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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB210315
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210315 vom 12.04.2022 (ZH)
Datum:12.04.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nötigung etc.
Schlagwörter : Gerin; Schuldig; Privatklägerin; Schuldigte; Beschuldigte; Beschuldigten; Wohnung; Aussagen; Prot; Habe; Vorfall; Recht; Körper; Dossier; Verletzung; Sinne; Vorinstanz; Verletzungen; Körperverletzung; Verlassen; Lichkeit; Einfache; Habe; Gewalt; Drohung; Aufgr; Anklage; Tätlichkeit; Recht
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 106 StGB ; Art. 12 StGB ; Art. 123 StGB ; Art. 126 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 146 StPO ; Art. 147 StPO ; Art. 180 StGB ; Art. 181 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 292 StGB ; Art. 294 StGB ; Art. 307 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 45 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 67b StGB ; Art. 67c StGB ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:127 IV 59; 134 IV 189; 144 IV 217;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210315-O/U/as

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterinnen lic. iur.

Bertschi und lic. iur. Ohnjec sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Baechler

Urteil vom 12. April 2022

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt MLaw X.

gegen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend Nötigung etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Bülach, Einzelgericht, vom 10. Dezember 2020 (GG200041)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I das Kantons Zürich vom 2. Juli 2020 (Urk. 42) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Das Strafverfahren betreffend Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB wird eingestellt (Dossier 1, September 2018).

  2. Der Beschuldigte A. ist schuldig

  3. Vom Vorwurf

  4. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.–, wovon 128 Tagessätze durch Haft erstanden sind, sowie mit einer Busse von Fr. 600.–.

  5. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen.

  6. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.

  7. Eine Landesverweisung im Sinne von Art. 66abis StGB wird nicht angeord- net.

  8. Dem Beschuldigten wird im Sinne von Art. 67b Abs. 1 in Verbindung mit Art. 67b Abs. 2 lit. a StGB für die Dauer von 2 Jahren verboten, mit der Pri- vatklägerin 1 direkt oder über Drittpersonen Kontakt aufzunehmen.

  9. Missachtet der Beschuldigte das Kontaktverbot, kann er gemäss Art. 294 Abs. 2 StGB mit Freiheitstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Überdies wird der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass bei Miss- achtung die Bestimmungen über den Widerruf einer bedingten Strafe sowie über die Rückversetzung in den Straf- und Massnahmenvollzug anwendbar sind (Art. 67c Abs. 9 StGB).

    Auszug aus dem Strafgesetzbuch (StGB):

    Art. 294 Missachtung eines Tätigkeitsverbots oder eines Kontakt- und Rayonverbots

    1 […]

    2 Wer mit einer oder mehreren bestimmten Personen oder mit Personen einer bestimmten Gruppe Kontakt aufnimmt oder sich ihnen nähert, wer sich an bestimmten Orten aufhält, obwohl ihm dies durch ein Kontakt- und Rayonverbot nach Artikel 67b, nach Artikel

    50b MStG oder nach Artikel 16a JStG untersagt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

  10. Die folgenden beim Forensischen Institut Zürich unter der Referenz-

    Nr. K190916-064 / 76338197 lagernden Asservate (diverse DNA-Spuren auf Wattetupfer und ein Vergleichs-WSA) sind nach Eintritt der Rechtskraft die- ses Urteils durch das Forensische Institut Zürich zu vernichten:

    ­

    A013’021'006

    DNA-Spur-Wattetupfer

    ­

    ­

    A013’021'017

    A013’021'039

    DNA-Spur-Wattetupfer

    DNA-Spur-Wattetupfer

    ­

    A013’021'040

    DNA-Spur-Wattetupfer

    ­

    A013’021'051

    DNA-Spur-Wattetupfer

  11. Die beim Forensischen Institut Zürich unter der Referenz-Nr. K190916-064 / 76338197 lagernden Asservate (Fotografien, A013’021'277 und A013’020'989) sind nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils durch das Fo- rensische Institut Zürich zu vernichten.

  12. Das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin 1 wird auf den Zivilweg ver- wiesen.

  13. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 1 eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 1'000.– nebst Zinsen zu 5 % seit 1. April 2018 zu bezahlen.

  14. Die Zivilansprüche der Privatklägerin 2 werden auf den Zivilweg verwiesen.

  15. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'500.–; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 1'600.– Gebühr für die Strafuntersuchung

    Fr. 1'430.– Auslagen Kantonspolizei Zürich

    Fr. 1'772.85 Auslagen für Gutachten/Expertisen usw.

    Fr. 25'330.– Entschädigung amtl. Verteidigung inkl. MWST (davon bereits Fr. 17'952.60 bezahlt)

    Fr. 13'940.45 Kosten der unentgeltlichen Vertretung der

    Privatklägerin 1 inkl. MWST

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.

  16. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Vertretung der

    Privatklägerin 1, werden dem Beschuldigten auferlegt; davon ausgenommen sind die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche einstweilen und unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO von der Gerichtskasse übernommen werden.

  17. Der Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Genugtuung und einer Entschädigung wird abgewiesen.

Berufungsanträge:

  1. Der amtlichen Verteidigung: (Urk. 120 S. 2)

    1. Dispositivziff. 2, Dispositivziff. 4 bis und mit Dispositivziffer 6, Dispositivziff. 8 bis und mit Dispositivziff. 9, Dispositivziffer 12 bis und mit Dispositivziffer 14 sowie Dispositivziff. 16 bis und mit Dispositivziffer

      17 des Urteils vom 10. Dezember 2020 des Bezirksgerichts Bülach seien aufzuheben;

    2. Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB, der mehrfachen einfachen Körperverletzung als Ehegatte während der Ehe im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 4 StGB, der Drohung als Ehegatte während der Ehe im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB und der Tätlichkeit als Ehegatte während der Ehe im Sinne von Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB freizusprechen;

    3. Es sei dem Beschuldigten im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO eine angemessene Genugtuung in der Höhe von CHF 200 pro Tag für die ungerechtfertigte Untersuchungshaft auszurichten (16. September 2019 bis 21. Januar 2020 = 128 Tage) zzgl. 5 % Verzugszins ab

      16. September 2019;

    4. Die Zivilforderungen der Privatklägerin 1 (Genugtuungs- und Schadenersatzbegehren) sowie der Privatklägerin 2 (Schadenersatzbegehren) seien abzuweisen;

    5. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens inkl. die Kosten der amtlichen Verteidigung seien durch die Staatskasse zu tragen;

    6. Im Übrigen sei das Urteil der Vorinstanz zu bestätigen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 106, schriftlich, sinngemäss)

    1. Verzicht auf Anschlussberufung

    2. Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

    3. Gesuch um Dispensation von der Teilnahme an der Berufungsverhand- lung

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang

    1. Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksge- richts Bülach, Einzelgericht, vom 10. Dezember 2020 liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 16. Dezember 2020 (Datum des Poststempels) rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 91; Art. 399 Abs. 1 StPO). Nach Erhalt des begründeten Urteils am 8. Juni 2021 reichte die amtliche Verteidigung am 28. Juni 2021 (Datum des Poststempels) fristgerecht die Berufungserklärung im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO ein (Urk. 98; Urk. 101).

    2. Mit Präsidialverfügung vom 5. Juli 2021 wurde die Berufungserklärung des Beschuldigten der Staatsanwaltschaft und den Privatklägerinnen zugestellt und Frist für Anschlussberufung oder einen Nichteintretensantrag angesetzt. Die- selbe Frist wurde dem Beschuldigten angesetzt, um das Datenerfassungsblatt und Unterlagen zu seinen aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen einzureichen (Urk. 104). Mit Eingabe vom 12. Juli 2021 erklärte die Staatsanwaltschaft ihren Verzicht auf Anschlussberufung, beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und stellte ein Gesuch um Dispensation von der Teilnahme an der Beru- fungsverhandlung (Urk. 106). Die Privatklägerinnen liessen sich innert Frist nicht vernehmen. Mit Eingabe vom 15. Juli 2021 teilte der erbetene Verteidiger mit, dass das Mandatsverhältnis mit dem Beschuldigten nicht mehr bestehe und zu- künftige Korrespondenz ausschliesslich an den amtlichen Verteidiger zu richten sei (Urk. 107). Mit Eingaben vom 26. Juli und 30. September 2021 beantragte die amtliche Verteidigung jeweils Fristerstreckungen zur Einreichung des Datenerfas- sungsblattes und Unterlagen zu den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten, welche bewilligt wurden (Urk. 108; Urk. 111). Mit Eingabe vom

      30. November 2021 liess der Beschuldigte das ausgefüllte Datenerfassungsblatt inklusive Unterlagen zu seinen aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen einreichen (Urk. 113; Urk. 114/1-6).

      3. Am 11. August 2021 wurden die Parteien zur Berufungsverhandlung auf den 12. April 2022 vorgeladen (Urk. 110). Anlässlich der Berufungsverhandlung liess der Beschuldigte die eingangs aufgeführten Anträge stellen (Prot. II S. 3 f.; Urk. 120 S. 2).

  2. Prozessuales

    1. Die Berufung des Beschuldigten richtet sich gegen die vorinstanzlichen Urteilsdispositivziffern 2 (Schuldsprüche), 4-6 (Strafmass), 8 und

      9 (Kontaktverbot), 12-14 (Zivilforderungen Privatklägerschaft), 16 (Kostenauflage) und 17 (Abweisung Genugtuungsbegehren des Beschuldigten). Er beantragt ei- nen vollumfänglichen Freispruch sowie die Zusprechung einer angemessenen Genugtuung für die Dauer der erlittenen Untersuchungshaft in der Höhe von

      Fr. 200.– pro Tag (Urk. 101 S. 4; Urk. 120 S. 2).

    2. Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechts- kraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Nachdem die Urteilsdispositivziffern 1 (Einstellung des Verfahrens betreffend Tätlichkeiten [Dossier 1, September 2018]), 3 (Freisprüche von den Vorwürfen der Nötigung [Dossier 2] und des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen [Dossier 1]),

      7 (Nichtanordnung einer Landesverweisung), 10 und 11 (Entscheid betreffend Asservate) sowie 15 (Kostenfestsetzung) unangefochten blieben, ist mittels Beschluss festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.

  3. Sachverhalt

    1. Vorbemerkung

      Infolge rechtskräftiger Erledigung aller übrigen Anklagevorwürfe verbleiben die nachfolgenden Vorwürfe betreffend die Dossiers 1, teilweise, und 3 Gegenstand des Berufungsverfahrens.

    2. Anklagevorwürfe

      1. Anklagevorwurf Freiheitsberaubung eventualiter Nötigung (April 2016, Dossier 1)

        Gemäss Anklagesachverhalt sei es zusammengefasst im April 2016 in der eheli- chen Wohnung zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldig- ten und der Privatklägerin 1 gekommen. Als diese verängstigt über das Vorgefal- lene beschlossen habe, mit dem Sohn die Wohnung zu verlassen, habe der Beschuldigte absichtlich die Tür von innen verschlossen und die zwei Wohnungs- schlüssel in seiner Hosentasche verstaut, um die Privatklägerin 1 damit am Ver- lassen der Wohnung zu hindern. Der Beschuldigte habe – wie er gewusst habe – nicht das Recht gehabt, die Privatklägerin 1 während mehrerer Stunden in der Wohnung festzuhalten. Unfähig, die im 3. Stockwerk liegende Wohnung ohne Schlüssel zu verlassen, habe die Privatklägerin 1 mit dem Kind gezwungener- massen zunächst in der Küche später auch in anderen Räumlichkeiten verharrt. Dabei sei es ihr über mehrere Stunden hinweg bis gegen Abend trotz entspre- chenden Wunsches nicht möglich gewesen, die Wohnung zu verlassen, da der Beschuldigte, auch nachdem ein Freund zu Besuch gekommen sei, die Woh- nungstür sofort wieder verschlossen und die Schlüssel bei sich behalten habe. Dabei habe der Beschuldigte gewusst, dass die Privatklägerin 1 die Wohnung nach der vorausgegangenen tätlichen Auseinandersetzung mit dem Kind habe verlassen wollen, und er habe ihr dies bewusst verunmöglicht, indem er ihr zuvor- gekommen sei, die Tür verschlossen und die beiden vorhandenen Schlüssel an sich genommen und dies über den ganzen Nachmittag so beibehalten habe (Urk. 42 S. 3).

      2. Anklagevorwurf mehrfache einfache Körperverletzung eventualiter ver- suchte einfache Körperverletzung (September 2016, Dossier 3)

        Gemäss Anklagesachverhalt sei es zusammengefasst im September 2016 zu- nächst zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin 1 in der ehelichen Wohnung gekommen, in deren Verlauf der Beschuldigte der auf dem Bett sitzenden Privatklägerin 1 zunächst mit der rechten

        Hand eine Ohrfeige gegen deren linke Gesichtshälfte und daraufhin einen so hef- tigen Faustschlag gegen den Brustkorb verpasst habe, dass diese mit dem Rü- cken gegen die hinter ihr liegende Wand geprallt sei. Auf dem Weg in Richtung Wohnungstür habe der Beschuldigte der Privatklägerin 1 eine zweite Ohrfeige verpasst, dieses Mal mit der linken Hand gegen deren rechte Gesichtshälfte. Wei- ter habe er sie ins Treppenhaus verfolgt und versucht, sie auf dem Weg zur Haus- tür mit Körpereinsatz aufzuhalten, indem er sie an beiden Armen gepackt sowie festzuhalten versucht habe und erst von ihr abgelassen habe, als sie vor der Haustür zusammengebrochen sei. Aufgrund dieser tätlichen Übergriffe habe die Privatklägerin 1 die in der Anklageschrift aufgelisteten, diversen Verletzungen er- litten. Der Beschuldigte sei bewusst so gegen die Privatklägerin 1 vorgegangen und habe damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass er ihr Schmerzen zufüge bzw. sie verletzen könnte (Urk. 42 S. 5).

      3. Anklagevorwurf Tätlichkeiten (Juli 2019, Dossier 1)

        Gemäss Anklagesachverhalt sei es gegen Ende Juli 2019 im Wohnzimmer der ehelichen Wohnung zum wiederholten Mal zu einem tätlichen Übergriff des Beschuldigten zum Nachteil der Privatklägerin 1 gekommen, indem dieser aufgrund einer Unstimmigkeit die Privatklägerin 1 zunächst am linken Oberarm gepackt und in der Folge grob gegen einen Tisch gestossen habe, sodass sie an der Innensei- te des linken Oberschenkels ein Hämatom erlitten habe, was der Beschuldigte mit seinem Handeln zumindest in Kauf genommen habe (Urk. 42 S. 6).

      4. Anklagevorwürfe mehrfache einfache Körperverletzung, Drohung, Tätlich- keiten eventualiter versuchte einfache Körperverletzung, eventualiter Tätlichkeiten (15. September 2019, Dossier 1)

        Gemäss Anklageschrift sei es am 15. September 2019 in der ehelichen Wohnung zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und der Pri- vatklägerin 1 gekommen, in deren Verlauf der Beschuldigte die Privatklägerin 1 zudem mit dem Tod bedroht habe. Nach einer zunächst verbalen Auseinander- setzung habe der Beschuldigte der Privatklägerin 1 im Wohnzimmer mit der rech- ten Hand eine Ohrfeige gegen die linke und alsdann mit der linken Hand eine solche gegen ihre rechte Gesichtshälfte verpasst, bevor er ihr mit seiner linken Hand einen derartigen Stoss gegen die rechte Schulter versetzt habe, dass diese das Gleichgewicht verloren und mit der rechten Seite der Stirn gegen die Wand ge- prallt sei. Als die Privatklägerin 1 daraufhin vom Wohnzimmer ins Bad habe flüch- ten wollen, habe er sie zunächst davon abgehalten, indem er sie noch im Flur an den Armen grob gepackt und festgehalten habe. In der Folge habe er die Privat- klägerin 1 mit beiden Händen am Hals gepackt und derart zugedrückt, dass sie für kurze Zeit nicht mehr richtig habe atmen können, während er ihr auf Albanisch gesagt habe: Ich werde dich umbringen. Als die Privatklägerin 1 sich mit den Händen zu wehren begonnen habe, habe der Beschuldigte von ihrem Hals abge- lassen, stattdessen aber ihren Kopf mit beiden Händen umfasst und diesen min- destens zwei Mal gegen die Wand im Flur geschlagen, bevor er ihr mit den Dau- men mehrere Sekunden mit Kraft auf die geschlossenen Lider und die Augäpfel gedrückt bzw. diese mit beiden Daumen nach aussen gedrückt habe, wodurch er der Privatklägerin 1 grosse Schmerzen verursacht habe. Als der Beschuldigte da- nach von ihr abgelassen habe, habe sich diese selber im Badezimmer einge- schlossen und aus Angst vor dem Beschuldigten bzw. davor, dass er ihr erneut ein Leid zufügen könnte, rund eine Stunde darin verharrt, bis sich die Situation beruhigt und sie die Wohnung verlassen habe. In derselben Nacht hätten sich bei der Privatklägerin 1 starke Kopfschmerzen eingestellt und diese habe sich mehr- fach übergeben müssen. Als Folge der körperlichen Einwirkungen des Beschul- digten auf die Privatklägerin 1 erlitt diese darüber hinaus die in der Anklageschrift aufgelisteten, diversen Verletzungen. Abgesehen von den objektiven Befunden habe die Privatklägerin 1 nach diesem Vorfall an anhaltenden Kopfschmerzen während mindestens zwei Wochen, an einer Druckdolenz am gesamten Kopf, hauptsächlich im Bereich der rechten Schläfe sowie an einer Druckdolenz über dem Kehlkopf, an Schluckbeschwerden und an Heiserkeit gelitten. Zudem habe sich bei der Privatklägerin 1 die Angst eingestellt, der Beschuldigte könnte seine Drohung in die Tat umsetzen und sie tatsächlich umbringen. Dabei sei der Beschuldigte bewusst so gegen die Privatklägerin 1 vorgegangen und habe durch seine Handlungen zumindest billigend in Kauf genommen, dass er ihr damit Schmerzen zufügen bzw. sie damit verletzen könnte. Ebenso habe dieser gewusst oder zumindest in Kauf genommen, dass er das Sicherheitsgefühl der Pri- vatklägerin 1 mit seinen Worten Ich bringe dich um massgeblich beeinträchtigen könnte, umso mehr vor dem Hintergrund seines gewaltsamen Vorgehens (Urk. 42 S. 6 f.).

    3. Standpunkt des Beschuldigten

      1. Der Beschuldigte bestreitet den Anklagevorwurf betreffend Freiheitsbe- raubung eventualiter Nötigung (vgl. vorstehend, Erw. III.2.1.) vollumfänglich (Urk. 18/4 S. 2 ff.; Urk. 18/7 S. 4; Prot. I S. 54 f.; Prot. II S. 13). Der Beschuldigte bestreitet nicht nur, die Privatklägerin am Verlassen der ehelichen Wohnung ge- hindert zu haben, sondern dass es überhaupt zu einem Vorfall im April 2016 ge- kommen sei. Die Privatklägerin 1 habe dies einfach erzählt (Urk. 18/4 S. 3,

        F/A 14). Weiter führte der Beschuldigte aus, die Privatklägerin 1 sei krank und habe bereits im Jahr 2015 ähnliche Anzeigen gemacht. Er glaube, dass sie die Anzeigen nicht von sich aus mache, sondern dies schwarze Magie sei (Urk. 18/4 S. 4).

      2. Im Zusammenhang mit dem Anklagevorwurf der mehrfachen einfachen Körperverletzung eventualiter der versuchten einfachen Körperverletzung (vgl. vorstehend, Erw. III.2.2.) machte der Beschuldigte geltend, sich an einen Vorfall erinnern zu können, bei welchem er die Polizei und Sanität habe aufbieten müs- sen, weil die Privatklägerin 1 ohnmächtig geworden sei (Urk. 18/4 S. 5). Die Pri- vatklägerin 1 sei damals in der Wohnung hingefallen, weshalb, wisse er nicht.

        Eventuell sei sie selber hingefallen, jedenfalls habe er nichts damit zu tun

        (Urk. 18/4 S. 5 f., F/A 46). Auf Vorhalt der Bilder der Verletzungen (Urk. 14/5-11) führte der Beschuldigte aus, die Privatklägerin 1 habe diese selber gemacht. Man sehe Verletzungen, aber es sei unmöglich, dass er dafür verantwortlich sei. Er sei es nicht gewesen. Er habe dies zu 1'000 % nicht gemacht. Sie habe selber ein Problem. Hätte er es gemacht, hätte er es gesagt. Es sei möglich, dass sie die Verletzungen schon gehabt habe, als sie ins Spital eingeliefert worden sei. Er ha- be diese nicht gesehen (Urk. 18/4 S. 5, F/A 42 ff.). Auch anlässlich der staatsan- waltschaftlichen Einvernahme vom 30. Juni 2020 gab der Beschuldigte zu Proto- koll, dass er das der Privatklägerin 1 nicht zugefügt habe und er es zugeben würde, wenn er ihr etwas angetan hätte (Urk. 18/7 S. 6). Vor Vorinstanz bestritt der Beschuldigte diesen Vorwurf erneut vollumfänglich und machte geltend, es habe sich um einen Unfall gehandelt (Prot. I S. 58 f.).

      3. Der Beschuldigte bestritt auch den Anklagevorwurf betreffend Tätlichkei- ten (vgl. vorstehend, Erw. III.2.3.) vollumfänglich (Urk. 18/4 S. 6 f.; Urk. 18/7 S. 7) und machte anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom 5. Dezember 2019 auf Vorhalt von Fotoaufnahmen der Privatklägerin 1 (Urk. 14/1-2) geltend, die auf den Bildern dokumentierten Verletzungen seien nicht von ihm. Er wisse nicht, wo- her diese seien. Er habe diese Hämatome nie bei ihr gesehen (Urk. 18/4 S. 6 f., F/A 57). Sie hätten nie derartige Konflikte gehabt. Es habe noch nie Tätlichkeiten gegeben, weder seitens der Privatklägerin 1 noch von seiner Seite (Urk. 18/4

        S. 7, F/A 59).

      4. Hinsichtlich der Anklagevorwürfe der mehrfachen einfachen Körperverlet- zung, Drohung, Tätlichkeiten eventualiter der versuchten einfachen Körperverlet- zung, eventualiter Tätlichkeiten (vgl. vorstehend, Erw. III.2.4.) führte der Beschul- digte aus, dass nichts passiert sei (Urk. 18/1 S. 1). Er bestritt sämtliche ihm vor- geworfene Gewalttätigkeiten und die Drohung als unwahr und machte geltend, ihr nichts getan, sondern sich nur geschützt zu haben (Urk. 18/1 S. 2 ff.; Prot. I S. 44 ff. und S. 53). Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 30. Juni 2020 führte der Beschuldigte ferner aus, er habe ihr diese Verletzungen nicht zu- gefügt. Er habe keine solche Verletzungen bei ihr gesehen. Daher wisse er auch nicht, wer ihr diese zugefügt habe. Er habe ihr nichts angetan. Wenn er sie so ge- packt hätte, dann hätte einiges passieren können, aber er habe sie nicht ange- fasst (Urk. 18/7 S. 8 f.). Weiter gab der Beschuldigte zu Protokoll, die Privatkläge- rin 1 nicht gewürgt, sondern sie lediglich mit beiden Händen hinten am Nacken gehalten zu haben (Urk. 18/1 S. 3 f., F/A 17; Prot. I S. 48).

      5. Auch anlässlich der Berufungsverhandlung blieb der Beschuldigte bei seiner bisherigen Darstellung und bestritt die angeklagten Sachverhalte vollum- fänglich (Prot. II S. 13 ff.).

      6. Nachfolgend ist zu prüfen, ob sich die bestrittenen Anklagesachverhalte anhand der vorliegenden Beweismittel erstellen lassen, wobei sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und je- des einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (Urteil des Bundesge- richts 6B_170/2011 vom 10. November 2011, E. 1.2).

    4. Übersicht Beweismittel

      1. Für die Erstellung der bestrittenen Sachverhalte liegen als Beweismittel die Aussagen des Beschuldigten (Urk. 18/1-7; Prot. I S. 44 ff.; Prot. II S. 13 ff.), der Privatklägerin 1 (Urk. 19/1-2; Urk. 19/4-5; Prot. I S. 13 ff.) und des Zeugen

        B. (Urk. 20/1-2), der Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 17. September 2019 samt Fotodokumentation (Urk. 1; Urk. 2), die Rapporte der Kantonspolizei Zürich je vom 22. Oktober 2019 samt Übersetzung des Nachrichtenverlaufs zwi- schen der Privatklägerin 1 und ihrer Kollegin C. (Urk. 7-9), der Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 10. Dezember 2019 samt Fotodokumentation (Urk. 13; Urk. 14), die Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin, Universität Zürich (nach- folgend: IRM), zur körperlichen Untersuchung des Beschuldigten und der Privat- klägerin 1 vom 23. und 27. September 2019 (Urk. 22; Urk. 24), der Austrittsbericht samt ärztlichem Befund des Universitätsspitals Zürich vom 16. und 26. September 2019 (Urk. 27/5), der ärztliche Befund des Spitals Bülach vom 22. Oktober 2019 (Urk. 27/7) sowie der ärztliche Bericht von FMH Prakt. D. vom 15. Januar 2020 (Urk. 27/9) vor.

      2. Auf die Aussagen von C. (Urk. 20/3) und E. (Urk. 20/4) darf zulasten des Beschuldigten nicht abgestellt werden. Zwar konnte der Beschuldig- te zu den beiden Einvernahmen Stellung nehmen (vgl. Urk. 18/3 S. 5 ff.;

        Urk. 18/5), er hatte allerdings nicht die Möglichkeit, C. und E. allfällige Ergänzungsfragen zu stellen (vgl. Art. 146 Abs. 2 StPO und Art. 147 StPO). Die Vorinstanz stützte sich bei der Sachverhaltserstellung allerdings auch nicht auf diese Aussagen (vgl. Urk. 102 S. 38), sodass sich weitergehende Erwägungen dazu erübrigen.

    5. Aussagen

      1. Seitens der Vorinstanz wurden die massgebenden Aussagen des Beschuldigten, der Privatklägerin 1 und des Zeugen B. zutreffend wiederge- geben (Urk. 102 S. 9 ff.), weshalb vorab vollumfänglich darauf verwiesen werden kann (Art. 82 Abs. 4 StPO).

      2. Anlässlich der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte erneut aus, er habe mit der Privatklägerin 1 immer nur verbal gestritten. Berührt oder ge- schlagen habe er sie nie. Er wisse auch nicht, woher ihre Verletzungen stammten, von ihm seien diese nicht. Die Darstellung der Privatklägerin 1 entspreche nicht der Wahrheit. Jede Frau renne zur Polizei. Sie manipuliere, mache Behauptungen womöglich wegen der Papiere. Die Privatklägerin 1 habe schon einmal eine An- zeige gemacht, diese dann aber wieder zurückgezogen. Deshalb könne er ihre Gründe nicht verstehen. 50 % der Frauen würden zur Polizei gehen und diese manipulieren. Bis heute habe er nie eine Frau geschlagen. Im September 2016 sei die Privatklägerin 1 nicht seinetwegen ins Spital Bülach gegangen. Er habe sie nämlich nicht geschlagen. Sie habe oft ins Spital gehen müssen, da sie viele ge- sundheitliche Probleme gehabt habe. Beim Vorfall im September 2016 sei die Pri- vatklägerin 1 zu Boden gefallen, so, als hätte sie ein Trauma gehabt. Er habe le- diglich versucht, ihr zu helfen. Sie sei dann bewusstlos geworden, und er habe sie nur ins Spital gebracht, um ihr zu helfen (Prot. II S. 14 ff.).

    6. Glaubwürdigkeit

      1. Der Beschuldigte ist vom Strafverfahren direkt betroffen und hat deshalb ein legitimes Interesse daran, die Geschehnisse in einem für ihn günstigen Licht darzustellen, was dazu führt, dass seine Aussagen vor dem Hintergrund der Inte- ressenlage zu würdigen sind. Es liegen aber keine Anhaltspunkte vor, die von vornherein gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen würden.

      2. Die Privatklägerin 1 war im Tatzeitpunkt die Ehefrau des Beschuldigten und lebte mit ihm und dem gemeinsamen Sohn F. in der ehelichen Woh- nung. Sie hat aufgrund ihrer Stellung als Verfahrensbeteiligte und der von ihr geltend gemachten Zivilansprüche ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfah- rens. Sie könnte daher versucht sein, die Geschehnisse in einem für sie günsti- gen Licht darzustellen, was bei der Würdigung ihrer Aussagen entsprechend zu berücksichtigen ist. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor, welche an ihrer all- gemeinen Glaubwürdigkeit zweifeln liessen.

      3. Gemäss den Ausführungen der Verteidigung handelt es sich bei B. um einen Familienfreund, welcher keinen Grund habe, für den einen oder ande- ren Ehegatten Partei zu ergreifen (Urk. 82 S. 3; Urk. 120 S. 3). Zwar beschreibt sich der Zeuge selbst als Freund der Familie (Urk. 20/2 S. 4, F/A 17), allerdings pflegt er eine klar engere Beziehung zum Beschuldigten, was sich auch aus des- sen Aussagen ergibt (Urk. 18/3 S. 2 f.). So führte der Zeuge aus, dass er mit dem Beschuldigten seit mindestens 15 oder 16 Jahren befreundet sei und diesen manchmal zwei bis drei Mal in der Woche gesehen habe. Manchmal habe er den Beschuldigten nach der Arbeit getroffen und dann seien sie dessen Sohn abholen gegangen und er habe dann mit diesem gespielt (Urk. 20/1 S. 1 f.; Urk. 20/2 S. 3 f.). Er habe auch oft auf den Sohn aufgepasst, wenn die Privatklägerin 1 in der Nacht habe arbeiten müssen oder beispielsweise zum Friseur gegangen sei (Urk. 20/1 S. 3 f.; Urk. 20/2 S. 3). Er habe die Familie auch finanziell mit mehreren Tau- send Franken unterstützt. Der Beschuldigte habe ihn jeweils um Geld gebeten, wenn dieser beispielsweise die Miete nicht habe bezahlen können (Urk. 20/1 S. 2). Die Beziehung zur Privatklägerin 1 beschrieb er dagegen als schwierig, weil er sich mit ihr gar nicht habe verständigen können, da sie lediglich Albanisch spre- che (Urk. 20/1 S. 3). Sie habe ihm mit einfachen Worten einen Kaffee anbieten können, aber eine Konversation führen sei nicht möglich gewesen (Urk. 20/2 S. 4 f.). Zudem räumte er auch ein, dass er anfangs Vorbehalte gegenüber der Privat- klägerin 1 gehabt habe (Urk. 20/2 S. 4). Aufgrund der doch engeren Beziehung zum Beschuldigten könnte der Zeuge B. ein legitimes Interesse daran ha- ben, die Darstellung und Aussagen des Beschuldigten zu bekräftigen, was ent- sprechend zu berücksichtigen ist. Allerdings sind den Akten keinerlei Hinweise zu entnehmen, welche aufgrund der bestehenden Freundschaft auf eine dadurch begründete Voreingenommenheit schliessen liessen. Hinzu kommt, dass B. als Zeuge unter Hinweis auf die strenge Strafandrohung bei falscher Zeugenaussage gemäss Art. 307 StGB ausgesagt hat (Urk. 20/2 S. 2). Den Aussagen des Zeugen ist mit einer gewissen Zurückhaltung zu begegnen, es besteht aber keine Veranlassung, an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln.

      4. Im Vordergrund steht aber bei allen erwähnten Personen die Glaubhaf- tigkeit ihrer Aussagen.

    7. Beweiswürdigung

      1. Allgemeine Grundsätze

        Die Grundsätze der Beweiswürdigung und die allgemeingültigen Beweisregeln wurden von der Vorinstanz korrekt dargelegt, weshalb vollumfänglich darauf ver- wiesen werden kann (Urk. 102 S. 7 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

      2. Anklagevorwurf Freiheitsberaubung eventualiter Nötigung (April 2016, Dossier 1)

        1. Aussagen der Privatklägerin 1

          1. Die Privatklägerin 1 hat in ihren Befragungen konstant und im Kerngehalt gleichbleibend ausgesagt. Sie schilderte diesen anklagegegenständlichen Vorfall detailliert, lebensnah und schlüssig. So gab sie konstant zu Protokoll, dass es zu einem Streit gekommen sei, nachdem der Beschuldigte den Sohn mit nach draussen genommen habe, ohne ihr zu sagen, wohin, und ihr auf Nachfrage im- mer wieder andere Aufenthaltsorte genannt habe, an denen sie aber nicht anzu- treffen gewesen seien (Urk. 19/4 S. 6; Urk. 19/5 S. 4; Prot. I S. 21 f.). Im Rahmen dieses Streites habe der Beschuldigte ihr dann eine Ohrfeige verpasst, ihren rech- ten Arm weit nach hinten gedrückt und seinen rechten Arm über ihren Hals/Nacken gelegt, sodass sie eine Drehung gemacht habe und aufs Sofa gefal- len sei. Während der Drehung habe sie ein Tablet umgeworfen, worüber sich der Beschuldigte aufgeregt habe. Dieser habe dann ein grösseres Tablet nach ihr geworfen, wobei sie diesem habe ausweichen können. Dieses sei dann zu Boden gefallen und habe im Parkettboden ein Loch verursacht (Urk. 19/4 S. 5; Urk. 19/5

            S. 5; Prot. I S. 22). Ihre Auseinandersetzung habe im Wohnzimmer vor ihrem

            Sohn stattgefunden, der verängstigt gewesen sei und gezittert habe, worauf sie diesen in die Arme genommen und aus der Wohnung habe flüchten wollen. Der Beschuldigte habe sie daran gehindert, ihr den Schlüssel abgenommen und die Wohnungstür abgeschlossen. Daraufhin sei sie in die Küche gegangen und habe versucht, ihren Sohn zu beruhigen. Anschliessend sei dann ein ihr unbekannter Mann zu ihnen nach Hause gekommen, vor welchem sie sich geängstigt habe und nach dessen Einlass der Beschuldigte die Wohnungstür sofort wieder ver- schlossen und die Schlüssel an sich genommen habe (Urk. 19/4 S. 6; Urk. 19/5

            S. 6 f.; Prot. I S. 22 f.). Der unbekannte Mann sei zu ihr in die Küche gekommen, habe Wasser trinken wollen und ihr nichts getan (Urk. 19/5 S. 4; Prot. I S. 22). Schliesslich habe der Beschuldigte diesen fremden Mann wieder aus der Woh- nung gelassen. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, ihre Wohnung zu verlassen, da der Beschuldigte die Wohnungsschlüssel an sich genommen habe (Urk. 19/4

            S. 6; Urk. 19/5 S. 8; Prot. I S. 22 f.). Später sei dann noch der Kollege B. zu ihnen gekommen, nach dessen Einlass der Beschuldigte die Wohnungstür erneut abgeschlossen habe. B. habe ihre zerrissene Bluse und auch sonst gese- hen, in welchem Zustand sie gewesen sei. Auf ihre Bemerkungen sei er nicht ein- gegangen bzw. habe einmal mit dem Zeigefinger vor dem Mund sch gesagt und ihr gegenüber geäussert, sie solle den Beschuldigten lassen, denn dieser habe einige Freunde, welche so zu ihren Frauen seien. Noch bevor B. am Abend wieder gegangen sei, habe sich die Lage beruhigt gehabt und nachdem dieser die Wohnung verlassen habe, sei die Wohnungstür nicht mehr verschlos- sen gewesen (Urk. 19/5 S. 4 und S. 9 f.; Prot. I S. 22 ff.).

          2. Die Aussagen der Privatklägerin 1 enthalten keine Widersprüche und ihre Schilderungen sind chronologisch nachvollziehbar und inhaltlich plausibel. Ihre Aussagen enthalten zudem zahlreiche Einzelheiten, durch welche ihre Ausfüh- rungen lebendig werden und wie sie nur von jemandem zu erwarten sind, der das Geschilderte auch tatsächlich erlebt hat. So beschrieb sie beispielsweise, dass das Tablet, welches der Beschuldigte nach ihr geworfen habe, im Parkettboden ein Loch hinterlassen habe (Urk. 19/5 S. 5). Auch schilderte sie anschaulich, dass ihre Angst gestiegen sei, als ein fremder Mann zu ihnen in die Wohnung gekommen sei, da sie befürchtet habe, dieser würde ihr zusammen mit dem Beschuldig- ten etwas antun (Urk. 19/5 S. 8, F/A 46; Prot. I S. 22).

          3. Der Umstand, dass die Privatklägerin 1 den Besuch von B. wäh- rend des Vorfalls im April 2016 erstmals anlässlich ihrer Einvernahme vom

            10. Dezember 2019 erwähnte, bedeutet – entgegen der Verteidigung (Urk. 82

            S. 3) – nicht, dass sie ihre Aussagen im Verlauf der verschiedenen Einvernahmen änderte. Dass der Besuch von B. anlässlich ihrer polizeilichen Einvernahme vom 22. November 2019 unerwähnt geblieben ist, lässt sich durchaus damit erklä- ren, dass es viele einzelne Vorfälle waren, welche die Privatklägerin 1 schildern musste. Dass der Privatklägerin 1 bei einer Vielzahl von Geschehnissen nicht je- der einzelne Vorfall mit sämtlichen Details bereits bei der Polizei in den Sinn ge- kommen ist, erscheint nachvollziehbar, zumal sie sich während den Einvernah- men in einer belastenden Situation befand. So gab sie gegenüber der Polizei zu Protokoll, dass die vergangenen zwei Monate schwierig für sie gewesen seien und sie sich habe finden müssen (Urk. 19/4 S. 2). Zudem wurde die Privatklägerin 1 in der polizeilichen Einvernahme vom 22. November 2019 nicht aufgefordert, den Vorfall vom April 2016 frei zu schildern, sondern die Fragen konzentrierten sich vorwiegend darauf, zu welchen körperlichen Übergriffen es bei diesem Vorfall seitens des Beschuldigten gekommen war und wie lange der Zustand andauerte, bis sie die eheliche Wohnung wieder habe verlassen können.

          4. Ihre Schilderungen weisen keine Übertreibungen auf und der Umstand, dass die Privatklägerin 1 sehr zurückhaltend aussagte, ohne den Vorfall zu dra- matisieren oder den Beschuldigten übermässig zu belasten, zeigt, dass es ihr nicht darum geht, ihm zu schaden oder eine möglichst hohe Strafe zu erwirken. So sagte sie klar aus, dass der Beschuldigte sie beim anklagegegenständlichen Vorfall im April 2016 nicht am Hals gewürgt, sondern lediglich am Nacken gehal- ten habe (Urk. 19/5 S. 5). Hätte die Privatklägerin 1 den Beschuldigten übermäs- sig belasten wollen, wäre es für sie ein Leichtes gewesen, die Vorfälle dramati- scher darzustellen und auszuführen, er habe ihr mit der Faust ins Gesicht ge- schlagen, oder er habe sie mehrmals gewürgt respektive so stark gewürgt, bis sie das Bewusstsein verloren habe.

          5. Wenn die Verteidigung geltend macht, die Aussagen der Privatklägerin 1 seien nicht glaubhaft, weil sie den Vorfall zeitlich nicht richtig einzuordnen vermö- ge (Urk. 82 S. 4), kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. So konnte sie zwar keinen genauen Tag benennen, sie konnte den Vorfall aber dennoch einem bestimmten Monat und Jahr (April 2016) zuordnen. Zudem erscheint gerade in ei- ner belastenden Stresssituation nachvollziehbar, dass zeitliche Dimensionen nur schwer abschätzbar sind und deshalb nur sehr eingeschränkt verlässliche Anga- ben zur Dauer oder zum Zeitraum von Vorfällen gemacht werden können. Ebenso nachvollziehbar ist, dass sich Betroffene bei traumatischen Erlebnissen im Schockzustand nicht an sämtliche Details zu erinnern vermögen, weil gewisse in einer solchen Situation in den Hintergrund treten. Entsprechend ist – entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 82 S. 4) – auch nachvollziehbar, dass die Privatklägerin 1 keine exakte Zeitangabe zur Dauer der angeblichen Freiheitsbe- raubung im April 2016 machen konnte. So räumte sie diesbezüglich auch ein, dass sie keine Zeit angeben könne. Es seien Stunden gewesen, von nachmittags bis abends. In diesem Zustand sei ihr eine Stunde wie fünf Stunden vorgekom- men (Urk. 19/5 S. 10). Angesichts des Umstandes, dass ihr Fokus während die- ses Vorfalls auf ihren Sohn bzw. dessen Wohlergehen gerichtet gewesen war, er- scheint ebenfalls plausibel, dass sich nicht sämtliche Details wie beispielsweise die genaue Zeitdauer, wie lange sie die eheliche Wohnung nicht verlassen konn- te, in ihrer Erinnerung festgesetzt haben.

          6. Weiter moniert die Verteidigung, die Privatklägerin 1 habe dem Beschul- digten nicht einmal gesagt, dass sie die Wohnung hätte verlassen wollen. Der Beschuldigte habe dies auch nicht erahnen können. Diese Tatsache stehe somit im Widerspruch zum aufgeführten Sachverhalt in der Anklageschrift, worin behauptet werde, die Privatklägerin 1 habe trotz entsprechenden Wunsches die Wohnung nicht verlassen können. Unklar bleibe auch, ob die Privatklägerin 1 nicht die Mög- lichkeit gehabt hätte, zu telefonieren respektive externe Hilfe zu holen (Urk. 82

            S. 4 f.; Urk. 120 S. 6 f.). In der Anklageschrift wird umschrieben, es sei der Privat- klägerin 1 über mehrere Stunden hinweg bis gegen Abend trotz entsprechenden Wunsches nicht möglich gewesen, die Wohnung zu verlassen, da der Beschuldig- te, auch nachdem ein Freund zu Besuch gekommen sei, die Wohnungstür sofort

            wieder verschlossen und die Schlüssel bei sich behalten habe. Aufgrund der glaubhaften Aussagen der Privatklägerin 1 lässt sich erstellen, dass sie nach der tätlichen Auseinandersetzung mit dem Beschuldigten die eheliche Wohnung mit dem gemeinsamen Sohn F. verlassen wollte. Zwar bestätigte sie, dass sie dem Beschuldigten nicht gesagt habe, dass sie die Wohnung verlassen wolle, weil sie aufgrund seines Zustandes nicht in der Lage gewesen sei, mit ihm zu sprechen. Sie habe aber ihren Sohn F. genommen und sei Richtung Tür gegangen. Der Beschuldigte habe ihr dann den Schlüssel weggenommen, die Tür verschlossen und sämtliche Schlüssel an sich genommen (Urk. 19/4 S. 6;

            Urk. 19/5 S. 7; Prot. I S. 24). Dem Beschuldigten musste somit aufgrund des Ver- haltens der Privatklägerin 1 bewusst gewesen sein, dass sie die Wohnung verlas- sen wollte, ansonsten sie nicht mit dem Sohn auf die Wohnungstür zugeschritten wäre. Zwar drückte die Privatklägerin 1 ihren Wunsch, die Wohnung zu verlassen, nicht verbal aus, ihr Verhalten liess aber keinen anderen Schluss zu. Da der Beschuldigte anschliessend die Tür verschloss und sämtliche Wohnungsschlüssel an sich nahm, wusste er, dass sie die Wohnung verlassen wollte, was er durch sein Verhalten verhinderte.

          7. Gestützt auf die glaubhaften und konstanten Aussagen der Privatkläge- rin 1 lässt sich weiter erstellen, dass sie die eheliche Wohnung bis zum Zeitpunkt, als der fremde Mann wieder gegangen war, nicht verlassen konnte. So schilderte sie schlüssig, dass der Beschuldigte die Wohnungstür nach Einlass des fremden Mannes wieder verschlossen und die Schlüssel erneut an sich genommen hat- te. Als der fremde Mann dann habe gehen wollen, habe der Beschuldigte diesen zuerst ebenfalls nicht gehen lassen. Nachdem dieser die Wohnung dann verlas- sen habe, sei die Wohnungstür wiederum verschlossen worden (Urk. 19/5 S. 7 f.; Prot. I S. 22). Der Fokus der Privatklägerin 1 galt bis zu diesem Zeitpunkt somit neben dem Wohlergehen ihres Sohnes weiterhin der abgeschlossenen Woh- nungstür, was in Verbindung mit ihrer Aussage, dass sie noch mehr Angst gehabt habe, als dann auch noch ein fremder Mann in der Wohnung aufgetaucht sei, weil sie gedacht habe, dieser würde ihr zusammen mit dem Beschuldigten etwas an- tun (Urk. 19/5 S. 8) – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 16) – darauf schliessen lässt, dass sie die Wohnung zu ihrer Sicherheit weiterhin hätte

            verlassen wollen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist somit erstellt, dass die Privatklägerin 1 die Wohnung hätte verlassen wollen, dies aber aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten nicht tun konnte.

          8. Nicht erstellen lässt sich allerdings, dass die Privatklägerin 1 – wie im An- klagesachverhalt umschrieben (Urk. 42 S. 3) – auch, nachdem B. Einlass gewährt worden war, die Wohnung nicht verlassen konnte, da der Beschuldigte die Schlüssel bei sich behalten haben soll. Zwar führte die Privatklägerin 1 vor Vorinstanz aus, dass der Kollege B. gekommen sei und der Beschuldigte auch da die Wohnungstür noch einmal abgeschlossen habe (Prot. I S. 22), dass er danach die Wohnungsschlüssel erneut an sich genommen habe, sagte sie aber nicht aus. Anlässlich ihrer Einvernahme vom 10. Dezember 2019 gab sie dann auch zu Protokoll, dass B. die Wohnung am Abend wieder verlassen habe, da die Tür offen respektive nicht abgeschlossen gewesen sei (Urk. 19/5

            S. 4). Ob die Privatklägerin 1 während des Besuchs von B. noch die Ab- sicht hegte, die Wohnung zu verlassen, kann ihren Aussagen ebenfalls nicht ent- nommen werden. Gemäss ihren Aussagen hielt sie sich später auch nicht mehr nur in der Küche, sondern in verschiedenen Räumlichkeiten der Wohnung auf (vgl. Urk. 19/5 S. 9, F/A 62), sodass sie auch wieder Zugang zu ihrem Mobiltele- fon gehabt haben dürfte, welches ihr im Wohnzimmer heruntergefallen und dort liegen geblieben war (vgl. Urk. 19/5 S. 8, F/A 52; Prot. I S. 23). Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Privatklägerin 1 die Möglichkeit gehabt hätte, die eheliche Wohnung früher zu verlassen als zu jenem Zeitpunkt, als B. diese am Abend verlassen hat. Folglich ist – entgegen dem in der Anklage umschriebe- nen Sachverhalt – nicht erstellt, dass es der Privatklägerin 1 auch während des Besuchs von B. nicht möglich gewesen war, die eheliche Wohnung zu ver- lassen. Erstellt ist somit lediglich, dass die Privatklägerin 1 die eheliche Wohnung entgegen ihres Wunsches nicht verlassen konnte, bis auch der fremde Mann die Wohnung verlassen hat. Durch dessen Verlassen der Wohnung dürfte sich auch ihre Angst wieder gelegt haben. So bestätigte die Privatklägerin 1 auch, dass sich die Situation wieder beruhigt habe (Urk. 19/5 S. 10). Hinweise darauf, dass sie anschliessend respektive während des Besuchs von B. weiterhin entgegen

            ihrem Willen in der Wohnung eingeschlossen war, ergeben sich mangels gegen- teiliger Aussagen keine.

          9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Privatklägerin 1 die Ge- schehnisse in einer charakteristischen Weise konkret und anschaulich wiedergibt, wie es nur von derjenigen Person zu erwarten ist, welche diesen Vorfall selber er- lebt hat. Zudem schilderte sie den Vorfall detailreich und widerspruchsfrei. Allfälli- ge Ungereimtheiten beziehen sich insbesondere auf zeitliche Angaben respektive beschlagen vorwiegend Nebensächlichkeiten und das Randgeschehen. Die kon- stanten und detailreichen Aussagen der Privatklägerin 1 erscheinen insgesamt glaubhaft.

        2. Aussagen des Zeugen B.

          1. Die Verteidigung macht geltend, dass der Zeuge B. , welcher ein Freund der Familie sei, die von der Privatklägerin 1 geschilderten Vorkommnisse nicht bestätigen könne, was den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen in Frage stelle. Offenbar sei es der Privatklägerin 1 nicht einmal in den Sinn gekommen, dem Zeugen B. , welcher am Tag des Vorfalls von April 2016 bei ihnen zu Besuch gewesen sei, mitzuteilen, dass sie gegen ihren Willen vom Beschuldigten in der Wohnung festgehalten werde, obwohl dieser ein Freund der Familie sei

            (Urk. 82 S. 3 ff.; Urk. 120 S. 3 ff.).

          2. B. konnte die Aussagen der Privatklägerin 1, wonach er ihre zerris- sene Bluse im Rahmen des Vorfalls vom April 2016 gesehen und ihr gesagt habe, sie solle den Beschuldigten lassen, er habe viele Freunde, welche so zu ihren Frauen seien, nicht bestätigen. So führte der Zeuge auf Vorhalt der entsprechen- den Aussagen der Privatklägerin 1 aus: Oh Gott…Wirklich… Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich mich daran erinnern kann. Ich glaube nicht, dass ich sie gesehen habe, bevor sie ins Frauenhaus ging. (Urk. 20/2 S. 6, F/A 31). Auf wei- teren Vorhalt, dass die Privatklägerin 1 ihm ihre zerrissene Bluse gezeigt haben soll, gab er zu Protokoll: Nein, nein, nein. Nicht dass ich mich daran erinnern könnte oder gesehen hätte. (Urk. 20/2 S. 6, F/A 33). Weiter führte er aus, dass er sich an so etwas wirklich nicht erinnern könne, und auf Vorhalt, er solle der Privatklägerin 1 gesagt haben, der Beschuldigte habe einige Freunde, die so zu ih- ren Frauen seien, sie solle ihn sein lassen, sagte er aus, so etwas würde er nie sagen, auf keinen Fall (Urk. 20/2 S. 7).

          3. Aus den Aussagen des Zeugen B. ergibt sich, dass dieser ein deut- lich engeres Freundschaftsverhältnis zum Beschuldigten pflegte, selbst wenn er sich als Freund der Familie bezeichnet (vgl. vorstehend, Erw. III.6.3.). Dies zeigt sich auch anschaulich anhand seiner Aussagen, wonach er den Beschuldigten nach der Haftentlassung so lange wie nötig bei sich beherbergen wolle. Er probie- re, diesem so gut wie möglich zu helfen. Er werde schauen, dass er einige Sa- chen von sich verkaufen könne, um dem Beschuldigten helfen zu können. Er werde auch schauen, dass man sich gut um den Sohn des Beschuldigten küm- mere. Er wolle nicht, dass sich nur die Privatklägerin 1 um den Sohn kümmere. Er sei dagegen, dass sie das alleinige Sagen habe (Urk. 20/2 S. 7, F/A 40). Fraglich sind zudem seine teilweise widersprüchlichen Aussagen betreffend sein Verhält- nis zur Privatklägerin 1. So führte er einerseits aus, dass er die Privatklägerin 1 sehr gut kenne und sie ein sehr enges Verhältnis gehabt hätten (Urk. 20/2 S. 3), während er im Verlauf der Einvernahme im Widerspruch dazu dann zu Protokoll gab, sie hätten keine Konversation miteinander führen können, sie habe ihm nur mit einfachen Worten Kaffee anbieten können, sie hätten viel mit Händen und Füssen gesprochen (Urk. 20/2 S. 4 f.). Auffallend ist zudem, dass sich der Zeuge teilweise sehr negativ über die Privatklägerin 1 äusserte, indem er ausführte, sie sei bipolar, er habe am Anfang auch Vorbehalte ihr gegenüber gehabt, und sie hätten einmal für ca. fünf Monate keinen Kontakt mehr gehabt, weil die Privatklä- gerin 1 aufgrund seiner guten Beziehung zu ihrem Sohn F. eifersüchtig auf ihn gewesen sei (Urk. 20/1 S. 2 und S. 4 f.; Urk. 20/2 S. 3 ff. und S. 8 f.).

          4. Weiter fällt auf, dass der Zeuge B. im Wissen um das Vorhanden- sein von ehelichen Problemen und Streitigkeiten zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin 1 diese zu verharmlosen respektive nicht ernst zu nehmen scheint. So sagte er aus, der Beschuldigte und die Privatklägerin 1 hätten zwar oft gestritten und sich auch schon vor ihm gegenseitig angeschrien, wobei die Privat- klägerin 1 mehr geschrien habe, was der Beschuldigte einfach stets hingenommen habe. Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass dies mit Gewalt verbunden ge- wesen sei. Er habe gedacht, dass das vielleicht ihr Temperament sei und Leute aus dem Balkan gerne laut seien. Er wisse nur, dass sie oft gestritten hätten, aber er habe nie körperliche Gewalt oder Handgreiflichkeiten gesehen (Urk. 20/1 S. 3; Urk. 20/2 S. 5). Er glaube, dass es nun das zweite Mal sei, dass der Beschuldigte und die Privatklägerin 1 Probleme hätten. Beim ersten Mal sei die Privatklägerin 1 ins Frauenhaus gegangen und der Beschuldigte habe auch schon einmal ins Ge- fängnis müssen (Urk. 20/1 S. 1 und S. 3). Damals habe ihm die Privatklägerin 1 erzählt, dass der Beschuldigte sie gestossen habe, worauf er mit ach wirklich? reagiert habe. Sie sei dann zusammen mit dem Sohn F. für drei Monate weg gegangen (Urk. 20/2 S. 5). Als die Privatklägerin 1 das erste Mal ins Frauen- haus gegangen sei für drei Monate, sei es für den Sohn F. sehr schlimm gewesen. Dann sei die Privatklägerin 1 zurückgekommen und danach sei noch- mals etwas gewesen, was wirklich sehr schwierig für den Sohn F. und nicht gut gewesen sei (Urk. 20/2 S. 5 f.). Auf entsprechende Frage, ob er je Folgen ei- ner möglichen tätlichen Auseinandersetzung habe feststellen können, führte der Zeuge B. aus, er glaube, die Privatklägerin 1 habe das erste Mal, als sie weg gegangen sei, gesagt, der Beschuldigte habe sie am Arm gepackt, weshalb sie zwei rote Flecken habe. Auf die nachfolgenden Fragen gab B. nicht nur zu Protokoll, er glaube, die Privatklägerin 1 habe ihm diese gezeigt, sondern er bestätigte auch, dies gesehen zu haben (Urk. 20/2 S. 6, F/A 28 ff.), was seine ei- gene Aussage, wonach die Streitigkeiten nicht mit Gewalt verbunden gewesen seien, fraglich erscheinen lässt.

          5. Angesichts des Umstandes, dass der Zeuge B. ein klar engeres Freundschaftsverhältnis zum Beschuldigten pflegte (vgl. vorstehend, Erw. III.6.3.) und sich eher negativ über die Privatklägerin 1 äusserte, ist – entgegen der Auf- fassung der Verteidigung – durchaus nachvollziehbar, dass sie sich diesem nicht restlos anvertraute, zumal auch die bestehende Sprachbarriere sie daran gehin- dert haben dürfte. Zudem zeugt seine Reaktion ach wirklich auf das Vorbringen der Privatklägerin 1, sie sei vom Beschuldigten gestossen worden, von einer ge- wissen Gleichgültigkeit und deutet darauf hin, dass er die Privatklägerin 1 nicht besonders ernst genommen hat. Aufgrund dieser Reaktion erscheint auch die von

            der Privatklägerin 1 beschriebene Haltung des Zeugen anlässlich seines Besuchs in der ehelichen Wohnung im April 2016, wonach er mit dem Zeigefinger vor dem Mund sch gesagt und ihr gegenüber geäussert habe, sie solle den Beschuldig- ten lassen, denn dieser habe einige Freunde, welche so zu ihren Frauen seien (Urk. 19/5 S. 4), durchaus plausibel. Zudem passt die von der Privatklägerin 1 be- schriebene Haltung auch zu den Aussagen und zum vom Beschuldigten vertrete- nen Frauenbild. So gab er diesbezüglich anlässlich der Berufungsverhandlung zu Protokoll: Jede Frau rennt zur Polizei. Sie manipuliert, macht Behauptungen wo- möglich wegen der Papiere (Prot. II S. 15) oder 50 % der Frauen gehen zur Po- lizei und manipulieren diese (Prot. II S. 16). Für den Zeugen dürften die ihm von der Privatklägerin 1 geschilderten Vorkommnisse im April 2016 nichts Ausserge- wöhnliches gewesen sein, zumal die Wahrnehmung von Spannungen und Strei- tigkeiten zwischen dem Ehepaar gemäss den Aussagen des Zeugen für ihn keine Seltenheit darstellte. Dass der Zeuge sich dann mehr als 3½ Jahre später, seine Einvernahmen erfolgten erst im Dezember 2019 und Januar 2020 (Urk. 20/1-2), nicht mehr an den Zustand der Privatklägerin 1 respektive ihre Äusserungen vom April 2016 erinnern konnte, ist ebenfalls nachvollziehbar, zumal es der allgemei- nen Lebenserfahrung entspricht, dass die Erinnerung zeitnah zu den Vorfällen am zuverlässigsten ist, um dann mit zunehmendem Zeitablauf zu verblassen. Einzig der Umstand, dass der Zeuge B. die Darstellung der Privatklägerin 1 nicht bestätigen konnte oder wollte, vermag die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht zu schmälern.

        3. Aussagen des Beschuldigten

          1. Der Beschuldigte bestreitet den Vorwurf vollumfänglich und bleibt mit sei- nen Aussagen sehr vage und oberflächlich. Er bestreitet nicht nur, die Privatklä- gerin 1 am Verlassen der Wohnung gehindert oder sie tätlich angegriffen zu ha- ben, sondern er macht geltend, ein solcher Vorfall existiere nicht, das habe die Privatklägerin 1 einfach erzählt, dies seien alles Lügen (Urk. 18/4 S. 3). Weiter führte er anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom 5. Dezember 2019 auf Vorhalt der Fotografie Nr. 16 (Urk. 14/16) aus, die Privatklägerin 1 habe die Bluse selber beschädigt, er habe damit nichts zu tun (Urk. 18/4 S. 4, F/A 24). Wie oder

weshalb die Privatklägerin 1 dies getan haben sollte, ergibt sich aus seinen Aus- sagen allerdings nicht. Auffallend ist auch, dass der Beschuldigte die Privatkläge- rin 1 schlecht zu machen versucht. So führte er beispielsweise aus, dass sie krank sei. Es sei eine Art Magie, welche mit ihr gemacht worden sei, schwarze Magie. Er glaube nicht, dass sie die Anzeigen von sich aus gemacht habe

(Urk. 18/4 S. 4).

7.2.3.1. Insgesamt vermögen die pauschalen Bestreitungen des Beschuldigten keine ernsthaften Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatkläge- rin 1 zu begründen.

7.2.4. Zwischenfazit

Der Sachverhalt hinsichtlich des Vorfalls vom April 2016 (vgl. Urk. 42 S. 3) ist ge- stützt auf die gewürdigten Beweismittel, insbesondere die glaubhaften und schlüssigen Aussagen der Privatklägerin 1, mit Ausnahme, dass es der Privatklä- gerin 1 auch während des Besuchs von B. nicht möglich gewesen sein soll, die eheliche Wohnung zu verlassen, da der Beschuldigte auch nach dessen Ein- lass die Wohnungstür sofort wieder verschlossen und die Schlüssel bei sich be- halten haben soll, vollumfänglich erstellt.

    1. Anklagevorwurf mehrfache einfache Körperverletzung eventualiter ver- suchte einfache Körperverletzung (September 2016, Dossier 3)

      1. Aussagen der Privatklägerin 1

        1. Auch diesen anklagegegenständlichen Vorfall schilderte die Privatkläge- rin 1 in ihren Einvernahmen detailliert, lebensnah und schlüssig. So gab sie kon- stant zu Protokoll, dass sie und der Beschuldigte sich wegen ihres Sohnes gestrit- ten hätten, worauf der Beschuldigte ihr eine Ohrfeige und sodann einen Faust- schlag gegen die Brust verpasst habe, sodass sie mit dem Rücken gegen die Wand geprallt sei. Sie habe daraufhin mit dem Sohn die Wohnung verlassen wol- len, habe diesen aber nicht nehmen können, da der Beschuldigte ihren Sohn ge- halten habe. Der Beschuldigte sei dann in den Flur gegangen, sie hinterher. Im Flur habe er ihr nochmals eine Ohrfeige verpasst, worauf sie aus der Wohnung

          geflüchtet und er ihr gefolgt sei. Er habe sie an den Oberarmen festgehalten und versucht, sie zurück in die Wohnung zu zerren. Das habe sie nicht gewollt, da sie gewusst habe, was sie dort dann erwartet hätte. Sie habe anschliessend das Be- wusstsein verloren und sei erst wieder erwacht, als die Ambulanz vor Ort gewe- sen sei (Urk. 19/4 S. 8; Urk. 19/5 S. 12 f.; Prot. I S. 28 f.). Zu erwähnen ist zudem, dass die Privatklägerin 1 bereits anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einver- nahme vom 1. Oktober 2019, bei welcher es in erster Linie um den Vorfall vom

          15. September 2019 ging, den Vorfall vom September 2016 erwähnte und ihre Aussagen hinsichtlich der Chronologie der Ereignisse und Handlungen des Beschuldigten deckungsgleich sind mit denjenigen in ihren späteren Einvernahmen (vgl. Urk. 19/2 S. 18).

        2. Weiter führte die Privatklägerin 1 anlässlich ihrer Einvernahme vom

          22. November 2019 aus, sie wisse nicht, wer die Sanität gerufen habe. Als sie erwacht sei, seien Sanität und Polizei bereits vor Ort gewesen. Der Beschuldigte habe ihr später gesagt, er habe der Polizei und der Sanität gesagt, dass sie sich habe verletzen wollen, wovon er sie abgehalten habe. Man werde ihm glauben, womit er wohl habe sagen wollen, sie solle keine Anzeige machen (Urk. 19/4

          S. 8). Auf entsprechende Frage sagte die Privatklägerin 1 aus, dass die Ohrfeigen heftig – auf einer Skala von 1 bis 10 – mindestens auf Stufe 9 gewesen seien. Sie sei zudem frisch operiert gewesen. Im Schlafzimmer sei die erste Ohrfeige mit der rechten Hand gegen ihre linke Seite und im Flur mit der linken Hand gegen ihre rechte Seite erfolgt (Urk. 19/4 S. 8). Die von ihr zu den Akten gereichten Fotoauf- nahmen (Urk. 14/3-13) würden von diesem Vorfall vom September 2016 stammen (Urk. 19/4 S. 9).

        3. Die Aussagen der Privatklägerin 1 enthalten betreffend den Vorfall vom September 2016 keine Widersprüche und ihre Schilderungen sind chronologisch nachvollziehbar und inhaltlich plausibel. Ihre Aussagen enthalten zudem zahlrei- che Einzelheiten, durch welche ihre Ausführungen lebendig werden und wie sie nur von jemandem zu erwarten sind, der das Geschilderte auch tatsächlich erlebt hat. So beschrieb sie beispielsweise auch den Grund für ihren Streit mit dem Beschuldigten und ihre damalige Gefühlslage detailreich und authentisch. Zudem

          vermochte sie sich auch noch an den genauen Wortlaut von damals zu erinnern. Anlässlich ihrer Einvernahme vom 10. Dezember 2019 führte sie dazu aus, es sei ca. 23.00 Uhr oder 00.00 Uhr gewesen, als sie ihren Sohn ins Bett habe schicken wollen. Der Beschuldigte habe mit dem Sohn auf dem Mobiltelefon gespielt und sich dann mit diesem zum Schlafen ins Bett gelegt. Als sie nach einer Weile nachschauen gegangen sei, habe sie gesehen, wie er den Rücken zum Sohn ge- dreht gehabt habe und wie ihr Sohn sich sexuelle Filme angesehen habe. Das habe sie verrückt gemacht. Es sei ihr extrem schlecht gegangen. Sie habe das Mobiltelefon genommen und es zu Boden geworfen. Daraufhin habe sie zum Beschuldigten gesagt: Schau mal auf die Zeit und der Sohn ist noch immer am Te- lefon. Nicht nur das, schau was er sich ansieht. (Urk. 19/5 S. 12).

        4. Die Privatklägerin 1 räumte auch ein, wenn sie sich nicht sicher war oder etwas nicht mehr wusste. So führte sie anlässlich ihrer Einvernahme vom

          10. Dezember 2019 auf die Frage, wie genau sie geohrfeigt worden sei, aus, sie könne es heute nicht mehr sagen. Es könne auf der rechten oder der linken Wan- genseite gewesen sein. Es könne sein, dass sie sich bei der Polizei noch erinnert habe, aber jetzt wisse sie es nicht mehr. Sie wisse, dass es zwei kräftige Ohrfei- gen gewesen seien, denn ihr Hirn habe sich gedreht (Urk. 19/5 S. 13, F/A 91). Dass gewisse Nebensächlichkeiten für die Privatklägerin 1 in den Hintergrund ge- rückt sind und sie sich nicht mehr an jedes kleinste Detail zu erinnern vermag, ist einerseits angesichts der Vielzahl der Vorfälle und der zwischen der Tat und ihren Befragungen verstrichenen Zeit von gut drei Jahren durchaus nachvollziehbar und vermag die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht zu schmälern. Im Gegenteil ist dies ein Hinweis darauf, dass sie das von ihr tatsächlich Erlebte aus ihrer eigenen Erinnerung wiedergibt, ohne zuvor eine Geschichte minutiös auswendig gelernt zu haben. Zudem ist auch nicht weiter von Bedeutung, mit welcher Hand er die Privatklägerin 1 auf welche Gesichtshälfte geschlagen hat, denn dass er ihr zuerst eine Ohrfeige, dann einen Faustschlag gegen die Brust und später nochmals eine Ohrfeige verpasst habe, gab die Privatklägerin 1 während sämtlichen Einvernah- men konstant zu Protokoll.

        5. Auch betreffend diesen Vorfall weisen die Schilderungen der Privatkläge- rin 1 keine Übertreibungen auf und sie versucht weder den Vorfall zu dramatisie- ren noch den Beschuldigten übermässig zu belasten. So sagte sie nicht aus, sie habe ihr Bewusstsein aufgrund der gewalttätigen Handlungen des Beschuldigten verloren, sondern sie machte geltend, dies sei wegen des ganzen Druckes, das ganze Drumherum gewesen (Urk. 19/4 S. 8, F/A 63).

        6. Dem Einwand der Verteidigung, wonach die Aussagen der Privatkläge- rin 1 inkonsistent seien, da sie den während des Vorfalls anwesenden Gast

          G. erstmals anlässlich ihrer Einvernahme vom 10. Dezember 2019 erwähnt habe (Urk. 82 S. 8; Urk. 120 S. 8 f.), ist entgegenzuhalten, dass dies die Glaub- haftigkeit ihrer Aussagen nicht zu schmälern vermag, und es kann dazu auf die vorstehenden Erwägungen III.7.2.1.3. verwiesen werden.

        7. Entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 82 S. 8) ist durchaus verständlich, dass sich die Privatklägerin 1 ihrem Bruder nicht anvertraute und ihm das Vorgefallene nicht erzählte, zumal es sich bei häuslicher Gewalt unter Ehegatten um ein persönliches und auch schambehaftetes Thema handelt und überdies nicht bekannt ist, wie nahe sich die Privatklägerin 1 und ihr Bruder ste- hen respektive ob sie zu ihm ein Vertrauensverhältnis hat.

        8. Die konstanten und detailreichen Aussagen der Privatklägerin 1 erschei- nen auch hinsichtlich des Vorfalls vom September 2016 insgesamt glaubhaft.

      2. Aussagen des Beschuldigten

        1. Demgegenüber weisen die Aussagen des Beschuldigten gewisse Wider- sprüche auf. So konnte sich der Beschuldigte zwar an einen Vorfall erinnern, bei dem auf seinen Anruf hin die Polizei und Sanität ausgerückt sei, weil die Privat- klägerin 1 ohnmächtig geworden sei (Urk. 18/4 S. 5, F/A 39 f.), wobei er teilweise von einem Unfall sprach, bei welchem die Privatklägerin 1 in der Wohnung hinge- fallen sei (Urk. 18/4 S. 5 f., F/A 46), um dann im Widerspruch dazu auszuführen, sie habe sich ihre Verletzungen selber zugefügt (Urk. 18/4 S. 5, F/A 43). Auf Vor- halt der Bilder der Verletzungen der Privatklägerin 1 (Urk. 14/1-13) stellte er diese

          nicht in Abrede, sondern sagte aus, es sei möglich, dass die Privatklägerin 1 die Verletzungen schon bei ihrer Einlieferung ins Spital gehabt habe, aber nicht er habe diese verursacht, sondern sie (Urk. 18/4 S. 5, F/A 46). Aus den Aussagen des Beschuldigten ergibt sich somit nicht klar, ob die Privatklägerin 1 sich die Ver- letzungen nun selber zugefügt haben soll oder ob diese durch einen Unfall bzw. ein Hinfallen der Privatklägerin 1 entstanden sein sollen. Ausführungen dazu, wa- rum und wie sie sich diese Verletzungen selber zugefügt haben oder wie es zu einem Unfall gekommen sein soll, fehlen gänzlich. So führte er anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom 5. Dezember 2019 auf die Aufforderung hin, er solle erzählen, was sich damals zugetragen habe, als er die Polizei und Sanität habe avisieren müssen, einzig aus: Ich rief an, weil meine Frau hingefallen war. Sie fiel in der Wohnung hin. Weshalb sie hingefallen war, weiss ich nicht. Evt. fiel sie selber hin, ich habe dies nicht verursacht, zu 100 % nicht. (Urk. 18/4 S. 5 f., F/A 46). Auch vor Vorinstanz machte er geltend, es sei ein Unfall passiert, wobei er dann auf die Frage, was für ein Unfall passiert sei, ausweichend zu Protokoll gab: So wie ich es beim Staatsanwalt erzählt habe. (Prot. I S. 58). Gegenüber der Staatsanwaltschaft hat der Beschuldigte den Unfallhergang allerdings eben- falls nicht erläutert, sondern mit dem Sachverhalt konfrontiert einzig ausgeführt, er habe ihr das nicht zugefügt, er habe das nicht gemacht (Urk. 18/7 S. 6, F/A 21). Weiter sagte er aus, wenn er ihr etwas angetan hätte, würde er das zugeben, aber er habe das nicht gemacht (Urk. 18/7 S. 6). Auf die von der Privatklägerin 1 geschilderte Vorgeschichte, wonach es zwischen ihnen zu einem Streit gekom- men sei, weil ihr Sohn in Gegenwart des Beschuldigten Sexfilme schauen konnte, ging der Beschuldigte nicht ein, er stellte diese aber auch nicht in Abrede (Prot. I

          S. 60). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte auf mehrfache Frage, woher die Verletzungen der Privatklägerin 1 stammten und weshalb er damals die Sanität gerufen habe, vage und ausweichend zu Protokoll, sie sei nicht seinetwegen ins Spital gegangen, er habe sie nämlich nicht geschla- gen. Sie sei zu Boden gefallen, als hätte sie ein Trauma gehabt. Er habe ver- sucht, ihr zu helfen, sie aufzuheben, aber es sei nicht gegangen. Geschlagen ha- be er sie nicht. Es könne auch sein, dass eine Person sich das selber zufüge. Woher solle er wissen, woher sie diese Verletzungen gehabt habe (Prot. II S. 17).

          Auf die weitere Frage, ob er meine, dass die Privatklägerin 1 absichtlich selber hingefallen sei, führte er ausschweifend aus, er habe nur versucht, ihr zu helfen. Sie habe oft Probleme gehabt. Vor allem 2020 habe sie sehr viele gesundheitliche Probleme gehabt, wobei er sie immer wieder ins Spital begleitet habe (Prot. II S. 17 f.). Auf Vorhalt, er weiche mit seinen Aussagen aus, und die erneute Frage, was er an jenem Tag nun festgestellt habe, dass er zum Schluss gekommen sei, die Privatklägerin 1 müsse ins Spital, gab er zu Protokoll, er wisse es nicht (Prot. II S. 18). Die äusserst vagen und oberflächlichen Aussagen des Beschuldigten wirken lebensfremd und wenig glaubhaft.

      3. Spitalbericht und Fotoaufnahmen der Verletzungen der Privatklägerin 1

        1. Die Aussagen der Privatklägerin 1 werden durch den ärztlichen Befund vom 22. Oktober 2019 aus dem Spital Bülach sowie die Fotoaufnahmen der Ver- letzungen der Privatklägerin 1 untermauert (Urk. 14/5-13; Urk. 26; Urk. 27/7). Aus dem ärztlichen Befund geht hervor, dass die Privatklägerin 1 am 24. September 2016 untersucht worden sei und folgende Verletzungen erlitten habe:

          Anhand vorliegender Fotodokumentation: Fraglich älterer, abgeblasster Bluter- guss über dem rechten Jochbein, kleine Schürfwunde über der hinteren Achselfal- te, mehrere Kratzspuren am hinteren linken Oberarm, ca. 3x2 cm grosse Rötung Oberarminnenseite rechts sowie links, diverse kleine (ca. 1x1 cm) Rötungen im Dekolleté-Bereich sowie ca. 1x1 cm und 3x1 cm grosse Rötung über Schultervor- derseite rechts, ca. 3x1 cm grosse Rötung über Schulterblattunterseite rechts, fraglich (soweit anhand von Bild beurteilbar) auch älterer dortiger Bluterguss, ca. 3x1 cm grosse Rötung über der linken Schulter und anhand dem vorliegenden ambulanten Arztbericht: Druckschmerzen entlang der Burst- und Halswirbelsäule sowie am Hinterkopf, keine Prellmarke dort ersichtlich, Druckschmerzen entlang der Rötungen im Dekolleté-Bereich und Druckschmerz über dem Brustbein sowie bei Druck über dem Brustkorb im Sinne einer Weichteilverletzung Brustkorbregion (Urk. 27/7 S. 1). Weiter wird festgehalten, dass die von der Privatklägerin 1 mittels Fotoaufnahmen dokumentierten Hautveränderungen durchaus mit der von ihr ge- schilderten Krankheitsgeschichte (Schlag mit der Faust auf die Brust sowie gegen eine Wand gestossen) übereinstimmen könnten. Aufgrund der Lokalisationen wäre eine Selbstbeibringung der Hautveränderungen jedoch möglich (Urk. 27/7 S. 2).

        2. Entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 84 S. 6; Urk. 120 S. 10) basiert der ärztliche Befund vom 22. Oktober 2019 nicht einzig gestützt auf den von der Privatklägerin 1 gemachten Fotoaufnahmen, sondern auch auf Aktenun- terlagen und insbesondere auf einem ambulanten Arztbericht (vgl. Urk. 27/7 S. 1), womit dem ärztlichen Befund – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102

          S. 24) – nicht jeglicher Beweiswert abzusprechen ist. Ebenfalls nicht weiter von Relevanz ist, dass der ärztliche Befund nicht von den damals involvierten Ärzten verfasst wurde, welche nicht mehr im Spital Bülach tätig waren (Urk. 82 S. 8), da diejenigen Ärzte, welche den Befund verfasst haben, diesen anhand der ihnen vorliegenden Aktenunterlagen und insbesondere eines ambulanten Arztberichts erstellen konnten. Zwar wird in Übereinstimmung mit der Verteidigung (Urk. 120

          S. 9) im ärztlichen Befund vom 22. Oktober 2019 nicht explizit festgehalten, die Privatklägerin 1 habe von häuslicher Gewalt berichtet, was – entgegen der Auf- fassung der Verteidigung – aber nicht einfach den Schluss zulässt, es sei zu kei- nen Vorfällen häuslicher Gewalt gekommen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Privatklägerin 1 anfänglich Mühe hatte, sich jemandem anzuvertrauen, zumal es sich beim Thema Gewalt in der Ehe um ein sehr privates und allenfalls auch schambehaftetes Thema handelt, und sie somit erst nach einer gewissen Anzahl Vorfällen den Mut aufbrachte, das Vorgefallene zu melden. Dass der Vor- fall vom 15. September 2019 sie dazu bewegte, den Beschuldigten anzuzeigen, ist angesichts des Umstandes, dass es sich bei diesem Vorfall um den schwer- wiegendsten handelte und das Ausmass an Gewalt seitens des Beschuldigten ei- ne neue Intensität erreicht hatte, was so von der Privatklägerin 1 mehrfach zu Protokoll gegeben wurde (Urk. 19/2 S. 8; Prot. I S. 17), ist ebenfalls verständlich.

        3. Dem ärztlichen Befund ist vor allem zu entnehmen, wo die Privatkläge- rin 1 Druckschmerzen verspürte und dass sie im Dekolleté-Bereich Rötungen aufwies (Urk. 27/7 S. 1). Dazu passen nicht nur die von der Privatklägerin 1 ein- gereichten Fotoaufnahmen (Urk. 14/5-13), welche unter anderem diese Rötungen im Dekolleté-Bereich zeigen und darüber hinaus auch mit den von ihr geschilderten Handgreiflichkeiten des Beschuldigten übereinstimmen. Es ist somit glaubhaft, dass diese Verletzungen vom Vorfall im September 2016 stammen respektive Verletzungen der Privatklägerin 1 zeigen.

      4. Zwischenfazit

        Der Sachverhalt hinsichtlich des Vorfalls vom September 2016 (vgl. Urk. 42

        S. 4 f.) ist gestützt auf die gewürdigten Beweismittel – insbesondere die glaubhaf- ten und schlüssigen Aussagen der Privatklägerin 1 sowie den ärztlichen Befund vom 22. Oktober 2019 und die Fotoaufnahmen – vollumfänglich erstellt.

    2. Anklagevorwurf Tätlichkeiten (Juli 2019, Dossier 1)

      1. Aussagen der Privatklägerin 1

        1. Die Privatklägerin 1 schilderte den anklagegegenständlichen Vorfall vom Juli 2019 in sämtlichen Einvernahmen gleichbleibend. So sagte sie aus, der Beschuldigte habe sie nach einer Streitigkeit, bei welcher es um den Hort und die KESB gegangen sei, am linken Oberarm gepackt und gestossen, sodass sie sich ihr Bein an der Kante des Salontischs angeschlagen habe. Sie habe danach ein Hämatom an der Innenseite des linken Oberschenkels gehabt (Urk. 19/1 S. 3 f., F/A 14 f.; Urk. 19/4 S. 10, F/A 83 f.; Urk. 19/5 S. 17, F/A 117; Prot. I S. 32). Zwei

          Tage nach dem Vorfall habe der Beschuldigte sie dann gefragt, woher die blauen Flecken stammen würden. Sie habe ihm dann geantwortet von dir. Er habe aber abgestritten, dass er ihr diese zugefügt habe (Urk. 19/4 S. 10, F/A 84; Urk. 19/5

          S. 17, F/A 118). Zum Arzt sei sie damals nicht gegangen, sondern sie habe ledig- lich ihrer Kollegin, C. , über die Probleme zuhause erzählt (Urk. 19/4 S. 10, F/A 85 f.). Zur Untermauerung ihrer Aussagen reichte die Privatklägerin 1 anläss- lich ihrer polizeilichen Befragung vom 22. November 2019 zwei Fotoaufnahmen zu den Akten (Urk. 14/1-2), welche vom Vorfall vom Juli 2019 stammen und ein Hämatom an ihrem linken Oberarm sowie an der Innenseite ihres linken Ober- schenkels zeigen würden (Urk. 19/4 S. 10, F/A S. 83 f.). Zwar ist in Übereinstim- mung mit der Verteidigung nicht ersichtlich, wann diese Aufnahmen gemacht wurden, zumindest auf dem zweiten Bild (Urk. 14/2) ist allerdings klar erkennbar,

          dass es sich um die Innenseite des Oberschenkels handelt, was sich somit mit den Aussagen der Privatklägerin 1 deckt.

        2. Obwohl die Privatklägerin 1 zu diesem Sachverhalt jeweils nur kurz be- fragt wurde und damit relativ wenig umfangreiche Aussagen vorliegen, sind diese nicht nur in Bezug auf das Kerngeschehen (Packen am linken Oberarm, Stoss gegen den Salontisch mit nach sich ziehendem Hämatom an der Innenseite des linken Oberschenkels), sondern auch hinsichtlich des Randgeschehens (Thema des Streits) konstant und widerspruchsfrei.

      2. Aussagen des Beschuldigten

        1. Die Aussagen des Beschuldigten zu diesem Vorfall im Juli 2019 sind äus- serst knapp und oberflächlich. Er bestreitet diesen Vorfall vollumfänglich

          (Urk. 18/4 S. 6 f.; Urk. 18/7 S. 7). Zwar stellte er auf Vorhalt der Fotoaufnahmen (Urk. 14/1-2) nicht in Abrede, dass es sich dabei um Verletzungen der Privatklä- gerin 1 handelt, er macht allerdings geltend, die dokumentierten Hämatome nie gesehen zu haben (Urk. 18/4 S. 6 f., F/A 57 f.). Vor Vorinstanz verwies der Beschuldigte lediglich auf seine bereits gemachten Aussagen und wollte inhaltlich zu diesem Vorfall nichts mehr beifügen (Prot. I S. 61).

        2. Insgesamt vermögen die pauschalen Bestreitungen des Beschuldigten keine ernsthaften Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatkläge- rin 1 zu begründen.

      3. Zwischenfazit

        Der Sachverhalt betreffend den Vorfall vom Juli 2019 (vgl. Urk. 42 S. 6) ist ge- stützt auf die gewürdigten Beweismittel – insbesondere die glaubhaften und schlüssigen Aussagen der Privatklägerin 1 – vollumfänglich erstellt.

    3. Anklagevorwürfe mehrfache einfache Körperverletzung, Drohung, Tätlich- keiten eventualiter versuchte einfache Körperverletzung, eventualiter Tätlichkeiten (15. September 2019, Dossier 1)

      1. Aussagen der Privatklägerin 1

        1. Die Privatklägerin 1 schilderte den anklagegegenständlichen Vorfall vom

          15. September 2019 anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 16. September 2019 und der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 1. Oktober 2019 detail- liert in freier Erzählung und beantwortete zusätzlich mehrere Fragen dazu wider- spruchsfrei. So gab die Privatklägerin 1 bei ihren Einvernahmen detailliert und im Kerngeschehen gleichbleibend zu Protokoll, dass der Beschuldigte die Wohnung am Abend des 15. September 2019 verlassen habe. Sie sei dann mit ihrem Sohn im gleichen Bett eingeschlafen. Der Beschuldigte habe dann sehr laut an die Wohnungstür geklopft, sie habe es aber nicht gehört, weil sie geschlafen habe. Ir- gendwann habe sie es dann gehört. Der Beschuldigte habe ihr auch eine SMS geschickt und geschrieben, sie solle die Tür aufmachen, ansonsten er diese ka- putt machen werde. Sie habe ihm dann die Wohnungstür geöffnet und er habe sie angeschrien, warum sie die Klingel ausgeschaltet habe. Er sei dann ins Wohn- zimmer gegangen. Sie sei ihm gefolgt, da sie mit ihm über die familiären Proble- me habe sprechen wollen. Sie habe ihm gesagt, dass er das Mobiltelefon sein lassen und sich mit ihr unterhalten soll. Sie habe dann eines seiner Mobiltelefone genommen und ihm gesagt, dass sie es aus dem Fenster werfen werde. Er sei dann aufgestanden und habe ihr das Mobiltelefon wieder weggenommen. An- schliessend habe er ihr mit der rechten Hand auf ihre linke Wange respektive ihr Ohr geschlagen und danach mit der linken Hand auf ihre rechte Wange geschla- gen. Dann habe er sie mit der linken Hand gegen ihre rechte Schulter gestossen, sodass sie ihre Stirn an der Wand angeschlagen habe. Er habe immer wieder ihre Arme festgehalten. Sie habe ins Badezimmer gehen wollen, was er verhindert habe. Sie habe nicht gewollt, dass ihr Sohn den Streit mitbekomme. Im Korridor habe er sie mit beiden Händen am Hals gepackt und zugedrückt. Sie habe nicht mehr atmen können. Sie wisse nicht, wie sie reagiert habe. Sie habe sich vermut- lich mit den Händen gewehrt. Sie könne nicht mehr sagen, wie lange er sie gewürgt habe. Während er sie gewürgt habe, habe er gesagt, dass jetzt der Moment gekommen sei und er sie umbringen würde. Sie habe seine Hände von ihrem Hals gerissen. Er habe dann mit seinen Händen ihren Kopf gehalten und mit bei- den Daumen in ihre Augen gedrückt. Sie habe ihre Augenlieder noch schliessen können, sie habe aber riesige Schmerzen gehabt. Sie habe sich deshalb wieder zur Wehr gesetzt. Der Beschuldigte habe danach weiter herumgeschrien und sie habe sich in der Toilette eingeschlossen. Sie habe sich dann ca. eine Stunde im Badezimmer aufgehalten. Sie habe Angst gehabt, dass er ihr etwas antun würde und vielleicht ein Messer holen würde. Dies habe er aber nicht getan. Als sie die Badezimmertür später wieder geöffnet habe, habe sich die Lage etwas beruhigt gehabt. Sie habe dann einen Schlüssel genommen und die Wohnung verlassen. Sie sei dann bis am Morgen weggeblieben (Urk. 19/1 S. 2 und S. 5 ff.; Urk. 19/2

          S. 5 ff.; Prot. I S. 17 ff.).

        2. Auffallend ist, dass die Privatklägerin 1 viele Details zu Protokoll geben konnte, so beispielsweise, mit welcher Hand sie auf welche Gesichtshälfte ge- schlagen oder mit welcher Hand sie gestossen worden sei (Urk. 19/1 S. 2). Sie konnte auch den genauen Wortlaut der vom Beschuldigten ausgesprochenen Drohung auf Albanisch wiedergeben (Urk. 19/1 S. 6, F/A 42). Die rund ein Jahr später vor Vorinstanz gemachten Aussagen fielen zwar leicht weniger detailliert aus, jedoch erfolgten sie in Übereinstimmung mit den bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft gemachten Aussagen. So gab sie vor Vorinstanz nach wie vor zu Protokoll, dass der Beschuldigte sie zwei Mal ins Gesicht geschlagen habe, mit welcher Hand er auf welche Gesichtshälfte geschlagen habe, führte sie allerdings nicht mehr aus (Prot. I S. 18 f.). Dies weist darauf hin, dass die Privatklägerin 1 nicht einfach Angelerntes wiedergab, und ist vereinbar mit im Zeitablauf nachlas- sender Erinnerung.

        3. Die Privatklägerin 1 schilderte auch eindrücklich und authentisch ihre Ge- fühlslage anlässlich dieses Vorfalls. So sagte sie bei der Polizei aus, dass der Beschuldigte sie gewürgt und ihr gesagt habe, dass er sie jetzt umbringen werde. Da habe sie ihm gesagt, dass es besser sei, wenn er sie umbringen würde. Sie sei so müde von all dem. Sie habe Angst gehabt. Sie sei so müde von diesem ständigen

          psychischen Druck. Deshalb habe sie ihm auch gesagt, dass er sie umbringen solle (Urk. 19/1 S. 6). Sie betonte auch mehrfach, dass sie keine Kraft mehr ge- habt habe und es ihr sehr schlecht gegangen sei (Urk. 19/2 S. 7 f.; Prot. I S. 19). Die Aussagen der Privatklägerin 1 verdeutlichen, in welcher psychischen Er- schöpfung sie sich befand. Der von ihr geschilderte Zustand ist ohne Weiteres vereinbar mit der von ihr geltend gemachten Häufung und Steigerung der Dro- hungen und Gewalttätigkeiten seitens des Beschuldigten. Aufgrund dieser Steige- rung erscheint auch nachvollziehbar, weshalb die Privatklägerin 1 sich erst nach diesem Vorfall zu einer Anzeige durchringen konnte. Dazu führte sie bei der Staatsanwaltschaft anschaulich aus, sie habe entschieden, sich Hilfe bei der Poli- zei zu suchen, denn es sei ihr zu viel geworden. Dies sei der letzte Vorfall gewe- sen, denn auch früher habe es Vorfälle gegeben, aber jetzt bei diesem Vorfall sei sie explodiert, denn sie sehe, dass es nicht aufhöre. Es seien viele Leiden zu- sammengekommen und sie könne das nicht mehr dulden. Sie habe keinen ande- ren Ausweg gehabt (Urk. 19/2 S. 8). Auch vor Vorinstanz führte sie glaubhaft aus, an diesem Tag sei Schreckliches passiert. Da habe er die Spitze erreicht, sodass sie nicht mehr konnte (Prot. I S. 17). Die Privatklägerin 1 hat ferner nachvollzieh- bar erklärt, dass sie sich lediglich aufgrund ihres gemeinsamen Sohnes nicht be- reits früher vom Beschuldigten getrennt habe (Urk. 19/1 S. 4). Vor diesem Hinter- grund und angesichts des jungen Alters ihres Sohnes (geboren tt.mm.2014, Urk. 19/1 S. 4) vermag auch der Umstand, dass sie trotz der früheren Vorfälle weiter- hin beim Beschuldigten blieb, die Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung nicht in Frage zu stellen. Dass die Zuspitzung der Situation aufgrund der Drohung und der ge- steigerten Brutalität geeignet war, ihre Angst zu verstärken, ist ohne Weiteres nachvollziehbar.

        4. Die Privatklägerin 1 räumte auch ein, wenn sie sich nicht sicher war oder etwas nicht mehr wusste. So sagte sie aus, sie könne nicht einschätzen, wie lan- ge sie gewürgt worden sei (Urk. 19/1 S. 7, F/A 49; Urk. 19/2 S. 10, F/A 40). Sie gab auch zu Protokoll, dass sie nicht wisse, wie es ihr gelungen sei, ins Bade- zimmer zu flüchten, nachdem der Beschuldigte ihr auf die Augen gedrückt und sie grosse Schmerzen verspürt habe (Urk. 19/2 S. 15, F/A 75; Prot. I S. 18). Auf die Fragen, wie lange der Beschuldigte ihren Kopf festgehalten und mit den Daumen

          auf ihre Augen gedrückt habe, führte sie aus, dies könne sie nicht mehr genau beziffern, einige Sekunden, da sie sich aufgrund der Schmerzen zur Wehr gesetzt habe (Urk. 19/1 S. 7 f., F/A 58), respektive sie wisse es nicht, sie habe aber den Druck gespürt und grosse Schmerzen seitlich und oberhalb der Augenhöhlen ge- habt (Urk. 19/2 S. 10, F/A 41). Weiter führte sie aus, nicht zu wissen, wie sie überhaupt auf das Drücken in ihre Augäpfel reagiert respektive wie sie sich konk- ret zur Wehr gesetzt habe, und fügte hinzu, dass sie möglicherweise auch ge- schlagen habe, sie es aber nicht mehr wisse (Urk. 19/1 S. 7, F/A 57; Urk. 19/2 S. 7). Sie liess bei ihren Schilderungen auch ihre eigenen Provokationen nicht aus, indem sie aussagte, sie habe zu Beginn der Auseinandersetzung dem Beschul- digten ein Mobiltelefon weggenommen und gedroht, dieses aus dem Fenster zu werfen (Urk. 19/1 S. 2; Urk. 19/2 S. 6; Prot. I S. 18).

        5. Auch betreffend den Vorfall vom 15. September 2019 weisen die Schilde- rungen der Privatklägerin 1 keine Übertreibungen auf und sie versucht weder den Vorfall zu dramatisieren noch den Beschuldigten übermässig zu belasten. So führte sie auf die Frage, was sie denke, was die Absicht des Beschuldigten gewe- sen sei, als dieser sie gewürgt habe, aus, sie wisse nicht, warum er das getan habe. Ferner sagte sie auch aus, der Beschuldigte habe sie lediglich ein Mal an- lässlich eines anderen Vorfalls mit der Faust gegen die Brust geschlagen

          (Urk. 19/4 S. 10, F/A 89). Hätte sie den Beschuldigten übermässig belasten wol- len, wäre es für sie ein Leichtes gewesen, auszusagen, dass er sie mehrmals mit der Faust geschlagen respektive sie zu töten beabsichtigt habe. Adäquat und oh- ne Aggravierungstendenz schilderte sie auch die Verletzungen respektive Schmerzen, welche sie durch die Gewalttätigkeiten des Beschuldigten erlitten hat- te. So führte sie im Zusammenhang mit dem Würgen stets aus, sie habe nicht mehr ein- und ausatmen können (Prot. I S. 18), und sie habe sich darauf konzent- rieren müssen, dass sie keinen Urinabgang habe (Urk. 19/1 S. 6 f., F/A 48;

          Urk. 19/2 S. 14, F/A 67). Zu den Ohrfeigen und dem Packen an den Armen mach- te die Privatklägerin 1 von sich aus keine Angaben dazu, ob respektive wie fest sie dies geschmerzt habe (Urk. 19/1 S. 2; Urk. 19/2 S. 6; Prot. I S. 18). Hinsicht- lich des Stosses und des Anschlagens der Stirn an der Wand respektive des Schlagens des Kopfes gegen die Wand gab sie teilweise zu Protokoll, dass sie

          dies geschmerzt habe (Urk. 19/2 S. 6 und S. 10; Prot. I S. 18). Einzig im Zusam- menhang mit dem auf ihre Augen Drücken sagte sie konstant aus, dass sie dabei sehr starke Schmerzen verspürt habe (Urk. 19/1 S. 2 und S. 7, F/A 57; Urk. 19/2

          S. 7; Prot. I S. 18). Aufgrund ihrer Antworten auf entsprechende Fragen bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft aber auch bei ihrer Schilderung des Vorfalls vor Vorinstanz wird deutlich, dass derjenige Moment, als der Beschuldigte sie am Hals gewürgt hat, und vor allem jener, als er ihr in die Augen und dabei auch noch seitlich gegen aussen gedrückt habe, die schlimmsten für sie gewesen sein müs- sen (Urk. 19/1 S. 6 f.; Urk. 19/2 S. 10, F/A 37 und F/A 42; Prot. I S. 18). Das nachvollziehbare Hervorheben dieser Schmerzen und die Differenzierung, welche sie hinsichtlich der unterschiedlichen Gewalttätigkeiten seitens des Beschuldigten vorgenommen hat, ist – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 32) – als weiteres Glaubhaftigkeitsmerkmal zu werten.

        6. Die Privatklägerin 1 schilderte auch nachvollziehbar und schlüssig innere Gedankengänge. So führte sie aus, sie habe nicht gewollt, dass ihr bereits schla- fender Sohn etwas mitbekomme, oder dass sie während der Zeit, als sie sich im Badezimmer eingeschlossen habe, Angst gehabt habe, dass der Beschuldigte vielleicht ein Messer holen und ihr etwas antun könnte (Urk. 19/1 S. 2). Weiter gab sie zu Protokoll, dass sie sich überlegt habe, aus dem Badezimmerfenster zu springen. Sie habe mehrere Male versucht, ihre Freundin anzurufen respektive habe dieser mangels Erreichbarkeit geschrieben, dass diese das Telefon abneh- men solle, da es ein Notfall sei. Schliesslich habe sie mit ihrer Freundin, Frau

          C. , per Viber kommunizieren können und diese habe sie davon abhalten wollen, aus dem Fenster zu springen. Sie habe dann gedacht, dass es viel zu hoch sei und sie nachher ein Krüppel oder Invalide werden könnte (Urk. 19/2

          S. 15, F/A 78). Bei der Polizei erwähnte sie auch, dass sie während den Angriffen des Beschuldigten weder geschrien noch geweint habe, damit ihr Sohn den Streit zwischen ihnen nicht mitbekomme (Urk. 19/1 S. 7, F/A 57).

        7. Es ist nochmals festzuhalten, dass allfällige Abweichungen oder Unre- gelmässigkeiten in den Aussagen der Privatklägerin 1 nicht das eigentliche Kern- geschehen betreffen. Sie bestätigte auf mehrfaches Befragen auch Details

          gleichbleibend. So schilderte sie durchgehend die Reihenfolge der einzelnen Ge- walttätigkeiten seitens des Beschuldigten gleichbleibend und sie gab auch kon- stant an, dass sie starke Schmerzen verspürt habe, als er mit seinen Daumen in ihre Augen gedrückt habe (vgl. vorstehend, Erw. III.7.5.1.1. und III.7.5.1.5.). Allfäl- lige Abweichungen oder Unregelmässigkeiten beziehen sich einzig auf das Rand- geschehen und Nebensächlichkeiten. Entsprechend ist auch nicht weiter von Be- deutung, dass die Privatklägerin 1 einmal aussagte, sie habe in der Nacht nach diesem gewalttätigen Vorfall zweimal erbrechen müssen, wobei einmal davon bei ihrer Freundin C. zuhause (Urk. 19/2 S. 7; Prot. I S. 19), während sie ein anderes Mal ausführte, sie habe dreimal erbrechen müssen, zweimal davon im Park und einmal bei ihrer Freundin C. zuhause (Urk. 19/2 S. 16, F/A 89). Diese Abweichung vermag die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht zu schmälern, denn dass sie nach diesem Vorfall habe erbrechen müssen, sagte die Privatklä- gerin 1 anlässlich beider Befragungen konstant aus und ist zudem ein Hinweis da- rauf, dass sie das von ihr tatsächlich Erlebte aus ihrer eigenen Erinnerung wie- dergibt, ohne zuvor eine Geschichte minutiös auswendig gelernt zu haben.

        8. Die Aussagen der Privatklägerin 1 erweisen sich insgesamt als sehr de- tailreich, widerspruchsfrei und glaubhaft.

      2. Aussagen des Beschuldigten

        1. Auffallend bei der Darstellung des Beschuldigten ist, dass diese Lücken aufweist, indem er zwar den anfänglichen Streit mit der Privatklägerin 1 und ihr späteres Verlassen der Wohnung detailliert und konstant schilderte, die dazwi- schenliegenden Handlungen allerdings ausliess respektive seine freie Erzählung unterbrach. So erklärte er anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom

          17. September 2019, es sei nichts passiert, und gab sodann zu Protokoll, dass die Privatklägerin 1 ihn provoziert und schliesslich sein Mobiltelefon auf den Bo- den geworfen habe. Als er aufgestanden und sein Telefon aufgehoben habe, ha- be die Privatklägerin 1 begonnen, ihn zu schlagen. Der Beschuldigte zeigte dabei, wie er geschlagen worden sei, indem er mit den Armen um sich schlug und Ohr- feigenbewegungen gegen den Torso machte (Urk. 18/1 S. 2). Weiter führte der Beschuldigte aus, er habe dann versucht, die Privatklägerin 1 festzuhalten und sie

          gefragt, was sie habe. Sie habe jedoch weiter und weiter geschlagen und ver- sucht, ihm das Telefon abzunehmen. An dieser Stelle unterbrach der Beschuldig- te seine Erzählung der Vorkommnisse und fuhr damit fort, dass ihm die Privatklä- gerin 1 gesagt habe, sie gehe jetzt, er solle ihr die Tür öffnen. Er habe ihr dann gesagt, sie solle gehen, wenn sie das wolle. Die Privatklägerin 1 habe daraufhin die Nacht bei einer Freundin verbracht und sei am Morgen wiedergekommen, um den Sohn mitzunehmen (Urk. 18/1 S. 1 f.).

        2. Weiter fällt auf, dass der Beschuldigte bei den Einvernahmen bemüht ist, sich in ein gutes Licht zu rücken, während er die Privatklägerin 1 schlecht zu ma- chen oder gar zu belasten versucht. Zudem weisen seine Aussagen gewisse Wi- dersprüche auf. So führte er aus, er habe ihr nichts getan. Er habe sie lediglich festgehalten, weil sie immer weitergemacht habe. Er habe sich nur geschützt (Urk. 18/1 S. 2 f.). Er habe ihr nichts angetan. Wenn er sie so gepackt hätte, dann hätte einiges passieren können, aber er habe sie nicht angefasst (Urk. 18/7

          S. 9). Er habe sie nicht gewürgt. Er habe sie gehalten. Sie sei wie von Sinnen gewesen (Urk. 18/1 S. 4). Vor Vorinstanz gab er dann auf die Frage, wie er rea- giert habe, als sie ihn geboxt habe, zu Protokoll, gar nicht, er habe sie nicht ange- fasst, sondern sie nur gefragt, warum sie das Telefon auf den Boden werfe. Sie sei dann ins Badezimmer gegangen und er habe durchs Schlüsselloch geschaut, ob er ihr helfen könne (Prot. I S. 46). Er habe sie gehalten, damit nichts passiert und um sie zu schützen (Prot. I S. 48). Ferner führte der Beschuldigte aus, die Privatklägerin 1 habe ihm mit voller Kraft eine Ohrfeige verpasst (Urk. 18/1 S. 2, F/A 9), während er im Widerspruch dazu in einer späteren Einvernahme und vor Vorinstanz zu Protokoll gab, sie habe ihm einen Faustschlag gegen die linke Bauchseite verpasst respektive ihn in den Bauch geboxt (Urk. 18/2 S. 3, F/A 13; Prot. I S. 45). Auch bei der Schilderung des weiteren Geschehensablaufs fallen Widersprüche in den Aussagen des Beschuldigten auf. So räumte er auf Nachfra- ge ein, die Privatklägerin 1 mit beiden Händen an den Schultern gehalten zu ha- ben, während diese weiter geschlagen und rückwärts bis zur Wand im Korridor gegangen sei (Urk. 18/1 S. 3). Von dieser Darstellung abweichend sprach er spä- ter nicht mehr von ihren Schultern, sondern führte aus, er habe sie nicht am Hals gewürgt (vgl. Prot. I S. 48), sondern lediglich mit beiden Händen hinten am Nacken gehalten (Urk. 18/1 S. 3 f., F/A 17 f.). Zudem betonte der Beschuldigte, dass die Privatklägerin 1 keinen Schlüssel gehabt und er ihr die Tür aufgemacht und sie rausgelassen habe (Urk. 18/1 S. 4; Urk. 18/2 S. 5 und S. 7). Anlässlich der Hafteinvernahme vom 18. September 2019 sprach der Beschuldigte dann von ei- ner neuen Körperstelle, an welcher er die Privatklägerin 1 gehalten haben will. So führte er aus, er sei hinter ihr gestanden und habe sie um den Bauch/Oberkörper umfasst, damit sie die Wohnung nicht habe verlassen können (Urk. 18/2 S. 4,

          F/A 19). Vor Vorinstanz sprach er dann nicht mehr von einem hinter ihr Stehen, sondern machte geltend, vor der Privatklägerin 1 gestanden zu sein und dass sie sich dann Richtung Wand zurückbewegt habe (Prot. I S. 49). Während er einer- seits derjenige gewesen sein will, welcher ihr die Türe aufgeschlossen haben soll, stellte er sich in der Hafteinvernahme auf den Standpunkt, er habe sie am Verlas- sen der Wohnung gehindert. Er habe nicht gewollt, dass sie die Wohnung verlas- se, weil es nachts gewesen sei und ihr etwas hätte passieren können (Urk. 18/2

          S. 4). Später führte er erneut im Widerspruch dazu aus, er habe sie zwar gehal- ten, aber losgelassen, als sie die Wohnung habe verlassen wollen und von ihm den Schlüssel verlangt habe (Urk. 18/2 S. 5, F/A 26 und S. 7, F/A 40). Auch vor Vorinstanz sagte der Beschuldigte diesbezüglich nicht konstant aus: Einerseits führte er aus, er habe sie nicht angefasst, und andererseits gab er auf entspre- chende Nachfrage zu Protokoll, er wisse es nicht mehr, vielleicht habe er verges- sen, was er gemacht habe (Prot. I S. 46). Konfrontiert mit seiner früheren Aussa- ge, wonach er die Privatklägerin 1 festgehalten habe, damit sie die Wohnung nicht verlasse, führte er vor Vorinstanz aus, er habe sie nicht gehalten, damit sie nicht aus der Wohnung gehe, sondern damit nichts passiere (Prot. I S. 49). Auf die Frage, was er mit damit nichts passiere meine, gab er zu Protokoll: Damit sie nichts nimmt und nichts damit macht. Sie hat Depressionen, deshalb habe ich sie festgehalten. Ich habe nichts gemacht, ich habe sie nur festgehalten. (Prot. I S. 49).

        3. Die Aussagen des Beschuldigten fielen in Bezug auf den Streit zu Beginn der Geschehnisse insofern konstant aus, als dass die Privatklägerin 1 sein Mobil- telefon genommen und auf den Boden geworfen habe. Auch den Umstand, dass er der Privatklägerin 1 gegen Ende der Auseinandersetzung die Wohnungstür geöffnet haben soll respektive was passierte, nachdem sie die eheliche Wohnung verlassen hatte, schilderte der Beschuldigte in allen Einvernahmen widerspruchs- frei und detailreich. Anders verhält es sich jedoch in Bezug auf das Kerngesche- hen. Während der Beschuldigte anlässlich seiner ersten Einvernahme seine Schilderung der Vorkommnisse dort unterbrach, als die Privatklägerin 1 ihm sein Mobiltelefon weggenommen habe, und erst wieder an derjenigen Stelle fortsetzte, als sie die Wohnung habe verlassen wollen (Urk. 18/1 S. 2), blieben seine Aussa- gen in den nachfolgenden Einvernahmen zum Kerngeschehen äusserst vage und oberflächlich. Damit ist ein deutlicher Strukturbruch in den Aussagen des Beschuldigten feststellbar. Zudem sind seine wenigen Aussagen in Bezug auf das Kerngeschehen nicht plausibel. So soll einzig die Privatklägerin 1 auf den Beschuldigten eingeschlagen haben, während dieser das Ganze einfach über sich ergehen lassen und sie nicht angefasst haben soll. Dennoch habe die Privatklä- gerin 1 schliesslich die Wohnung verlassen wollen, wobei nicht nachvollziehbar ist, weshalb sie die Wohnung Mitten in der Nacht (gemäss Aussagen des Beschuldigten um 02.00 Uhr, Urk. 18/2 S. 6) noch hätte verlassen sollen, wenn sei- tens des Beschuldigten nichts vorgefallen wäre respektive von seiner Seite keine Gewalttätigkeiten erfolgt wären. Bereits die späte Uhrzeit und der Umstand, dass sie den Sohn alleine beim Beschuldigten zurückliess, deuten darauf hin, dass sie die Wohnung schnellstmöglich verlassen wollte, um die Situation zu deeskalieren und dem Beschuldigten nicht weiter ausgeliefert zu sein. Auch die Erklärung des Beschuldigten, weshalb er die Privatklägerin 1 festgehalten haben will, vermag nicht zu überzeugen. Ungeachtet, dass seine Aussagen diesbezüglich wider- sprüchlich ausfielen, vermochte er nicht plausibel zu erklären, vor was er die Pri- vatklägerin 1 habe schützen wollen, zumal er lediglich pauschal zu Protokoll gab, damit sie nichts nehme und nichts damit mache, sie habe Depressionen (Prot. I S. 49). Aus welchem Grund und was sich die Privatklägerin 1 hätte antun sollen, lässt sich seinen Aussagen nicht entnehmen.

        4. Der Beschuldigte bestätigte mit seinen Aussagen den räumlichen Ablauf der Geschehnisse, so wie diese von der Privatklägerin 1 zu Protokoll gegeben wurden. So führte auch er auf entsprechende Nachfrage aus, die Privatklägerin 1 sei immer mehr rückwärts bis zur Wand im Korridor gegangen, als er sie festgehalten habe (Urk. 18/1 S. 3). Dass sich die Privatklägerin 1 vor dem Verlassen der Wohnung noch im Badezimmer eingeschlossen hatte, gab der Beschuldigte ebenfalls zu Protokoll (vgl. Urk. 18/2 S. 5; Prot. I S. 46). Zudem bestätigte er, dass die Privatklägerin 1 um sich geschlagen habe, als sie an der Wand gewesen sei und er sie festgehalten habe (Urk. 18/1 S. 2), was sich mit ihren Aussagen deckt, wonach sie sich vermutlich mit den Händen gegen ihn gewehrt habe (Urk. 19/1

          S. 2).

        5. Auch die Erklärung des Beschuldigten, wonach er die Privatklägerin 1 nicht am Hals gewürgt, sondern lediglich mit beiden Händen an ihrem Nacken festgehalten habe, damit nichts passiert, vermag nicht zu überzeugen, zumal der Beschuldigte – wie bereits erwogen (vgl. vorstehend, Erw. III.7.5.2.3.) – nicht plausibel aufzuzeigen vermochte, was hätte passieren sollen, wovor er die Privatklägerin 1 zu schützen versuchte. Zudem ist – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 37) – fraglich, wie er mit seinen beiden Händen den Na- cken der Privatklägerin 1 umfassen konnte, ohne dabei ihren Hals zu berühren, zumal die Privatklägerin 1 gemäss Aussagen des Beschuldigten um sich geschlagen habe, es sich also um ein dynamisches Geschehen handelte, und er vor dieser gestanden sei (Urk. 18/1 S. 2; Prot. I S. 49). Seine Aussage, wonach er sie am Hals nicht berührt habe (Prot. I S. 48), erscheint damit wenig glaubhaft.

        6. Nicht zu überzeugen vermögen auch die Aussagen des Beschuldigten, weshalb die Privatklägerin 1 ihn zu Unrecht belasten sollte. Dazu führte er aus, dass sie ihm dies bereits früher angetan habe, dann aber wieder zu ihm zurück- gekehrt sei (Urk. 18/2 S. 8 f.). Zudem machte er geltend, sie habe so gehandelt, um sich von ihm trennen zu können, obwohl er an anderer Stelle angab, sie kön- ne machen, was sie wolle, er werde sie bei nichts stören, sie könne sich auch von ihm trennen oder scheiden lassen (Urk. 18/2 S. 9, F/A 59; Urk. 18/3 S. 12, F/A 52; Prot. I S. 45 und S. 50). Im Verlauf der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 30. Oktober 2019 stellte er sich dann auf den Standpunkt, sie sei nur auf die Papiere in der Schweiz aus (Urk. 18/3 S. 11 f., F/A 51) oder dass sie ihn fertig machen wolle, weil sie glaube, er liebe sie nicht (Urk. 18/3 S. 12, F/A 54). Eben- falls nicht stichhaltig sind die Vorbringen der Verteidigung, wonach die Privatklägerin 1 den Beschuldigten aufgrund ausländerrechtlicher oder familienrechtlicher Motive, beispielsweise um sich Vorteile für die Obhutszuteilung des gemeinsamen Sohnes verschaffen zu können, zu Unrecht beschuldigt haben könnte, zumal der Beschuldigte dies selber nicht geltend macht, sondern anlässlich der Berufungs- verhandlung ausführte, ihre Ehe sei gut verlaufen, sie hätten keine Probleme ge- habt, und die Vorwürfe seien wie aus dem Nichts gekommen (Prot. II S. 9 f. und

          S. 14 ff.). Auffallend ist auch, dass er mehrmals pauschal auf eine allfällige De- pression der Privatklägerin 1 hinwies (vgl. Urk. 18/1 S. 2; Prot. I S. 49 f.), obwohl er selber einräumte, dies nicht mit Sicherheit zu wissen (Urk. 18/2 S. 4, F/A 20), und ohne auszuführen, was er daraus ableiten will respektive inwiefern eine sol- che Auswirkungen auf den anklagegegenständlichen Vorfall vom 15. September 2019 gehabt haben könnte.

        7. Insgesamt vermögen die Aussagen des Beschuldigten – insbesondere hinsichtlich des Kerngeschehens – aufgrund diverser Widersprüche nicht zu überzeugen.

      3. Chatverlauf zwischen der Privatklägerin 1 und deren Freundin C.

        1. Der sich bei den Akten befindende Chatverlauf zwischen der Privatkläge- rin 1 und deren Freundin C. wurde übersetzt und dem Beschuldigten vor- gehalten (Urk. 8; Urk. 18/3 S. 6-10). Dieser konnte dazu Stellung nehmen, sodass der Chatverlauf als Beweismittel verwertbar ist. Der Beschuldigte anerkannte auch, dass die entsprechenden Nachrichten so zwischen der Privatklägerin 1 und C. am 15. September 2019 zwischen 23.30 Uhr und 23.59 Uhr hin und her gesandt worden sind (Urk. 18/3 S. 6 und S. 10, F/A 40). Er bestreitet allerdings, dass die Nachrichten der Privatklägerin 1 der Wahrheit entsprechen würden

          (Urk. 18/3 S. 10, F/A 40).

        2. Dem Chatverlauf lassen sich die folgenden Nachrichten der Privatkläge- rin 1 entnehmen (vgl. Urk. 8): Ich weiss nicht, wie ich die Polizei anrufen soll. Er hat mich geschlagen, Er hätte meine Augen rausgenommen, Ich kann nicht reden, ich bin im Badezimmer eingeschlossen, Er hat seine Finger in meine Au- gen gedrückt. Ich habe gedacht, er hat meine Augen rausgenommen, Nur aus

          dem Fenster zu springen, ich habe keine Möglichkeit, wegzugehen, Idiot, er hat versucht, mich umzubringen, Wenn ich ihm die Türe aufmache, kann er mich umbringen, es ist mir nur geblieben, aus dem Fenster zu springen, Ich habe Angst, dass er ein Messer genommen hat, Alles alles, als er mir seine Finger in meine Augen, nur Gott weiss. Insgesamt bestätigen diese Nachrichten die von der Privatklägerin 1 wiedergegebene Sachverhaltsdarstellung (vgl. vorstehend, Erw. III.7.5.1.1.) und stützen damit die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. Aus dem Chatverlauf geht zudem auch anschaulich die Angst und Verzweiflung hervor, welche die Privatklägerin 1 in diesem Moment empfunden hat. Es sind zudem keinerlei Gründe ersichtlich, weshalb die Privatklägerin 1 ihrer Freundin C. mitten in der Nacht solche Nachrichten schicken sollte, wenn nichts dergleichen vorgefallen wäre und sie sich vom Beschuldigten nicht bedroht gefühlt hätte. Es liegen zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Nachrichten nur konstru- iert worden sein könnten, um den Beschuldigten zu Unrecht zu belasten, was von diesem aber auch nicht geltend gemacht wird.

      4. Körperliche Gutachten des IRM Zürich

        1. Die Privatklägerin 1 wurde am 16. September 2019 und damit einen Tag nach dem anklagegegenständlichen Vorfall ärztlich untersucht. Dem Gutachten des IRM Zürich lässt sich entnehmen, dass die Privatklägerin 1 anlässlich ihrer Untersuchung angegeben habe, sie leide seit dem Ereignis an Schluckbeschwer- den und sei heiser. Nach dem Ereignis habe sie in der Nacht drei Mal erbrechen müssen, ihr sei seither schwindelig, sie habe sehr starke Kopfschmerzen am ge- samten Kopf und sehr schmerzhafte Augen (Urk. 24 S. 2). Weiter wird im Gutach- ten festgehalten, dass sich die Privatklägerin 1 bei ihrer körperlichen Untersu- chung sehr schmerzgeplagt und leidend gezeigt habe (Urk. 24 S. 2). Die von der Privatklägerin 1 erlittenen Verletzungen sind durch das Gutachten dokumentiert (vgl. Urk. 24 S. 3). Der Gutachter hielt dazu fest, dass sich bei der rechtsmedizini- schen Untersuchung an der Halshaut keine Verletzungen hätten finden lassen, welche im Sinne einer Entstehung infolge eines Angriffs gegen den Hals mit der Hand interpretiert werden könnten, und somit keine typischen Würgemale vorge- legen hätten (Urk. 24 S. 4). Entgegen der Auffassung der Verteidigung lässt der

          Umstand, dass keine objektiv erkennbaren Würgemale vorliegen, nicht ohne Wei- teres den Schluss zu, die Aussagen der Privatklägerin 1 seien diesbezüglich un- glaubhaft (Urk. 82 S. 11). Da die Privatklägerin 1 keine genauen Angaben dazu machte, wie lange und wie intensiv sie vom Beschuldigten gewürgt worden war (vgl. Urk. 19/1 S. 6 f.; Urk. 19/2 S. 10), kann es sich dabei auch nur um ein kurzes Würgen gehandelt haben, was entsprechend keine objektiven Merkmale hinter- lassen muss, zumal die Privatklägerin 1 nicht geltend machte, es sei dabei zu Sehstörungen gekommen oder sie hätte Stuhl- und/oder Urinabgang gehabt

          (Urk. 19/1 S. 7). Dass sie dabei keine Luft mehr bekommen und sie danach Schmerzen im Bereich des Halses gehabt habe, sagte sie aber glaubhaft und konstant aus (vgl. Urk. 19/1 S. 7 f.; Urk. 19/2 S. 6 f.). Gleiches gilt für den Ein- wand der Verteidigung, wonach objektiv nicht feststellbar sei, dass der Beschul- digte der Privatklägerin 1 mit seinen Daumen fest in ihre Augenhöhlen gedrückt habe (Urk. 82 S. 11 f.; Urk. 120 S. 13). Auch dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschuldigte der Privatklägerin 1 fest in ihre Augenhöhlen gedrückt haben kann, ohne dass dies zwangsläufig irgendwelche körperlichen Spuren hinterlassen muss, zumal auch diesbezüglich die Aussagen der Privatklägerin 1 keine Anga- ben dazu enthalten, mit welcher Intensität und wie lange der Beschuldigte dies tat (vgl. Urk. 19/1 S. 7 f.; Urk. 19/2 S. 10). Dass dies bei ihr aber grosse Schmerzen verursacht hat, sagte sie wiederum anschaulich und schlüssig aus (Urk. 19/1 S. 7; Urk. 19/2 S. 10; Prot. I S. 18).

        2. Dem Gutachten zur körperlichen Untersuchung der Privatklägerin 1 lässt sich weiter entnehmen, dass die Druckschmerzhaftigkeit und geringe Schwellung an der rechten Gesichtsseite vereinbar sei mit einer Entstehung durch mechani- sche Gewalteinwirkung, wie sie durch die Privatklägerin 1 geltend gemacht wor- den sei. Die oberflächlichen Hautabschürfungen an der rechten Oberarmbeu- geseite und Oberarmaussenseite sowie an der rechten Unterarmstreckseite seien vereinbar mit einer Entstehung durch beispielsweise ein Kratzen mit den Finger- nägeln im geltend gemachten Ereigniszeitraum. Der Bluterguss am linken Unter- arm sei vereinbar mit einer Entstehung durch stumpfe mechanische Gewaltein- wirkung wie zum Beispiel durch Schläge mit den Fäusten oder ein Packen mit den Händen im geltend gemachten Ereigniszeitraum. Auch der Bluterguss im Bereich

          des linken Handgelenks könnte zum Beispiel bei Tragen einer Uhr im geltend gemachten Ereigniszeitraum durch ein Zudrücken an dieser Stelle entstanden sein (Urk. 24 S. 4). Ferner kam es zu einer Überweisung der Privatklägerin 1 für weitere Untersuchungen an das Universitätsspital Zürich, da sie stärkste Kopf- schmerzen sowie dreimaliges Erbrechen nach dem geltend gemachten Ereignis mit Gewalt gegen den Kopf angegeben habe, sodass aus rechtsmedizinischer Sicht eine mögliche Lebensgefahr durch eine Blutung im Kopfinnern nicht ausge- schlossen werden könne (Urk. 24 S. 5).

        3. Der ärztliche Befund und der Austrittsbericht des Universitätsspitals Zü- rich vom 16. September bzw. 26. September 2019 attestieren der Privatklägerin 1 ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma vom 15. September 2019 mit Begleitverletzun- gen wie diverse Prellungen im Kopf- und Gesichtsbereich sowie Schulterkontusi- on beidseitig und Handgelenkskontusion rechts (Urk. 27/5 S. 1). Weiter befindet sich ein ärztlicher Bericht von FMH Prakt. D. bei den Akten, aus welchem hervorgeht, dass die Privatklägerin 1 am 16. September 2019 bei ihm in der Pra- xis gewesen sei, nachdem sie am selben Tag bereits notfallmässig im Universi- tätsspital Zürich gewesen sei. FMH Prakt. D. hält in seinem Bericht zudem fest, dass die Privatklägerin 1 fast bis Ende September 2019 persistierende Kopf- sowie an verschiedenen Körperstellen Schmerzen gehabt habe und nicht arbeits- fähig gewesen sei. Die Privatklägerin 1 sei vom 16. bis 25. September 2019 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen (Urk. 27/9).

        4. Gestützt auf die ärztlichen Unterlagen – insbesondere das Gutachten zur körperlichen Untersuchung des IRM Zürich – lässt sich somit festhalten, dass die- se die Aussagen der Privatklägerin 1 zusätzlich untermauern und ihre dokumen- tierten Verletzungen mit der von ihr geschilderten Sachverhaltsdarstellung verein- bar sind.

        5. Auch über den Beschuldigten liegt ein Gutachten zur körperlichen Unter- suchung des IRM Zürich vor (Urk. 22). Dieser wurde ebenfalls am Tag nach dem anklagegegenständlichen Vorfall untersucht. Aus diesem Gutachten geht hervor, dass die festgestellten frischen Hautabschürfungen an der linken Wange, an der rechten Brustvorderseite wie auch links sowie an der rechten Unterarmbeugeseite

          allesamt vereinbar seien mit einer Entstehung im geltend gemachten Ereigniszeit- raum und bei einer körperlichen Auseinandersetzung zum Beispiel durch Kratzen mit Fingernägeln entstanden sein könnten. Die Blutergüsse am Hals und die darin gelegenen oberflächlichen Hautabschürfungen seien vereinbar mit einer Verlet- zung durch Zerren an einem T-Shirt- oder Hemdkragen im geltend gemachten Ereigniszeitraum. Bezüglich der festgestellten kleinen Blutergüsse an der Brust- korbvorderseite rechts stehe eine Entstehung durch das Einwirken stumpfer me- chanischer Gewalt im geltend gemachten Ereigniszeitraum im Vordergrund. Ein denkbarer Mechanismus wäre zum Beispiel eine Entstehung durch Schläge mit der Hand, auch ein möglicher Gegenstand könne nicht mit letzter Sicherheit aus- geschlossen werden (Urk. 22 S. 1 ff.). Die dokumentierten Verletzungen des Beschuldigten sind ebenfalls vereinbar mit der Darstellung der Privatklägerin 1, wel- che konstant einräumte, sich gegen die Gewalttätigkeiten des Beschuldigten mit Händen gewehrt zu haben (vgl. Urk. 19/1 S. 2 und S. 7; Urk. 19/2 S. 6 f.; Prot. I S. 18).

      5. Zwischenfazit

        Gestützt auf die vorhandenen Beweismittel – insbesondere die glaubhaften Aus- sagen der Privatklägerin 1, den Chatverlauf sowie die ärztlichen Unterlagen – las- sen sich der Ablauf der Vorkommnisse sowie die einzelnen Handlungen anläss- lich der tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und der Pri- vatklägerin 1 vollumfänglich erstellen. Insgesamt verbleiben somit keine unüber- windbaren Zweifel im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StPO, dass sich auch der Vorfall vom 15. September 2019 wie in der Anklageschrift beschrieben abgespielt hat.

    4. Fazit

Die Anklagesachverhalte sind mit Ausnahme des Vorfalls vom April 2016 vollum- fänglich erstellt und der nachfolgenden rechtlichen Würdigung zugrunde zu legen. Einzig hinsichtlich des Vorfalls vom April 2016 lässt sich derjenige Teil des Ankla- gesachverhalts nicht erstellen, wonach es der Privatklägerin 1 auch während des Besuchs von B. nicht möglich gewesen sein soll, die eheliche Wohnung zu verlassen, da der Beschuldigte auch nach dessen Einlass die Wohnungstür sofort

wieder verschlossen und die Schlüssel bei sich behalten haben soll (vgl. vorste- hend, Erw. III.7.2.4.).

  1. Rechtliche Würdigung

    1. Vorbemerkung

      Die Vorinstanz würdigte das Verhalten des Beschuldigten als Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Dossier 1, April 2016), als einfache Körperverletzung als Ehe- gatte während der Ehe im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 4 StGB (Dossier 1, 15. September 2019; Dossier 3, September 2016), als Drohung als Ehegatte während der Ehe im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB (Dossier 1, 15. September 2019) und als Tätlichkeiten als Ehegatte während der Ehe im Sinne von Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB (Dossier 1, Juli 2019). Da einzig der Beschuldigte Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil erhoben hat, fällt eine härtere rechtli- che Qualifikation der Taten von Vornherein ausser Betracht (Verbot der reformatio in peius; Art. 391 Abs. 2 StPO), sodass offen bleiben kann, ob das Verhalten des Beschuldigten hinsichtlich des Vorfalls vom April 2016 den Tatbestand der Frei- heitsberaubung im Sinne von 183 StGB erfüllen würde, wie das von der Staats- anwaltschaft angeklagt worden ist (vgl. Urk. 42 S. 3).

    2. Nötigung (Anklagesachverhalt vom April 2016, Dossier 1)

      1. Hinsichtlich der allgemeinen Ausführungen zu diesem Tatbestand ist auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 102 S. 43 f.).

      2. Nach der tätlichen Auseinandersetzung vom April 2016 wollte die Privat- klägerin 1 zusammen mit dem gemeinsamen Sohn die eheliche Wohnung verlas- sen, was der Beschuldigte verhinderte, indem er die Wohnungstür abschloss und sämtliche Wohnungsschlüssel an sich nahm. Durch sein Verhalten schränkte der Beschuldigte die Privatklägerin 1 in ihrer Handlungsfreiheit ein und zwang sie – entgegen ihres Willens – weiterhin mit ihm in der ehelichen Wohnung zu verblei- ben. Die Privatklägerin 1 schilderte glaubhaft, dass sie nach den erlittenen Gewalttätigkeiten durch den Beschuldigten aus der Wohnung habe flüchten wollen und dass sich ihre Angst vor ihm und die Befürchtung vor weiteren Gewalttätigkei- ten zusätzlich verstärkt habe, als ein unbekannter Mann zu ihnen in die Wohnung gekommen sei und der Beschuldigte die Wohnungstür nach dessen Einlass er- neut verschlossen und die Schlüssel an sich genommen habe. Sie sei dann aus Angst in der Küche geblieben (Urk. 19/4 S. 6 f.; Urk. 19/5 S. 4 und S. 7 ff.; Prot. I S. 22).

      3. Der Beschuldigte wusste, dass er nicht das Recht hatte, die Privatkläge- rin 1 in der Wohnung festzuhalten, was er einzig mit der Absicht tat, sie einzu- schüchtern und zu verhindern, dass sie sich ihm entziehen und allenfalls Hilfe ho- len konnte. Da die eheliche Wohnung im 3. Stockwerk lag (vgl. Urk. 19/5 S. 8), war es der Privatklägerin 1 nicht möglich, die Wohnung ohne Schlüssel zu verlas- sen. Da die Privatklägerin 1 nach der vorausgegangenen tätlichen Auseinander- setzung mit dem Sohn auf dem Arm gezielt auf die Wohnungstür zuschritt (vgl. Urk. 19/5 S. 9), wusste der Beschuldigte, dass sie die Wohnung verlassen wollte, und er verunmöglichte ihr dies bewusst, indem er ihr zuvorgekommen war, die Tür verschlossen und die beiden vorhandenen Schlüssel an sich genommen und dies auch nach Einlass des unbekannten Mannes so beibehalten hat.

      4. Der Tatbestand der Nötigung ist damit erfüllt. Da keine Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe vorliegen, ist der Beschuldigte hinsichtlich des Vor- falls vom April 2016 (Dossier 1) der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB schuldig zu sprechen.

    3. Einfache Körperverletzung (Anklagesachverhalt vom September 2016, Dossier 3)

      1. Hinsichtlich der allgemeinen Ausführungen zum Tatbestand der einfachen Körperverletzung ist auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verwei- sen (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 102 S. 47). Die Vorinstanz hat auch zutreffend er- wogen, dass der Täter gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 4 StGB von Amtes wegen ver- folgt wird, wenn er der Ehegatte des Opfers ist und die Tat während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde (Urk. 102 S. 47). Vertiefend ist festzuhalten, dass eine einfache Körperverletzung in Abgrenzung zur Tät- lichkeit gegeben ist, wenn nicht mehr bloss eine harmlose Beeinträchtigung der körperlichen Integrität oder des gesundheitlichen Wohlbefindens gegeben ist. Die körperliche Integrität ist dann im Sinne einer einfachen Körperverletzung beein- trächtigt, wenn innere oder äussere Verletzungen oder Schädigungen zugefügt werden, die mindestens eine gewisse Behandlung und Heilungszeit erfordern, so- fern sie um einiges über blosse Kratzer hinausgehen. Bei Blutergüssen, Schür- fungen, Kratzwunden oder Prellungen ist die Abgrenzung der einfachen Körper- verletzung zum Tatbestand der Tätlichkeiten begrifflich nur schwer möglich (BGE 134 IV 189 E. 1.3 mit Hinweisen). Auf blosse Tätlichkeiten ist zu erkennen, wenn Schürfungen, Kratzwunden, Quetschwunden oder bloss blaue Flecken so harm- los sind, dass sie in kürzester Zeit vorübergehen und ausheilen. Die Tätlichkeit wird gegenüber der einfachen Körperverletzung somit dadurch abgegrenzt, dass diese gerade keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge hat (ROTH/BERKE-MEIER, in: NIGGLI/ WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar, Strafrecht II,

    4. Aufl., Basel 2019, N 3 ff. zu Art. 123 StGB). Als leichter Fall einer einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sind sodann Angriffe auf die körperliche Integrität des Menschen in der untersten Bandbreite des Grundtatbestandes zu werten (ROTH/BERKE-MEIER, a.a.O., N 8 zu Art. 123 StGB). Für die Beantwortung der Frage, ob ein leichter Fall einer Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 2 StGB vorliegt, ist auf die gesamten Umstände der Tat und nicht bloss auf die objektiven Verletzungsfolgen abzustellen (BGE 127 IV 59 E. 2a/bb).

    1. Der Beschuldigte versetzte der Privatklägerin 1 einen heftigen Faust- schlag gegen den Brustkorb, wodurch diese mit dem Rücken gegen die Wand prallte. Dadurch erlitt die Privatklägerin 1 Rötungen im Dekolleté-Bereich, über der Schultervorderseite wie auch der Schulterblattunterseite rechts und der linken Schulter und verspürte danach Druckschmerzen entlang der Brust- und Halswir- belsäule (vgl. Urk. 14/5-13; Urk. 26; Urk. 27/7 S. 1). Der Faustschlag gegen die Brust hatte der Privatklägerin 1 starke Schmerzen bereitet, sodass sie Schmerz- tabletten einnehmen und die entsprechende Stelle mit Eis abkühlen musste (vgl. Urk. 19/5 S. 14; Urk. 27/7 S. 2). Zudem beklagte sie Schmerzen am Hinterkopf,

      wobei unklar bleibt, ob sie diese durch den Aufprall an der Wand aufgrund des verpassten Faustschlags gegen die Brust erlitt oder im Rahmen des späteren Zu- sammenbruchs. Der heftige Faustschlag gegen den Brustkorb der Privatkläge- rin 1 ist nicht mehr bloss als eine harmlose Beeinträchtigung der körperlichen In- tegrität oder des gesundheitlichen Wohlbefindens zu qualifizieren. Da ihr durch diesen Schlag äussere Verletzungen und Schädigungen zugefügt wurden, die ei- ne gewisse Behandlung mit Schmerzmitteln und eine Heilungszeit erforderten, ist die Grenze zur einfachen Körperverletzung überschritten.

    2. Gemäss erstelltem Sachverhalt verfolgte der Beschuldigte die Privatklä- gerin 1, nachdem diese aufgrund der vorangegangenen körperlichen Auseinan- dersetzung aus der ehelichen Wohnung flüchten wollte, und versuchte sie mit vol- lem Körpereinsatz aufzuhalten, indem er sie an beiden Armen packte und festzu- halten versuchte und erst von ihr abliess, als sie zusammenbrach. Durch sein gewalttätiges Vorgehen verursachte er bei der Privatklägerin 1 mehrere Kratzspu- ren am hinteren linken Oberarm, Rötungen an der rechten und linken Oberarmin- nenseite sowie eine kleine Schürfwunde über der hinteren Achselfalte (vgl. Urk. 27/7 S. 1). Zwar sagte die Privatklägerin 1 nicht aus, sie habe ihr Bewusstsein aufgrund der gewalttätigen Handlungen des Beschuldigten verloren, sondern sie machte geltend, dies sei wegen des ganzen Druckes, das ganze Drumherum gewesen (Urk. 19/4 S. 8, F/A 63). Dennoch ist davon auszugehen, dass nicht nur der psychische Druck, sondern auch ihr geschwächter körperlicher Zustand auf- grund der diversen erlittenen Verletzungen dazu führte, dass es zu einem Zu- sammenbruch kam und die Ambulanz gerufen werden musste. Aufgrund der Viel- zahl erlittener Verletzungen wie mehrere Kratzspuren, Rötungen und eine kleine Schürfwunde ist – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 48) – auch hinsichtlich dieser Verletzungen die Schwelle zur einfachen Körperverletzung überschritten.

    3. Durch die von ihm ausgeübten körperlichen Gewalttätigkeiten und insbe- sondere auch angesichts des dynamischen Handlungsgeschehens, indem die Privatklägerin 1 vor dem Beschuldigten zu flüchten versuchte, nahm dieser zu- mindest in Kauf, dass er der Privatklägerin 1 Verletzungen zufügen könnte, die

      das Mass einer nur vorübergehenden Beeinträchtigung überschreiten würden. Ihm muss somit zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich der Verursachung der von der Privatklägerin 1 erlittenen Verletzungen vorgehalten werden.

    4. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 48 f.) ist vorliegend trotz des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Verletzungen keine Handlungseinheit anzunehmen. Den heftigen Faustschlag gegen den Brustkorb der Privatklägerin 1 verpasste der Beschuldigte ihr im Schlafzimmer als Folge ei- ner verbalen Auseinandersetzung. Anschliessend im Treppenhaus, als die Privat- klägerin 1 vor dem Beschuldigten zu flüchten versuchte und die eheliche Woh- nung verlassen wollte, musste der Beschuldigte einen neuen unabhängigen Wil- lensentschluss dahingehend fassen, dass er sie mit vollem Körpereinsatz an der Flucht und dem Verlassen der Wohnung hindern wollte. Entsprechend kann nicht von einem einheitlichen Willensentschluss für sämtliche der Privatklägerin 1 zuge- fügten Verletzungen, welcher für die Annahme einer Tateinheit notwendig wäre, ausgegangen werden.

    5. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ist das Vorgehen des Beschuldigten somit als mehrfache einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu qualifizieren.

    6. Mangels Vorliegens von Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründen ist der Beschuldigte hinsichtlich des Vorfalls vom September 2016 (Dossier 3) der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 123 Ziff. 2 Abs. 4 StGB schuldig zu sprechen.

  1. Tätlichkeiten (Anklagesachverhalt vom Juli 2019, Dossier 1)

    1. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Handlung als Tätlich- keiten im Sinne von Art. 126 StGB zu qualifizieren, wenn eine das allgemein übli- che und gesellschaftlich geduldete Mass überschreitende physische Einwirkung auf einen Menschen vorliegt, die keine Schädigung des Körpers oder der Ge- sundheit zur Folge hat. Nicht entscheidend sein kann, ob der Angriff beim Betroffenen zu einer Störung des Wohlbefindens oder einem deutlichen Missbeha- gen führte (BGE IV 117 17 E. bb = Pr 81 [1992] Nr. 144).

    2. Gemäss erstelltem Sachverhalt packte der Beschuldigte die Privatkläge- rin 1 am linken Oberarm und stiess sie grob gegen einen Tisch, sodass sich diese an der Innenseite des linken Oberschenkels ein Hämatom zuzog. Über das Aus- mass des Hämatoms oder allfällig erlittene Schmerzen lassen sich den Akten kei- nerlei Hinweise entnehmen. Es handelt sich damit um einen relativ harmlosen Angriff auf den Körper, das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass einer Einwirkung auf den Körper eines andern ist aber klar überschritten. Der Beschuldigte packte und stiess die Privatklägerin 1 vorsätzlich gegen einen Tisch, wodurch er zumindest eine gewisse Beeinträchtigung ihres körperlichen Wohlbe- findens in Kauf nahm. Folglich ist sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 StGB erfüllt.

    3. Da es sich bei der Privatklägerin 1 im Tatzeitpunkt um die Ehefrau des Beschuldigten handelte, ist dieser hinsichtlich des Vorfalls vom Juli 2019 (Dossi- er 1) der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB in Verbindung mit

      Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB schuldig zu sprechen.

  2. Einfache Körperverletzung und Drohung (Anklagesachverhalt vom

15. September 2019, Dossier 1)

    1. Hinsichtlich der allgemeinen Ausführungen zum Tatbestand der einfachen Körperverletzung sowie zur Abgrenzung zu den Tätlichkeiten kann auf die vorste- henden Erwägungen IV.3.1. verwiesen werden. Gemäss Art. 180 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt. Dabei wird der Täter von Amtes wegen verfolgt, wenn er der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde (Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB). In objektiver Hinsicht muss der Täter zunächst eine schwere Drohung zum Ausdruck bringen, das heisst jemandem Nachteile in Aus- sicht stellen, welche sich objektiv dazu eignen, das Opfer in Angst oder Schre- cken zu versetzen. Die Androhung von rechtswidrigen oder strafbaren Handlun-

      gen von einigem Gewicht erfüllen diese Anforderung regelmässig. Dabei muss die tatsächliche Zufügung des Übels als in irgendeiner Weise vom Willen des Täters abhängig dargestellt werden. Das Opfer muss die Verwirklichung des angedroh- ten Übels befürchten. Auf welche Weise die Drohung erfolgt, ist jedoch unbeacht- lich. Sie muss nach den gesamten Umständen geeignet gewesen sein, das Opfer in Schrecken oder Angst zu versetzen. Zur Vollendung der Tat ist weiter erforder- lich, dass das Opfer durch das angedrohte Übel tatsächlich in Schrecken oder Angst versetzt wurde. Der Erfolg tritt mit dem Verlust des Sicherheitsgefühls ein. Dabei wird Angst als ein beklemmendes, banges Gefühl umschrieben, während Schrecken als eine heftige Erschütterung des Gemüts, die meist durch das plötzliche Erkennen einer Gefahr oder Bedrohung ausgelöst wird, definiert wird (DELNON/RÜDY, in: NIGGLI/WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar Strafrecht II, 4. Aufl., Basel 2018, Art. 180 N 11 f. und N 19 ff.). Der Drohung nach Art. 180 Abs. 1 StGB macht sich nur strafbar, wer vorsätzlich bzw. eventualvorsätzlich im Sinne von

      Art. 12 Abs. 2 StGB handelt. Der Täter muss den Willen haben, dass das Opfer in Schrecken oder Angst versetzt wird, und sich dabei bewusst sein, dass seine Drohung diese Wirkung hervorruft bzw. muss er dies zumindest in Kauf nehmen (DELNON/RÜDY, in: NIGGLI/WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar Strafrecht II, a.a.O., Art. 180 N 33).

    2. Gemäss erstelltem Sachverhalt drohte der Beschuldigte der Privatkläge- rin 1, er werde sie umbringen, während er sie würgte. Die Privatklägerin 1 schil- derte auch glaubhaft und nachvollziehbar ihre Angst, welche sie aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten respektive seiner Drohung erlitten hat. So führte sie vor Vorinstanz aus, dass sie Angst und das Gefühl gehabt habe, der Beschuldigte würde sie an jenem Ort wirklich umbringen (Prot. I S. 19). Weiter erklärte sie, auch später nach wie vor grosse Angst gehabt zu haben, dass er sie umbringen könnte, wenn sie etwa ins Frauenhaus oder zur Polizei gehen würde (Urk. 19/1

      S. 9; Urk. 19/2 S. 14). Auch der Umstand, dass die Privatklägerin 1 vor dem Beschuldigten flüchtete und sich zuerst im Badezimmer einschloss, bevor sie dann mitten in der Nacht fluchtartig die Wohnung verliess, verdeutlicht die Angst, wel- che die Privatklägerin 1 einerseits aufgrund der Gewalttätigkeiten und anderer- seits aufgrund der ausgestossenen Todesdrohung des Beschuldigten hatte. Die

      verbale Drohung mit dem Tod der Privatklägerin 1 stellt zweifellos eine schwere Drohung dar. Seiner Drohung verlieh er zudem durch das Würgen der Privatklä- gerin 1 Nachdruck. Die Privatklägerin 1 wurde durch diese Äusserung derart in Angst und Schrecken versetzt, dass sie sich in ihrem Sicherheitsgefühl beein- trächtigt fühlte. Aufgrund der gesamten Umstände und insbesondere des Verhal- tens des Beschuldigten ist davon auszugehen, dass er die Privatklägerin 1 willent- lich in einen Zustand grosser Angst versetzte, zumal er seiner Drohung durch das Würgen der Privatklägerin 1 zusätzlich Nachdruck verlieh. Der Beschuldigte nahm zumindest in Kauf, dass er sie durch seine Todesdrohung massiv in Angst und Schrecken versetzen wird. Er handelte damit eventualvorsätzlich. Damit ist der Tatbestand der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.

    3. Die am 15. September 2019 zum Nachteil der Privatklägerin 1 verübten Gewalttätigkeiten seitens des Beschuldigten sind – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 51) – als Tateinheit zu sehen, da diese allesamt im An- schluss an eine verbale Auseinandersetzung bis zu jenem Zeitpunkt, als die Pri- vatklägerin 1 ins Badezimmer flüchten und sich dort einschliessen konnte, erfolg- ten. Damit besteht ein hinreichender enger zeitlicher und räumlicher Zusammen- hang. Zudem erfolgte eine Gewalttätigkeit auf die andere, womit ein einheitliches, zusammengehörendes Geschehen vorliegt, welchem ein einheitlicher Willensent- schluss des Beschuldigten vorausging.

      1. Gemäss erstelltem Sachverhalt verpasste der Beschuldigte der Privatklä- gerin 1 nach einer zunächst verbalen Auseinandersetzung zwei Ohrfeigen und versetzte ihr sodann einen derartigen Stoss gegen ihre rechte Schulter, dass sie das Gleichgewicht verlor und mit der rechten Seite der Stirn gegen die Wand prallte. Als die Privatklägerin 1 daraufhin ins Badezimmer flüchten wollte, hielt der Beschuldigte sie zunächst davon ab, indem er sie noch im Flur grob an den Ar- men packte und festhielt. In der Folge packte er sie mit beiden Händen am Hals und drückte derart zu, dass sie für kurze Zeit nicht mehr richtig atmen konnte. Als sie sich mit den Händen zu wehren begann, umfasste er ihren Kopf mit beiden Händen und schlug diesen mindestens zwei Mal gegen die Wand im Flur, bevor

        er ihr letztlich mit den Daumen mehrere Sekunden kraftvoll auf die geschlossenen Lider und die Augäpfel drücke bzw. diese mit beiden Daumen nach aussen drück- te. Die dadurch bei der Privatklägerin 1 verursachten Verletzungen sind dokumen- tiert. So erlitt sie ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, eine diskrete Schwellung an der rechten Gesichtsseite, insbesondere auf Höhe der rechten Schläfe im Bereich der Stirn, oberflächliche Hautabschürfungen an der rechten Oberarmbeugeseite und Oberarmaussenseite, oberflächliche Hautabschürfungen an der rechten Un- terarmstreckseite, einen Bluterguss am linken Unterarm sowie einen Bluterguss im Bereich des linken Handgelenks (Urk. 24 S. 3; Urk. 27/5 S. 1; Urk. 27/9 S. 1). Die Privatklägerin 1 litt aufgrund dieser Verletzungen an anhaltenden Kopf- schmerzen während mindestens zwei Wochen, an einer Druckdolenz am gesam- ten Kopf, hauptsächlich im Bereich der rechten Schläfe, an einer Druckdolenz über dem Kehlkopf, an Schluckbeschwerden und Heiserkeit (vgl. Urk. 24 S. 2; Urk. 27/9 S. 1). Insbesondere das kraftvolle Drücken seiner Daumen in die be- sonders empfindliche Augenpartie verursachte bei ihr massive Schmerzen und sie musste nach dem Vorfall mehrfach Erbrechen (vgl. Urk. 19/1 S. 8; Urk. 19/2

        S. 16; Urk. 24 S. 2). Die Verletzungen führten zudem zu einer Arbeitsunfähigkeit der Privatklägerin 1 von 100 % für die Dauer von 10 Tagen (16. bis

        25. September 2019, Urk. 27/9 S. 2). Damit haben die von der Privatklägerin 1 er- littenen Verletzungen das Mass einer einfachen Körperverletzung erreicht. Auch wenn unter der ausgeübten körperlichen Gewalt auch einzelne Handlungen sind, welche isoliert betrachtet als Tätlichkeiten eingestuft werden könnten, so bei- spielsweise die beiden Ohrfeigen, werden diese von der einfachen Körperverlet- zung konsumiert.

      2. Der Beschuldigte verübte die anklagegegenständlichen körperlichen Ge- walttätigkeiten gegenüber der Privatklägerin 1 willentlich und nahm durch seine Handlungen zumindest in Kauf, dass er ihr damit Verletzungen, welche das Mass einer nur vorübergehenden Beeinträchtigung überschreiten würden, und Schmer- zen zufügen könnte. Ihm muss somit zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich der Verursachung der von der Privatklägerin 1 erlittenen Verletzungen vorgehalten werden.

      3. Der Beschuldigte hat demzufolge sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt.

    4. Mangels Vorliegens von Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründen ist der Beschuldigte hinsichtlich der Vorfälle vom 15. September 2019 (Dossier 1) der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB sowie der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 123 Ziff. 2 Abs. 4 StGB schuldig zu sprechen.

6. Fazit

Der Beschuldigte ist der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (April 2016, Dossi- er 1), der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 123 Ziff. 2 Abs. 4 StGB (15. September 2019, Dossier 1, und September 2016, Dossier 3), der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB (15. September 2019, Dossier 1) und der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB (Juli 2019, Dossier 1) schuldig zu sprechen.

  1. Strafzumessung

    1. Vorbemerkungen

      Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.–, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren und wovon 128 Tagessätze als durch Haft erstanden sind, sowie einer Busse von Fr. 600.– (Urk. 102 S. 76). Da einzig der Beschuldigte Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil erhoben hat, fällt eine strengere Bestrafung und die Wahl einer anderen Strafart aufgrund des Verschlechterungsverbotes ausser Betracht (Verbot der reformatio in peius; Art. 391 Abs. 2 StPO).

    2. Allgemeine Grundsätze

      1. Die allgemeinen Regeln und Kriterien der Strafzumessung sowie die massgeblichen Strafrahmen der einzelnen Delikte wurden im vorinstanzlichen Urteil zutreffend wiedergegeben (Urk. 102 S. 53 ff.). Dies braucht nicht wiederholt zu werden. Als Strafschärfungsgründe liegen die innerhalb des Strafrahmens zu be- rücksichtigende Deliktsmehrheit und die mehrfache Tatbegehung vor. Gründe, die ein Verlassen des massgeblichen Strafrahmens rechtfertigen würden, liegen kei- ne vor.

      2. Seit dem 1. Januar 2018 ist das revidierte Sanktionenrecht in Kraft

        (AS 2016 1249; BBI 2012 4721). Der Beschuldigte hat die einfache Körperverlet- zung (Dossier 3) und die Nötigung (Dossier 1) vor Inkrafttreten der seit 1. Januar 2018 geltenden neuen Bestimmungen des allgemeinen Teils des Strafgesetzbu- ches (Änderung des Sanktionenrechts; AS 2016 1249) begangen. Das geltende (neue) Recht ist daher auf diese nur anzuwenden, sofern es für den Beschuldig- ten im konkreten Fall zu einem günstigeren Ergebnis führt (Art. 2 Abs. 2 StGB; DONATSCH, in: DONATSCH/HEIMGARTNER/ISENRING/WEDER, Kommentar zum StGB,

        21. Aufl., Zürich 2018, N 10 zu Art. 2 StGB). Während nach altem Recht die Aus- fällung einer Geldstrafe von einem bis zu 360 Tagessätzen möglich ist, ist nach neuem Recht nur noch eine Geldstrafe von drei bis 180 Tagessätzen zulässig (alt bzw. neu Art. 34 Abs. 1 StGB). Vorliegend ist aufgrund des Verschlechterungs- verbotes einzig die Ausfällung einer Geldstrafe zulässig (vgl. vorstehend, Erw. V.1.), sodass sich angesichts des Strafhöchstmasses von 180 Tagessätzen Geld- strafe das neue Recht als das mildere und konkret anwendbare erweist.

      3. Wie bereits vorstehend erwogen, ist für die einzelnen Delikte – mit Aus- nahme der Tätlichkeiten – aufgrund des Verschlechterungsverbotes je eine Geld- strafe und für alle Delikte zusammen eine Gesamtgeldstrafe auszusprechen (Erw. V.1.). Da nach dem neuen, konkret anwendbaren Recht das Strafhöchst- mass bei einer Geldstrafe bei 180 Tagessätzen liegt, kann vorliegend lediglich ei- ne Geldstrafe von drei bis 180 Tagessätzen ausgesprochen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtes 6B_619/2020 vom 3. März 2020 E. 3.4; BGE 144 IV 217

        E. 3.6), wobei die Grenze von 180 Tagessätzen aufgrund des Verschlechterungs- verbotes ohnehin nicht überschritten werden darf. Für die Tätlichkeiten ist auf- grund des massgeblichen Strafrahmens eine separate Busse auszufällen.

      4. Die Vorinstanz ist aufgrund des brutalen Vorgehens des Beschuldigten (Würgen der Privatklägerin 1, Kopf an die Wand Schlagen und Eindrücken der Augen, was massive Schmerzen verursachte) zutreffend von der einfachen Kör- perverletzung, begangen am 15. September 2019 (Dossier 1) als schwerstes De- likt ausgegangen (Urk. 102 S. 55). Nachfolgend ist zunächst eine hypothetische Einsatzstrafe für die einfache Körperverletzung, begangen am 15. September 2019 (Dossier 1), zu bilden und diese dann für die Drohung, die Nötigung und die mehrfache einfache Körperverletzung, begangen im September 2016, mittels As- peration gestützt auf Art. 49 Abs. 1 StGB angemessen zu erhöhen.

    3. Strafzumessung in concreto

      1. Tatkomponenten

        1. Einfache Körperverletzung (15. September 2019, Dossier 1)

          1. Bei der objektiven Tatschwere ist verschuldenserhöhend zu berücksichti- gen, dass der Beschuldigte nach den ersten körperlichen Gewalttätigkeiten zum Nachteil der Privatklägerin 1 nicht mit den Angriffen auf ihre körperliche Integrität aufhörte, sondern diese noch intensivierte. So liess er nicht von der Privatkläge- rin 1 ab, nachdem er ihr zwei Ohrfeigen und einen derartigen Stoss gegen ihre Schulter verpasst hatte, dass sie das Gleichgewicht verlor und mit der Stirn gegen die Wand prallte, sondern er umfasste mit beiden Händen ihren Hals und würgte sie, sodass sie für kurze Zeit nicht mehr richtig atmen konnte. Auch danach hörte er mit seinen Angriffen auf die Privatklägerin 1 nicht auf, sondern er drückte heftig mit den Daumen in ihre Augäpfel und drückte diese seitlich nach aussen. Damit griff der Beschuldigte einen besonders empfindlichen Teil des Körpers der Privat- klägerin 1 an und verursachte ihr massive Schmerzen. Das Vorgehen des Beschuldigten weist auf eine gewisse Skrupellosigkeit und Brutalität hin. Die Privat- klägerin 1 erlitt eine Vielzahl von Verletzungen (leichtes Schädel-Hirn-Trauma, Schwellung, Blutergüsse, Hautabschürfungen), welche zu zweiwöchigen Kopf- schmerzen, Druckdolenzen am Kopf und über dem Kehlkopf, Schluckbeschwer- den sowie Heiserkeit führten und eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % für 10 Tage

            zur Folge hatten. Die objektive Tatschwere ist insgesamt als keineswegs mehr leicht zu qualifizieren.

          2. Bei der subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte die Gewalttätigkeiten gegenüber der Privatklägerin 1 willentlich ausübte und durch sein Vorgehen eine Verletzung der Privatklägerin 1 zumindest in Kauf nahm. Den tätlichen Übergriffen ging eine verbale Auseinandersetzung voraus, in dessen Rahmen die Privatklägerin 1 dem Beschuldigten drohte, dessen Mobiltelefon aus dem Fenster zu werfen, wobei sie es gemäss Darstellung des Beschuldigten dann auch auf den Boden geworfen haben soll. Leicht verschuldensmindernd zu be- rücksichtigen ist somit, dass die Gewalttätigkeiten während eines Streits erfolgten, anlässlich welchem sich der Beschuldigte in einer emotional angespannten Ge- fühlslage befand. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass gerade das Eindrücken der Augäpfel einzig auf das Zufügen massiver Schmerzen ausgerichtet gewesen war. Das subjektive Tatverschulden vermag das objektive nur leicht zu relativie- ren.

          3. Somit ist das Verschulden des Beschuldigten vor dem Hintergrund des Strafmaximums von Art. 123 Ziff. 1 StGB von drei Jahren Freiheitsstrafe insge- samt als nicht mehr leicht einzustufen. Entgegen der Vorinstanz erscheint auf- grund der konkreten Umstände der Tat eine hypothetische Einsatzstrafe von 180 Tagessätzen Geldstrafe dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

        2. Drohung (15. September 2019, Dossier 1)

          1. Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte der Privatklägerin 1 drohte, dass er sie umbringen werde. Seine Drohung richtete sich somit gegen die körperliche Integrität der Privatklägerin 1. Dass der Beschuldigte seiner Drohung zusätzlich Nachdruck verlieh, indem er die Privatklägerin 1 währenddessen mit beiden Händen an ihrem Hals würgte und ihr anschliessend durch das Eindrücken der Augäpfel noch besondere Schmerzen verursachte, was seine Todesdrohung besonders real erscheinen liess und die Privatklägerin 1 längerfristig in Angst und Schrecken versetzte, fällt verschuldens-

            erhöhend ins Gewicht. In objektiver Hinsicht wiegt das Verschulden keineswegs leicht.

          2. Bei der subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte eventualvorsätzlich handelte. Verschuldensmindernd zu berücksichtigen ist, dass die Drohung während einer emotionalen Auseinandersetzung ausgesprochen wurde, wobei sich der Beschuldigte in einer angespannten Gefühlslage befand und die Privatklägerin 1 dem Beschuldigten ihrerseits gedroht hatte, sein Mobilte- lefon aus dem Fenster zu werfen. Das subjektive Tatverschulden vermag das ob- jektive nur leicht zu relativieren.

          3. Somit ist das Verschulden des Beschuldigten insgesamt als nicht mehr leicht einzustufen. Unter Berücksichtigung des weiten Strafrahmens bis zu 3 Jah- ren Freiheitsstrafe erscheint eine hypothetische Einsatzstrafe von 120 Tagessät- zen Geldstrafe dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

        3. Mehrfache einfache Körperverletzung (Juni 2016, Dossier 3)

          1. Diese Körperverletzungen weisen einen derart engen zeitlichen und sach- lichen Zusammenhang auf, dass sie sich nicht sinnvoll auftrennen und für sich al- leine beurteilen lassen. Es rechtfertigt sich daher, eine einheitliche Einsatzstrafe für die mehrfache einfache Körperverletzung vom Juni 2016 festzulegen.

          2. Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass die von der Privatklägerin 1 bei diesem Vorfall erlittenen Verletzungen (kleine Schürfwunde, Kratzspuren, Rötungen, Druckschmerzen an Brust- und Halswir- belsäule sowie am Hinterkopf) im Vergleich zu anderen denkbaren Verletzungen, die ebenfalls einfache Körperverletzungen darstellen und auch im Vergleich zu den anlässlich des Vorfalls vom 15. September 2019 erlittenen Verletzungen, noch als leicht zu qualifizieren sind. Sie zogen neben der Abgabe von Schmerz- mitteln keine weiteren Behandlungen nach sich und führten auch nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit der Privatklägerin 1. Das geschützte Rechtsgut der körperli- chen Integrität wurde durch den heftigen Faustschlag gegen den Brustkorb der Privatklägerin 1 und das spätere Aufhalten mittels Körpereinsatz, indem der Be-

            schuldigte sie an beiden Armen packte, nur leicht beeinträchtigt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte erst von der Privatklägerin 1 abliess, nachdem diese vor der Haustür zusammengebrochen war, was das rücksichtslo- se Vorgehen des Beschuldigten verdeutlicht. In objektiver Hinsicht wiegt das Ver- schulden noch leicht.

          3. Bei der subjektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass der Beschul- digte eventualvorsätzlich handelte. Auch diesen Gewalttätigkeiten ging ein verba- ler Streit voraus, sodass sich der Beschuldigte in einer emotional angespannten Gefühlslage befand. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive nur marginal zu relativieren.

          4. Somit ist das Verschulden des Beschuldigten als leicht einzustufen. An- gesichts des weiten Strafrahmens bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe erweist sich eine hypothetische Einsatzstrafe von 60 Tagessätzen Geldstrafe dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

        4. Nötigung (April 2016, Dossier 1)

          1. Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Privatklägerin 1 im April 2016 durch das Abschliessen der Woh- nungstür und indem er beide Wohnungsschlüssel an sich nahm, dazu nötigte, in der ehelichen Wohnung zu verbleiben, obwohl sie diese nach einer tätlichen Aus- einandersetzung zusammen mit dem gemeinsamen Sohn verlassen wollte. Zwar war die Privatklägerin 1 aufgrund der tätlichen Auseinandersetzung verängstigt und versuchte aus diesem Grund, vor dem Beschuldigten aus der ehelichen Wohnung zu flüchten, was dieser durch sein Verhalten verhinderte, allerdings ist die erfolgte Einschränkung in ihrer Handlungsfreiheit eher gering, da er sie nicht über Tage in der Wohnung eingesperrt hielt, sondern für eine verhältnismässig kurze Dauer. Die objektive Tatschwere ist insgesamt als leicht bis sehr leicht ein- zustufen.

          2. Bei der subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte di- rektvorsätzlich handelte, weshalb eine Strafminderung wegen Eventualvorsatz

            nicht zum Tragen kommt. Das Verhalten des Beschuldigten diente zudem einzig der Machtdemonstration gegenüber der Privatklägerin 1, indem er dieser verdeut- lichte, dass er darüber entscheide, wann und ob sie die Wohnung verlassen kön- ne. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive nicht zu relativieren.

          3. Somit ist das Verschulden des Beschuldigten vor dem Hintergrund des Strafmaximums von Art. 181 StGB von drei Jahren Freiheitsstrafe insgesamt als leicht bis sehr leicht einzustufen. Aufgrund der konkreten Umstände der Tat er- scheint eine hypothetische Einsatzstrafe von 30 Tagessätzen Geldstrafe dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

        5. Zwischenfazit

          Die hypothetische Einsatzstrafe für die einfache Körperverletzung, begangen am

          15. September 2019 (Dossier 1), von 180 Tagessätzen Geldstrafe wäre um die weiteren festgelegten Strafen für die übrigen Delikte angemessen zu erhöhen. Bei Anwendung des Asperationsprinzips würde dies zu einer Strafschärfung über

          180 Tagessätze führen, was aufgrund des Verschlechterungsverbotes (vgl. vor- stehend, Erw. V.1.) nicht zulässig ist.

      2. Täterkomponenten

        1. Persönliche Verhältnisse

          1. Der Beschuldigte führte zu seinen persönlichen Verhältnissen aus, dass er in Serbien an der Grenze zum Kosovo geboren und aufgewachsen sei. In Ser- bien habe er acht Jahre lang die Schule besucht bis zum Gymnasium. 1994 sei er in die Schweiz eingereist, wo auch seine ganze Familie lebe. In der Schweiz habe er eine Niederlassungsbewilligung C. Er habe dann einen Deutschkurs absolviert und anschliessend die Realschule besucht. Danach habe er eine Lehre als Me- tallbauschlosser begonnen, diese aber wieder abgebrochen. Später habe er eine Anlehre als Elektriker abgeschlossen. Seit 1999 sei er als Elektriker für verschie- dene Firmen tätig. Seit 2019 arbeite er in einem 100 % Pensum bei der

            H. AG. Er lebe von seiner Ehefrau getrennt und bezahle monatliche Unterhaltsbeiträge für den gemeinsamen Sohn (Urk. 18/6 S. 2 f.; Urk. 18/7 S. 12 ff.; Prot. I S. 35; Prot. II S. 6 ff.).

          2. Gemäss forensisch-psychologischem Befundbericht der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 27. September 2019 leidet der Beschuldigte an kei- nem Gesundheitsproblem, welches sich auf seine Tatausführung und sein Ver- schulden auswirkt. Insbesondere stellten die Ärzte dem Beschuldigten keine Di- agnose gemäss ICD-10 (vgl. Urk. 29/6).

          3. Den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten lassen sich keine strafzumessungsrelevanten Faktoren entnehmen.

        2. Vorleben und Nachtatverhalten

          Der Beschuldigte weist keine Vorstrafe mehr auf (Urk. 100). Die Vorstrafenlosig- keit hat sich bei der Strafzumessung grundsätzlich neutral auszuwirken. Der Beschuldigte ist nicht geständig und zeigt weder Einsicht noch Reue in sein un- rechtmässiges Handeln. Das Nachtatverhalten schliesst somit eine Strafminde- rung aus, wirkt sich aber auch nicht zu seinen Ungunsten aus.

      3. Gesamtwürdigung Geldstrafe

        Die Täterkomponenten führen zu keiner Veränderung der Strafe, sodass es – ins- besondere unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes – bei einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen bleibt (vgl. vorstehend, Erw. V.3.1.5.).

      4. Tagessatzhöhe

        1. Die Höhe des Tagessatzes ist gemäss Art. 34 Abs. 2 StGB nach den per- sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils zu bemessen, insbesondere nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzmini- mum. Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens Fr. 30.– und höchstens

          Fr. 3'000.–, wobei dieser ausnahmsweise auf Fr. 10.– gesenkt werden kann, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten (Art. 34 Abs. 2 StGB).

        2. Für die Bestimmung der entsprechenden Tagessatzhöhe sind die finanzi- ellen Verhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. Dazu führte er aus, dass er als Elektriker bei der H. AG arbeite und dort im Stundenlohn bezahlt werde. Dieser betrage Fr. 35.– bis Fr. 36.– pro Stunde. Je nach Anzahl geleisteter Arbeitsstunden erziele er ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 4'600.– bis

          Fr. 5'000.–. Seine Wohnkosten würden Fr. 1'500.– pro Monat betragen. Für sei- nen Sohn bezahle er monatliche Unterhaltsbeiträge in der Höhe von Fr. 1'300.–. Die Kosten für Krankenkasse, Internet und die Ausgaben für das tägliche Leben würden sich auf insgesamt Fr. 1'000.– belaufen. Vermögen habe er keines, aber Schulden. Er wisse aber nicht, wie hoch diese seien. Diese würden von nicht be- zahlten Krankenkassenprämien, Telefonrechnungen usw. stammen. Er unterste- he zudem einer Lohnpfändung (Urk. 18/7 S. 12 f.; Prot. I S. 36 f.). Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte der Beschuldigte diese Angaben zu seinen fi- nanziellen Verhältnissen (Prot. II S. 8 ff.).

        3. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse erweist sich der von der Vor- instanz angeordnete Tagessatz von Fr. 30.– als angemessen. Der Beschuldigte ist somit mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.– zu bestrafen.

      5. Tätlichkeiten (Juli 2019, Dossier 1)

        1. Für die Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB ist eine separate Busse festzusetzen, wobei der Höchstbetrag der Busse Fr. 10'000.– beträgt

          (Art. 106 Abs. 1 StGB).

        2. Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschul- digte die Privatklägerin 1 am Oberarm packte und sie gegen einen Tisch stiess, sodass sie an der Innenseite des linken Oberschenkels ein Hämatom erlitt und während einiger Tage Schmerzen hatte. Die objektive Tatschwere ist insgesamt als noch leicht zu bezeichnen.

        3. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte in Kauf nahm, dass die Privatklägerin 1 durch sein Verhalten Beein- trächtigungen und Verletzungen erleiden würde. Der Beschuldigte handelte aus

          einem nichtigen Beweggrund, indem er die Privatklägerin 1 nach einer Unstim- migkeit tätlich anging. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive nicht zu re- lativieren.

        4. Die von der Vorinstanz ausgesprochene Busse in der Höhe von Fr. 600.– erweist sich als dem Verschulden und den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen und ist demzufolge zu bestätigen. Gestützt auf Art. 106 Abs. 2 StGB ist für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen auszufällen.

      6. Fazit Strafzumessung

Der Beschuldigte ist mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie einer Busse von Fr. 600.– zu bestrafen. An diese Strafe sind gestützt auf Art. 51 StGB 128 Tage erstandene Haft anzurechnen (vgl. Urk. 32/1; Urk. 32/14), ent- sprechend besteht auch kein Genugtuungsanspruch des Beschuldigten für die im vorliegenden Verfahren erstandene Haft.

  1. Strafvollzug

    1. Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für die Gewährung des beding- ten Vollzugs zutreffend dargelegt (Urk. 102 S. 61). Dies braucht nicht wiederholt zu werden.

    2. Der Beschuldigte weist keine Vorstrafe mehr auf (Urk. 100). Es ist davon auszugehen, dass er sich durch das Strafverfahren, die auszufällende Geldstrafe und die verbüsste Untersuchungshaft genügend beeindrucken lässt, um sich in Zukunft gesetzeskonform zu verhalten. Folglich ist der Vollzug der Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.– aufzuschieben, und es erscheint angemessen, die Probezeit auf 2 Jahre festzusetzen. Die Busse ist zu bezahlen.

  2. Kontaktverbot

    1. Die Vorinstanz ordnete für den Beschuldigten ein Kontaktverbot im Sinne von Art. 67b Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. a StGB gegenüber der Privatklägerin 1 für die Dauer von zwei Jahren an (Urk. 99 S. 76).

    2. Die Verteidigung führte aus, dass infolge des beantragten Freispruchs auf die Anordnung eines Kontaktverbots zu verzichten sei. Ohnehin sei fraglich, ob die Anordnung eines Kontaktverbots nach so langer Zeit noch von Nöten sei

      (Urk. 120 S. 13; Prot. II S. 20).

    3. Der Beschuldigte ist aufgrund verschiedener Delikte zum Nachteil der Pri- vatklägerin 1 schuldig zu sprechen. Gemäss forensisch-psychologischem Befund der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ist lediglich eine geringe bis mittlere Rückfallgefahr für mittlere bis schwere Gewaltdelikte (Tätlichkeiten, Körperverlet- zungen) in akuten Konfliktsituationen zu erwarten, sofern sich der Beschuldigte auf unterstützende Interventionen einlässt (Urk. 29/6 S. 11). Der Beschuldigte zeigte sich jedoch in keiner Weise einsichtig und ist sich betreffend sein Handeln keiner Schuld bewusst. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 99 S. 66) könnte es trotz erfolgter Trennung zukünftig dennoch zu weiteren eskalierenden Konfliktsituationen kommen, welche ihren Ursprung in einem Disput rund um den gemeinsamen Sohn haben. Entsprechend besteht die Gefahr, dass der Beschul- digte weitere Delikte zum Nachteil der Privatklägerin 1 begehen würde – dürfte er mit ihr in Kontakt treten – nach wie vor. In Bezug auf die Verhältnismässigkeit der Anordnung eines Kontaktverbotes ist festzuhalten, dass der Beschuldigte auf Nachfrage, inwiefern ihn das bisherig geltende Kontaktverbot eingeschränkt habe, vor Vorinstanz mit gar nicht antwortete (Prot. S. 43), und anlässlich der Beru- fungsverhandlung zu Protokoll gab, das Kontaktverbot sei für ihn eigentlich gar kein Problem, aber es sei ein Problem, wenn es um den Sohn gehe (Prot. II

      S. 13). Insbesondere behindert ein Kontaktverbot zur Privatklägerin 1 die Wahr- nehmung seines Besuchsrechtes bezüglich des gemeinsamen Sohnes nicht, zu- mal die Übergaben durch die KESB geregelt sind, was so vom Beschuldigten auch anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigt worden ist (Prot. II S. 13). Somit ist der Beschuldigte durch ein Kontaktverbot nicht besonders beschwert.

      Damit erweist sich das von der Vorinstanz angeordnete Kontaktverbot von zwei Jahren zum Schutz der Privatklägerin 1 – unter Berücksichtigung, dass die Tren- nungszeit bis zu einer Scheidung emotional besonders schwierig und konflikt- trächtig sein kann – als verhältnismässig. Das von der Vorinstanz angeordnete Kontaktverbot ist demzufolge zu bestätigen. Dem Beschuldigten ist im Sinne von Art. 67b Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 67b Abs. 2 lit. a StGB mit Wirkung bis zum 10. Dezember 2022 zu verbieten, mit der Privatklägerin 1 direkt oder über Drittpersonen Kontakt aufzunehmen. Der Beschuldigte ist ferner darauf hinzuwei- sen, dass er gemäss Art. 294 Abs. 2 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden kann, wenn er das Kontaktverbot missachtet. Zu- dem kann bei Missachtung des Kontaktverbots die bedingt ausgesprochene Stra- fe widerrufen werden (Art. 67c Abs. 9 StGB).

  3. Zivilansprüche

    1. Allgemeines

      1. Hinsichtlich der rechtstheoretischen Voraussetzungen für die Geltendma- chung von Schadenersatz- und Genugtuungsansprüchen kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 102

        S. 67 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

      2. Die Privatklägerin 1 konstituierte sich am 19. September 2019 (Urk. 36/4) als Straf- und Zivilklägerin.

    2. Standpunkt des Beschuldigten

      Der Beschuldigte beantragt aufgrund der geforderten Freisprüche die Abweisung sämtlicher Genugtuungs- und Schadenersatzforderungen beider Privatklägerin- nen (Urk. 101 S. 4; Urk. 120 S. 14).

    3. Forderungen der Privatklägerin 1

      1. Schadenersatz

        1. Die Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 beantragt, der Beschuldigte sei dem Grundsatz nach zu verpflichten, der Privatklägerin 1 für bereits entstandenen wie auch für allfälligen zukünftigen Schaden, der im Zusammenhang mit den ein- geklagten Ereignissen stehe, Schadenersatz zu leisten (Urk. 78 S. 2). Zur Be- gründung führte sie aus, ein allfälliger Schaden sei im heutigen Zeitpunkt nicht li- quid. Die Rechnungen der Privatklägerin 1 seien von der Unfallversicherung be- glichen worden. Da zum heutigen Zeitpunkt nicht definitiv ausgeschlossen sei, dass noch weiterer zukünftiger Schaden entstehe, der durch die vorliegend ein- geklagten Vorfälle kausal verursacht worden sei, sei davon Vormerk zu nehmen, dass die allfällige Geltendmachung einer Schadenersatzforderung vorbehalten bleibe (Urk. 78 S. 10 f.).

        2. Als schädigendes Ereignis sind vorliegend die zum Nachteil der Privatklä- gerin 1 begangenen Delikte, für welche der Beschuldigte strafrechtlich zu verurtei- len ist, zu betrachten. Die Privatklägerin 1 macht lediglich geltend, dass ein allfäl- liger Schaden im heutigen Zeitpunkt nicht liquid sei, ohne dabei auszuführen, in- wiefern ihr im Zusammenhang mit den vorliegenden Straftaten aktuell oder zu- künftiger Schaden drohen und in welcher Form, beispielsweise Arzt- oder Thera- piekosten, ein solcher entstehen könnte. Die Privatklägerin 1 hat ihren Zivilan- spruch somit weder hinreichend begründet noch beziffert, weshalb – in Überein- stimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 69) – kein Grundsatzentscheid ergehen, sondern die Privatklägerin 1 mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg zu verweisen ist.

      2. Genugtuung

        1. Die Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 stellte zudem den Antrag, der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin 1 eine Genugtuung in der Hö- he von Fr. 3'000.– zuzüglich Zins von 5 % seit 1. April 2018 zu bezahlen (Urk. 78

          S. 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, sowohl die objektive als auch die sub- jektive Berechnungsphase würde vorliegend eine Genugtuungssumme von Fr. 3'000.– rechtfertigen, zumal der Übergriff gegen die körperliche Integrität intensiv gewesen sei und zudem mit einem Fall vergleichbar sei, über welchen das Ober- gericht des Kantons Zürich im Jahr 2012 entschieden habe. In diesem Entscheid

          sei die Ehefrau über längere Zeit wiederholt den Gewaltausbrüchen ihres Ehe- mannes ausgesetzt gewesen. Dieser sei dann unter anderem wegen einfacher Körperverletzung, mehrfacher, teilweise versuchter Drohung und Tätlichkeiten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden und das Gericht habe der Ehefrau eine Genugtuungssumme von Fr. 3'000.– zugesprochen. Die Privatklägerin 1 habe bis heute mit Angst- und Stresszuständen wie auch mit De- pressionen zu kämpfen. Durch das eingeklagte Ereignis sei die Privatklägerin 1 bis heute erwiesenermassen in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, da sie sich aufgrund der Verletzungen vom 15. September 2019 in einer Schmerztherapie befinde, bei welcher sie regelmässig eine Infusion erhalte. Diese Form der Thera- pie müsse insgesamt sechsmal durchgeführt werden und sei alles andere als an- genehm. Die Behandlungstherapie sei mit der Klinik im Oktober 2020 vereinbart worden und sei in vollem Gang. Zudem sei die Privatklägerin 1 seit dem Vorfall mehr oder weniger durchgehend bis heute zu 100 % arbeitsunfähig (Urk. 78 S. 8 f.).

        2. Der Beschuldigte hat widerrechtlich und schuldhaft in die psychische und physische Integrität der Privatklägerin 1 eingegriffen, sie dadurch in ihren Persön- lichkeitsrechten erheblich verletzt und ihr seelische Unbill zugefügt. Während den Taten hat sich die Privatklägerin 1 geängstigt und sich wert- und machtlos gefühlt. Gemäss den Ausführungen der Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 zog die Tat konkrete Auswirkungen auf deren Lebensführung nach sich. So ist die Arbeitsun- fähigkeit der Privatklägerin 1 zu 100 % seit dem Schadensereignis vom 15. Sep- tember 2019 bis zum 15. Dezember 2020 belegt (Urk. 79/2). Zwar lässt sich dem Schreiben von Dr. med. I. vom 28. Oktober 2020 entnehmen, dass bereits bestehende Rückenschmerzen nach dem im Rahmen häuslicher Gewalt aufgetre- tenen Schädel-Hirn-Trauma exazerbiert und zu einer Schmerzausweitung geführt hätten. Priorisiert würden Nackenschmerzen. Ein Schädel-MRI habe keinen Be- fund gezeigt. Im HWS-MRI habe sich ein Anulus fibrosus-Einriss gezeigt

(Urk. 79/1a). Dass der gut ein Jahr nach den körperlichen Übergriffen vom

15. September 2019 festgestellte Einriss der Bandscheibe kausal durch das rechtswidrige und schuldhafte Handeln des Beschuldigten verursacht worden sein soll, wird von der Verteidigung bestritten (Prot. I S. 7) und ist auch nicht nachgewiesen. Ob die erst am 22. Oktober 2020 begonnene Schmerztherapie einzig in- folge der durch den Beschuldigten verursachten körperlichen Übergriffe notwen- dig wurde, kann – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (Urk. 102 S. 70) – nicht abschliessend beurteilt werden. Erwiesen ist allerdings, dass die Privatklägerin 1 aufgrund der Gewalttätigkeiten des Beschuldigten vom 15. September 2019 ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma und Blutergüsse davon getragen und für mindes- tens zwei Wochen an Kopfschmerzen sowie an Druckdolenzen am Kopf und über dem Kehlkopf gelitten hat. Erschwerend kommt neben dem Würgen mit gleichzei- tig ausgesprochener Todesdrohung, welche die Privatklägerin 1 längerfristig in Angst und Schrecken versetzt hat, vor allem das brutale Vorgehen des Beschul- digten betreffend das Eindrücken ihrer Augäpfel hinzu, was ihr massive Schmer- zen verursacht hat. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Privatklägerin 1 wie- derholt das Opfer von Gewalttätigkeiten seitens der Beschuldigten wurde. Mit der Festsetzung einer Genugtuung von Fr. 1'000.– zuzüglich Zins ab 1. April 2018 (mittlerer Verfall) hat die Vorinstanz dem Verschulden, welches insbesondere hin- sichtlich der einfachen Körperverletzung und der Drohung, begangen am 15. Sep- tember 2019, nicht mehr leicht wiegt, der Art und Vielzahl der Verletzungen und deren Auswirkungen angemessen Rechnung getragen, sodass der vorinstanzli- che Entscheid zu bestätigen ist. Im Mehrbetrag ist das Genugtuungsbegehren abzuweisen.

  1. Schadenersatzforderung der Privatklägerin 2

    1. Die Privatklägerin 2 beantragt, der Beschuldigte sei zu einer Schadener- satzzahlung in der Höhe von Fr. 12'196.10 zuzüglich Zins von 5 % seit dem

      31. Januar 2020 zu verpflichten (vgl. Urk. 36/6).

    2. Die Klage der Privatklägerin 2 ist – in Übereinstimmung mit der Vor- instanz (Urk. 102 S. 71) – bereits deshalb nicht hinreichend substantiiert, weil sie es gänzlich unterlässt, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den vom Beschuldigten ausgeübten Straftaten und dem geltend gemachten Schaden auf- zuzeigen. Die Zivilforderung der Privatklägerin 2 ist daher auf den Zivilweg zu verweisen.

  1. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    1. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Da es auch im Berufungsverfahren bei den Schuldsprüchen bleibt, ist die von der Vorinstanz angeordnete Kostenauflage (Dispositivziffer 16) zu be- stätigen, und dem Beschuldigten ist keine Genugtuung für die erlittene Haft zuzu- sprechen.

    2. Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollumfänglich, weshalb ihm die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1, voll- umfänglich aufzuerlegen sind. Die amtliche Verteidigung ist entsprechend der eingereichten Honorarnote (Urk. 121) für ihre Bemühungen und Auslagen im Be- rufungsverfahren unter Hinzurechnung des Aufwandes für die Berufungsverhand- lung inkl. Weg und Nachbesprechung mit insgesamt Fr. 4'800.– (inklusive Mehr- wertsteuer) zu entschädigen. Der von der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 geltend gemachte Aufwand für das Berufungsverfahren in der Höhe von Fr. 1'739.– (inklusive Mehrwertsteuer, vgl. Urk. 118) erweist sich als angemessen und ist in diesem Umfang zu entschädigen. Die Kosten der amtli- chen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 sind unter Vorbehalt des Rückforderungsrechts des Staates gegenüber dem Beschuldigten auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 426 Abs. 1 StPO in Verbin- dung mit Art. 135 Abs. 4 StPO).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Bülach, Einzelge- richt, vom 10. Dezember 2020 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Einstellung des Verfahrens betreffend Tätlichkeiten [Dossier 1, September 2018]),

    3 (Freisprüche von den Vorwürfen der Nötigung [Dossier 2] und des Unge- horsams gegen amtliche Verfügungen [Dossier 1]), 7 (Nichtanordnung einer

    Landesverweisung), 10 und 11 (Entscheid betreffend Asservate) sowie 15 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.–, wovon 128 Tagessätze als durch Untersuchungshaft geleistet gelten, sowie mit Fr. 600.– Busse.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen.

  5. Dem Beschuldigten wird im Sinne von Art. 67b Abs. 1 in Verbindung mit Art. 67b Abs. 2 lit. a StGB mit Wirkung bis zum 10. Dezember 2022 verbo- ten, mit der Privatklägerin 1 direkt oder über Drittpersonen Kontakt aufzu- nehmen.

  6. Missachtet der Beschuldigte das Kontaktverbot, kann er gemäss Art. 294 Abs. 2 StGB mit Freiheitstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft

    werden. Überdies wird der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass bei Miss- achtung die Bestimmungen über den Widerruf einer bedingten Strafe sowie über die Rückversetzung in den Straf- und Massnahmenvollzug anwendbar sind (Art. 67c Abs. 9 StGB).

    Auszug aus dem Strafgesetzbuch (StGB):

    Art. 294 Missachtung eines Tätigkeitsverbots oder eines Kontakt- und Rayonverbots

    1 […]

    2 Wer mit einer oder mehreren bestimmten Personen oder mit Personen einer bestimmten Gruppe Kontakt aufnimmt oder sich ihnen nähert, wer sich an bestimmten Orten aufhält, obwohl ihm dies durch ein Kontakt- und Rayonverbot nach Artikel 67b, nach Artikel

    50b MStG oder nach Artikel 16a JStG untersagt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

  7. Das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin 1, J. , wird auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  8. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 1, J. , eine Ge- nugtuungssumme von Fr. 1'000.– zuzüglich 5 % Zins seit 1. April 2018 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.

  9. Die Zivilansprüche der Privatklägerin 2, K. , werden auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  10. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 16) wird bestätigt.

  11. Dem Beschuldigten wird keine Genugtuung für erlittene Haft zugesprochen.

  12. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 4'500.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 4'800.– amtliche Verteidigung

    Fr. 1'739.– unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatklägerin 1.

  13. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privat-

    klägerin 1, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.

  14. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

  15. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, be- gründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichts- gesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 12. April 2022

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Baechler

Zur Beachtung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vor- erst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

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