Zusammenfassung des Urteils SB210244: Obergericht des Kantons Zürich
Ein betreibender Gläubiger beantragte Einsicht in die Pfändungsprotokolle seines Schuldners N. und dessen Ehefrau J. Das Betreibungsamt verweigerte die Einsicht, aber der Gläubige beschwerte sich bei der kantonalen Aufsichtsbehörde. Gemäss Art. 8a SchKG hat jeder mit glaubhaftem Interesse das Recht auf Einsicht in Betreibungsakten. Die Frage, wie weit dieses Recht reicht, war bisher nicht eindeutig geklärt. Die Beschwerde wurde zugunsten des Gläubigers entschieden, der Kopien der Pfändungsprotokolle erhalten sollte, sofern sie nicht älter als fünf Jahre sind.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210244 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 31.01.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord etc. |
Schlagwörter : | Privatkl; Privatkläger; Beschuldigte; Privatklägerin; Beruf; Berufung; Beschuldigten; Verteidigung; Dossier; Sinne; Privatklägers; Verfahren; Verfahren; Aussage; Beihilfe; Vorinstanz; Tabletten; Selbstmord; Einvernahme; Vertretung; Untersuchung; Gerichtskasse; Nötigung; Berufungsverhandlung; Polizei; Übrigen; Berufungsverfahren; Desinteresse; Genugtuung |
Rechtsnorm: | Art. 115 StGB ;Art. 138 StPO ;Art. 177 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 306 StPO ;Art. 320 StPO ;Art. 389 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 401 StPO ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 44 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 55a StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210244-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. B. Gut, Präsident , lic. iur. S. Volken, lic. iur. C. Maira sowie der Gerichtsschreiber MLaw L. Zanetti
Urteil vom 31. Januar 2023
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber,
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 21. Februar 2020 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. D1/13/12).
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 76 S. 74 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord im Sinne von Art. 115 StGB (Dossier 1);
der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a StGB (Dossier 1 und 4);
der mehrfachen versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 1 und 2);
der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 4 StGB (Dossier 4; betreffend Vorfälle vom September 2017);
der mehrfachen Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Dossier 1 und 2);
des mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage im Sinne von Art. 179 septies StGB (Dossier 1).
a) Das unter Dossier 4 geführte Verfahren wird betreffend die in den Jahren 2010 und 2011 vorgeworfenen einfachen Körperverletzungen und betreffend Tätlichkeiten sowie unter Dossier 1 betreffend Missbrauch einer Fernmeldeanlage, soweit sich die Vorwürfe auf die Zeit vor dem 3. März 2018 beziehen, eingestellt.
Das unter Dossier 1 geführte Verfahren betreffend Beschimpfung wird bezüglich der Vorwürfe vor dem 16. Januar 2018 eingestellt.
Das unter Dossier 1 geführte Verfahren betreffend Missbrauch einer Fernmeldeanlage wird bezüglich der Vorwürfe vor dem 30. Januar 2019 eingestellt.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 33 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 94 Tage durch Haft erstanden sind, sowie mit einer Busse von Fr. 500.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird im Umfang von 22 Monaten aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Im Übrigen (11 Monate, abzüglich 94 Tage, die durch Untersuchungshaft erstanden sind) wird die Freiheitsstrafe vollzogen.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.
In Bezug auf die mehrfache Beschimpfung wird gestützt auf Art. 177 Abs. 3 StGB von einer Bestrafung abgesehen.
a) Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 1 B.
Fr. 1'595.50
zuzüglich 5 % Zins ab 25. Februar 2018 als Schadenersatz zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin 1 auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin 1 B. dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches und der Kausalität wird die Privatklägerin 1 auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 1 B. Fr. 8'000.– zuzüglich 5 % Zins ab 30. Dezember 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Ge- nugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 2 C. Fr. 800.– zuzüglich 5 % Zins ab 16. April 2018 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 8'000.–; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 2'100.– Gebühr für das Vorverfahren
Fr. 160.– Auslagen (Gutachten)
Fr. 28'898.60 amtliche Verteidigung (inkl. Barauslagen und Mwst)
Fr. 13'262.20 unentgelt. Vertretung Privatkl. 1 (inkl. Barauslagen und Mwst)
Fr. 4'518.40 unentgelt. Vertretung Privatkl. 2 (inkl. Barauslagen und Mwst)
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 und des Privatklägers 2, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 und des Privatklägers 2 werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung nach Art. 135 Abs. 4 und Art. 426 Abs. 4 StPO.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 111 S. 2 sinngemäss):
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord im Sinne von Art. 115 StGB sowie der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 i.V.m. Art. 22 StGB zum Nachteil von C. frei zu sprechen.
Der Beschuldigte sei für die erstandene Haft mit CHF 200.00 pro erstande- nem Hafttag nebst eines Schadenszinses von 5% ab mittlerem Zerfall zu entschädigen.
Die Kosten des Untersuchungs- und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung seien vorbehaltlos auf die Staatskasse zu nehmen.
Die Kosten des Verfahrens vor Obergericht sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung für das obergerichtliche Verfahren seien vollständig durch die Staatskasse zu tragen.
Die Zivilansprüche seien als gegenstandslos abzuschreiben.
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 83): (schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Erwägungen:
Mit Urteil der Vorinstanz vom 3. März 2021 wurde der Beschuldigte A. in diversen Punkten anklagegemäss schuldig gesprochen und mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 33 Monaten bestraft. Betreffend mehrere Anklagepunkte wurde das Verfahren eingestellt (Urk. 76 S. 74 f.). Gegen diesen Entscheid liess der Beschuldigte durch seinen amtlichen Verteidiger mit Eingabe vom Folgetag innert gesetzlicher Frist Berufung anmelden (Art. 399 Abs. 1 StPO; Urk. 71). Die Berufungserklärung der Verteidigung ging ebenfalls innert gesetzlicher Frist bei der Berufungsinstanz ein (Art. 399 Abs. 3 StPO; Urk. 78). Die Anklagebehörde und die Privatklägerschaft haben je innert Frist mitgeteilt, dass auf Anschlussberufung verzichtet wird (Urk. 83, 84 und 86; Art. 400 Abs. 2 f. und Art. 401 StPO). Der im Berufungsverfahren gestellte Beweisergänzungsantrag
des Beschuldigten auf Einvernahme der Privatklägerin B.
wurde mit
Präsidialverfügung vom 16. Juni 2021 gutgeheissen, derjenige auf Einvernahme einer weiteren Person abgewiesen (Art. 389 Abs. 3 StPO; Urk. 93). Die Verteidigung hat die Berufung in ihrer Berufungserklärung teilweise beschränkt (Urk. 78 S. 2; Art. 399 Abs. 4 StPO). Die Anklagebehörde beantragte die Bestätigung des angefochtenen Entscheides (Urk. 83).
Kurz vor der Berufungsverhandlung reichte die Privatklägerin B.
via
ihre Vertreterin eine Desinteresseerklärung betreffend alle Offizialdelikte sowie eine Rückzugserklärung betreffend die Antragsdelikte zu den Akten. Gleichzeitig ersuchte sie um Dispensation von der Berufungsverhandlung, da sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde (Urk. 103 und Urk. 104). Der Privatklägerin wurde daher mit Beschluss vom 10. Mai 2022 die Ladung zur Berufungsverhandlung vom 23. Mai 2022 abgenommen (Urk. 99). Mit Mail vom
19. Mai 2022 reichte sodann auch der Sohn des Beschuldigten, der Privatkläger C. , eine Desinteresseerklärung betreffend die angeklagte versuchte Nötigung zu den Akten (Urk. 108 und 109). Zur Berufungsverhandlung erschienen sodann einzig der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers (Prot. II S. 6).
Der amtliche Verteidiger plädierte an der Berufungsverhandlung einzig hinsichtlich der Vorwürfe der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord und der versuchten Nötigung zum Nachteil des Privatklägers 2 (C. ) (Prot. II S. 8 f.; Urk. 111), da in diesen Punkten in jedem Fall ein materieller Entscheid zu ergehen hat (vgl. dazu auch Urk. 113 S. 6 f.).
Mit Beschluss vom 23. Mai 2022 wurde sodann festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 3. März 2021 teilweise in Rechtskraft erwachsen ist. Das Verfahren betreffend den Vorwurf des mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage im Sinne von Art. 179septies StGB (Dossier 1) wurde infolge Rückzugs des Strafantrags definitiv eingestellt. Das Verfahren betreffend die Anklagepunkte der mehrfachen Drohung (Dossier 1 und 4), der versuchten Nötigung (Dossier 1; zum Nachteil der Privatklägerin 1; B. ) sowie der mehrfachen einfachen Körperverletzung (Dossier 4; betreffend Vorfälle vom September 2017) wurde aufgrund der Desinteresseerklärung der Privatklägerin 1 (B. ) im Sin- ne von Art. 55a StGB für sechs Monate sistiert (Urk. 113).
Innert der mit Beschluss vom 23. Mai 2022 angesetzten sechsmonatigen Frist hat die Privatklägerin 1 ihre Desinteresseerklärung nicht widerrufen, wovon bereits mit Beschluss vom 29. November 2022 Vormerk genommen wurde (Urk. 115). Nachdem sich die Privatklägerin 1 nicht weiter vernehmen liess und entsprechend anzunehmen ist, dass sie keine Einwände gegen die Verfahrenseinstellung hat, ist das Verfahren betreffend die im Sinne von Art. 55a StGB sistierten Anklagepunkte nunmehr definitiv einzustellen.
Materiell zu entscheiden ist folglich einzig über die Vorwürfe der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord und der versuchten Nötigung zum Nachteil des Privatklägers 2. Da der Beschuldigte bzw. die Verteidigung im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 23. Mai 2022 erklärt haben, auf eine mündliche Fortsetzung des Berufungsverfahrens und eine mündliche Urteilseröffnung zu verzichten (Prot. II S. 9), kann das Berufungsverfahren schriftlich fortgesetzt bzw. abgeschlossen werden.
Dossier 1 (Beihilfe zum Selbstmord)
Dem Beschuldigten wird in Anklagepunkt Dossier 1 der Anklageschrift vom
21. Februar 2020 unter dem Titel Beihilfe zu Selbstmord zusammengefasst vorgeworfen, am 30. Dezember 2017 in der gemeinsamen Wohnung seiner Ehefrau, der Privatklägerin 1, gesagt zu haben, wenn sie sich umbringe, würden sich alle Probleme lösen, worauf sich die Privatklägerin ca. 15 Tabletten eines Psychopharmakons und zusätzlich eine unbestimmte Menge Benzodiazepine in den Mund gesteckt habe. Als ca. 5 Tabletten zu Boden gefallen seien, habe der Beschuldigte diese aufgehoben und der Privatklägerin gegeben mit der Aufforderung, sie müsse auch diese schlucken, wenn sie sterben wolle, worauf die Privatklägerin auch diese Tabletten geschluckt habe (Urk. 13/12 S. 2 f.).
Der Beschuldigte hat den Anklagesachverhalt in der Untersuchung bestritten. An der Hauptverhandlung nahm er nicht teil (Prot. I S. 13). Die Vorinstanz hat den Anklagesachverhalt als erstellt erachtet (Urk. 76 S. 25-27).
Der Anklagevorwurf basiert – einzig – auf den belastenden Aussagen der Privatklägerin. Sie wurde in der Untersuchung insgesamt viermal befragt. An der Hauptverhandlung wurde sie nicht befragt (Prot. I S. 13). Im Berufungsverfahren wurde dem entsprechenden Beweisergänzungsantrag zwar zunächst stattgegeben (Urk. 93), nach Erhalt der Desinteresseerklärung der Privatklägerin und ihrer Mitteilung, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen zu wollen, von einer erneuten Einvernahme aber abgesehen (vgl. Urk. 99).
Der Beschuldigte hat sich in der Untersuchung nur einmal zum Tatvorwurf geäussert und dabei ein deliktisches Verhalten bestritten (Urk. 2/2). In zwei weiteren Einvernahmen hat er rundweg die Aussage verweigert (Urk. 2/1 und 2/3). An der Berufungsverhandlung stellte der Beschuldigte ein deliktisches Verhalten seinerseits erneut in Abrede (Urk. 110 S. 10).
Die Verteidigung macht wie schon vor Vorinstanz geltend, die Rückfrage des Polizeibeamten bei Dr. med. D. sei ohne Einräumung von Teilnahme-
rechten erfolgt. Ausserdem habe einerseits keine Entbindung vom Arztgeheimnis
vorgelegen und anderseits sei Dr. D.
vom Polizeibeamten nicht über die
Rechte und Pflichten bei Aussagen belehrt worden. Spätestens die Rückfrage des Polizeibeamten sei zudem nicht mehr vom polizeilichen Ermittlungsverfahren abgedeckt gewesen, weshalb diesbezüglich die prozessualen Belehrungen hätten erfolgen müssen. Aus diesem Grund seien die von Dr. D. gemachten Aussagen sowie alle weiteren darauf gründenden Untersuchungsergebnisse, inklusive die Befragungen der Privatklägerin, absolut unverwertbar (Urk. 111 S. 7).
Am 5. Januar 2018 meldete Dr. D. , Arzt in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, telefonisch bei der Stadtpolizei Zürich, dass seine Patientin (die Privatklägerin 1) gegenüber ihm angegeben habe, in der Vergangenheit vom Ehemann geschlagen worden zu sein. Eine entsprechende Rückfrage des zu-
ständigen Polizeibeamten bei Dr. D.
ergab, dass die Privatklägerin aufgrund eines Versuches der Selbsttötung in die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich gebracht bzw. überwiesen worden sei. Dr. D. gab an, dass die Privatklägerin 1 erzähle, dass ihr Ehemann Beihilfe beim Versuch der Selbsttötung geleistet habe (Urk. 1/1 S. 2).
Gemäss § 15 Abs. 1 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Zürich (GesG ZH) wahren Personen und ihre Hilfspersonen, die einen Beruf des Gesundheitswesen ausüben, Stillschweigen über Geheimnisse, die ihnen infolge ihres Berufs anvertraut worden sind die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben. Sie sind jedoch auch ohne Einwilligung berechtigt, den zuständigen Behörden Wahr- nehmungen zu melden, die auf ein Verbrechen Vergehen gegen Leib und Leben, die öffentliche Gesundheit die sexuelle Integrität schliessen lassen (§ 15 Abs. 4 lit. a GesG ZH). Die Meldung von Dr. med. D. an die Polizei bezüglich der mutmasslichen Beihilfe des Beschuldigten zum Selbstmordversuch der Privatklägerin beruht auf § 15 Abs. 4 lit. a GesG ZH und ist daher in rechtmässiger Weise erfolgt.
Entgegen der Argumentation der Verteidigung bildete die Rückfrage des Polizeibeamten noch Teil des polizeilichen Ermittlungsverfahrens im Sinne von Art. 306 StPO, zumal es sich dabei um eine erste Abklärung handelte, was überhaupt
geschehen sei. Der Tatverdacht betreffend Beihilfe zum Selbstmord entstand denn auch erst aufgrund der Nachfrage des Polizeibeamten, weshalb nicht schon
vorgängig eine Untersuchung hätte eröffnet werden müssen. Dr. D.
war
hierbei – wie ausgeführt – gestützt auf die erwähnte Bestimmung im Gesundheitsgesetz des Kantons Zürich berechtigt, die fraglichen Informationen den Strafverfolgungsbehörden herauszugeben. Eine Beweisaufnahme mit den damit einhergehenden prozessualen Belehrungen und Teilnahmerechten fand in jenem Zeitpunkt hingegen nicht statt, weshalb die von Dr. D. gegenüber der Polizei gemachte Schilderung der Sachlage nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertet werden kann. Eine Unverwertbarkeit der auf diesen Informationen grün- denden weiteren Untersuchungsergebnisse ist indessen nicht zu erkennen, da die von Dr. D. erhaltenen Informationen strafprozessual gültig in das Verfahren eingeführt wurden.
Die Vorinstanz hat die Aussagen der Privatklägerin 1 im angefochtenen Entscheid ausführlich dargestellt: In der ersten und der zweiten ihrer fünf Befragungen hat die Privatklägerin 1 keine den Beschuldigten im massgeblichen Tatvorwurf belastenden Aussagen gemacht (Urk. 3/1 und 3/2). In der dritten Einver- nahme wurde sie nicht dazu befragt (Urk. 3/3). In der vierten (und ersten staatsanwaltschaftlichen) Einvernahme schilderte die Privatklägerin detailliert, der Beschuldigte habe zu ihr gesagt, das Problem könne gelöst werden, wenn er sie umbringe wenn sie sich selbst umbringe. Sie sei in diesem Moment so emotional gewesen, dass sie sich selber habe umbringen wollen. Sie habe ca. 15 Tabletten aus dem Blister genommen, wobei ihre Hände gezittert hätten. Sie habe die Tabletten, die sie in der Hand gehalten habe, alle in den Mund geworfen. Daraufhin seien ca. fünf Tabletten auf den Boden gefallen. Der Beschuldigte habe sie aufgehoben und zu ihr gesagt, wenn sie sterben wolle, müsse sie diese auch nehmen. Daraufhin habe sie auch diese restlichen Tabletten geschluckt. Der Beschuldigte habe nicht versucht, sie von der Einnahme der Tabletten abzuhalten (Urk. 76 mit Verweis auf Urk. 3/4 S. 12-14). In der letzten Einvernahme hat die Privatklägerin diese Schilderung grundsätzlich bestätigt, wobei sie den Ablauf nicht gänzlich deckungsgleich schilderte, zumal sie unter anderem zu Protokoll
gab, der Beschuldigte habe vor der Tabletteneinnahme nichts zu ihr gesagt und lediglich beobachtet (Urk. 3/5 S. 4 ff.).
Der Beschuldigte hat sich wie erwogen bis zur Berufungsverhandlung nur einmal zum Tatvorwurf überhaupt geäussert und dabei behauptet, als er dazu getreten sei, habe die Privatklägerin die Tabletten bereits geschluckt gehabt; er habe gedacht, ihre übliche Dosierung. Als sie ihm auf seine Frage, was los sei, geantwortet habe, sie wolle sterben, habe er sofort den Sohn gerufen, welcher die Ambulanz avisiert habe (Urk. 76 mit Verweis auf Urk. 2/2 S. 5 f.). An der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte schliesslich erneut zu Protokoll, nicht gesehen zu haben, wie die Privatklägerin die Tabletten eingenommen habe. Sie habe es ihm erst nach der Einnahme, als sie auf einem Sessel gesessen sei, mitgeteilt. Da sich die Privatklägerin dabei seltsam verhalten habe, habe er den – einwandfrei Deutsch sprechenden – Sohn geweckt und diesen aufgefordert, die Ambulanz zu alarmieren (Urk. 110 S. 10).
1.7 Kein gutes Licht auf die Aussagen der Privatklägerin wirft vorab der Umstand, dass sie in der Vergangenheit bereits schwere Vorwürfe zum Nachteil ihres ehemaligen Arbeitskollegen, E. E'. , erhoben hat, das Strafverfahren in der Folge aber nach Abgabe einer Desinteresseerklärung und der Mitteilung der Privatklägerin, vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen zu wollen, eingestellt werden musste. Die Privatklägerin zeigte in jenem Verfahren E. zunächst bei der Polizei an und warf ihm unter anderem mehrfache (teilweise versuchte) Vergewaltigung vor. Nach Eröffnung der Untersuchung und Durchführung einiger Einvernahmen reichte die Privatklägerin der Staatsanwaltschaft eine Vereinbarung ein, die sie mit E. geschlossen hatte. Darin stellte die Privatklägerin den Strafverfolgungsbehörden in Aussicht, dass sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Zugleich zog sie sämtliche gegen E. gestellten Strafanträge zurück und erklärte ihr Desinteresse an einer weiteren Strafverfolgung. In der Folge stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung mit Verfügung vom 17. September 2018 ein (vgl. Urk. 35A). Unbekannt ist, was die Privatklägerin damals zu dieser Desinteresseerklärung bewogen hat. Es besteht aber zumindest die Möglichkeit, dass sie E. damals zu Unrecht der
Vergewaltigung bezichtigt haben könnte. So räumte die Privatklägerin in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 24. April 2019 ein, mit E. eine sexuelle Beziehung geführt zu haben. Direkte Rückschlüsse auf das vorliegende Verfahren können daraus zwar nicht gezogen werden, eine gewisse Analogie zum Verhalten im vorliegenden Fall ist indessen ohne Weiteres zu erkennen, weshalb ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtig ist.
Die Schilderungen der Privatklägerin erscheinen zwar im Grundsatz detailliert, doch finden sich an verschiedenen Stellen auch Ungenauigkeiten und Widersprüche. So erwähnte sie in der ersten polizeilichen Einvernahme noch nichts von einer Verleitung Beihilfe zum Selbstmord. Vielmehr gab sie zu Protokoll, der Beschuldigte habe ihr die Tabletten sogar weggenommen (Urk. 3/2 Frage 15). Erst in späteren Einvernahmen will sie sich erinnert haben, dass der Beschuldigte ihr jene Tabletten gereicht habe, die zuvor zu Boden gefallen seien. Dieses Aussageverhalten weckt bereits gewisse Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen. Es mag hierbei zutreffen, wenn die Vorinstanz erwägt, die Nichterwähnung der Selbstmordbeihilfe in den ersten beiden Einvernahmen könne auch auf den Zwiespalt der Privatklägerin zurückgeführt werden, welche dem Beschuldigten wegen den gemeinsamen Kindern nochmals eine Chance habe geben wollen (Urk. 3/2 Frage 14) und gleichzeitig irgendwie schon gewollt habe, dass er bestraft werde (Urk. 3/2 Frage 45; Urk. 76 S. 26). Gewisse Zweifel am Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen werden aber angesichts des geschilderten Aussageverhaltens trotzdem geweckt, zumal eine Beihilfe zum Selbstmord für die Privatklägerin traumatisch gewesen sein müsste, weshalb eine zeitnahe belastende Aussage bei den Strafverfolgungsbehörde zumindest nahe liegen würde.
Unabhängig vom dargelegten Aussageverhalten in den ersten beiden Einver- nahmen konnte die Privatklägerin auch in den späteren Befragungen, in welchen sie von der Beihilfe zum Selbstmord berichtet hatte, das Kerngeschehen nicht deckungsgleich schildern. So gab sie in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 24. April 2019 zu Protokoll, der Beschuldigte habe vor der Tablettenein- nahme nichts gesagt und einfach nur beobachtet (Urk. 3/5 Frage 21 ff.), was im Widerspruch zu ihrer vorherigen Darstellung in der Einvernahme vom 23. Mai
2018 steht, wonach der Beschuldigte gewisse zu Boden gefallene Tabletten aufgehoben, ihr gegeben und dabei gesagt habe wenn du sterben möchtest, musst du diese auch noch nehmen (Urk. 3/4 Frage 50). Entsprechend ist festzuhalten, dass die Privatklägerin auch hinsichtlich des eigentlichen Kerngeschehens keine konstanten und in sich stimmigen Aussagen machen konnte.
Diese Widersprüche konnte die Privatklägerin im Berufungsverfahren schliesslich nicht ausräumen, da sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte und entsprechend nicht erneut einvernommen werden konnte. Dementsprechend hat sie auch die Belastungen nicht wiederholt.
Mit der Vorinstanz sind zwar keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Privatklägerin den Beschuldigten gegenüber Dr. D. hätte absichtlich falsch belasten wollen (vgl. Urk. 76 S. 26). Daraus kann indessen noch nicht geschlossen wer- den, dass sich der Sachverhalt so wie in der Anklageschrift umschrieben abgespielt hat. Die Mitteilung der Privatklägerin an Dr. D. , ihr Ehemann habe ihr beim Versuch der Selbsttötung Beihilfe geleistet, kann sehr unterschiedlich verstanden werden und dient vorliegend einzig als Ausgangspunkt für die Untersuchung, nicht aber als eigentliches Beweismittel.
Die Privatklägerin klagte in ihren Befragungen mehrfach über ihr unglückliches Eheleben. Zum angeklagten Vorfall führte sie dann aus, dass Sie im Streit so emotional gewesen sei, dass sie sich habe umbringen wollen (Urk. 3/4 S. 12). Als Sie gemerkt habe, dass der Beschuldigte nicht auf sie hören wolle, habe sie die Tabletten genommen, die sie in der Hand gehabt habe, und alle in den Mund geworfen (Urk. 3/4 Antworten 49 und 50). Inwiefern der Umstand, dass der Beschuldigte ihr danach noch zwei heruntergefallene Tabletten aufhob und mit den Worten, die solle sie auch noch nehmen, wenn sie sich umbringen wolle, kausal für ihren vorgefassten Entschluss war, ist nicht ersichtlich. Kommt hinzu, dass bei solch heftigen emotionalen Ehestreitigkeiten nicht alle Worte auf die Goldwaage gelegt werden können.
Im Übrigen wäre ohnehin fraglich, ob mit der angeklagten Menge von 1000 Gramm Quetiapin überhaupt eine relevante Beihilfe zu einem Selbstmord hätte
geleistet werden können, zumal die Dosierung gemäss online abrufbarer Arzneimittelinformation von Swissmedic auf bis zu 800 Gramm pro Tag gesteigert werden darf ( www.swissmedicinfo.ch Information zu Seroquel; abgerufen am
31. Januar 2023). Die vorliegende Dosierung von 1000 Gramm erscheint vor diesem Hintergrund noch nicht derart übersetzt, dass mit dem Todeseintritt zwingend gerechnet werden musste.
In einer Gesamtbetrachtung verbleiben damit gewichtige Zweifel am Anklagesachverhalt, weshalb dieser dem Grundsatz in dubio pro reo folgend als nicht erstellt zu gelten hat. Der Beschuldigte ist entsprechend vom Vorwurf der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord im Sinne von Art. 115 StGB freizusprechen.
Dossier 2 (Versuchte Nötigung zum Nachteil des Privatklägers 2)
Unter Anklagepunkt Dossier 2 wird dem Beschuldigten weiter vorgeworfen, er habe dem Privatkläger 2, seinem damals 14 Jahre alten Sohn C. , gedroht, er werde ihn umbringen schlagen, wenn er den Schrank nicht aufräume. Der Privatkläger habe die Polizei gerufen, den Schrank jedoch nicht aufgeräumt (Urk. 13/12 S. 5).
Der Privatkläger hat in seiner polizeilichen Einvernahme mehrfach und ausdrücklich ausgesagt, der Beschuldigte habe ihm gedroht, ihn zu schlagen und umzubringen, weswegen er Angst bekommen habe (Urk. D2/2/1). Als Auskunftsperson bestätigte er, der Beschuldigte habe ihn bedroht, ihn zu schlagen umzubringen, respektive kaputt zu schlagen. Er bestätigte auch, sich gefürchtet und deswegen die Polizei gerufen zu haben (Urk. D2/2/3 S. 6 und S. 10).
Diese Schilderungen wirken erlebt und sind entsprechend entgegen der Argumentation der Verteidigung (Urk. 61 S. 24 f.; Urk. 111 S. 16) glaubhaft. Die Darstellung des Beschuldigten, er habe dem Privatkläger lediglich TVoder Computerverbot angedroht (vgl. Urk. 110 S. 12), ist eine offensichtliche beschönigende Schutzbehauptung. Der Anklagevorwurf ist mit der Vorinstanz erstellt.
Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist korrekt und zu übernehmen (Urk. 76 S. 49). Der Einwand der Verteidigung, dem Beschuldigten hätte ein elter-
liches Züchtigungsrecht zugestanden (Urk. 61 S. 25; Urk. 111 S. 16), ist vor dem erstellten Hintergrund, dass der Beschuldigte dem Privatkläger androhte, ihn tot zu schlagen, unbehelflich.
Der angefochtene Schuldspruch der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB ist zu bestätigen.
Die Vorinstanz hat den Beschuldigten in Abgeltung sämtlicher damals zu beurteilenden Verbrechen und Vergehen mit einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten bestraft (Urk. 76 S. 75). Die Verteidigung hat zu einem allfälligen Strafmass sowohl im Hauptals auch im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt (Urk. 61; Urk. 78; Urk. 111).
Die Vorinstanz hat zutreffende theoretische Erwägungen zur Strafzumessung angestellt, worauf vorab zu verweisen ist (Urk. 76 S. 54 ff.). Der Strafrahmen einer Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe.
Der Beschuldigte beging die Nötigung zum Nachteil des Privatklägers 2 mittels einer mündlich geäusserten Todesdrohung. Das angedrohte Übel bestand damit in der Tötung des Privatklägers, was als gravierend zu qualifizieren ist. Gleichwohl erscheint eine durch eine mündliche Äusserung begangene Nötigung im Rahmen aller denkbaren Tatvarianten noch nicht als besonders schwerwiegend. Das verfolgte Ziel, den Privatkläger 2 zum Aufräumen seines Schrankes zu veranlassen, erscheint zudem grundsätzlich legitim. Die Vorgehensweise des Beschuldigten gegen seinen eigenen Sohn war indessen völlig unangemessen. Letztlich blieb es bei einem Versuch, da der Privatkläger 2 seinen Schrank nicht aufgeräumt und stattdessen die Polizei verständigt hat, was sich strafmindernd auswirkt.
In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich handelte. Ein planmässiges Vorgehen ist nicht zu erkennen, da der Beschuldigte die Todesdrohung und die damit verbundene Nötigung aus einer Streitsituation
heraus und aus Ärger über den unaufgeräumten Schrank des Privatklägers 2 ge- äussert hat. Insgesamt erscheint das Tatverschulden als noch leicht. Die Strafe ist daher im untersten Drittel des Strafrahmens festzusetzen, wobei eine Strafe von 100 Tagessätzen Geldstrafe angemessen erscheint. Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe erweist sich hierbei nicht als notwendig, da der Beschuldigte nicht vorbestraft ist (Urk. 122) und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, welche eine Geldstrafe von vornherein als nicht ausreichend abschreckend erscheinen liesse.
Es ist demnach eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen festzusetzen.
Zur Täterkomponente hat die Vorinstanz den Werdegang und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten angeführt (Urk. 76 S. 61 f.). An der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, als Chauffeur für leichte Kraftwagen zu arbeiten und monatlich Fr. 4'500.– zzgl. 13. Monatslohn brutto zu verdie- nen (Urk. 110 S. 5). Mit Eingabe vom 7. Dezember 2022 aktualisierte der Beschuldigte schliesslich, dass er aufgrund einer Änderungskündigung nunmehr im Stundenlohn angestellt sei und gegenüber den Angaben anlässlich der Berufungsverhandlung ein leicht tieferes Einkommen erziele (Urk. 117; vgl. auch Urk. 119/1). Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten wiegen strafzumessungsneutral. Eine gesteigerte Strafempfindlichkeit weist er nicht auf. Ebenso strafzumessungsneutral wiegen das Nachtatverhalten sowie die Vorstrafenlosigkeit des Beschuldigten (Urk. 122).
Somit führt die Beurteilung der Täterkomponente weder zu einer Erhöhung noch zu einer Senkung der nach der Beurteilung der Tatkomponente bemesse- nen Einsatzstrafe. Die Höhe des Tagessatzes ist unter Berücksichtigung des Einkommens des Beschuldigten von ca. Fr. 4'500.– (bzw. des derzeit variierenden leicht tieferen Einkommens) sowie angesichts der im Übrigen knappen finanziellen Verhältnisse auf Fr. 40.– festzusetzen.
Der Beschuldigte ist demnach mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à Fr. 40.– zu bestrafen.
Der Anrechnung der erstandenen Haft von 94 Tagen steht nichts entgegen (Art. 51 StGB).
2. Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten als Ersttäter für die Freiheitsstrafe den teilbedingten Strafvollzug unter Ansetzung der gesetzlich minimalen Probezeit von 2 Jahren gewährt (Urk. 76 S. 63; Art. 43 StGB; Art. 44 Abs. 1 StGB). Daran ist schon aus prozessualen Gründen nichts zu ändern (Art. 391 Abs. 2 StPO), wobei angesichts der neu auszusprechenden Sanktion der Vollzug der Geldstrafe vollumfänglich aufzuschieben ist.
Die Vorinstanz hat den Beschuldigten verpflichtet, der Privatklägerin 1 Schadenersatz in der Höhe von Fr. 1'595.50 nebst Zins zu bezahlen und ihr konkretes Schadenersatzbegehren im Mehrbetrag auf den Zivilprozessweg verwiesen. Ferner wurde ihr Schadenersatzanspruch dem Grundsatz nach festgestellt (Urk. 76 S. 64-70). Dies wird im Übrigen seitens des Beschuldigten im Berufungswie bereits im Hauptverfahren einzig im Grundsatz, als Folge des Antrags auf Freispruch, nicht jedoch substantiiert bestritten (Urk. 61; Urk. 78; Urk. 111). Nachdem die Privatklägerin 1 indes nunmehr ihr Desinteresse hinsichtlich aller Delikte mitgeteilt hat, ist die Forderung vollumfänglich auf den Zivilweg zu verweisen.
Die Vorinstanz hat den Beschuldigten weiter zur Bezahlung einer Genugtuung von Fr. 8'000.-an die Privatklägerin 1 verpflichtet, wobei die Forderung im Mehrbetrag abgewiesen wurde (Urk. 76 S. 70-72). Durch die Desinteresseerklärung der Privatklägerin 1 ist die Genugtuungsforderung als zurückgezogen zu betrachten. Hiervon ist Vormerk zu nehmen.
Die Vorinstanz hat schliesslich den Beschuldigten verpflichtet, dem Privatkläger 2, seinem Sohn C. , eine Genugtuung von Fr. 800.-- nebst Zins zu bezahlen, unter Abweisung der Forderung im Mehrbetrag (Urk. 76 S. 72). Infolge der Desinteresseerklärung des Privatklägers 2 ist auch seine Genugtuungsforderung als zurückgezogen zu betrachten. Hiervon ist ebenfalls Vormerk zu nehmen.
Untersuchung und erstinstanzliches Verfahren
Aufgrund der Einstellungen, welche Freisprüchen gleichkommen (vgl. Art. 320 Abs. 4 StPO), sind die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens zu 4/5 auf die Gerichtskasse zu nehmen und im Übrigen (1/5) dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind entsprechend im Umfang von 1/5 einstweilen und im Übrigen definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin 1 werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen, zumal der Beschuldigte in der die Privatklägerin 1 betreffenden Dossiers vollumfänglich freigesprochen wird bzw. die Verfahren eingestellt werden. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 sind demgegenüber nur einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, da hinsichtlich des den Privatkläger 2 betreffenden Dossiers ein Schuldspruch erfolgt. Vorzubehalten ist eine Rückforderung im Umfang von 1/5 betreffend die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie vollumfänglich betreffend die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 gestützt auf Art. 135 Abs. 4 und Art. 138 Abs. 1 StPO.
Berufungsverfahren
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf CHF 3'000.– festzusetzen (Art. 424 Abs. 1 StPO i.V.m. § 16 Abs. 1 und § 14 GebV OG).
Im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte obsiegt im Berufungsverfahren ungefähr im Umfang von 4/5, weshalb die Kosten in diesem Umfang auf die Gerichtskasse zu nehmen und im Übrigen (1/5) dem Beschuldigten aufzuerlegen sind.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind in Höhe von Fr. 9'391.95 ausgewiesen (Urk. 121 und 124) und erscheinen angemessen. Die unentgeltliche Rechtsvertreterin der Privatklägerin 1 hat bereits mit Eingabe vom 11. Mai 2022 ihre Honorarnote eingereicht hat (Urk. 102), wobei angesichts des Umstands, dass sie in der Folge weder an der Berufungsverhandlung teilgenommen noch ei- ne weitere Eingabe eingereicht hat, davon auszugehen ist, dass damit bereits sämtliche Aufwendungen geltend gemacht wurden. Ihr ist eine Entschädigung in Höhe von Fr.1'598.45 aus der Gerichtskasse auszurichten. Die Vertreterin des Privatklägers 2 machte ebenfalls bereits vor der Berufungsverhandlung mit Honorarnote vom 18. Mai 2022 eine Entschädigung in Höhe von Fr. 1'106.90 geltend (Urk. 107), wobei aufgrund des Umstands, dass auch sie weder an der Berufungsverhandlung teilgenommen noch eine weitere Eingabe eingereicht hat, davon auszugehen ist, dass damit bereits sämtliche Aufwendungen geltend gemacht wurden. Es ist ihr daher eine Entschädigung in dieser Höhe zuzusprechen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertreter der Privatkläger im Berufungsverfahren sind analog zur Regelung betreffend die Kosten in der Untersuchung und im erstinstanzlichen Verfahren zu verlegen (vgl. vorstehend Erw. V.1.2).
Es wird erkannt:
Das Verfahren betreffend die folgenden Anklagepunkte wird definitiv eingestellt:
mehrfache Drohung im Sinne im Sinne von Art. 180 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a StGB (Dossier 1 und 4)
versuchte Nötigung im Sinne von Art. 181 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 1; zum Nachteil der Privatklägerin B. ) sowie
mehrfache einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 4 StGB (Dossier 4; betreffend Vorfälle vom
September 2017).
Vom Vorwurf der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord im Sinne von Art. 115 StGB (Dossier 1) wird der Beschuldigte freigesprochen.
Der Beschuldigte ist schuldig der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB (Dossier 2; zum Nachteil des Privatklägers 2, C. ).
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à Fr. 40.–, wovon 94 Tage durch Haft abgegolten sind.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin 1, B. , wird auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Es wird davon Vormerk genommen, dass die Privatklägerin 1, B. , ihr Genugtuungsbegehren zurückgezogen hat.
Es wird davon Vormerk genommen, dass der Privatkläger 2, C. , sein Genugtuungsbegehren zurückgezogen hat.
Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens werden – mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft – dem Beschuldigten zu 1/5 auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden im Umfang von 1/5 einstweilen und im Übrigen definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin 1 werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.
Vorbehalten bleibt eine Rückforderung im Umfang von 1/5 betreffend die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie vollumfänglich betreffend die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 gestützt auf Art. 135 Abs. 4 und Art. 138 Abs. 1 StPO.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.-- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 9'391.95 amtliche Verteidigung
Fr. 1'598.45 unentgeltliche Vertretung Privatklägerin 1
(RAin Y1. )
Fr. 1'106.90 unentgeltliche Vertretung Privatkläger 2
(RAin Y2. )
Die Kosten des Berufungsverfahrens – mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft – werden dem Beschuldigten zu 1/5 auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden im Umfang von 1/5 einstweilen und im Übrigen definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin 1 werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.
Vorbehalten bleibt eine Rückforderung im Umfang von 1/5 betreffend die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie vollumfänglich betreffend die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers 2 gestützt auf Art. 135 Abs. 4 und Art. 138 Abs. 1 StPO.
Schriftliche Mitteilung als begründetes Urteil an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten;
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl;
Rechtsanwältin lic. iur. R. Y1. im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin 1;
Rechtsanwältin lic. iur. C. Y2. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 2;
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 31. Januar 2023
Der Präsident:
lic. iur. B. Gut
Der Gerichtsschreiber:
MLaw L. Zanetti
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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