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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB190371
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB190371 vom 16.08.2021 (ZH)
Datum:16.08.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fahrlässige Körperverletzung
Zusammenfassung : Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verdachts auf Betrug vorläufig festgenommen und es wurde Untersuchungshaft angeordnet. Nach Einreichung einer Beschwerde durch den amtlichen Verteidiger des Beschwerdeführers wurde diese zurückgezogen, wodurch die Beschwerde als erledigt betrachtet wurde. Es wurde festgestellt, dass keine Kosten erhoben werden und keine Entschädigung für den amtlichen Verteidiger notwendig ist. Der Richter ist männlich und der Betrag der Gerichtskosten beträgt CHF 0. Die unterlegene Partei ist männlich.
Schlagwörter : Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Gerüst; Schacht; Berufung; Unfall; Schachtloch; Urteil; Privatklägers; Abdeckung; Recht; Vorinstanz; Antwort; Staatsanwalt; Verteidigung; Anklage; Staatsanwaltschaft; Aussage; Person; Beweis; Urteils; Gutachten; Bauleiter; Berufungsverfahren; Gericht; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 113 StPO ; Art. 125 StGB ; Art. 3 StPO ; Art. 329 StPO ; Art. 333 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 82 UVG ;
Referenz BGE:135 IV 56; 139 IV 45; 142 IV 163;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB190371-O/U/cwo

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. B. Gut und Oberrichterin lic. iur. R. Affolter sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. M. Keller

Urteil vom 16. August 2021

in Sachen

A. ,

Privatkläger und I. Berufungskläger

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

sowie

Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber, Anklägerin und II. Berufungsklägerin (Rückzug)

gegen

  1. B. ,
  2. C. ,
  3. D. ,

Beschuldigte und Berufungsbeklagte

1 verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. Y1. 2 verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Y2. 3 verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Y3.

betreffend fahrlässige Körperverletzung

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich,
10. Abteilung - Einzelgericht, vom 5. Juni 2019 (GG190043)

Anklage:

Die Anklageschriften der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 25. Februar 2019 sind diesem Urteil beigeheftet (Urk. 38; Urk. 42; Urk. 46).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 74 S. 27 ff.)

Es wird erkannt:

  1. Die Beschuldigten B. , C. und D. sind nicht schuldig und werden freigesprochen.

  2. Die Zivilklage der Privatklägerschaft wird abgewiesen.

  3. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz; die übrigen Kosten (Gebühren für das Vorverfahren, Auslagen Gutachten sowie allfällige weitere Kosten) werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Dem Beschuldigten B. wird eine Prozessentschädigung von Fr. 14'626.73 für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  5. Dem Beschuldigten C. wird eine Prozessentschädigung von Fr. 16'064.35 für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  6. Dem Beschuldigten D.

    wird eine Prozessentschädigung von Fr. 17'121.30 für

    anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  7. (Mitteilungen.)

  8. (Rechtsmittel.)

    Berufungsanträge:

    (Prot. II S. 16 ff.)

    1. Des Vertreters des Privatklägers: (Urk. 80 und 151 S. 1 f.)

      1. In vollständiger Aufhebung des angefochtenen Urteils seien die Beschuldigten 1. B. , 2. C. und 3. D. je wegen fahrlässiger Körperverletzung und wegen fahrlässiger Verletzung der Regeln der Baukunde zu verurteilen und angemessen zu bestrafen.

      2. Eventualiter sei die Sache in Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie der Staatsanwaltschaft Gelegenheit gibt, die Anklagen je hinsichtlich des konkreten, den Beschuldigten 1 - 3 vorgeworfenen Sachverhalts betreffend die beiden Tatbestände fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Verletzung der Regeln der Baukunde im Sinne von Art. 329 Abs. 2 StPO zu ergänzen bzw. im Sinne von Art. 333 Abs. 1 StPO zu ändern.

      3. Subeventualiter sei der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zu geben, die Anklagen je hinsichtlich des konkreten, den Beschuldigten 1 - 3 vorgeworfenen Sachverhalts betreffend die beiden Tatbestände fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Verletzung der Regeln der Baukunde im Sinne von Art. 329 Abs. 2 StPO zu ergänzen bzw. im Sinne von Art. 333 Abs. 1 StPO zu ändern.

      4. Es sei - dem Grundsatze nach festzustellen, dass die Beschuldigten 1 - 3 je solidarisch für den dem Privatkläger A. aus dem Bauunfall vom 4. April 2017 entstandenen Schaden vollumfänglich haften (Haftungsquote: 100%) und dass ihm auch eine angemessene Genugtuung zusteht;

      5. Es seien die Beschuldigten 1 - 3 je solidarisch zu verpflichten, dem Privatkläger für das Untersuchungs- und das vorinstanzliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen.

      6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Beschuldigten.

    2. Der Verteidigung des Beschuldigten 1, B. : (Urk. 162 S. 1)

      1. Die Berufung des Privatklägers sei abzuweisen.

      2. Das Urteil der Vorinstanz vom 5. Juni 2019 sei zu bestätigen.

      3. Der Beschuldigte 1, B. , sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

      4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. Mwst. zu Lasten des Privatklägers.

    3. Der Verteidigung des Beschuldigten 2, C. : (Urk. 169 S. 2)

      1. Es sei das Urteil der Vorinstanz vom 5. Juni 2019 vollumfänglich zu bestätigen und der Beschuldigte 2, C. , von Schuld und Strafe freizusprechen.

      2. Es sei die Zivilklage des Privatklägers abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.

      3. Es seien die Kosten des Berufungsverfahrens dem Privatkläger aufzuerlegen.

      4. Es sei der Privatkläger zu verpflichten, dem Beschuldigten 2 für die anwaltliche Verteidigung im Berufungsverfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.

    4. Der Verteidigung des Beschuldigten 3, D. : (Urk. 164 S. 3 f.)

      1. Es sei vorab festzustellen, dass die Dispositiv-Ziff. 2, 3, 4, 5 und 6 des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils in Rechtskraft erwachsen sind.

      2. In Bestätigung des Urteils der Vorinstanz vom 5. Juni 2019 sei der Beschuldigte 3, D. , vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 UVG, Art. 3 Abs. 1 VUV und Art. 17 Abs. 2 BauAV freizusprechen.

      3. Eventualantrag, falls Dispositiv-Ziff. 2 des angefochtenen Urteils nicht bereits in Rechtskraft erwachsen ist: Die Zivilklage der Privatklägerschaft sei abzuweisen.

      4. Eventualantrag, falls Dispositiv-Ziff. 3 des angefochtenen Urteils nicht bereits in Rechtskraft erwachsen ist: Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen.

      5. Eventualantrag, falls Dispositiv-Ziff. 6 des angefochtenen Urteils nicht bereits in Rechtskraft erwachsen ist: Für das erstinstanzliche Verfahren sei dem Beschuldigten 3, D. , eine Prozessentschädigung von Fr. 17'121.30 für die anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

      6. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Privatkläger aufzuerlegen.

      7. Der Privatkläger sei zu verpflichten, dem Beschuldigten 3, D. , für die anwaltliche Verteidigung im Berufungsverfahren eine beim Abschluss des schriftlichen Berufungsverfahrens noch zu beziffernde Entschädigung zu bezahlen.

    5. Die Staatsanwaltschaft (Urk. 75; Urk. 88, 99, 111, 138 und 157)

      (Verzicht auf einen Antrag.)

      Erwägungen :

      I. Verfahrensgang
      1. Sachverhalt

        Am 4. April 2017 ereignete sich auf der Baustelle an der E. -strasse in Zürich ein Unfall. Im Untergeschoss des Gebäudes stürzte ein Rollgerüst um, auf

        welchem der Bauarbeiter A.

        mit Deckenverputzarbeiten beschäftigt war.

        Dabei zog er sich einen Armbruch zu. Ursache des Unfalls war gemäss Anklage

        ein vorschriftswidrig nicht abgedecktes Schachtloch im Boden, in welches ein Rad des Rollgerüsts geraten sei, worauf dieses umkippte. Die drei Beschuldigten waren Bauleiter auf der betreffenden Baustelle.

      2. Erstinstanzliches Verfahren

Am 28. Februar 2018 erhob die Staatsanwaltschaft gegen die Beschuldigten, welche für die Baustellensicherung und somit für die Abdeckung des Schachtloches verantwortlich gewesen seien, Anklage beim Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich (Urk. 74). Dieses sprach die Beschuldigten am 5. Juni 2019 frei mit der Begründung, dass nicht zweifelsfrei erwiesen werden könne, dass das Rollgerüst deshalb umkippte, weil es mit einem Rad in die ungesicherte Boden- öffnung geraten sei (Urk. 74 S. 26).

Gegen diesen Entscheid meldete der Rechtsvertreter des Privatklägers am

5. Juni 2019 mündlich und die Staatsanwaltschaft am 14. Juni 2019 schriftlich Berufung an (Prot. I S. 28; Urk. 71/1; Urk 68).

  1. Berufungsverfahren

    1. Die schriftlich begründete Fassung des vorinstanzlichen Urteils wurde dem Rechtsvertreter des Privatklägers am 18. Juli 2019 zugestellt (Urk. 73/4). Am

      6. August 2019 (Datum Poststempel: 5. August 2019) ging hierorts die Berufungserklärung ein (Urk. 80). Die 20-tägige Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO wurde damit eingehalten. Die Staatsanwaltschaft zog ihre Berufung am 24. Juli 2019 nach Erhalt der schriftlichen Urteilsbegründung zurück (Urk. 75).

    2. Am 20. August 2019 leistete der Privatkläger die ihm mit Verfügung vom

      12. August 2019 auferlegte Prozesskaution (Urk. 83 und 85).

    3. Mit Verfügung vom 22. August 2019 wurde Frist zur Erhebung einer Anschlussberufung und zur Stellungnahme zum Beweisantrag des Privatklägers auf Einholung eines technischen Gutachtens angesetzt (Urk. 86). Mit Präsidialverfügung vom 10. Oktober 2019 wurde der Beweisantrag abgewiesen (Urk 103).

      Auf Anschlussberufungen wurde verzichtet (Urk. 88, Urk. 89 S. 1, Urk. 92 S. 1;

      Urk. 95 und 100).

    4. Mit Beschluss vom 8. Mai 2020 wurde beschlossen, ein technisches Gutachten über das Baugerüst bzw. die Ursache des Umkippens einzuholen (Urk. 107). Dies mit der Begründung, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Schachtloch zumindest eine Teilursache für das Umstürzen des Gerüsts bildete (Urk. 107 S. 2). Nach Einholung von Stellungnahmen zur vorgeschlagenen Gutachterin und zur Fragenstellung wurde mit Auftrag vom 8. Juli 2020 das tech- nische Gutachten in Auftrag gegeben (Urk. 120). Mit Verfügung vom 15. Juli 2020 wurde im Einverständnis mit den Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet (Urk. 125 und 128). Das angeforderte Gutachten ging am 1. Februar 2021 hierorts ein (Urk. 134). Mit Verfügung vom 11. Februar 2021 wurde den Parteien Gelegenheit zur Stellung von Ergänzungsfragen gegeben (Urk. 136). Die Parteien verzichteten in der Folge auf Ergänzungsfragen an die Gutachterin (Urk. 138, 139, 141, 143, 147).

    5. Mit Verfügung vom 19. März 2021 wurde dem Privatkläger Frist zur schriftlichen Berufungsbegründung und Stellung allfälliger weiterer Beweisanträge angesetzt (Urk. 149). Diese Berufungsbegründung ging am 13. April 2021 hierorts ein (Urk. 151). Die Berufungsantworten gingen am 11. Mai 2021, am 28. Mai 2021

und am 22. Juni 2021 hierorts ein (Urk. 162, 164, 169). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Berufungsantwort (Urk. 157).

  1. Umfang der Berufung
    1. Die Vorinstanz hielt in Dispositivziffer 2 ihres Urteils fest, dass die Zivilklage des Privatklägers abgewiesen werde (Urk. 74). Art. 399 Abs. 3 lit. a StPO verlangt, dass der Berufungskläger angibt, ob er das Urteil vollumfänglich nur in Teilen anficht. Der Privatkläger unterliess es im Einzelnen zu bezeichnen, welche Dispositivziffern des vorinstanzlichen Urteils er beanstandet (Urk. 80 und 151). Zwar stellt er den Antrag, dass die Beschuldigten in vollständiger Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen fahrlässiger Körperverletzung zu verurteilen seien. Dieser Antrag auf vollständige Aufhebung bezieht sich allerdings auf den

      Schuldspruch und zumindest vom Wortlaut her nicht auf den Entscheid der Vorinstanz bezüglich der Zivilforderung. Der Verteidiger des Beschuldigten 3 ist der Ansicht, dass es an der wünschbaren Klarheit der Berufungserklärung mangelt. Immerhin wird auch in der Literatur die Ansicht vertreten, dass genau anzugeben ist, in welchen Punkten das Dispositiv des vorinstanzlichen Urteils angefochten werde (BSK StPO II-EUGSTER, Art. 399 N 4; VIANIN, in: Commentaire Romand, Code de prodédure pénale suisse, Art. 399 N 17: L'appelant ne doit pas seulement mentionner les parties du jugement qu'il attaque, mais indiquer les modifications du dispositif qu'il demande sur ces points).

    2. Dass bei Berufungserklärungen eine gewisse Formstrenge zu verlangen ist, wird nicht in Abrede gestellt. Auch auf Berufungserklärungen finden jedoch die allgemeinen Grundsätzen der Auslegung von Willenserklärungen Anwendung. Führt diese Auslegung nicht zu einem klaren Resultat, ist es im Zweifelsfall aufgrund von Art. 3 StPO geboten, von einer vollständigen Anfechtung sämtlicher Dispositivziffern auszugehen allenfalls dem Berufungskläger die Gelegenheit zu geben, die Berufung auf einzelne Teile zu beschränken, was auch im Nachgang noch möglich ist. Der Privatkläger stellte in der Berufungserklärung auch einen formellen Antrag, wie mit den Zivilforderungen zu verfahren sei, nämlich dass diese gutzuheissen seien (Urk. 80, Anträge 4 und 5). Vor diesem Hintergrund erscheint es im vorliegenden Fall zu formalistisch, die Abweisung der Zivilklage in Dispositivziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils als nicht angefochten zu betrachten.

    3. Somit ist vom vorinstanzlichen Urteil kein Punkt in Rechtskraft erwachsen.

  2. Prozessuales
  1. Anklage

    1. Dass die Anklage nicht konkret schildert, welche Regeln der Baukunde die Beschuldigten verletzt haben, stellt keinen prozessualen Mangel dar (Urk. 151

      S. 9). Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass die Beschuldigten nicht für die vorschriftsgemässe Abdeckung eines Schachtes gesorgt hätten. Dies ist eine Regel

      der Baukunde. Der Rest ist eine Frage der rechtlichen Würdigung und nicht des Anklagegrundsatzes.

    2. Der Rechtsvertreter des Privatklägers hat richtig gesehen, dass die Anklage bei der Umschreibung der vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen äusserst pauschal geblieben ist. Allein die Feststellung der grundsätzlichen Verantwortlichkeit von Bauleitern für die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften dürfte wohl nicht genügen. Der Rechtsvertreter des Privatklägers stellte deshalb den Eventualantrag auf Rückweisung der Anklage an die Staatsanwaltschaft zur Ergänzung bzw. Änderung der Anklage im Sinne von Art. 329 Abs. 2 StPO und Art. 333 Abs. 1 StPO. Darauf wird weiter unten noch eingegangen.

IV. Sachverhalt
  1. Aussagen

    1. Der Privatkläger gab in seiner Einvernahme zu Protokoll, dass er daran gewesen sei, die Decke mit Weissputz zu spritzen. Dann wisse er nur noch, dass er auf dem Boden gewesen sei. Er wisse nicht, wie es passiert sei (Urk. 15).

    2. Die Vorinstanz erachtete die Aussage des Privatklägers als nicht glaubhaft, weil er in seiner Einvernahme am 24. September 2018 mit keinem Wort erwähnt habe, dass der Sturz durch das Hineinrollen eines Gerüstrades in die nicht korrekt abgedeckte Bodenöffnung verursacht worden sei, was zu erwarten gewesen wäre (Urk. 74 S. 19). Diese Auffassung ist lebensfremd und nicht haltbar. Selbstunfälle auf einer Baustelle werden nicht im Voraus geplant, sondern passieren für Opfer fast immer überraschend. Jeder normale Mensch, der die nahe Gefahr des Schachtloches erkannt hätte, hätte das Gerüst nicht bestiegen dieses zuvor an eine sichere Stelle verschoben. Bereits die Tatsache, dass ein Unfall passiert ist, deutet in der Regel darauf hin, dass das Unfallopfer den Grund bzw. die Ursache nicht erkannt hat. Es ist eher verdächtig, wenn ein Opfer ohne Kenntnis der genauen Sachlage bereits von Anfang an Ursache und Grund für einen Unfall angibt. Die Darstellung des Privatklägers, wonach er nicht gewusst habe, weshalb das Gerüst umgefallen sei, ist deshalb im Gegenteil realitätsnah und glaubhaft.

      Sie stimmt auch mit der im Polizeirapport festgehaltenen Äusserung unmittelbar nach dem Unfall überein, wo er gesagt habe, er könne sich den Hergang überhaupt nicht erklären (Urk. 3 S. 3). Erwiesen ist auch, dass der Privatkläger nach seinem Sturz mit gebrochenem und verdrehtem Oberarm liegen blieb, bis die Sanität eintraf (Urk. 19/10). Auf den Fotos ist zudem erkennbar, dass er aus seiner Unfallendlage keinen freien Blick auf den halboffenen Schacht und das Gerüstrad hatte. Gemäss der Aussage seines Kollegen vor Ort, F. , habe der Privatkläger vor Schmerz geschrien (Urk. 13 Antwort 35). Es befremdet, wenn die Vorinstanz impliziert, ein Opfer hätte in einer solchen Situation noch den Unfallort untersucht und nach der Ursache für das Umstürzen des Gerüsts geforscht.

    3. Wenn die Vorinstanz dann die Auffassung äusserte, die späteren Aussagen des Privatklägers hinsichtlich der Unfallursache seien teilweise widersprüchlich, überzeugt dies ebenso wenig (Urk. 74 S. 19). Der Privatkläger sagte aus, dass er nach dem Unfall von seinem Vorgesetzten, der mit seinem Mobiltelefon Fotos vom Unfallort gemacht habe, erfahren habe, dass das Gerüst wegen dem Schachtloch umgestürzt sei (Urk. 15 Antwort 15). Bei seinen Aussagen über die Unfallursache handelt es sich deshalb offenkundig um blosse Mutmassungen und Interpretationen und nicht um eigene Wahrnehmungen während des Geschehens. Wenn aus solch hypothetischen, rein spekulativen Überlegungen des Privatklägers, zu welchen er nota bene durch die Frage des Staatsanwaltes aufgefordert wurde, sinngemäss geschlossen wird, die Mutmassungen seien nicht logisch, weshalb er bei den Aussagen über seine eigenen, direkten Wahr- nehmungen gelogen bzw. die Wahrheit verschwiegen habe, ist dies willkürlich.

    4. Nichts Ausschlaggebendes kann auch aus der Frage abgeleitet werden, ob die Rollen am Fuss des Gerüsts arretiert waren nicht. Der Privatkläger machte geltend, die Rollen des Gerüsts seien immer mit der Bremse blockiert gewesen, wenn er darauf gearbeitet habe (Urk. 15 Antwort 23). Die Feststellung der Vorinstanz, dies widerspreche sich mit dem Bericht des forensischen Institutes, ist unzutreffend (Urk.74 S. 19). Diesem Bericht, der im Übrigen den Anforderungen an ein Fachgutachten nicht entspricht, kann nur entnommen werden, dass sich durch den Sturz allenfalls eine zwei Bremsen lösen könnten (Urk. 19/2).

      Es sei jedoch eher unwahrscheinlich, dass sich alle vier Bremsen lösen könnten (Urk. 19/2). Ob und welche Bremsen arretiert gelöst waren, ist nicht rechtsgenügend erstellt. Einzig im Randkommentar einer Fotografie der Stadtpolizei Zürich vom umgestürzten Gerüst steht Übersichtsaufnahme im 1. UG, gestürzter Gerüstwagen sichtbar. Sämtlich vier Räder ohne arretierten Bremsmechanismus (Urk. 19/5). Dies steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zur Aktennotiz

      über eine Äusserung von G.

      vom unfalltechnischen Dienst (UTD): 2 der

      vier blockierten Räder (Bremsen) konnten nur mit enormem Kraftaufwand gelöst werden (ich musste dazu das Gerüst leicht anheben und ein Holzstück unter den Handgriff legen, so dass ich auf einen Querholmen steigen konnte und mit mei- nem Körpergewicht die Blockade zu lösen) (Urk. 19/7 S. 2).

    5. Der Privatkläger gab an, das Lösen der Bremsen zwecks Verschiebung des Gerüsts und das Arretieren sei seine Aufgabe gewesen (Urk. 15 Antwort 20). F. sagte aus, er könne keine Antwort zur Frage geben, ob die Bremsen arretiert waren nicht (Urk. 74 S. 21). Er könne es nicht sagen, weil er die Sicherung weder gelöst noch aktiviert habe (Urk. 13 Antwort 50). Dies sei üblicherweise die Aufgabe des Privatklägers gewesen (Urk. 13 Antwort 51).

    6. Auch aus den Aussagen von F.

      geht unmissverständlich hervor,

      dass er nicht wusste bzw. wahrnahm, weshalb das Gerüst umkippte (Urk. 13

      Antwort 73). F.

      zog vielmehr im Nachhinein gewisse Schlussfolgerungen:

      Das Gerüst hat sich nicht bewegt. Aber logischerweise müssten sich wohl die Holzplatten, die die Löcher im Boden deckten, bewegt haben. Es kann nicht an- ders gewesen sein (Urk. 13, Antwort 54). Normalerweise müsste man die Schaltafeln mit Schrauben ähnlichem am Boden befestigen. Vermutlich war es bei dieser Tafel nicht der Fall (Urk. 13 Antwort 57). Der Standpunkt der Vorinstanz, die Aussagen von F. zum Unfallhergang seien nicht schlüssig und wirkten konstruiert, ist deshalb ohne Grundlage (Urk. 74 S. 23). Seine Aussagen sind klar und unzweideutig: Er weiss nicht, wie es passiert ist. Die Vorinstanz verkennt, dass blosse Spekulationen von Unfallbeteiligten -zeugen für die Erstellung eines Sachverhaltes rechtlich weitestgehend irrelevant sind. Es ist nicht angängig,

      die Glaubwürdigkeit einer Person anzuzweifeln, bloss weil ihre rein hypothetischen Überlegungen nicht stimmig sind erscheinen.

    7. Der Beschuldigte B. äusserte in seiner Befragung, es sei polizeilich festgehalten, dass F. das Gerüst mit dem darauf befindlichen Privatkläger verschoben habe und dieses daraufhin umgefallen sei (Urk. 6 Antwort 13). Dies ist klar aktenwidrig. F. hat dies weder wörtlich noch sinngemäss je ausgesagt (Urk. 13). Er hat nur davon gesprochen, dass das Gerüst manchmal verschoben worden sei. Dass ein Rollgerüst zwischen den Arbeitsgängen verschoben werden muss, entspricht dem Zweck eines Rollgerüstes und ist auch einem bautechnischen Laien klar. Dieser Umstand impliziert selbstverständlich aber nicht, dass während dem Verschieben eine Person auf dem Gerüst steht.

      F.

      sagte im Gegenteil aus, dass der Privatkläger jeweils das Gerüst verschoben habe und er von ihm zu Hilfe geholt worden sei, weil das Gerüst für eine Person alleine zu schwer gewesen sei (Urk. 13 Antwort 51). Der Privatkläger sagte aus, dass er das Gerüst an jenem Tag jeweils selbst an den neuen Standort gestellt habe. Dann sei er wieder auf die Plattform gestiegen, was an jenem Tag mehrmals geschehen sei (Urk. 20/3 S. 2). Und selbst wenn man von der Hypo-

      these des Beschuldigten B.

      ausginge, ist immerhin festzuhalten, dass

      B.

      nie die Meinung geäussert hat, dass das Schachtloch keinen Zusam-

      menhang mit dem Umstürzen des Gerüstes habe. Seine Äusserung wäre vielmehr dahingehend zu interpretieren, dass F. das Gerüst vorschriftswidrig,

      d.h. mit dem Privatkläger auf der Plattform, verschoben habe, wobei das Rad in die Schachtöffnung gelangt sei.

    8. Von den drei Beschuldigten machte einzig der Beschuldigte D. Aus-

      sagen zur Sache. Während der Beschuldigte B.

      zumindest in der polizeilichen Befragung noch Angaben zur Sache machte, verweigerte der Beschuldigte C. während der gesamten Untersuchung jegliche Aussagen (Urk. 8 und 9). Auch vor Vorinstanz beriefen sich B. und C. auf ihr Aussageverweigerungsrecht (Prot. I S. 9 -14). Es wäre wünschenswert, wenn verantwortliche Personen auf einer Baustelle im Falle eines Unfalles bemüht sind, alles dazu beizutragen, um die Unfallursache zu ermitteln und den Unfallhergang zu klären. Es

      darf mit Fug gefragt werden, welchen Stellenwert die Gesundheit und das Wohl der Arbeiter auf einer Baustelle für die Beschuldigen C. und B. hat, sofern ihre eigenen Interessen betroffen sind. In strafprozessualer Hinsicht steht gestützt auf Art. 113 Abs. 1 StPO aber jeder beschuldigten Person ein Aussageverweigerungsrecht zu, weshalb allein aus diesem Schweigen keine Rückschlüsse auf die Schuldfrage gezogen werden dürfen.

    9. Letztlich steht fest, dass die Aussagen der befragten Personen wenig Erhebliches zum Unfallhergang liefern.

  2. Polizeirapport

    1. Die Vorinstanz schloss das Schachtloch als kausale Mitursache am Umstürzen des Gerüstes aus, einerseits aufgrund einer reinen Mutmassung des Zeugen H. und des Beschuldigten B. , die den Unfall gar nicht beobachtet hatten, andererseits aufgrund einer Bemerkung im Polizeirapport (Urk. 74

      S. 25 i.V.m. Urk. 3 S. 2). Der Zeuge H. hatte zum Zeitpunkt des Unfalls die Funktion als Bauleiter (Urk. 16 S. 4). Weshalb er nicht strafrechtlich belangt wurde, bleibt aufgrund der Akten ungeklärt. Ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens kann nicht ausgeschlossen werden, weshalb seiner Äusserung kaum beweisrechtliche Bedeutung zukommt. Bei der Schlussfolgerung von H. handelt es sich nach eigenen Angaben zudem um eine reine Vermutung, da er erst an den Unfallort gekommen war, als die Polizei schon vor Ort gewesen sei (Urk. 16 Antwort 19). Es kommt hinzu, dass H. mit keinem Wort erwähnte, dass das Gerüst alleine durch das Verschieben umgefallen sei. Es liegt jedenfalls sehr nahe anzunehmen, dass auch H. der Meinung war bzw. die Vermutung hatte, F. habe das Gerüst mit einem Rad in das Schachtloch gestossen.

    2. Im Polizeirapport steht als Kommentar zu einem Foto: Beim Kippen

      befand sich A.

      auf der Standfläche. Durch das Umkippen rollte der

      Gerüstwagen unten weg und blieb mit einem Rad im Bodenschacht stecken. (Urk. 3, Fotodokumentation S. 2). Diese Feststellung ist offenkundig falsch, denn von einem Feststecken des Rades kann keine Rede sein. Auf den Fotoaufnahmen ist ersichtlich, dass das Rad nach dem Sturz einfach über dem offenen Schachtloch lag.

    3. Grundsätzlich geht es bei Feststellungen in einem Polizeirapport nicht um Beweissicherungen, sondern primär um die Klärung der Rollen und Funktionen der beim relevanten Geschehen Anwesenden (Schmid/Jositsch, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen, 2017, N 859). Bereits aus diesem Grund ist es unzulässig, solche Rapportbemerkungen alleine als rechtsgenügende Beweise zu betrachten. Kommt hinzu, dass es sich beim rapportierenden Beamten Wm I. nicht um einen Sachverständigen handelt. Wie die Vorinstanz eine solch laienhafte Rapportbemerkung und eine aus der Luft gegriffene, allenfalls missinterpretierte Mutmassung des unbeteiligten H.

      sowie des Beschuldigten B.

      zur Grundlage ihres Entscheides machen

      konnte und somit dem Arbeiter F. unterstellte, er habe das Gerüst mit dem Privatkläger auf der Plattform ohne Einwirkung des Schachtlochs zum Umstürzen gebracht, ist nicht nachvollziehbar. Diese Hypothese scheint auch deshalb unwahrscheinlich, weil kaum ein vernünftiger Mensch so lange und mit der von der Gutachterin festgestellten nötigen Kraft gegen das Gerüst gedrückt hätte, bis es samt der Person auf der Plattform umgekippt wäre. Immerhin müsste das Gerüst vor dem Umstürzen so weit gekippt werden, bis sich der Schwerpunkt über die Grundfläche hinaus bewegt hätte. Es wäre auch schlecht erklärbar, weshalb sich der Privatkläger A. in seiner ersten Reaktion derart überrascht über die Ursache des Sturzes gezeigt hatte, wenn F. ihn umgestossen hätte. Darüber hinaus ging die Vorinstanz davon aus, dass die Bremsen aller Gerüstrollen gelöst gewesen seien, obschon in einem solchen Falle das Umstürzen des Gerüstes schwieriger zu bewerkstelligen ist als bei arretierten Rollen.

  3. Fotodokumentation und Gutachten

    1. Die Fotos vom Unfallort und dem umgestürzten Baugerüst geben einen weit besseren Eindruck, als dies in Worten umschrieben werden kann. Ersichtlich ist ein Schachtloch im Boden von ca. 100 cm x 100 cm Grösse, welches teilweise von zwei losen Brettern überdeckt ist (Urk 134 S. 1; vgl. Aussage des Beschuldigten D. , wonach die entfernten Stahlträger diese Masse gehabt hätten;

      Urk. 11 Antwort 19). Die exakten Masse des Schachtloches sind vorliegend nebensächlich. Ersichtlich ist auf dem Bild weiter, dass der unterste Teil von einem der vier Standfüsse des umgestürzten Gerüsts mit dem Rad weit in das Schachtloch hineinragt, das Rad sogar teilweise unter dem losen Brett liegt (Urk. 134

      S. 1). Selbst für einen bautechnischen Laien bräuchte es eine gehörige Portion Fantasie, um anzunehmen, dass das Schachtloch keinerlei Zusammenhang mit dem Umstürzen des Gerüstes hatte. Nichts desto trotz wurde ein technisches Gutachten eingeholt.

    2. Das fragliche Baugerüst ist für den professionellen Einsatz bestimmt und nicht zu verwechseln mit einem leichten Aluminiumgerüst aus dem Baumarkt für den Heimwerkerbedarf. Der Standboden des Gerüstes befand sich auf einer Höhe von rund 2,2 Metern (Gutachten Urk. 134; vgl. auch Sicherheitshinweise Urk. 20/2 S. 3, Quantity Schedule, Plattformhöhe 2,2 m). Grundsätzlich wäre ein weit höherer Aufbau zulässig gewesen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass je tiefer der Aufbau ist, desto schwerer ein Gerüst zum Umkippen gebracht werden kann, jedenfalls bei gewährleisteter Auflagerfläche. Das Gutachten stellte fest, dass das Gerüst zwar nicht vorschriftsgemäss zusammengesetzt war (Urk. 134 S. 9). Allerdings wirke sich die verminderte Steifigkeit nur unter Einfluss einer horizontalen Kraft am oberen Aufbaurahmen aus (Urk. 134 S. 16). Bei den Kippversuchen mit einem Vergleichsgestell wurde die konkrete Montage des Gerüsts berücksichtigt (Urk. 134 S. 14). Ebenso der Versatz der Rollen bei einer Nichtarretierung (Urk. 134 S. 11).

    3. Gemäss Gutachten ist eine unsachgemässe Lasteinwirkung als Kippursache nicht realistisch, sehr fraglich und zu bezweifeln. Für ein Kippen sei eine Kraft von 60 kg auf einer Höhe 1,5 Metern nötig, um das Rollgerüst inkl. einer Person auf der Plattform bei einem Verschiebevorgang zum Kippen zu bringen. Es sei sehr fraglich, ob eine Person dazu imstande sei (Urk. 134 S. 15). Es komme nur eine Kippursache in Betracht, bei der die Auflagersituation des Gerüsts verändert worden sei (Urk. 134 S. 16). Weiter kommt die Gutachterin zum Schluss: Wenn die Bodenöffnung vorschriftsgemäss verschlossen gewesen wäre (unverrückbar, durchbruchsicher), hätte die Rolle Nr. 3 auf der Abdeckung

      der Bodenöffnung stehen können. Das Gerüst wäre nicht umgekippt. Deshalb könne die Bodenöffnung nicht als kausale Mitursache ausgeschlossen werden (Urk. 134 S. 17). Schliesslich korreliert die Fallrichtung des Gerüstes bzw. dessen Endlage mit der Annahme, wonach das Rad Nr. 3 in die Bodenöffnung gelangt und zum Sturz des Gerüsts geführt hat (Urk. 134 S. 13). Es mutet seltsam an, dass ein Gerüst ohne Zusammenhang mit einem bloss wenige Zentimeter weit weg liegenden Schachtloch genau so fällt, wie wenn es mit einem Rad in das Schachtloch geraten und dann das betreffende Rad ebenso zufällig noch über das Schachtloch geschoben worden wäre.

    4. Dass die Gutachterin ein Umstossen des Gerüstes ohne Veränderung der Auflagersituation nicht mit absoluter Sicherheit ausschliessen konnte, ändert am erforderlichen Beweismass nichts. Mangels Vorhandensein auch nur geringster Indizien für eine solche Dritteinwirkung muss eine solche Möglichkeit als bloss theoretische Möglichkeit taxiert werden, die immer besteht. Das Gericht kann in einer Gesamtwürdigung der Beweislage deshalb auch zur Überzeugung gelangen, dass ein Sachverhalt erstellt ist, selbst wenn ein Gutachten, dass sich auf die rein technische Sicht zu beschränken hat, andere Geschehensabläufe nicht mit naturwissenschaftlich absoluter Sicherheit ausschliessen kann. Es geht hier nicht primär um die Beweislast des Staates zum Nachweis der Schuld, sondern um den Ausschluss von theoretisch denkbaren, alternativen Handlungsabläufen. Solche können nie mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, insbesondere nicht von einer Gutachterin, welche auftragsgemäss nicht die gesamte Beweislage zu berücksichtigen hat. Von etwas anderem auszugehen würde bedeuten, dass bei Unfällen nie ein rechtsgenügender Beweis erbracht werden kann. Auch im Falle eines tödlichen Sturzes eines Bauarbeiters von einer ungesicherten Etage eines Hochhauses kann man beispielsweise ebenso wenig mit absoluter Sicherheit ausschliessen, dass er nicht wegen der fehlenden Abschrankung hinuntergefallen war, sondern weil ihn sein Arbeitskollege gestossen habe.

    5. Die Staatsanwaltschaft und der Vertreter des Privatklägers gingen völlig zu Recht davon aus, dass das Gerüst mit einem Rad in das Schachtloch geriet aus welchen Gründen auch immer - und deshalb umstürzte (Urk. 10 Frage 41;

      Urk. 12 Frage 56; Urk. 151 S. 2 f.). Berücksichtigt man sämtliche vorliegenden Akten und Aussagen der befragten Personen sowie das technische Gutachten, ist zweifelsfrei erstellt, dass das Baugerüst nicht umgestürzt wäre, wenn das Schachtloch vorschriftsgemäss durch eine unverrückbare Abdeckung gesichert gewesen wäre. Ausser die Vorinstanz ging niemand der im Laufe der Untersuchung befragten Personen je von der Hypothese aus, dass das Gerüst ohne jeglichen Einfluss des Schachtloches zum Umstürzen gebracht worden sei. Selbst der Beschuldigte D. äusserte in seiner Befragung, dass es wohl so gewesen sein müsse, dass ein Rad in die Bodenöffnung geraten und abgesackt sei (Urk. 11 Antwort 28). Er ist zwar kein Gutachter, verfügt aber doch über jahrelange Erfahrung aus seiner Tätigkeit auf dem Bau.

    6. Mit der Gutachterin ist davon auszugehen, dass das Rad Nr. 3 kurz vor dem Sturz in unmittelbarer Nähe des Schachtes bzw. der losen Abdeckungsbretter stand (Urk. 134 S. 11). Dass sich das Gerüst im Laufe der Arbeiten des Privatklägers auf dem Gerüst leicht bewegte, kann zwanglos angenommen werden, denn ansonsten wäre es nicht zum Sturz gekommen. Ob und inwieweit diese Bewegung durch Dritteinwirkung, durch nicht vorschriftsgemäss arretierte Bremsen mangelhafte Zusammenstellung des Gerüsts verursacht wurde, kann vorliegend offen bleiben. Das Schachtloch als 'conditio sine qua non' verbleibt als Hauptursache und ein allfälliges Mitverschulden des Privatklägers eines Dritten vermag nach der Adäquanztheorie die fehlerhafte Abdeckung nicht in den Hintergrund zu schieben (BGE 135 IV 56 Erw. 2.1). Selbst wenn man davon ausginge, dass F. das Gerüst mit einem Rad über das Schachtloch verschoben habe, wofür wie erwähnt keine Indizien vorliegen, hätte dies den Kausalzusammenhang nicht unterbrochen.

  4. Sorgfaltspflichtverletzung

    1. Bei der Verantwortlichkeit von Bauleitern auf einer Baustelle handelt es sich in strafrechtlicher Hinsicht nicht um eine Kausalhaftung. Wie bei jedem Fahrlässigkeitsdelikt muss für die Tatbestandsmässigkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegen. Dabei wird Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit des Unfalls verlangt. Daran ändert auch eine Garantenpflicht nichts (Urk. 151 S. 10).

      Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist nur anzunehmen, wenn der Täter eine Gefähr- dung der Rechtsgüter von Dritten hätte voraussehen können und müssen (Urteil des Bundesgerichts 6B_342/2012 vom 8. Januar 2013 E. 2.4.). Eine Pflicht zur permanenten Überwachung besteht hingegen nicht generell, sondern nur in speziellen Fällen.

    2. Die Anklageschriften gegen die drei Beschuldigten führen diesbezüglich aus, die Beschuldigten hätten es in ihrer Funktion als Baupolier bzw. Bauleiter unterlassen, die durch die Entfernung des Stahlträgers entstandene Boden- öffnung durch eine korrekte Sicherung zu ersetzen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung lässt sich jedoch nicht allein aus dem Umstand herleiten, dass es einen Unfall gegeben hat. Allein die Feststellung von generellen Verantwortlichkeiten genügt mit anderen Worten noch nicht für die Feststellung einer strafrechtlich relevanten Sorgfaltspflichtverletzung.

    3. Es ist nicht aktenkundig, wann der betreffende Stahlträger im 1. UG ausgebaut wurde, wann die Abdeckung erstellt wurde, wer diese Arbeiten gemacht hat und ob und wann die Schachtlöcher bzw. deren Abdeckung kontrolliert wurden. Es wäre beispielsweise ausserordentlich erhellend gewesen zu wissen, ob die übrigen Schachtlöcher, welche durch den Rückbau der Stahlträger entstanden waren, nicht vorschriftsgemäss abgedeckt worden waren. Ein solcher Umstand könnte der Bauleitung kaum entgangen sein; ganz im Gegensatz dazu für den Fall, dass nur das fragliche Unfall-Schachtloch zu einem unbekannten Zeitpunkt mangelhaft geschützt worden war. Immerhin machte der Beschuldigte D. geltend, die Schachtlöcher seien alle zu 100% in Ordnung gewesen, als sie es gemacht hätten (Urk. 10 Antworten 27, 30, 38 und 39). Er gehe davon aus, dass jemand die korrekte Abdeckung im 1. UG entfernt habe, um an die Installationen des darunterliegenden Kriechkellers zu gelangen (Urk. 11 Antwort 25). Den Akten ist wiederum nicht zu entnehmen, ob abgeklärt wurde, welche anderen Handwerker in den vorausgegangenen Tagen in den Kriechkeller gestiegen und dort Arbeiten ausgeführt haben; dies hätte sich nach der Aussage D. s aber aufgedrängt. Ebenso wurde auch kein Bauarbeiter einvernommen, der mit der Entfernung des Stahlträgers im 1. UG der Abdeckung betraut

      war. Es ist anzunehmen, dass dieser hätte Auskunft darüber geben können, welche Anweisung bezüglich der Sicherung des Schachtlochs bestand und wie damit verfahren wurde.

    4. Aus dem Umstand, dass im Bauprotokoll festgehalten wird, die Schachtlöcher seien nach Entfernung der Stahltürme umgehend zuzubetonieren, kann nichts abgeleitet werden (Urk. 151 S. 8). Es stellt keine Sorgfaltspflichtverletzung dar, wenn das Zubetonieren aus unbekannten Gründen eine zeitliche Verzögerung erfuhr und stattdessen eine vorschriftsgemässe Abdeckung erstellt worden ist.

    5. Auf einem der Fotos vom Unfallschacht ist erkennbar, dass das fragliche Schachtloch einen Falz aufwies, was es grundsätzlich ermöglicht, die Abdeckung ebenerdig zu verlegen und eine Stolperfalle zu vermeiden (Urk. 20/4). Dies schliesst zwar nicht aus, dass das Loch hernach nur unzulänglich mit Brettern abgedeckt worden war. Allerdings macht die Erstellung eines Falzes wenig Sinn, wenn dies gar nicht nötig gewesen wäre bzw. zum Vornherein feststand, dass sofort zubetoniert nur mit blossen Brettern abgedeckt wird (Urk. 11 S. 4 Antwort 23). Dieser Umstand stützt zumindest die Behauptung des Beschuldigten D. , dass die Abdeckungen ursprünglich korrekt angebracht worden seien. Nicht verfängt die Behauptung des Vertreters des Privatklägers, wonach der Beschuldigte D. erklärt habe, er könne mit Fotos belegen, dass die Sicherheitsbestimmungen im Zusammenhang mit den Schachtlöchern eingehalten wor- den seien (Urk. 151 S. 8). D. brachte vielmehr vor: Da sind bestimmt Fotos vorhanden, wo ersichtlich ist, dass alles korrekt abgedeckt worden ist (Urk. 10 Antwort 38). Dass der Beschuldigte D. selbst keine Fotos einreichte, kann ihm nicht angelastet werden. Er hat nie behauptet, selbst im Besitze solcher Auf- nahmen zu sein.

    6. Den Akten ist auch nicht zu entnehmen, wann zwischen dem 15. März 2017 und dem Unfall am 4. April 2017 eine Begehung im Beisein der SUVA stattgefunden hat, obschon es solche zuvor gab (Urk. 12 Antwort 57). Dass bei den Kontrollen der SUVA im Januar und Februar fehlende Schachtabdeckungen

      nicht aufgefallen seien, wie der Verteidiger des Beschuldigten D.

      geltend

      macht, ist kein Argument, denn damals waren die Stahlträger noch gar nicht entfernt (Urk. 164 Rz 36 und 40).

    7. Weiter ist auf den Unfallfotos erkennbar, dass der demontierte Stahlträger durch das gesamte 1. UG hindurchlief und durch die Decke mindestens ins darüberliegende Geschoss reichte (Urk. 134 S. 11). Es hätte somit die Möglichkeit bestanden, die Abdeckung des genau über dem Unfall-Schachtloch liegenden weiteren Schachtlochs in das obere Geschoss dahingehend zu überprüfen, ob jene Abdeckung welche auf dem Foto von unten erkennbar ist korrekt vorschriftswidrig angebracht worden war. Wären nämlich alle anderen Schachtabdeckungen vorschriftsgemäss gewesen, würde dies die Version des Beschul-

      digten D.

      nähren, wonach die Abdeckung im 1. UG von einem anderen

      Handwerker entfernt worden sei. Umgekehrt hätte eine mangelhafte Abdeckung der anderen Schächte durchaus den Rückschluss auf eine generelle sorgfaltswidrige Erstellung der Abdeckungen erlaubt. Auch in Bezug auf die Dringlichkeit einer nötigen Kontrolle spielt durchaus eine Rolle, ob zuvor zahlreiche Abdeckungen weisungsgemäss korrekt erstellt worden waren.

    8. Aus dem beigezogenen Bausitzungsprotokoll vom 15. März 2017 geht einzig hervor, dass mit den Arbeiten des Rückbaus der Stahltürme ab sofort zu beginnen sei (Bausitzungsprotokoll 84 vom 15. März 2017, Urk. 21/13 S. 1 Ziff. 4.01.1). Jenem vom 29. März 2017 lässt sich entnehmen, dass die Aussparungen der Stahltürme nach deren Ausbau umgehend zu verschliessen seien, wobei die Vorgaben des Bauleiters abzuholen seien (Bausitzungsprotokoll 86 vom 29. März 2017, Urk. 21/15 S. 1 Ziff. 4.02.3). Ob solche Vorgaben bestanden, ob Weisungen erteilt wurden, wer diese erteilt und welche Person diese entgegen genommen hat, lässt sich den Strafakten nicht entnehmen. Auf den Unfallfotos ist ersichtlich, dass zumindest einer der Stahlträger noch stand, weshalb diese Rückbauarbeiten noch nicht abgeschlossen waren (Urk. 134 S. 1). Wann diese Arbeiten abgeschlossen wurden, kann entgegen der Auffassung des Rechtsvertreters des Privatklägers den Bausitzungsprotokollen nicht entnommen werden (Urk. 151 S. 5 f. Ziff. 3.1). Allein diese Bausitzungsprotokolle lassen zudem weder den Schluss zu, dass die Abdeckungen vorschriftswidrig erstellt wurden, noch

      kann daraus ersehen werden, wer konkret die Abdeckung des Unfall-Schachtloches erstellt hat, ob jemand die Abdeckung im 1. UG durch lose Bretter ersetzt hat und wenn ja, wer und wann. Ebenfalls ungeklärt bleibt, ob und wann die nötigen Kontrollen durchgeführt wurden. Es wäre deshalb von hoher Wichtigkeit gewesen zu ermitteln, wann und welche Person an der Entfernung der Stahltürme beteiligt war und wie mit der nachfolgenden Situation mit den offenen Schachtlöcher verfahren wurde. All dies lässt sich anhand der Akten nicht klären.

    9. Es ist unstrittig, dass ein verantwortlicher Bauleiter auch die Pflicht hat, für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften besorgt zu sein. Wie oft und wie intensiv solche Kontrollen vorzunehmen sind, ist im Einzelfall zu beantworten. Auch die Bauarbeitenverordnung (BauAV, SR 832.311.141) und die Verordnung über die Unfallverhütung (VUV, SR 832.30) machen hier keine quantitativen Vorgaben. Es ist nicht so, dass ein Bauleiter jede bauliche Massnahme seiner Untergebenen vor Ort persönlich überwachen und jeden Tag kontrollieren muss, ob sich daran nichts verändert hat. Insofern kann der Standpunkt des Vertreters des Privatklägers, wonach Schachtöffnungen bis zum endgültigen Zubetonieren immer wieder zu kontrollieren seien, nicht uneingeschränkt geteilt werden. Insbesondere bei baulichen Sicherheitsmassnahmen, die korrekt erstellt wurden, besteht ohne äusseren Anlass kein Grund, diese in hoher Kadenz laufend zu überprüfen. Wenn Bauarbeiter auf Anweisung des Bauleiters Poliers mehrere Schachtabdeckungen korrekt erstellt haben, darf ein Bauleiter zudem auch darauf vertrauen, dass diese eine weitere Abdeckung gleich, d.h. ebenfalls weisungsgemäss korrekt erstellen. Das heisst nicht, dass der Bauleiter ab einer gewissen Menge gleicher Arbeiten auf eine Überwachung Kontrolle gänzlich verzichten darf; aber die Häufigkeit der Kontrollgänge darf in solchen Fällen reduziert werden. Nicht ausgeschlossen werden kann aufgrund der Akten beispielsweise auch, dass der Co-Bauleiter J. mit der Überwachung der Schachtsicherung betraut war. Dieser wurde von der Staatsanwaltschaft nicht als beschuldigte Person einvernommen (Urk. 12).

    10. Anhand der vorliegenden Akten bzw. aufgrund der zahlreichen, nicht abgeklärten Sachumstände lässt sich deshalb eine konkrete, sorgfaltspflichtwidrige

      Handlung Unterlassung, wie beispielsweise eine zeitadäquate Kontrolle, einschliesslich der Vorausseh- und Vermeidbarkeit des Unfalls aus Sicht einer Person in der Situation und mit der Verantwortung der Beschuldigten, nicht rechtsgenügend erstellen. Insbesondere kann dem Beschuldigten D. nicht widerlegt werden, dass die Schachtabdeckung im 1. UG ursprünglich korrekt erstellt worden war und durch eine Drittperson durch lose Bretter ersetzt worden sei.

  5. Rückweisung an die Vorinstanz bzw. Untersuchungsbehörde

Gemäss Art. 333 Abs. 1 StPO gibt das Gericht der Staatsanwaltschaft Gelegenheit, die Anklage zu ändern, wenn nach seiner Auffassung der in der Anklage umschriebene Sachverhalt einen anderen Straftatbestand erfüllen könnte, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht. Vorliegend beschränkt sich der Verfahrensmangel nicht auf eine fehlende Umschreibung der Sorgfaltspflichtverletzung in der Anklageschrift, sondern auch bzw. viel mehr auf das fehlende Beweisfundament hinsichtlich einer Sorgfaltspflichtverletzung. Ob solche Beweise durch weitere Abklärungen der Untersuchungsbehörde im heutigen Zeitpunkt noch erbracht werden könnten, erscheint sehr fraglich, kann aber dahingestellt bleiben. Wenn das Gericht das Beweisfundament für eine Anklage als nicht ausreichend erachtet, bietet Art. 333 StPO keine Grundlage für die Rückweisung zwecks Wiederaufnahme bzw. Ergänzung einer Strafuntersuchung. Vielmehr hat in einem solchen Falle ein Freispruch zu ergehen, weil ein Schuldspruch mangels genügender aktenkundiger Beweise nicht ergehen kann.

  1. Zivilforderungen

    Da der Sachverhalt für die Behandlung der Zivilforderungen nicht spruchreif ist, sind diese gestützt auf Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO auf den Zivilweg zu verweisen.

  2. Kosten- und Entschädigungsfolgen
  1. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens sind auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 426 StPO e contrario). Die Kosten des

    Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Da der Privatkläger mit seiner Berufung unterliegt, sind ihm die Kosten aufzuerlegen, unter Verrechnung mit der Prozesskaution von Fr. 20'000.- (Urk 85). Vom vorinstanzlichen Urteil wird dahingehend abgewichen, dass eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Beschuldigten in diesem Verfahren mangels genügendem Beweisfundament nicht ausgeschlossen werden kann. Das Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren ist deshalb entgegen dem vorinstanzlichen Entscheid nicht abzuweisen, sondern lediglich auf den Zivilweg zu verweisen. In Bezug auf die Kostenfolge wirkt sich dies aber nicht aus, da auch ein Verweis auf den Zivilweg kein Obsiegen darstellt. Auch der Berufungsrückzug der Staatsanwaltschaft, welcher grundsätzlich als Unterliegen gilt (Art. 428 Abs. 1 StPO), hat usanzgemäss keine Auswirkungen auf den Kostenentscheid, da der Rückzug innert der Frist zur Berufungserklärung erfolgte (ZR 110 [2011] Nr. 37).

  2. Der Privatkläger hat den Beschuldigten die Kosten der erbetenen Vertei- digungen zu ersetzen (BGE 139 IV 45 Erw. 1 und 141 IV 476). Die Höhe der Entschädigung sowie der anzuwendende Stundenansatz richtet sich nach der kantonalen Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (LS 215.3); vgl. BGE 142 IV 163; BSK StPO-WEHRENBERG/ FRANK, Art. 429 N 15).

    Die seitens der Verteidigungen der Beschuldigten geltend gemachten Stundenansätze bewegen sich im vorgegebenen Rahmen von § 3 AnwGebV und sind in Anbetracht der Bedeutung des Falles für die Beschuldigten gerechtfertigt. Die jeweils geltend gemachten Aufwendungen der Verteidigungen sind sodann ausgewiesen und erscheinen angemessen. Der Privatkläger ist daher zu verpflichten, die Beschuldigten für ihre Aufwendungen im Zusammenhang mit der erbetenen Verteidigung für das Berufungsverfahren gemäss den eingereichten Honorar- noten zu entschädigen. Demgemäss ist der Privatkläger zu verpflichten, folgende Prozessentschädigungen für anwaltliche Verteidigung im Berufungsverfahren zu bezahlen:

    • dem Beschuldigten B. Fr. 8'494.90 (inkl. MwSt.)

    • dem Beschuldigten C. Fr. 7'094.40 (inkl. MwSt.)

    • dem Beschuldigten D. Fr. 10'376.60 (inkl. MwSt.).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird davon Vormerk genommen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Berufung mit Eingabe vom 22. Juli 2019 zurückgezogen hat.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

  3. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschuldigten werden vollumfänglich freigesprochen.

  2. Der Privatkläger wird mit seinem Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  3. Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 3 - 6) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 4'000.- ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 16'230.40 Technisches Gutachten.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Privatkläger auferlegt und mit der von ihm geleisteten Prozesskaution von Fr. 20'000.verrechnet.

  6. Der Privatkläger wird verpflichtet, den Beschuldigten für ihre anwaltliche Verteidigung im Berufungsverfahren folgende Prozessentschädigungen zu bezahlen:

  7. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl

    • die Vertretung des Privatklägers A. , Rechtsanwalt Dr. iur.

      X. , im Doppel für sich und den Privatkläger

    • Die Verteidigung des Beschuldigten B. , Rechtsanwältin lic. iur.

      Y1. , im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • Die Verteidigung des Beschuldigten C. , Rechtsanwalt lic. iur.

      Y2. , im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • Die Verteidigung des Beschuldigten D. , Rechtsanwalt lic. iur.

      Y3. , im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich (betreffend den Beschuldigten B. )

    • die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 77, Urk. 78 und Urk. 79 (betreffend alle Beschuldigten)

    • die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG; betreffend alle Beschuldigten)

    • die SUVA, Service Center, Postfach, 6009 Luzern (Referenz-Nr. 24.31646.17.2).

  8. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 16. August 2021

Der Präsident:

lic. iur. R. Naef

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Keller

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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