Zusammenfassung des Urteils SB210018: Obergericht des Kantons Zürich
Das Urteil vom 10. September 2020 betrifft die Vollstreckung eines Besuchsrechts für die gemeinsame Tochter C. in einem Scheidungsverfahren. Die Gesuchsgegnerin wurde angewiesen, das Besuchsrecht an bestimmten Tagen zu ermöglichen, jedoch wurden Übernachtungen abgelehnt. Beide Parteien erhielten die unentgeltliche Prozessführung. Die Kosten des Verfahrens wurden je zur Hälfte auf die Gerichtskasse genommen. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, indem das Besuchsrecht ohne Übernachtungen angeordnet wurde. Die Beschwerde wurde im Übrigen abgewiesen. Das Urteil ist ein Endentscheid und kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210018 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 09.05.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Einfache Körperverletzung etc. |
Schlagwörter : | Privatklägerin; Berufung; Beschuldigte; Genugtuung; Beschuldigten; Schaden; Gericht; Urteil; Verfahren; Verteidigung; Vorinstanz; Punkt; Gericht; Berufungsverfahren; Anschlussberufung; Verletzung; Forderung; Schadenersatz; Entscheid; Verletzungen; Sinne; Grundsatz; Streitwert; Verfahren; Zivilpunkt; Verfahrens; Uster; Gerichtskasse |
Rechtsnorm: | Art. 122 StPO ;Art. 123 StPO ;Art. 126 StPO ;Art. 134 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 177 StGB ;Art. 2 ZGB ;Art. 308 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 383 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 4 ZGB ;Art. 401 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 41 OR ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 47 OR ;Art. 49 OR ;Art. 78 BGG ;Art. 91 ZPO ; |
Referenz BGE: | 133 III 701; 141 IV 97; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210018-O/U/hb-cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Stiefel, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Bertschi und Ersatzoberrichter lic. iur. Kessler sowie Gerichtsschreiberin MLaw Brülisauer
Urteil vom 9. Mai 2022
in Sachen
1. A. ,
2. ...
Privatklägerin, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte 1 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
gegen
Beschuldigter, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungskläger amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend einfache Körperverletzung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich vom 25. Mai 2020 (Urk. 21) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 51 S. 29 ff.)
Der Beschuldigte, B. , ist schuldig
der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 5 StGB;
der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB;
des Fahrens ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG;
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 10 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 19 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 80.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe sowie der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Juni 2019 beschlagnahmte Damenunterhose mit Tiermuster (Asservaten-Nr. A012'254'352) ist nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids zu vernichten.
Die beim Forensischen Institut Zürich unter der Geschäfts-Nr. K190124-049
/ 74584193 gelagerten Spuren und Spurenträger sind nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids zu vernichten.
Die Privatklägerin 1 (A. ) wird mit ihren Zivilansprüchen auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'800.–.
Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.
Die weiteren Kosten betragen:
Fr. 3'304.05Auslagen Untersuchung
Fr. 3'000.–Gebühr gemäss § 4 Abs. 1 lit. d GebV StrV
Die Entscheidgebühr und die weiteren Kosten werden dem Beschuldigten auferlegt.
Rechtsanwalt lic. iur. Y. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten mit Fr. 16'643.95 (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse ge- nommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung beim Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Rechtsanwältin lic. iur. X. wird für ihre Bemühungen als unentgeltliche Geschädigtenvertreterin der Privatklägerin mit Fr. 12'394.35 (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Kosten der unentgeltlichen Geschädigtenvertretung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung beim Beschuldigten gemäss Art. 138 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 135 Abs. 4 StPO.
Berufungsanträge:
Der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin: (Urk. 68 S. 2 i.V.m. Urk. 78 S. 2)
Prozessuale Anträge:
Auf die Anschlussberufung sei nicht einzutreten.
Es sei vom Obergericht zu prüfen, ob für eine amtliche (notwendige) Verteidigung noch eine rechtliche Grundlage besteht.
Materielle Anträge:
Es sei die Berufung der Privatklägerin gutzuheissen und in Abänderung von Dispositivziffer 6 des Urteils des Bezirksgerichts Uster vom
23. September 2020 sei
der Privatklägerin eine Genugtuung von Fr. 3'000.–, zuzüglich 5 % Zins seit dem 24. Januar 2019, zuzusprechen sowie
der Beschuldigte sei dem Grundsatz nach zu verpflichten, der Privatklägerin für bereits entstandenen wie auch für einen allfällig zukünftigen Schaden, der im Zusammenhang mit dem eingeklagten Ereignis vom 24. Januar 2019 steht, Schadenersatz zu leisten.
Die Anschlussberufung des Beschuldigten sei abzuweisen.
Die Kosten des gesamten Berufungsverfahrens (inkl. Anschlussberufung) sowie die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertreterin der Privatklägerin seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 71 S. 2 f.)
Es sei Ziff. 6 des Urteils des Bezirksgerichts Uster aufzuheben. Die Zivilansprüche der Berufungsklägerin seien abzuweisen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungsklägerin.
Erwägungen:
Gegen das eingangs wiedergegebene mündlich eröffnete Urteil des Bezirksgerichts Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 23. September 2020 (Urk. 51; Prot. I S. 35) meldete die Privatklägerin 1 (nachfolgend: Privatklägerin)
fristgerecht Berufung an (Urk. 47) und erstattete mit Eingabe vom 4. Januar 2021 rechtzeitig ihre (begründete) Berufungserklärung, worin sie unter anderem (einmalig) beantragte, die Vorinstanz sei anzuweisen über ihren Genugtuungsanspruch zu entscheiden sowie die Schadenersatzansprüche dem Grundsatz nach gutzuheissen (Urk. 52).
In der Folge wurde der Privatklägerin mit Präsidialverfügung vom 21. Januar 2021 Frist angesetzt, um eine Prozesskaution zu leisten (Urk. 54). Nach Eingang des Gesuchs der Privatklägerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin (Urk. 57; 58/1-8) wurde mit Präsidialverfügung vom 26. Februar 2021, unter Hinweis darauf, dass dieser bereits mit Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom
29. Januar 2019 die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und ihr eine unentgeltliche Rechtsbeiständin bestellt wurde, die Auflage einer Prozesskaution aufgehoben und dem Beschuldigten Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erklären begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 59). Mit Eingabe vom 23. März 2021 erklärte der Beschuldigte Anschlussberufung, was den übrigen Parteien zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 62).
3. Mit Beschluss vom 12. April 2021 wurde die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet und der Privatklägerin Frist angesetzt, um Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 64). Nach zweimalig erstreckter Frist (vgl. Urk. 66 f.) erstattete sie unter dem Datum vom 23. Juni 2021 fristgerecht ihre Berufungsbegründung (Urk. 68), woraufhin der Beschuldigte mit Eingabe vom
14. Juli 2021 rechtzeitig (vgl. Urk. 69) seine Berufungsantwort und begründete Anschlussberufung folgen liess (Urk. 71).
4. Innert mit Präsidialverfügung vom 22. Juli 2021 (Urk. 72) angesetzter und mehrfach erstreckter Frist (Urk. 74 ff.) nahm die Privatklägerin schliesslich mit Eingabe vom 21. Oktober 2021 zur Berufungsantwort des Beschuldigten Stellung und erstattete ihre Anschlussberufungsantwort, in deren Rahmen – wie bereits zuvor im Fristerstreckungsgesuch vom 29. September 2021 (Urk. 77) – sie erstmals die eingangs zitierten prozessualen Anträge stellte (Urk. 78). Mit Präsidialverfügung vom 15. November 2021 wurde dem Beschuldigten aufgrund der neuen prozessualen Anträge der Privatklägerin deren Eingaben vom 29. September 2021 bzw. 21. Oktober 2021 zur freigestellten Vernehmlassung zugestellt
(Urk. 79). Die Vernehmlassungsantwort des Beschuldigten datiert vom
6. Dezember 2021 (Urk. 81). Die Privatklägerin liess sich dazu innert Frist nicht vernehmen (vgl. Urk. 82). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
5. Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Sowohl die Berufung der Privatklägerin als auch die Anschlussberufung des Beschuldigten richten sich gegen Dispositivziffer 6 (Verweis der Zivilansprüche auf den Zivilweg). Der Berufungsumfang beschränkt sich damit auf den Zivilpunkt. Das Urteil des Bezirksgerichts Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 23. September 2020 bleibt somit bezüglich der Dispositivziffern 1 (Schuldspruch), 2-3 (Strafe), 4-5 (Entscheid über Sicherstellungen) sowie 7-11 (Kosten- und Entschädigungsdispositiv) unangefochten. Es ist insoweit in Rechtskraft erwachsen, was vorab mittels Beschluss festzustellen ist.
Anfechtbarkeit der Verweisung auf den Zivilweg
Die Vorinstanz verwies die Privatklägerin mit ihren Zivilansprüchen auf den Weg des Zivilprozesses (Urk. 51 S. 30). Das Bundesgericht hat sich – soweit ersichtlich – noch nicht ausdrücklich mit der Frage beschäftigt, ob es für eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil im Zivilpunkt genügt, dass die Ansprüche
im Sinne von Art. 126 Abs. 2 StPO auf den Zivilweg verwiesen wurden (offengelassen in Urteil des Bundesgerichts 6B_1117/2013 vom 6. Mai 2014 E. 4).
In Nachachtung des Grundsatzes, dass adhäsionsweise geltend gemachte Zivilklagen soweit wie möglich auch adhäsionsweise zu erledigen sind (Art. 122 StPO i.V.m. Art. 126 StPO) sowie vor dem Hintergrund, dass der Entscheid betreffend Zivilklagen mittels Urteil erfolgt (Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO, Art. 398 Abs. 1 StPO), muss sich das Rechtsmittel der Berufung als zulässig erweisen. Dies nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die von einem obersten kantonalen Gericht vorgenommene Verweisung einer anhängig gemachten Zivilklage auf den Zivilweg bei der Rüge einer Verletzung von Art. 126 Abs. 1 StPO an sich Gegenstand einer Beschwerde in Strafsachen bilden kann (Urteile des Bundesgerichts 6B_1401/2017 vom 19. September 2018 E. 2; 6B_129/2018 vom 23. November 2018 E. 2.2; BSK BGG-
THOMMEN/FAGA, 3. Aufl. 2018, N 32 zu Art. 78 BGG).
Überprüfungskognition
Beschränkt sich der Berufungsgegenstand nur noch auf den Zivilpunkt, ist Art. 398 Abs. 5 StPO zu beachten, wonach das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil nur so weit überprüft, als es das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht vorsehen würde (ZR 111 [2012] Nr. 18). Vorliegend handelt es sich um eine Genugtuungssowie ausservertragliche Schadenersatzforderung der Privatklägerin, mithin um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, bezüglich welcher die eidgenössische Zivilprozessordnung für die Berufung eine Streitwertgrenze von Fr. 10'000.– vorsieht (Art. 308 Abs. 2 ZPO; BSK ZPO-S PÜHLER, 3. Auflage 2017, N 8 f. zu Art. 308 ZPO; vgl. auch SUTTER-SOMM/SEILER, Handkommentar ZPO, Zürich 2021, N 13 zu Art. 308 ZPO). Der Streitwert wird durch das Rechtsbegehren bestimmt. Geltend gemachte Zinsen fallen bei der Streitwertberechnung ausser Betracht (Art. 91 Abs. 1 ZPO).
Vor Vorinstanz beantragte die Privatklägerin eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.–, in ihrer Berufungsbegründung eine solche von Fr. 3'000.–, je zuzüglich 5 % Zins seit dem 24. Januar 2019 sowie die Zusprechung von Schaden-
ersatz dem Grundsatz nach (Urk. 41; Urk. 68). Da von der Privatklägerin Scha- denersatz lediglich dem Grundsatz nach – was im Strafrecht anders als im Zivilrecht explizit vorgesehen und ein entsprechender Antrag aufgrund der geltenden Dispositionsmaxime zu respektieren ist (vgl. Art. 126 Abs. 3 StPO; vgl.
Erw. III.1.3.) – verlangt wurde, fehlt es im Gegensatz zur Genugtuungsforderung an einer Bezifferung des Schadenersatzes. Die Privatklägerin macht zusammengefasst psychische Probleme als kausale Folge der durch den Beschuldigten ver- übten Taten geltend. Der daraus resultierende Schaden lasse sich derzeit nicht beziffern. Es sei unklar, ob die Privatklägerin das Vorgefallene allenfalls alleine werde verarbeiten können. Andernfalls müsse ihr aber die Möglichkeit offenstehen, zu einem späteren Zeitpunkt professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und den Schaden überwälzen zu können (Urk. 68 S. 8 f.). Demzufolge kann der Schadenersatzforderung der Privatklägerin dem Grundsatz nach zum jetzigen Zeitpunkt kein Streitwert beigemessen werden; eine zukünftige Realisation des Schadens ist – nach der eigenen Darstellung der Privatklägerin – ungewiss. Folglich ist von einem Streitwert in der Höhe der beantragten Genugtuung auszugehen.
Der Streitwert von Fr. 10'000.– im Sinne von Art. 308 Abs. 2 ZPO ist folglich nicht erreicht, weshalb die einschränkenden Voraussetzungen der Beschwerde gemäss Zivilprozessordnung zur Anwendung gelangen. Entsprechend prüft das Obergericht den vorinstanzlichen Entscheid – was Rügen betreffend die Feststellung des Sachverhaltes anbelangt – nur mit eingeschränkter Kognition (Willkürprüfung). Soweit unrichtige Rechtsanwendung geltend gemacht wird, ist die Kog- nition dagegen nicht beschränkt (vgl. Art. 320 ZPO i.V.m. Art. 398 Abs. 5 StPO). Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen sind (Art. 326 ZPO i.V.m. Art. 398 Abs. 5 StPO).
Eintreten auf die (Anschluss-)Berufung
Die Privatklägerin beantragt ein Nichteintreten auf die Anschlussberufung mit der Begründung, dass es im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB rechtsmissbräuchlich sei, wenn vom Beschuldigten nicht nur die Berufung bestritten, sondern zusätzlich Anschlussberufung erhoben werde, obwohl dieser einerseits rechtskräftig verurteilt worden sei und andererseits aufgrund dieser strafrechtlichen Verurteilung die damit als bewiesen geltenden rechtlichen Voraussetzungen (Scha- den/immaterielle Unbill, widerrechtliches Verhalten, adäquater Kausalzusammenhang sowie Verschulden) erfüllt habe. Weiter bringt sie vor, dass auch ein Anschlussappellant zur Sicherstellung allfälliger Kosten- und Entschädigungsansprüche verpflichtet sei (Urk. 77 S. 2 f.; Urk. 78 S. 2 ff., 17).
Die Anschlussberufung kann unabhängig von den mit der Hauptberufung angefochtenen Punkten ergriffen werden. Einzige Ausnahme bildet die Beschränkung auf die Beurteilung des Zivilpunktes, wenn dieser allein den Gegenstand der Hauptberufung bildet (Art. 401 Abs. 2 StPO; vgl. BSK StPO-EUGSTER, a.a.O., N 3 zu Art. 401 StPO), was in casu der Fall ist. Die Anschlussberufung des Beschul- digten richtet sich ausschliesslich auf den Zivilpunkt; er beantragt, es sei die Dispositivziffer 6 des vorinstanzlichen Urteils aufzuheben, und die Zivilansprüche der Privatklägerin seien abzuweisen (Urk. 71 S. 3). Die Anschlussberufung ist daher zulässig. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass sich die verschiedenen Arten von Entscheiden, mit denen das Strafgericht die Zivilklage erledigen kann, aus Art. 124 Abs. 3 und Art. 126 StPO ergeben. Dazu gehört namentlich das Sachurteil (Art. 126 Abs. 1 StPO), das auch auf Abweisung der Klage lauten kann. Entsprechend ist eine adhäsionsweise geltend gemachte Zivilforderung gegebenenfalls abzuweisen, sofern aufgrund ausreichend substantiierten Behauptungen und bei Spruchreife hinsichtlich der von der Privatklägerschaft behaupteten Zivilforderung der geltend gemachte Rechtsanspruch als nicht gegeben erachtet wird. Auch bei einer rechtskräftigen Verurteilung ist eine Abweisung der Zivilforderung nicht ausgeschlossen. Die Anschlussberufung des Beschuldigten mit dem Antrag auf Abweisung der Zivilansprüche der Privatklägerin ist deshalb rechtens, und ein Rechtsmissbrauch liegt nicht vor.
Insoweit die Privatklägerin geltend macht, dass auch der Anschlussappellant zur Sicherstellung allfälliger Kosten- und Entschädigungsansprüche verpflichtet sei, ist festzuhalten, dass bei einer Berufung der Privatklägerschaft Art. 383 StPO auch für einen Anschlussappellanten Geltung beanspruchen kann (BSK StPOEUGSTER, a.a.O., N 3 zu Art. 401 StPO). Indes handelt es sich bei Art. 383 StPO um eine Kann-Vorschrift, mithin steht der Verfahrensleitung ein Ermessensspielraum zu (BSK StPO-ZIEGLER/KELLER, a.a.O., N 1 zu Art. 383 StPO). Der Einwand der Privatklägerin ist deshalb – nachdem bei ihr die Auflage einer Prozesskaution aufgehoben wurde (Urk. 59) und sich der Beschuldigte ebenfalls in nicht sehr günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befindet (Prot. I S. 8) – nicht zu hören.
Die Privatklägerin beantragte anfänglich, die Vorinstanz sei anzuweisen, über die Zivilforderungen zu entscheiden (Urk. 52 S. 2; vgl. auch Urk. 78 S. 6), wobei sich dieser prozessuale Antrag in ihren späteren Eingaben nicht mehr fin- den liess. Diesbezüglich ist ohnehin zu erkennen, dass die Vorinstanz, indem sie die Zivilansprüche der Privatklägerin im Urteilsdispositiv im Sinne von Art. 126 Abs. 2 StPO auf den Weg des Zivilprozesses verwies, einen formellen Entscheid über deren Zivilansprüche fällte (vgl. BSK StPO-DOLGE, a.a.O., N 7 zu Art. 126 StPO). Entsprechend ist die Sache nicht an die Vorinstanz zurückzuweisen, son- dern im Rahmen des Berufungsverfahrens zu beurteilen.
Aufgrund des Erwogenen ist auf die Anschlussberufung des Beschuldigten einzutreten und sind die Zivilansprüche der Privatklägerin nachfolgend zu prüfen.
Amtliche Verteidigung
Die Privatklägerin beantragt ferner die Überprüfung, ob für eine amtliche (notwendige) Verteidigung noch eine rechtliche Grundlage bestehe, da sich im Berufungsverfahren einzig Fragen im Zusammenhang mit der Genugtuung stellen würden, wofür keine amtliche Verteidigung notwendig sei. Es bestehe hierfür kei- ne gesetzliche Grundlage, weshalb der amtliche Verteidiger – nicht zuletzt aufgrund des tiefen Streitwerts – aus dem Mandat zu entlassen sei (Urk. 77 S. 2, 4; Urk. 78 S. 2, 4 f.).
Gemäss Art. 134 Abs. 1 StPO widerruft die Verfahrensleitung das Mandat, wenn der Grund für die amtliche Verteidigung dahin fällt, soweit nicht ein anderer Grund für die amtliche Verteidigung besteht (BSK StPO-R UCKSTUHL, a.a.O., N 1 zu Art. 134 StPO). Ein Widerruf der amtlichen Verteidigung darf nicht rückwirkend
erfolgen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1B_632/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.3; 6B_698/2013 vom 27. Januar 2014 E. 5.2.2).
Die amtliche Verteidigung wurde mit Verfügung vom 29. Januar 2019 gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 lit. b StPO genehmigt (Urk. 1/12/3). Auch wenn bereits eine rechtskräftige Verurteilung des Beschuldigten vorliegt, sind die Voraussetzungen für eine amtliche Verteidigung aus Gründen der Waffengleichheit – die Privatklägerin ist wie erwähnt unentgeltlich vertreten (Urk. 1/11/2; Urk. 59 mit Verweis auf Urk. 58/1-8) – erfüllt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Privatklägerin erstmals mit Eingabe vom
29. September 2021 beantragte, dass die rechtlichen Grundlagen der amtlichen Verteidigung zu überprüfen seien (Urk. 77), mithin kurz bevor sich das Verfahren als spruchreif erwies. Angesichts des Verfahrensstandes und unter Berücksichtigung, dass die amtliche Verteidigung nicht rückwirkend widerrufen werden kann, wäre ein Widerruf auch bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht angezeigt. Nach dem Erwogenen hat kein Widerruf der amtlichen Verteidigung (im Sinne von
Art. 134 Abs. 1 StPO) zu erfolgen.
Rechtsgrundlagen
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass soweit sich die Privatklägerin auf das Opferhilfegesetz beruft, die von ihr zitierten Bestimmungen im Rahmen der Totalrevision des Opferhilfegesetzes und im Hinblick auf die Einführung der Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 aufgehoben wurden (vgl. BBI 2005 7165 ff., 7190). Die entsprechenden Regelungen finden sich heute in der Schweizerischen Strafprozessordnung (Art. 122-126 StPO).
Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen für die adhäsionsweise geltend zu machende Zivilklage im Strafverfahren gemäss Art. 122 ff. StPO bzw. die rechtlichen Grundlagen im materiellen Privatrecht, namentlich Art. 41 OR und Art. 49 OR, vorab auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 51 S. 24 ff., 28). Erneut zu betonen ist die Substantiierungspflicht der Privatklägerschaft hinsichtlich ihres Zivilanspruchs und das Primat der Dispositionsmaxime für den Adhäsionsprozess. Entsprechend darf daher die Rechtsmittelinstanz der Privatklägerschaft im Rahmen der Zivilklage nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als diese verlangt, was zudem in Art. 391 Abs. 1 lit. b StPO ausdrücklich festgehalten wird (BSK StPO-DOLGE, a.a.O., N 5 ff. und N 22 ff. zu Art. 122 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, a.a.O., N 2 zu Art. 391 StPO). Die Behauptungs-, Substantiierungs- und Beweisführungslast der Privatklägerschaft ist allerdings insofern gemindert, als dass sie auf die Ergebnisse der Strafuntersuchung verweisen kann, bzw. das Strafgericht sich im Zivilpunkt auch auf die im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu stützen hat. Sachverhalte, welche für die Straftat nicht wesentlich sind und deshalb nicht durch die Strafbehörden ermittelt werden, hat die Privatklägerschaft hingegen zu substantiieren und zu beweisen. Dies gilt insbesondere für die genaue Höhe des erlittenen Schadens. Mit anderen Worten hat die Privatklägerschaft vor allem die privatrechtlichen Haftungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht, soweit diese durch das Strafverfahren noch nicht offenkundig sind, detailliert darzulegen, ansonsten die Zivilforderung auf den Zivilweg zu verweisen ist. Dabei sind die Anforderungen an die Substantiierung umso höher, je grösser der Schaden und je komplexer der Sachverhalt ist (BSK StPO-DOLGE, a.a.O., N 22 f. zu Art. 122 StPO und N 8 zu Art. 123 StPO).
Aufgrund der geltenden Dispositionsmaxime ist auch ein entsprechender Antrag der Zivilklägerschaft auf einen blossen Grundsatzentscheid im Sinne von Art. 126 Abs. 3 StPO zu respektieren. Eine vollständige Beurteilung des Zivilanspruchs gilt unter anderem als unverhältnismässig aufwendig, wenn allfällige Spätfolgen abzuwarten sind. Diesfalls kann das Gericht die Zivilklage nur dem Grundsatz nach entscheiden und sie im Übrigen auf den Zivilweg verweisen, wobei Ansprüche von geringer Höhe das Gericht nach Möglichkeit selbst (abschliessend) beurteilen soll. Genugtuungsansprüche können und sollen in der Regel sofort entschieden werden (BSK StPO-DOLGE, a.a.O., N 44 f. zu Art. 126 StPO; vgl. auch SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, a.a.O., N 15 zu Art. 126 StPO).
Schliesslich bleibt gegenüber der Darstellung der Vorinstanz die Rechtsprechung zur ermessensweisen Festsetzung der Genugtuung im Einzelfall zu ergänzen. Massgebend ist das subjektive Empfinden der geschädigten Person und die konkrete immaterielle Unbill, welche sie durch das schädigende Ereignis erlitten hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_531/2017 vom 11. Juli 2017 E. 3.3.2 m.w.H.; 6B_768/2014 vom 24. März 2015 E. 3.3 [nicht publ. in BGE 141 IV 97]).
Genugtuung
Die Vorinstanz verwies das Genugtuungsbegehren der Privatklägerin auf den Zivilweg. Sie erwog zusammengefasst, dass die festgestellten Verletzungen der Privatklägerin anlässlich der ärztlichen Untersuchung – mit Ausnahme der Hirnerschütterung, des stumpfen Thorako-Abdominaltraumas und des Würgetraumas – zwar aktenkundig seien, die Privatklägerin es jedoch unterlassen habe, die von ihr behaupteten schwerwiegenden, psychischen Folgen aus dem Vorfall vom 24. Januar 2019 genügend substantiiert darzutun, insbesondere bezüglich einer genauen (aktuellen) Diagnose, deren Auswirkung auf die gegenwärtige Lebenssituation und Behandlungsnotwendigkeit. Einzig gestützt auf die zwar nachvollziehbaren, aber nicht belegten Behauptungen der Privatklägerin könne keine Genugtuungssumme zugesprochen werden (Urk. 51 S. 27).
Hinsichtlich des Parteistandpunkts der Privatklägerin im erstinstanzlichen Verfahren kann auf das vorinstanzliche Urteil verwiesen werden (Urk. 51 S. 26 f.).
Im Berufungsverfahren rügt die Vertreterin der Privatklägerin zum einen die vorinstanzliche Sachverhaltserstellung, wonach die Hirnerschütterung, das stumpfe Thorako-Abdominaltrauma sowie das Würgetrauma der Privatklägerin nicht erstellt sein sollten. Die Vorinstanz sei trotz der Diagnose des Spitals Uster sowie der mündlichen Erklärung des Assistenzarztes des IRM Zürich vom 24. Januar 2021 gegenüber der Staatsanwältin (und somit aktenwidrig) zu diesem Schluss gelangt. Das Gericht dürfe von einem eingeholten Spitalbericht/Gutachten gemäss ständiger Rechtsprechung in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe abrücken und müsse Abweichungen begründen bzw. bei Unklarheiten gegebenenfalls Beweisergänzungen veranlassen. Indes seien auch ohne die Annahme einer Gehirnerschütterung nach wie vor genügend weitere körperliche Verletzungen erstellt, die eine Genugtuung im beantragten Rahmen rechtfertigen würden (Urk. 52 S. 6 f.; Urk. 68 S. 5; Urk. 78 S. 10 f.).
In rechtlicher Hinsicht macht die Vertreterin der Privatklägerin im Berufungsverfahren geltend, dass die Vorinstanz den Beschuldigten unter anderem der einfachen Körperverletzung zum Nachteil der Privatklägerin – inzwischen rechtskräftig – schuldig gesprochen habe. Eine Genugtuung sei sowohl bei psychischen, als auch bei physischen/körperlichen Verletzungen zuzusprechen. Die von der Vorinstanz als erstellt erachteten Verletzungen sowie die durch das IRM wie auch durch das Spital Uster festgehaltenen Verletzungen würden zwingend einen Entscheid der Vorinstanz über den Genugtuungsanspruch der Privatklägerin als Opfer erfordern. Die Privatklägerin sei ihrer Substantiierungspflicht genügend nachgekommen und Beweismittel, namentlich die bei den Akten liegenden Arztzeugnisse, die Aussagen der Privatklägerin sowie die Aussagen des (gestän- digen) Beschuldigten, würden vorliegen. Es sei zudem gerichtsnotorisch und basiere auf allgemeiner Lebenserfahrung, dass körperliche Übergriffe im häuslichen Rahmen psychische Probleme und einen Vertrauensverlust hervorrufen könnten (Urk. 52 S. 6; Urk. 68 S. 4 f.; Urk. 78 S. 5 ff.).
Die Verteidigung beantragt im Berufungsverfahren die Abweisung der Zivilansprüche der Privatklägerin, da keine Beweismittel vorliegen würden, mit welchen deren Ansprüche zu beweisen wären (Urk. 61 S. 2 f.). Zusammengefasst bleibt die Verteidigung im Berufungsverfahren bei ihren Depositionen vor Vorinstanz (vgl. Urk. 44 S. 19 i.V.m. Prot. I S. 24 ff.) und stellt sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, dass die Privatklägerin nebst mangelnder Substantiierung die zivilrechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Zusprechung einer Genugtuung weder behauptet noch rechtsgenügend bewiesen habe, insbesondere hinsichtlich der Kausalität. Betreffend die Verletzungen der Privatklägerin sei auf das Gutachten zur körperlichen Untersuchung abzustellen, weitere Verletzungen seien nicht erstellt. Hinsichtlich der geltend gemachten Persönlichkeitsverletzung habe die Privatklägerin durch ihre Aussage, dass sie sich trotz der vorge- nannten (und bestrittenen) psychischen Folgen nicht in einer Therapie befinde,
beinahe selbst den Beweis erbracht, dass die bestrittenen Lebenseinschränkungen nicht vorliegen würden. Ebenfalls sei der in diesem Zusammenhang neu vorgebrachte Vertrauensverlust nicht substantiiert dargetan, mit Nichtwissen bestritten und aufgrund der Novenschranke nicht mehr zu hören (Urk. 71 S. 6 ff.).
Soweit die Vertreterin der Privatklägerin die vorinstanzliche Sachverhaltserstellung in Bezug auf die vom Beschuldigten bei der Privatklägerin verursachten körperlichen Verletzungen rügt (vgl. vorstehend Erw. III.2.2.1.), stellt sich im Falle einer auf den Zivilpunkt beschränkten Berufung die Frage, ob die Sachverhaltserstellung, sofern diese für die Beurteilung des Genugtuungsbegehrens von Relevanz ist, vom Berufungsgericht überhaupt erneut überprüft werden kann, ob dieses an die vorinstanzlichen Erwägungen zum Schuldpunkt gebunden ist. Die Frage kann indes insofern offenbleiben, als dass für Sachverhaltsfragen die Willkürprüfung gilt (vgl. Erw. II.2.) und die Feststellung der Vorinstanz, dass sich eine Hirnerschütterung, das stumpfe Thorako-Abdominaltrauma sowie das Würgetrauma nicht erstellen liessen, nicht willkürlich erscheint, nachdem diese Befunde trotz Aktenkenntnis der Gutachter – der Notfallbericht ambulante Chirurgie des Spitals Uster vom 26. Januar 2019 sowie der Befund der Computertomographie des Gesichtsschädels der Privatklägerin vom 24. Januar 2019 bilden nebst der rechtsmedizinischen Untersuchung und weiteren Unterlagen die Grundlagen des Gutachtens, mithin waren die Gutachter in Kenntnis der vom Spital Uster gestellten Diagnosen (Urk. 1/5/6 f.; vgl. Urk. 1/5/8 S. 1 f. inkl. Anhang) – keinen Eingang ins Gutachten fanden (vgl. Urk. 51 S. 19 f.). Entsprechend ist für die Beurteilung des Genugtuungsanspruchs der Privatklägerin vom von der Vorinstanz erstellten Sachverhalt auszugehen.
Mit vorinstanzlichem Urteil wurde der Beschuldigte unter anderem wegen einfacher Körperverletzung zum Nachteil seiner damaligen Lebenspartnerin, der Privatklägerin, im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Ziffer 2 Abs. 5 StGB rechtskräftig verurteilt (Urk. 51 S. 29). Gestützt auf das vorinstanzliche Urteil ist erstellt, dass der Beschuldigte im Rahmen einer häuslichen Ausei- nandersetzung die Privatklägerin mehrfach mit offenen Händen und der Faust gegen den Kopf und den Körper schlug, ihr Fusstritte gegen ihr Gesäss verpasste, sie mehrfach zu Boden warf, ihr mehrfach an den Haaren riss und im Verlaufe der Auseinandersetzung eine Kopfnuss versetzte, ihren Kopf gegen die Wand schlug, diesen mit beiden Händen packte und verdrehte sowie dass er sie mit ei- ner Hand am Hals packte und ihr mit der anderen Hand den Mund und die Nase zuhielt. Ferner kniete er während der Auseinandersetzung auf der Privatklägerin und spuckte dieser ins Gesicht (Urk. 51 S. 17 f., 20 i.V.m. Urk. 21 S. 2 f.). Dabei erlitt die Privatklägerin – mit Ausnahme der Tritte gegen den Oberkörper und die Rippengegend, der Bewusstlosigkeit, der Hirnerschütterung, des stumpfen Thorako-Abdominaltraumas sowie des Würgetraumas, welche sich gemäss Vorinstanz nicht erstellen liessen – die in der Anklageschrift aufgeführten Verletzungen
(Urk. 51 S. 20 i.V.m. Urk. 21 S. 3 f.).
Der Beschuldigte griff gemäss erstelltem Sachverhalt widerrechtlich und schuldhaft in die physische Integrität der Privatklägerin ein. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass die Fotos, welche direkt nach dem Vorfall aufgenommen wur- den, deutlich zeigen, dass die Verletzungen der Privatklägerin über blosse harmlose Verletzungen hinausgehen (Urk. 1/1/2; Urk. 51 S. 21). Mit anderen Worten ist aufgrund des erstellten Sachverhalts davon auszugehen, dass die Privatklägerin Opfer eines Übergriffs wurde, der aufgrund seiner Schwere im Grundsatz geeig- net ist, einen Genugtuungsanspruch zu begründen. Entscheidend ist indes – wie einleitend dargetan – die aus der Tat konkret resultierende Belastung für das Opfer. Die Festlegung der Höhe der Genugtuung beruht dabei auf der Würdigung sämtlicher Umstände und richterlichem Ermessen (Art. 4 ZGB); für die Festsetzung von Genugtuungssummen kann kein Tarif festgesetzt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass Präjudizien in einem konkreten Fall nicht herangezogen werden dürfen. Neben allgemeinen Richtwerten, die aus solchen Vergleichen gezogen werden, müssen aber die konkreten Umstände des Einzelfalls schwergewichtig in die Betragsfestsetzung einfliessen. Einschlägige Präjudizien dienen als Richtschnur Anhaltspunkt für den Vergleich von neuen Fällen (BK OR- BREHM, 5. Aufl. 2021, N 62 ff. zu Art. 47 OR). In diesem Sinne ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung in Fällen von häuslicher Gewalt mehrheitlich Genugtu- ungen von zwischen Fr. 1'000.– und Fr. 2'500.– als angemessen erachtete, wobei die Zeitspanne, über welche hinweg die häusliche Gewalt stattfand, jeweils Berücksichtigung fand (LANDOLT, Genugtuungsrecht, Grundlagen zur Bestimmung der Genugtuung, Band 2, Zürich/St. Gallen 2013).
Die Gewaltanwendung des Beschuldigten führte zu nicht unerheblichen Verletzungen der Privatklägerin, welche nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit Schmerzen verbunden und auch geeignet sind, eine seelische Unbill zu verursachen. Die durch das strafrechtlich relevante Verhalten des Beschuldigten zugefügten Verletzungen und die damit einhergehenden, erstellten Schmerzen sind jedoch – ohne das Leiden der Privatklägerin abwerten zu wollen – eher im unteren Bereich anzusiedeln und es handelte sich um einen einzelnen Vorfall von häuslicher Gewalt. Die Privatklägerin erlitt keine länger andauernden Schmerzen. Bleibende physische Schäden Funktionsstörungen hat die Privatklägerin keine belegt. Die Privatklägerin konnte nach durchgeführten Untersuchungen gleichentags aus dem Spital Uster entlassen werden, mithin war ein stationärer Spitalaufenthalt nicht erforderlich.
Es ist der Privatklägerin weiter zu glauben, dass sie der Vorfall nebst ihren erlittenen physischen Verletzungen auch psychisch belastet. Einem Arztzeugnis von Frau Dr. med. C. , FMH Psychiatrie / Psychotherapie, datierend vom
12. März 2020, ist zu entnehmen, dass sich die Privatklägerin von Februar 2019 bis Mai 2019 und hernach erneut am 10. März 2020 bei dieser in Behandlung befand. Weiter geht daraus hervor, dass bei der Privatklägerin gemäss einer psychologischen Testung im Frühjahr 2019 ein hohes Risiko in Bezug auf die Gefahr von Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung bestanden habe bzw. bestehe, weshalb dieser eine intensivere Psychotherapie bei einer Traumatherapeutin angeraten worden sei. Das Arztzeugnis wurde im Hinblick auf die Gerichtsverhandlung ausgestellt und hielt fest, dass jedes andere, nicht therapeutisch untermauerte Ansprechen/Besprechen des der Privatklägerin zugefügten massiven Gewalterlebens wegen der Gefahr der Retraumatisierung absolut kontraindiziert sei (Urk. 1/5/9). Das hohe Risiko in Bezug auf die Gefahr einer Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie der Umstand, dass im Arztzeugnis von Retraumatisierung die Rede ist, belegen die psychischen Verletzungen der Privatklägerin. Aufgrund des Inhalts des Arztzeugnisses, mithin dem
Verweis auf die anstehende Hauptverhandlung und der Erwähnung, dass die Behandlung ab Februar 2019 und damit kurz nach dem eingeklagten Ereignis begonnen wurde, sowie der Aussagen der Privatklägerin über ihre psychische Belastung aufgrund des Vorfalls (vgl. Urk. 1/3/3 S. 5), sind die psychischen Leiden der Privatklägerin zweifelsohne dem Vorfall vom 24. Januar 2019 zuzuordnen und damit kausal. Die Privatklägerin hat überdies im Berufungsverfahren – wie auch vor Vorinstanz (Urk. 41 S. 6 f.) – dargetan, dass sie nach wie vor unter Angstzuständen, Albträumen sowie Unsicherheiten leidet und mit Vertrauensproblemen zu kämpfen hat, was nach dem Vorgefallenen und dem Ergebnis der Strafuntersuchung, das im Adhäsionsverfahren zu berücksichtigen ist, nachvollziehbar erscheint.
Insgesamt ist die Genugtuung, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der eher geringfügigen Forderung, damit sowohl hinsichtlich der physischen als auch der psychischen Verletzungen als genügend substantiiert zu erachten.
2.7. Nach dem Erwogenen und unter Berücksichtigung, dass die Genugtuung für einen einzelnen Fall im Rahmen von häuslicher Gewalt zuzusprechen ist, erscheint eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 1'500.– angemessen. Die Genugtu- ung ist ab dem Zeitpunkt des Ereignisses zu verzinsen. Somit ist der Beschuldigte zu verpflichten, der Privatklägerin eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 1'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 24. Januar 2019 zu bezahlen. Im Mehrbetrag ist die Ge- nugtuungsforderung abzuweisen.
Schadenersatz
Die Vorinstanz verwies das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin mit der Begründung auf den Zivilweg, dass es diese unterlassen habe, genau anzugeben, welche Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche erfüllt sein sollten. Insbesondere aufgrund der Bestreitung durch den Beschuldigten sei die Privatklägerin ihrer Substantiierungspflicht nicht nachgekommen, weshalb bezüglich bereits entstandener allfällig zukünftiger Schäden keine Beurteilung vorge- nommen werden könne (Urk. 51 S. 28).
Hinsichtlich des Parteistandpunkts der Privatklägerin im erstinstanzlichen Verfahren kann auf das vorinstanzliche Urteil verwiesen werden (Urk. 51 S. 26 f.). Im Berufungsverfahren vertritt die Vertreterin der Privatklägerin den Standpunkt, dass eine genügende Substantiierung des Schadenersatzanspruchs vorliege. Die Traumatisierung der Privatklägerin sei durch eine Fachärztin festgestellt worden. Diese habe ferner festgehalten, dass die Privatklägerin eine entsprechende Behandlung brauche. Es sei seitens der Privatklägerin unverschuldet, dass deren bisherige Psychotherapeutin wegen Pensionierung ihre Tätigkeit eingestellt habe und sie bis heute noch keine geeignete Psychotherapeutin in der Schweiz habe finden können. Es sei durchaus möglich, dass die Privatklägerin das Vorgefallene alleine verarbeiten könne. Sollte diese dazu jedoch nicht in der Lage sein, so müsse sie die Möglichkeit haben, zu einem späteren Zeitpunkt professionelle Hilfe beizuziehen. Es sei erwiesen, dass die psychischen Probleme, welche die Privatklägerin seit dem Vorfall habe, eine kausale Folge der durch den Beschuldigten verübten Tat darstelle. Diese könnten zur Zeit nicht beziffert werden, weshalb der Beschuldigte dem Grundsatz nach zu verpflichten sei, der Privatklägerin Scha- denersatz zu leisten. Auch wenn die Therapiekosten grundsätzlich von der Krankenkasse zu tragen wären, könnte der Privatklägerin ein Selbstbehaltsschaden anfallen (Urk. 68 S. 8 f.; Urk. 78 S. 15 ff.).
Im Berufungsverfahren liess der Beschuldigte – wie bereits vor Vorinstanz (vgl. Urk. 44 S. 19 i.V.m. Prot. I S. 26 f.) – zusammengefasst geltend machen, dass die Privatklägerin es versäumt habe, auf die Voraussetzungen des Scha- denersatzes einzugehen, namentlich die Kausalität zu behaupten, weshalb es an den Voraussetzungen für die Zusprechung von Schadenersatz fehle und die For- derung abzuweisen sei. Im Übrigen sei der Privatklägerin kein Schaden entstan- den, da die bisherigen Kosten vollumfänglich von der Unfallversicherung getragen worden seien und eine Therapie ohnehin – wie diese selber sage – durch die Krankenversicherung gedeckt sein würde. Der von der Privatklägerin eingereichte Bericht der Fachärztin sage nichts aus in Bezug auf den Gesundheitszustand und eine allfällige Traumatisierung im Urteilszeitpunkt. Da die Privatklägerin denn auch – trotz entsprechender Empfehlung der Fachärztin – keine Therapie absolviert habe, wäre sie für einen Schaden, wenn ein solcher überhaupt eintreten
könnte, selbst verantwortlich. Die Privatklägerin habe entsprechend nicht dargelegt und auch nicht substantiiert behauptet, dass sie eine Psychotherapie brauche. Wenn die Privatklägerin selbst einräume, dass es gut sein könne, dass keine Therapie gebraucht werde, dann räume sie damit auch ein, dass es wohl keinen Schaden gebe, was zwangsläufig zu einer Abweisung der Klage führen müsse. Schliesslich habe die Privatklägerin nicht ansatzweise dargelegt, wie ein Schaden in der Zukunft anfallen könnte. Die ganzen Behauptungen zum Schaden seien reine Spekulation (Urk. 71 S. 12 ff.).
Betreffend allfälligen zukünftigen Schaden ist vorab in Erinnerung zu rufen, dass sich aus dem Arztzeugnis vom 12. März 2020 ergibt, dass die Privatklägerin nach dem eingeklagten Ereignis bei Frau Dr. med. C. , FMH Psychiatrie/Psychotherapie, mehrere Beratungstermine wahrnahm. Der Privatklägerin wurde von der Fachperson ein hohes Risiko in Bezug auf die Gefahr von Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung attestiert und eine intensivere Psychotherapie bei einer Traumatherapeutin angeraten (Urk. 1/5/9), was als kausale Folge der Geschehnisse vom 24. Januar 2019 anzusehen ist und die Behauptung der Privatklägerin, dass bei ihr eine Persönlichkeitsverletzung vorliege, untermauert (vgl. Erw. III.2.6.2.).
Demzufolge handelt es sich entgegen der Ansicht des Beschuldigten um keine Selbstdiagnose, sondern um eine fachärztliche Empfehlung zur Therapie. Auch wenn es bis heute bei der Privatklägerin erfreulicherweise (soweit erkennbar) zu keiner posttraumatischen Belastungsstörung gekommen ist, ist gestützt auf die fachärztliche Einschätzung nicht ausgeschlossen, dass die Tat des Beschuldigten noch Spätfolgen zeitigen und die Privatklägerin zukünftig wieder auf therapeutische Hilfe angewiesen sein wird, was naturgemäss mit finanziellen Folgen verbunden sein kann. Dass diesfalls der Schaden in einem allfälligen von der Privatklägerin zu tragenden Selbstbehalt der Krankenkasse besteht, wurde von deren Vertreterin ausgeführt.
Damit sind die Voraussetzungen eines Entscheides dem Grundsatz nach im Sinne von Art. 126 Abs. 3 StPO erfüllt, ist ein unverhältnismässiger Aufwand doch wie dargelegt namentlich anzunehmen, wenn allfällige Spätfolgen abzuwar-
ten sind. Anders formuliert: Die grundsätzliche Schadenersatzpflicht des Beschul- digten ist die Konsequenz dessen Verurteilung, der durch dessen Tat kausal ver- ursachten Persönlichkeitsverletzung der Privatklägerin sowie der (derzeitigen) fehlenden Liquidität eines allfälligen zu einem späteren Zeitpunkt eintretenden Schadens. Es ist folglich festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Anzumerken bleibt allerdings, dass dieser Entscheid insofern von beschränkter Tragweite ist, als der Zusammenhang zwischen der Tat vom
24. Januar 2019 und einem allfälligen Schaden, also der Umstand, dass es sich um eine Spätfolge der Tat handelt, gegebenenfalls von der Privatklägerin nachzuweisen sein wird.
3.5. Für die Vergangenheit ist zu berücksichtigen, dass die Privatklägerin selbst vorbringen liess, dass ihre (bisherigen) Rechnungen von der Unfallversicherung beglichen worden seien, ohne geltend zu machen, dass allfällige Rückforderungen zu erwarten wären (Urk. 41 S. 8 f.), weshalb ihr kein Schaden erwachsen ist, was indes an der obigen Feststellung, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist, nichts ändert.
4. Fazit
Im Ergebnis ist der Beschuldigte zu verpflichten, der Privatklägerin eine Ge- nugtuung von Fr. 1'500.– zuzüglich 5 % Zins ab dem 24. Januar 2019 zu bezahlen sowie festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist.
Kosten des Vorverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens
Im Berufungsverfahren war einzig der Zivilpunkt angefochten. Im Strafpunkt ist das vorinstanzliche Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen. Gleiches gilt hinsichtlich der vorinstanzlichen Kostenregelung (vgl. Erw. I.5.).
Kosten des Berufungsverfahrens
Für Straffälle, in denen einzig die Privatklägerschaft Berufung erklärt und diese auf die Zivilansprüche beschränkt hat, verweist § 16 Abs. 2 der Gebührenverordnung des Obergerichts (GebV OG) diesbezüglich auf die Regeln des Zivilprozesses (§ 12 GebV OG i.V.m. § 4 GebV OG). In Anbetracht des Streitwertes (Fr. 3'000.–) beträgt die Grundgebühr somit Fr. 650.– (§ 4 Abs. 1 GebV OG), welche allerdings aufgrund des – vor allem auch im Verhältnis zum sehr niedrigen Streitwert – doch respektablen Aufwandes um 1/3 zu erhöhen ist (§ 4 Abs. 2 GebV OG). Die Gerichtsgebühr ist deshalb auf Fr. 865.– festzusetzen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Privatklägerin obsiegt mit ihrer auf den Zivilpunkt beschränkten Berufung weitestgehend, einzig hinsichtlich der Höhe der Genugtuung dringt sie nicht vollständig durch. Ein Klagerückzug seitens der Privatklägerin, wie in die amtliche Verteidigung annimmt (vgl. Urk. 71 S. 4, 16; Urk. 81 S. 3), liegt nicht vor. Die Privatklägerin beantragte in ihrer Berufungserklärung die Aufhebung von Dispositivziffer 6 des vorinstanzlichen Urteils, die Rückweisung an die Vorinstanz sowie eventualiter einen Entscheid über die Zivilforderungen durch das Obergericht (Urk. 52 S. 2), und bezifferte in der Folge ihre Genugtuungsforderung im Rahmen ihrer Berufungsbegrün- dung auf Fr. 3'000.– (Urk. 68 S. 2), was dem ordentlichen Vorgehen nach Art. 399 Abs. 3 und 4 bzw. Art. 406 Abs. 3 StPO entspricht. Allein aufgrund des Umstands, dass die Privatklägerin vor Vorinstanz noch eine Genugtuung von Fr. 5'000.– verlangte (Urk. 41 S. 2), ist im Rahmen des Berufungsverfahrens kein Rückzug zu erkennen, weshalb es bei einem überwiegenden Obsiegen der Privatklägerin bleibt. Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Anträgen hingegen gänzlich. Ausgangsgemäss sind deshalb die Kosten im Umfang von 4/5 dem Beschuldigten aufzuerlegen. Entsprechend wären die verbleibenden 1/5 der Kosten der Privatklägerin aufzuerlegen. In Nachachtung der besonderen Umstände dieses Strafverfahrens, in dessen Rahmen die Privatklägerin als Opfer einer Gewalttat beim Obergericht um die Zusprechung von Schadenersatz und Genugtuung ersuchte sowie des Umstands, dass die der Privatklägerin gewährte unentgeltliche Rechts-
pflege die Befreiung von Verfahrenskosten umfasst (Art. 136 Abs. 2 lit. b StPO), ist indes auf eine Kostenauflage an die Privatklägerin zu verzichten. Im Umfang von 1/5 sind die Kosten des Berufungsverfahrens folglich auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Amtliche Verteidigung und unentgeltliche Rechtsvertretung
Der amtliche Verteidiger ist aus der Gerichtskasse zu entschädigen (Art. 135 StPO i.V.m. Art. 426 StPO). Er machte mit Kostennote vom 20. April 2022 für das obergerichtliche Verfahren einen Zeitaufwand von 23.8 Stunden, entsprechend Fr. 5'639.20 (inkl. MwSt.), geltend (Urk. 84). In dieser Kostennote sind indes die Positionen Finalisierung Plädoyer (geschätzt) sowie Verhandlung. Hin- und Rückweg. Nachbesprechung mit Mandant (geschätzt), datierend vom 22. und
23. September 2020, enthalten (vgl. Urk. 84 S. 3), welche offenkundig dem erstinstanzlichen Verfahren zuzuordnen sind und bereits in dessen Rahmen entschä- digt wurden (vgl. Urk. 39 S. 5 f.; Urk. 51 S. 30). Entsprechend ist die Kostennote um 6 Stunden zu kürzen. Im Übrigen erscheint der von der amtlichen Verteidigung geltend gemachte Aufwand für seine Berufung und Berufungsantwort von insgesamt 12.2 Stunden (2. bis 14. Juli 2021) in Anbetracht des nur noch auf den Zivilpunkt beschränkten Berufungsverfahrens mit überdies doch recht beschränktem Streitwert als überhöht. Der Aufwand für die Ausarbeitung dieser Eingabe ist entsprechend auf 7 Stunden zu kürzen. Entsprechend ist die amtliche Verteidigung mit pauschal Fr. 3'000.– (inkl. Auslagen und MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten im Umfang der Kostenauflage ist vorzubehalten.
Die unentgeltliche Vertreterin der Privatklägerin ist ebenfalls aus der Gerichtskasse zu entschädigen (Art. 138 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 135 Abs. 1 StPO). Sie machte mit Kostennote vom 28. April 2022 für das obergerichtliche Verfahren einen Zeitaufwand in Höhe von rund 27 Stunden, entsprechend Fr. 6'734.70 (inkl. Auslagen und MwSt.), geltend (Urk. 85). Dieser Aufwand erscheint teilweise überhöht. So macht die unentgeltliche Vertreterin der Privatklägerin für ihre Stellungnahme zur Berufungsantwort des Beschuldigten und ihre Anschlussberufungsantwort insgesamt 9 Stunden geltend (Urk. 85). Dies erscheint in Anbetracht
des einzig noch auf den Zivilpunkt beschränkten Berufungsverfahrens mit über- dies doch recht beschränktem Streitwert nicht mehr angemessen. Der Aufwand für die Ausarbeitung dieser Eingabe ist entsprechend auch auf 7 Stunden – analog zur amtlichen Verteidigung – zu kürzen. Hinzukommen diverse (meist sehr kurze) Fristerstreckungsgesuche (Urk. 66 f.; Urk. 74 f.; Urk. 77), für welche sie insgesamt mehr als 5 Stunden verrechnet (Urk. 85). Auch wenn in ihrer Eingabe vom 29. September 2021 unter anderem prozessuale Anträge enthalten sind (Urk. 77), welche in der Folge jedoch nochmals gestellt wurden (Urk. 78), erscheint der geltend gemachte Aufwand hierfür als wesentlich überhöht und ist um 3 Stunden, und ihr Aufwand damit insgesamt um 5 Stunden zu kürzen. Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass Anwälten und Anwältinnen mit Kenntnis selte- ner Sprachen ein Stundenansatz von Fr. 240.– (statt Fr. 220.–) – und nicht
Fr. 250.– wie geltend gemacht – für Bemühungen gewährt wird, bei denen Übersetzungskosten eingespart werden (vgl. Leitfaden Amtliche Mandate der Oberstaatsanwaltschaft Kanton Zürich, 3. Aufl., S. 55 i.V.m. S. 59), was in der Kosten- note entsprechend anzupassen ist. Rechtsanwältin lic. iur. X. ist entsprechend mit pauschal Fr. 5'500.– (inkl. MwSt. und Auslagen) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten ist im Umfang der Kostenauflage vorzubehalten.
Die Entschädigungen der amtlichen Verteidigung und unentgeltlichen Rechtsvertretung erfolgen auch unter Hinweis darauf, dass in Berufungsverfahren, in denen nur adhäsionsweise geltend gemachte privatrechtliche Ansprüche strittig sind, die Gebühr in der Regel auf zwei Drittel bis einen Fünftel zu ermässigen ist (§ 18 Abs. 2 AnwGebV i.V.m. § 9 AnwGebV) und die Obergrenze (ohne Reduktion) für ordentliche Einzelrichterfälle im Berufungsverfahren in der Regel bei Fr. 8'000.– liegt (§ 18 Abs. 1 AnwGebV i.V.m. § 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV).
Ist nur noch der Zivilpunkt Gegenstand des Berufungsverfahrens, ist nicht die strafrechtliche Beschwerde, sondern nur die zivilrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht zulässig (BGE 133 III 701), wobei die Streitwertgrenze von Art. 74
BGG zu beachten ist. Liegt der Streitwert mithin unter Fr. 30'000.–, ist in der Regel nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig (Art. 113 ff. BGG). Der Streitwert (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG) liegt vorliegend unter Fr. 30'000.–.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Uster, Einzelgericht in Strafsachen, vom 23. September 2020 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Schuldspruch), 2-3 (Strafe), 4-5 (Entscheid über Sicherstellungen) sowie 7- 11 (Kosten- und Entschädigungsdispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B.
wird verpflichtet, der Privatklägerin (A. )
Fr. 1'500.– zuzüglich 5 % Zins ab 24. Januar 2019 als Genugtuung zu bezahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin
(A. ) aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Schadenersatzanspruches wird die Privatklägerin auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 865.– ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 3'000.– amtliche Verteidigung,
Fr. 5'500.– unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden zu 4/5 dem Beschuldigten auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft werden auf
die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang der Kostenauflage gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz (mit dem Ersuchen um Vornahme der notwendigen Mitteilungen an die zuständigen Behörden und Amtsstellen, inkl. Formular A und DNA-Formular [vgl. zuvorderst in Ordner 1] sowie gegebe- nenfalls an die D. AG, sofern nicht ohnehin bereits erfolgt).
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Zivilsachen im Sinne von Art. 72 ff. BGG bzw. subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art. 113 ff. BGG erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, beim Schweizerischen Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 9. Mai 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Stiefel
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Brülisauer
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