Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210351 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 16.06.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. und Widerruf |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Kokain; Verteidigung; Richt; Berufung; Amtlich; Chung; Amtliche; Betäubungsmittel; Gramm; Freiheitsstrafe; Staatsanwalt; Vorinstanz; Staatsanwaltschaft; Asservat; Recht; Urteil; Untersuchung; Befehl; Verkauft; Beweis; Aussage; Betäubungsmittelgesetz; Gericht; Verfahren; Amtlichen; Gericht; Sinne |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 106 StGB ; Art. 133 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 147 StPO ; Art. 178 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 405 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 424 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 108 IV 196; 114 IV 6; 124 IV 184; 127 I 38; 134 IV 140; 136 IV 55; 140 IV 196; 141 IV 249; 141 IV 61; 142 IV 265; 144 IV 313; 145 IV 377; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210351-O/U/bs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. B. Amacker, Präsident, Ersatzoberrichterin
lic. iur. N. Jeker und Ersatzoberrichter lic. iur. M. Weder sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. M. Keller
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Fürsprecher X1.
gegen
vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber,
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. und Widerruf Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, III. Abteilung,
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 1. Juli 2020 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 22/3).
(Urk. 66 S. 43 ff.)
Der Beschuldigte wird unter Einbezug der unter Ziffer 2 widerrufenen Strafe mit einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten (wovon insgesamt 155 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind) als Gesamtstrafe sowie mit einer Busse von Fr. 500.– bestraft.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen (obligatorische Landesverweisung).
1 Minigrip mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'910 / B01756-2019)
1 Plastik mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'921 / B01756-2019)
- Div. Minigrips (Asservat Nr. A012'692'954 / B01756-2019)
1 Handschuh schwarz mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'965 / B01756- 2019)
2 Portionen Kokain (Asservat Nr. A012'693'048 / B01756-2019)
Rolex Armbanduhr goldfarben (gefälscht; Asservat Nr. A012'693'0379)
wird für ihre Bemühungen und Auslagen als amtliche
Verteidigerin des Beschuldigten mit Fr. 14'491.65 (inkl. 7.7% Mehrwertsteuer) aus der Ge- richtskasse entschädigt.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'500.00; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 2'100.00 Gebühr Strafuntersuchung
Fr. 280.00 Kosten Kantonspolizei
Fr. 14'491.65 amtliche Verteidigung
(Prot. II S. 4 ff.)
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 92 S. 2, teilweise sinngemäss)
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 72; schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Am 5. März 2021 meldete der Beschuldigte Berufung gegen das vo- rinstanzliche Urteil an, wobei seine Rechtsanwältin lic. iur. X2. zugleich ein Gesuch stellte, als amtliche Verteidigerin entlassen zu werden (Urk. 52). Mit Ein-
gabe vom 11. März 2021 meldete sodann Fürsprecher X1.
Berufung an,
reichte eine Vollmacht des Beschuldigten zu den Akten und ersuchte um Entlas- sung der bisherigen Verteidigung und Ernennung bzw. Einsetzung von ihm als neuer amtlicher Verteidiger des Beschuldigten (Urk. 54). Mit Verfügung vom
26. März 2021 wurde Rechtsanwältin lic. iur. X2. als amtliche Verteidigerin
per 26. März 2021 entlassen und zugleich Fürsprecher X1. Verteidiger bestellt (Urk. 59).
als amtlicher
chung als auch im vorinstanzlichen Hauptverfahren nicht effektiv verteidigt gewe- sen sei (Urk. 67). Mit Beschluss vom 21. Juli 2021 wies die hiesige Kammer den entsprechenden Rückweisungsantrag ab (Urk. 73).
8. November 2021 bzw. 3. Februar 2022 freigestellt worden war (Urk. 75;
Urk. 86).
2020 E. 2.2).
instanzlichen Hauptverfahrens nicht effektiv verteidigt gewesen sei (Urk. 92 S. 2). Konkret bringt die Verteidigung vor, der Beschuldigte habe nach seiner Verhaftung eine andere Person als die vormalige amtliche Verteidigung zur Wahrnehmung seiner Interessen gewünscht. Die ursprüngliche Wunschverteidigung sei auch später nur deshalb nicht installiert worden, weil sie nicht sofort verfügbar gewesen sei, was eine Verletzung von Art. 133 Abs. 2 StPO darstelle (Urk. 92 S. 2 ff.). Die vormalige Verteidigerin habe es in ungenügender Ausübung ihres Mandats unterlassen, bei gewissen Verfahrenshandlungen einzuschreiten oder diese zu rügen. Spätestens nach erneut erfolgter Kritik des Beschuldigten an der vorinstanzlichen Hauptverhandlung, wonach er sich nicht ausreichend verteidigt fühle und sich mehr Kontakt mit der Verteidigerin gewünscht habe, hätte die vormalige Verteidigerin aus dem Mandat entlassen werden müssen. Das Verfahren sei daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, um über die Verwertung der Beweismittel, insbesondere bezüglich der Befragungen mit Teilnahmepflicht der vormaligen Verteidigung, sowie das weitere Vorgehen zu entscheiden (Urk. 67 S. 2; Urk. 92 S. 6 ff.).
Den Standpunkt der Verteidigung sowie deren Rückweisungsantrag hat die Kammer nach eingehender Begründung und unter Verweis auf die bundes- gerichtliche Rechtsprechung bereits mit Beschluss vom 21. Juli 2021 verworfen und festgehalten, es lägen keine Anzeichen für eine materiell ungenügende Verteidigung vor. Auf die diesbezüglichen Erörterungen, welche nach wie vor Geltung haben, kann vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 73). Zu ergänzen bleibt, dass zwar durchaus ein Vorschlagsrecht, jedoch gerade kein unbe- schränkter Anspruch auf freie Wahl der amtlichen Verteidigung besteht (Zürcher Kommentar StPO-LIEBER, 3. Aufl. 2020, Art. 133 N 3 ff.). Vorliegend bestanden aufgrund der Verhaftung des Beschuldigten sowie der mehrtätigen Abwesenheit der Wunschverteidigung objektive Gründe für deren Nichtberücksichtigung (Urk. 3/1 S. 1; vgl. Zürcher Kommentar StPO-LIEBER, 3. Aufl. 2020, Art. 133 N 6c). Es ist sodann festzuhalten, dass nach der Polizei auch die Staatsanwaltschaft im Vorfeld der Hafteinvernahme nochmals versuchte, den Wunschverteidiger res- pektive eine Person der betreffenden Anwaltskanzlei aufzubieten. In der Folge stellte der Beschuldigte selber den Antrag, die über das Pikett-Strafverteidigung
bestellte Anwältin sei als amtliche Verteidigerin einzusetzen (Urk. 3/2 S. 1). Vor diesem Hintergrund ist keine Verletzung von Art. 133 Abs. 2 StPO auszumachen.
Eine formell fehlende oder materiell völlig ungenügende Verteidigung, welche überhaupt erst eine mögliche Rückweisung zu begründen vermöchte, liegt entgegen der Ansicht der Verteidigung nach dem Gesagten nicht vor (vgl. Zürcher Kommentar StPO-ZIMMERLIN, 3. Aufl. 2020, Art. 409 N 6; Urk. 92 S. 8). Der Rück- weisungsantrag der Verteidigung ist daher abzuweisen. Im Übrigen hätte eine Rückweisung aber auch mit Blick auf die Verfahrensökonomie zu unterbleiben. Soweit der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung die Vorwürfe überhaupt noch bestritt, kann – wie noch aufzuzeigen sein wird – ohnehin nicht auf diejenigen Beweismittel abgestellt werden, deren Überprüfung die Verteidigung im Rahmen der Rückweisung verlangt. Eine Rückweisung käme daher einem formalistischen Leerlauf gleich.
Anlässlich der Berufungsverhandlung stellte die Verteidigung die Beweis-
anträge, es sei B.
erneut zu befragen und die sichergestellten
Betäubungsmittel seien einer Gehaltsanalyse zu unterziehen. Zur Begründung führte die Verteidigung an, dass bezüglich des Verhaftsvorgangs sowie den dem Beschuldigten angelasteten Verkäufen an B. faktisch eine Konstellation wie bei einem Vieraugendelikt vorliege, da keine objektive Umstände vorliegen würden, mit welchen die von B. deponierten Belastungen überprüft werden könnten. Eine Gehaltsanalyse der sichergestellten Betäubungsmittel sei sodann bis anhin nicht durchgeführt worden, was prozessual unzulässig erscheine und nachzuholen sei (Prot. II S. 6 f.; Urk. 92 S. 10 f. und S. 13).
Wie nachfolgend im Einzelnen aufzuzeigen sein wird, erübrigen sich die gestellten Beweisanträge aus tatsächlichen Gründen. So kann letztlich nicht auf die noch strittigen Aussagen von B. abgestellt werden, und die geforderte Gehaltsbestimmung der Betäubungsmittel erweist sich in vorliegender Konstella- tion als nicht zielführend. Es kann auf die entsprechenden Erwägungen im Schuldpunkt verwiesen werden (vgl. nachfolgend E. III.4. f.).
Der Beschuldigte hatte bereits in der Untersuchung eingestanden, am
4. Juni 2019 im Besitz von netto 1,3 Gramm Kokain gewesen zu sein und seit
21. November 2018 bis Juni 2019 ca. alle zwei bis vier Tage Kokain und Mari- huana konsumiert zu haben (Urk. 3/1 S. 3; Urk. 3/2 S. 2 f.; Urk. 3/4 S. 10 f.; Urk. 66 S 5). Auch betreffend den Besitz von mehreren Videos mit Gewaltdarstel- lungen zeigte sich der Beschuldigte geständig. Die diesbezüglichen Schuldsprü- che wurden – wie bereits erwähnt – vom Beschuldigten nicht angefochten, wes- halb auf diese Punkte nicht weiter eingegangen werden muss.
Soweit für das Berufungsverfahren noch relevant, wird dem Beschuldigten vorgeworfen, B. in der Zeit vom 4. Juni 2018 bis am 4. Juni 2019 bei ca. 20
Gelegenheiten jeweils 1 bis 10 Gramm Kokaingemisch, insgesamt jedoch mindestens 150 Gramm Kokaingemisch, verkauft zu haben, welcher ihm dafür pro 1 Gramm Fr. 100.– bezahlt habe. Beim Kokain sei von einem durch- schnittlichen HCI-Mittelwert von 70% und damit bei 150 Gramm Kokaingemisch von 105 Gramm reinem Kokain auszugehen. Dadurch habe sich der Beschuldigte des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG schuldig gemacht (Urk. 22/3 S. 2).
Die Vorinstanz kam in tatsächlicher Hinsicht zusammengefasst zum Schluss, anhand der belastenden Aussagen von B. sowie der weiteren be- lastenden Indizien bestünden keine Zweifel daran, dass der Beschuldigte mehr- fach an diverse Personen Kokain verkauft habe, unter anderem auch an B. . Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb Letzterer den Beschuldigten zu Un- recht belasten sollte, weshalb der eingeklagte Sachverhalt aufgrund der glaubhaf- ten Angaben von B. als erstellt zu gelten habe (Urk. 66 S. 9 ff. und S. 15). Aufgrund des Besitzes und Weiterverkaufs von insgesamt rund 150 Gramm Koka- ingemisch bzw. 101.4 Gramm reinem Kokain an B. sei der Beschuldigte im Sinne der Anklage der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittel- gesetz schuldig zu sprechen (Urk. 66 S. 17 ff.).
Der Beschuldigte stellte den strittigen Anklagevorwurf in der Untersuchung
konstant in Abrede und machte demgegenüber geltend, B.
habe das
Kokain an ihn verkauft und nicht umgekehrt (Urk. 3/2 S. 2 F/A 6 f.; Urk. 3/3 S. 2 f.; Urk. 3/5 S. 9). Während der Beschuldigte vor Vorinstanz keine Fragen zur Sache beantwortete, machte er anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung neu
geltend, er habe B.
sicherlich nicht insgesamt 150 Gramm verkauft,
sondern vielleicht 5 bis 6 Mal minimale Portionen veräussert. Man habe sich gegenseitig ab und zu Kokain verkauft, um sich auszuhelfen (Urk. 91 S. 1 und S. 9; Urk. 94 S. 1 ff.).
Die Verteidigung bringt im Wesentlichen vor, der Beschuldigte habe B. bei ca. 5 bis 6 Gelegenheiten zwischen 1 und 5 Gramm Kokain verkauft. Die darüber hinaus in der Anklage erhobenen Vorwürfe würden auf falschen Aussagen des
genannten Abnehmers beruhen, weshalb nicht darauf abgestellt werden könne. Der Beschuldigte sei daher lediglich des mehrfachen Vergehens im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG schuldig zu sprechen (Urk. 92 S. 13 ff.).
Grundsätze der Beweiswürdigung und Beweismittel
S. 6 f.). Zur Verdeutlichung ist sodann erneut hervorzuheben, dass gemäss dem Grundsatz in dubio pro reo jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt (Art. 10 Abs. 1 StPO). Als Beweislastregel bedeutet dieser Grundsatz, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Beschuldigten zu beweisen (SCHMID/JOSITSCH, Handbuch StPO, 3. Auflage 2017, N 216 f.). Dabei darf sich das Strafgericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (BGE 127 I 38 E. 2a m.H.).
B.
inhaltlich im Grundsatz zutreffend wiedergegeben (Urk. 3/2-5; Urk. 4/1;
Urk. 5/1; Urk. 66 S. 8 und S. 9-15). Die formelle Verwertbarkeit der
Konfrontationseinvernahme mit B.
wird seitens der Verteidigung zu Recht
nicht in Frage gestellt. Der Beschuldigte konnte denn auch Ergänzungsfragen stellen und sich in der Folge zu den Aussagen der Auskunftsperson äussern (Urk. 5/1 S. 11; Urk. 3/5 S. 2f.).
Bezüglich den weiteren einvernommenen Auskunftspersonen gilt es
festzuhalten, dass nur bei C.
(Urk. 6/1) und D.
(Urk. 8/1)
Einvernahmen unter Wahrung der Teilnahmerechte des Beschuldigten stattfanden. Die Befragungen der übrigen polizeilichen Auskunftspersonen (E. [Urk. 7/1], F. [Urk. 9/1], G. [Urk. 10/1], H. [Urk. 11/1],
I.
[Urk. 12/1], J.
[Urk. 13/1], K.
[Urk. 14/1] und L.
[Urk. 15/1]) können mangels Gewährung der Teilnahmerechte sodann nur zu Gunsten des Beschuldigten verwendet werden (Art. 147 StPO; OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Aufl. 2020, N 694 ff.). Zu den ausgewerteten Mobiltelefonen/Chats (Urk. 3/4¸Urk. 5/2; Urk. 8/2), welche zum einen den Auskunftspersonen während den Konfrontationseinvernahmen und zum anderen dem Beschuldigten vorgehalten worden waren, konnte sich dieser im Rahmen seiner Einvernahmen äussern (Urk. 3/4; Urk. 3/5 S. 2 ff.). Die beschlagnahmte Liste mit Zahlen und Namen (Urk. 1/8) war dem Beschuldigten in der Einvernahme vom 18. Juli 2019 vorgehalten worden (Urk. 3/3 S. 4). Das Gleiche gilt in Bezug auf die beschlagnahmten Gegenstände (Urk. 17/1-8; Urk. 3/3 S. 2 ff.).
Generelle Indizien für Kokainverkäufe
Wie bereits erwähnt, stellte sich der Beschuldigte in der Untersuchung konstant auf den Standpunkt, er habe kein Kokain an B. verkauft, sondern am 4. Juni 2019 von diesem gekauft (vgl. Urk. 3/2 S. 2 f.; Urk. 3/3 S. 3; Urk. 5/3
S. 7 ff.). B. – so der Beschuldigte – wolle mit seinen Aussagen lediglich sich selbst retten, da er der Dealer sei (Urk. 3/2 S. 3). Vor diesem Hintergrund ist nicht
zu beanstanden, dass die Vorinstanz zunächst auch die nicht direkt den
fraglichen Verkauf an B.
betreffenden Beweismittel einer Würdigung
unterzog. Die Vorderrichter haben hierbei grundsätzlich zutreffend aufgezeigt, weshalb anhand der in der Wohnung des Beschuldigten aufgefundenen Gegenstände mit nachgewiesenen Kokainrückständen (Minigrips, Plastiksack und Plastikhandschuh), den verschiedenen vorhandenen Chatnachrichten sowie den diesbezüglich widersprüchlichen und wenig nachvollziehbaren Aussagen des Beschuldigten gewichtige Indizien dafür bestehen, dass der Beschuldigte nicht blosser Konsument war, sondern Kokain weitergab respektive weiterveräusserte (Urk. 66 S. 9-14). Exemplarisch kann an dieser Stelle die Chatnachricht genannt werden, in welcher der Beschuldigte ausführt: Ja es wird sich naher Lohne es isch von Peru 1a. Da der Beschuldigte die gleiche Person zuvor aufforderte, ihm Geld zu bringen, kann ohne Not davon ausgegangen werden, der Beschuldige habe dem Adressaten dieser Nachricht Kokain angeboten (Urk. 3/4 Frage 42 ff.; vgl. Urk. 66 S. 13 f.). Konkrete Hinweise, welche generell auf einen regelmässigen und auf grössere Mengen ausgerichteten Verkauf hinweisen würden, sind in Übereinstimmung mit der Verteidigung hingegen nicht ersichtlich (Urk. 92 S. 16).
Es ist indessen festzuhalten, dass dem Beschuldigten in der Anklage einzig Kokainverkäufe an B. vorgeworfen werden (Urk. 22/3 S. 2 f.). Diesbezüglich lassen die vorgenannten Indizien keine direkten Rückschlüsse zu. Dass der
Beschuldigte in gewissem Umfang Kokaingemisch an B.
verkaufte, steht
aufgrund des heutigen Geständnisses des Beschuldigten, der Aussagen der
Auskunftsperson B.
sowie des übrigen Untersuchungsergebnisses zwar
ausser Frage (Urk. 1/1; Urk. 4/1; Urk. 94). Umstritten bleibt jedoch, wie häufig und in welcher Menge sowie Qualität der Beschuldigte der Auskunftsperson B. tatsächlich Kokain verkaufte.
Berufungsverhandlung geltend, der Beschuldigte habe ca. 5 bis 6 Mal zwischen 1 und 5 Gramm Kokain verkauft, wobei insgesamt von ca. 10 Gramm reinem Kokain auszugehen sei. Dies entspreche auch den Angaben von B. anlässlich der ersten polizeilichen Befragung, bevor dieser ohne ersichtlichen Grund in der Konfrontationseinvernahme die ursprüngliche Mengenangabe verzehnfacht habe. Auf diese falschen Angaben könne nicht abgestellt werden. (Urk. 92 S. 13 ff.).
B. wurde am 4. Juni 2019 nach seinem Besuch beim Beschuldigten in flagranti verhaftet. In der gleichentags durchgeführten Befragung erklärte er ohne Umschweife, beim Beschuldigten 5 Gramm Kokain geholt zu haben, wofür er dem Beschuldigten in den nächsten Tagen Fr. 500.– oder einen Teil davon gezahlt hätte (Urk. 4/1 F/A 2 und 14). Er habe innerhalb des letzten Jahres bereits ca. 5 bis 6 Mal jeweils zwischen 1 bis 5 Gramm Kokain beim Beschuldigten gekauft. Mit dem aktuellen Kauf habe er insgesamt rund 15 bis 20 Gramm vom Beschuldigten erworben, für einen Preis von jeweils Fr. 100.– pro Gramm (Urk. 4/1 F/A 20 f.). Anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 18. Juli 2019
bestätigte B.
zunächst, am 4. Juni 2019 beim Beschuldigten 5 Gramm
Kokain gekauft zu haben (Urk. 5/1 S. 3). In der Folge erklärte er jedoch entgegen seinen bisherigen Aussagen, er habe ca. 20 Mal, plus minus Kokain beim Beschuldigten gekauft, er wisse es nicht auswendig (Urk. 5/1 S. 4). Es seien jeweils zwischen 1 bis 10 Gramm Kokain gewesen (Urk. 5/1 S. 4 f.). Auf Vorhalt seiner früheren Belastungen betreffend Menge und Häufigkeit der Kokainkäufe erklärte B. , er habe diesbezüglich bei der Polizei ein bisschen gelogen. Er habe mehr Kokain gekauft, als die 15 bis 20 Gramm, welche bei der Polizei erwähnt worden seien (Urk. 5/1 S. 5). Auf konkrete Frage hin, wieviel Kokain es gewesen sei, antwortete B. : Ungefähr 10 Mal mehr (Urk. 5/1 S. 5). Diejenige Menge, welche er nun zu Protokoll gegeben habe, würde stimmen (Urk. 5/1 S. 5). Demgegenüber hatte er in selbiger Einvernahme zuvor noch ausdrücklich bejaht, bei der Polizei die Wahrheit gesagt zu haben.
genheiten jeweils 1 bis 10 Gramm Kokaingemisch, insgesamt jedoch mindestens
150 Gramm Kokaingemisch, an B.
verkauft haben soll. Selbst die
Vorinstanz ortete im Aussageverhalten der Auskunftsperson einen erheblichen Widerspruch, stellte in der Folge aber unbesehen auf diese Aussagen ab und erwog, es sei kein Grund ersichtlich, weshalb die Auskunftsperson mit einer unwahren Aussage nicht nur den Beschuldigten, sondern auch sich selbst mehr belasten sollte. Vielmehr – so die Vorinstanz weiter – entstehe der Eindruck,
B.
habe sich von der angedrohten Straffolge wegen möglicher Falschaussage beeindrucken lassen und daher die Wahrheit gesagt (Urk. 66 S. 15). Dem kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Der Verteidigung ist zunächst dahingehend zuzustimmen, als dass die Untersuchungsbehörden trotz anderweitiger Angaben des Beschuldigten bereits relativ früh im Verfahren die
Untersuchung einzig auf ihn als Verkäufer ausrichteten, bei B.
hingegen
von einem Konsumenten ausgingen (Urk. 67 S. 3 f.; Urk. 92 S. 9 f.). Jedenfalls ist weder aktenkundig noch anderweitig bekannt, dass gegenüber der Auskunftsperson (weitere) Ermittlungen bezüglich allfälliger Kokainverkäufe
erfolgten. Bei dieser Ausgangslage hatte B.
aufgrund seiner bisherigen
Aussagen weder etwas zu befürchten, noch war er als Auskunftsperson gemäss Art. 178 StPO überhaupt zur Aussage geschweige denn zur Wahrheit verpflichtet. Zwar machte die Staatsanwaltschaft beide Beteiligten auf den Tatbestand der falschen Anschuldigung aufmerksam (Urk. 5/1). Weshalb B. nunmehr unter dem Eindruck von irgendwelchen Straffolgen plötzlich seine Angaben nach oben hätte korrigieren müssen, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich (so auch die Verteidigung: Urk. 92 S. 10).
Selbst wenn die Ausführungen von B.
ansonsten als konsistent
angesehen werden könnten, sind sie bezüglich Anzahl der Käufe und der insgesamt gekauften Menge als vage, ungenau und widersprüchlich zu
qualifizieren. So musste B.
bereits bezüglich der Anzahl der getätigten
Käufe anlässlich der Konfrontationseinvernahme einräumen, die genaue Anzahl nicht zu kennen (Urk. 5/1 S. 4). Es ist zwar mit der Vorinstanz keine Motivlage für eine (bewusste) Falschaussage auszumachen. Weshalb jedoch gerade die in der Konfrontationseinvernahme vorgenommene Schätzung den Tatsachen entsprechen sollte, wonach er mindestens 10 Mal mehr bzw. gesamthaft 150 Gramm Kokaingemisch vom Beschuldigten bezogen haben soll, erscheint mehr als fraglich. Auch die Vorinstanz konnte dies nicht näher darlegen. Liegen ohne nach- vollziehbare Gründe solch divergierende Angaben vor, bedarf es für einen rechtsgenügenden Schuldnachweis grundsätzlich weiterer Indizien, welche die Beweislage verdichten. Dass die Aussagen nicht per se unglaubhaft erscheinen, gereicht alleine vorliegend nicht. Umstände, welche Rückschlüsse auf die Überprüfung der hierzu seitens beider Beteiligten gemachten Angaben zulassen würden, sind jedoch nicht aktenkundig. So wurde zuvor zwar festgehalten, dass durchaus Belastungsmomente dafür bestehen, dass der Beschuldigte Kokain verkauft bzw. zum Verkauf angeboten habe. Daraus lässt sich jedoch nichts hinsichtlich der hier zu prüfenden Häufigkeit der Verkaufshandlungen bzw. der dabei umgesetzten Menge ableiten. Vielmehr muss an dieser Stelle berücksichtigt
werden, dass ausser B.
sämtliche befragten polizeilichen
Auskunftspersonen allesamt angegeben haben, der Beschuldigte habe ihnen keine Drogen verkauft (Urk. 7/1 F/A 39 ff.; Urk. 8/1 F/A 39 f.; Urk. 9/1 F/A 27 f.; Urk. 10/1 F/A 26; Urk. 11/1 F/A 30 f.; Urk. 12/1 F/A 18; Urk. 13/1 F/A 20 f.; Urk. 14/1 F/A 39 f.). Vor diesem Hintergrund kann mithin nicht von der Hand gewiesen werden, dass der Beschuldigte – wie von der Verteidigung geltend gemacht – allenfalls mehrheitlich im engeren Kollegenkreis Kleinstmengen im Sinne von gegenseitigen Dienstleistungen weitergab (Urk. 92 S. 17 f.). Auch die beim Beschuldigten sichergestellte Liste mit möglichen Schuldbeträgen sowie der Umstand, dass der Beschuldigte den fraglichen Verkauf vom 4. Juni 2020 gemäss
den Aussagen von B.
auf Kredit gewährte, spricht vorliegend nicht
unbedingt für die nunmehr von B. Drogenhandelstätigkeit des Beschuldigten.
angeführten, markant intensiveren
B.
allein genügen somit nicht, um auf die in der Anklage aufgeführten
Mengen und Verkaufshandlungen abstellen zu können. Es bestehen aufgrund der vorhandenen Beweismittel mehr als bloss theoretische Zweifel am eingeklagten Sachverhalt. In Anwendung von Art. 10 Abs. 3 StPO, wonach in solchen Fällen von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage ausgegangen werden
muss, ist vorliegend auf die Erstaussage von B.
sowie das damit
weitgehend übereinstimmende Geständnis des Beschuldigten abzustellen. Unter Berücksichtigung der am 4. Juni 2020 erfolgten Übergabe von rund 5 Gramm Kokaingemisch ist nachfolgend daher davon auszugehen, dass der Beschuldigte im eingeklagten Zeitraum anlässlich von ca. 5-6 Gelegenheiten gesamthaft rund 15 Gramm Kokaingemisch an B. verkaufte, wobei anlässlich der einzelnen Verkaufshandlungen jeweils 1 bis 5 Gramm übergeben wurden.
Vor diesem Hintergrund ist der Beweisantrag der Verteidigung obsolet und abzuweisen. Ein Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn er unzulässig ist oder die damit behauptete Tatsache unerheblich bzw. bereits rechtsgenügend erwiesen ist (FINGER-HUTH/GUT, in: Zürcher Kommentar StPO, 3. Auflage 2020, Art. 343 N 12). Das Berufungsgericht erhebt auf Antrag oder von Amtes wegen bereits im Vorverfahren ordnungsgemäss und vollständig erhobene Beweise nur dann erneut, wenn die unmittelbare Kenntnisnahme des Beweises für die Urteilsfällung notwendig erscheint (Art. 405 Abs. 1 StPO i.V.m. 343 Abs. 3 StPO; Urteil 6B_1251/2014 vom 1. Juni 2015 E. 1.3.). Allein der Inhalt einer Aussage (was gesagt wird) lässt eine erneute Beweisabnahme nicht als notwendig erscheinen. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob das Urteil in entscheidender Weise vom Aussageverhalten der betreffenden Person (wie sie es sagt) abhängt (vgl. BGE 140 IV 196 E. 4.4.2). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Angaben
von B.
beruhten schon in der Untersuchung auf seinerseits vorgenommenen Schätzungen. Umgekehrt ist sodann festzuhalten, dass selbst wenn die genannte Auskunftsperson ihre erheblicheren Belastungen anlässlich einer (erneuten) Einvernahme vor Gericht bestätigen könnte, dies nichts am aufgezeigten Beweisergebnis zu ändern vermöchte.
Der Beschuldigte hat mehrfach in unregelmässigen Abständen Kokainge- misch an B. veräussert. Diese Verkaufshandlungen waren in Übereinstim- mung mit der Verteidigung nicht von einem einheitlichen Willensentschluss getra- gen (vgl. Urteil 6S.190/2000 vom 11. Juli 2001 E. 2a ff.; Urk. 92 S. 20). Sodann liegt kein mengenmässig schwerer Fall gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG vor (Grenzwert 18 Gramm Reinmenge bei Kokain). Die Verteidigung hat im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass ein zusätzlicher Schuldspruch wegen Besitz nicht zu ergehen hat, da die Veräusserungshandlung dem Auffangtatbestand ge- mäss Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG vorgeht und die am 4. Juni 2019 sichergestellten
1.3 Gramm Kokain als blosser Besitz im Hinblick auf beabsichtigte zukünftige Konsumzwecke zu gelten haben, was als straflose Vorbereitungshandlung des Eigenkonsums zu qualifizieren ist (BGE 124 IV 184; BGE 108 IV 196).
Anträge, Grundsätze der Strafzumessung sowie Strafrahmen
E. 6.1.2 S. 67 f.; je mit Hinweisen). Darauf sowie auf die zutreffenden theoreti- schen Erwägungen der Vorinstanz kann verwiesen werden (Urk. 66 S. 20 ff.).
Wahl der Sanktionsart und retrospektive Konkurrenz
2018/10039629). Dass aufgrund der Kriterien der präventiven Effizienz und der Zweckmässigkeit daher nur die Ausfällung einer Freiheitsstrafe für die zu sanktionierenden Vergehen angezeigt erscheint, steht daher ausser Frage (s.a. Art. 41 Abs. 1 und 2 StGB). Auch die Verteidigung beantragt diesbezüglich die Bestrafung des Beschuldigten mit einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe (Urk. 92 S. 2).
E. 2.3.3.). Diesbezüglich stellt sich somit einzig die Frage eines möglichen Widerrufs
Bei der Beurteilung der objektiven Tatschwere ist die Drogenmenge in der Regel ein wesentliches Strafzumessungskriterium. Allerdings soll diesem Kri- terium zwar eine wichtige, nicht aber eine vorrangige Bedeutung zukommen. So kommt es auch nicht nur auf den genauen Reinheitsgehalt der Droge an, wenn nicht feststeht, dass der Beschuldigte ein ausgesprochen reines oder ein beson- ders stark gestrecktes Betäubungsmittel liefern wollte (BSK StGB I- WIPRÄCHTIGER/ KELLER, 4. Aufl. 2019, Art. 47 N 97 f.).
Mit Bezug auf die objektive Tatschwere der Kokainlieferungen an B. ist festzuhalten, dass der Beschuldigte eine gefährliche Droge umsetzte, welche bei wiederholtem Konsum bereits nach relativ kurzer Zeit zu einer hohen psychischen Abhängigkeit mit erheblichen Gesundheitsfolgen führen kann (vgl. HUG-BEELI, BetmG Kommentar, Basel 2016,Art. 2 N 295 ff.). Demgegenüber wird dem Beschuldigte gemäss erstelltem Sachverhalt nicht vorgeworfen, im grossen Stil mit Drogen gehandelt zu haben. Vielmehr verkaufte er Kokain, das rund 10 Gramm reinen Wirkstoff enthielt, lediglich einem ihm bekannten Abnehmer. Damit ist das objektive Tatverschulden im unteren Bereich des Strafrahmens anzusiedeln. Es handelte sich anlässlich der rund 5 Übergaben jeweils um den Absatz von relativ geringfügigen Mengen an einen typische Endkonsumenten in einem noch überschaubaren Zeitraum. Es ist sodann nicht ersichtlich, dass der Beschuldigte als Teil einer grösseren Organisation im Drogenhandel agiert hatte. Die Einsatzstrafe für das objektive Tatverschulden ist im Bereich von 6 Monaten festzulegen. Ein Blick auf das Strafmassmodel von FINGERHUTH/SCHLEGEL/JUCKER (Kommentar Betäubungsmittelgesetz, 3. Aufl. 2016, Art. 47 StGB N. 37 ff.) zeigt, dass diese Einsatzstrafe für die objektive Tatschwere einem Vergleich zu anderen Urteilen in der Schweiz standhält.
mag, ist entgegen den Ausführungen der Verteidigung nicht von einer Sucht mit entsprechendem Beschaffungsdruck oder sogar von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen (Urk. 92 S. 11). Der Beschuldigte erklärte in diesem Zusammenhang auch heute, er habe an keine weiteren Personen verkauft und man habe sich mit diesen gegenseitigen Drogenabgaben manchmal ausgeholfen (Urk. 94 S. 2 ff.). Eine eigentliche Finanzierung der Sucht durch Verkauf der Betäubungsmittel ist somit nicht ersichtlich. Es sind demnach in subjektiver Hinsicht keine Umstände auszumachen, welche das objektive Tatverschulden merklich zu relativieren vermögen. Es rechtfertigt sich daher, die Einsatzstrafe im Bereich von 6 Monaten zu belassen. Auch die Verteidigung des Beschuldigten erachtet eine solche Einsatzstrafe aufgrund der Menge des reinen Wirkstoffs und der weiteren Tatumstände als angemessen (Urk. 92 S. 20 f.).
Asperation betreffend Gewaltdarstellungen
Wer Ton- oder Bildaufnahmen ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert besitzt, welche grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, wird gemäss Art. 135 Abs. 1bis StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Angesichts des Strafrahmens von einem Jahr ist die seitens der Verteidigung geforderte Festlegung einer Strafe von 15 Tagen am absolut untersten Rahmen, was nur bei
sehr leichtem Verschulden in Frage käme. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, handelt es sich bei den drei Videodateien, welche der Beschuldigte besass, um gravierende Fälle von Gewaltdarstellungen (Urk. 66 S. 26 f.). Es ist indessen zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Videos gemäss glaubhaften Ausführungen mehr zufällig zugeschickt erhielt und in der Folge auch nicht weiterverbreitete. Subjektiv ist von einem direkten Vorsatz auszugehen, musste dem Beschuldigten doch bewusst sein, dass der Inhalt dieser Videos in keiner Art und Weise dem entspricht, was normalerweise auf elektronischen Kommunikationsmitteln beziehungsweise in Gruppenchats zirkuliert. Insgesamt ist daher von einem leichten Verschulden auszugehen und die Einzelstrafe auf 45 Tage festzusetzen.
Die Einsatzstrafe ist in Anwendung des Asperationsprinzips um 30 Tage bzw. einen Monat zu erhöhen.
Tatunabhängige Strafzumessungsfaktoren
S. 2 ff.). Die persönlichen Verhältnisse sind als strafzumessungsneutral zu werten.
gung der Vorstrafen und der Delinquenz während laufender Probezeit trotz der Geständnisse eine merkliche Erhöhung der Freiheitsstrafe auf rund 9 Monate.
Widerruf und resultierende Freiheitsstrafe
Nachdem bezüglich der zu widerrufenden sowie der heute auszufällenden Strafe gleichartige Sanktionen vorliegen, ist diesbezüglich gemäss Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB zwingend eine Gesamtstrafe auszufällen, welche sich sinngemäss an der Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 StGB zu orientieren hat (vgl. zum Ganzen; BSK StGB I-SCHNEIDER/GARRÉ, 4. Aufl. 2019, Art. 46 N 36). Da sowohl die heute festzulegende Freiheitsstrafe als auch die Vorstrafe bereits Gesamtstrafen darstellen, ist bei der erneuten Gesamtstrafenbildung lediglich noch eine reduzierte Asperation vorzunehmen (BGE 145 IV 153). Deshalb
erscheint es gerechtfertigt, die Einsatzstrafe von 9 Monaten aufgrund der widerrufenen Strafe (4 Monate) auf 12 Monate Freiheitsstrafe zu asperieren.
Mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes
Die vorinstanzlich festgelegte Busse von Fr. 500.– für die mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes wurde von der Verteidigung nicht beanstandet und ist unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Beschuldigten und des- sen Geständnis zu bestätigen (Urk. 52 S. 43 f.).
Klarheit halber festzuhalten, dass von der Anordnung einer Landesverweisung im Sinne von Art. 66a StGB abgesehen wird.
Untersuchung und erstinstanzliches Verfahren
vorbehalt im hälftigen Umfang gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO. Dass die Kosten der vormaligen amtlichen Verteidigung – gemäss Antrag des Beschuldigten – definitiv und vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen seien, steht gemäss dem Ver- fahrensausgang sowie der verbindlichen Kostenregelung gemäss Art. 426 StPO nicht zur Diskussion.
daher, Fürsprecher X1.
für seine Aufwendungen im Berufungsverfahren
pauschal und gesamthaft mit Fr. 7'000.– (inkl. Auslagen und MwSt.) zu ent- schädigen.
- (…)
1 Minigrip mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'910 / B01756-2019)
1 Plastik mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'921 / B01756-2019)
- Div. Minigrips (Asservat Nr. A012'692'954 / B01756-2019)
1 Handschuh schwarz mit Kokainrückständen (Asservat Nr. A012'692'965 / B01756-2019)
2 Portionen Kokain (Asservat Nr. A012'693'048 / B01756-2019)
1 Dokument mit Passwörtern (Asservat Nr. A012'693'071)
- (…)
wird für ihre Bemühungen und Auslagen als
amtliche Verteidigerin des Beschuldigten mit Fr. 14'491.65 (inkl. 7.7% Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Fr. 4'500.00; die weiteren Kosten betragen:
Fr. | 2'100.00 | Gebühr Strafuntersuchung | |
Fr. Fr. | 280.00 14'491.65 | Kosten Kantonspolizei amtliche Verteidigung | |
(…) |
2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
ist zudem schuldig des mehrfachen Vergehens
gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG.
15. Februar 2021, sowie mit einer Busse von Fr. 500.–.
Von der Anordnung einer Landesverweisung im Sinne von Art. 66a StGB wird abgesehen.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom
4. Dezember 2019 beschlagnahmte Uhr (Imitat Rolex, Asservat Nr. A012'693'037) wird dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft inner- halb von drei Monaten auf erstes Verlangen herausgegeben und ansonsten der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 7'000.– amtliche Verteidigung.
Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (versandt)
das Migrationsamt des Kantons Zürich (versandt)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
das Bundesamt für Polizei, fedpol, 3003 Bern
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A und Formular B
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis, in die Akten Geschäfts- Nr. 2018/10039629
die Kantonspolizei Zürich, TEU AssTri, Postfach, 8021 Zürich, betr.
Vorabbeschluss und Dispositivziff. 7.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Zürich, 16. Juni 2022
Der Präsident:
lic. iur. B. Amacker
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Keller
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