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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB210056
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210056 vom 22.04.2022 (ZH)
Datum:22.04.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Qualifizierter Raubversuch
Schlagwörter : Privatkläger; Schuldig; Beschuldigte; Täter; Beschuldigten; Privatklägers; Aussage; Motorsäge; Recht; Verfahren; Aussagen; Habe; Verletzung; Gebäude; Verteidigung; Vorinstanz; Zungen; Person; Berufung; Akten; Kanton; Vater; Recht; Gutachten; Kantons; Urteil; Opfer; Kette; Darstellung
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 139 StGB ; Art. 164 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 307 StGB ; Art. 318 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 40 StGB ; Art. 405 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 48a StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 84 StPO ;
Referenz BGE:121 IV 49; 129 I 49; 129 IV 179; 133 I 33; 133 IV 207; 136 IV 55; 137 IV 113;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210056-O/U/cs

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, und lic. iur. Spiess, Ober- richterin lic. iur. Schärer sowie Gerichtsschreiberin MLaw Brülisauer

Urteil vom 22. April 2022

in Sachen

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, durch Staatsanwalt lic. iur. Knauss,

Anklägerin und Erstberufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und Zweitberufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. , betreffend qualifizierter Raubversuch

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, I. Abteilung, vom 12. November 2020 (DG200001)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 5. März 2020 (Urk. 19) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig des qualifizierten Raubversuchs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 140 Ziff. 4 StGB und Art. 22 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 8 Jah- ren, wovon bis und mit heute 744 Tage durch Haft erstanden sind.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  4. Sämtliche unter der Geschäfts-Nr. 33373170 der Kantonspolizei Zürich be- schlagnahmten bzw. sichergestellten Asservate, Spuren und Spurenträger werden, soweit noch vorhanden, nach Eintritt der Rechtskraft definitiv einge- zogen und der Kantonspolizei Zürich, Asservate-Triage, zur Vernichtung oder anderer gutscheinender Verwendung überlassen.

  5. Es wird die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes angeordnet. Die Kantonspoli- zei Zürich wird mit dem Vollzug beauftragt.

  6. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber dem Privatkläger aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Umfanges des Schadenersatzanspruches wird der Privatkläger auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  7. Die Entschädigung von Rechtsanwalt lic. iur. X. für die amtliche Ver- teidigung des Beschuldigten wird auf Fr. 39'261.45 festgesetzt. Fr. 18'632.55 wurden dem amtlichen Verteidiger bereits als Akontozahlung ausbezahlt, womit ein noch zu entschädigender Betrag von Fr. 20'628.90 verbleibt.

  8. Es wird davon Vormerk genommen, dass Rechtsanwalt lic. iur. Y1. für die (vormals) unentgeltliche Vertretung des Privatklägers mit Fr. 4'129.40 entschädigt wurde.

  9. Die Entschädigung von Rechtsanwältin lic. iur. Y2. für die unentgeltli- che Vertretung des Privatklägers wird auf Fr. 4'683.65 festgesetzt.

  10. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 6'000.00; die weiteren Verfahrenskosten betragen: Fr. 6'000.00 Gebühr für das Vorverfahren

    Fr. 2'200.00 Kosten für die Beschwerdeverfahren (gem. Beschluss vom 17.01.2019 und vom 28.05.2019 des OG des Kantons ZH)

    Fr. 8'355.95 Gutachten

    Fr. 1'398.75 Dolmetscherkosten

    Fr. 39'261.45 Entschädigung amtlicher Verteidiger (RA X. )

    Fr. 4'129.40 Entschädigung (erster) unentgeltlicher Vertreter des Privat- klägers (RA Y1. )

    Fr. 4'683.65 Entschädigung unentgeltliche Vertreterin des Privatklägers (RAin Y2. )

    Fr. 69'422.85 Total

  11. Die Kosten und Gebühren des Vorverfahrens und des gerichtlichen Verfah- rens (exklusiv der Dolmetscherkosten) werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretungen des Privatklägers werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Vorbehalten bleibt die Verpflichtung des Beschuldigten, dem Kanton diese Entschädigungen zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhält- nisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 426 Abs. 4 StPO).

Berufungsanträge:

  1. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich: (Urk. 98 S. 1)

    1. Es sei der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren zu be- strafen.

    2. Im Übrigen sei das Urteil der Vorinstanz zu bestätigen, insbesondere sei die Berufung des Beschuldigten abzuweisen.

    3. Es seien die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschuldigten auf- zuerlegen.

    4. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsbeiständin des Privatklägers seien unter Rückforderungsvorbe- halt auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 99 S. 1 i.V.m. Urk. 73 S. 9)

    1. A. sei vollumfänglich freizusprechen.

    2. Es sei keine Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA- Profils anzuordnen.

    3. Die Schadenersatz-Feststellungsklage des Privatklägers sei abzuwei- sen.

    4. A. sei eine angemessene Genugtuung für die ungerechtfertigt er- littene Haft sowie eine angemessene Entschädigung für seine wirt- schaftlichen Einbussen zuzusprechen.

    5. Die Kosten der Untersuchung, des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.

      Erwägungen:

      1. Verfahrensgang

1. Das Bezirksgericht L. sprach den Beschuldigten mit Urteil vom

12. November 2020 des qualifizierten Raubversuchs schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren. Ferner entschied es über diverse Neben- folgen des Verfahrens einschliesslich der Schadenersatzansprüche des Privatklä- gers und der Kostenfolgen (Urk. 69 S. 83 f.). Die Einzelheiten des Urteils (in der berichtigten Fassung) können dem Ingress dieses Entscheides entnommen wer- den.

  1. Gegen den am 18. November 2020 mündlich eröffneten (Prot. I S. 29 ff.) und am 19. November 2020 schriftlich berichtigten Entscheid (Prot. I S. 35 ff.; Urk. 58/1-4) liessen die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom 20. November 2020 und der Beschuldigte mit solcher vom 27. November 2020 rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 59; Urk. 60; Art. 399 Abs. 1 StPO). Mit Beschluss vom 13. Januar 2021 bewilligte die Vorinstanz dem Beschuldigten den vorzeitigen Strafantritt un- ter anderem unter gleichzeitiger Anordnung eines Kontaktverbots zu B. (Urk. 66; vgl. auch Urk. 74 f.). Am 25./26. Januar 2021 versandte die Vorinstanz das begründete Urteil an die Parteien (vgl. Urk. 68/1-3) und übermittelte in der

    Folge die Berufungsanmeldungen zusammen mit den Akten dem Obergericht. Die Staatsanwaltschaft reichte der erkennenden Kammer am 28. Januar 2021 recht- zeitig ihre schriftliche Berufungserklärung mit dem Antrag auf Erhöhung der Strafe ein (Urk. 70; Art. 399 Abs. 3 StPO). Die schriftliche Berufungserklärung des Beschuldigten erfolgte am 15. Februar 2021 ebenfalls rechtzeitig mit dem Hauptan- trag auf Rückweisung des Verfahrens an die Vorinstanz zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mit neuer Besetzung des Gerichts zufolge Anscheins der Befangenheit des vorinstanzlichen Gerichtspräsidenten und dem Eventualan- trag auf Freispruch unter entsprechender Regelung der Nebenfolgen. Ferner stell- te der Beschuldigte Beweisanträge (Urk. 73; Art. 399 Abs. 3 StPO). Anschlussbe- rufungen wurden keine erhoben (vgl. Urk. 76-78).

    1. Nach einstweiliger Abweisung des Beweisantrags des Beschuldigten auf Beizug der Audiodatei der vorinstanzlichen Hauptverhandlung sowie nach Einho- lung einer Stellungnahme des vorinstanzlichen Gerichtspräsidenten zum Aus- standsbegehren des Beschuldigten (Urk. 80, Urk. 82) und der Parteien zu dieser (Urk. 83; Urk. 86) wies die Kammer mit Beschluss vom 1. September 2021 das Ausstandsbegehren gegen den vorinstanzlichen Gerichtspräsidenten ab, soweit sie darauf eintrat (Urk. 87; Urk. 88/1-4). Bundesrechtliche Beschwerde gegen die- sen Entscheid wurde nicht erhoben.

    2. Mit Präsidialverfügung vom 5. Oktober 2021 wurden die Beweisanträge des Beschuldigten auf Befragung von B. , C. und lic. phil. D. sowie auf den Beizug von Akten des KJPD betreffend B. und der Videobefragung des Letzteren vom 25. Februar 2003 (Urk. 73 S. 10 ff.) einstweilen abgewiesen

      (Urk. 89).

  2. Die Berufungsverhandlung fand heute in Anwesenheit des Vertreters der Staatsanwaltschaft sowie des Beschuldigten und seines amtlichen Verteidigers statt (Prot. II. S. 7).

II. Prozessuales

  1. Der Beschuldigte beantragt im Berufungsverfahren im Eventualstandpunkt einen Freispruch, den Verzicht auf die Abnahme einer DNA-Probe und die Erstel- lung eines DNA-Profils, die Abweisung der Schadenersatzklage des Privatklä- gers, die Zusprechung einer Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft sowie für seine wirtschaftlichen Einbussen und die Übernahme der Kosten des gesamten Verfahrens auf die Staatskasse (Urk. 73 S. 9; Urk. 99 S. 1). Sein Rechtsmittel richtet sich demgemäss gegen die Dispositivziffern 1 (Schuldspruch), 2 und

    3 (Sanktion), 5 (DNA-Probe, DNA-Profil), 6 (Zivilanspruch) sowie 11 (Kostenauf- lage) des vorinstanzlichen Entscheids in der berichtigten Fassung. Die Berufung der Staatsanwaltschaft zielt auf eine Erhöhung der Freiheitsstrafe gemäss den sachlich zusammenhängenden Dispositivziffern 2 und 3 (Urk. 70; Urk. 98 S. 1). In Rechtskraft erwachsen ist das vorinstanzliche Urteil vom 12. November 2020 in

    der berichtigten Fassung vom 19. November 2020 folglich hinsichtlich der Dispo- sitivziffern 4 (Verwendung von Asservaten), 7 (Entschädigung amtliche Verteidi- gung), 8 und 9 (Entschädigung unentgeltliche Vertretung des Privatklägers) und 10 (Kostenfestsetzung), was vorab mittels Beschluss festzustellen ist.

  2. Anlässlich der Berufungsverhandlung erneuerte der Beschuldigte die bereits in seiner Berufungserklärung gestellten Beweisanträge und erweiterte diese

    (Urk. 96; Prot. II S. 20). Der Beschuldigte beantragt zunächst die Aktennahme der Plädoyer-Beilagen 1-2 sowie die Befragung von B. durch das Berufungsge- richt. Letzteres begründet er damit, dass der Anklagevorwurf ausschliesslich auf den Behauptungen des Beschuldigten beruhte. Das Berufungsgericht habe sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen und den Beschuldigten praxisge- mäss gerichtlich zu befragen (Urk. 73 S. 10; Urk. 96 S. 1 f.). Ferner beantragt er mit Blick auf die Beurteilung der gemäss seiner Auffassung nicht gegebenen Glaubwürdigkeit von B. die Einvernahme seiner Mutter, C. , und von lic. phil. D. durch das Berufungsgericht (Urk. 73 S. 10 ff.; Urk. 96 S. 1 f.), den Beizug der Akten des KJPD E. inkl. Abklärungs- und Behandlungsdos- sier von lic. phil. D. und der Videobefragung von B. vom 25. Februar 2003. Die Beweismittel sollen zeigen, dass der Darstellung der innerfamiliären Verhältnisse durch B. einschliesslich seiner Behauptung, seine Mutter habe ihn dazu angestiftet, seinen leiblichen Vater tatsachenwidrig sexueller Übergriffe zu beschuldigen, nicht zu trauen sei, und es sich bei seinem Stiefsohn um einen notorischen Lügner handle (Urk. 73 S. 10 ff.; Urk. 96 S. 1; vgl. auch Urk. 14/5; Urk. 14/6 S. 3). Ferner stellte er erstmals den Beweisantrag, es sei aufgrund des- sen, dass bei B. mutmasslich eine psychische Störung vorliege, dessen ambulante forensisch-psychiatrische Begutachtung anzuordnen, da sich ansons- ten eine ernsthaft in Betracht zu ziehende Lügenhypothese nicht überprüfen las- se, und nach Feststellung der psychiatrischen Diagnosen sei ein aussagepsycho- logisches Gutachten zu dessen Aussagen einzuholen (Urk. 96 S. 2-4; vgl. auch Urk. 99 S. 7 f.). Schliesslich beantragte er erstmals den Beizug der vollständigen Akten des Betäubungsmittelstrafverfahrens zur Aktion CHEF zur Überprüfung der Annahme, dass B. nicht gewusst habe, dass das Fahrzeug seines Freundes überwacht werde (Urk. 96 S. 4 f.; vgl. auch Urk. 99 S. 15), sowie die

    Ergänzung des IRM-Gutachtens vom 22. September 2008 hinsichtlich der Frage, ob die Verletzung des Privatklägers an der linken Hohlhand zwingend durch eine rotierende Sägekette verursacht worden sei oder auch – wie im IRM-Gutachten angedeutet – als aktive Abwehrverletzung gedeutet werden könne, wie sie beim Hineingreifen in eine nicht rotierende Sägekette entstehen könnte. Mit der bean- tragten Gutachtensergänzung würde nicht nur die Lebensgefahr noch klarer ver- neint werden müssen, auch die diesbezüglichen Aussagen von B. würden dadurch noch deutlicher widerlegt werden (Urk. 96 S. 5 f.).

    1. Beweisanträge dürfen abgelehnt werden, wenn damit die Beweiserhebung über Tatsachen verlangt wird, die unerheblich, offenkundig, bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind (vgl. Art. 318 Abs. 2 StPO). Die zum Plädoyer zu- gehörigen Beilagen wurden antragsgemäss zu den Akten genommen (Urk. 96

      S. 1; Urk. 97/1-2). Darüber hinaus ist auf die vom Beschuldigten beantragten Be- weisergänzungen zu verzichten.

    2. Das Berufungsverfahren setzt das Strafverfahren fort und richtet sich nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche Hauptverhandlung (Art. 405 Abs. 1 StPO). Es knüpft an die bereits erfolgten Verfahrenshandlungen, namentlich die bereits durchgeführten Beweiserhebungen, an. Gemäss Art. 389 Abs. 1

      StPO beruht das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind, so- weit diese prozesskonform erhoben wurden und die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung durch das Berufungsgericht nicht notwendig erscheint. B. wurde im Vorverfahren (mit Videoaufzeichnung; Urk. 6/1) und ein weiteres Mal durch die Vorinstanz einvernommen. Die Einvernahme vor Vo- rinstanz bezog sich sowohl auf die anklagegegenständliche Tat als auch auf die innerfamiliären Verhältnisse, einschliesslich seines eigenen Verhal- tens/Charakters, und fiel sehr ausführlich aus (Urk. 48). Die Aussagen widerspre- chen in wesentlichen Teilen denjenigen des Beschuldigten und von C. , was allerdings kein Grund für eine erneute Befragung von B. ist. Vielmehr sind seine Aussagen, wie diejenigen des Beschuldigten und von C. , unter Mitbe- rücksichtigung der weiteren Beweismittel, die es zu den innerfamiliären Verhältnissen und zur Tat selber gibt, zu würdigen. Vom unmittelbaren Eindruck der Aussage von B. im Berufungsverfahren hängt diese Würdigung nicht ab. Sinngemäss das Gleiche gilt für die weiteren beantragten Einvernahmen.

      C. , die Ehefrau des Beschuldigten und Mutter von B. , wurde bereits im Vorverfahren zweimal als Zeugin zu den familiären Verhältnissen einvernom- men (Urk. 7/2; Urk. 7/3). Dass C. ihre Darstellung wieder bestätigen würde, ist anzunehmen. Ein eigentlicher Erkenntnisgewinn ist durch eine weitere Einver- nahme in der Sache nicht zu erwarten. Die Würdigung der Aussagen hängt auch nicht vom persönlichen Eindruck ab, den die Zeugin in der Einvernahme vor Beru- fungsgericht machen würde. Dass lic. phil. D. und die involvierten Behörden B. glaubten, als er davon berichtete, er sei von seinem leiblichen Vater se- xuell missbraucht worden, also von einer aus damaliger Sicht grundsätzlich glaubhaften Darstellung auszugehen ist, ist aufgrund der vorliegenden Akten er- stellt. Gleiches gilt für selbstverletzendes Verhalten von B. . Beweisergän- zungen erübrigen sich daher auch insoweit.

    3. Zum Antrag auf forensisch-psychiatrische Begutachtung von B. und anschliessender Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens zu dessen Aussagen ist festzuhalten, dass nach der Praxis des Bundesgerichtes die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Beweisaussagen primär Sache der Gerichte ist (BGE 129 I 49 E. 4.). Zu prüfen ist, ob die Aussagen verständlich, zusammenhängend und glaubhaft sind. Ebenso ist abzuklären, ob sie mit den weiteren Beweisen im Ein- klang stehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_653/2016 vom 19. Januar 2017 E.

3.2 m.w.H.). Bei Auffälligkeiten in der Person kann ein Glaubhaftigkeits- bzw. Glaubwürdigkeitsgutachten als sachlich geboten erscheinen (Urteile des Bundes- gerichts 6B_427/2013 vom 26. Mai 2014 E. 1.4; 6B_84/2011 vom 28. Juni 2011

E. 2.3.1; je m.w.H.). Die Begutachtung drängt sich bei besonderen Umständen auf, wenn schwer interpretierbare Äusserungen eines Kleinkinds zu beurteilen sind, bei Anzeichen ernsthafter geistiger Störungen, welche die Aussage beein- trächtigen können, oder wenn Anhaltspunkte für eine Beeinflussung durch Dritt- personen bestehen (BGE 129 IV 179 E. 2.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_667/2013 vom 20. Februar 2014 E. 2.4.5 m.w.H.). Das Gericht verfügt bei der Beantwortung der Frage, ob aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles

ein Sachverständiger beigezogen werden muss, über einen Ermessensspielraum (Urteile des Bundesgerichts 6B_1006/2017 vom 24. Oktober 2018 E. 2.3.1; 6B_1294/2015 vom 18. Mai 2016 E. 5.1 mit Hinweisen). Begutachtungen nach Art. 164 Abs. 2 StPO sollen den Ausnahmefall bilden (SCHMID/JOSITSCH, Schwei- zerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N 5 zu Art. 164 StPO).

      1. Die Akten der Sozialbehörden und weiterer involvierter Fachstellen ab dem Jahr 2002 dokumentieren eine gescheiterte Integration von B. in die neue Familie seiner Mutter, C. . Sie und der Beschuldigte machen dafür B. verantwortlich, den sie übereinstimmend zusammengefasst als lügenhaft und manipulativ beschreiben. In ihren Äusserungen beziehen sie sich namentlich da- rauf, dass B. seinen leiblichen Vater zu Unrecht sexueller Handlungen mit ihm und den Beschuldigten wahrheitswidrig häuslicher Gewalt bezichtigt habe, verweisen darüber hinaus aber auch ausdrücklich oder sinngemäss auf weitere aktenkundige Vorfälle (Urk. 3/1 S. 2 f.; Urk. 3/2 S. 2; Urk. 3/3 S. 3 f.; Urk. Urk. 7/2

        S. 8; Urk. 7/3). B. selber räumt ein, dass die im Jahr 2003 von ihm gegen seinen leiblichen Vater erhobene Anschuldigung, ihn in F. [Land in Süd- amerika] sexuell missbraucht zu haben, nicht den Tatsachen entsprochen habe. Es habe sich dabei vielmehr um eine Geschichte gehandelt, die er, durch seine Mutter instruiert, erzählt habe und die dem Zweck gedient habe, einen Kontaktab- bruch zum leiblichen Vater zu provozieren. Er sei in eine Spirale geraten, in der er geglaubt habe, dass sein Vater ein schlechter Mensch sei. Er habe eben ein Teil der Familie und akzeptiert werden wollen. Er selber habe seinen leiblichen Vater nie ins Gefängnis bringen wollen. Im Weiteren hielt er fest, er sei in der Familie Opfer von körperlicher Gewalt geworden und als psychisch krankes Kind darge- stellt worden. Im Ergebnis schilderte er ein manipulatives Familiensystem, in dem er zum Opfer wurde (Urk. 4/2 S. 12 ff.; Urk. 48 S. 25 ff., 39 ff.).

      2. Tatsächlich sorgte B. mit seinem Verhalten unbestritten wiederholt für Schwierigkeiten. Im jugendpsychiatrischen Gutachten vom 12. März 2008 wurde bei ihm eine tendenzielle Störung des Sozialverhaltens, der Sexualentwicklung, und ein schädlicher Gebrauch von Alkohol diagnostiziert (Akten Gemeinde

        g. , pag. 000390 und 000392). Die Gründe dafür dürften mannigfaltig sein, aber zumindest auch in der herausfordernden familiären Konstellation begründet liegen. Wie sich die familiären Verhältnisse damals im Einzelnen präsentierten, kann und muss nicht abschliessend geklärt werden. Für die Zwecke dieses Ver- fahrens ist aber immerhin festzuhalten, dass die Aktenlage keineswegs aus- schliesst, dass B. die Wahrheit sagt, wenn er behauptet, seine Mutter habe ihn gedrängt, die Missbrauchsvorwürfe gegenüber seinem leiblichen Vater zu er- heben. Es ist vorab auf die Ausführungen der Vorinstanz dazu zu verweisen (Urk. 69 S. 48 ff. [Bundesanwaltschaft V des Kantons Zürich 2003/191]). Ergänzend ist folgendes festzuhalten: C. wurde betreffend den von B. gegen seinen leiblichen Vater erhobenen Vorwurf sexuellen Missbrauchs am 25. Februar 2003 polizeilich befragt (beigezogene Akten Bezirksanwaltschaft V Kanton Zürich, Unt. Nr. 2003/191, Urk. 3). Dort betonte sie, dass sie nie gedacht oder gemerkt hätte, dass ihrem Sohn mit seinem leiblichen Vater etwas Schlimmes passiert sein könnte (a.a.O. Urk. 3 S. 5). Zur Vorgeschichte der Anzeigeerstattung führte sie auf das Wesentliche verkürzt aus, dass sie im August/September 2002 ge- merkt habe, dass ihr Sohn abgenommen habe und nicht mehr gut schlafen kön- ne. In der Schule sei er auch schlechter geworden und der Lehrer habe ihr von wiederholten Absenzen berichtet. Als sie ihren Sohn gefragt habe, was los sei, habe er einfach geantwortet, dass er nicht in der Schule sein möge. Sie sei zu ei- ner Sozialarbeiterin gegangen. Diese habe sie für nach den Herbstferien 2002 an Frau H. verwiesen, der sie die Probleme von B. geschildert habe, dass er nicht gut schlafe, Albträume habe, in der Schule schlechter geworden sei, weniger esse, komisch und teilweise aggressiv sei, weniger Witze und Spass ma- che und ihrem Mann erzählt habe, dass er Angst vor seinem leiblichen Vater ha- be. Diese habe ihr dann den Namen eines Psychologen gegeben, es könne aber bis zu zwei Monate bis zu einem Termin gehen. Dieser Termin habe nicht ge- klappt. An einem Freitag im Januar habe der Lehrer ihres Sohnes sie angerufen und ihr gesagt, dass er Hilfe für ihren Sohn organisieren würde. Er habe ihr die Telefonnummer von Herrn D. gegeben und ihr gesagt, dass sie ihren Sohn unbedingt anmelden müsse, es sei ein Notfall. Am darauffolgenden Dienstag sei- en sie bereits zu Herrn D. gegangen. Vor zwei Wochen habe ihr dieser

        dann erzählt, dass B. von seinem leiblichen Vater in den Ferien jeweils missbraucht worden sei (a.a.O. Urk. 3 S. 4, 6 f.). Gemäss ihrer Darstellung dachte sie vor ca. Mitte Februar 2003 also nie, dass es zu sexuellen Übergriffen des leib- lichen Vaters auf B. gekommen war. Das würde Beeinflussungen durch sie ausschliessen. Es widerspricht allerdings der bereits von der Vorinstanz erwähn- ten E-Mail von H. an I. vom 20. Dezember 2002, in der festgehalten ist, dass die Mutter von B. Angst habe, dass dieser Opfer sexueller Über- griffe seitens des leiblichen Vaters geworden sei; die Schilderungen schienen echt in dem Sinn, dass sich die Mutter wirklich Sorgen mache und nicht den Sohn dem Vater vorenthalten wolle (Beizugsakten kjz E. , grüne Mappe 191 2005, grünes Mäppchen). Zudem fällt weiter auf, dass C. ihre Rolle als verantwortungsbewusste Mutter in der polizeilichen Einvernahme sehr stark be- tonte und den leiblichen Vater von B. (mit teilweise theatralisch wirkenden Äusserungen) schlechtmachte, um dann aber auch zu schildern, wie sie ihre schlimme Vergangenheit mit ihm zum Wohl des Sohnes mit dem Ziel zurückge- steckt habe, dass dieser etwas von Vater und Mutter habe, bevor sie schliesslich allem zuvor Gesagten widersprechend behauptete, nur aus Eigennutz zugelassen zu haben, dass ihr Sohn den leiblichen Vater besuche. Meinungsverschiedenhei- ten wegen Unterhalts- und Besuchsrechtsfragen zwischen ihr und dem Vater von B. deutete sie an, ohne eigentliche Konflikte zu schildern. Solche um das Besuchs- und Sorgerecht beschrieb sie nur auf der Ebene von Vater und Sohn (beigezogene Akten Bezirksanwaltschaft V Kanton Zürich, Unt. Nr. 2003/191, Urk. 3 S. 3 ff.). Sie erklärte damit den Kontaktabbruch durch den Sohn zwar plausibel. Ihre Schilderung wirkt aber insgesamt künstlich. Der Eindruck wird bei einem Blick in die Akten des kjz E. bzw. in die darin enthaltenen Protokollnotizen bestä- tigt. Aus diesen ergibt sich, dass C. auf höhere Unterhaltszahlungen hoffte und sich der Kontakt zwischen Vater und Sohn aus der Sicht des Ersteren seit der Einreise von B. in die Schweiz anders als von ihm gewünscht entwickelte. Er erwähnte bereits Ende Juli 2002 in einem Einzelgespräch beim kjz E. , dass er sich eigentlich wünsche, dass sein Sohn ganz bei ihm sei, zumindest aber dass seine Bemühungen um einen Kontakt mit seinem Sohn von der Mutter un- terstützt würden, und dass er den Verdacht hege, dass sein Sohn in die Schweiz

        geholt worden sei, um dessen Halbschwestern zu hüten. Gemäss Aktennotiz vom

        16. September 2002 über eine Besprechung mit beiden Eltern betreffend Unter- halt und Besuchsrecht verliefen die Gespräche bezüglich des Besuchsrechts recht konstruktiv. Gleichwohl mussten beide immer wieder ermahnt werden, ihre Konflikte nicht auf dieser Ebene auszutragen und nun in die Zukunft zu schauen. Immer wieder kämen aber Vorwürfe seitens der Mutter, die an Ereignisse an- knüpften, die zum Teil lange zurücklägen. Es konnte schliesslich eine Einigung über ein befristetes Besuchsrecht gefunden werden. Die Diskussion über den Un- terhalt habe sich in der Folge zäh entwickelt. Mit dem (von der Gesprächsleiterin als angemessen beurteilten) Vorschlag des Vaters sei die Mutter nicht einver- standen; sie habe offensichtlich mehr erwartet. Eine Einigung wurde schliesslich einstweilen nicht gefunden. Die Mutter habe erklärt, dass sie sich im Moment nicht entscheiden könne, sie müsse sich die Sache noch überlegen und mit ihrem Mann besprechen (Beizugsakten kjz E. , grüne Mappe 191/2005, rotes Mäppchen). Zusammengefasst bestand sehr wohl Raum für Beeinflussungen sei- tens von C. . In ihrer ausführlichen Schilderung ihrer Sorgen mit B. verschwieg sie das aber, was harmlos kaum zu erklären ist, zumal mit dem von ihr gegenüber der Polizei ebenfalls verschleierten Konflikt zwischen ihr und dem leiblichen Vater ihres Sohnes, auch ein Grund bestand, ihren Sohn an sich und ih- re neue Familie zu binden und einen Kontaktabbruch mit dem leiblichen Vater zu provozieren. Dass Suggestionen ausgesetzte Kinder sexuelle Übergriffe glaubhaft schildern können, ist bekannt. Schwer verständlich ist zudem, dass die Familie im April 2004 auf die Rückkehr von B. bestand, wenn sie tatsächlich der Über- zeugung waren, dass er sich an seinen beiden Halbschwestern sexuell vergriffen habe (vgl. Beizugsakten kjz E. , grüne Mappe ,K005/10, rote Heftmappe). Aussagen der beiden Halbschwestern sind in den Akten weder direkt noch indi- rekt dokumentiert, was auch im bereits erwähnten jugendpsychiatrischen Gutach- ten über B. vermerkt ist (Akten Gemeinde G. , pag. 000382). Schliess- lich ist zu erwähnen, dass das Familiensystem der Familie des Beschuldigten und der Mutter von B. im Abschlussbericht der Sozialpädagogischen Begleitung delta-Projekt vom 4. Juni 2004 als eher geschlossen beurteilt wurde (Beizugsak- ten kjz E. , grüne Mappe K0005/10, grüne Heftmappe, Abschlussbericht,

        letzte Seite, zweitletzter Absatz), was zur Schilderung von B. ebenfalls pas- sen würde.

      3. Dessen ungeachtet ist gestützt auf die umfassenden Akten der Sozialbe- hörden ohne Weiteres davon auszugehen, dass B. dazu neigt, situativ zu lügen und aufgrund seiner hohen Intelligenz auch in der Lage ist, das einigermas- sen glaubhaft zu tun. Daran ändert nichts, dass mit der Vorinstanz davon auszu- gehen ist, dass er im Kontext der ihn betreffenden Strafverfahren mit hoher Wahr- scheinlichkeit im Wesentlichen betreffend das Kerngeschehen die Wahrheit sagte (Urk. 69 S. 54 f. [Übrige]). Dafür, dass es sich bei B. darüber hinausge- hend um einen notorischen Lügner handelt, dem von Vornherein nichts zu glau- ben wäre, bzw. er an einer erheblichen psychischen Störung leidet, welche sein Aussageverhalten in einer Weise beeinflussen würde, dass es dem Gericht nicht mehr möglich wäre, seine Aussagen ohne sachverständige Hilfe zu würdigen, fehlen jedoch objektivierbare Hinweise. Namentlich finden sich im erwähnten ju- gendpsychiatrischen Gutachten (Akten Gemeinde G. , pag. 000380-000393) keine Überlegungen in diese Richtung, obwohl den Gutachterinnen nicht nur die Abklärungs- und Behandlungsunterlagen von lic. phil. D. und die Behaup- tung von B. , er könne sich an sexuelle Übergriffe nicht erinnern, diese seien ihm von seiner Mutter berichtet worden, vorlagen, sondern sie auch von wider- sprechenden Darstellungen der einzelnen Familienmitglieder über innerfamiliäre körperliche Auseinandersetzung und dem Vorwurf des Beschuldigten wussten, dass sein Stiefsohn den Vorfall vom 29. August 2007 erfunden und sich die Ver- letzungen selber zugefügt habe. Die auch für die Zeit nach der Erstellung des ju- gendpsychiatrischen Gutachtens dokumentierten Schwierigkeiten und psychi- schen Auffälligkeiten von B. sind zwar als Hinweis auf eine weiterhin beste- hende Persönlichkeitsakzentuierung oder eine mögliche Persönlichkeitsstörung ernstzunehmen. Allerdings würde selbst aus der Feststellung einer der von der Verteidigung erwähnten Persönlichkeitsstörungen (Urk. 96 S. 4), die alle zu einer erhöhten Bereitschaft, eine falsche Anschuldigung zu machen, führen können, keine regelhafte Schlussfolgerung für die Glaubhaftigkeit der Aussagen von

        B. ergeben. Zu prüfen wäre auch in einem solchen Fall vielmehr individuell, inwieweit sich störungsspezifische Besonderheiten tatsächlich auf die zu beurteilende Aussage ausgewirkt haben könnten (VOLBERT/STELLER, Die Begutachtung der Glaubhaftigkeit, in: Dressing/Habermeyer [Hrsg.], Psychiatrische Begutach- tung, 7. Aufl. 2021, S. 771 f.).

      4. Nach dem Erwogenen ist festzuhalten, dass B. zwar gewisse psychi- sche Probleme bekundet und über eine nicht unproblematische Persönlichkeit zu verfügen scheint. Ein Anlass, eine ambulante forensisch-psychiatrische Begutach- tung von B. anzuordnen und ein aussagepsychologisches Gutachten zu dessen Aussagen einzuholen, besteht deshalb jedoch nicht. Vielmehr sind seine Aussagen unter Berücksichtigung verschiedener seine Glaubwürdigkeit ein- schränkender Faktoren, zu denen unter anderem seine Neigung gehört, situativ zu lügen (vgl. Erw. III.4.3.), mit der nötigen Vorsicht durch das Gericht kritisch zu würdigen (vgl. Erw. III.8.1. ff.).

    1. Aus dem Beizug der vollständigen Akten des Betäubungsmittelstrafverfah- rens zur Aktion CHEF sind ferner keine Hinweise darauf zu erwarten, dass

      B. gewusst haben könnte, dass das Fahrzeug seines Freundes überwacht wurde. Geheime Überwachungsmassnahmen gemäss Art. 269 ff. StPO sind ih- rem Wesen nach – wie es der Name schon sagt – geheim. Hinzukommt, dass sich B. als in Bezug auf das Betäubungsmittelverfahren unbeteiligter Dritter in diesem Fahrzeug befand, was es zusätzlich unwahrscheinlich macht, dass er von einer per se schon geheimen Überwachung gewusst haben könnte. Auch aus den Aussagen von B. ergibt sich sinngemäss, dass er nichts von der Über- wachung wusste (vgl. Urk. 48 S. 31, letzter Absatz), was nach dem Erwogenen ohne Weiteres glaubhaft ist, zumal sich auch aus den aufgezeichneten Gesprä- chen nichts Gegenteiliges ergibt. Eine davon abweichende Annahme könnte nicht mehr als spekulativer Natur sein, weshalb der Beizug der vorgenannten Akten als nicht relevant erscheint.

    2. Ebenso wenig ist eine Ergänzung des IRM-Gutachtens vom 22. September 2008 angezeigt. Dem Gutachten ist folgendes zu entnehmen: Die Verletzung an der linken Hohlhand kann als aktive Abwehrverletzung gedeutet werden wie sie beim Hineingreifen in das Schwert einer Kettensäge entstehen kann. Die zahlrei- chen, parallel in etwa gleichen Abstand applizierten Verletzungen sind gut mit

dem Verletzungsbild einer Hobelzahnkette einer Kettensäge vereinbar. […] Bei der sehr tief gehenden Wunde in der linken Hohlhand kann nicht sicher entschie- den werden, ob die Kettensäge zum Ereigniszeitpunkt mit Vollleistung gelaufen ist oder sich in der Anlauf- respektive Abbremsphase befunden hat (Urk. 1/2/41/10

S. 4 f.). Zwar ist der Verteidigung beizupflichten, dass von einer aktiven Abwehr- verletzung auszugehen ist, indes ergibt sich aus dem zweiten, soeben zitierten Satz im Umkehrschluss klarerweise, dass die Kettensäge gelaufen ist. Offen ist einzig, mit welcher Intensität dies der Fall war. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich eine Ergänzung des Gutachtens, wie sie die Verteidigung beantragt, nicht, da das Gutachten die Frage bereits in genügender Klarheit beantwortet.

3. Die Vorinstanz hat zum anwendbaren Recht das Nötige ausgeführt. Es kann mit der Korrektur darauf verwiesen werden (Urk. 69 S. 8), dass im Tatzeitpunkt das revidierte Strafgesetzbuch in der Fassung vom 1. Januar 2007 in Kraft war.

  1. Sachverhalt

    1. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, zusammen mit seinem damals 15- jährigen Stiefsohn B. in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai 2007 unter Einsatz von zwei zeitweise laufenden Kettensägen und mit dem Ziel, die Heraus- gabe der Tageseinnahmen zu erzwingen, einen Raubüberfall auf die Filiale des J. an der K. -strasse … in L. verübt und den angolanischen Staatsangehörigen M. (Privatkläger) dabei in Lebensgefahr gebracht und grausam behandelt zu haben, ohne letztlich Beute zu machen (Urk. 19, auch zu den Einzelheiten). Er habe sich dadurch des versuchten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 4 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

      1. Der Beschuldigte bestreitet den Vorwurf auch im Berufungsverfahren. Vor Vorinstanz machte er zusammengefasst geltend, dass sein Stiefsohn ein notori- scher Lügner sei und auch in diesem Fall lüge, wenn er behaupte, er habe zu- sammen mit ihm, dem Beschuldigten, den Gegenstand der Anklage bildenden versuchten Raubüberfall verübt (Prot. I S. 13; Urk. 49 S. 13 ff.). Anlässlich der Berufungsverhandlung verweigerte der Beschuldigte seine Aussage zur Sache (Urk. 93; Prot. II S. 19 f.).

      2. Die Verteidigung argumentierte im Berufungsverfahren im Wesentlichen wie vor Vorinstanz, dass der Anklagevorwurf ausschliesslich auf blossen Behauptun- gen von B. beruhe. Dieser sei aber derart unglaubwürdig, dass auf seine Aussagen von vornherein nicht abgestellt werden dürfe. Es lasse sich auch nicht hinreichend erstellen, dass B. selber überhaupt tatbeteiligt gewesen sei. Seine Behauptungen hätten, soweit sie nicht öffentlich bekannt gewesen seien, in der Untersuchung nicht verifiziert werden können. Insbesondere finde der be- hauptete Raubversuch in den Aussagen des Privatklägers keine Stütze, und auch die Täterbeschreibung passe nicht zum 15-jährigen B. . Ausserdem wider- sprächen die Behauptungen von B. in vielen weiteren Kernpunkten massiv konstanten Angaben des Privatklägers und sei der von B. beschriebene Tathergang mit dem Blutspurenbild am Tatort nicht vereinbar. Die von ihm prä- sentierte Geschichte enthalte keine genügenden Realitätskriterien, die mit hinrei- chender Sicherheit auf Täterwissen schliessen liessen. Es liege auf der Hand, dass dieser seine Freunde mit einer krassen Geschichte habe unterhalten und beeindrucken wollen und dabei seinem Stiefvater, diesem Scheisswichser, die Rolle des doofen Schurken angedichtet habe. Doch selbst wenn B. tatsäch- lich einer der beiden Täter gewesen wäre, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, in seinen Schilderungen einfach den wahren Mittäter gegen seinen Stiefvater auszutauschen, was ihm in Anbetracht seiner fehlenden Glaubwürdigkeit auch ohne Weiteres zugetraut werden müsse. Spurenbeweise oder eindeutige Indizien, die für die Täterschaft des Beschuldigten sprächen, gebe es nicht. Der Anklage- vorwurf passe auch überhaupt nicht zur Person des Beschuldigten, der, wäre er der Täter, auch nicht irrtümlich und naiv den Beizug seiner SUVA-Unfallakten, die seine Behauptung, er sei im Tatzeitpunkt arbeitsunfähig gewesen, widerlegt hät- ten, und ein Gutachten zur Täter-Grössenbestimmung verlangt hätte, das ihn nicht direkt entlaste. Zugunsten des Beschuldigten sei davon auszugehen, dass B. den Raubversuch frei erfunden habe. B. habe entgegen der Vor- instanz und trotz Zeitablauf aus persönlichen Gründen nach wie vor ein erkennbar grosses Interesse an schweren Anschuldigungen gegen den Beschuldigten. Des-

    sen Belastungseifer sei in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eindrücklich durch bemerkenswerte Aggravationen zum Ausdruck gekommen. Die neuen Be- lastungen seien indes nicht nur wegen ihrer fehlenden Konstanz unglaubhaft, sondern fänden vor allem auch in den Beizugsakten überhaupt keine Stütze, was wiederum zur Erkenntnis führe, dass B. den Beschuldigten systematisch mit übermässigen und falschen Vorwürfen habe belasten wollen. Die Vorinstanz habe zudem aus den Vorakten zu den gegen B. geführten Strafverfahren zu Unrecht auf wahrheitsgemässe Aussagen von jenem gegenüber den Behörden geschlossen; im Übrigen habe B. im vorliegenden Verfahren falsche Anga- ben zu den gegen ihn geführten Strafverfahren gemacht und dessen Schilderun- gen seien aufgrund seiner beispiellosen Anpassungstendenz unglaubhaft. Schlussfolgernd hielt die Verteidigung erneut fest, dass sich aufgrund der äus- serst geringen Glaubwürdigkeit von B. mit dessen Angaben die Unwahr- heitshypothese offenkundig nicht rechtsgenügend widerlegen lasse und dessen Aussagen in Anbetracht der Vielzahl von unwahren Behauptungen gesamthaft als derart unglaubhaft erschienen, dass zum Tatnachweis nicht darauf abgestellt werden dürfe, weshalb der Beschuldigte freizusprechen sei (Urk. 99; siehe erstin- stanzlich Urk. 51 S. 2 f., 27 f., 32, 36 ff.).

      1. Die Vorinstanz hat die Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung und der Be- weiswürdigung zutreffend dargelegt, die für sie ausschlaggebenden Beweismittel aufgezählt und sich richtig zu deren Verwertbarkeit geäussert (Urk. 69 E. III.3. bis III.4.2.4; vgl. auch E. III.4.4.2, III.4.4.3.4). Darauf kann vorab verwiesen werden. Ergänzend sind als verwertbare Beweismittel die ärztlichen Befunde der Klinik für Wiederherstellungschirurgie des Universitätsspitals Zürich vom 30. August und

        17. Dezember 2007 (Urk. 1/2/41/3 ff.), die in der Klinik für Unfallchirurgie des Uni- versitätsspitals Zürich am 1. Mai 2007 erstellten Bilder der Verletzungen

        (Urk. 1/2/41/6) und das Gutachten zur körperlichen Untersuchung des Privatklä- gers des IRM Zürich vom 22. September 2008 (Urk. 1/2/41/10; vgl. auch

        Urk. 1/2/41/9) sowie Skizzen und die Fotodokumentation des Aussenbereichs der J. -Filiale und des Fluchtwegs des Opfers (Urk. 1/2/19-21 und 1/2/30) zu erwähnen. Dazu kommen Unterlagen zu Presseanfragen (Urk. 1/2/44/3), die Zeu- genaussagen von N. (Urk. 7/1), die Fotodokumentation Räume Untergeschoss O. -strasse … G. (Urk. 8/16 f.) und die anlässlich zweier Ein- vernahmen als Zeugin erhobenen Aussagen von C. (Urk. 7/2 f.), die alle nicht direkt das Tatgeschehen betreffen, aber für die Beurteilung der Glaubwür- digkeit von B. bzw. der Glaubhaftigkeit seiner Darstellung von Bedeutung sind.

      2. Ferner hat die Vorinstanz den Inhalt der Aussagen des Privatklägers, von B. und des Beschuldigten sowie den hauptsächlichen Gegenstand der mit- tels Audioaufnahme dokumentierten Gespräche vom 8. April 2017 zwischen

    B. und zwei weiteren Personen wiedergegeben. Darauf kann vorab verwie- sen werden (Urk. 69 E. III.4.3 und III.4.4.1). Notwendige Ergänzungen und Präzi- sierungen ergeben sich aus den nachfolgenden Erwägungen. Auf den Inhalt der weiteren Beweismittel ist an gegebener Stelle soweit nötig einzugehen.

      1. Die Vorinstanz erwog zur allgemeinen Glaubwürdigkeit des Beschuldigten überzeugend, dass dieser als direkt vom vorliegenden Strafverfahren Betroffener nicht zu wahrheitsgemässen Angaben verpflichtet ist und ein legitimes und natür- liches Interesse daran haben dürfte, sich selbst nicht oder bloss zurückhaltend zu belasten und Geschehnisse gegebenenfalls in einem für ihn günstigen Licht dar- zustellen. Daraus schloss sie zutreffend, dass seine Aussagen mit entsprechen- der Zurückhaltung und Vorsicht zu würdigen seien, aber kein Anlass bestehe, dem Beschuldigten deswegen die Glaubwürdigkeit generell abzusprechen

        (Urk. 69 S. 55). Dem ist beizupflichten (Art. 82 Abs. 4 StPO). Mit der Vorinstanz ist jedoch auch zu beachten, dass über die auf der Verfahrensstellung beruhen- den Überlegungen zur Glaubwürdigkeit hinaus konkrete Anhaltspunkte dafür be- stehen, dass der Beschuldigte dazu neigt, Personen, die ihn belasten, zu Unrecht der Lüge zu bezichtigen, was seiner Glaubwürdigkeit in entsprechenden Konstel- lationen abträglich ist (Urk. 69 S. 55 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Von entscheidender Bedeutung ist allerdings auch bei ihm, wie bei allen anderen Aussagenden, die Glaubhaftigkeit einer bestimmten Darstellung im konkreten Kontext (BGE 133 I 33 E. 4.3.).

      2. Zur allgemeinen Glaubwürdigkeit des Privatklägers hielten die Vorderrichter zutreffend fest, dass er als Auskunftsperson nicht unter der Wahrheitspflicht von

        Art. 307 StGB ausgesagt habe, er aber weder den Beschuldigten noch B. persönlich kenne. Ergänzend ist festzuhalten, dass der Privatkläger die Täter- schaft nie identifizierte, sich seine Aussagen also nicht gegen eine bestimmte Person, wie etwa den Beschuldigten, richten. Ein allfälliges Motiv für eine bewuss- te Falschaussage wäre vor diesem Hintergrund von Vornherein nicht in der Be- ziehung zum Beschuldigten und zu B. , sondern in der Person des Privat- klägers und/oder in seinem Umfeld zu suchen. Hinweise auf private Konflikte feh- len trotz diesbezüglicher Abklärungen. Bekannt ist aber immerhin, dass der Pri- vatkläger die Reinigungstätigkeit bei J. unter Verwendung einer falschen Identität ausübte (Urk. 1/2/17 S. 4; vgl. zu dem in diesem Zusammenhang eröff- neten Strafverfahren unter anderem wegen Sozialhilfebetrugs Urk. 1/2/32 S. 3, 6, Urk. 1/2/43/3) und im Tatzeitpunkt in der Aktenverwaltung der Zürcher Polizeien mit mehrfachen Einträgen wegen Delikten wie Raub, Diebstahl, Schwarzfahren, Sachbeschädigung und Tätlichkeiten verzeichnet war (Urk. 1/2/32 S. 7). Das schränkt seine Glaubwürdigkeit nicht prinzipiell ein, ist bei der Würdigung seiner Aussagen aber im Blick zu behalten. Im Übrigen ist mit der Vorinstanz darauf zu verweisen, dass der Privatkläger ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, was eine Neigung, die Geschehnisse in einem für ihn selber günstigen Licht darzustellen, fördern könnte (Urk. 69 S. 46; Art. 82 Abs. 4 StPO). Relativierend ist allerdings zu bemerken, dass der Privatkläger lediglich die Fest- stellung der Schadenersatzpflicht dem Grundsatz nach beantragt, er also noch einen Zivilprozess gegen den Beschuldigten führen müsste, um einen allfälligen Schadenersatzanspruch überhaupt durchsetzen zu können, und sein Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung des Vorfalls aufgrund des Zeitablaufs massiv ab- genommen haben dürfte.

      3. B. wurde im Vorverfahren, weil eine allenfalls nicht verjährte Beteili- gung seinerseits an Einbruchdiebstählen im Raum stand, als Beschuldigter und vor Vorinstanz als Zeuge einvernommen. Als Beschuldigter war er nicht zur wahr- heitsgemässen Aussage verpflichtet. Als Zeuge sagte er dagegen unter der Wahrheitspflicht von Art. 307 StGB aus. Ungeachtet dieses Rollenwechsels han- delt es sich bei B. nicht um einen unabhängigen Zeugen, weshalb die Tat- sache, dass er unter Wahrheitspflicht aussagte, seine Glaubwürdigkeit der Vertei-

    digung folgend nicht steigert. Aufgrund der in seinem Fall bereits eingetretenen Verjährung hatte B. von Beginn an keine Verurteilung wegen Raubes zu befürchten. Mit der Vorinstanz ist jedoch zu bedenken, dass das moralische Un- recht einer Tatbeteiligung B. dazu veranlassen könnte, die Geschehnisse in einer Weise darzustellen, welche die Tat und/oder seine Tatbeteiligung in günsti- gerem Licht erscheinen lassen. Vor dem Hintergrund seiner sehr schlechten Be- ziehung zum Beschuldigten mahnt dies insbesondere bei Aussagen zur Vorsicht, mit denen B. mit der Schilderung seiner eigenen Rolle beim Raubüberfall direkt oder indirekt die Rolle des Beschuldigten definiert. Darüber hinaus gilt es generell festzuhalten, dass die bis heute sehr schlechte Beziehung zum Beschul- digten B. dazu verleiten könnte, diesen in übermässig schlechtem Licht er- scheinen zu lassen, wobei B. aufgrund seiner Hochbegabung (Akten Ge- meinde G. [grüner Ordner], Jugendpsychiatrische Gutachten vom 12. März 2008, pag. 000388) auch in der Lage sein dürfte, dies einigermassen glaubhaft und damit täuschend zu tun. Eine Neigung, situativ zu lügen, wenn er glaubte, es nütze ihm etwas, ist in den umfassenden Akten der Sozialbehörden dokumentiert und zwar auch für die Zeit, nachdem er den elterlichen Haushalt im Jahr 2007 de- finitiv verlassen hatte (vgl. auch Urk. 4/2 S. 12, 14). Das alles mahnt nicht nur bei der Würdigung seiner Aussagen gegenüber Behörden, sondern auch bei der Be- wertung seiner Angaben gegenüber Personen aus seinem persönlichen Umfeld zur Vorsicht, jedenfalls wenn diese geeignet erscheinen, ihn in seiner sozialen Gruppe aufzuwerten oder ihm anderweitig einen materiellen oder ideellen Vorteil zu verschaffen (vgl. in diesem Zusammenhang auch vorstehend Erw. II.2.3.). In diesem Sinn ist von einer eingeschränkten Glaubwürdigkeit von B. auszu- gehen. Ihm von Vornherein jede Glaubwürdigkeit abzusprechen und seine Belas- tungen des Beschuldigten mit der Begründung als unwahr abzutun, er sei lügen- haft und damit generell völlig unglaubwürdig, greift jedoch zu kurz (vgl. Urk. 99

    S. 2 ff.). Entscheidend ist auch bei ihm die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussa- gen. Diese sind einer kritischen Würdigung zu unterziehen und in die weiteren, für die Erstellung des anklagegegenständlichen Sachverhalts vorhandenen Beweis- mittel einzubetten.

      1. Am 1. Mai 2007, 02.01 Uhr, ging bei der Einsatzzentrale der Kantonspolizei Zürich ein Notruf ein. Die daraufhin zum P. in L. ausgerückten Poli- zeibeamten trafen dort auf den verletzten Privatkläger, der bereits von der Sanität versorgt wurde und in sehr schlechtem Deutsch berichtete, dass er an seinem Ar- beitsort J. , wo er Reinigungsarbeiten ausgeführt habe, von zwei unbekann- ten Männern mit einer Kettensäge attackiert worden sei. Er wurde in der Folge in das Universitätsspital Zürich gebracht (Urk. 1/2/1), wo Sägeverletzungen mit Rissquetschwunden an Nase und Unterlippe sowie an der Thoraxwand, ober- flächliche Schnittwunden am rechten Vorderarm, tiefe Sägeverletzungen in der linken Hohlhand mit Durchtrennung des Nervus ulnaris, des Nervus medianus, der Arteria ulnaris und teilweiser Durchtrennung der Strecksehnen der Finger so- wie offene Gelenksfrakturen im Bereich der Fingergrundgelenke festgestellt wur- den (Urk. 1/2/41/3; Urk. 1/2/41/5; Urk. 1/2/41/6). Gemäss IRM-Gutachten vom

        22. September 2008 sind die dokumentierten Verletzungen an beiden Unterarmen aufgrund der Ausprägung und der Lokalisation gut mit passiven Abwehrverletzun- gen zu vereinbaren, wie sie beispielsweise entstehen, wenn die Unterarme schüt- zend vor den Körper gehalten werden. Die zahlreichen, parallel in etwa gleichem Abstand applizierten Verletzungen seien gut mit dem Verletzungsbild der Hobel- zahnkette einer Kettensäge vereinbar. Die Verletzung in der linken Hohlhand könne als aktive Abwehrverletzung gedeutet werden, wie sie beim Hineingreifen in das Schwert einer Kettensäge entstehen könne, wobei bei der sehr tiefgehen- den Wunde nicht sicher entschieden werden könne, ob die Kettensäge zum Er- eigniszeitpunkt mit Vollleistung gelaufen sei oder sich in der Anlauf- respektive Abbremsphase befunden habe. Die Verletzungen im Gesicht, an der rechten Brust und an beiden Unterarmen dürften mit einer stehenden Kette appliziert wor- den sein (Urk. 1/2/41/10; vgl. auch Urk. 1/2/41/9).

      2. Die ab 01:36:02 Uhr entstandenen Bilder der Überwachungskamera in der anklagegegenständlichen J. -Filiale in L. bestätigen, dass der Privat- kläger am 1. Mai 2007 kurz nach halb zwei in der Nacht von zwei Personen, die je eine Kettensäge mit sich führten, attackiert wurde. Die Aufnahmen enden um 01:39:23 Uhr gut 20 Minuten vor dem Eingang des Notrufs bei der Einsatzzentra- le. Die Aufnahmen zeigen den Privatkläger, wie er um 01:36:52 Uhr von der Kamera erfasst wird, die den Bereich im Gebäude vor dem Lieferanten- bzw. Perso- naleingang (Personaleingang) überwachte. Der Privatkläger schritt zu diesem Zeitpunkt zielstrebig zum Personaleingang, öffnete wenige Sekunden später die Türe und trat sofort aus dem Gebäude, wobei er die Türe offenstehen liess. Eine Kamera, welche die Geschehnisse ausserhalb des Gebäudes erfasst, existierte nicht. Nicht ganz zwei Minuten nachdem er das Gebäude verlassen hatte, betrat der Privatkläger um 01:38:52 Uhr das Gebäude rückwärts gegen die (in Kamera- richtung) linke Wand gehend wieder durch den Personaleingang. Ihm folgten un- mittelbar zwei unbekannte Personen. Ab 01:38:55 Uhr war die Personaleingangs- türe geschlossen. Die drei Personen hielten sich im Gang vor dem Personalein- gang auf. Die eine der beiden unbekannten Personen (Täter Nr. 1; maskiert) stell- te sich in Blickrichtung der Kamera links mit dem Rücken zur Wand, in sehr kurzer Distanz dem nach rechts abgedreht im Eingangsbereich stehenden Privatkläger gegenüber, wobei er in der rechten Hand seines angewinkelten Arms neben dem Körper eine Motorsäge mit dem Schwert in Richtung vom Privatkläger weg trug. Die andere unbekannte Person (Täter Nr. 2) trug einen Kapuzenpullover mit hochgezogener Kapuze und in der rechten Hand seines gestreckt neben dem Körper hängenden Arms ebenfalls eine Motorsäge. Sie stand mitten im Gang vor dem Personaleingang seitlich des Täters Nr. 1 und des Privatklägers. Der Täter Nr. 1 sprach während einiger Sekunden mit dem linken Arm gestikulierend und der Motorsäge in der rechten Hand des angewinkelten Arms vor dem Körper auf den Privatkläger ein, der ihm ohne sichtbare Regung gegenüberstand. Um 01:39:00 Uhr stiess er diesen mit der linken Hand gegen die rechte Schulter. Der Privatkläger wich – aus eigenen Stücken oder aufgrund des Schlages, ist aus den Bildern nicht erkennbar – rückwärts bis zum hinter ihm stehenden Arbeitstisch zu- rück. Der Täter Nr. 1 trug die Motorsäge beim Stoss gegen die rechte Schulter des Privatklägers weiterhin in der rechten Hand des leicht angewinkelten Arms am Körper, mit dem Schwert in Richtung vom Privatkläger weg. Um 01:39:01 Uhr stand der Privatkläger weiterhin mit seinem Gesäss am Arbeitstisch zum ihm wei- terhin gegenüberstehenden Täter Nr. 1, der an der Motorsäge manipulierte, diese beidhändig mit dem Schwert gegen den in kurzer Distanz vor ihm stehenden Pri- vatkläger gerichtet in die Höhe über seinen eigenen Kopf riss, bis das Schwert der

        Motorsäge schliesslich zur Decke gerichtet war. Der Täter Nr. 2 drängte sich mit hochgehobenem linken Arm und seinen Körper gegen den Täter Nr. 1 drehend zwischen den seine Motorsäge weiterhin mit beiden Händen nach oben richten- den Täter Nr. 1 und den Privatkläger. Um 01:39:03 Uhr hatte der Täter Nr. 1 die Motorsäge wieder gesenkt, drängte sich mit einer Armbewegung und einer Dre- hung seines Körpers vor den seitlich neben ihm und dem Privatkläger stehenden Täter Nr. 2 und redete in einer gegen den Privatkläger gedrehten Körperhaltung und die Motorsäge weiterhin in seiner rechten Hand am angewinkelten Arm vor dem Körper mit dem Schwert in Richtung vom Privatkläger weg haltend, fortge- setzt auf den Privatkläger ein, bis er schliesslich um 01:39:08 Uhr an der Starter- leine seiner Motorsäge zog, die Motorsäge vor seinem Körper in die Höhe riss bis die obere Spitze des nahe seines Gesichts befindlichen Schwerts auf seiner Scheitelhöhe war, diese dann wieder senkte und auf den Privatkläger einredete, bevor er die Motorsäge um 01:39:18 Uhr erneut vor seinem Körper in die Höhe riss und sofort eine Abwärtsbewegung machte. Zu diesem Zeitpunkt stand der Privatkläger ihm weiterhin gegenüber. Ab 01:39:19 Uhr sackte der Privatkläger zusammen. Ein Zusammenhang mit der unmittelbar vorangehenden Aktion des Täters Nr. 1 ist naheliegend. Ob der Privatkläger bei dieser von der Motorsäge getroffen wurde, ist aus den Bilder jedoch nicht klar ersichtlich. Zu diesem Zeit- punkt stand der Täter Nr. 2 dem Privatkläger noch vor dem Personaleingang im Weg, drehte sich dann aber Richtung linke Wand ab, worauf dem Privatkläger ab 01:39:20 Uhr der Weg Richtung Personaleingang offenstand. Der Privatkläger richtete sich wieder auf und verliess das Gebäude um 01:39:21 Uhr gefolgt von den beiden unbekannten Personen. Ab 01:39:22 Uhr war der überwachte Bereich leer, die Türe stand offen. Der von der Kamera erfasste Angriff im Gebäude hatte rund 30 Sekunden gedauert (Urk. 1/2/31/1; Urk. 1/15 f.; vgl. auch Urk. 1/2/29, Urk. 1/2/33 S. 9 f. und Urk. 1/2/39).

      3. Auf den Tatortbildern (Urk. 8/1) zeigen sich Blutspuren auf dem Boden in- nerhalb des Gebäudes im Bereich des Arbeitstisches (Urk. 8/1, 5) und auf der Innenseite der Personaleingangstüre im Bereich links der Türklinke auf einer Hö- he ab ca. 90 bis 145 Zentimetern. Ausserhalb des Gebäudes unmittelbar vor dem Personaleingang rechts (Blickrichtung weiterhin aus dem Gebäude) und etwas

        weiter Richtung des parkierten Autos des Privatklägers (vgl. Urk. 1/2/5 S. 3) zei- gen sich je eine Ansammlung von Blut (Urk. 8/1, 1 und 2), welche sich insge- samt am plausibelsten mit einem Sturz des flüchtenden und blutenden Privatklä- gers erklären liessen, der später nahe des Bahnhofs L. und damit nach- weislich nach dem Angriff im Gebäude beim Kontakt mit einem Zaun eine eben- falls sehr deutliche Blutspur hinterliess (Urk. 1/2/20 S. 6). Vergleichbar deutliche Blutspuren finden sich im Gebäude nicht. Im Verhalten des Privatklägers im Ge- bäude weist zudem nichts daraufhin, dass er bereits vor Beginn des von der Ka- mera eingefangenen Teils des Angriffs eine bedeutende Handverletzung aufwies. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass dem Privatkläger die schwerste Ver- letzung (linke Hohlhand) unmittelbar vor, beim oder unmittelbar nach dem Verlas- sen des Gebäudes zugefügt wurde. Soweit die Verteidigung geltend macht, dass die Blutspuren im Gebäudeinneren gegen die Behauptung in der Anklageschrift sprächen, dass die Sägekette der Motorsäge mindestens für einen Moment rotiert habe und der Privatkläger mit an- oder auslaufender Sägekette in die linke Hohl- hand geschnitten worden sei (Urk. 51 S. 30; Urk. 96 S. 6), ist ihr zu widerspre- chen. Die vom Privatkläger erlittene Verletzung ist zwar bedeutend, aber bei Wei- tem nicht mit dem Abtrennen einer Gliedmasse zu vergleichen. Die Ansammlun- gen von Bluttropfen beim Auto und am Heck des Autos des Privatklägers

        (Urk. 8/1, 3, Pfeile und 4) können grundsätzlich unabhängig vom bzw. vor dem Angriff im Gebäude entstanden sein. Denkbar ist aber auch, dass der Privatkläger nach dem Angriff zunächst weiter Richtung seines Fahrzeugs flüchtete, bevor er sich schliesslich dazu entschloss, seine Flucht über den Kreisel Richtung Bahnhof L. fortzusetzen (vgl. Urk. 1/2/19). Gleiches gilt für die bei Tageslicht zusätz- lich entdeckten Bluttropfen auf dem Parkplatz Nr. 5, links neben dem vom Privat- kläger benutzten Parkplatz (Urk. 1/2/21), die nachweislich dem Privatkläger zuzu- ordnen sind (Urk. 1/2/24).

      4. Das Gutachten des FOR betreffend visuelle Körperhöhenbestimmung kam zum Schluss, dass der Täter Nr. 1 auf dem Bezugsmaterial vom 1. Mai 2007, um ca. 01.39 Uhr, mit Schuhen und Kopfbedeckung in etwa gleich gross wie der Beschuldigte mit Schuhen und ohne Kopfbedeckung sein dürfte, und der Beschul- digte als Täter Nr. 1 nicht ausgeschlossen werden könne. Eine Körpergrösse von

    180 bis 190 Zentimetern beim Täter 1 schloss das Gutachten aus (Urk. 8/23, vgl. auch Urk. 8/10 S. 3 f. mit Beilagen, Urk. 8/12).

    1. Dass der Privatkläger Opfer einer von zwei Tätern mit Motorsägen ausge- führten Attacke wurde, bei der er, wie in der Anklageschrift aufgeführt, verletzt wurde, ist nach dem soeben Erwogenen erstellt.

          1. Am Tag nach dem Vorfall machte der Privatkläger unter Hinweis auf seine sehr starken Schmerzen keine Aussagen (Urk. 1/2/3). Zur polizeilichen Einver- nahme vom 17. Mai 2007 (Urk. 1/2/15) erschien er in Begleitung einer Vertreterin der Organisation SOS-Rassismus. Zum Ablauf des Vorfalls befragt, gab er zu- nächst an, es habe am Personaleingang geklingelt, und er habe die Türe in der Meinung geöffnet, es handle sich um seinen Chef. Vor der Türe sei ein unmas- kierter junger, ca. 25 Jahre alter weisser Mann gestanden, der Deutsch gespro- chen habe. Dieser habe die Türe mit dem Fuss blockiert und gefragt, ob er ihm einen Hamburger verkaufe. Er habe diesem gesagt, dass das Restaurant ge- schlossen sei. Bevor er den Satz habe beenden können, sei ein maskierter zwei- ter Mann gekommen, den er vorher nicht gesehen gehabt habe. Dieser habe die Motorsäge gestartet und gesagt, Du bist ein Afrikaner und wir werden dich um- bringen. Er sei perplex gewesen. Schliesslich habe er den unmaskierten Mann mit der Schulter weggedrängt und sei in das Lokal gerannt. Nach wenigen Metern habe er sich wieder umgedreht, da er gedacht habe, dass das doch nicht wahr sein könne. Er habe die Beiden gefragt, was ist los, was wollt ihr von mir. In die- sem Moment sei der maskierte Mann mit der Motorsäge gekommen und habe ihn in den Arm geschnitten. Er habe realisiert, dass die Situation ernst sei und habe flüchten wollen. Der maskierte Mann habe ihm den Weg versperrt und ihm in der Folge noch eine Verletzung zugefügt. Dann habe er diesen angeschrien, wo ist der Chef. Dies habe er immer wieder gesagt, während er ihm verschiedene Ver- letzungen zugefügt habe. Er sei dann den Wänden nach in Richtung Personalein- gang gerannt. Bevor er diesen erreicht gehabt habe, sei der zweite Mann ge- kommen, welcher zu diesem Zeitpunkt ebenfalls maskiert gewesen sei. In den Händen habe er ebenfalls eine Motorsäge gehalten und ihm dabei ebenfalls Ver- letzungen am Arm zugefügt. In der Folge hätten ihn beide angeschrien und gesagt, auf die Knie, auf die Knie und wo ist dein Chef. Schliesslich sei er in die Knie gegangen und habe nach Hilfe gerufen. Die beiden Unbekannten hätten ihm dennoch immer weitere Verletzungen zugefügt (Urk. 1/2/15 S. 2). Demnach wäre der Privatkläger zunächst vor dem Lokal als Afrikaner angesprochen und mit der Motorsäge bedroht worden, dann in das Lokal geflüchtet, wohin ihm die beiden Täter folgten, ihm den Weg nach draussen abschnitten, ihn mit der Motorsäge bedrohten, verletzten und dabei wiederholt von ihm wissen wollten, wo der Chef sei und von ihm verlangten, auf die Knie zu gehen, was er schliesslich machte. Diese Schilderung hätte sich mit den Erkenntnissen aus den Bildern der Überwa- chungskamera kombiniert mit den Verletzungen und den Blutspuren in ihren Ein- zelheiten zwar nur mit etlichen Einschränkungen (Rennen der Wand nach, Ein- satz der Motorsäge durch den zweiten Täter, fortgesetzter Angriff nach dem auf die Kniegehen) vereinbaren lassen, hätte diesen aber zumindest in den groben Zügen entsprochen. Der Privatkläger erklärte dann aber mitten in der Einvernah- me, dass sich das bisher Geschilderte vor dem J. beim Parkplatz ereignet habe und nicht im Lokal (Urk. 1/2/15 S. 3).

          2. Seine darauffolgende, von der Vorinstanz in die Zusammenfassung der Aussagen aufgenommene Schilderung, leitete er auf Frage mit der Bemerkung ein, dass es für ihn logisch sei, dass er nach draussen gegangen sei, da er habe flüchten wollen (Urk. 1/2/15 S. 3). Dieser gemäss, stiess er den jungen Mann, welcher an der Türe geklingelt habe, weg und sei davongerannt Richtung Kreisel, nachdem der zweite Mann hervorgekommen sei, die Motorsäge gestartet und ge- sagt habe, Afrikaner wir werden dich heute umbringen, hielt nach ca. 10 Metern an, drehte sich um. Der unmaskierte junge Mann sei in diesem Zeitpunkt noch bei der Personaleingangstüre gestanden, der maskierte zweite Mann ca. 1 ½ Meter vor ihm. Letzterer habe einen Schritt auf ihn zugemacht und ihn mit der Motorsä- ge verletzt, worauf er, der Privatkläger, wiederum habe in Richtung Kreisel flüch- ten können (Urk. 1/2/15 S. 3 f.). Eine Attacke innerhalb des Gebäudes hätte es dieser Aussage zufolge nicht gegeben. Das widerspricht nicht nur seiner ersten Darstellung, in der er seine erfolglose Flucht vor den Tätern ins Gebäudeinnere und die Umstände seiner darauffolgenden Flucht aus dem Lokal ausdrücklich be- schrieb, sondern auch dem vorhandenen Bildmaterial aus dem Lokal. Was den

      Privatkläger zu dieser offensichtlich wahrheitswidrigen Änderung seiner Aussage veranlasste, ergibt sich aus seinen weiteren Aussagen nicht. Naheliegend ist je- doch, dass er aus in seiner Person liegenden Gründen (vgl. vorstehend

      Erw. III.4.2.) befürchtete, von seinem Arbeitgeber und/oder der Strafverfolgungs- behörde mitverantwortlich gemacht zu werden, sollte der Eindruck entstehen, dass er die Täter in das Gebäude gelassen hatte. Das würde auch erklären, weshalb er im Strafverfahren und öffentlich von Anfang an vertrat, Opfer eines rassistischen Übergriffs geworden zu sein, obwohl es dafür nie objektive Anhalts- punkte gab. Die einzige Äusserung, mit der die Täter gemäss Darstellung des Pri- vatklägers auf seine Herkunft Bezug genommen haben sollen, war der Begriff Af- rikaner, der im Rahmen eines rassistisch motivierten Überfalls, zumal eines bru- talen, allzu sachlich erscheint. Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörde in diese Richtung ergaben vor diesem Hintergrund wenig überraschend nichts.

        1. In der polizeilichen Einvernahme vom 24. Mai 2007 verband der Privatkläger dann gut drei Wochen nach den Ereignissen seine erste und zweite Schilderung zu einer Darstellung, die wieder mit dem Klingeln an der Türe und dem Auftreten des maskierten zweiten Mannes mit einer Motorsäge, der sagte, Afrikaner, wir werden dich heute umbringen begann und sich dann mit seiner Flucht nach draussen fortsetzte, wohin beide Täter ihm nachstellten, wo er zum Anhalten auf- gefordert, nach dem Chef gefragt und ihm immer wieder gesagt wurde, Afrikaner, wir werden dich umbringen, die inzwischen beide maskierten Täter ihn dazu auf- forderten, auf den Boden zu sitzen und wieder aufzustehen und ihm bei drei Ge- legenheiten Verletzungen zugefügt wurden (Täter Nr. 1, bevor er sich auf der wei- teren Flucht vor einem Hindernis befand, Täter Nr. 2, nach dem Richtungswech- sel auf der Flucht, beide Täter, als der Privatkläger nicht auf den Boden sitzen wollte), bevor er von den Tätern zum Gebäude eskortiert wurde. Dort befahlen ihm die beiden Täter seiner Darstellung folgend, sich neben den Geschirrspüler zu setzen, und der erste Täter sagte zu ihm, sie hätten ihn draussen nicht um- bringen wollen, weil es eventuell Zeugen gegeben hätte, weshalb sie ihn jetzt hier umbringen würden. Der erste Täter habe dann die Motorsäge gestartet und er, der Privatkläger, habe seinen Kopf und Körper mit seinen Armen geschützt. Er habe eine tiefe Schnittwunde am linken Handgelenk erlitten. Er sei aufgestanden

          und davongerannt. Mit seiner Brust habe er die Personaleingangstüre öffnen kön- nen. Er sei zu Boden gestürzt, wobei er sich an drei Zähnen verletzt habe. Er ha- be sich leicht umgedreht und überlegt, in welche Richtung er fliehen solle. Dann seien die beiden Männer wiedergekommen und hätten ihn verfolgt. Der anfänglich nicht maskierte Mann habe eine kleine Motorsäge gehabt, die in Betrieb gewesen sei. Der andere Mann habe eine grössere Motorsäge gehabt, die dieser vergeb- lich zu starten versucht habe. Der Mann mit der kleinen Motorsäge habe ihn an der Nase und im Brustbereich verletzt. Dann sei er wieder aufgestanden und da- vongerannt. Die beiden Männer hätten ihn nicht verfolgt. Er sei in Richtung Kreisel und anschliessend auf dem Fussgängerweg bei der Q. Fabrik geflohen, wobei er bemerkt habe, dass ihn die beiden Männer mit dem Auto gesucht hätten (Urk. 1/2/17 S. 1 ff.). Diese kombinierte Schilderung der Ereignisse ist hinsichtlich des grundsätzlichen Ablaufs mit den Erkenntnissen aus der Kameraüberwachung vereinbar. Dass die Täter den Angriff auf den Privatkläger bereits in den rund zwei Minuten bis um 01:38:52 Uhr starteten, ist naheliegend. Die kurze Flucht, weg vom Gebäude, auf welcher der Privatkläger nach seiner Darstellung eine erste Verletzung erlitt und die vor einem Hindernis (grosse Steine mit Pflanzen) endete, sind mit der Ansammlung von Bluttropfen auf dem Parkfeld Nr. 5 vereinbar. Der darauffolgende Richtungswechsel und weitere ihm zugefügte Verletzungen kön- nen die Blutspuren bei seinem Auto erklären. Eine gemessen am Bildmaterial de- taillierte, zutreffende Schilderung der gesamten Ereignisse im Gebäude fehlt. Sei- ne Angabe, der Täter 1 habe im Gebäude die Motorsäge gestartet, er, der Privat- kläger, habe Angst gehabt, dieser werde ihm den Kopf abschneiden, habe seinen Kopf und Körper mit seinen Armen geschützt und eine tiefe Schnittwunde am lin- ken Handgelenk erlitten, bevor er aufgestanden und geflüchtet sei, lässt sich hin- gegen mit dem Bildmaterial, dem Verletzungsbild und den Blutspuren im Gebäu- de mit der Einschränkung vereinbaren, dass der Privatkläger die von ihm erwähn- te tiefe Verletzung gemäss ärztlichem Befund in der linken Hohlhand erlitt und diese unter Berücksichtigung der Feststellungen des IRM im dynamischen Ablauf vor dem Verlassen des Gebäudes als aktive Abwehrverletzung beim Hineingrei- fen in das Schwert der mit Vollleistung oder einer sich in der Anlauf- respektive Abbremsphase befindlichen Kettensäge entstanden sein muss. Die Beschreibung

          der Flucht ist mit den Blutspuren vor dem Gebäude kompatibel, die indizieren, dass der Privatkläger bereits an der Hohlhand verletzt zu Boden stürzte. Die ihm gemäss seiner Darstellung vom Täter 2 in dieser Phase des Geschehens zuge- fügten Verletzungen an Brust und Nase stammen dabei nach der vorstehend er- wähnten Einschätzung des IRM von einer stehenden Kette einer Motorsäge.

        2. Am 19. Dezember 2018, also über elf Jahre nach dem Vorfall, schilderte der Privatkläger den Ablauf des Vorfalls in seiner Einvernahme bei der Staatsanwalt- schaft wieder ähnlich, wie in der polizeilichen Einvernahme vom 24. Mai 2007 (Urk. 5/1) und damit im Sinne des Erwogenen grundsätzlich auch mit der weiteren Aktenlage kompatibel. Eindrücklich erscheint dabei seine Beschreibung, dass seine Hände nach dem letzten Schnitt vor seiner Flucht aus dem Gebäude plötz- lich nicht mehr stabil gewesen seien und er sie auch auf dem Vorplatz beim Auf- stehen nicht mehr habe benutzen können, weil er sie nicht mehr gespürt habe. Präzisierend führte er ferner aus, dass der Täter Nr. 2 ihm die Verletzungen an der Brust zugefügt habe, indem dieser ihm die Motorsäge nachgeworfen habe (Urk. 5/1 S. 7). Dass die Motorsäge dabei lief, wie seine Bemerkung, der Täter Nr. 2 habe die Maschine anbekommen, bevor er sie geworfen habe, nahelegt, wi- derspricht den bereits erwähnten gutachterlichen Feststellungen, begründet aber keine grundsätzlichen Zweifel an der Darstellung des Privatklägers, der stets ein dynamisches Geschehen beschreiben musste.

          1. Am 8. April 2017 wurde bei einer akustischen Überwachung des Innen- raums eines Fahrzeuges im Rahmen eines gegen Dritte geführten Ermittlungsver- fahrens wegen Handels mit Methamphetamin ein Gespräch aufgezeichnet, in dessen Verlauf B. unter anderem einen Überfall mit Kettensägen auf eine J. -Filiale und einen dort anwesenden Neger erwähnte (Urk. 2/2-4,

            Urk. 2/7). Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, handelt es sich dabei um die Erstaussagen von B. , die insofern von besonderer Bedeutung sind, als sie im privaten Rahmen, offensichtlich ohne Strafverfolgungswille, erfolgten. Sie ha- ben fraglos den anklagegegenständlichen Überfall zum Gegenstand, was auch die Verteidigung nicht in Abrede stellt.

          2. Dass die aufgezeichnete Schilderung nicht aus eigenem Erleben stammt, sondern aus Medienberichten (allenfalls kombiniert mit Computerspielen) konstru- iert ist (vgl. Urk. 99 S. 17 f.; Urk. 51 S. 28 f.), ist auch unter Berücksichtigung der hohen Intelligenz von B. nicht mehr als eine theoretische Möglichkeit. Rich- tig ist, dass die im überwachten Gespräch erwähnten Details der Tat in weiten Teilen (Ort und Zeitpunkt des Überfalls, Hautfarbe und Tätigkeit des Opfers, Zahl der Täter, Motorsägen als Tatwaffen) auch öffentlich bekannt waren, wie sich aus bei den Akten liegenden Presseanfragen und der Reaktion der Behörden darauf ergibt (Urk. 1/2/44/1-4) und B. im abgehörten Gespräch selber auf einen Bericht über einen blutigen Überfall auf Teletext verweist (Urk. 2/2 S. 2). Die Schilderung von B. enthält aber über die blossen äusseren Fakten hinaus- gehend Elemente, die er in so charakteristischer Weise darstellt, dass sie für sei- ne Tatbeteiligung sprechen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang nament- lich auf die auch von der Vorinstanz erwähnte Darstellung der Vorgänge vor und nach der Tat. Dazu kommen Angaben zu seinem eigenen Verhalten während der Tat (Finte zu Beginn, Verletzen des Privatklägers und das Verfolgen des weinend und verletzt flüchtenden Privatklägers), die zusätzlich eine Ambivalenz offenbaren bzw. eine für unbeteiligte Dritte untypische emotionale Beteiligung verraten. Das hörbare Lachen irritiert, erscheint aber insgesamt als Ausdruck einer (noch) nicht gelungenen Verarbeitung des Geschehens. Gegen die These, dass es B. lediglich darum ging, sich mit einer erfundenen krassen Geschichte wichtigzuma- chen bzw. seine Freunde zu unterhalten (Urk. 99 S. 15 f.; vgl. Urk. 51 S. 32), spricht, dass er die Finte zu Beginn des Überfalls als huredreckig qualifizierte und das Opfer unter Hinweis darauf, dass er ehrliche Arbeit mache und ihm habe helfen wollen, als einen der wenigen Schwarzen bezeichnet, die ihm leidtäten (Urk. 2/2 S. 2). Mit diesen Äusserungen verliess er die Rolle eines Machos und Entertainers eindeutig. Die Bemerkung macht zudem deutlich, dass B. auf- grund seiner grundsätzlichen Vorbehalte gegen Menschen schwarzer Hautfarbe die von der Washington Post verbreitete These einer fremdenfeindlichen Attacke ohne Weiteres hätte übernehmen können, wenn er sie gekannt hätte und ohne eigene Tatbeteiligung eine Geschichte hätte erzählen wollen. Das machte er aber gerade nicht, sondern ordnete die Tat, über deren Hintergründe auch die Strafverfolgungsbehörde bis zu diesem Zeitpunkt rätselte (vgl. z.B. Urk. 1/2/44/3 [dürfte sich um eine Beziehungstat handeln]), – wie erwogen unter Nennung spezifi- scher Details – als Raubüberfall ein (zum Ganzen Urk. 2/2-4).

          3. Als treibende Kraft beim Überfall bezeichnete B. seinen Stiefvater. Warum er das in der gegebenen Situation, die nicht darauf zielte, irgendjeman- dem zu schaden, wider besseres Wissen hätte tun sollen, ist nicht ersichtlich. Den Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie und damit zu seinem Stiefvater hatte er bereits Jahre zuvor abgebrochen. Die von B. im aufgezeichneten Gespräch skiz- zierte Rollenverteilung zwischen den beiden Tätern entspricht sodann nicht nur dem natürlichen Gefälle zwischen einem Erwachsenen und einem 15-Jährigen, das von B. theoretisch ohne Täterwissen in eine Geschichte hätte einge- baut werden können, sondern korrespondiert auch mit den Erkenntnissen aus dem Bildmaterial und den diese bestätigenden Einschätzung des Privatklägers, dass es sich beim Täter Nr. 1 um den gefährlicheren der beiden Täter gehandelt habe (Urk. 5/1 S. 10). Vor diesem Hintergrund wenig überraschend konnte das FOR den Beschuldigten als Täter Nr. 1 auf dem Bildmaterial nicht ausschliessen und zeigen die detaillierten, in jeder Hinsicht glaubhaften Aussagen des völlig un- beteiligten Zeugen N. , dass auch die von B. erwähnten Einbrüche in den R. … ohne Weiteres stattgefunden haben können (Urk. 7/1). Dass

            B. dort zu irgendeinem Zeitpunkt ein Praktikum gemacht hätte, das ihm die Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse vermittelt hätte, macht auch die Verteidi- gung nicht geltend (vgl. Urk. 51 S. 32). Die aussergewöhnliche Wahl von Ketten- sägen als Tatwaffe passt ferner zum Umstand, dass der Beschuldigte in der Ver- gangenheit einer Arbeit in der Forstwirtschaft nachging (Prot. II S. 14; Urk. 49

            S. 8), mithin im Umgang mit Kettensägen geübt ist. Die Behauptung von B. , sein Gesicht sei nach der Tat voller Blut und in der Motorsäge des Beschuldigten sei noch Fleisch gewesen, das später im Keller gerochen habe, die er später im Verfahren wiederholte (vgl. Urk. 4/2 S. 5 f.; Urk. 48 S. 17), mag sodann zwar übertrieben sein (Urk. 99 S. 18 f., 24; vgl. Urk. 51 S. 32 f.). Angesichts der Verlet- zungen des Privatklägers, die nachweislich unter anderem durch eine laufende Kettensäge verursacht wurden, ist sie jedoch kein Hinweis auf eine erfundene Geschichte. Vielmehr ist naheliegend, dass das objektiv brutale Geschehen

            B. als damals erst 15-Jährigen überforderte und ihn dies, für ihn besonders Belastendes, überzeichnet wahrnehmen und/oder erinnern liess: Sein irritierendes Lachen bei gleichzeitig geäusserter Scham indiziert das auch konkret.

          4. Zusammengefasst ist der Verteidigung zwar beizupflichten, wenn sie be- tont, dass es keine objektiven Beweismittel für eine Tatbeteiligung von B. gebe (vgl. Urk. 51 S. 28). Allerdings erscheint es als ausgesprochen unwahr- scheinlich, dass es sich bei den abgehörten Äusserungen von B. lediglich um eine aus Presseberichten und allfälligen Computerspielen zusammenphanta- sierte Geschichte eines im Tatzeitpunkt 15-Jährigen handelt, mit der er seinen verhassten Stiefvater anlasslos dämonisiert. Dass er die Geschichte nicht be- reits erzählte, als er sich aus dem Familiengefüge zu befreien versuchte (vgl. Urk. 99 S. 16), lässt sich dabei ohne Weiteres damit erklären, dass er mit diesem Schritt auch seine eigene Tatbeteiligung gegenüber den Behörden hätte offenle- gen müssen. Wie schwer ihm dies noch heute fällt, ergibt sich aus seinen Aussa- gen im vorliegenden Verfahren (vgl. nachfolgend Erw. III.8.2.3. f.).

          1. Seine Äusserungen im abgehörten Gespräch bestätigte B. im Rah- men des Vorverfahrens und in der Zeugenbefragung vor Vorinstanz. Die strafpro- zessuale Rolle, in der er seine Aussagen jeweils machte, ist für die Glaubhaf- tigkeit seiner Aussagen (mit der Verteidigung; Urk. 51 S. 23) nicht von Belang. Ihm war von Anfang an bekannt, dass allfällige Tatvorwürfe gegen ihn verjährt sind (vgl. Urk. 4/1), weshalb namentlich die Tatsache der Selbstbelastung nicht entscheidend für die Glaubhaftigkeit seiner Depositionen im Strafverfahren spricht. Umgekehrt lässt sich aus dem Umstand, dass ihm keine Strafverfolgung drohte und er sich bei der Belastung des Beschuldigten keine Zurückhaltung auf- erlegte (vgl. Urk. 99 S. 17) auch nicht der regelhafte Schluss ziehen, dass seinen Depositionen im Strafverfahren zu misstrauen ist, zumal seine ersten, den Beschuldigten und ihn selber (identisch) belastenden Äusserungen vor der Eröff- nung des Strafverfahrens in privatem Rahmen ohne Strafverfolgungswillen erfolg- ten. Diese ersten Äusserungen weisen, wie erwogen, einen relevanten Realitäts- bezug auf. Zu einer anderen Beurteilung besteht auch unter Berücksichtigung der

            Aussagen von B. im Strafverfahren und der Depositionen des Privatklägers keine Veranlassung.

          2. Richtig ist (vgl. Urk. 99 S. 20 f.; Urk. 51 S. 24 ff.), dass B. den Angriff als Raubüberfall beschreibt, bei dem der Privatkläger unter Todesdrohung nach Geld gefragt worden sei, während der Privatkläger behauptet, er sei als Afrikaner mit dem Tod bedroht und nach dem Chef gefragt worden. Geld hätten die Täter nicht verlangt (Urk. 5/1 S. 10). In diesem Punkt sind allerdings erhebliche Zweifel an der Darstellung des Privatklägers angezeigt. Wie erwogen, weisen seine kurz nach dem Vorfall getätigten Aussagen einen Bruch auf, der nur damit sinnvoll zu erklären ist, dass er befürchtete, sich selber in Schwierigkeiten zu bringen, wenn er zugeben würde, dass er die Täter ins Gebäude gelassen hatte. Das Bestehen einer solchen Befürchtung vorausgesetzt, hatte der Privatkläger subjektiv auch einen Grund, nicht zu erwähnen, was auf einen Raubüberfall hätte hindeuten können, und den Vorfall stattdessen anders einzuordnen. Für die von ihm von An- fang an nicht nur in den Raum gestellte, sondern mit auffälligem Nachdruck ver- tretene Interpretation des Überfalls als rassistischen Angriff finden sich, wie er- wähnt, schon in seiner eigenen Schilderung keine überzeugenden Anhaltspunkte (vgl. Erw. III.7.1.2.). Die behauptete Verwendung des Wortes Afrikaner wirkt überdies künstlich. Die dargestellte Frage nach dem Chef könnte sodann zwar isoliert betrachtet ein Hinweis auf eine geplante Abrechnung sein, wie sie die Ver- teidigung ins Spiel bringt (Urk. 51 S. 27). Eine solche würde aber eine irgendwie geartete persönliche Verbindung zwischen den Tätern und dem Chef vorausset- zen, die eine gezielte Planung und das Abwarten eines tatsächlich günstigen Moments ermöglicht hätte. Zwar können diesbezüglich Fehleinschätzungen der Täter grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Sie erscheinen unter den ge- gebenen Umständen aber nur als theoretische Möglichkeit, deutete in der konkre- ten Situation doch gar nichts daraufhin, dass der Chef des Lokals und/oder der Chef des Privatklägers, die tatsächlich nicht vor Ort waren, noch hätten anwesend sein können. Ein Vorgehen auf gut Glück wäre, wie erwähnt, nicht nötig gewesen und hätte auf lange Sicht eine erfolgreiche Abrechnung sogar gefährdet, weil das potentielle Opfer durch den erfolglosen Angriff gewarnt gewesen wäre. Insgesamt überzeugt die Darstellung des Privatklägers in diesem Punkt nicht. B. hatte

            dagegen keinen Grund, das Geschehene gegenüber seinen Kollegen und damit übereinstimmend im Strafverfahren wahrheitswidrig als Raubüberfall einzuordnen. Den Umstand, dass ein solcher mitten in der Nacht auf das geschlossene Lokal objektiv absehbar zum Scheitern verurteilt war, ordnete er bereits im abgehörten Gespräch lebensnah ein. Das Vorgehen war von Vornherein kaum zielführend. Alternativen, die ohne wesentlich höheres Risiko bessere Aussichten auf Erfolg versprachen, gab es aber anders als bei einer Abrechnung nicht. Die knappen fi- nanziellen Verhältnisse und die Verschuldung der Ehegatten im Tatzeitpunkt räumt auch die Verteidigung zu Recht ein (Urk. 51 S. 37). Sie stellen zwar kein zwingendes Indiz für die Tatverübung dar, fügen sich jedoch in die Schilderung von B. ein. Dass dieser vom Privatkläger nicht als der Täter identifiziert wurde, der ihm zu Beginn unmaskiert gegenüberstand, vermag keine relevanten Zweifel an dieser zu begründen. Täterbeschreibungen und -identifikationen durch Zeugen sind notorisch unzuverlässig. B. weist sodann zwar kein mitteleuro- päisches Aussehen auf bzw. hat, wie die Verteidigung geltend macht (Urk. 99

            S. 21; Urk. 51 S. 27 f.), keine helle weisse Hautfarbe. Um einen Schwarzen Men- schen handelt es sich bei ihm jedoch nicht, so dass auch aus dem Umstand, dass der Privatkläger, der aus Angola stammt, den zu Beginn unmaskierten Täter als weissen Mann beschrieb, nicht unstimmig ist.

          3. Was den Tatablauf im Einzelnen betrifft, wurden B. im Verlauf des Vorverfahrens zwar einzelne Bilder der Überwachungskamera und die Schilde- rung des Privatklägers vorgehalten, wie die Verteidigung wiederum zutreffend festhält (vgl. Urk. 99 S. 25; Urk. 51 S. 29). Dies geschah jedoch erst, nachdem er in der ersten Einvernahme vom 31. Oktober 2018 mit dem abgehörten Gespräch konfrontiert, festgehalten hatte, dass es sich dabei um alte Geschichten handle, die sich ereignet hätten, bevor er im Sommer 2007 von zu Hause abgehauen sei (Urk. 4/1), und er in der parteiöffentlichen Einvernahme vom 19. Dezember 2018 zur Sache befragt, seine Äusserungen im abgehörten Gespräch bestätigt und den Tatablauf aus seiner Sicht geschildert hatte: Er habe mit dem Auftrag, ein verirrtes Kind zu spielen und Sorge zu erregen, an der Tür geklopft. Der Herr habe aufge- macht. Er sei nicht sicher, ob er extra auf Spanisch gesprochen habe. Der Herr habe sich Sorgen gemacht, wie es ihm gehe. Er sei ihm wohlwollend begegnet.

            Er habe so ausgesehen, wie ein Erwachsener, der sich um einen Jungen kümme- re. Sein Stiefvater sei dann so quasi hervorgekommen, vermummt, wenn er sich richtig erinnere. Dieser habe dem Herrn mit laufender Säge gedroht, er wolle das Geld, wo das Geld sei. Sein Stiefvater sei recht lautgeworden, auch wegen der laufenden Säge. Der Herr habe dann Panik bekommen. Er, B. , habe die- sem dann gesagt, er solle stehenbleiben. Dieser habe dann aber versucht zu flüchten, was ihm zwischen ihnen durch auch gelungen sei. Beim Zwischendurch- rennen habe ihn sein Vater mit der Motorsäge getroffen. Er nehme an, das es an der Hand gewesen sei, aber er wisse es nicht mehr. Er sei weiter weggerannt. Dann habe es geheissen, dass er ihm nachrennen solle. Er habe ja die kleinere Säge gehabt. Er habe das gemacht, aber natürlich nicht so, dass er ihn erwischt habe. Dann seien sie geflüchtet. Sie hätten es dann, wie er glaube, am nächsten Tag im Teletext gesehen. Er bestätigte ausdrücklich, dass Zweck des Projekts gewesen sei, zu Geld zu kommen. Ob er selber vermummt gewesen sei, könne er nicht mehr sicher sagen; möglich sei es. Seine Motorsäge sei beim Anklopfen hin- ter der Tür oder hinter ihm gewesen, irgendwie versteckt. Dass er das Opfer mit seiner Motorsäge verletzte habe, verneinte er. Ob er sie gestartet habe, könne er nicht mehr sicher sagen. Es könne sein, dass er Lärm gemacht habe, um das Op- fer zu erschrecken und beim Nachrennen. An irgendwelche Handlungen draussen vor dem J. bzw. vor der Türe könne er sich nicht erinnern. Es sei alles so schnell passiert (Urk. 4/2 S. 4 ff., 11). Erst danach wurden B. die Bilder der Überwachungskamera vorgehalten. Er identifizierte sich als Täter 2. Zu Bild

            Nr. 14 hielt er fest, dass der Privatkläger zu erklären versucht habe, dass er nichts wisse. Der Privatkläger habe kein Deutsch gekonnt. Er, B. , habe ihn nicht richtig verstanden. Bild Nr. 37 kommentierte er damit, dass er beim Wegrennen bemerkt habe, dass das Opfer getroffen worden sei. Wie schwer die Verletzung gewesen sei, wisse er aber nicht (Urk. 4/2 S. 6 f.). Auf die knapp zwei Minuten angesprochen, in denen der Privatkläger draussen war, bevor dieser mit den bei- den Tätern wieder in das Gebäude kam, führte er aus, dass er annehme, dass sein Stiefvater diesem habe klarmachen wollen, dass er Geld wolle, und dass man ihn in den J. lassen solle. Sein Stiefvater habe gehofft, dass man ihn hinein und zur Kasse führe. Die Frage, ob das Opfer draussen vor dem J.

            irgendwelche Verletzungen erlitten habe, verneinte er; das Opfer sei wirklich nur gerannt. Nochmals präzisierend auf die knapp zwei Minuten vor der Rückkehr ins Gebäude angesprochen, glaubte B. , dass sein Stiefvater dem Privatkläger die Faust gegeben habe. Mit der Schilderung des Privatklägers konfrontiert, kon- zedierte er, dass das Sinn mache, hielt aber auch fest, dass sich gemäss seiner Erinnerung alles in diesem Eingangsbereich abgespielt habe. Er könne aber nicht ausschliessen, dass das so gewesen sei, wie das Opfer es sage. Er habe diesem auch bewusst den Weg versperrt, und das aus dem Grund, weil er gewusst habe, was passieren könne, wenn jemand wegrenne, nämlich, dass sein Stiefvater die Motorsäge wirklich einsetze, was dann ja auch passiert sei (Urk. 4/2 S. 7 ff.). Am

    2. Januar 2020 schilderte B. die Ereignisse erneut als zusammenhängen- des Geschehen beim Personaleingang und im Gebäude (Urk. 4/3 S. 3 f.). Wann sein Stiefvater die Motorsäge gestartet hatte, konnte er nicht mehr sicher sagen. Sicher war er sich jedoch, dass die Motorsäge lief, als der Privatkläger flüchtete. Sein Stiefvater habe diesen in diesem Zeitpunkt an der Hand erwischt. Er habe ihn mit der laufenden Säge erwischt (Urk. 4/3 S. 4). Vor Vorinstanz schilderte er den Anfang der Ereignisse und das Verhalten seines Stiefvaters wieder im Er- gebnis gleich, zog die Geschehnisse aber insofern weiter zusammen, als er an- gab, sein Stiefvater sei reingestürmt, habe auf den Privatkläger eingeprügelt und diesen mit der Säge bedroht (Urk. 48 S. 6), während er einen Faustschlag vor der Türe nicht mehr erwähnte. Neu übernahm er die Behauptung des Privatklägers, diesem sei eine Motorsäge nachgeworfen worden, als Tatsache, führte jedoch aus, dass er nicht so genau wisse, wer das getan habe, und fuhr fort, dass der Privatkläger dann jedenfalls doch irgendwann weggerannt sei und man ihn zu Beginn noch mit dem Auto habe verfolgen wollen, das dann aber aufgegeben ha- be (Urk. 48 S. 6). Als der Privatkläger am Ende geflüchtet sei, habe sein Stiefva- ter ihn aufgefordert, er solle diesem nachrennen. Das habe er sozusagen auch gemacht. Aber er habe gewusst, dass das nichts werde, und er habe es auch ge- hofft. Er habe nur nicht gewollt, dass sein Stiefvater völlig ausraste (Urk. 48

    S. 7 ff.). Ferner erwähnte er, dass er noch wisse, dass man dem Privatkläger et- was nachgeworfen habe, dass sein Stiefvater diesem etwas nachgeworfen habe. Er wisse nicht, ob es die Säge gewesen sei (Urk. 48 S. 9). Dass er die Säge geworfen habe, stellte er in Abrede. Er habe sich recht schwer getan, das überhaupt durchzuziehen (Urk. 48 S. 9 f.). Darauf angesprochen, dass man eigentlich auch davon ausgehen müsse, dass er den Privatkläger ebenfalls mit der Motorsäge verletzt habe, bestand er darauf, dass er diese nie betätigt habe, und es einfach nicht in seiner Natur liege, so ein Gerät gegen jemanden zu verwenden. Mit sei- ner Bemerkung Ich habe ihn erwischt, weisst du, Wrrrr Wrrrr! im abgehörten Gespräch konfrontiert, räumte er dann ein, dass er das wahrscheinlich schon ge- macht habe. Er habe die Säge ja betätigen müssen und dass er beim Wegrennen auch nochmals an den Privatkläger gekommen sei, das sei schon möglich. Aber das heisse nicht, dass er sie gegen diesen eingesetzt habe (Urk. 48 S. 19). Der einzige Moment, den er richtig vor sich habe, sei der Moment, in dem der Privat- kläger durchgekommen sei und sein Stiefvater die Kettensäge betätigt habe, er habe die grössere gehabt, und dann habe er ihn am Handgelenk getroffen. Das sei das Einzige, von dem er wisse, dass es zu 100% so passiert sei, auch, dass er ihn drin im Raum noch geprügelt habe (Urk. 48 S. 43).

        1. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass B. – anders als der Privatkläger

    – erstmals über 11 Jahre nach dem anklagegegenständlichen Ereignis zu den Details des Vorfalls befragt wurde, was es plausibel macht, dass er noch den gro- ben Ablauf mit den aus seiner Sicht prägenden Elementen des Angriffs (Finte zu Beginn, Drohungen mit laufender Säge, Panik des Opfers, Zwischendurchrennen mit der Verletzung, Flucht und Aufforderung an ihn, dem Opfer nachzurennen) in Erinnerung hat und beispielsweise die Abfolge der Geschehnisse nicht mehr zu- verlässig abrufen konnte. Insoweit weicht seine Darstellung der Ereignisse auch nicht grundsätzlich von derjenigen des Privatklägers ab. Das gilt entgegen der Verteidigung (Urk. 99 S. 21; Urk. 51 S. 33 f.) namentlich auch für die Finte am An- fang, zumal die bestehenden sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten dazu geführt haben dürften, dass Äusserungen gegenseitig fehleranfällig interpretati- onsbedürftig waren. Bedeutende Differenzen bestanden bis zum Schluss einzig hinsichtlich derjenigen Phasen des Geschehens, in denen sich der zweite Täter gemäss dem Privatkläger ausserhalb des Gebäudes ebenfalls aktiv am Angriff auf ihn beteiligt und ihn auch verletzt habe. Insoweit – in Übereinstimmung mit der Verteidigung (Urk. 99 S. 21 f., 24 f., 26) – äusserte sich B. ausweichend

    und teilweise widersprüchlich. Allerdings liessen seine Aussagen, zumal im Licht des abgehörten Gesprächs, von Anfang an vermuten, dass er seine Beteiligung an der Verfolgung des Privatklägers zum Schutz seines Eigenbildes beschöni- gend darstellte. Ein Hinweis darauf, dass er an der Tat tatsächlich gar nicht betei- ligt war (Urk. 99 S. 28; Urk. 51 S. 34), war das jedoch nie.

    8.3. Zusammengefasst erweist sich die Darstellung von B. als glaubhaft, wonach er den erstellten Überfall auf den Privatkläger zusammen mit dem Beschuldigten ausführte und es dabei darum ging, Geld zu erbeuten.

    1. Insgesamt bestehen gestützt auf die objektiven Beweismittel, insbesondere die Tatortbilder, die Bilder der Überwachungskamera der anklagegegenständli- chen J. -Filiale sowie das rechtsmedizinische Gutachten, die Aussagen des Privatklägers, und diejenigen von B. , namentlich dessen nicht intendierte Erstaussage, keine im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StPO unüberwindlichen Zweifel daran, dass der Vorfall sich wie in der Anklageschrift dargestellt ereignete. Ob der Privatkläger in der ersten Phase des Angriffs vor dem Gebäude tatsächlich (auch) nach dem Chef gefragt wurde, kann offenbleiben. Jedenfalls erstellt ist, dass der Privatkläger – wie es die Anklageschrift für die Phase innerhalb des Gebäudes explizit erwähnt – nach Geld gefragt wurde.

    2. Die Beteuerungen des Beschuldigten, an der Tat nicht beteiligt gewesen zu sein, und sein Vorbringen, dass er, hätte er die Tat begangen, sich anders verhal- ten hätte, mithin geflohen wäre oder B. unter Druck gesetzt hätte (vgl. Urk. 99 S. 17), vermögen am Beweisergebnis, wie es sich bei einer Gesamtbeurteilung ergibt, ebenso wenig etwas zu ändern, wie sein Verhalten im Strafverfahren. Zwar ist richtig, dass der Beschuldigte sich gegen den Beizug der SUVA-Akten nicht wehrte und er selber die Körperhöhenbestimmung beantragte und damit im Er- gebnis zu einer Schwächung seines Standpunkts beitrug. Dass ein solches pro- zessuales Verhalten nur von einem Unschuldigen an den Tag gelegt wird (Urk. 99

    S. 28 ff.; Urk. 51 S. 38 ff.), trifft allerdings nicht zu. Fehleinschätzungen aller Art, zumal unter dem Druck des Verfahrens, kommen regelmässig vor. Konkret kann der Beschuldigte, der überzeugt war, dass der Täter 1 auf den Bildern der Über- wachungskamera grösser aussah, als er (Urk. 3/3 S. 4), die technischen/wissenschaftlichen Möglichkeiten unterschätzt haben. Der Unfall, auf den sich der Beschuldigte mit seiner Behauptung, er sei im Tatzeitpunkt arbeitsunfä- hig gewesen, bezog, fand zudem nicht nur nach der Tat am 25. März 2008 statt, sondern hatte auch keine vollständige Bewegungsunfähigkeit des Beschuldigten zur Folge. Er selber erwähnte eine Verletzung des rechten Knies, des rechten Arms und der rechten Schulter und machte weiter geltend, er habe den rechten Arm nicht hochheben können und hinken müssen (Urk. 3/1 S. 2 f.). Aus den von der Verteidigung vor Vorinstanz eingereichten Unterlagen der Unfallversicherung ergibt sich, dass der Unfall einen Invaliditätsgrad von lediglich 10% zur Folge hat- te (Urk. 53/1). In dieser Hinsicht kann also eine bei juristischen Laien häufig anzu- treffende Fehlvorstellung über die rechtliche Bedeutung einer Arbeitsunfähigkeit am Ursprung des Verhaltens des Beschuldigten gestanden sein. Letztlich kann aber angesichts des im Übrigen eindeutigen Beweisergebnisses offenbleiben, was den Beschuldigten zu seinem prozessualen Verhalten veranlasste. Es entlas- tet ihn jedenfalls nicht.

  2. Rechtliche Würdigung

  1. Die Vorinstanz hat das erstellte Verhalten des Beschuldigten zutreffend als versuchten qualifizierten Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 und 4 StGB in Verbin- dung mit Art. 22 Abs. 1 StGB gewürdigt, wobei sie, wie eingangs erwogen, richtig von der Anwendbarkeit des im Tatzeitpunkt geltenden (aus heutiger Sicht alten) Rechts ausging, das hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen keine Verän- derung erfahren hat. Es kann vorab auf die Erwägungen im angefochtenen Ent- scheid (Urk. 69 E. IV) verwiesen werden.

    1. Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt den Grundtatbestand des Raubes und den Qualifikationsgrund der Herbeiführung einer Lebensgefahr im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die nicht voraussetzt, dass ein Täter gewillt ist, sein Opfer gegebenenfalls auch zu töten, ohne Weiteres. Denn mit der Vor- instanz und entgegen der Ansicht der Verteidigung (vgl. Urk. 99 S. 31 f.) ist ge- stützt auf das IRM Gutachten vom 22. September 2008, wie bereits erwogen, von einer laufenden Kettensäge im Inneren des Gebäudes auszugehen, wodurch zusammen mit den vom Beschuldigten ausgeführten Auf- und Abwärtsbewegungen mit der Motorsäge die nahe Gefahr von tödlichen Verletzungen im Hals- bzw. Kopfbereich des Privatklägers geschaffen wurde (vgl. vorstehend Erw. II.2.5.). Zum Qualifikationsgrund besonders grausamer Behandlung ist präzisierend fest- zuhalten, dass mit einer Raubtat notwendigerweise die Androhung oder Aus- übung erheblicher Gewalt gegen die Person des Opfers verbunden ist. Erst ein Verhalten, mit dem ein Täter einem Opfer aus einer gefühllosen, unbarmherzigen Gesinnung rücksichtlos besonders schwere physische oder psychische Qualen zufügt, oder diesem mit zweckloser Bosheit Schmerz zufügt, erfüllt das Qualifika- tionsmerkmal der besonderen Grausamkeit (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_865/2013 vom 11. Dezember 2014 E. 3.1.2.). Die Anklage nimmt ein solches dahingehend an, dass der Beschuldigte, im Zusammenwirken mit seinem Stief- sohn, den Privatkläger in sehr grosse Todesangst versetzt und ihm dabei sehr konkret angedroht habe, ihn mit den laufenden Kettensägen bei lebendigem Leib zu zerstückeln. Dem ist insofern zuzustimmen, als der Privatkläger von den Tä- tern während beinahe zwei Minuten eigentlich gejagt, dann in einem engen Gang bedrängt und schliesslich auch auf der Flucht noch verfolgt wurde. B. , dem die Verfolgung zu Fuss aufgetragen war, setzte dem flüchtenden Privatkläger zwar gemäss seiner durch die Ereignisse bestätigten Darstellung nicht mit letzter Konsequenz nach. Aus der Sicht des Privatklägers änderte sich dadurch an der Bedrohungslage zunächst aber nichts. Er wurde bis zu diesem Zeitpunkt von zwei Tätern gejagt, die mit ihren Motorsägen nicht nur drohten, sondern sie auch wie- derholt mit laufenden Sägeblättern gegen ihn in einer Weise einsetzten, die bei ihm die Angst entstehen lassen musste, schlimmstenfalls bei lebendigem Leib zerstückelt zu werden. Der wiederholte Einsatz der laufenden Motorsägen durch zwei Täter gegen den wehrlosen Privatkläger war gefühllos und kaltblütig und versetzte diesen unnötig zusätzlich in grosse Angst, einen besonders grausamen Tod erleiden zu müssen.

    2. Ein Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt, ohne dabei alle objektiven Tatbestandsmerkmale zu verwirklichen (BGE 137 IV 113 E. 1.4.2; DONATSCH: in: Donatsch/Heimgartner/Isenring/Weder [Hrsg.], StGB Kommentar, 21. Aufl. 2022,

      N 2 zu Art. 22 StGB m.w.H.). Die Begehung eines vollendeten Diebstahls (mit al- len nach Art. 139 StGB erforderlichen objektiven und subjektiven Merkmalen) wird für die Vollendung des Raubes stets vorausgesetzt (BGE 133 IV 207 E. 4.2.). Dem Beschuldigten gelang es mit seinem Verhalten nicht, anders als er sich es vorgenommen hatte, Geld zu erbeuten, weshalb es hinsichtlich des Diebstahls und damit auch des Raubes beim Versuch geblieben ist.

  2. Der Beschuldigte ist folglich des versuchten qualifizierten Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 4 aStGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

V. Sanktion

  1. Art. 140 Ziff. 4 aStGB sieht in Verbindung mit Art. 40 aStGB einen ordentli- chen Strafrahmen von fünf bis zwanzig Jahre Freiheitsstrafe vor. Die versuchte Tatbegehung und der Zeitablauf seit der Tat bei gleichzeitigem Wohlverhalten des Täters stellen Strafmilderungsgründe dar (Art. 22 Abs. 1 StGB; Art. 48 lit. e StGB), die zu einer Erweiterung des ordentlichen Strafrahmens nach unten führen kön- nen (Art. 48a StGB). Wie zu zeigen sein wird, rechtfertigt der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, lediglich eine leichte Strafminderung und ist der Strafmilderungsgrund von Art. 48 lit. e StGB nicht anwendbar. Aussergewöhnliche Umstände, welche es angezeigt erscheinen lassen würden, den ordentlichen Strafrahmen (nach unten) zu verlassen, bestehen deshalb keine. Die Strafe für den versuchten qualifizierten Raub ist folglich innerhalb des ordentlichen Straf- rahmens zu bemessen.

  2. Innerhalb des Strafrahmens bemisst das Gericht die Strafe gemäss Art. 47 StGB nach dem Verschulden des Täters. Zu berücksichtigen sind das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden ist nach der Schwere der Verletzung oder Gefähr- dung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach zu bestimmen, wie weit der

    Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefähr- dung oder Verletzung zu vermeiden (vgl. zu den Einzelheiten: BGE 136 IV 55).

    1. Bei der Bewertung der objektiven Tatschwere ist es, wenn es, wie vorlie- gend, beim Versuch geblieben ist, gedanklich vom vollendeten Delikt auszuge- hen, also davon, dass der Beschuldigte sein Ziel erreicht hätte, einen Diebstahl zu begehen. Es ist mit Blick auf die überfallene Lokalität weder ein besonders gerin- ger noch ein besonders hoher (potentieller) Deliktsbetrag anzunehmen. Im Zent- rum der Verschuldensbewertung steht in objektiver Hinsicht allerdings das Tat- vorgehen, das mit Blick auf die Erfolgsaussichten der Tat zwar dilettantisch gewe- sen sein mag, effektiv aber in zweifacher Hinsicht die Qualifikationsmerkmale von Art. 140 Ziff. 4 StGB erfüllt, was zu einer Verschuldenserhöhung führt. Die beiden Qualifikationsgründe überschneiden sich dabei in tatsächlicher Hinsicht insofern, als das unter Ziffer 7 der Anklageschrift beschriebene Verhalten des Beschuldig- ten zu einer stark erhöhten konkreten Lebensgefahr führte und gleichzeitig mit der besonderen Grausamkeit und dem skrupellosen Vorgehen dazu beitrug, die To- desangst des Privatklägers zu vertiefen. In diesem Zusammenhang ist namentlich zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Kettensäge nicht nur vorzeigte, sondern diese aktiv einsetzte. Zudem machte sich der Beschuldigte seinen da- mals bekanntlich gerademal 15-jährigen Stiefsohn B. als Gehilfen, respekti- ve Mittäter, zu Nutze, instruierte diesen an einer Motorsäge und involvierte damit einen schutzbefohlenen minderjährigen Dritten in die Raubtat, was ebenfalls ver- schuldenserhöhend zu Buche schlägt. Ebenso wie das Missverhältnis zwischen der zu erwartenden Beute und des brutalen brachialen Tatvorgehens. Weiter litt der Privatkläger noch über zehn Jahre später psychisch unter der Tat und erklär- te, diese Situation habe sein ganzes Leben zerstört (Urk. 5/1 S. 14; vgl. auch Urk. 1/2/17 S. 3, Urk. 1/2/37 S. 11). Die tatsächlich erlittenen physischen Verletzungen waren erheblich, erreichen aber, jedenfalls so wie sie in der Anklage umschrieben sind, die Schwelle zu einer schweren Körperverletzung noch knapp nicht. Insge- samt ist festzuhalten, dass die Tat für den Privatkläger über den Tatzeitpunkt hin- aus schwerwiegende Folgen hatte und hat. Auch innerhalb der qualifizierten Raubtaten gemäss Art. 140 Ziff. 4 StGB wiegt die Tat objektiv daher beträchtlich.

    2. Der Beschuldigte handelte bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes direktvorsätzlich, hinsichtlich der Qualifikationsmerkmale zumindest eventualvor- sätzlich. Ein Motiv, das die Tat subjektiv in milderem Licht erscheinen lassen wür- de, ist nicht ersichtlich. Das subjektive Tatverschulden relativiert das objektive nicht massgeblich. Es bleibt bei einem Verschulden im mittleren Bereich.

    3. Davon ausgehend erweist sich eine Einsatzstrafe von 10 Jahren als ange- messen. Mit der Staatsanwaltschaft ist zwar die Schwere der Tat zu betonen. Al- lerdings sind innerhalb des qualifizierten Tatbestandes trotz allem noch deutlich schwerere Delikte denkbar, welche nebst den beiden vorliegend gegebenen Qua- lifikationsmerkmalen (Lebensgefahr, grausame Behandlung) auch noch eine schwere Körperverletzung beinhalten. Der weite und hohe, der vorsätzlichen Tö- tung entsprechende Strafrahmen, umfasst auch hochprofessionell geplante und durchgeführte, auf ausgesprochen hohe Beute zielende Raubtaten, in deren Rahmen Opfer grausam behandelt, in Lebensgefahr gebracht und/oder lebensge- fährliche verletzt werden.

    1. Diese hypothetisch schuldangemessene Strafe ist aufgrund des Umstandes zu reduzieren, dass es beim Versuch geblieben ist. Dabei hängt das Mass der zu- lässigen Strafreduktion unter anderem von der Nähe des tatbestandsmässigen Erfolgs und von den tatsächlichen Folgen der Tat ab. Je näher der tatbestands- mässige Erfolg und je schwerwiegender die tatsächlichen Folgen der Tat waren, desto weniger wird die Strafe reduziert (BGE 121 IV 49 E. 1b).

    2. Beim Raubtatbestand handelt es sich um ein aus einer qualifizierten Nöti- gung und einem Diebstahl zusammengesetztes Delikt. Dass es beim Versuch blieb, liegt einzig darin begründet, dass ein Diebstahl nicht stattfand. Das war zwar absehbar, ändert an der Schwere der Tat, in deren Verlauf der Beschuldigte alles probierte, um an Beute zu gelangen, insgesamt aber nur marginal etwas und rechtfertigt lediglich eine leichte Strafreduktion um ein halbes Jahr auf 9 ½ Jahre Freiheitsstrafe.

  1. Der knapp 45-jährige Beschuldigte ist in der Dominikanischen Republik ge- boren und aufgewachsen. Im Alter von knapp 18 Jahren kam er im Jahr 1995 zu

    seiner Mutter in die Schweiz und besuchte in Zürich eine Privatschule. Der Beschuldigte hat keine Ausbildung gemacht. Er hat verschiedene Arbeiten ausge- führt, etwa als Gerüstmonteur, Reinigungsangestellter, im Tief- und Hochbau so- wie im Forstbereich und als Lagerist. Ausserdem ist er Kampfsportler. Er hat eine Schwester, die ebenfalls in der Schweiz lebt, und einen Bruder in der Dominikani- schen Republik (Prot. II S. 11 f., 14, 17; Urk. 49 S. 4, 6 ff.; Urk. 17/10 S. 3 f.). Zur Tatzeit, im Jahre 2007, lebte der Beschuldigte zusammen mit seiner Ehefrau, den zwei gemeinsamen Töchtern und seinem Stiefsohn – B. , welcher der Sohn seiner Ehefrau aus einer früheren Beziehung ist – in G. in einer Mietwoh- nung. Ob der Beschuldigte damals einer Arbeit nachging, ist nicht geklärt. Zuletzt arbeitete er als Maschinist für die Firma Alphaplan im Auftrag der SBB, bevor er im Jahr 2015 einen Arbeitsunfall mit Verletzungen am Ohr und am linken Arm, un- ter anderem an der Schulter und der Hand, erlitt und nicht mehr arbeiten konnte. Vor seiner Verhaftung im Jahr 2018 lebte er von einem SUVA-Taggeld in der Hö- he von ungefähr Fr. 4'200.– sowie einer SUVA-Rente von Fr. 180.–; letzteres ge- stützt auf einen Unfall im Jahr 2008 und eine daraus resultierende 10% Arbeitsun- fähigkeit. Gleichzeitig wurde er von seiner Ehefrau finanziell unterstützt. Die SUVA-Rente erhält der Beschuldigte nach wie vor, das Taggeld wurde zwischen- zeitlich eingestellt (Prot. II S. 10, 14 ff.; Urk. 49 S. 3, 8 ff.; vgl. auch Urk. 53/1 und Urk. 53/4). Derzeit arbeitet der Beschuldigte im Atelier des Gefängnisses (Prot. II

    S. 11). Er hat nach eigenen Angaben Schulden für Kredite im Umfang zwischen Fr. 120'000.– und Fr. 150'000.–, weshalb es auch zu einer Lohnpfändung kam, zuerst bei seiner Frau und danach bei ihm (Prot. II S. 17 f.; vgl. auch Urk. 49

    S. 10 f.). Etwas für die Strafzumessung Relevantes ergibt sich daraus nicht.

      1. Der Beschuldigte war im Tatzeitpunkt nicht vorbestraft und hat den gegen ihn erhobenen Vorwurf immer bestritten. Vorstrafen, die straferhöhend zu berück- sichtigen wären, oder ein Geständnis und/oder Einsicht und Reue, die strafmin- dernd wirken würden, fehlen damit.

      2. Im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils waren seit der Tat bereits mehr als 13 Jahre vergangen. Inzwischen sind es beinahe 15 Jahre, was der Frist für die Verfolgungsverjährung entspricht. Der Beschuldigte wurde am 28. Juni 2010 von

        der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen und zu einer Busse verurteilt. Die fahrlässige Körperverletzung fügte der Beschuldigte einer Ladendetektivin bei Gelegenheit von Abklärungen betreffend einen von ihm und seiner Ehefrau verüb- ten geringfügigen Ladendiebstahl zu (beigezogene Akten, STA Win- terthur/Unterland, Unt.-Nr. 2009/5722; Urk. 17/1; Urk. 17/7). Am 12. Juni 2012 wurde er von der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zudem wegen Be- trugs zu einer teilbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen als Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 28. Juni 2010 verurteilt (beigezogene Akten, STA III des Kt. Zü- rich, Unt.-Nr. 2012/205; Urk. 17/1; Urk. 17/5). Dieser Strafbefehl ist nach wie vor im Strafregister eingetragen (Urk. 92). Beide Delikte sind gemessen an der zu sanktionierenden Tat zwar Bagatellen, zeigen mit dieser aber auch gewisse kriti- sche Parallelen (Einsatz von körperlicher Gewalt, Vermögensdelikt). Abgesehen davon, setzt Wohlverhalten im Sinne der erwähnten Bestimmung aber das gene- relle Fehlen von strafbaren Handlungen voraus (Urteil des Bundesgerichts 6B_260/2020 vom 2. Juli 2020 E. 2.3.3.). Die Voraussetzungen für eine Strafmil- derung in Anwendung von Art. 48 lit. e StGB sind folglich nicht erfüllt. Gleichwohl ist dem Zeitablauf seit der Tat mit einer erheblichen Strafreduktion Rechnungen zu tragen. Bei der zu sanktionierenden Tat handelt es sich zwar um eine gravie- rende, und der Beschuldigte wurde auch danach wieder in einer Weise straffällig, die gewisse Parallelen zeigt. Allerdings ist inzwischen eine Zeitspanne vergan- gen, die der Frist für die Verfolgungsverjährung entspricht. Die beiden erwähnten anderen Strafverfahren gehen auf Vorfälle im Juli und anfangs Oktober 2009 zu- rück. Der Beschuldigte hatte sich folglich bereits vor seiner Inhaftierung am 31. Oktober 2018 seit neun Jahren strafrechtlich nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Das rechtfertigt eine Strafreduktion in der Grössenordnung von gegen ei- nen Drittel auf 6 ½ Jahre Freiheitsstrafe.

      3. Eine mediale Vorverurteilung, die eine weitere Strafreduktion rechtfertigen würde, fand nicht statt. Auch das Beschleunigungsgebot – seit der Inhaftierung des Beschuldigten sind dreieinhalb Jahre vergangen – ist insgesamt als noch nicht verletzt anzusehen.

  2. Der Beschuldigte ist folglich mit einer Freiheitsstrafe von 6 ½ Jahren zu be- strafen. Daran ist die von ihm seit dem 31. Oktober 2018 bis und mit heute in Un- tersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. vorzeitigem Strafvollzug erstandene Haft von 1'270 Tagen anzurechnen (Art. 51 StGB).

  1. Zivilforderung

    Der korrekt begründete Entscheid der Vorinstanz betreffend die Zivilforderung des Privatklägers ist ohne Weiteres zu bestätigen (Urk. 69 E. VI.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Entsprechend ist festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber dem Pri- vatkläger aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatz nach schadenersatz- pflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Schadenersatzanspruches ist der Privatkläger auf den Weg des Zivilprozesses zu verweisen.

  2. DNA-Probe / DNA-Profil

    Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 ½ Jahren Freiheitsstrafe wegen eines Vorsatzdelikts sind die Voraussetzungen für die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes gegeben. Es ist folglich eine entsprechende Anordnung zu treffen. Mit dem Vollzug ist das Forensische Institut Zürich (FOR) zu beauftragen und der Beschuldigte ist zu verpflichten, innert 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils beim Forensischen Institut Zürich, Eingang Kantonspolizei, Kasernenstrasse 49, 8004 Zürich zwecks DNA-Probenahme für die DNA- Profilerstellung zu erscheinen. Kommt er dieser Verpflichtung unentschuldigt nicht nach, ist die Kantonspolizei zu ermächtigen und zu verpflichten, ihn – auf entsprechende Mitteilung des Forensischen Instituts hin – zwangsweise vorzuführen. Der Beschuldigte ist auf Art. 205, 207 und 417 StPO aufmerksam zu machen.

  3. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Ausgangsgemäss ist die erstinstanzliche Kostenauflage zu bestätigen und sind die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen seiner amtli- chen Verteidigung und der Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Pri- vatklägers, dem Beschuldigten zu zwei Dritteln aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers sind auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten im Umfang der Kostenaufla- ge ist vorzubehalten (Art. 135 Abs. 4 StPO).

  2. Die amtliche Verteidigung ist für ihre Bemühungen im Berufungsverfahren, inklusive Berufungsverhandlung, mit insgesamt Fr. 14'200.– (inkl. Mwst.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen (vgl. Urk. 94 zzgl. Berufungsverhandlung).

  3. Die unentgeltliche Rechtsvertretung des Privatklägers ist für ihre Bemühun- gen im Berufungsverfahren mit Fr. 240.– (inkl. Mwst.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen (vgl. Urk. 95).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Dielsdorf, I. Abtei- lung, vom 12. November 2020 in der berichtigten Fassung vom 19. Novem- ber 2020 bezüglich der Dispositivziffern 4 (Verwendung von Asservaten),

    7 (Entschädigung amtliche Verteidigung), 8 und 9 (Entschädigung unentgelt- liche Vertretung des Privatklägers) und 10 (Kostenfestsetzung) in Rechts- kraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig des versuchten qualifizierten Raubes

    im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 und 4 aStGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 6 ½ Jahren Freiheitsstrafe, wovon bis und mit heute 1'270 Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vor- zeitigen Strafvollzug erstanden sind.

  3. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber dem Privatkläger, M. , aus dem eingeklagten Ereignis dem Grund-satze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Schadenersatzanspruches wird der Privatkläger auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  4. Es wird die Abnahme einer DNA-Probe und Erstellung eines DNA-Profils im Sinne von Art. 5 des DNA-Profil-Gesetzes angeordnet.

    Das Forensische Institut Zürich (FOR) wird mit dem Vollzug beauftragt und der Beschuldigte verpflichtet, innert 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils beim Forensischen Institut Zürich, Eingang Kantonspolizei, Kasernenstrasse 49, 8004 Zürich zwecks DNA-Probenahme für die DNA- Profilerstellung zu erscheinen. Kommt er dieser Verpflichtung unentschuldigt nicht nach, wird die Kantonspolizei hiermit ermächtigt und verpflichtet, ihn - auf entsprechende Mitteilung des Forensischen Instituts hin - zwangsweise vorzuführen. Der Beschuldigte wird auf Art. 205, 207 und 417 StPO aufmerksam gemacht.

  5. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 11) wird bestätigt.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 4'000.– ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 14'200.– amtliche Verteidigung,

    Fr. 240.– unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft.

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden zu zwei Dritteln dem Beschuldigten auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Ver- teidigung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft wer-

    den auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang der Kostenauflage gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  8. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

  9. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesge- richtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 22. April 2022

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Stiefel

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Brülisauer

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