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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB180227: Obergericht des Kantons Zürich

Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich in Sachen A. erging am 28. September 2018. A. wurde mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Zustand der Schuldunfähigkeit schuldig gesprochen. Eine stationäre therapeutische Massnahme wurde angeordnet, jedoch keine Haftentschädigung zugesprochen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 3'000.-. Die Berufungsanträge wurden abgelehnt, und die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt. Die Richterin des Obergerichts des Kantons Zürich ist lic. iur. Bertschi. Die verlorene Partei ist die Staatsanwaltschaft See/Oberland. .

Urteilsdetails des Kantongerichts SB180227

Kanton:ZH
Fallnummer:SB180227
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB180227 vom 28.09.2018 (ZH)
Datum:28.09.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Zustand der Schuldunfähigkeit
Schlagwörter : Antrag; Antragsgegner; Massnahme; Antragsgegners; Behandlung; Gericht; Berufung; Urteil; Drohung; Sinne; Vorinstanz; Recht; Verteidigung; Gewalt; Beamte; Gericht; Verfahren; Untersuchung; Bundes; Entscheid; Untersuchungs; Staatsanwaltschaft; Beschuldigte
Rechtsnorm:Art. 135 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 221 StPO ;Art. 285 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 419 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 431 StPO ;Art. 56 StGB ;Art. 56a StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 63 StGB ;
Referenz BGE:128 IV 2; 134 IV 246; 139 IV 282;
Kommentar:
-, Praxis, 3. Aufl., Zürich, Art. 426 StPO, 2018
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB180227

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB180227-O/U/cs

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. Bertschi, Präsidentin, Ersatzoberrichterin Haus Stebler und Ersatzoberrichterin lic. iur. Klausner sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. Leuthard

Urteil vom 28. September 2018

in Sachen

A. ,

Antragsgegner und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft See/Oberland,

Antragstellerin und Berufungsbeklagte

betreffend mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Zustand der Schuldunfähigkeit

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Uster, Strafgericht, vom 8. Februar 2018 (DG170027)

Antrag auf Anordnung einer Massnahme für eine schuldunfähige Person:

Der Antrag auf Anordnung einer Massnahme für eine schuldunfähige Person der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 5. Oktober 2017 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 42).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte, A.

    , mehrfach den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziffer 1 StGB erfüllt hat.

  2. Aufgrund der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit wird im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB von einer Strafe abgesehen.

  3. Es wird eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von

    Art. 59 Abs. 1 StGB (Behandlung von psychischen Störungen) angeordnet.

  4. Die vom Beschuldigten bereits durch Untersuchungsbzw. Sicherheitshaft erstandenen 253 Tage sind auf die Dauer der stationären Massnahme anzurechnen.

  5. Dem Beschuldigten wird keine Haftentschädigung zugesprochen.

  6. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.-.

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Gerichtsgebühr um einen Drittel.

  7. Die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 20'439.60Auslagen Untersuchung (diverse Gutachten) Fr. 1'600.-Gebühr gemäss § 4 Abs. 1 lit. d GebV StrV

  8. Die Entscheidgebühr und die weiteren Kosten werden dem Beschuldigten auferlegt.

  9. Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten mit Fr. 21'600.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung beim Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Antragsgegners: (Urk. 94 S. 1 f.)

    1. Es sei festzustellen, dass der Beschuldigte in objektiver Hinsicht den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte erfüllt hat.

    2. Es sei eine ambulante Massnahme i.S.v. Art. 63 StGB anzuordnen.

    3. Es sei Disp.-Ziff. 4 aufzuheben.

    4. Es sei dem Beschuldigten eine Genugtuung von 42'000.zuzüglich Zins von 5% seit 22.5.17 zuzusprechen.

    5. Es seien die erstinstanzlichen Kosten vollumfänglich, eventualiter im Umfang von 1'394.28, auf die Staatskasse zu nehmen.

    6. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Der Staatsanwaltschaft See/Oberland: (Urk. 97 S. 1)

    1. Es sei das Urteil des Beziksgerichts Uster, Strafgericht, vom

      8. Februar 2018 (Geschäfts-Nr. DG170027) vollumfänglich zu

      bestätigen und demzufolge die Berufung des Beschuldigten in sämtlichen Punkten abzuweisen.

    2. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

      Erwägungen:

      1. Prozessuales
  1. Bisheriger Verfahrensablauf

    1. Zum Ablauf des gerichtlichen Verfahrens bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 84 S. 3). Unerwähnt blieb dort allerdings, dass die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich am 18. Dezember 2017 die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher er die am 10. November 2017 durch das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Uster verfügte Abweisung seines Haftentlassungsgesuchs anfocht, guthiess und seine Entlassung aus der Haft veranlasste. Der Antragsgegner wurde gleichentags auf freien Fuss gesetzt (Urk. 70; Urk. 71).

    2. Nach Durchführung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung stellte die Vorinstanz in ihrem im Dispositiv wiedergegebenen Urteil vom 8. Februar 2018 fest, dass der Antragsgegner A. mehrfach den Straftatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Zustand der Schuldunfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB erfüllt hat. Von einer Strafe wurde abgesehen, hingegen wurde eine stationäre Massnahme zur Behandlung psychischer Störungen

      angeordnet (Urk. 84 S. 28 f.). Gegen diesen Entscheid liess der Antragsgegner durch seinen amtlichen Verteidiger lic. iur. X. mit Scheiben vom 19. Februar 2018 und somit innert gesetzlicher Frist Berufung anmelden (Art. 399

      Abs. 1 StPO; Urk. 78). Das begründete Urteil wurde dem Verteidiger des Antragsgegners in der Folge am 22. Mai 2018 zugestellt (Urk. 83). Mit Eingabe vom

      11. Juni 2018 reichte der amtliche Verteidiger innert Frist die Berufungserklärung beim hiesigen Gericht ein (Art. 399 Abs. 3 StPO; Urk. 87).

    3. Die Anklagebehörde verzichtete auf entsprechende Fristansetzung hin auf Erhebung einer Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 90).

    4. Am 5. Juli 2018 wurden die Parteien zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 92), welche am 28. September 2018 stattfand und zu welcher der Antragsgegner in Begleitung seines amtlichen Verteidigers, Rechtsanwalt lic. iur.

      X. , erschien (Prot. II S. 3).

  2. Umfang der Berufung

    1. In ihrer Berufungserklärung vom 11. Juni 2018 erklärte die Verteidigung des Antragsgegners, die Dispositiv-Ziffern 1, 3, 4, 5 und 8 anzufechten. Sie beantragte dabei vorab, es sei festzustellen, dass der Antragsgegner den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte in objektiver Hinsicht erfüllt habe. Statt einer stationären Massnahme sei eine ambulante im Sinne von Art. 63 StGB anzuordnen. Die in Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Urteils vorgesehene Anrechnung der erstandenen Haft an die stationäre Massnahme sei aufzuheben. In Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 5 sei dem Antragsgegner eine angemessene Genugtuung für erlittene Haft zuzusprechen. Schliesslich seien die Kosten des Verfahrens in Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 8, statt dem Antragsgegner aufzuerlegen, auf die Staatskasse zu nehmen. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 28. September 2018 präzisierte die Verteidigung ihre Berufungsanträge. So bezifferte sie die Genugtuungsforderung auf Fr. 42'000.zuzüglich Zins von 5% seit dem 22. Mai 2017. Sodann stellte sie bezüglich Kostenauflage den Eventualantrag, die erstinstanzlichen Kosten seien zumindest im Um-

      fang von Fr. 1'394.28 auf die Staatskasse zu nehmen und beantragte, die Kosten des Berufungsverfahrens seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen (Urk. 94 S. 1 f.; Prot. II S. 3 f.).

    2. Dementsprechend sind lediglich Dispositiv-Ziff. 2 (Absehen von einer Strafe wegen nicht selbst verschuldeter Schuldunfähigkeit), Ziff. 6 und 7 (Festsetzung der Entscheidgebühr und der weiteren Kosten) und Ziff. 9 (Entschädigung des amtlichen Verteidigers) des vorinstanzlichen Urteils unangefochten geblieben und damit in Rechtskraft erwachsen, was vorab mittels Beschluss festzustellen ist (Art. 404 Abs. 1 StPO). Im Übrigen ist der angefochtene Entscheid zu überprüfen.

II. Sachverhalt und rechtliche Würdigung
  1. Vorgeworfener Sachverhalt

    1. Die Anklagebehörde wirft dem Antragsgegner ganz kurz zusammengefasst vor, den stellvertretenden Stationsleiter B. und den Stationsarzt C. am 17. Mai 2017 anlässlich eines Gesprächs im Rahmen seiner fürsorgerischen Unterbringung in der D. Privatklinik bedroht zu haben. Insbesondere habe er immer in Gegenwart von C. - B. gesagt, wenn dieser mit ihm kämpfen wolle, könne er mit ihm nach draussen gehen und weiter geäussert, er (der Antragsgegner) werde ihm (B. ) den Kopf abreissen und ihn auffressen. Dabei sei er laut geworden, habe sich erhoben und sei B. sehr nahe bekommen, wobei er die rechte Faust erhoben und mit der linken Hand auf diesen gezeigt habe.

    2. Nachdem der Pfleger E. dazwischen getreten sei und während sich die drei aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners in den benachbarten Büroraum zurückgezogen hätten, sei der Antragsgegner weiterhin aufgebracht gewesen und habe gesagt, er werde töten, bzw. i töte euch und i töte dich

      (B. ) (Urk. 42 S. 2 f.).

  2. Standpunkt des Antragsgegners

    1. Wie bereits vor erster Instanz vertritt die Verteidigung die Auffassung, der Antragsgegner habe den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte in objektiver Hinsicht zwar erfüllt, jedoch nur gegenüber B. , dem Stationsleiter der D. Privatklinik, und daher nur einfach. Den ebenfalls anwesenden Stationsarzt C. habe er dagegen ebenso wenig bedroht, wie den Pfleger (Urk. 73 S. 4, Urk. 94 S. 2 ff.). Ferner gebe der Antragsgegner zwar zu, geäussert zu haben, er würde B. auffressen bzw. ihm den Kopf abreissen. Das sei jedoch weder als Todesdrohung gemeint gewesen, noch sei von einem verständigen Menschen zu erwarten und daher nicht anzunehmen, dass solche Äusserungen als Todesdrohung aufgefasst würden (Urk. 73 S. 5 f.). Allerdings sei nachvollziehbar, dass der so Bedrohte einen tätlichen Übergriff befürchte. Bestritten würden schliesslich (weitere) behauptete explizite Todesdrohungen, welche aufgrund der Aussagen der einvernommenen Personen nicht erstellt werden könnten (Urk. 73 S. 7, Urk. 94 S. 4).

  3. Würdigung der Beweismittel

    1. Was den im Antrag der Staatsanwaltschaft beschriebenen Sachverhalt im engeren Sinn anbelangt, bestreitet der Antragsgegner soweit ersichtlich lediglich den Vorwurf, er habe, als sich B. und C. in Begleitung von

      E. zurückgezogen hätten, weiterhin ein aufgebrachtes Verhalten an den Tag gelegt und dabei gesagt, er werde töten bzw. i töte eu und an B. gerichtet i töte di (Urk. 73 S. 4 f. und S. 7). Im Übrigen wird der Wortlaut des Antrages der Staatsanwaltschaft und die durch die Vorinstanz erfolgte Sachverhaltserstellung nicht beanstandet.

    2. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass sich der im Antrag der Staatsanwaltschaft geschilderte Sachverhalt erstellen lasse, allerdings mit zwei Ausnahmen: So könne zu Gunsten des Antragsgegners nicht davon ausgegangen werden, dass dieser die Faust geballt und diese erhoben und zugleich mit seinem linken Zeigefinger auf B. gedeutet habe (Urk. 84 S. 15). Ebenso wenig könne der Wortlaut der im Antrag der Staatsanwaltschaft behaupteten Todesdrohung,

      die der Antragsgegner ausgestossen haben soll, als sich B. und C. mit E. bereits auf dem Rückzug befunden hätten, erstellt werden. Allerdings sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner sich auch während des Rückzugs sowohl gegenüber B. als auch C. drohend verhalten habe

      (Urk. 84 S. 16).

      Das Verschlechterungsverbot im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO untersagt es den Rechtsmittelinstanzen nicht, in ihren Erwägungen die Tat frei zu beurteilen. Entscheidend ist, dass sich dies nicht in einem schärferen Schuldspruch einer härteren Sanktion im Dispositiv niederschlägt (Urteil des Bundesgerichts 6B_863/2013 vom 10. Juni 2014, E. 5.9; BGE 139 IV 282 E. 2.6). Vorliegend

      kommt ein schärferer Schuldspruch eine härtere Sanktion ohnehin nicht in Betracht, zumal der Antragsgegner unbestrittenermassen schuldunfähig war und insofern kein Schuldspruch erfolgt und keine Strafe verhängt wird. Auf ein Verfahren gegen eine schuldunfähige Person übertragen, ist zu schliessen, dass Änderungen der im angefochtenen Entscheid vorgenommenen Sachverhaltserstellung durch die Rechtsmittelinstanz möglich sind, soweit sich an der Feststellung, welche Tatbestände eine schuldunfähige Person erfüllt hat, nichts zu Lasten des Antragsgegners ändert. Da heute darüber zu entscheiden ist, ob statt einer stationären Massnahme eine ambulante anzuordnen sei, stellt sich die Frage eines Verstosses gegen das Verschlechterungsverbot ohnehin nicht (vgl. zum Ganzen BSK-StGB I-Heer N 22 ff. zu Art. 56).

    3. Ergänzend und präzisierend ist daher zur Sachverhaltserstellung der Vorinstanz (Urk. 84 S. 4 ff.) zu bemerken, dass die Auseinandersetzung des Antragsgegners mit B. und C. unvermittelt eskalierte und eine schnelle Dynamik annahm. Wenn die drei betroffenen Personen in ihren beiden Befragungen nicht bis ins letzte Detail deckungsgleich aussagten, vermag dies ihrer Glaubwürdigkeit über das Ganze gesehen grundsätzlich keinen Abbruch zu tun.

    4. Was die dem Antragsgegner vorgeworfene Geste mit der erhobenen Faust und dem Zeigefinger anbelangt, ist zu sagen, dass B. , nachdem er in seiner Befragung als polizeiliche Auskunftsperson berichtete, der Antragsgegner sei bis auf ca. 40 cm mit erhobener Hand auf ihn zugekommen (D2/6 S. 1), als Privatkläger ausführte, der Antragsgegner habe die rechte Hand erhoben, diese zur Faust geballt und mit dem linken Zeigfinger auf ihn gezeigt (Urk. 8 S. 4). Ähnlich sagte der Pfleger E. als Zeuge aus. Gemäss seiner Darstellung habe der Antragsgegner einen Arm erhoben und die Hand zu einer Faust geballt und B. so gedroht (Urk. 9 S. 3). Dabei sei der Antragsgegner so nahe gewesen, dass er B. in dieser Situation mit der Faust hätte treffen können (Urk. 9 S. 5). Obwohl der Antragsgegner bestritt, eine Faust gemacht zu haben, gab er immerhin zu, den Finger gegen B. , der ihn provoziert habe, erhoben zu haben

      (Urk. 4/3). Dass sein Arm nach oben ging, bestätigt somit der Antragsgegner selbst. Wenn auch der ebenfalls anwesende C. nichts zu einer solchen Geste des Antragsgegners mit der Faust gemäss der Version des Antragsgegners mit dem Finger aussagte, kann sie aufgrund der spontanen und fast übereinstimmenden Aussagen von B. und E. als erstellt betrachtet werden.

    5. Bezüglich der dem Antragsgegner vorgeworfenen Drohung, mit den Worten, er werde töten i töte di bzw. i töte eu, konnte E. zwar bestätigen, dass es während ihres Rückzugs nach wie vor sehr laut war, jedoch nicht, dass solche Worte gefallen seien (Urk. 9 S. 4). C. erwähnte gegenüber der Polizei, der Antragsgegner habe während des Rückzugs etwas geschrien, wobei er glaube, dass der Inhalt dieser Äusserung gewesen sei, er werde alle töten (D2/5 S. 2). Seinen Aussagen in seiner zweiten Befragung als Privatkläger ist zu entnehmen, dass er sich zwar noch erinnerte, dass der Antragsgegner während des Rückzugs etwas rief, jedoch nicht mehr daran, was es war. Nur auf ausdrücklichen Vorhalt der Aussage von B. , der Antragsgegner habe gegen den Schluss des Vorfalles Ich töte eu, ich töte dich gerufen, erklärte C. , er erinnere sich nicht so genau. Aber es könne gut sein, dass dieser dies so gesagt habe (Urk. 7 S. 7). Einzig B. führte zunächst anlässlich seiner ersten Befragung als polizeiliche Auskunftsperson spontan aus, der Antragsgegner habe ihnen während sie sich ins Büro zurückgezogen hätten - nachgerufen, dass er sie töten werde (D2/6 S. 1), wobei er später wiederum spontan präzisierte, der Antragsgegner habe ihnen am Schluss nachgerufen, ich töte eu, ich töte dich (D2/6 S. 2). In seiner zweiten Befragung als Privatkläger führte er, nachdem er

      zunächst den Vorfall bis zum Rückzug geschildert hatte, auf Frage, ob der Antragsgegner sich noch anderweitig als bis dahin geschildert drohend geäussert habe, aus, dieser habe, als sie sich ins Büro zurückgezogen hätten, nachgerufen, er werde töten (Urk. 8 S. 4). Auf späteren Vorhalt seiner genauen Aussagen bei der Polizei, erklärte er, er wisse den genauen Wortlaut nicht mehr. Auf jeden Fall habe er den Wortlaut ich töte gehört (Urk. 8 S. 6). Alle drei während des Vorfalls anwesenden Mitarbeiter erklärten somit, dass der Antragsgegner heftig herumschrie, als sie sich zurückzogen. Dass er dabei auch eine Todesdrohung im Sinne des Antrages der Staatsanwaltschaft ausstiess, ist aufgrund der überzeugenden und soweit klaren Aussage von B. als erstellt zu betrachten. Seine Version wird letztlich durch die Schilderung von C. , der sich zwar nicht mehr genau an den Wortlaut erinnerte, bestätigt.

  4. Rechtliche Würdigung

    1. Das von der Vorinstanz erstellte Verhalten samt den Äusserungen des Antragsgegners ist auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Präzisierung als Drohung im Sinne von Art. 180 StGB Art. 285 StGB zu qualifizieren. Dies deshalb, weil den beiden Adressaten, B. und C. verbal mit Gesten ein Leid in Aussicht gestellt wurde, worauf diese sich glaubhaft und nachvollziehbar ängstigten. Da das drohende Verhalten und die drohenden Äusserungen während des Rückzugs nicht nur an B. , sondern auch an C. gerichtet war, bejahte die Vorinstanz zutreffend die Verletzung zweier selbständiger Rechtsgüter und dementsprechend eine mehrfache Tatbegehung.

      Die Verteidigung macht geltend, das von Art. 285 StGB geschützte Rechtsgut sei die öffentliche Gewalt bzw. das reibungslose Funktionieren der staatlichen Organe. Es soll nicht der einzelne Beamte aus einem Gros an Beamten, welche eine amtliche Aktion ausführen würden, geschützt werden. Die in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang ausgeführte Handlung des Antragsgegners habe die öffentliche Gewalt bzw. die Beamten in Ausführung ihrer amtlichen Tätigkeit behindert und nicht einen Einzelnen mehrere Personen. Damit sei von einer einmaligen (und nicht von einer mehrfachen) Behinderung zu sprechen (Urk. 94 S. 4 f.). Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Das Schutzobjekt von Art. 285 StGB ist nicht nur die öffentliche Gewalt, sondern auch die körperliche Integrität des öffentlichen Funktionärs bei der Verrichtung amtlicher Aufgaben (BSK StGB II-Heimgartner, N 2 zu Vor Art. 285; OFK/StGB-Isenring, N 6 zu Art. 285). Folgerichtig wird denn auch der Tatbestand der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB, welcher individuelle Rechtsgüter schützt, von Art. 285 StGB konsumiert (BSK StGB II-Heimgartner, N 29 zu Art. 285).

    2. Dass B. und C. im fraglichen Zeitpunkt und im Kontext der zwangsweisen Rückbehaltung des Antragsgegners, während welcher ihm eine Verlegung in die geschlossene Abteilung der Klinik eröffnet wurde, als Beamte im Sinne von Art. 285 StGB zu betrachten waren, wird von der Verteidigung, die den Tatbestand der Gewaltund Drohung gegen Behörden und Beamte als objektiv erfüllt betrachtet (Urk. 73 S. 1), wenigstens was das Verhalten des Antragsgegners gegenüber B. anbelangt, offensichtlich nicht bestritten.

    3. Den Überlegungen der Vorinstanz (Urk. 84 S. 17 ff.) ist ohne Weiteres, d.h. auch mit Bezug auf C. beizupflichten. Als Beamter ist zu betrachten, wer eine öffentlich-rechtliche Funktion ausübt bzw. eine dem Gemeinwesen zustehende öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnimmt (BSK StGB II-Heimgartner, N 2 zu Vor Art. 285). Den Tatbestand erfüllt, wer während einer gegen ihn gerichteten Handlung mit amtlichem Charakter eine Drohung ausstösst (BSK StGB IIHeimgartner, N 14 zu Art. 285). Hindert Klinikpersonal einen fürsorgerisch eingewiesenen Patienten am Verlassen der Einrichtung, schränkt es seine Bewegungsfreiheit innerhalb der Klinik weiter ein gibt es ihm Verhaltensanweisungen gestützt auf die Anstaltsordnung etc., ist der amtliche Charakter einer Handlung und demzufolge die entsprechende objektive Voraussetzung für die Anwendung von Art. 285 StGB ohne Weiteres gegeben. Reagiert der Patient in einer solchen Situation mit einer Gewalttätigkeit einer Drohung gegenüber dem Personal, erfüllt er den fraglichen Tatbestand. So bestätigte auch des Bundesgericht in einem Urteil vom 20. Januar 2009 eine Bestrafung wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte im Sinne von Art. 285 StGB, nachdem sich ein fürsorgerisch untergebrachter Patient der Anweisung des Personals, das allgemeine Rauchverbot im Spital zu respektieren und das Rauchen zu unterlassen sowie die von ihm in das

      Lavabo geworfenen Zigarettenstummel zu entfernen, widersetzt hatte und handgreiflich geworden war (Urteil des Bundesgerichts 6B_834/2008 vom 20. Januar 2009, Erw. 3.2.).

    4. C. und B. waren im Begriff, dem fürsorgerisch untergebrachten Antragsgegner den Entscheid, ihn in den geschlossenen Bereich der Klinik zu verlegen, zu eröffnen, als die Drohungen fielen. Diese Verlegung bzw. das Gespräch zur Orientierung ist aufgrund dieser Darlegungen zweifellos als Amtshandlung zu qualifizieren. Auch den subjektiven Tatbestand bejahte die Vorinstanz zu Recht (Urk. 84 S. 20).

    5. Folglich ist festzustellen, dass der Antragsgegner den Tatbestand der Drohung gegen Beamte im Sinne von Art. 285 StGB mehrfach erfüllte.

  5. Rechtswidrigkeit

    1. Die Verteidigung stellt sich auf den Standpunkt, die von B. und

      C. ausgeführte Amtshandlung sei zwar nicht schlechthin nichtig, aber immerhin materiell rechtswidrig gewesen, weil das Ermessen überschritten, wenn nicht gar missbraucht wurde, zumal man den Antragsgegner wegen eines Besuchs bei einer Patientin, die ihn darum gebeten habe, habe sanktionieren wollen (Urk. 73 S. 7).

    2. Selbst wenn dem so gewesen wäre, würde eine solche Situation die massive Entgleisung des Antragsgegners keineswegs rechtfertigen. Der Vorinstanz ist daher zuzustimmen, dass keine Rechtfertigungsgründe gegeben sind (Urk. 84

S. 21).

III. Sanktion/Massnahme
  1. Ausgangslage

    1. Die Vorinstanz hat dem Antrag der Anklagebehörde folgend und gestützt auf das Gutachten von Dr. med. F. für den Antragsgegner eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB angeordnet

      (Urk. 84 S. 22 ff. und S. 28).

    2. Der Antragsgegner widersetzt sich im Berufungsverfahren wie bereits im Hauptverfahren einer stationären Massnahme (Urk. 73 S. 10 f.; Prot. I S. 20, Urk. 94 S. 5 ff.; Prot. II S. 4).

    3. Seine Verteidigung brachte vor erster Instanz vor, das Gutachten hinterlasse einen zwiespältigen Eindruck. Überzeugend sei es dort, wo ausgeführt werde, der Antragsgegner habe überemotional und gereizt bzw. impulsiv und in affektiver Erregung reagiert, da er über keine anderen Bewältigungsstrategien verfügt habe. Zutreffend sei auch die Erkenntnis, dass keine Gefahr der Ausführung der getätigten Drohungen bestehe. Kritik wird von der Verteidigung daran geübt, dass bei der Begutachtung angesichts der Empfehlung einer jahrelang dauernden stationären Massnahme zu wenig Zeit für die Exploration aufgewendet worden sei. Zu viel Gewicht im Verhältnis zur Einzelfallanalyse sei dagegen auf testpsychologische Befunde und statistische Prognoseinstrumente gelegt worden. Ferner sei es unzulässig, im Rahmen der Einzelfallanalyse Strafverfahren zu berücksichtigen, die schliesslich eingestellt worden seien (Urk. 73 S. 8). Zwar gelte der Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten nicht bei Prognoseentscheiden; zu beachten sei er jedoch bezüglich derjenigen Fakten, welche die Grundlage dafür bilden würden. Daher hätte der Gutachter eine alternative Analyse unter der Arbeitshypothese abgeben müssen, dass der Sachverhalt betreffend das später eingestellte Verfahren wegen angeblicher Gewalttätigkeiten gegen seine Ehefrau sich so abgespielt habe wie der Antragsgegner es ausführe (Urk. 73 S. 9). Ein vor diesem Hintergrund im Prinzip erforderliches Ergänzungsgutachten erübrige sich aber, nachdem der Antragsgegner die verordneten Medikamente nun weitgehend zuverlässig einnehme und sich auf Absprache mit seinem behandelnden Arzt und seiner Beiständin in eine Tagesklinik angemeldet habe (Urk. 73 S. 9). Spezifische Rückfallsindikatoren würden nicht vorliegen. Die Handlungen gegen B. und C. seien einmalig gewesen (Urk. 73 S. 10). Zumal der Antragsgegner eindeutig den Willen bekundet habe, eine ambulante Massnahme anzutreten und nachdem die Strafvollzugsbehörde trotz Gewährung des vorzeitigen Massnahmeantritts nie einen entsprechenden stationären Platz angeboten habe, sei eine ambulante Massnahme anzuordnen (Urk. 73 S. 10).

      Im Berufungsverfahren blieb der Verteidiger bei seiner Argumentation und führte ergänzend aus, das Gutachten sei aufgrund der aktuellen Verhältnisse überholt. Der Antragsgegner habe entgegen der Meinung des Gutachters keine mangelnde Verhaltenskontrolle an den Tag gelegt, es seien keine weiteren gewalttätigen Übergriffe gegenüber seiner Ehefrau zu verzeichnen und er stehe nicht in einer instabilen Lebenssituation mit einer Vielzahl von destabilisierenden Stressfaktoren. Zudem sei er in der Lage, ambulante Termine zeitgerecht einzuhalten und sei krankheitseinsichtig, weshalb die Notwendigkeit einer stationären Massnahme nicht (oder zumindest nicht mehr) bestehe (Urk. 94 S. 5 f.). Dem anlässlich der Berufungsverhandlung eingereichten psychiatrischen Bericht von Dr. med.

      G. vom 21. September 2018 lasse sich ausdrücklich entnehmen, dass die stationäre Massnahme erfolgreich abgeschlossen sei, dass der Antragsgegner regelmässig seine verordneten Medikamente einnehme, und dass er an den regelmässigen ambulanten Behandlungen in der Regel in wöchentlichen Intervallen teilgenommen habe. Der Antragsgegner sei zuverlässig und habe keine Symptome gezeigt, die auf einen aktuellen floriden manischen depressiven Zustand hinweisen würden. Er sei einsichtig, dass er damals in der Klinik D. bedrohlich und angsteinflössend gewirkt habe. Eine stationäre Behandlung sei heute nicht mehr angebracht (Urk. 94 S. 6 f. und Urk. 95/1). Weiter führte die Verteidigung an, dass sich der Antragsgegner nach seiner Entlassung gegen Ende Dezember 2018 [recte: 2017] weitgehend eigenständig und in Absprache mit seinem behandelnden Arzt, aber auch mit der umfassenden Beiständin, verschiedenen indizierten Behandlungen unterzogen und sich jetzt im Rahmen einer IVAbklärung längere Zeit stationär behandeln lassen habe. Somit sei die Schlussfolgerung der Vorinstanz falsch, dass nur eine stationäre Massnahme geeignet sei, die Legalprognose zu verbessern. Eine ambulante Massnahme im bereits während längerer Zeit eingespielten und fruchtbaren Team und Setting genüge vollauf (Urk. 94 S. 7).

    4. Der Antragsgegner selber erklärte vor Vorinstanz, eine ambulante Massnahme würde ihm sehr gefallen. Er nehme seine Medikamente selber (Prot. I

      S. 20). Anlässlich der Befragung im Rahmen der Berufungsverhandlung führte er aus, er habe sich geändert. Er habe seit der Haftentlassung am 18. Dezember

      2017 nichts mehr gemacht und sei regelmässig zur ambulanten Therapie gegangen. Seit seiner Entlassung lebe er zusammen mit seiner Schwester bei seinen Eltern. Es gehe gut. Er rede oft mit seinen Eltern, auch darüber, wie er früher gewesen sei. Er habe sich selbst fast nicht mehr erkannt. Seine Eltern fänden, er mache es gut und er könne sich orientieren. Er habe nun auch eine Tagesstruktur. Morgens helfe er seiner Mutter im Haushalt und seit dem 2. Juli 2018 arbeite er von Montag bis Donnerstag jeweils Nachmittags bei H. , einer Institution für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung. Er arbeite dort in der Verpackung und mache es gern. Die Stelle sei ihm durch seine frühere Beiständin, Frau

      I. , vermittelt worden. Gesundheitlich fühle er sich gut und stabil. Mit den Medikamenten, die er einnehme, sei es besser geworden. Er vertrage die Medikamente gut. Sie seien ihm empfohlen worden, als er im März 2018 in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (nachfolgend: PUK) gewesen sei. Damals habe er sich nicht wohl gefühlt und sei freiwillig in die PUK gegangen, wo er etwas mehr als einen Monat geblieben sei. Inzwischen nehme er diese Medikamente im Rahmen der ambulanten Massnahme bei Dr. med. G. ein. Frau Dr. med. J. von der PUK habe ihn an Dr. med. G. überwiesen. Er befinde sich nun seit rund sechs Monaten in ambulanter Behandlung, welche wöchentlich stattfinde, und verstehe sich gut mit Dr. med. G. . Es tue ihm gut, zur Therapie zu gehen. Zudem habe er inzwischen von der IV eine Zusprache für eine volle Rente im Betrag von Fr. 1'400.pro Monat erhalten. Diese werde im Oktober 2018 zum ersten Mal ausbezahlt, wobei die Finanzen über seine Beiständin laufen würden, mit welcher er sich ebenfalls gut verstehe. Von seiner Ehefrau lebe er getrennt. Sie hätten sich im Eheschutzverfahren über die Kontakte zwischen ihm und seiner Tochter geeinigt und würden dabei von einer Beiständin unterstützt. Er sehe seine Tochter jeden Samstag. Ihr gehe es gut und sie sei zufrieden, dass sie ihn sehen könne. Er selber habe auch eine Beiständin, zu welcher er einmal im Monat Kontakt habe (Prot. II S. 6 ff., Urk. 95/2).

  2. Voraussetzungen einer Massnahme

    1. Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen, ein Behandlungsbedürf-

      nis des Täters besteht die öffentliche Sicherheit dies erfordert und die Voraussetzungen der Artikel 59-61, 63 64 StGB erfüllt sind (Art. 56 Abs. 1 StGB). Gemäss Art. 56 Abs. 2 StGB setzt die Anordnung einer Massnahme ferner voraus, dass der mit ihr verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_340/2009 vom

      7. September 2009, E. 3.1 f.). Das Gericht stützt sich beim Entscheid über die Anordnung einer Massnahme auf eine sachverständige Begutachtung (Art. 56 Abs. 3 StGB). Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Massnahme anordnen, wenn der Täter ein Verbrechen Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht, und zu erwarten ist, dass damit der Gefahr weiterer Straftaten begegnet werden kann (Art. 59 Abs. 1 StGB). Für die Anordnung einer ambulanten Massnahme gelten die gleichen Voraussetzungen, mit der Ausnahme, dass bereits eine Übertretung als Anlasstat in Betracht fällt (Art. 63 Abs. 1 StGB).

      Erscheint sowohl eine ambulante als auch eine stationäre Massnahme geeignet, der Rückfallgefahr zu begegnen bzw. der Behandlungsbedürftigkeit des Täters Rechnung zu tragen, so gebietet der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, dass diejenige Massnahme anzuordnen ist, welche den Täter am wenigsten beschwert (Art. 56a Abs. 1 StGB).

    2. Der Antragsgegner bezweckt mit seiner Berufung, dass anstelle der stationären Massnahme eine ambulante Massnahme angeordnet wird. Die Behandlungsbedürftigkeit des Antragsgegners sowie der Zusammenhang zwischen seiner psychischen Störung und den Anlasstaten sind demnach unbestritten. Zu klären bleibt, ob die Anordnung einer stationären Massnahme verhältnismässig ist. Für den Entscheid, ob eine stationäre eine ambulante Massnahme angezeigt ist, sind ärztliche Kriterien massgebend (BSK-StGB I-Heer N 12 zu Art. 63).

    3. Dr. med. F. kam in seinem Gutachten vom 3. Juli 2017 zum Schluss, beim Antragsgegner bestehe eine schwere seelische Erkrankung in Form einer bipolaren affektiven Störung, welche depressive, aber auch manische Episoden mit sich bringe. Neben dieser schweren chronischen Grunderkrankung sei bei ihm

      eine Neigung zu Behandlungsabbrüchen und eine hohe Impulsivität festzustellen. Eine tragfähige Krankheitseinsicht sowie ein Bewusstsein für seine krankheitsbedingten Erlebensund Verhaltensmerkmale und deren Ausmass sei dagegen ebenso wenig vorhanden wie eine stabile Lebenssituation hilfreiche Kontakte. Zur Behandlung der bipolaren Störung sei eine fundierte Förderung der Krankheitseinsicht und Compliance sowie eine konsequente Reduktion destabilisierender Einflüsse und Stressoren notwendig (Urk. 10/10 S. 47). Für die Gewährleistung einer positiven Kriminalprognose sei aus forensisch-psychiatrischer Sicht eine konsequente stationär-psychiatrische Behandlung und somit eine forensische Einrichtung zu empfehlen (Urk. 10/10 S. 59). Eine ambulante Behandlung im Sinne von Art. 63 StGB sei aufgrund der Schwere der Erkrankung, aber auch aufgrund der fehlenden Krankheitseinsicht und der bisherigen Schwierigkeiten, den Antragsgegner während manischer Episoden verlässlich in eine ambulante psychiatrische Behandlung einzubinden sowie nicht zuletzt aufgrund der Notwendigkeit einer umfassenden, auf die eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten des Antragsgegners zugeschnittenen, multimodalen Behandlung als nicht zweckmässig zu beurteilen (Urk. 10/10 S. 63).

    4. Diese Überlegungen des Gutachters sind zwar nachvollziehbar und überzeugend, doch ist zu berücksichtigen, dass das Gutachten im heutigen Zeitpunkt über ein Jahr alt ist. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss ein Gutachten, auf welches betreffend die Frage einer Massnahme abgestellt wird, insofern aktuell sein, als Gewähr dafür zu bestehen hat, dass sich die Ausgangslage seit seiner Erstellung nicht gewandelt hat (Urteil des Bundesgerichts 6B_335/2012 vom 13. August 2012, E.2.1). Hat ein früheres Gutachten mit Ablauf der Zeit und zufolge veränderter Verhältnisse an Aktualität eingebüsst, sind neue Abklärungen erforderlich (Urteil des Bundesgerichts 6B_835/2017 vom 22. März 2018, E 5.3.2; BGE 134 IV 246, E.4.3). Gemäss BGE 128 IV 2.4.6, E. 3.4. ist fer-

      ner zu bedenken, dass nach neuerer forensisch-psychiatrischer Lehre Gefährlichkeitsprognosen lediglich für den Zeitraum eines Jahres mit genügender Zuverlässigkeit gestellt werden könnten und sich Therapieverläufe nicht antizipieren lassen.

    5. Gemäss den oben wiedergegebenen glaubhaften Aussagen des Antragsgegners, welche durch einen aktuellen psychiatrischen Bericht seines behandelnden Arztes Dr. med. G. und eine Arbeitsbestätigung gestützt werden

(Prot. II S. 5 ff., Urk. 95/1-2), haben sich die von Dr. med. F. angeführten Faktoren, welche er seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, inzwischen grundlegend geändert.

Nachdem der Antragsgegner am 18. Dezember 2017, d.h. nach rund sieben Monaten ohne Unterbruch aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, begab er sich freiwillig am 2. Februar 2018 für einen stationären Aufenthalt in die PUK. Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Hauptverhandlung am 8. Februar 2018 befand er sich somit seit sechs Tagen in der Klinik. Gemäss damaligem Verlaufsbericht sei beim Antragsgegner zu Beginn des Aufenthalts ein manisches Zustandsbild festzustellen gewesen, welches durch eine Gereiztheit, Anspannung und Schlaflosigkeit gekennzeichnet war. Die Symptomatik sei mit einer verminderten Stressund Frustrationstoleranz einhergegangen. Nachdem er in der Klinik auf Olanzapin eingestellt worden sei, sei es zu einer Besserung der Symptomatik gekommen, jedoch habe der Antragsgegner sich im Kontakt immer wieder fordernd und angespannt gezeigt (Urk. 74).

Gemäss dem psychiatrischen Bericht von Dr. med. G. sei der Antragsgegner bis am 9. März 2018 mithin während rund eines Monates in der PUK hospitalisiert gewesen. Danach habe die Leitende Ärztin der PUK, Dr. med. J. , die Notwendigkeit einer weiteren stationären Behandlung als nicht mehr gegeben erachtet und eine Fortsetzung der Behandlung in ambulantem Rahmen, als Nachbehandlung einer erfolgreich abgeschlossenen stationären Behandlung, befürwortet. Sie habe den Antragsgegner an Dr. med. G. überwiesen. Seit dem Austritt aus der PUK sei der Antragsgegner bei Dr. med. G. in regelmässiger ambulanter Behandlung, in der Regel in wöchentlichen Intervallen. Daneben habe er sich auch in regelmässige ambulante Behandlung bei seinem Hausarzt Dr. med K. begeben. Die beim Austritt aus der PUK für die Behandlung der bipolaren affektiven Störung verordneten Medikamente habe der Antragsgegner regelmässig eingenommen. Seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft im Dezember 2017 wohne er zusammen mit seinen Schwestern bei seinen Eltern in L. . Er sei beim Sozialamt in L. anhängig und ihm sei eine 100% IV-Rente zugesprochen worden. Er nehme regelmässig an einem Arbeitsprogramm bei H. in teil. Dort arbeite er von Montag bis Donnerstag jeweils von 12.00 Uhr bis 16.30 Uhr. In der restlichen Zeit beteilige er sich an der Führung des Haushaltes. Während der Dauer der ambulanten Behandlung sei der Antragsgegner stets zuverlässig und kooperativ in der Einhaltung der Termine. Er zeige bezüglich Antrieb, Stimmungslage und Affektivität sowie des Gedankenganges keine Symptome, die auf einen aktuellen floriden manischen depressiven Zustand hinweisen würden. Er habe im Rahmen der ambulanten Behandlung nie irgendwelche aggressiven feindseligen Gedanken geäussert. Er sei einsichtig darin, dass er im akut manischen Zustand während des Klinikaufenthaltes ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das bedrohlich und angstauslösend gewirkt habe. Aus diesem Grunde sehe er auch die Notwendigkeit einer medikamentösen Einstellung zur Verhinderung einer Exazerbation der bipolaren Störung ein. Eine stationäre Behandlung erachtet Dr. med. G. derzeit entsprechend der Beurteilung der PUK auch heute nicht als angebracht (Urk. 95/1).

Es ist somit festzuhalten, dass sich der Antragsgegner seit dem 18. Dezember 2017 - und somit seit rund einem ¾ Jahr wohl verhalten hat (Urk. 86 und Prot. II

S. 13). Zudem haben sich seine Lebensumstände dahingehend geändert, als er nun eine geregelte Tagesstruktur hat. Er arbeitet seit Juli 2018 zu einem Pensum von 18 Wochenstunden für H. und hilft daneben seinen Eltern im Haushalt (Urk. 95/2, Prot. II S. 8 f. und S. 13). Das Verhältnis zu seinen Eltern ist gut. Er spricht mit ihnen über das Vorgefallene und wird von ihnen mental unterstützt (Prot. II S. 15). So wurde er auch von seinem Vater zur Berufungsverhandlung begleitet (Prot. II S. 3). In finanzieller Hinsicht wurde dem Antragsgegner inzwischen eine 100% IV-Rente zugesprochen, so dass er ab Oktober 2018 monatlich einen Betrag von Fr. 1'400.erhalten wird. Schulden hat er keine (Prot. II S. 12 und S. 15 f.). Der Antragsgegner und seine Ehefrau haben sich im Eheschutzverfahren geeinigt und dabei auch die Kontakte zur Tochter geregelt, wobei eine Besuchsrechtsbeistandschaft errichtet wurde. Er sieht seine achtjährige Tochter jeden Samstag, was ihm wichtig ist, und worüber sich auch die Tochter freut

(Prot. II S. 6 ff.). Zu seiner eigenen Beiständin hat er ebenfalls regelmässigen Kontakt (Prot. II S. 8). Zudem geht er regelmässig in die ambulante Behandlung bei Dr. med. G. und nimmt seine Medikamente zuverlässig ein. Er ist krankheitseinsichtig und begreift, dass er einen Fehler gemacht hat, wobei ihm das Vorgefallene leid tut (Prot. II S. 14).

Damit hat sich die Ausgangslage, wie sie sich Dr. med. F. im Zeitpunkt der Erstellung seines Gutachtens präsentierte (Neigung zu Behandlungsabbrüchen, fehlende Krankheitseinsicht, mangelnde Compliance, instabile familiäre und soziale Situation, instabile Finanzund Wohnverhältnisse, unzureichende hilfreiche Kontakte), beträchtlich gewandelt. Die familiäre Situation des Antragsgegners hat sich stabilisiert (Eltern/Ehefrau/Tochter) und seine Wohnsituation hat sich entspannt. Zudem ist er in den Arbeitsprozess eingebettet und hat eine Tagesstruktur. Auch die finanzielle Situation des Antragsgegners hat sich durch die Zusprache einer IV-Rente verbessert. Darüber hinaus nimmt der Antragsgegner die ihm zur Verfügung stehenden Hilfsstrukturen (Beistände/Ärzte) in Anspruch, begibt sich regelmässig in die ambulante Therapie, nimmt seine Medikamente zuverlässig und zeigt sich krankheitseinsichtig.

Da die obgenannten Kriterien bei der Einschätzung der Rückfallgefahr und der Beurteilung der Zweckmässigkeit einer Massnahme durch Dr. med. F. eine massgebliche Rolle spielten, rechtfertigt es sich, aufgrund der veränderten Verhältnisse von seiner Empfehlung abzuweichen und in Übereinstimmung mit der Schlussfolgerung von Dr. med. G. davon auszugehen, dass eine stationäre Massnahme nicht mehr angebracht erscheint. Vielmehr gebietet der Grundsatz der Verhältnismässigkeit vorliegend, dass eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB (Behandlung psychischer Störungen) anzuordnen ist.

IV. Entschädigung für Untersuchungshaft
  1. Vorbemerkungen

    1. Vor Vorinstanz machte der Verteidiger des Antragsgegners geltend, die einzig auf dem Haftgrund der Ausführungsgefahr beruhende Untersuchungshaft

      vom 22. Mai 2017 bis 18. Dezember 2018 sei widerrechtlich gewesen, was von der III. Strafkammer des Obergerichts festgestellt worden sei. Dem Antragsgegner sei auf diese Weise Unrecht angetan worden, weshalb ihm für die 210 erstandenen Hafttage eine Entschädigung von Fr. 42'000.zuzusprechen sei. Eventualiter sei spätestens nach der Befragung der Auskunftspersonen vom 7. Juli 2017 von der Widerrechtlichkeit der Haft auszugehen. Die Berechnung der Entschädigung sei mit dem üblichen Tagesansatz von Fr. 200.vorzunehmen, zumal dem Antragsgegner die Untersuchungshaft sehr zugesetzt habe. Trotz Gesuchs um vorzeitigen Massnahmeantritt sei über Monate nichts geschehen und die offensichtlich notwendige Hilfe sei dem Antragsgegner nicht gewährt worden (Urk. 73 S. 11).

    2. Die Vorinstanz schloss, dass diesem Antrag nicht gefolgt werden könne, weil eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 anzuordnen und die erstandene Untersuchungsbzw. Sicherheitshaft daran anzurechnen sei (Urk. 84 S. 27).

    3. Es ist somit über die Frage eines Entschädigungsanspruchs des Antragsgegners für die erlittene Untersuchungsund Sicherheitshaft vom 22. Mai 2017 bis zum 18. Dezember 2017 zu befinden. Eine Entschädigung für die in Zusammenhang mit dem eingestellten Verfahrensteil angeordnete Haft vom 25. März 2017 bis zum 5. Mai 2017 ist nicht Thema des vorliegenden Verfahrens.

  2. Haft vom 22. Mai 2017 bis 18. Dezember 2017

    1. Der Antragsgegner befand sich nach dem vorstehend beurteilten Vorfall während 210 Tagen in Untersuchungsbzw. in Sicherheitshaft (Urk. 21/2; Urk. 47; Urk. 70; Urk. 71).

    2. Nachdem der Antragsgegner zu einer ambulanten Massnahme zu verurteilen ist und nicht etwa freigesprochen wird und ebenso wenig eine Verfahrenseinstellung erfolgt, ist ein Entschädigungsbzw. Genugtuungsanspruch wegen der von ihm erstandenen Haft ausschliesslich gestützt auf Art. 431 StPO zu prüfen. Dazu ist vorauszuschicken, dass die Untersuchungshaft im Zeitpunkt ihrer Anord-

      nung, d.h. am 24. Mai 2017 ohne Weiteres rechtmässig war. Bereits am 3. Juli 2017 wurde das psychiatrische Gutachten über den Antragsgegner erstattet (Urk. 10/10). Am 7. Juli 2017 ersuchte der Antragsgegner um Gewährung des vorzeitigen Massnahmeantritts (Urk. 4/4 S. 3), worauf die Anklagebehörde das Amt für Justizvollzug gleichentags um Abklärung, ob eine geeignete Vollzugseinrichtung für einen vorzeitigen Massnahmeantritt vorhanden sei, ersuchte

      (Urk. 22/1). Zum tatsächlichen Massnahmeantritt kam es allerdings nie, worauf die III. Strafkammer des Obergerichts mit Beschluss vom 18. Dezember 2017 die vom Antragsgegner gegen die Abweisung seines am 24. Oktober 2017 gestellten Gesuchs um Entlassung aus der mit Verfügung vom 16. Oktober 2017 angeordneten Sicherheitshaft (Urk. 47; Urk. 49; Urk. 57; Urk. 59) guthiess (Urk. 70) und ihn aus der Haft entliess (Urk. 71).

    3. Die gegen den Antragsgegner angeordnete Untersuchungsbzw. Sicherheitshaft gründete unter anderem, aber doch massgeblich im Bestreben, weitere Straftaten zu verhindern und insofern den Schutz der Öffentlichkeit sicherzustellen. Der Gutachter schloss auf eine schwere psychische Erkrankung des Antragsgegners und ein hohes Risiko für erneute Drohungen sowie auch Gewaltstraftaten (Urk. 10/10 S. 67 f.). Er empfahl ausdrücklich die Anordnung einer stationären Massnahme und taxierte eine ambulante Therapie vor dem Hintergrund der Schwere der Erkrankung, der fehlenden Krankheitseinsicht und der bisherigen Erfahrungen mit dem Antragsgegner als nicht zweckmässig

(Urk. 10/10 S. 62 ff.). Mithin hielt der Gutachter eine ambulante Massnahme nicht für ausreichend, um eine Verbesserung des Zustands des Antragsgegners und damit die Erreichung des Zwecks der nachhaltigen Besserung des Täters sicherzustellen. Die angestrebte Besserung des Antragsgegners, welche durch die empfohlene stationäre therapeutische Massnahme erreicht werden sollte, diente der Sicherung und damit dem gleichen Zweck wie die Untersuchungsbzw. Sicherheitshaft. Als sich zeigte, dass eine stationäre Massnahme nicht umgesetzt werden konnte, wurde der Antragsgegner am 18. Dezember 2017 aus der Haft entlassen (Urk. 70 und Urk. 71). Dass die Notwendigkeit einer stationären Massnahme heute zu verneinen und aus Gründen der Verhältnismässigkeit eine ambulante Massnahme anzuordnen ist, liegt in Umständen begründet, welche der Antragsgegner nach seiner Haftentlassung geschaffen hat. Damit war die Haft - und zwar selbst wenn sie zu einem Teil als blosse Organisationshaft, nämlich Wartezeit für einen Platz in einer geeigneten forensischen Einrichtung, taxiert werden müsste (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_564/2018 vom 2. August 2018,

E. 2.5.5.) zu keinem Zeitpunkt unrechtmässig, diente sie doch der Sicherstellung der vom Gutachter empfohlenen stationären Massenahme und waren deren Voraussetzungen im Sinne von Art. 221 StPO bis zur Entlassung des Antragsgegners gegeben. Damit besteht kein Entschädigungsanspruch des Antragsgegners.

V. Kostenfolgen

Gemäss Art. 419 StPO kommt eine Kostenauflage bei Schuldunfähigen nur in Frage, wenn dies billig erscheint bzw. der Antragsgegner über genügende finanzielle Mittel verfügt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz (Urk. 84 S. 26) geht Art. 419 StPO als lex specialis Art. 426 Abs. 5 StPO vor (vgl. SCHMID, StPOPraxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, N 13 zu Art. 426). Der Antragsgegner arbeitet zu einem Pensum von 18 Wochenstunden bei einer Institution für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und erhält eine monatliche

IV-Rente von Fr. 1'400.-. Er verfügt über kein Vermögen (Prot. II S. 8 f., S. 12 und

S. 15 f.). Bei diesen finanziellen Verhältnissen erscheint es nicht billig, dem Antragsgegner trotz seiner Schuldunfähigkeit die Kosten aufzuerlegen. Die Kosten des Vorverfahrens sowie des erstund zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, sind somit auf die Gerichtskasse zu nehmen. Der amtliche Verteidiger des Antragsgegners, Rechtsanwalt lic. iur. X. , reichte anlässlich der Berufungsverhandlung die Honorarnote für seinen Aufwand im Berufungsverfahren ein (Urk. 96). Die geltend gemachten Aufwendungen sind ausgewiesen, weshalb lic. iur. X. für das zweitinstanzliche Verfahren mit Fr. 4'800.inklusive Mehrwertsteuer (aufgerundet) aus der Gerichtskasse zu entschädigen ist.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Uster, Strafgericht, vom 8. Februar 2018 bezüglich Dispositivziffern 2 (Absehen von einer Strafe wegen nicht selbst verschuldeter Schuldunfähigkeit), 6 und 7 (Festsetzung der Entscheidgebühr und der weiteren Kosten) sowie 9 (Entschädigung des amtlichen Verteidigers) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Es wird festgestellt, dass der Antragsgegner A. folgende Tatbestände im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt hat:

    • mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB.

  2. Es wird eine ambulante Behandlung des Antragsgegners im Sinne von Art. 63 StGB (Behandlung psychischer Störungen) angeordnet.

  3. Das Gesuch des Antragsgegners um Zusprechung einer Genugtuung wird abgewiesen.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 2'500.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 4'800.00 amtliche Verteidigung

  5. Die Kosten des Vorverfahrens sowie des erstund zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Antragsgegners

    • die Staatsanwaltschaft See/Oberland

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Antragsgegners

    • die Staatsanwaltschaft See/Oberland

    • das Bundesamt für Polizei, Bundeskriminalpolizei

    • den Nachrichtendienst des Bundes

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste

    • die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich betr. Geschäfts-Nr.: UH180164

    • die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  7. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 28. September 2018

Die Präsidentin:

Oberrichterin lic. iur. Bertschi

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Leuthard

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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