiges Mass an Realitätskriterien
aufweist, dass ihr geglaubt werden kann, woran die Entstehungsgeschichte ihrer Aussage letztlich nichts ändert. Insbesondere kann auch der teils hohe Überein-
stimmungsgrad zwischen den Aussagen der Privatklägerin F.
und den-
jenigen von AB.
nicht als Indiz für ein gezieltes Vorbereiten wahrheitswidriger Anschuldigungen gewertet werden (vgl. dazu Urk. 569 S. 33 E. 5.4.2 bzw. vorne unter E. III.2.3.). Demgegenüber vermögen die Bestreitungen des Beschuldigten die Darstellung der Privatklägerin F. nicht zu erschüttern. Der eingeklagte Sachverhalt ist damit erstellt. Mit der Vorinstanz bleibt gestützt auf
das Gutachten von Prof. Dr. M.
zur Frage der Schuldfähigkeit des Be-
schuldigten festzuhalten, dass diese im Tatzeitpunkt erhalten war (Urk. 360
S. 149 f. E. III.12. unter Hinweis auf Urk. D1/17/22 S. 195 ff.).
Rechtliche Würdigung
Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist, mit der nachfolgenden Einschränkung, zutreffend (Urk. 360 S. 178-183 E. VI.2.), darauf kann verwiesen werden. Ergänzend ist zunächst unter Hinweis auf den entsprechenden Passus im bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid (Urk. 569 S. 35 E. 5.6 bzw. vorne unter E. III.2.7.) festzuhalten, dass (wie schon die Vorinstanz richtig erwog),
davon auszugehen ist, dass die Privatklägerin F. ihren Widerstand aufgrund der Ausweglosigkeit bzw. aus Angst vor einer weiteren Eskalation der Situation aufgab, nachdem der Beschuldigte sie zunächst gegen ihren Willen gewaltsam anal penetriert hatte und dann mit einer Kombination aus massiver Gewaltausübung (Handtuch auf das Gesicht pressen) und Bedrohung (Angabe, so lange zu pressen, bis das Schreien aufhöre) jede potenzielle Gegenwehr der
körperlich völlig unterlegenen Privatklägerin F.
definitiv brach, was der
Beschuldigte wusste und auch wollte, und sie unter dem Eindruck dieser Nötigungsmittel die dadurch erzwungenen sexuellen Handlungen in der Folge widerstandslos über sich ergehen liess. (vgl. in diesem Sinne bereits Urk. 360
S. 181 E. VI.2.4.2.). Der Beschuldigte wusste, dass die Privatklägerin F. mit den anschliessenden sexuellen Handlungen nicht mehr einverstanden war und setze sich im Wissen darum und willentlich über ihren Willen hinweg. Abweichend von der vorinstanzlichen rechtlichen Würdigung ist festzuhalten, dass der Beschuldigte mit dem Pressen des Badetuchs auf das Gesicht der Privatklägerin
F.
und der Drohung, wenn sie nicht mit Schreien aufhöre, werde er das
Badetuch weiter auf ihr Gesicht drücken, nicht primär auf das Brechen des
Widerstands der Privatklägerin F.
abzielte, um so die Duldung bzw.
Vornahme weiterer sexuellen Handlungen zu erzwingen. Primär bezweckte der Beschuldigte mit seinem Handeln, die Privatklägerin F. , die schrie, nachdem er sie anal penetriert hatte und sie in die Badewanne gestürzt war, zum Schweigen zu bringen und so zu verhindern, dass Drittpersonen auf sie aufmerksam werden und ihnen unangenehme Fragen stellen. Sein Handeln diente nicht dem Zweck, die Privatklägerin F. im Zusammenhang mit den sexuellen Delikten zu quälen, ihr besondere Leiden zuzufügen sie besonders zu demütigen. Er liess von ihr ab, als sie mit dem Schreien aufhörte. Anschliessend nützte er den Umstand, dass sich die Privatklägerin F. unter dem Eindruck der vorhergehenden Ereignisse verständlicherweise nicht mehr zur Wehr setzte, aus und erzwang die weiteren sexuellen Handlungen. Dies lässt sich mit den Aussagen der Privatklägerin F. in Einklang bringen, wonach sie die nachfolgenden sexuellen Handlungen erduldete bzw. vornahm, weil sie den Beschuldigten nicht erneut verärgern wollte (Urk. D3/4 S. 6 F/A 12). Das Merkmal
der Grausamkeit im Sinne von Art. 189 Abs. 3 StGB und Art. 190 Abs. 3 StGB ist folglich nicht erfüllt.
Ergebnis
Der Beschuldigte ist in Bezug auf Dossier 3 der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB und der mehrfachen sexuellen Nötigung in Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
Vorbemerkungen
Bereits rechtskräftig ist der Schuldspruch für die vom Beschuldigten begangenen Verkehrsdelikte und die für die begangenen Verkehrsregelverletzungen
(d.h. Übertretungen) ausgesprochene Busse von Fr. 2'000.– (Dossier 4).
Die Vorinstanz hat unter den Titeln Strafrahmen und Strafzumessungsregeln die relevanten theoretischen Grundlagen zutreffend dargelegt (Urk. 360
S. 187-193 E. VII.1. f.), darauf kann vollumfänglich verwiesen. Nochmals festzuhalten ist, dass vorliegend die vorsätzliche Tötung als das Verbrechen mit der höchsten Mindeststrafe die schwerste Straftat darstellt. Da der Beschuldigte wegen einer Mehrzahl von Delikten zu bestrafen ist, ist zunächst die Einsatzstrafe für die schwerste Tat unter Einbezug aller Umstände (also auch der verminderten Schuldfähigkeit) zu bestimmen. In einem zweiten Schritt ist diese Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten zu einer Gesamtstrafe zu erhöhen, wobei ebenfalls den jeweiligen Umständen Rechnung zu tragen ist. Nach der Festlegung der hypothetischen Gesamtstrafe für sämtliche Delikte ist schliesslich die Täterkomponente zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne bereits a.a.O., S. 188 E. VII.1.2. und S. 192 f. E. VII.2.3.).
Tatkomponente
Vorsätzliche Tötung
Ausgangspunkt der Strafzumessung bildet die objektive Tatschwere der schwersten Tat, also der vorsätzlichen Tötung. Der Beschuldigte tötete einen seiner besten langjährigen Freunde (Urk. D1/3/2 S. 5), ohne dass eine problematische Beziehung vorgelegen hätte am Abend vor der Tat besondere Differenzen aufgetreten wären (vgl. dazu Urk. 360 S. 193 E. VII.3.1.1., mit entsprechenden Verweisen). Die Tatausführung war äusserst brutal und grausam.
Der seinem Opfer †G.
physisch deutlich überlegene Beschuldigte schlug
diesem im wahrsten Sinne des Wortes den Schädel ein, wobei er ihm unter anderem mit verschiedenen Gegenständen, darunter ein massiver Kerzenständer mit einem Gewicht von ca. 6 Kilogramm, an Kopf und Gesicht unzählige, teilweise schwerwiegendste Verletzungen zufügte und ihn richtiggehend massakrierte. Schliesslich stopfte er dem zu diesem Zeitpunkt bereits wehrlosen †G. eine Kerze in den Rachen und würgte ihn, was zu dessen Tod durch Ersticken führte. Die Hemmschwelle, die bei einem derart massiven Gewaltexzess gegen einen Menschen überwunden werden muss, ist ungleich höher als beispielsweise bei der Verwendung einer Schusswaffe. Entsprechend benötigte es vorliegend eine sehr hohe kriminelle Energie und Gewaltbereitschaft, um diese Hemmschwelle zu überwinden. Zugunsten des Beschuldigten ist davon auszugehen, dass †G. wegen des von ihm konsumierten Ketamins und der daher anzunehmenden herabgesetzten Schmerzempfindung nicht sehr gelitten haben dürfte, was die objektive Tatschwere jedoch nur geringfügig zu reduzieren. Die Vorinstanz ging deshalb zurecht von einer sehr schweren objektiven Tatschwere aus und setzte die Einsatzstrafe entsprechend bei 18 Jahren fest, was nicht zu beanstanden ist.
Zur subjektiven Tatschwere ist zunächst festzuhalten, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich handelte, d.h. er wollte †G. töten. Sein Motiv blieb letztlich unklar. Festgehalten werden kann vorliegend im Zusammenhang mit dem Sachverhaltsablauf lediglich, dass der Beschuldigte im Rahmen eines Streits wegen der schwedischen Volksmusik bzw. seines Vorschlags, mit den
Drogen aufzuhören, von †G.
überraschend in den Glastisch im
Wohnzimmer gestossen wurde. Darauf konnte er in einer ersten Phase noch adäquat reagieren, wobei es dann im weiteren Verlauf des Streites zu einer deutlich überschiessend aggressiven Reaktion des Beschuldigten kam (vgl. dazu auch vorne unter E. II.3.2.16.). Zum genauen Ablauf und zum Grund der Tat machte Beschuldigte kaum glaubhafte Angaben und Augenzeugen fehlen. Dass der Aggressionsausbruch des Beschuldigten infolge des Streits und infolge der
Provokation von †G.
(Stossen in den Wohnzimmertisch) Anlass der Tat
war, wäre eine reine Mutmassung, da der Beschuldigte auf das Stossen in den Wohnzimmertisch wie erwähnt zunächst noch adäquat reagierte. Das Tatmotiv hat also letztlich offen zu bleiben. Festzuhalten ist immerhin, dass die Tat nicht geplant war, sondern spontan und impulsiv erfolgte, was strafmindernd zu veranschlagen ist.
Wie ausgeführt, ist von einer mittelgradigen bis schweren Verminderung der Schuldfähigkeit auszugehen (vgl. dazu vorne unter E. II.3.2.16.). Das Gesetz sieht vor, dass der obligatorische Strafmilderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit nicht greift, wenn der Täter die Verminderung der Schuldfähigkeit vermeiden und dabei die in diesem Zustand begangene Tat voraussehen konnte (Art. 19 Abs. 4 StGB). Die Kammer hat sich in ihrem Entscheid vom
27. November 2019 sorgfältig und gründlich mit der Rechtsfigur der actio libera in causa auseinandergesetzt (Urk. 510 S. 88-93 E. 4.2.-4.3.9.). Diese Erwägungen, angestellt für den schuldunfähigen Täter, treffen auch vorliegend zu. Darauf kann verwiesen werden. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Beschuldigte die Tötung seines Freundes †G. nicht voraussehen konnte, weshalb Art. 19 Abs. 4 StGB nicht zur Anwendung gelangt und der obligatorische Strafmilderungsgrund der Verminderung der Schuldfähigkeit greift.
Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffende theoretische Ausführungen zur Frage, in welchem Umfang die Einschränkung der Schuldfähigkeit die Verschuldensbewertung beeinflusst, gemacht (Urk. 360 S. 195 f. E. VII.3.2.3.1.), darauf kann verwiesen werden. Rekapitulierend ist festzuhalten, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein objektiv sehr schweres Tatverschulden sich wegen einer
mittelgradigen Einschränkung auf ein mittelschweres bis schweres Verschulden und wegen einer schweren Einschränkung auf ein leichtes bis mittelschweres Verschulden reduzieren kann (BGE 136 IV 55, E. 5.6). Die Ursache der verminderten Schuldfähigkeit liegt im Drogenbzw. Medikamentenabusus des Beschuldigten begründet, welchen er selbst zu vertreten hat. Es liegt zwar wie ausgeführt keine actio libera in causa vor, der Beschuldigte konsumierte aber zum wiederholten Mal schwere Drogen. Er wusste um deren Wirkungen und er wusste aus früheren Erfahrungen auch, dass es im drogeninduzierten Zustand zu Streitigkeiten kommen kann. Auch wenn diese Umstände angemessen zu berücksichtigen sind, muss sich die mittelgradige bis schwere Verminderung der Schuldfähigkeit bei der Gewichtung des Verschuldens gleichwohl deutlich auswirken. Die Vorinstanz erwog, dass die weiteren im Rahmen des subjektiven Verschuldens zu berücksichtigenden Faktoren – das Opferverhalten und die spontan-impulsive Tatausführung auf der einen, die direktvorsätzliche Tatbegehung auf der anderen Seite – sich in etwa die Waage halten und sich das objektiv sehr schwere Verschulden des Beschuldigten aufgrund des subjektiven Verschuldens, insbesondere der schweren Verminderung der Schuldfähigkeit, auf ein Verschulden im Grenzbereich zwischen leicht und erheblich reduziert (Urk. 360 S. 197 E. VII.3.2.3.3.), was namentlich vor dem Hintergrund der von der Vorinstanz gewählten Verschuldensterminologie (a.a.O., S. 194 E. VII.3.1.2), grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn auch zu sagen bleibt, dass das Verschulden aufgrund des Ausgeführten im mittleren Bereich anzusiedeln ist. Dies führt letztlich zu einer Reduktion der hypothetischen Einsatzstrafe auf zehn Jahre.
Die Vorinstanz erwog im vorliegenden Zusammenhang weiter richtig, der Beschuldigte habe zu Beginn der Untersuchung geltend gemacht, in Notwehr gehandelt zu haben, welches Vorbringen unbehelflich ist. Unter Hinweis auf die einschlägigen theoretischen Grundlagen führte sie zutreffend aus, dass der
Beschuldigte von †G.
zwar in den Wohnzimmertisch gestossen wurde,
darauf in einer ersten Phase jedoch noch adäquat reagieren konnte und dass keine Hinweise vorliegen, wonach er nach seiner adäquaten Reaktion mit einem (weiteren) Angriff hätte ernstlich rechnen müssen, womit keine Notwehrlage
gegeben war. Selbst wenn man jedoch zugunsten des Beschuldigten nicht nur von einer abstrakten, sondern von einer ernstlich drohenden Gefahr eines (weiteren) Angriffes ausgehen wollte, hätte er zur Abwehr dieses Angriffes entschieden mehr Gewalt angewendet, als es – auch unter Berücksichtigung seiner körperlichen Überlegenheit – notwendig gewesen wäre. Die †G. zugefügten Verletzungen gehen über die Grenzen der Notwehr ganz offensichtlich bei Weitem hinaus. Das Missverhältnis zwischen einem (allenfalls) drohenden Angriff und der Überschreitung der Grenzen der Notwehr ist derart krass, dass eine auf Art. 16 Abs. 1 StGB gestützte Strafreduktion derart marginal wäre, dass sie nicht mehr ins Gewicht fiele (vgl. so Urk. 360 S. 197 f. E. VII.3.2.4.1.-3.2.4.4.).
Aufgrund des im mittleren Bereich anzusiedelnden Tatverschuldens erscheint eine Einsatzstrafe von zehn Jahren angemessen. Diese Einsatzstrafe ist nun unter Einbezug der weiteren Delikte unter Beachtung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen.
Sexualdelikte
Was die objektive Tatschwere betreffend die erste sexuelle Handlung, den Analverkehr im Badezimmer, betrifft, agierte der Beschuldigte rabiat, gefühlskalt äusserst grob und absolut rücksichtslos. Er setzte sich über den ihm bekannten Willen der Privatklägerin F. , die Analverkehr ablehnte, hinweg und penetrierte sie überraschend von hinten, wodurch er ihr starke Schmerzen verursachte. Der Analverkehr war allerdings nur von äusserst kurzer Dauer. Ohne die Tat verharmlosen zu wollen, muss doch festgehalten werden, dass im möglichen Spektrum der sexuellen Nötigungen weit gravierendere Taten denkbar sind.
Was die subjektive Tatschwere betrifft, so handelte der Beschuldigte direktvorsätzlich und aus rein egoistischen Motiven, nämlich zur Befriedigung seiner in diesem Moment dergestalten sexuellen Bedürfnisse. Dabei hätte der Beschuldigte seine sexuellen Bedürfnisse ohne Weiteres anderweitig befriedigen können, zu-
mal die Privatklägerin F.
mit sexuellen Handlungen bzw. vaginalem Geschlechtsverkehr in jenem Zeitpunkt grundsätzlich einverstanden war. Zugunsten des Beschuldigten ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch im Zusammenhang mit diesem Delikt von einer ungeplanten Spontantat auszugehen ist.
Der Strafrahmen für die sexuelle Nötigung beträgt Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren Geldstrafe. Nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Analverkehr in seiner sexuellen Intensität dem Beischlaf ähnlich und die Nötigung zur Duldung eines derartigen Verkehrs ist in ihrem Unrechtsgehalt einer Vergewaltigung ähnlich. Daher hat sich das Gericht bei der Strafzumessung grundsätzlich am Strafrahmen der Vergewaltigung zu orientieren. Die Strafe darf mithin im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht wesentlich niedriger sein als die Strafe, welche der Richter unter denselben Umständen für eine Vergewaltigung ausgesprochen hätte (BSK StGB II, MAIER, N 51 zu Art. 189 StGB, unter Hinweis auf BGE 132 IV 120). Aufgrund des insgesamt als leicht zu qualifizierenden Tatverschuldens ist eine Einzelstrafe von 1 ½ Jahren angemessen.
Vor der anschliessenden Vergewaltigung presste der Beschuldigte der
Privatklägerin F.
ein Badetuch auf das Gesicht und drohte ihr, wenn sie
nicht mit Schreien aufhöre, werde er das Badetuch weiter auf ihr Gesicht drücken. Dies musste von der Privatklägerin F. als Drohung aufgefasst werden, sie gar zu ersticken, sollte sie mit dem Schreien nicht aufhören. Der Beschuldigte liess von ihr ab bzw. nahm das Badetuch von ihrem Gesicht weg, nachdem sie mit dem Schreien aufgehört hatte. Anschliessend nützte er den Umstand, dass
sich die Privatklägerin F.
unter dem Eindruck der vorhergehenden
Ereignisse verständlicherweise nicht mehr zur Wehr setzte, aus und vollzog an
der Privatklägerin F.
mehrmals in unterschiedlichen Positionen den
vaginalen Geschlechtsverkehr, wobei er nicht zum Orgasmus bzw. einer Ejakulation kam. Dafür musste er keine nötigenden Mittel mehr einsetzen. Die Nötigungshandlung selbst war von relativ kurzer Dauer und hatte primär das Ziel, die Privatklägerin F. zum Schweigen zu bringen, damit Drittpersonen nicht auf sie aufmerksam werden und unangenehme Frage stellen, und weniger, den nachfolgenden vaginalen Geschlechtsverkehr dadurch zu erzwingen. Zu
beachten ist auch der zeitliche Unterbruch zwischen der Nötigungshandlung und dem anschliessenden vaginalen Geschlechtsverkehr. Die vorliegende Zwangssituation ist nicht dieselbe, wie wenn sich der Täter auf das Opfer legt und es unter unmittelbarer Gewaltanwendung zum Geschlechtsverkehr zwingt. Das objektive Tatverschulden bewegt sich innerhalb des Tatbestandes insgesamt noch im untersten Bereich, sind doch im möglichen Spektrum der Vergewaltigungen weit gravierendere Taten denkbar. Die Tatfolgen waren für die Privatklägerin F. trotzdem gravierend: Ihre Therapeutin AI. stellte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, zurückzuführen (unter anderem) auf die Gewalterlebnisse in der Beziehung mit dem Beschuldigten (Urk. D3/7/4, S. 6 f. F/A 33 f. und Urk. D3/7/5 S. 2 Ziffer 5). Unabhängig davon ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass es für sie ein traumatisches und vertrauenszerstörendes Erlebnis gewesen sein muss.
In subjektiver Hinsicht ist zu beachten, dass der Beschuldigte wiederum direktvorsätzlich und aus rein egoistischen, sexuellen Motiven handelte und sich erneut ohne jede Rücksicht auf ihre Befindlichkeit über das sexuelle Selbst-
bestimmungsrecht der Privatklägerin F.
hinwegsetzte. Dass sie zunächst
mit Geschlechtsverkehr einverstanden gewesen war, vermag ihn selbstredend nicht zu entlasten, denn nach der gegen ihren Willen durgeführten Analpenetration musste ihm angesichts ihrer Reaktion klar gewesen sein, dass es zu keinen einvernehmlichen sexuellen Handlungen mehr kommen würde. Gleichwohl erzwang er solche daraufhin mit Gewalt. Zugunsten des Beschuldigten ist zu berücksichtigen, dass es sich auch hier um eine Spontantat handelte.
Der Strafrahmen für eine Vergewaltigung beträgt 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe. Aufgrund des insgesamt leichten Tatverschuldens ist eine Einzelstrafe von 1 ½ Jahren angemessen.
Im Anschluss an den vaginalen Geschlechtsverkehr forderte der Beschuldigte die Privatklägerin F. auf, ihn oral zu befriedigen, was diese dann auch versuchte, während er gleichzeitig ihren Vaginalbereich leckte. Der Beschuldigte musste zwar für diese sexuelle Handlungen kein separates weiteres
Nötigungsmittel einsetzen, was ihn jedoch nicht entlastet, stand doch die Privatklägerin F. nachvollziehbarerweise noch unter dem Eindruck der vorherigen Handlungen. Zugunsten des Beschuldigten ist hingegen davon auszugehen, dass diese sexuelle Handlung zeitlich deutlich weniger lang dauerte als der vorherige Geschlechtsverkehr. Zudem sind auch im möglichen Spektrum der sexuellen Nötigungen weit gravierendere Taten denkbar.
Was die subjektive Tatschwere betrifft, so setzte sich der Beschuldigte abermals direktvorsätzlich und völlig rücksichtslos über das sexuelle Selbst-
bestimmungsrecht der Privatklägerin F.
hinweg, um seine sexuellen
Bedürfnisse zu befriedigen, wobei er wiederum spontan handelte.
Vor dem Hintergrund der denkbaren gravierenderen sexuellen Nötigungen ist das Tatverschulden als leicht zu qualifizieren. Dafür ist eine Einzelstrafe von einem Jahr anzusetzen.
Aufgrund des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs der Sexualdelikte wäre es denkbar gewesen, diese gemeinsam zu beurteilen. Weil es sich um eigenständige Delikte mit unterschiedlichem Unrechtsgehalt handelt, hat bereits die Vorinstanz eine getrennte Würdigung vorgenommen, jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass dem sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang bei der Anwendung des Asperationsprinzips Rechnung zu tragen ist, zumal der vorliegende Fall nicht gleich gewertet werden kann, wie wenn das Opfer die verschiedenen sexuellen Handlungen zu verschiedenen, klar voneinander abgrenzbaren Zeitpunkten (etwa an verschiedenen Tagen) hätte erleiden müssen (vgl. in diesem Sinne Urk. 360 S. 202 E. VII.3.3.4.; Urteil des Bundesgerichts 6B_541/2015 vom 10. November 2015, Erw. 3.3.4.).
Verkehrsdelikte
Was die (rechtskräftig abgeurteilten) Verkehrsdelikte anbelangt, kann vollumfänglich auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden, mit der dafür eine Strafe in der Grössenordnung von sechs Monaten anzusetzen ist (Urk. 360 S. 202 f. E. VII.3.3.5.1.-3.3.5.3.).
Strafe Tatkomponente
Bei jeweils singulärer Betrachtung der weiteren Delikte ergibt sich insgesamt eine Strafe von 4 ½ Jahren. In Anwendung des Asperationsprinzips und insbesondere unter Berücksichtigung des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs der Sexualdelikte erscheint eine Erhöhung der Einsatzstrafe um drei Jahre angemessen. Demnach beträgt die Strafe für die Tatkomponente dreizehn Jahre.
Täterkomponente
Auf die im angefochtenen Entscheid gemachten Ausführungen zum Vorleben des Beschuldigten kann ebenso verwiesen werden, wie auf das Fazit, dass sich daraus keine Umstände ergeben, welche für die Strafzumessung relevant wären und dass dem Beschuldigten alle Türen für ein sorgen- und deliktsfreies Leben offen gestanden hätten (Urk. 360 S. 203 f. E. VII.4.1.1. f.). Die Trennung seiner Eltern war bestimmt nicht schön (Urk. 684 S. 5), wirkt sich aber nicht strafmindernd aus, da dies nichts ist, von dem andere Straftäter nicht auch betroffen sind. Da sich der Beschuldigte in der Zwischenzeit in Haft bzw. im vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzug befand, hat sich an diesen Umständen auch nichts Wesentliches geändert. So bestätigte der Beschuldigte anlässlich der ersten Berufungsverhandlung, dass er sich nach wie vor in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies befinde, wo er arbeiten könne und ein Fernstudium im Bereich Immobilienmanagement begonnen habe. Die Tatsache, dass er sich bereits seit längerem im Gefängnis befinde, sei für alle Angehörigen sehr schwer und über das familiäre Umfeld hinaus habe er nur noch zu einigen wenigen Kollegen Kontakt, die er bereits sehr lange kenne. Die seit März 2018 laufende ambulante Therapie helfe ihm sehr und er habe bereits grosse Fortschritte gemacht, so habe er alle Medikamente abgesetzt und nehme seit fünf Jahren keine Drogen mehr. Die Therapie finde einmal in der Woche statt und würde sich weitgehend um suchtspezifische Problematiken, den Gefängnisalltag und die Deliktsaufarbeitung drehen. Drogen seien der grösste Fehler seines Lebens gewesen und er werde alles machen, um nie wieder Drogen zu nehmen, wobei ihm bewusst sei, dass man ein Leben lang abhängig sei und man dementsprechend auch vorsichtig sein müsse. Er sei entsprechend auch
motiviert, eine stationäre Massnahme anzugehen, wenn diese vom Gericht angeordnet werden würde. Nach Abschluss des Verfahrens bzw. Beendigung des Strafoder Massnahmenvollzugs würde er, je nachdem, ob er die Schweiz verlassen müsse nicht, bei einem Kollegen in der Möbelspedition aber
dann lediglich vorübergehend – bei seiner Mutter im Immobilienmanagement arbeiten. Er habe gegenwärtig den C-Status, und ob er die Schweiz verlassen müsse hänge auch davon ab, wie das vorliegende Verfahren ausgehe (Urk. 485
S. 2 ff.). Anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung führte er aus, er sei seit über zwei Jahren im offenen (stationären) Massnahmenvollzug im Massnahmenzentrum St. Johannsen im Kanton Bern. Er mache eine suchtspezifische Suchttherapie, die wöchentliche Therapiesitzungen mit Einzeltherapeuten und diverse Gruppenangebote beinhalte. Diese sei bislang nötig gewesen, weil er ein massives Substanzproblem gehabt habe. Ihm sei durchaus bewusst, dass diese Thematik bei einem Suchterkrankten ein Leben lang bestehe. Seit seiner Verhaftung vor 7 ½ Jahren habe er keine Drogen mehr konsumiert. Es habe keine Rückfälle gegeben. Drogen seien der grösste Fehler in seinem Leben gewesen. Er werde auch nach seiner Vollzugszeit in Therapie gehen, weil er wisse, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfe. Im Rahmen des vorzeitigen stationären Massnahmenvollzugs besuche er als Gasthörer an der Universität Bern die Vorlesungen im Bereich Kunstgeschichte. Parallel mache er ein Fernstudium im Bereich Immobilienmanagement. Zudem arbeite er 50 % im Garten des Massnahmenzentrum St. Johannsen, wenn er keine Vorlesungen habe. Nach Abschluss des Verfahrens bzw. Beendigung des Strafoder Massnahmenvollzugs würde er, wenn er in der Schweiz bleiben dürfte, kurzfristig bei seiner Familie unterkommen und im familiären Betrieb arbeiten. Mittel- und langfristig wolle er seinen eigenen Weg gehen und wieder im Kunsthandel Fuss fassen (Urk. 681 S. 1 ff.).
Die einschlägige Vorstrafe des Beschuldigten vom 2. November 2011 (vgl. Urk. 360 S. 204 E. VII.4.2.) darf ihm zufolge Entfernung aus dem Strafregister bzw. Ablauf der Entfernungsfrist nicht mehr entgegen gehalten werden (Art. 369 Abs. 7 StGB). Eine Straferhöhung gestützt darauf verbietet sich daher.
Weiter ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass im Rahmen der Täterkomponente zwar alle persönlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen sind, mithin auch eine allfällige Drogensucht, dieses Zumessungskriterium allerdings in erster Linie bei Drogendelikten relevant ist, da es dort für die Bewertung des Verschuldens darauf ankommt, ob ein Täter zur Finanzierung bzw. Befriedigung seiner Sucht delinquiert aus rein finanziellen Motiven. Im vorliegenden Fall wurde die Drogensucht bzw. die dadurch verminderte Schuldfähigkeit indes bereits bei der vorsätzlichen Tötung in erheblichem Umfang strafmindernd berücksichtigt. Bei den weiteren Delikten besteht hingegen kein Zusammenhang zur Sucht (vgl. dazu insbesondere Urk. D1/17/22 S. 211). Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Strafe aufgrund der Drogensucht des Beschuldigten weiter zu mindern wäre. Insbesondere bestehen keine Hinweise darauf, dass der Beschuldigte aufgrund seiner Sucht in seiner Fähigkeit eingeschränkt gewesen wäre, die Rechtswidrigkeit seiner Taten zu erkennen den Antrieben zum Rechtsbruch zu widerstehen (vgl. so bereits Urk. 360 S. 205 f. E. VII.4.3.2.).
Dass Aussagen des Beschuldigten entscheidend zur Aufklärung der beiden, hier zu bewertenden Strassenverkehrsdelikte beigetragen haben, was gleichzeitig eine gewisse Einsicht und Reue manifestiert, ist mit der Vorinstanz deutlich strafmindernd zu berücksichtigen, allerdings nur mit Bezug auf die für die Strassenverkehrsdelikte zu bemessende Strafe (Urk. 360 S. 207 E. VII.4.4.3.). Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, kann nur ein ausgesprochen positives Nachtatverhalten, bestehend in einem von allem Anfang an abgelegten umfassenden Geständnis, kooperativem Verhalten in der Untersuchung sowie Einsicht ins Unrecht der Tat und Reue zu einer maximalen Strafreduktion führen (Urk. 360 S. 206 E. VII.4.4.1. unter Verweis auf BGE 121 IV 202 E. 2.d/cc). Der
Beschuldigte hat zwar nicht bestritten, †G.
getötet zu haben, dies hätte
angesichts der erdrückenden Beweislage aber – so auch die Vorinstanz – auch keinen Zweck gehabt (Urk. 360 S. 206 E. VII.4.4.2.). Davon, dass er zeitnah und lückenlos über seine Drogenproblematik und seine Tat wenigsten seine Erinnerungen daran Auskunft gegeben und dadurch die Untersuchung wesentlich erleichtert hätte, kann keine Rede sein. Die meisten Erkenntnisse zu Einzelheiten
der Tat und ihrer Vorgeschichte mussten aufgrund anderer Beweismittel gewonnen werden. Die Vorinstanz stellt weiter fest, dass beim Beschuldigten nicht ansatzweise von echter Reue und gereifter Einsicht gesprochen werden könne. Sie erachtete die Entschuldigungen des Beschuldigten angesichts des schliesslich unkooperativen Verhaltens als blosse Lippenbekenntnisse (Urk. 360
S. 207 E. VII.4.4.4.). Anlässlich ersten der Berufungsverhandlung entschuldigte sich der Beschuldigte im Rahmen des Schlusswortes nochmals mehrfach für seine Tat, indes nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er das Tötungsdelikt nie im Leben absichtlich begangen hätte, da er †G. wie einen Bruder geliebt habe (Prot. II S. 29 und 36). Anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung entschuldigte er sich erneut mehrfach für die Tat (Prot. III S. 46). Die in den beiden Berufungsverhandlungen nochmals mehrfach ausgesprochenen Entschuldigungen können nicht einfach als blosse Lippenbekenntnisse abgetan werden. Indes vermögen sie angesichts des weiteren Aussageverhaltens des Beschuldigten, welches sich auch in dem im Schlusswort anlässlich der ersten Berufungsverhandlung nochmals angebrachten Hinweis manifestierte, für den Tod von †G. nicht (wirklich) verantwortlich zu zeichnen, keine allzu massive Minderung der ausgesprochenen Strafe zu rechtfertigen. Gleichwohl hat der Beschuldigte ernstliche Einsicht und Reue glaubhaft gemacht. Es kann ihm nicht abgesprochen werden, dass es ihm leid tut. Er hat sich mehrfach für seine Tat entschuldigt und die Zivilforderungen der Privatkläger anerkannt. Zudem hat er seine Verteidigerkosten übernommen. All dies zeigt, dass er nicht mehr Schaden verursachen will und eine gewisse Verantwortung für seine Tat übernimmt. Ebenfalls ist mit der Verteidigung (Urk. 684 S. 8) zu berücksichtigen, dass
†G. ein langjähriger Freund des Beschuldigten war, weshalb er selber von seiner eigenen Tat betroffen ist. Insgesamt rechtfertigt sich aufgrund des Ausgeführten eine merkbare Strafminderung.
Tat- und täterunabhängige Strafzumessungsfaktoren
Schliesslich können auch tat- und täterunabhängige Faktoren, wie etwa die Dauer des Strafverfahrens die Strafzumessung beeinflussen. So stellt die Tatsache, dass ein Beschuldigter bei überlanger Verfahrensdauer länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt ist, einen Grund für eine Strafminderung dar (BGE 131 IV 54, E. 3; 124 I 139 E. 2c; 117 IV 124 E. 4). Die vorliegende Strafuntersuchung begann am 30. Dezember 2014, d.h. vor rund siebeneinhalb Jahren. Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend festgehalten, führte die Anklagebehörde das Verfahren nicht zuletzt in Anbetracht der erst am
18. November 2015 neu erhobenen Vorwürfe der Privatklägerin F. und der dadurch bedingten Ausdehnung der Untersuchung bemerkenswert speditiv. An der ersten Instanz war der Prozess während ca. einem Jahr und vier Monaten hängig, was angesichts des Umfangs und der Komplexität des Falles nicht übermässig lang ist. Vor Berufungsinstanz war das Verfahren zunächst seit knapp zwei Jahren pendent, wobei durchwegs ein Schriftenwechsel mit den Parteivertretern im Gang war, von Verteidigerseite versprochene Mitteilungen abzuwarten prozessuale Anträge (auf Rückweisung Haftentlassung) zu entscheiden waren. Nach Terminabsprachen mit den Parteivertretern konnte schliesslich im August 2019 auf den 18. November 2019 zur Hauptverhandlung vorgeladen werden. Eigentliche Bearbeitungslücken waren somit auch vor Berufungsinstanz nicht zu verzeichnen (vgl. so bereits Urk. 510 S. 135 f.
E. V.5.1.). Die Aufhebung des ersten Entscheids der Kammer vom
27. November 2019 durch das Bundesgerichtsurteil vom 24. Juni 2020 verlängerte das Verfahren um weitere zwei Jahre, was der Beschuldigte nicht zu vertreten hat. Die inzwischen rund siebeneinhalbjährige Verfahrensdauer, die sich unbestreitbar belastend auf den Beschuldigten ausgewirkt haben dürfte, ist in der Gesamtbetrachtung als zu lang zu qualifizieren. Zu berücksichtigen ist auch, dass es im Laufe des Verfahrens mehrere Richtungswechsel in der Sache wie auch bei den Nebenfolgen (Sanktion und Massnahmen) gab, und die sich im vorzeitigen Strafbzw. Massnahmensetting auf den Beschuldigten auswirkten. Der bundesgerichtliche Rückweisungsentscheids führte zuletzt zu einer neuerlichen Kehrtwendung. Er hat einen vom ersten Berufungsentscheid stark abweichenden Entscheid in der Sache zur Folge. All diese Umstände, die der Beschuldigte nicht zu vertreten hat, dürften sich unbestreitbar belastend auf ihn ausgewirkt haben. Insofern rechtfertigt sich eine merkbare Strafminderung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Vorverurteilung von Tatverdächtigen in der Medienberichterstattung je nach Schwere der Rechtsverletzung als Strafzumessungsgrund zu gewichten. Der Beschuldigte hat indes darzutun, dass die Berichterstattung ihn vorverurteilt hat bzw. dass inwieweit dadurch in seine Rechte eingegriffen wurde (Urteil 6B_1110/2014 vom 19. August 2015 E. 4.3 nicht publ. in BGE 141 IV 329 und BGE 128 IV 97 E. 3b). Die Verteidigung kritisierte das in der Öffentlichkeit bzw. im Internet vermittelte vorverurteilende Bild und die fehlende Anonymisierung. Konkret wurden drei von Privatpersonen im Internet veröffentlichte Blogs und ein Foliensatz von Prof. Dr.
AM.
von der Universität Zürich zu einem Vortrag über das Thema
Schuldfähigkeit zu den Akten gereicht (Urk. 684 S. 9-11 und Urk. 677/1-4). Inwiefern eine – vor allem ungerechtfertigte – Vorverurteilung und ein Eingriff in die Rechte des Beschuldigten stattgefunden hat und er dadurch übermässig belastet wurde, wurde jedoch nicht dargetan. Nachvollziehbarer Grund für das grosse Interesse in der Öffentlichkeit war vor allen Dingen das erwiesenermassen vom Beschuldigten begangene brutale Tötungsdelikt. Eine merkbare Strafminderung ist in diesen Umständen nicht zu erblicken.
Ergebnis
Unter Berücksichtigung aller Faktoren erscheint eine Bestrafung des Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren angemessen. Der Anrechnung der erstandenen Haft steht nichts entgegen, diesbezüglich kann zunächst auf die vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden (Urk. 360
S. 210 E. VII.5.2.). Der Beschuldigte befand sich seit dem 30. Dezember 2014 in Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug. Mit Verfügung der Vorinstanz vom 29. August 2017 wurde das Gesuch des Beschuldigten um vorzeitigen Antritt des Strafbzw. Massnahmenvollzugs bewilligt (Urk. 342). Mit Verfügung des Amts für Justizvollzug am 17. Januar 2018 wurde die von der Vorinstanz angeordnete ambulante Behandlung im Sinne von Art. 63 StGB in Vollzug gesetzt (Urk. 372). Mit Verfügung vom
30. Dezember 2019 wurde der vorzeitige Antritt der mit Urteil der Kammer vom
27. November 2019 angeordneten stationären Massnahme im Sinne von Art. 60
StGB (Suchtbehandlung) bewilligt (Urk. 507). Bis und mit heute sind damit 2710 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. vorzeitigen Strafvollzug bzw. stationären Massnahmenvollzug erstanden.
Einleitung
Der vorinstanzliche Entscheid äussert sich zutreffend zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer Massnahme (Urk. 360 S. 12 f. E. IX.1.1. f.), darauf kann vollumfänglich verwiesen werden. Ebenso kann vorab auf die zutreffende Zusammenfassung der gutachterlichen Ausführungen im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (a.a.O., S. 213 ff. E. IX.2.1. und E. IX.2.3.1.-2.3.5.).
Voraussetzungen
Der Vorinstanz ist ohne Weiteres darin zu folgen, dass gestützt auf die Ausführungen der beiden Gutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. N. vom Vorliegen einer Abhängigkeit von Suchtstoffen im Sinne von Art. 60 und Art. 63 StGB auszugehen ist (Urk. 360 S. 214 E. IX.2.1.; Urk. D1/17/21 S. 7; Prot. I S. 83 f.; Urk. D1/17/22 S. 184, S. 186, S. 211; Prot. I S. 144) und diese
Abhängigkeit in einem offensichtlichen Konnex mit der vom Beschuldigten
begangenen Tötung von †G.
steht. Gemäss Prof. Dr. N.
seien
Abhängigkeitskrankheiten grundsätzlich chronische Erkrankungen; man leide eigentlich das ganze Leben daran (Prot. I S. 83). Auch der Beschuldigte räumte anlässlich der ersten Berufungsverhandlung ein, dass er seine Sucht nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfe und es sich um eine lebenslange Problematik handle, die er zu bekämpfen habe. So gab er auf die Frage, ob er sich auch heute noch als drogensüchtig betrachte zur Antwort, dass er denke, man sei ein Leben lang abhängig und müsse dementsprechend auch vorsichtig sein (Urk. 485 S. 6). In diesem Sinne äusserte er sich auch anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung (Urk. 681 S. 1 ff.; vgl. dazu auch vorne E. IV.3.1.) Trotz mehrjähriger Abstinenz von Ketamin und Kokain liegt auch heute eine
Abhängigkeit des Beschuldigten von diesen Suchtstoffen im Sinne von Art. 60 und Art. 63 StGB vor.
Prof. Dr. M. führte in seinem Gutachten aus, dass eine Massnahme zur Behandlung der Abhängigkeitsproblematik angezeigt sei, die insbesondere langfristig erfolgen müsse, dies nicht zuletzt angesichts der erfolglosen bisherigen Suchtbehandlungen des Beschuldigten. Es bedürfe einer langfristig angelegten Intervention unter strukturierten und strukturgebenden Bedingungen (Urk. D1/17/22 S. 208 f.). Verdeutlichend hielt er fest, dass die Therapie des Beschuldigten wegen seiner narzisstisch-unreifen Eigenschaften und seiner Tendenz, Schwierigkeiten auszuweichen sowie Unauffälligkeit und Leistungsfähigkeit zu demonstrieren, anspruchsvoll sein werde (Urk. D1/17/22
S. 209 f.). Ferner ist zu beachten, dass der Benzodiazepinkonsum des Beschuldigten in Haft (anfängliche Tagesdosis von Valium von 25 mg) nur in kleinen Schritten abgebaut werden konnte und er noch im Januar 2019 eine beachtliche Tagesdosis von 10mg Valium benötigte (Urk. 481A S. 8). Der Beschuldigte äusserte zunächst Ängste, den Alltag ohne Valium nicht zu überstehen, bekundete bei jeder Dosisreduktion physische und psychische Entzugssymptome und war in seiner Emotionstoleranz und -regulation destabilisiert (Urk. 481A S. 12).
Aus der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt St. Johannsen (JVA-ST J) vom 21. Juli 2021 ergibt sich zunächst, dass der Beschuldigte am 29. April 2020 zum vorzeitigen Antritt der Massnahme i.S.v. Art. 60 StGB in die geschlossene Beobachtungs- und Triageabteilung der JVA-ST J eingetreten sei. Mit Verfügung vom 3. September 2020 sei ihm sowohl der Übertritt in die offene Abteilung B per
4. September 2020 als auch die Umsetzung der Grundstufe gemäss Stufenkonzept der JVA-STJ bewilligt worden. Mit Verfügung vom
26. Februar 2020 sei die Umsetzung der Progressionsstufe A bewilligt worden (Urk. 586 S. 1). Zusammenfassend wird sodann festgehalten, dass sich der Beschuldigte soweit beobachtbar kooperativ und motiviert auf die Zusammenarbeit mit allen Fallbeteiligten einlasse. Es könne insbesondere hervorgehoben werden, dass es ihm in den vergangenen Monaten gelungen zu
sein scheine, sich intensiver an einer positiven Arbeitsbeziehung mit seinen Fallverantwortlichen zu beteiligen, obschon ihm das Schenken von Vertrauen gemäss eigener Aussage und externer Beobachtung grundsätzlich sehr schwer zu fallen scheine. Dem Beschuldigten sei es gerade bei seiner Bezugsperson gelungen, Irritationen, Fragen Empfindungen zu platzieren, sich auch auf unangenehme Gespräche einzulassen, seinen Standpunkt begründet zu vertreten, aber auch Autoritäten und Auflagen zu akzeptieren. So gelinge es ihm auch zunehmend besser, allfällige Risikosituationen während externen Aufenthalten in Bezug auf Suchtdruck Konsumbedürfnis anzusprechen und zu reflektieren. Seit der letzten Berichterstattung [Ende April 2021] habe er acht Urinproben abgegeben, die auf alle getesteten Substanzen negativ ausgefallen seien. Auch die nach jedem externen Aufenthalt abgenommenen Atemlufttests hätten stets ein negatives Resultat gezeigt. Der Beschuldigte scheine in Bezug auf seine diagnostizierte narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung mit unreifen Zügen in Gesprächen besser abhol- und konfrontierbar zu sein, was letztendlich ebenfalls auf eine vertrautere Arbeitsbeziehung Hinweise und eine intensivere therapeutische Zusammenarbeit ermögliche. Seinen Möglichkeiten entsprechend zeige er mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung und fordere diese aktiv mit neuen Zielsetzungen ein, was von Seiten seines Behandlungsteams als sehr unterstützenswert erachtet werde (a.a.O., S. 2 f.). Seit der letzten Berichterstattung habe der Beschuldigte drei teilbegleitete Ausgänge, drei teilbegleitete Beziehungsurlaube, sieben teilbegleitete medizinische Sachurlaube und drei externe Besuche im Rayon wahrgenommen. Die unbegleiteten Zeitfenster seien schrittweise erhöht worden und befänden sich zum aktuellen Zeitpunkt bei fünf Stunden. Der Beschuldigte habe alle externen Aufenthalte bereitwillig vor- und nachbesprochen und dem JUWE jeweils Urlaubsberichte zukommen lassen. Während der unbegleiteten Zeitfenster habe er sich stets an das vorgegebene Programm gehalten, sich absprachefähig und zu keinem Zeitpunkt fluchtgefährdet gezeigt. Auch nicht, wenn kurzfristig das geplante Urlaubsprogramm habe abge- ändert werden müssen. Es gelinge ihm auch zunehmend besser, empfundene Emotionen anzusprechen, was bei ihm als essentiell erachtet werde. Gerne würde er an der Universität Bern im Bereich Kunstgeschichte Vorlesungen
besuchen (a.a.O., S. 3). Aufgrund der oben geschilderten Beobachtungen sehe es die
JVA-ST J als essentiell an, mit dem Beschuldigten weiterzuarbeiten und seine Massnahme fortzuführen. Von Seiten des Behandlungsteams werde weiteres Entwicklungspotential in Bezug auf seine Selbständigkeit, die Reflexion zu sucht- und deliktrelevanten Thematiken sowie den Ausbau seines Umfelds und Zukunftsperspektiven gesehen. Es sei von einem Rückschritt in seiner bisherigen Entwicklung innerhalb der Massnahme und der inzwischen etablierten Arbeitsbeziehung auszugehen, wenn der Beschuldigte in eine andere Institution rückversetzt werden würde. Es werde daher empfohlen, die Massnahme wie geplant fortzusetzen (a.a.O., S. 4).
Der Verfügung des JUWE vom 29. Oktober 2021, mit der dem Beschuldigten Vollzugslockerungen gewährt wurden, ist unter anderem Folgendes zu entnehmen: Gesamthaft sei festzuhalten, dass der Beschuldigte ein zufriedenstellendes Vollzugsverhalten zeige und aktiv an den Vollzugs- und Behandlungszielen mitarbeite. Die ihm bis anhin gewährten Vollzugsöffnungen habe er korrekt absolviert. Des Weiteren sei es ihm gelungen, seine Suchtmittelabstinenz aufrechtzuerhalten. Somit sei der bisherige Massnahmenverlauf als positiv zu beurteilen. Um die erzielten Fortschritte weiter festigen und beobachten zu können und unter zunehmend freiheitlichen Bedingungen zu verifizieren, seien weitergehende Vollzugsöffnungen indiziert. lm Rahmen dieser Vollzugsöffnungen sollen insbesondere die Selbständigkeit des Beschuldigten weiter gefördert werden und er solle die Möglichkeit erhalten, seine Totalabstinenz auch unter erhöhten Freiheitsgraden unter Beweis zu stellen. Da der Beschuldigte vor seiner Festnahme im Kunstbereich tätig gewesen sei und in Zukunft plane, in der Kunstgalerie seines Vaters zu arbeiten, soll ihm das Vollzugsmodul Arbeitserprobung (AEP) die Gelegenheit bieten, als Gasthörer an der Universität Bern im Bereich Kunstgeschichte sein Interesse zu vertiefen und so auch neue, soziale Kontakte zu knüpfen. Zum Lockerungsmissbrauchsrisiko sei in Bezug auf die Rückfallgefahr für einschlägige Delikte festzuhalten, dass beim Beschuldigten gemäss gutachterlicher Einschätzung bei Fortsetzung des Substanzkonsums eine hohe Rückfallgefahr für Gewaltdelikte bestehe.
Diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte bisher ein korrektes Vollzugsverhalten aufweise, sich während der bisher absolvierten Urlaube und Ausgänge als absprachefähig erwiesen habe und er seit längerem suchtmittelabstinent sei. Zudem werde auch im Rahmen der Vollzugslockerungen der Progressionsstufe B und dem Vollzugsmodul der AEP die Suchtmittelabstinenz des Beschuldigten regelmässig überprüft und bei einem Konsumrückfall umgehend interveniert werden. Es sei folglich zu erwarten, dass er sich auch im Rahmen von weiteren Vollzugsöffnungen an die geltenden Regeln und Absprachen halten werde. Folglich sei das Delinquenzrisiko im Rahmen der zu prüfenden Vollzugsöffnungen als gering zu beurteilen (Urk. 626 S. 5).
Aus dem Vollzugsbericht des Massnahmenzentrums St. Johannsen (bisher JVA-ST J) vom 23. März 2022 ergibt sich unter anderem Folgendes: Der Beschuldigte habe im vergangenen Jahr eine positive Entwicklung an den Tag gelegt. Es sei zu keinen kritischen Zwischenfällen gekommen und sämtliche Drogen- und Alkohol-Testungen seien negativ ausgefallen. Der Beschuldigte setze sich vermehrt mit seiner Suchtproblematik auseinander, indem er beispielweise konkrete Situationen in externen Aufenthalten, die ihn triggern würden, in Gesprächen mit seiner Bezugsperson reflektiere. Dessen Mitwirkung an der Erreichung seiner Vollzugsziele habe sich vor allem ab Sommer 2021 (nach der Vollzugsplansitzung und dem ablehnenden Entscheid des Bundesgerichts) massgeblich verbessert. Trotz seines fortbestehenden allgemeinen Misstrauens habe sich der Beschuldigte in Gesprächen mit seiner Bezugsperson auf eine vertiefte Auseinandersetzung zu essenziellen Themen wie Beeinflussung durch andere Eingewiesene, Angst vor Gesichtsverlust in der Gruppe, Definition des eigenen Selbstwerts, Stressempfinden Unsicherheiten bezüglich seiner Zukunft eingelassen. Dies stelle einen wesentlichen Fortschritt in seiner bisherigen Entwicklung dar. Weiterhin werde mit ihm an seiner Selbständigkeit und Selbstorganisation gearbeitet. In der Progressionsstufe B und im Vollzugsmodul der AEP habe er sein Verhalten bisher erfolgreich unter Beweis stellen können. Seine Absprachefähigkeit und Zuverlässigkeit hätten sich seither merklich verbessert. Es werde empfohlen, weitere Übungsfelder mit der Progressionsstufe C zu eröffnen, um das theoretische
Wissen zu Copingstrategien praktisch überprüfen und erweitern zu können, seine Lebensziele zu konkretisieren und adäquate Freizeitbeschäftigungen entwickeln zu können, was aus soziotherapeutischer Sicht als deliktprotektiv eingestuft werde. Gemäss Kontroll- und Veränderungsbedarf nach ROS (Risikoorientierter Sanktionenvollzug) sei ausserdem essenziell, dass der Beschuldigte auch unter erhöhten Freiheitsgraden seine Abstinenzmotivation aufrechterhalte, Strategien im Umgang mit Suchtdruck anwende, Kontakte zu sozialen Beziehungen ohne Suchthintergrund aufbaue und eine für ihn angemessene Arbeit ohne konstante Überforderungsmomente suchen und umsetzen könne (Urk. 644 S. 11 f.).
Der Verfügung des JUWE vom 22. April 2022, mit der dem Beschuldigten Vollzugslockerungen der Progressionsstufe C gewährt wurden, ist gesamthaft zu entnehmen, dass der bisherige Massnahmenverlauf weiterhin als positiv beurteilt wird (Urk. 648 S. 5).
Angesichts der eindringlichen Worte des Gutachters und der Schwere der beim Beschuldigten bestehenden Abhängigkeit von verschiedenen Substanzen, vor allem von Ketamin, aber auch von Kokain, ist der Beschuldigte nach wie vor als massnahmebedürftig zu betrachten. Die hinsichtlich Ketamin und Kokain eingehaltene Abstinenz und die inzwischen über zwei Jahre andauernde stationäre Massnahme reichen nicht aus, um den Beschuldigten als ausreichend therapiert zu betrachten. Insofern ist der Vorinstanz nach wie vor darin beizupflichten, dass gestützt auf das Gutachten die Massnahmenbedürftigkeit des Beschuldigten und die Gefahr eines Rückfalls bei fehlender Behandlung eindeutig zu bejahen sind und die Strafe allein nicht genügt(e), um dieses Risiko abzuwenden (Urk. 360 S. 217 E. IX.2.4.).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung soll eine Bevorzugung abhängiger Straftäter vermieden werden. Der Dauer der Strafe kommt entsprechend limitierende Funktion zu. Tatsache ist, dass Art. 60 Abs. 4 StGB bei der stationären Suchtbehandlung eine Höchstdauer von drei Jahren vorsieht, welche in Ausnahmefällen einmal um die Dauer von einem weiteren Jahr verlängert werden kann. Der Vollzug der Strafe ist während der stationären Suchtbehandlung aufzuschieben. Nach einer erfolgreichen Durchführung der
Massnahme wird eine allfällige Reststrafe nicht mehr vollzogen (Art. 62b Abs. 3 StGB). Das Verhältnis einer Massnahme nach Art. 60 StGB zur schuldangemessenen Strafe bedarf daher besonderer Beachtung. Mit Blick auf die relativ kurze Höchstdauer dieser Massnahme soll nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit nicht ausser Acht gelassen werden. Wenn die Massnahme nicht einmal zwei Drittel der Strafdauer gleichkommt, ist sie durch besonders günstige Erfolgsaussichten bzw. durch einen zu erwartenden Resozialisierungserfolg zu begründen, der sich durch den Vollzug einer Freiheitsstrafe mit ambulanter Behandlung nicht erreichen liesse (BGer 6B_737/2009 vom 28. Januar 2010, E. 2; BGE 107 IV 20, E. 5.c; BSK
StGB I - HEER, N 48 und N 54 f. zu Art. 60 StGB; Urwyler, Untermassverbot bei therapeutischen Massnahmen nach Art. 59-61 und 63 StGB, in: AJP 2018
S. 1487). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nur noch jener Teil der Freiheitsstrafe berücksichtigt werden darf, welcher im Urteilszeitpunkt noch zu verbüssen ist (vgl. dazu Urwyler, a.a.O., S. 1485).
Vorliegend ist eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren auszusprechen. Der Beschuldigte hat einen grossen Teil der Freiheitsstrafe abgesessen und befindet sich nun seit über zwei Jahren im vorzeitigen stationären Massnahmenvollzug (vgl. dazu vorne unter E. IV.5. und Urk. 681 S. 2). Laut den vorerwähnten Beurteilungen des Massnahmenzentrums St. Johannsen und des JUWE ist der bisherige Massnahmenverlauf durchweg positiv zu beurteilen. Aufgrund der bisher erzielten Therapieerfolge und der Suchtmittelabstinenz konnten ihm bereits mehrere Vollzugslockerungen gewährt werden, die er allesamt erfolgreich absolviert hat. Insbesondere konnte ihm ermöglicht werden, an der Universität Bern die Vorlesungen im Bereich Kunstgeschichte als Gasthörer zu besuchen und parallel dazu ein Fernstudium im Bereich Immobilienmanagement zu absolvieren (Urk. 681 S. 4). Die bisher erzielten Therapieerfolge sind selbstredend auf das stationäre Massnahmensetting zurückzuführen. Zu berücksichtigen ist zudem auch die vorliegend spezielle Konstellation von mehreren Richtungswechseln zwischen Haftbzw. Strafvollzug und stationärer Massnahme, die sich unbestreitbar belastend auf den Beschuldigten ausgewirkt haben dürften. Zuletzt wurde der Beschuldigte im Zuge des bundesgerichtlichen
Rückweisungsentscheids von der Staatsanwaltschaft aus dem bereits etablierten Massnahmensetting gerissen und inhaftiert. Anschliessend beantragte die Staatsanwaltschaft bei der Verfahrensleitung der Kammer die Anordnung von Sicherheitshaft (Urk. 570). Der Antrag wurde abgewiesen und der Beschuldigte wurde in den vorzeitigen Massnahmenvollzug im Massnahmenzentrum St. Johannsen zurückgeführt (Urk. 593). Bei all diesen Gegebenheiten würde der Therapieerfolg bzw. der Zweck der Massnahme, die Verhinderung von Straftaten und die Wiedereingliederung des Täters, sofort vereitelt werden, wenn der Beschuldigte aus dem stationären Massnahmensetting genommen und in den Strafvollzug versetzt würde. Hinzu kommt, dass ihn die Massnahme nicht mehr massgeblich privilegiert. Diesbezüglich ist nicht zuletzt auf die Möglichkeit der bedingten Entlassung nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe hinzuweisen (Art. 86 Abs. 1 StGB), welche der Regelfall darstellt. Insgesamt kommt damit unter den vorliegenden Umständen nur eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB und damit die Fortführung des mit Verfügung vom 30. Dezember 2019 angeordneten stationären Settings in Betracht.
Ergebnis
Es ist eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB zur Suchtbehandlung anzuordnen.
Das vorinstanzliche Urteil wird in Bezug auf den Anklagevorwurf 1.2. (Sexualdelikte in V. ) im Schuldpunkt bestätigt, womit unter Hinweis auf die zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen (Urk. 360 S. 222 ff. E. XI.1.f. und XI.7.) der vorinstanzliche Entscheid diesbezüglich auch im Zivilpunkt zu bestätigen ist.
Erstes Berufungsverfahren
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr für das äusserst aufwendige und rund zwei Jahre dauernde erste Berufungsverfahren ist auf Fr. 15'000.– festzusetzen (vgl. in diesem Sinne bereits Urk. 510 S. 143
E. VIII.1.). Was den Schuldpunkt und die Sanktion betrifft, unterliegt der Beschuldigte mit seiner Berufung vollumfänglich, ebenso betreffend die Zivilforderung der Privatklägerin F. . Die Anklagebehörde hingegen unterliegt mit ihrem Antrag auf Erhöhung der Strafe. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Kosten für das erste Berufungsverfahren dem Beschuldigten zu vier Fünfteln aufzuerlegen und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse zu nehmen. Zu den Verfahrenskosten gehören auch die Aufwendungen von RA lic. iur. X3. für die zeitweise amtliche Verteidigung des Beschuldigten im Berufungsverfahren, welche nach seiner Entlassung im Mai 2019 mit Fr. 7'812.90 bereits entschädigt wurden (Urk. 401A). Diese Kosten sind im Dispositiv nachzutragen und im gleichen Verhältnis zu verlegen. Der Beschuldigte hat anlässlich der ersten Berufungsverhandlung ausdrücklich auf die Geltendmachung einer Prozessentschädigung verzichtet (Prot. II S. 35). Dies ist im Dispositiv entsprechend vorzumerken.
Zweites Berufungsverfahren
Dass infolge Rückweisung durch das Bundesgericht ein zweites Berufungsverfahren durchgeführt werden musste, hat nicht der Beschuldigte zu vertreten. Demnach fallen die Gerichtsgebühren für das zweite Berufungsverfahren ausser Ansatz. Die Kosten dieses Verfahrens sind definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Privatkläger haben keine Prozessentschädigung geltend gemacht. Der Beschuldigte hat auch anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung aus- drücklich auf die Geltendmachung einer Prozessentschädigung verzichtet (Prot. III S. 53). Dies ist im Dispositiv entsprechend vorzumerken.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Juni 2017 bereits wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
- (…)
- (…)
- (…)
des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 SVG und Art. 2 Abs. 1 und 2 VRV (Dossier 4);
der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähig- keit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 4); und
der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 33 Abs. 2 SVG sowie Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 27 Abs. 1 SSV (Dossier 4).
Der Beschuldigte ist nicht schuldig und wird freigesprochen vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 3);
Der Beschuldigte wird bestraft mit (…) einer Busse von CHF 2'000.–. 4. (…)
5. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen.
6. (…)
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. August 2015 beschlagnahmten CHF 14'964.35 werden zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.1; Dossier 1, act. 14/1) beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschul- digten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen heraus-
gegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 1.2; Dossier 1, act. 14/4) beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Kantonspolizei Zürich zur Vernichtung überlassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 2; Dossier 1, act. 14/10) beschlagnahmten Gegenstände 1.a) bis und mit 1.f) sowie 1.h) werden der Familie des Opfers †G. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Im Übrigen werden die beschlagnahmten Gegenstände bei den Akten belassen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. April 2016 (Beschlagnahme Nr. 3; Dossier 1, act. 14/12) beschlagnahmten Gegenstände werden H. und I. nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Gegenstände vernichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 15. April 2016 beschlagnahmten Mobiltelefone iPhone 5 schwarz und iPhone 5s weiss werden der Privatklägerin 5 (F. ) nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides auf erstes Verlangen herausgegeben.
Bei Nichtabholung innert drei Monaten seit Eintritt der Rechtskraft werden diese Mobiltelefone vernichtet.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 28'239.40 zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 27'532.– zuzüglich 5% Zins ab 27. März 2017 als Schadenersatz zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 1 (B. ) CHF 5'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 2 (C. ) CHF 20'000.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) CHF 25'000.– zuzüglich 5% Zins seit dem 27. März 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrumfang wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 4 (E. ) CHF 7'500.– zuzüglich 5% Zins ab 30. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
(…)
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf
CHF 40'000.– ; die weiteren Kosten betragen: CHF 20'000.– Gebühr für das Vorverfahren CHF 165'716.10 Gutachten / Expertisen
CHF 23'086.– Kosten Kantonspolizei Zürich CHF 938.10 Zeugenentschädigungen CHF 10'304.20 Auslagen Untersuchung CHF 12'500.– Übersetzungskosten
CHF 156'000.– Entschädigung amtliche Verteidigung CHF 234.– Getränkekosten
CHF 1'000.– Kosten für das Beschwerdeverfahren
Rechtsanwalt lic. iur. X3. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten mit CHF 156'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) entschädigt. Die Kasse des Bezirksgerichts Meilen wird angewiesen, den Betrag von CHF 122'000.– (CHF 156'000.– abzüglich Akontozahlung von CHF 34'000.–) an Rechtsanwalt lic. iur. X3. auszubezahlen.
Die Kosten und Auslagen der Untersuchung, des Beschwerdeverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung und der Getränkekosten, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Die Getränkekosten von CHF 234.– werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, den Privatklägern 1 (B. ), 2 (C. ) und 4 (E. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von insgesamt CHF 131'000.– (inklusive 8% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von CHF 64'000.– zu bezahlen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist ferner schuldig
der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB (Dossier 1)
der Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB (Dossier 3)
der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB (Dossier 3).
Der Beschuldigte wird bestraft mit zwölf Jahren Freiheitsstrafe, wovon 2710 Tage durch Haft bzw. vorzeitigen Strafvollzug bzw. stationären Mass- nahmenvollzug erstanden sind.
Es wird eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB (Suchtbehandlung) angeordnet.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 5 (F. ) CHF 18'000.-zuzüglich 5% Zins ab 18. Oktober 2014 als Genugtuung zu bezahlen.
Der Beschuldigte ist berechtigt, den geschuldeten Betrag durch Zahlung an den Verein J. , … [Adresse] zu tilgen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr für das erste Berufungsverfahren (SB170499) wird festgesetzt auf Fr. 15'000.--. Die Kosten der zeitweisen amtlichen Verteidigung des Beschuldigten durch RA lic. iur. X3. betragen Fr. 7'812.90 (bereits entschädigt).
Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten zu vier Fünfteln auferlegt und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse ge- nommen.
Die Gerichtsgebühr für das zweite Berufungsverfahren (SB210368) fällt ausser Ansatz.
Vom Verzicht des Beschuldigten auf eine Prozessentschädigung für beide Berufungsverfahren wird Vormerk genommen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die erbetenen Verteidiger je im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich (übergeben)
den Rechtsvertreter der Privatklägerin 5 im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (übergeben)
die Rechtsvertreterin der Privatkläger 1 bis 5 in sechsfacher Ausfertigung für sich und zuhanden der Privatklägerschaft (übergeben)
das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste (versandt)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die erbetenen Verteidiger je im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
den Rechtsvertreter der Privatklägerin 5 im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin
die Rechtsvertreterin der Privatkläger 1 bis 5 in sechsfacher Ausfertigung für sich und zuhanden der Privatklägerschaft
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A
die Kordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 31. Mai 2022
Der Präsident:
lic. iur. B. Gut
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw N. Hunziker
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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