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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB180014: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte wurde wegen einfacher Körperverletzung, Drohung und Verstössen gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz schuldig gesprochen. Er erhielt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 CHF, von denen 24 Tagessätze durch Haft verbüsst wurden. Die Vollstreckung der Geldstrafe wurde aufgeschoben und eine Probezeit von 2 Jahren festgesetzt. Zudem wurde der Beschuldigte angewiesen, sich für die Dauer der Probezeit einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Einige beschlagnahmte Gegenstände wurden eingezogen und vernichtet. Der Beschuldigte wurde auch zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Die Gerichtskosten wurden auf 1'800 CHF festgesetzt. Die Kosten der Untersuchung, Gutachten und des gerichtlichen Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung wurden auf die Staatskasse genommen. Die Berufung des Beschuldigten wurde abgewiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB180014

Kanton:ZH
Fallnummer:SB180014
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB180014 vom 08.06.2018 (ZH)
Datum:08.06.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einfache Körperverletzung etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Kläger; Privatkläger; Beschuldigten; Aussage; Privatklägers; Aussagen; Vorinstanz; Recht; Polizei; Berufung; Wohnung; Verteidigung; Drohung; Staat; Urteil; Messer; Bezug; Waffe; Waffen; Verfahren; Gericht; Staatsanwalt; Körperverletzung; Verletzung; Sprengstoff; Sinne; Person; Pistole
Rechtsnorm:Art. 10 StPO ;Art. 118 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 391 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ;Art. 94 StGB ;
Referenz BGE:120 Ia 31; 127 I 40; 132 IV 102; 134 IV 97; 135 IV 130; 135 IV 180; 136 IV 55;
Kommentar:
-, Basler Kommentar Strafrecht I, Art. 49 StGB, 2007

Entscheid des Kantongerichts SB180014

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB180014-O/U/mc-cw

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. Schärer, Präsidentin, Ersatzoberrichterin lic. iur. Knüsel und Ersatzoberrichterin lic. iur. Bantli Keller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Leuthard

Urteil vom 8. Juni 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin X.

gegen

Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend einfache Körperverletzung etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, Einzelgericht in Strafsachen, vom 26. Oktober 2017 (GG170022)

Anklage

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 7. Juni 2017 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 39).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig

    • der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB;

    • der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB;

    • des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. b WG, Art. 8 WG, Art. 27 WG, Art. 28 WG sowie Art. 1 und Art. 15 Waffenverordnung sowie

    • des Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz im Sinne von Art. 37

      Ziff. 1 Satz 1 SprstG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 SprstG sowie

      Art. 5 Sprengstoffverordnung.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 50.- (entsprechend Fr. 4'500.-), wovon 24 Tagessätze durch Haft erstanden sind.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 94 StGB angewiesen, sich für die Dauer der Probezeit in psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung bei einem anerkannten Psychotherapeuten zu begeben. In den ersten drei Monaten hat die Behandlung wöchentlich stattzufinden.

  5. Es wird vorgemerkt, dass sämtliche mit Verfügung vom 31. Mai 2017 beschlagnahmten Gegenstände im Einverständnis des Beschuldigten bereits

    vernichtet wurden, ausgenommen eines Dolches mit Metallschaft (Asservate Nr. A009'158'901) und eines China Crackers (Asservate Nr. A009'263'303).

  6. Der mit Verfügung vom 31. Mai 2017 beschlagnahmte Dolch mit Metallschaft (Asservate Nr. A009'158'901) und der China Cracker (Asservate Nr. A009'263'303) werden eingezogen und der zuständigen Behörden zur Verwertung respektive Vernichtung überlassen.

  7. Auf das Begehren betreffend Herausgabe der Küchenmesser wird nicht eingetreten.

  8. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger Schadenersatz von

    Fr. 179.80 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Begehren des Privatklägers abgewiesen.

  9. Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 1'800.-; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'100.- Gebühr für das Vorverfahren Fr. 4'807.50 Gutachten

    Fr. 698.50 Gutachten

    Fr. 3'718.20 Entschädigung unentgeltliche Vertretung Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

    Verlangt keine der Parteien eine schriftliche Begründung des Urteils, ermässigt sich die Gerichtsgebühr auf zwei Drittel.

  10. Die Kosten der Untersuchung, der Gutachten und des gerichtlichen Verfahrens werden der beschuldigten Person auferlegt.

  11. Die Kosten der amtlichen Verteidigung in der Höhe von Fr. 4'588.30 (zzgl.

8% MwSt.) sowie die Kosten der unentgeltlichen Vertretung des Privatklägers in der Höhe von Fr. 3'718.20 werden auf die Staatskasse genommen. Vorbehalten bleibt die Verpflichtung der beschuldigten Person, dem Kanton diese Entschädigung zurückzuzahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 84 S. 1)

    1. Der Beschuldigte sei der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB und der Drohung im Sinne von

      Art. 180 StGB freizusprechen.

    2. Für die übrigen Delikte sei er mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.zu bestrafen, wovon 24 Tage durch Haft erstanden sind.

    3. Auf eine Weisung sei zu verzichten.

    4. Dem Privatkläger sei keine Entschädigung zu entrichten.

    5. Die Kosten der Vorinstanz seien angemessen zu reduzieren. Die Kosten für die Gutachten sowie die Entschädigungen für die unentgeltliche Vertretung und die amtliche Verteidigung seien definitiv auf die Staatskasse zu nehmen.

    6. Die Kosten dieses Verfahrens seien auch auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich:

    Kein Antrag.

    Erwägungen:

    I. Verfahrensgang / Prozessuales
    1. Prozessgeschichte

      1. Der Verlauf des Verfahrens bis zum vorinstanzlichen Urteil ergibt sich aus dem Urteil vom 26. Oktober 2017 (Urk. 71).

      2. Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten mit dem genannten Urteil der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB, des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. b WG,

        Art. 8 WG, Art. 27 WG, Art. 28 WG sowie Art. 1 und Art. 15 Waffenverordnung sowie des Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz im Sinne von Art. 37 Ziff. 1 Satz 1 SprstG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 SprstG sowie Art. 5 Sprengstoffverordnung schuldig. Sie bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 50.- (entsprechend Fr. 4'500.-), wovon 24 Tagessätze als durch Haft erstanden angerechnet wurden. Der Vollzug der Geldstrafe wurde aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt. Dem Beschuldigten wurde im Sinne von Art. 94 StGB die Weisung erteilt, sich für die Dauer der Probezeit in psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung bei einem anerkannten Psychotherapeuten zu begeben, wobei die Behandlung in den ersten drei Monaten wöchentlich stattzufinden habe. Weiter befand die Vorinstanz über die beschlagnahmten Gegenstände. Der Beschuldigte wurde sodann verpflichtet, dem Privatkläger Schadenersatz von Fr. 179.80 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wurde dessen Begehren abgewiesen. Schliesslich regelte die Vorinstanz die Kostenund Entschädigungsfolgen (Urk. 71 S. 41 ff.).

      3. egen dieses am 26. Oktober 2017 mündlich eröffnete Urteil meldete die Verteidigung mit Eingabe vom 6. November 2017 Berufung an (Urk. 67).

      4. Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde von den Parteien am

        4. Januar 2018 in Empfang genommen (Urk. 70/1-3). Die vorinstanzlichen Akten gingen am 15. Januar 2018 am Obergericht ein (Urk. 71). Am 18. Januar 2018 wurde über den Beschuldigten ein neuer Strafregisterauszug eingeholt (Urk. 72). Mit Eingabe vom 24. Januar 2018 (Poststempel; hier eingegangen am 25. Januar 2018) reichte die Verteidigung fristgerecht ihre Berufungserklärung ein (Urk. 73).

      5. it Präsidialverfügung vom 29. Januar 2018 wurde dem Privatkläger sowie der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) Frist zur Erhebung einer Anschlussberufung bzw. zum Antrag auf Nichteintreten auf die Berufung angesetzt, welche unbenutzt ablief (Urk. 74 i.V.m. Urk. 75/1-2). Dem Beschuldigten wurde dieselbe Frist angesetzt, um das Datenerfassungsblatt und mehrere spezifisch bezeichnete Urkunden zu seinen finanziellen Verhältnissen einzureichen (Urk. 74).

      6. Am 8. März 2018 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 8. Juni 2018 vorgeladen (Urk. 77). Am 24. April 2018 reichte die Verteidigung nach erstreckter Frist (Urk. 76) das Datenerfassungsblatt sowie diverse weitere Unterlagen ein (Urk. 79/1-3-Urk. 81/1-3).

      7. Die Berufungsverhandlung konnte ordnungsgemäss durchgeführt werden. Zu dieser erschienen der Beschuldigte und seine amtliche Verteidigerin Rechtsanwältin X. (Prot. II S. 3).

    2. Umfang der Berufung

      1. emäss Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung. Die Rechtskraft des angefochtenen Urteils wird somit im Umfang der Berufungsanträge gehemmt, während die von der Berufung nicht erfassten Punkte in Rechtskraft erwachsen (vgl. Basler Kommentar StPO, 2. A.,

        N 1 f. zu Art. 402).

      2. Der Beschuldigte lässt das vorinstanzliche Urteil bezüglich DispositivZiffern 1 (teilweise), 2, 4, 8, 10 und 11 (teilweise) anfechten (Urk. 73 S. 1 i.V.m. Prot. II S. 5 und S. 18). Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger erklärten weder Berufung noch Anschlussberufung. Dementsprechend ist das Urteil hinsichtlich den Dispositiv-Ziffern 1 (betreffend Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz), 3 (Vollzug der Strafe), 5-7 (Einziehungen),

        9 (Kostenfestsetzung) und 11, teilweise (Höhe der Anwaltshonorare) in Rechtskraft erwachsen, was vorab festzustellen ist.

    3. Strafantrag / Konstituierung als Privatkläger

      1. Bei der vorgeworfenen einfachen Körperverletzung im Sinne von

        Art. 123 Ziff. 1 StGB handelt es sich, wie die Vorinstanz zu Recht festhält (Urk. 71

        S. 4), um ein Antragsdelikt. Gleiches gilt allerdings für die zu beurteilende Drohung. Für beide Delikte hat der Privatkläger formund fristgerecht Antrag gestellt Urk. 2).

      2. Der Privatkläger gab weiter am 6. April 2016 die Erklärung ab, als Strafkläger am Verfahren mitwirken zu wollen. Er beanspruchte auch das Recht, an Einvernahmen teilzunehmen und stellte die Bezifferung der von ihm gestellten Ansprüche in Aussicht (Urk. 9.2). Damit hat er sich innert Frist gehörig als Privatkläger konstituiert (Art. 118 StPO).

      3. Am 11. April 2016 wurde ihm in der Person von Rechtsanwalt Y. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt (Urk. 11.4). Das Mandat wurde am 5. Mai 2016 zufolge des geplanten Strafbefehls als dahin gefallen erklärt, der beantragte Vertreterwechsel (Urk. 11.5) nicht mehr behandelt (Urk. 11.6) und der bisherige Vertreter von der Staatsanwaltschaft entschädigt (Urk. 11.9). Die Untersuchung wurde in der Folge mit Strafbefehl vom 3. Juni 2016 abgeschlossen (Urk. 16). Dagegen erhob der Beschuldigte Einsprache (Urk. 21), worauf der Strafbefehl als Anklage ans Bezirksgericht Horgen, Einzelgericht, überwiesen wurde (Urk. 19). Das angerufene Einzelgericht wies die Anklage zur Ergänzung der Untersuchung mit Verfügung vom 27. Juli 2016 an die Staatsanwaltschaft zurück (Urk. 24). Die Staatsanwaltschaft stellte daraufhin bei der Oberstaatsanwaltschaft Antrag auf Wechsel der bisherigen unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft

        (Urk. 36/6), welcher mit Verfügung vom 4. Oktober 2016 gutgeheissen wurde; auf

        diesen Zeitpunkt hin wurde Rechtsanwalt Z. als neuer unentgeltlicher Rechtsbeistand des Privatklägers bestellt (Urk. 36/7).

    4. Beweisanträge

Auf das Stellen von Beweisanträgen wurde seitens der Prozessparteien vor Obergericht verzichtet (vgl. Prot. II S. 14).

II. Sachverhalt
  1. Anklagevorwurf

    1. Der Beschuldigte hatte sich in Bezug auf die ihm vorgeworfenen Vergehen gegen das Waffengesetz und gegen das Sprengstoffgesetz (Anklageziffern

    2. und 1.3.) bereits im Vorverfahren und vor Vorinstanz geständig und schuldig erklärt (Urk. 28/2/2 S. 6 f.; Urk. 59 S. 2; Prot. I S. 11). Der Schuldspruch blieb in diesen Punkten denn auch unangefochten, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Auf die Frage der angemessenen Sanktion für dieses deliktische Verhalten ist später einzugehen (vgl. Erw. III).

      1.2. Dem Beschuldigten wird in der Anklageschrift vom 7. Juni 2017 weiter vorgeworfen, am Donnerstag, 24. März 2016, zwischen ca. 14.45 Uhr und

      15.00 Uhr, im Treppenhaus im 1. Obergeschoss der Liegenschaft am B. in Horgen nach einer anfänglich verbal geführten Streitigkeit mit seinem Nachbarn und nachmaligen Geschädigten (bzw. heutigen Privatkläger) mit einer Werbebroschüre der Firma C. gegen dessen Bauch geschlagen zu haben, wobei der Privatkläger den Schlag mit seiner rechten Hand habe abwehren können. Durch den Schlag mit der scharfrandigen Kante der Werbebroschüre habe der Privatkläger eine ca. 2-3 cm lange und ca. 3 mm tiefe, blutende Schnittverletzung an der rechten Hand erlitten, welche Verletzung der Beschuldigte bewusst und gewollt hervorgerufen zumindest in Kauf genommen habe (einfache Körperverletzung; Anklageziffer 1.1., 1. Absatz).

      Unmittelbar nach diesem Vorfall sei der Privatkläger geflüchtet, wobei der Beschuldigte ihm nachgerufen habe, dass er beim nächsten Mal seine Pistole nehmen werde, was den Privatkläger nach erfolgtem Schlag in Angst und Schrecken versetzt habe. Der Beschuldigte sei sich bewusst gewesen, dass der Privatkläger ob diesen Worten erschrecke, welchen Erfolg er bewusst und gewollt herbeigerufen habe (Drohung; Anklageziffer 1.1., 2. Absatz).

  2. Zusammengefasster Standpunkt des Beschuldigten

    1. Der Beschuldigte beantragt bezüglich einfacher Körperverletzung und Drohung einen Freispruch (Urk. 73 S. 1 f.). Er anerkennt zwar, dem Privatkläger am besagten Tag und Ort mit einer Werbebroschüre am rechten Daumen eine Schnittverletzung von ca. 2.5 cm zugefügt zu haben (Urk. 59 S. 2). Aus seiner Sicht handelte es sich aber um einen Unfall; er habe sich einfach verteidigen und den Privatkläger wegscheuchen müssen. Er sei vorher schon einmal attackiert worden und habe sich nicht anders zu helfen gewusst (Prot. I S. 7). Die Verteidigung doppelte vor Vorinstanz nach: Der Beschuldigte habe mit dem Wedeln der Broschüre den Privatkläger verscheuchen und nicht verletzen wollen. Es habe hier im Übrigen ganz klar eine Notwehrsituation vorgelegen. Das Mittel, die Broschüre, sei auch angemessen gewesen. Es liege kein Notwehrexzess vor. Daher sei der Beschuldigte der einfachen Körperverletzung freizusprechen (Urk. 59

      S. 4 f.).

    2. Bezug auf die Drohung sei nicht erstellt, dass der Beschuldigte dem Privatkläger nachgerufen habe, er werde das nächste Mal die Pistole nehmen. Der Beschuldigte habe zwar eingeräumt, dass er etwas gerufen haben könnte, aber bestritten, dass er etwas von einer Pistole gesagt habe. Deshalb sei er auch in diesem Punkt freizusprechen (Urk. 59 S. 5).

  3. Vorinstanzliche Schlussfolgerung

    1. Die Vorinstanz stellte im Ergebnis auf die Aussagen des Privatklägers ab. Sie qualifizierte das Aussageverhalten des Beschuldigten zum ersten Vorwurf als schwankend und lückenhaft. Die Antworten des Beschuldigten wertete sie als

      ausschweifend und nicht faktenbasiert. In Bezug auf das relevante Sachverhaltselement (zum Thema des plötzlichen Auftauchens und des Versuchs des Privatklägers, in die Wohnung des Beschuldigten zu gelangen) habe der Beschuldigte eher zu seiner inneren Befindlichkeit als zum tatsächlichen äusseren Vorgang ausgesagt. Die Aussagen des Privatklägers hingegen seien in den Kernpunkten konstant. Ausserdem würden sie neben der Aussage einer Auskunftsperson auch durch die Ermittlungen der Polizei zur Vorgeschichte der Parteien gestützt und ergäben so einen stringenten Tathergang, der sich nachvollziehbar in den wahrscheinlichen Fortgang eines durch verbale Auseinandersetzungen geprägten und belasteten Verhältnisses der Parteien einfüge (Urk. 71 S. 12). Die Provokation durch die aus Sicht der Vorinstanz erstellte Beschimpfung mit

      „D. Arschlöchli“ entziehe dem von der Verteidigung geltend gemachten Rechtfertigungsgrund der Notwehr die Grundlage (Urk. 71 S. 13).

    2. Auch in Bezug auf die vorgeworfene Drohung stellte sie letztlich auf die Darstellung des Privatklägers ab. Sie weist darauf hin, dass einerseits die konstanten Aussagen des Privatklägers, deren Teilgehalte wie die Flucht/

      das Davonrennen und das Ankommen am Hauseingang mit dem übrigen Beweisergebnis, d.h. den Aussagen des Beschuldigten sowie denjenigen der Auskunftspersonen, in Einklang stünden. Andererseits seien die sich widersprechenden unbestimmten Aussagen des Beschuldigten eher am Aussageziel ausgerichtet, als dass die Geschehnisse beschrieben würden. Die so an der Glaubhaftigkeit des Beschuldigten aufkommenden Zweifel würden dadurch verstärkt, dass sich die Drohung, das nächste Mal eine Pistole zu nehmen, passgenau in das vom Beschuldigten selber beschriebene und von ihm vorgängig gedanklich durchgespielte Wahnbild einfüge. Aus diesen Gründen verblieben keine massgebenden Zweifel, dass sich die Tat bezüglich Nachrufen so zugetragen habe, wie sie in der Anklage umschrieben worden sei (Urk. 71 S. 16).

  4. Allgemeines zur Beweiswürdigung

    1. einem Strafprozess sind an den Beweis von Täterschaft und Schuld hohe Anforderungen zu stellen. Gemäss der aus Art. 8 und 32 Abs. 1 BV fliessenden und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Maxime in dubio pro reo ist bis

      zum gesetzlichen Nachweis ihrer Schuld zu vermuten, dass die wegen einer strafbaren Handlung beschuldigte Person unschuldig ist (BGE 127 I 40, BGE 120 Ia 31 E. 2b). Angesichts der Unschuldsvermutung, die auch in Art. 10

      Abs. 1 StPO statuiert ist, besteht somit Beweisbedürftigkeit. Das heisst, der verfolgende Staat hat dem Beschuldigten alle objektiven und subjektiven Tatbestandselemente nachzuweisen, woraus folgt, dass der Beschuldigte seine Unschuld nicht zu beweisen hat (BGE 127 I 40 f.).

    2. Stützt sich die Beweisführung auf die Aussagen von Beteiligten, sind die Depositionen frei zu würdigen (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). Es ist anhand sämtlicher Umstände, die sich aus den Akten und den Verhandlungen ergeben, zu untersuchen, welche Sachdarstellung überzeugend ist, wobei es vorwiegend auf den inneren Gehalt der Aussagen ankommt, verbunden mit der Art und Weise, wie die Angaben erfolgen. Beim Abwägen von Aussagen ist zwischen der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu unterscheiden. Während erstere die Grundlage dafür liefert, ob einer Person getraut werden kann, ist letztere für die im Prozess massgebende Entscheidung bedeutungsvoll, ob sich der behauptete Sachverhalt zur Hauptsache so zugetragen hat nicht.

    3. Die allgemeine Glaubwürdigkeit einer Person ergibt sich nebst ihrer prozessualen Stellung auch aus ihrem wirtschaftlichen Interesse am Ausgang des Verfahrens sowie vor allem aus deren persönlichen Beziehungen und Bindungen zu den übrigen Prozessbeteiligten. Bei der Würdigung von Aussagen darf jedoch nicht einfach auf die Persönlichkeit allgemeine Glaubwürdigkeit von Aussagenden abgestellt werden, denn dies lässt nach neueren Erkenntnissen keinen allgemeinen Rückschluss auf die Glaubhaftigkeit von Aussagen zu. Massgebend ist vielmehr die Glaubhaftigkeit der konkreten, im Prozess relevanten Äusserungen.

      Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen ist generell auf Strukturbrüche innerhalb einer Aussage, auf Überoder Untertreibungen, auch auf Widersprüche, vor allem aber auf das Vorhandensein einer hinreichenden Zahl von Realitätskriterien und das Fehlen von Lügensignalen zu achten (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Glaubwürdigkeitsund Beweislehre, Vernehmungslehre, 4. Auflage, München 2014, N 313 ff. und N 370 ff.).

  5. Konkrete Beweiswürdigung

      1. Nachfolgend ist zu prüfen, ob sich die beiden noch bestrittenen Vorwürfe rechtsgenügend erstellen lassen. Dabei gebietet es der Anspruch auf das rechtliche Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6

        Ziff. 1 EMRK), dass das Gericht die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass es sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (Urteil des Bundesgerichts 6B_42/2016 vom 26. Mai 2016 E. 4.1.).

      2. Im Kern sagte der Beschuldigte stets aus, er habe den Privatkläger auf Distanz halten und wegscheuchen wollen, der Privatkläger habe in seine Wohnung kommen wollen, was er zu verhindern versucht habe. Dafür habe er das Erstbeste, einen Werbeprospekt genommen. Betreffend die Verletzung spricht er von einem Unfall. Die Verteidigung machte geltend, der Beschuldigte habe mit dem Wedeln der Broschüre den Privatkläger verscheuchen und nicht verletzen wollen. Sie spricht aber auch von einer klaren Notwehrsituation, dass das Mittel, die Broschüre, auch angemessen gewesen sei und daher auch kein Notwehrexzess vorliege.

Damit stehen zwei Themen im Raum, nämlich, ob dem Beschuldigten eine Verletzungsabsicht (als subjektives Tatbestandsmerkmal und so in der Anklageschrift umschrieben) nachgewiesen werden kann und gegebenenfalls ob sich der Beschuldigte auf rechtfertigende Notwehr berufen kann.

Es ist daher vorweg zu prüfen, ob sich die Verletzungsabsicht des Beschuldigten sachverhaltsmässig erstellen lässt.

      1. An Beweismitteln liegen vorweg die Aussagen des Privatklägers (Urk. 8.1 und Urk. 8.2) sowie jene des Beschuldigten (Urk. 6.1.-6.3., Urk. 28.1-2;

        Prot. I S. 4 ff.) vor. Über den Tatort, das Tatwerkzeug, die Verletzung und über die beim Beschuldigten vorgefundenen Waffen finden sich in den Akten diverse Fotodokumentationen (Urk. 3, Urk. 5/6, Urk. 27). Weiter sind Spurenauswertungen (Urk. 5.3, Urk. 5.4., Urk. 5.5, Urk. 5.7) und ein ärztliches Zeugnis über die Schnittverletzung des Privatklägers vorhanden (Urk. 7.2). Schliesslich wurde über den Beschuldigten - nach der Rückweisung (Urk. 24) ein psychiatrisches Gutachten eingeholt (Urk. 29/6). Der Verwertbarkeit dieser Beweismittel steht nichts entgegen.

      2. Gemäss Polizeirapport vom 6. April 2016 wurden E. , F. , G. und H. als Auskunftspersonen von der Polizei summarisch befragt (Urk. 1 S. 2 ff.). Delegierte staatsanwaltschaftliche Einvernahmen dieser Personen bzw. Konfrontationen mit dem Beschuldigten fanden nicht statt. Die Aussagen dieser Auskunftspersonen dürfen somit entgegen der von der Vorinstanz teilweise vorgenommenen Würdigung (vgl. Urk. 71 S. 12 und S. 16 mit Bezug auf die nur polizeilich befragten Nachbarinnen F. und G. und des bei Eintreffen der Polizei vor Ort anwesenden Servicemonteurs H. ) nicht zum Nachteil des Beschuldigten verwertet werden (Art. 147 Abs. 4 StPO).

      3. Direkte Beobachtungen der behaupteten Vorfälle durch Dritte gibt es nicht.

      1. Die seitens der Vorinstanz gemachten Erwägungen zur Glaubwürdigkeit des Beschuldigten und des Privatklägers (Urk. 71 S. 7 f.) sind grundsätzlich zutreffend (Urk. 71 S. 7 f.). Die Vorinstanz weist unter dem Titel der Glaubwürdigkeit auch auf die diagnostizierte psychische Störung des Beschuldigten hin. Sie hielt dafür, dass die Defizite einer schizotypen Störung mit bizarren Gedanken und Wahrnehmungen auch im Aussageverhalten des Beschuldigten wiedererkannt würden. Gleichzeitig weist sie aber zu Recht darauf hin, dass sich diese Defizite nicht derart niederschlagen würden, dass seine Glaubwürdigkeit generell beeinträchtigt wäre (Urk. 71 S. 7). Eine solche Erkrankung kann richtigerweise nur als ein Teilaspekt in die gesamte Würdigung der Glaubwürdigkeit der Person und

        der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen einfliessen, sofern die Aussagen und das Aussageverhalten nicht von vorneherein dominant und damit offensichtlich von einer psychischen Störung geprägt sind, was beim Beschuldigten trotz gewisser Auffälligkeiten (vgl. hierzu u.a. Erw. 5.5.3) nicht der Fall ist.

      2. Ebenso kann die generelle Glaubwürdigkeit des Privatklägers nicht schon grundsätzlich in Zweifel gezogen werden, weil er nachweislich falsche Aussagen betreffend das Tatwerkzeug gemacht hat, wie die Vorinstanz zutreffend ausführte (Urk. 71 S. 8). Diese Tatsache ist im Rahmen der eigentlichen Aussagenwürdigung zu werten.

        Dass der Privatkläger das Verfahren initiiert hat, so die Vorinstanz (Urk. 71

        S. 8), ist etwas zu relativieren. So ergibt sich aus dem Polizeirapport vom 6. April 2016, dass am 29. März 2016, 07.30 Uhr, im PP Horgen ein anonymer Hinweis eingegangen sei, wonach es am 24. März 2016 zu einer Messerstecherei zwischen zwei Mietern am B. -weg in Horgen gekommen sei (Urk. 1 S. 3). Die Polizei kontaktierte in der Folge den Privatkläger, der bestätigte, dass es am

        24. März 2016 zu einem Vorfall in seiner Liegenschaft gekommen sei und er Opfer eines Messerangriffs von einem Nachbarn, A. (der heutige Beschuldigte), geworden sei. Er erschien danach, d.h. am Nachmittag des 29. März 2016, beim Polizeiposten zu einer ersten Befragung (Urk. 1 S. 1). Bis zu diesem Zeitpunkt war der Privatkläger weder in Spitalpflege noch bei einem Arzt (Urk. 8.1 S. 1). Der Privatkläger selber gab in dieser ersten Einvernahme an, dass er am Tag des Vorfalls um 14.58 Uhr (bzw. um ca. 14.50 Uhr) die Tel. Nr. 117 gewählt habe, die Polizei aber nicht ausgerückt sei, weil sein Anruf vom Funktionär falsch interpretiert worden sei. Die Verbindung sei dann unterbrochen gewesen und er habe danach nicht mehr angerufen (Urk. 8.1 S. 5). Daraus ergibt sich, dass der Privatkläger das vorliegende Verfahren bzw. die Anzeigeerstattung nicht proaktiv initiiert hatte, sondern die Ermittlungen aufgrund einer anonymen Meldung aufgenommen wurden. Schliesslich ist auch zu beachten, dass sich der Privatkläger zwar konstituiert und er Zivilforderungen gestellt hat, dies mit Fr. 214.20 aber in bescheidenem Rahmen (Urk. 49 S. 2). Aus diesem Vorgehen und der Konstituierung kann daher keine besondere Abstrafungsabsicht bzw. eine ausgeprägte Verfolgung finanzieller Interessen gesehen werden, was Anreiz für eine möglichst grosse Belastung des Beschuldigten und damit auch für Falschaussagen sein könnte.

      3. it Bezug auf die persönlichen Beziehungen und Bindungen der Hauptprotagonisten ist Folgendes zu beachten: Der Beschuldigte und der Privatkläger waren im Tatzeitpunkt seit einigen Jahren Mieter und Nachbarn von direkt übereinander liegenden Wohnungen (im 1. OG der Beschuldigte, im 2. OG der Privatkläger; Urk. 1 S. 6). Die beiden führten gemäss übereinstimmender Darstellung bis ca. anfangs 2014 ein kollegiales, rein nachbarschaftliches Verhältnis, bis es zu Auseinandersetzungen kam (Urk. 6.2 S. 6; Urk. 8.1 S. 2). Gemäss Polizeirapport vom 6. April 2016 erwirkten der Beschuldigte und der Privatkläger in

der Vergangenheit schon ähnlich gelagerte Vorakten im Archiv der Zürcher Polizeien. So sei es am 25. Juni 2015 im Treppenhaus zu gegenseitigen Tätlichkeiten zwischen den beiden gekommen, wobei ein Rapport zu Handen des Statthalteramtes Horgen verfasst worden sei (Urk. 1 S. 6). Dem Polizeirapport vom

6. April 2016 ist weiter zu entnehmen, dass die Polizei gemäss Abklärungen in der Polis-Datenbank im Jahre 2015 bereits sieben Mal habe handeln müssen, weil es zwischen den beiden zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen sei (ohne Rapporterstattung). Dabei habe sich hauptsächlich der heutige Beschuldigte gemeldet. Mehrheitlich sei es um angeblich stinkende Emissionen seitens des Privatklägers gegangen, welche durch die handelnden Polizeibeamten aber nie hätten wahrgenommen werden können. In einem weiteren Fall soll der Privatkläger Kies auf den Balkon des Beschuldigten geworfen haben (Urk. 1 S. 6).

Daraus erhellt einerseits, dass die Situation zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger lange vor dem 24. März 2016 angespannt war. Andererseits ergibt sich aus dem Polizeirapport auch, dass es jeweils um gegenseitige wechselseitige Tätlichkeiten und verbale Auseinandersetzungen ging, und nicht etwa um bloss einseitig provoziertes Verhalten. Wenn die Nachbarin und Hauswartin der betroffenen Liegenschaft als polizeiliche Auskunftsperson am 29. März 2016 aussagt, Uns ist bekannt, dass es zwischen A. und D. in den vergangenen Monaten immer wieder zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen kam. Nun reicht es uns. Ich habe heute eine Meldung an die Liegenschaftenverwaltung 'I. ' an J. gemacht. So kann es nicht weitergehen. (Urk. 1 S. 5 f.), so kann diese Schilderung wie unter Erw. II/5.2.2 dargelegt - nur zugunsten des Beschuldigten verwertet werden. Konkret ergibt sich aus dieser aber ohnehin nur, dass beide gleichsam als Streithähne wahrgenommen wurden und nicht nur der Beschuldigte als Streitsuchender bzw. Provokateur galt. Die belastete Nachbarschaftsbeziehung ist daher mit gleichem Gewicht auf beiden Seiten im Rahmen der Würdigung der Aussagen zu berücksichtigen.

      1. Bei der nachfolgenden Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der ins Verfahren Involvierten ist in Erinnerung zu rufen, dass das Zufügen der Schnittverletzung (durch das Schlagen einer Werbebroschüre gegen den Bauch des Privatklägers bzw. durch die Abwehrhandlung des Privatklägers mit seiner rechten Hand) anerkannt wurde. Der Beschuldigte spricht von einem Unfall und bestreitet eine Verletzungsabsicht; er habe den Beschuldigten nur wegscheuchen wollen. ln Bezug auf die Drohung ist bestritten, dass der Beschuldigte dem Privatkläger nachgerufen hat, er werde das nächste Mal die Pistole nehmen. Der Beschuldigte räumte aber ein, dass er etwas gerufen haben könnte, nicht aber, dass er etwas von einer Pistole gesagt hatte (vgl. nachfolgend die einzelnen Aussagen).

      2. Die Vorinstanz hat die Aussagen des Beschuldigten und des Privatklägers mit Bezug auf die bestrittenen Sachverhaltselemente detailliert wiedergegeben (Urk. 71 S. 9 ff.), weshalb auf diese zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen vorweg zu verweisen ist (Art. 82 Abs. 4 StPO).

      3. Die Aussagen des Privatklägers zum Auslöser der Auseinandersetzung lauten im Kern gleich und zusammengefasst wie folgt: Er sei vom Beschuldigten am 24. März 2016 ca. um 15.00 Uhr, als er die Treppe zu seiner Wohnung im 2. Stock gegangen sei, durch das Zurufen von D. Arschlöchli provoziert worden. Daraufhin sei er um die Ecke, Richtung der Eingangstüre zur Wohnung des Beschuldigten gegangen. Der Beschuldigte sei vor seiner Türe gestanden, leicht gebückt über mehrere Taschen. Er - der Privatkläger habe ihn mit den Worten Was häsch gseit' angesprochen. Dann habe der Beschuldigte zugestochen (Urk. 8.1 S. 2). Reflexartig habe er die Hände hochgehalten, wobei der Beschuldigte mit Dolch Messer seinen rechten Daumen erwischt habe. Er habe sich sofort umgedreht und sei die Treppe runtergerannt. Der Beschuldigte sei ihm nachgerannt und habe gerufen, s'nächschti Mal nimm ich d' Pistole (Urk. 8/1

        S. 2). An dieser Darstellung, insbesondere der Provokation durch den Beschuldigten durch den Zuruf D. Arschlöchli, hielt der Privatkläger an der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme als Auskunftsperson fest (Urk. 8.2. S. 3, S. 6 f.).

      4. Der Beschuldigte seinerseits berichtete bei der ersten polizeilichen Einvernahme von einer vorgängigen Provokation des Privatklägers, als er um

ca. 14.15 Uhr vom Einkaufen zurück gekommen sei: Die Einkäufe deponierte ich auf meinem Handwägeli und damit ging ich zum Lift im Erdgeschoss. Ich lud alles in den Lift und fuhr damit in den 1. Stock. Dort wollte ich aussteigen, wobei die Lifttüre nicht aufging. Durch das Sichtfenster an der Lifttüre bemerkte ich eine Person, welche die Lifttüre blockierte. Ich erkannte D. , meinen Nachbar (den heutigen Privatkläger). Durch die Lifttüre sprach ich ihn an, er solle das doch bitte unterlassen. D. liess aber nicht ab und blockierte die Lifttüre weiterhin. Ich überlegte mir, was ich tun sollte und drückte daraufhin den Alarmknopf. Nach ca. 30-40 Sekunden Alarm ging D. von der Lifttüre weg und ging in Richtung Treppenhaus weg. Als er aus dem Lift gekommen sei, habe er zum Privatkläger geblickt und diesem gesagt: Was söll das wieder. Duesch spiele, worauf sich dieser zu ihm gedreht und gesagt habe, Willsch es wohl wüsse. Der Privatkläger sei dann auf ihn zugekommen und habe ihn mit beiden Händen gepackt an seinem Kragen/Halsbereich, aber nicht gewürgt. Er selber habe den Privatkläger auch an dessen Schultern gehalten und versucht, ihn auf Distanz zu halten. Er habe sich nach unten weggedreht, um sich dem Griff entreissen zu können. Danach sei er das Treppenhaus hinunter zum Eingangsbereich der Liegenschaft gerannt. Dort sei die Hauswartin, G. , gestanden, weil sie den Monteur der Firma K. habe instruieren müssen. Er habe G. um Hilfe gebeten und gefragt, ob sie die Polizei wegen dem Vorfall mit D. anrufen könne.

G. habe sich dann um den Monteur gekümmert und sei nicht weiter auf ihn eingegangen. Er selber habe die Situation mit dem Privatkläger dann abgehakt, da dieser sowieso nicht mehr zugegen gewesen sei. Als er zurück vor seinem Wohnungseingang damit beschäftigt gewesen sei, den Einkauf in seine Wohnung

zu bringen, sei der Privatkläger plötzlich und überfallsmässig wieder vor ihm gestanden und habe versucht, in seine - des Beschuldigten - Wohnung zu gelangen (Urk. 6.1. S. 4). Es habe den Anschein gemacht, als ob er über sein Wägeli in seine Wohnung habe klettern wollen. Das habe er - der Beschuldigte - natürlich nicht zulassen können, da er ihn nicht in seiner Wohnung haben wollte und er auch nicht eingeladen gewesen sei. Zudem habe er zwei Katzen, welche sehr ängstlich seien (Urk. 6.1. S. 4). Auf die Frage, was nachher geschehen sei, gab der Beschuldigte zu Protokoll: Ich griff in die Wohnung auf mein Posttischli (steht im Entrée) und ergriff das Erstbeste. Das waren 1 bis 2 Prospekte der C. . Damit schlug ich gegen D. und schrie: 'Hau ab!'. D. erschrak, weil er durch das Papier bzw. den Prospekt einen Schnitt an der Hand erlitt und es blutete. Er schrie: 'Wilsch mi absteche!' Dann rannte er auf dem Flur in Richtung Treppenhaus davon. Draussen traf er auf G. , welche bei der Garagenabfahrt stand. Er zeigte ihr die Wunde und erklärte, was für ein böser Siech ich sei. Ich hörte ihn auch sagen, dass er von einem Messer sprach und dass ich ihn abstechen wollte. Dies will er im Treppenhaus wahrgenommen haben, wo der Privatkläger mit G. gesprochen haben. Der Privatkläger habe bemerkt, dass er ebenfalls dort gewesen sei, und habe dann vor ihr gesagt, dass er - der Beschuldigte ihn habe abstechen wollen. Weiter sagte der Beschuldigte: Ich zeigte mir an die Stirne und ging wortlos an ihm vorbei. Ich war sprachlos. (Urk. 6/1 S. 5).

Im Kern hielt der Beschuldigte in den nachfolgenden Einvernahmen an dieser Schilderung der Dinge fest. So sprach er an der Hafteinvernahme vom 7. Juni 2017 davon, dass er ein Hüfeli Papier in den Händen gehalten habe, um ihn (den Privatkläger) wegzuscheuchen. Einen Streit an diesem Tag verneinte er, allerdings berichtete er wiederum vom vorgängigen Blockieren des Lifts, dem verbalen Disput, dem Packen am Kragen wo er selber von einem Schal spricht, den er getragen habe - dem sich Entreissen, vom Rennen nach draussen und dem Gespräch mit der Hauswartin und der Rückkehr ins Treppenhaus (Urk. 6.2 S. 3). Der Beschuldigte schilderte weiter: Ich ging dann mit meinem Rolli zu meiner Hauseingangstüre und sah dann plötzlich im Augenwinkel wieder D. , wie er schon fast auf meinem Rolli stand. Er gestikulierte wild mit seinen Armen und versuchte in meine Wohnung zu kommen. D. weiss, dass ich krank bin und

mich kaum noch wehren kann. Auf einem Tischchen in meiner Wohnung lag ein Stapel mit Prospekten. Ich nahm dann diesen in die Hand und verscheuchte damit D. . Ich machte mit der Hand eine Aufund Abwärtsbewegung. Ich rief auch laut um Hilfe, damit ich noch mehr Aufmerksamkeit erlange. Irgendwie hat sich D. eine Verletzung zugezogen. Ich habe die Schnittwunde gesehen. Er ging dann schnellen Schrittes davon und lief im ganzem Haus herum, ich würde ihn abstechen wollen und dies vor Zeugen. (Urk. 6.2. S. 3). Auf Vorhalt der von ihm angeblich ausgesprochenen Drohung, er werde das nächste Mal mit einer geladenen Pistole kommen, lachte der Beschuldigte und sagte: Nein, das kann es nicht sein. Das ist unglaublich. Sie, ich bin 51 Jahre alt. Das stimmt überhaupt nicht. (Urk. 6.2 S. 5). An der Schlusseinvernahme vom 7. Juni 2017 anerkannte er den vorgeworfenen Sachverhalt betreffend einfache Körperverletzung (d.h. das Zufügen der Schnittverletzung) als richtig und fügte gleich als Rechtfertigungsgrund an: Ich fühlte mich in die Enge getrieben und wusste nicht mehr anders, als mit dem Kartonstück gegen seine Hände zu schlagen (Urk. 28/2 S. 5). In der Befragung zur Sache vor Vorinstanz erklärte der Beschuldigte: Das war ein Unfall in meinen Augen, ich musste mich einfach verteidigen. Habe ein Bündel Post genommen und habe ihm das so entgegnet. Er wollte in meine Wohnung kommen und stand auf der Türschwelle. Er hat mich vorher schon einmal attackiert und ich habe mir nicht anders zu helfen gewusst. (Prot. I S. 7).

5.5.1. Richtig ist zwar, dass gewisse Widersprüche in den Aussagen des Beschuldigten betreffend die vorgeworfene Schnittverletzung auszumachen sind. So gab er in der Tat verschiedene Versionen zum genauen Standort des Privatklägers und damit einhergehend zu dessen Körperhaltung an (im Begriff über den Einkaufswagen zu steigen, stehend auf der Türschwelle etc.), wie die Vorinstanz richtig festhält (vgl. Urk. 71 S. 10). Ebenfalls zutreffend ist, dass die räumlichen Verhältnisse am Tatort überschaubar waren, was eine genaue und übereinstimmende Sachdarstellung erwarten liesse. Andererseits sind gewisse Abweichungen mit dem von ihm beschriebenen Überraschungseffekt und der kurzen Dauer dieser Begegnung erklärbar; der Beschuldigte wurde gemäss seiner Darstellung vollkommen überrascht und war darauf fokussiert, den unerwünschten Zutritt des Privatklägers zu seiner Wohnung zu verhindern. Dieser Aspekt stand für ihn im

Vordergrund, nicht die genaue Position des Privatklägers vor seiner Wohnungstüre im engen Treppenhaus (vgl. Anhang 1 zu Urk. 6.1.).

5.5.2 Im Kern aber hat der Beschuldigte immer gleich ausgesagt, dass er den Privatkläger nach dem vorgängigen Intermezzo abwimmeln und dessen Zutritt zu seiner eigenen Wohnung habe verhindern wollen. Seine Vorgeschichte bzw. die Behauptung einer vorangegangenen Provokation des Privatklägers wird durch die im Polizeirapport vom 6. April 2016 erfassten Aussagen der Nachbarin G._ , die hier nur zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt werden können und ohnehin nicht zu Lasten des Beschuldigten ausfallen, bestätigt (Urk. 1 S. 5 f.). So hielt Wm mbA L. auf S. 6 fest, was die Hauswartin und Schwiegertochter F. von der Schwiegermutter G. gehört hatte: Sie bestätigte gegenüber mir, dass A. (der Beschuldigte) vor dem Vorfall vom 24. März 2016 bereits zu ihr gekommen sei und gegenüber ihr erwähnt habe, dass er Probleme mit D. (Privatkläger) hatte und er die Polizei verständigen wolle. Danach sei er wieder in seine Wohnung gegangen. Etwas später sei es dann zu dem eigentlichen Vorfall mit der blutenden Hand von D. gekommen. Wie die Verteidigung zu Recht ausführt, bestätigt dies die Aussage des Beschuldigten, dass es bereits vorher zu einer Konfrontation zwischen den beiden gekommen ist, ansonsten der Beschuldigte keinen Grund gehabt hätte, die Nachbarin um Hilfe zu bitten (Urk. 59 S. 3 f.). Die allgemein angespannte Situation zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger wurde bereits unter dem Titel der Glaubwürdigkeit dargelegt (so insbesondere bestätigt durch F. , Nachbarin und Hauswartin der betroffenen Liegenschaft [Urk. 1 S. 5 f.]).

Diese zugunsten des Beschuldigten zu berücksichtigende Behauptung ständiger Streitereien spricht nicht nur für die Vorgeschichte des Beschuldigten. Sie steht auch im Widerspruch zur Antwort des Privatklägers bei der Polizei auf die Frage, was aus seiner Sicht der Auslöser für den behaupteten Messerangriff von A. gewesen sei: Keine Ahnung. ln der letzten Zeit hatten wir keine Probleme mehr zusammen., und, nachdem er von Schwierigkeiten aus den Jahren 2014 und 2015 (wegen der Aquariumpumpen/Esssigproduktion) berichtet hatte: Die Zeit danach war relativ friedlich, bis es schliesslich zum Vorfall vom letzten Donnerstag kam. (Urk. 8.1 S. 3). Die Aussagen der Dritten und die Einträge in der Polis-Datenbank liefern ein ganz anderes Bild. Diese angebliche Ahnungslosigkeit des Privatklägers zum Auslöser der Auseinandersetzung und die behauptete friedliche Zeit davor muss als schönfärberisch, externalisierend und damit als nicht glaubhaft bezeichnet werden.

5.5.3. Der Beschuldigte zeigte in seinen Aussagen - nebst bizarren Ideen zu anderen Themen, ausschweifenden Bemerkungen über Erfundenes bzw. seine Wahrnehmungen (z.B. Perpetuum mobile Urk. 6.2 S. 7, künstlicher Himmel über Horgen Urk. 6.1 S. 13, Zukunftsinfos Urk. 6.2 S. 2 und Abhören der Wohnung Urk. 6.1 S. 12, von der Vorinstanz auch im Zusammenhang mit der diagnostizierten psychischen Störung einer schizotypen Störung mit bizarren Gedanken und Wahrnehmungen erwähnt [Urk. 71 S. 7]) im Kern betreffend die Vorgeschichte und seine Gründe für das Wegscheuchen des Privatklägers eine Konstanz, ebenso betreffend das dafür eingesetzte Mittel (Papier).

Der Beschuldigte weist zwar klare Dramatisierungstendenzen mit Bezug auf das beschriebene Allgemeinverhalten des Privatklägers auf. So sagt der Beschuldigte, er habe seit zwei Jahren die Erkenntnis, dass er vom Privatkläger gemobbt werde, absolut (Urk. 6.2 S. 2), dass der Privatkläger unberechenbar sei und er Angst vor ihm habe (Urk. 6.1 S. 12), Angst, dass er durchdrehen könnte (Urk. 6.2

S. 7), dass der Privatkläger ihn immer wieder quäle mit Lärm, Schallkanonen bzw. Strahlen (Urk. 6.1 S. 6). In Bezug auf den konkreten Tatvorwurf war er aber nicht auf übermässige Belastung des Privatklägers aus. So sagte er zur Vorgeschichte

z.B. explizit, dass er vom Privatkläger mit beiden Händen an seinem Kragen/Halsbereich gepackt worden sei, ich wurde aber nicht gewürgt. Als Realitätskriterium für die Behauptung der vorangegangenen Provokation des Privatklägers und der sich daraus ergebende Drang des Beschuldigten, danach den Zutritt des Privatklägers in seine Wohnung unter allen Umständen zu verhindern, ist auch darin zu sehen, dass er nicht nur die Sorge um sich selber erwähnte, sondern auch um seine Katzen, welche sehr ängstlich seien (Urk. 6.1 S. 4), womit er etwas subjektiv Wichtiges darlegt, was für derart Erlebtes spricht.

      1. Der Privatkläger sagte zwar inhaltlich konstant aus, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt (Urk. 71 S. 11 f.). Er bestätigte die Beschimpfung D. Arschlöchli in den einzelnen Einvernahmen, erachtete sie als Schlötterli und untermauerte sie mit Ausführungen zu Beschimpfungen des Beschuldigten in der Vergangenheit (Urk. 8.1 S. 3, Urk. 8.2 S. 3 f.). Dass es sich dabei um eine sehr eigene Beschimpfung handelt, etwa im Gegensatz zu einem plumpen Arschloch, ist ebenfalls zutreffend, so die Vorinstanz (Urk. 71 S. 11 f.). Nicht ganz gefolgt werden kann der Vorinstanz hingegen, wenn sie sagt, die Beschimpfung und die entsprechende Entgegnung füge sich in die bezeugte Vorgeschichte der Parteien ein, und dass die Aussagen des Privatklägers neben der Aussage einer Auskunftsperson auch durch die Ermittlungen der Polizei zur Vorgeschichte der Parteien gestützt würden (Urk. 71 S. 12). Dies geht jedenfalls dann nicht, wenn dies nur einseitig zum Nachteil des Beschuldigten berücksichtigt wird. Denn einerseits können die Aussagen der polizeilichen Auskunftspersonen nur zu Gunsten des Beschuldigten berücksichtigt werden (vgl. Erw. 5.2.2). Andererseits belegen die Aussagen sämtlicher Auskunftspersonen wie auch die Einträge in der Polis-Datenbank nur verbale und körperliche Auseinandersetzungen mit/zwischen beiden Kontrahenten. Deshalb kann auch nicht gesagt werden, es ergebe sich mit den Aussagen des Privatklägers ein stringenter Tathergang, der sich nachvollziehbar in den wahrscheinlichen Fortgang eines durch verbale Auseinandersetzungen geprägten und belasteten Verhältnisses der Parteien einfüge (Urk. 71

        S. 12). Genauso gut erklärbar ist der der vom Beschuldigten gelieferte Ablauf der Ereignisse.

      2. Als Kennzeichen wahrheitsgetreuer Aussagen ist mit der Vorinstanz zu werten, wenn sich die Aussagen mit bewiesenen, äusseren Umständen verflechten lassen (Urk. 71 S. 9). Dies ist vorliegend mit Bezug auf die Tatwaffe bzw. die Spurenauswertung beim Privatkläger aber nicht der Fall. Die Fakten sprechen gegenteils für die vom Beschuldigten von Anfang an gelieferte Erklärung für die Verletzung, nämlich ein Wedeln einer Broschüre und nicht der Einsatz eines Messers. Diese Darstellung wurde durch die Untersuchung eindeutig festgestellt. Die Broschüre weist eine Blutspur des Privatklägers auf (Urk. 5.3 und Urk. 5.7). Diese war etwas verdünnt, was erneut die Darstellung des Beschuldigten unterstreicht,

        er habe den Prospekt nachträglich mit Wasser gereinigt (Urk. 5.3 S. 2 und

        Urk. 6/1 S. 8). An sämtlichen sichergestellten Messern konnten hingegen keine blutverdächtigen Anhaftungen festgestellt werden.

      3. Abgesehen davon, dass die Darstellung des Privatklägers mit Bezug auf die Verletzungsursache mit objektivierten Beweismitteln widerlegt wurde, hat die Vorinstanz aus hiesiger Sicht auch dem ganzen Aussageverhalten des Privatklägers zu wenig Beachtung geschenkt. Der Messeroder Dolcheinsatz an sich wurde nicht als Vermutung vorgetragen, sondern als Fakt; Vorbehalte bzw. Unsicherheiten erwähnte der Privatläger nur mit Bezug auf die Beschaffenheit des Tatinstruments. Dessen Beschrieb wurde immer detailreicher. Bei der Polizei sagte der Privatkläger noch aus, es sei sehr schwierig den Gegenstand zu beschreiben, da es sehr schnell gegangen sei. Vermutlich sei die Klinge zweischneidig. Der Griff sei ziemlich sicher dunkel und die Klinge ca. 15 Zentimeter lang gewesen. Der Privatkläger fügte zwar an, dies seien vage Schätzungen. Er sei sich aber ganz sicher, dass es sich dabei um ein Messer einen Dolch gehandelt habe. Er sei ca. 1-2 Meter vom Beschuldigten entfernt gestanden (Urk. 8.1 S. 3). Der Beschuldigte habe einmal zugestochen und zwar mit der rechten Hand (Urk. 8.1 S. 4).

        Bei der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme gab der Privatkläger zu Protokoll, der Beschuldigte habe seine rechte Hand hervorgenommen und horizontal gegen seinen Unterbauch gestochen. Er habe dann beide Unterarme nach oben genommen und dadurch den Stich abblocken können. Auf die Frage, ob der Beschuldigte dabei etwas in den Händen gehabt habe, sagte der Privatkläger: Ein Messer. Es hatte eine zweischneidige Klinge. Dabei schien es sich entgegen den Depositionen bei der Polizei - nicht mehr um eine blosse Vermutung zu handeln, wie die Klinge war, sondern um ein Behaupten eines Faktums. Auf die Frage nach Farbe und Länge lieferte der Privatkläger plötzlich folgende Detailangaben: Die Klinge war metallisch, der Griff, so dünkte mich, war dunkel. Er könnte auch schwarz gewesen sein, auf jeden Fall dunkel. Die Klinge war ca. 12-15 cm lang (der Geschädigte zeigt gemäss Protokollvermerk die Länge auf einem Massstab). Es dünkte mich, es war eine Art Dolch. Auf die Frage, wie es komme, dass

        er den Griff des angeblichen Messers beschreiben könne, obwohl der Beschuldigte diesen ja in der Hand gehalten haben müsse, doppelte der Privatkläger gar mit Details nach: Der Griff war länger als seine Hand breit. Das war ein Sekundenbruchteil, in welchem ich das gesehen habe. Ich habe ja gesagt, dass ich das Gefühl hatte, der Griff sei dunkel. Es hatte auch zwischen Klinge und Griff eine Art Schutz. Eine Art ein Handschutz. Das Ganze ging sehr schnell. (Urk. 8.2 S. 6).

        Bei der weiteren Frage des Staatsanwaltes, ob es möglich wäre, dass es sich bei der Tatwaffe vielleicht doch nicht um ein Messer gehandelt haben könnte, beharrte der Privatkläger auf seiner Behauptung mit den Worten: Nein. Ich habe das Messer ja gesehen. Mit 'vage' war gemeint, dass ich den Griff nicht so gut beschreiben kann. Aber die Klinge habe ich ja gesehen, auch wenn es nur ein kurzer Bruchteil war. (Urk. 8/2 S. 7).

        Von der Behauptung des Einsatzes eines Messers Dolches wollte der Privatkläger auch dann zuerst nicht abrücken, als ihm der Staatsanwalt vorhielt, dass gemäss DNA-Laborbericht des IRM vom 15. April 2016 das Forensische Institut Zürich an der beschlagnahmten Werbebroschüre Blutanhaftungen gefunden habe. Nach erfolgter DNA Analyse habe sich das Blut als sein - des Privatklägers herausstellt. Wiederum hielt der Privatkläger beharrlich daran fest, dass seine Augen ein Messer gesehen hätten. Erst als weiter darauf hingewiesen wurden, dass auf sämtlichen sichergestellten Messern keine blutverdächtigen Anhaftungen hätten festgestellt werden können, meinte er, dass er zumindest damals

        aber eigentlich auch heute (bzw. an der Befragung) in der Hand des Beschuldigten ein Messer gesehen habe, und sodann: Ich kann jedoch, und dass muss ich heute auch sagen, nicht mit Sicherheit sagen, dass es sich eben um ein Messer handelte. Es könnte natürlich auch ein anderer Gegenstand gewesen sein, wie zum Beispiel eben diese Broschüre, insbesondere wenn sie ja noch mein Blut trägt (Urk. 8.2 S. 7 f.).

        Dieses hartnäckige Beharren auf seinem Standpunkt trotz nachgewiesener anderslautender Faktenlage ist der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Privatklägers abträglich.

      4. Die dem Privatkläger vorgehaltene Werbebroschüre der Firma C. will er im Zusammenhang mit der Streitsache nie gesehen haben

        (Urk. 8/2 S. 7 f.). Eine Verwechslung des vermeintlichen Tatinstruments (Dolch Messer mit einer 12-15cm langen Klinge und einem dunklen Griff) mit dem effektiven Tatmittel einer Werbebroschüre mit wahrnehmbarer Grösse und heller Farbe (vgl. Anhang 3 von Urk. 6.1) kann ausgeschlossen werden.

      5. Die Aussagen des Privatklägers zum angeblich eingesetzten Tatmittel fanden mithin keine Bestätigung. Vielmehr wurde die von Anfang an gelieferte Darstellung des Beschuldigten zur Vorgeschichte durch Auskunftspersonen und Spurenauswertungen objektiviert. In den Aussagen des Privatklägers fällt auf, dass er in der zweiten Einvernahme, welche rund ein Monat nach der Tat war, noch viel mehr Details lieferte als an der ersten Befragung nach dem Vorfall, welche rund eine Woche danach stattfand. Dies ist ein Indiz dafür, dass er seine Wahrnehmungen ausgeschmückt hat. Kommt hinzu, dass der Privatkläger in seinen Aussagen zur Ursache der Verletzung auch eine Dramatisierungstendenz zeigte.

5.7. In der Gesamtbetrachtung fallen daher die (belastenden) Aussagen des Privatklägers keineswegs überzeugender aus als jene des Beschuldigten. Im Gegenteil, aus hiesiger Sicht spricht mit Bezug auf den konkreten Vorwurf mehr für die Version des Beschuldigten und damit gegen eine Verletzungsabsicht.

Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte unter dem Eindruck der jahrelangen verbalen und tätlichen Auseinandersetzungen und der kurz zuvor erfolgten schikanösen Begegnung im Lift mit dem plötzlichen Erscheinen des Privatklägers vor seiner Türe bedrängt und bedroht gefühlt hatte, und er, um den aus seiner Sicht unvermittelt auftauchenden Privatkläger zu verscheuchen, das Erstbeste auf dem Tischchen im Eingangsbereich der Wohnung nahm, dass es sich dabei um Papier bzw. einen Werbeprospekt handelte, mit dem er durch Aufund Abwärtsbewegungen bzw. durch Wedeln den Privatkläger auf Distanz zu halten und zu vertreiben versuchte. Dabei zog sich der Privatkläger zwar die angeklagte kleine Schnittverletzung zu. Eine Verletzungsabsicht eine Inkaufnahme von Verletzungen beim Einsatz einer Werbebroschüre von diesem Format

und von dieser Beschaffenheit (vgl. Anhang 3 zu Urk. 6.1) ist bei diesem Tathintergrund aber zu verneinen. Er ist daher vom Vorwurf der einfachen Körperverletzung freizusprechen.

    1. Die Vorinstanz hat die Aussagen des Beschuldigten und des Privatklägers zur behaupteten Drohung (S’nächschti Mal nimm ich d’Pistole!“) wiedergegeben. Darauf ist zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen (Urk. 71 S. 13 f.).

    2. Richtig ist zwar, dass der Privatkläger den Sachverhalt dieses Vorfalls in den zwei Einvernahmen gleichlautend vortrug (Urk. 71 S. 16). Der Beschuldigte bestritt diese Drohung. Konkret antwortete er in der Untersuchung anfangs auf die Frage, ob er dem Privatkläger irgendetwas nachgerufen habe, er habe nichts gerufen, fügte aber sogleich an, er denke nicht, könne sich nicht zu 100% erinnern und schloss, dass es sicher keine Drohung gewesen sei (Urk. 6.1 S. 8 f.). Als er später nicht mehr zum konkreten nachgerufenen Satz, sondern abstrakt zu einer früheren der in Frage stehenden Drohung befragt wurde, antwortete der Beschuldigte, dass er den Privatkläger nie bedroht habe (Urk. 6.1 S. 12 ff.). In der Einvernahme durch die Staatanwaltschaft führte der Beschuldige aus, dass er sich nicht mehr ganz sicher sei, was genau er im Nachgang zur Tat gerufen habe und räumte ein, dass es schon sein könne, dass er dem Privatkläger irgendetwas Böses an den Kopf geworfen habe, da er wütend gewesen sei (Urk. 6.3 S. 3). In der Schlusseinvernahme sagte der Beschuldigte aus, dass er nicht sicher sei, welche Worte er dem Privatkläger an den Kopf geworfen habe (Urk. 28/2 S. 6). Anlässlich der Hauptverhandlung stellte der Beschuldigte in Abrede, Besagtes gerufen zu haben. Er ergänzte, dass er solche Vorwürfe nie einem Menschen hinterherrufen würde. Hierbei räumt er ein, dass er dem Privatkläger vielleicht nachgerufen habe, er sei ein dummer Siech und er solle verreisen. Bedroht habe er ihn aber nicht (Prot. I S. 8). Zudem sagte er auf den Vorhalt des Vorderrichters an der Hauptverhandlung, wonach er es in der Untersuchung für möglich gehalten habe, dies (S’nächschti Mal nimm ich d’Pistole!“) gesagt zu haben, er sei ganz offen gesagt von Staatsanwalt M. dermassen unter Druck gesetzt und zu dieser Aussage genötigt worden (Prot. I S. 8).

    3. Der Glaubhaftigkeit des Beschuldigten nicht gerade zuträglich sind die unterschiedlichen möglichen Versionen des Nachgerufenen sowie die mangels bestätigender anderer Anhaltspunkte als Schutzbehauptung zu wertende Erklärung des Unterdrucksetzens durch den zuständigen Staatsanwalt. Dass er sodann gemäss eigener Darstellung aus Schutz vor dem Privatkläger eine Pistole unter dem Kopfkissen lagerte und er sich Gedanken zu einem möglichen Einsatz gemacht hatte (Urk. 6.1 S. 12 ff.), kann als Indiz für die vorgeworfene Drohung gewertet werden.

    4. Das gewisse Zugeständnis des Beschuldigten in der polizeilichen Einvernahme wurde wie dargelegt - umgehend relativiert. Es kann daher nicht von einem Geständnis des Beschuldigten ausgegangen werden. In der Gesamtwürdigung ist es ein Teilaspekt der schwankenden Aussagen. Diesen steht allerdings eine Darstellung des Privatklägers gegenüber, die als Konsequenz obiger Erwägungen ebenfalls mit Vorbehalten behaftet ist. Es ist nämlich auch hier nicht auszuschliessen, dass der Beschuldigte zwar etwas nachgerufen hat, und es dann der Phantasie des Privatklägers, der sich gerade als Opfer eines Messeroder Dolchangriffs wähnte und der wusste, dass der Beschuldigte über eine Pistole verfügte (Urk. 8/1 S. 4), entsprang, dass der Beschuldigte ihn mit S’nächschti Mal nimm ich d’Pistole! bedrohte und nicht nur eine Beschimpfung (wie dummer Siech) nachrief.

    5. egen eine entsprechend ausgestossene Drohung und dann noch ein Versetzen in Angst und Schrecken spricht schliesslich auch das Verhalten des Privatklägers nach dem Vorfall, wie die Verteidigung geltend macht (Urk. 59 S. 5). Zwar bemühte er sich danach um polizeiliche Hilfe (Urk. 8.1 S. 5), die aus einer Fehlinterpretation der Polizei allerdings nicht gewährleistet wurde (Urk. 1 S. 7). Danach rief er aber nicht mehr an. Er sei dann in die Wohnung gegangen und habe sich überlegt, in den Spital zu gehen um die Wunde zu nähen. Schlussendlich habe er sich dagegen entschieden. Er habe dann seine Sachen gepackt und sei über die Ostern in die Berge gegangen. Er habe von der Situation Abstand gewinnen müssen. Am Sonntagmittag sei er wieder zurück gekommen (Urk. 8.1

      S. 3).

      Die Verteidigung weist da zu Recht darauf hin, dass es nach einer entsprechenden Drohung naheliegender gewesen wäre, sich gleich nach dem Vorfall spätestens nach der Rückkehr aus dem Wochenende um eine Anzeige zu kümmern, gerade wenn der angebliche Peiniger im gleichen Haus lebt. Dies hat der Privatkläger nicht gemacht; die Ermittlungen wurden bekanntlich durch einen anonymen Anruf bei der Polizei in Gang gesetzt, der Privatkläger wurde in der Folge durch die Polizei kontaktiert (Urk. 1 S. 1).

    6. nsgesamt lässt sich die angeklagte Drohung so nicht zweifelsfrei erstellen. Der Beschuldigte ist daher auch in diesem Punkt freizusprechen.

  1. Sanktion

    1. Die Vorinstanz hat die Regeln der Strafzumessung ausführlich dargestellt (Urk. 71 S. 24 ff.). Darauf ist zu verweisen, ebenso auf die jüngere Bundesgerichtspraxis zu diesem Thema (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff; BGE 135 IV 130 E. 5.3.1; BGE 132 IV 102 E. 8.1, je mit Hinweisen). Die nachfolgenden Ausführungen sind als Ergänzung zu verstehen.

      1. Zu sanktionieren verbleiben die Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. Art. 33 WG sieht als Sanktion Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe vor. Art. 37 SprstG sieht die gleiche Strafandrohung vor (Art. 37 Ziff. 1 SprstG i.V.m. Art. 333 Abs. 2 lit. b sowie Abs. 5 StGB).

      2. Betreffend Schuldfähigkeit führte der Gutachter N. aus, es ergebe sich aus den Einvernahmen der Eindruck, dass der Beschuldigte in der Lage gewesen sei, differenziert zwischen den einzelnen Pulvern, Feuerwerkskörpern und Schusswaffen hinsichtlich Legalität zu differenzieren. Es lägen keine Gründe vor, die bei gegebener Einsicht die Steuerungsfähigkeit hätten mindern können, zumal es sich um keine spontane, impulsive Tathandlung handle (Urk. 29/6 S. 17). Es ist daher mit Bezug auf die Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz von voll erhaltener Schuldfähigkeit auszugehen.

      3. Trotz Deliktsund Tatmehrheit, also des Vorliegens eines Strafschärfungsgrundes, ist der Strafrahmen unter Hinweis auf BGE 136 IV 55 E. 5.8 einzuhalten und sind diese Aspekte innerhalb des dargelegten Strafrahmens zu berücksichtigen.

      4. Bei Delikten mit identischem Strafrahmen bildet das konkret schwerere Delikt den Ausgangspunkt der Strafzumessung. Vorliegend rechtfertigt sich in Anbetracht der konkreten Umstände eine Gesamtbetrachtung.

      1. Die Vorinstanz gab bei der Strafzumessung in objektiver Hinsicht zu bedenken, dass der Beschuldigte mehrfach gegen das Waffengesetz und zudem gegen das Sprengstoffgesetz verstossen hat. Die Art und Weise wie er diesen Erfolg herbeigeführt habe, zeuge jedoch von einer tiefen kriminellen Energie, denn er habe nicht nur Waffen und Sprengstoffe, sondern allgemein Gegenstände gesammelt und nach eigener Aussage gehortet. Die Fotodokumentation zeige denn auch die überfüllte Wohnung eines Sammlers und früheren Antiquitätenhändlers. Wenn die Vorinstanz die objektive Tatschwere vor diesem Hintergrund als insgesamt eher leicht wertet (Urk. 71 S. 28), kann ihr beigepflichtet werden.

      2. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere ist zu beachten, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich handelte. Er wusste um die Bewilligungspflicht der Waffen, foutierte sich aber darum. Gemäss Anklagesachverhalt wird dem Beschuldigten nur der Besitz der dort angeführten Waffen und des pyrotechnischen Gegenstands vorgeworfen, nicht aber das Tragen dieser Waffen (Urk. 39 S. 2 f.). Insofern ist die Verschuldensgewichtung der Vorinstanz (Urk. 71 S. 29) etwas zu relativieren.

      3. nsgesamt ist von einem leichten Verschulden auszugehen.

      1. it Bezug auf die Täterkomponenten kann für das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 71 S. 30).

      2. Der Beschuldigte ist nicht vorbetraft (Urk. 72, Prot. II S. 12). Gemäss den im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen der Verteidigung ist der Beschuldigte nach wie vor von der Sozialhilfe abhängig. Die Wohnungskosten und Krankenkassenprämien werden vom Sozialamt direkt bezahlt, ihm selber werden pro Monat noch Fr. 936.ausgerichtet (Urk. 79 S. 1 und Urk. 80-81/1-3). An der heutigen Berufungsverhandlung hat sich bezüglich der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten gegenüber jenen im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils keine Veränderung ergeben (Prot. II S. 5 ff.).

      3. Der Beschuldigte war mit Bezug auf die heute noch zu sanktionierenden Delikte von Anfang an geständig, aber auch gleich überführt, so dass das Geständnis nur marginal berücksichtigt werden kann.

      4. Unter Berücksichtigung der zu ergehenden Freisprüche erweist sich die vom Beschuldigten im Berufungsverfahren beantragte Geldstrafe von 30 Tagessätzen für die verbleibenden Delikte als angemessen.

      5. Die Vorinstanz legte die Parameter für die Bemessung der Tagessatzhöhe korrekt dar, worauf zu verweisen ist (Urk. 71 S. 32). Geldstrafen sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3). Eine Untergrenze für die Höhe eines Tagessatzes sieht das Gesetz nicht vor. Das Bundesgericht hat sich für einen Mindesttagessatz von Fr. 10.ausgesprochen (BGE 135 IV 180 E. 1.4). Vor dem Hintergrund der oben dargelegten aktuellen finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten ist der Tagessatz auf Fr. 30.festzusetzen.

    5. Der Beschuldigte ist somit mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.zu bestrafen, unter Anrechnung von 24 Tagen erstandener Haft

    (Art. 51 StGB; Art. 391 Abs. 2 StPO). Bereits rechtskräftig ist der angeordnete bedingte Vollzug der Geldstrafe (vgl. Erw. I/2.2).

  2. Weisung
    1. Für die Dauer der Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen (Art. 44 Abs. 2 StGB).

    2. Die Vorinstanz erteilte dem Beschuldigten die Weisung, sich für die Dauer der Probezeit in psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung bei einem anerkannten Psychotherapeuten zu begeben. In den ersten drei Monaten habe die Behandlung wöchentlich stattzufinden (Urk. 71 S. 41 f.). Zur Begründung verwies sie auf die Empfehlung von Gutachter N. , wonach die bisherige Behandlung des Beschuldigen aus gutachterlicher Sicht mit deliktpräventiver Ausrichtung weiterzuführen sei. Dies insbesondere deshalb, weil der Beschuldigte unter einer paranoiden Wahrnehmung mit subjektivem Bedrohungsgefühl leide und aus Angst eine Waffe bereithalte. Der Beschuldigte erkläre sich mit einer wöchentlichen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung einverstanden. Er erscheine aus gutachterlicher Sicht behandlungsfähig sowie -motiviert (Urk. 71 S. 35).

    3. Die Verteidigung beantragt mit ihrer Berufungserklärung, es sei auf eine Weisung zu verzichten (Urk. 73 S. 1). Zur Begründung führte sie anlässlich der Berufungsverhandlung an, der Beschuldigte benötige keine Weisung. Er habe keine psychischen Defizite, welche die Weisung rechtfertigen würden, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Eine psychiatrische Behandlung anzuordnen, nur weil jemand mit einem Prospekt herumgewedelt habe, sei krass übertrieben (Urk. 84 S. 5; Prot. II S. 17).

    4. Die gutachterliche Einschätzung von N. erfolgte auf der Arbeitshypothese einer durch den Beschuldigten effektiv begangenen und zurechenbaren einfachen Körperverletzung und einer Drohung sowie der vorgeworfenen Waffenund Sprengstoffdelikte (Urk. 29/6). Mit dem noch verbleibenden Schuldspruch ist kein direkter Bezug mehr zu Gewalthandlungen gegeben, in deren Kontext die Rückfallgefahr vom Gutachter primär diskutiert wurde und für welche er eine Weisung/Auflage/Ersatzmassnahme empfahl (Urk. 29/6 S. 17 f.). Im Übrigen nimmt der Beschuldigte aus eigenen Stücken seit 2015 regelmässige psychiatrischtherapeutische Behandlung in Anspruch (Urk. 8.3 S. 4; Urk. 28.2 S. 4). Von der Anordnung einer Weisung ist daher abzusehen.

  3. Zivilansprüche
    1. Das Gericht entscheidet über die anhängig gemachte Zivilklage, wenn es den Beschuldigten freispricht und der Sachverhalt spruchreif ist (Art. 126 Abs. 1 lit. b StPO). Ist der Sachverhalt hingegen nicht spruchreif und wird der Beschuldigte freigesprochen, so wird die Zivilklage auf den Zivilweg verwiesen (Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO).

    2. Die Vorinstanz verpflichtete den Beschuldigten zur Leistung eines Schadenersatzes von Fr. 179.80 und wies dessen Forderung im Mehrbetrag ab

      (Urk. 71 S. 42). Die Verteidigung verlangt eine Abweisung der Zivilforderung (Urk. 73 S. 2).

    3. Der Beschuldigte ist mit Bezug auf die der Zivilforderung zugrunde liegende einfache Körperverletzung freizusprechen. Eine Verletzungsabsicht ist nicht erstellt. Eine fahrlässige Tatbegehung ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Der vorliegende Sachverhalt erweist sich folglich in zivilrechtlicher Hinsicht als illiquide. Demgemäss ist der Privatkläger mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses zu verweisen.

  4. Kosten
    1. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens wurden dem Beschuldigten im angefochtenen Urteil vollständig auferlegt, die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung mit Rückforderungsvorbehalt auf die Staatskosten genommen (Urk. 71 S. 42 f.).

    2. emäss Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Wird das Verfahren eingestellt die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr nach Abs. 2 dieser Bestimmung die Verfahrenskosten ganz teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung erschwert hat.

    3. Der Beschuldigte ist von den Vorwürfen der einfachen Körperverletzung und der Drohung freizusprechen. Da diese Vorwürfe den grössten Teil der Untersuchung und auch der gerichtlichen Verfahren ausmachten, ist wie von der Verteidigung beantragt (Urk. 73 S. 1) in Abänderung des vorinstanzlichen Urteils eine entsprechende Anpassung der Kostentragungspflicht des Beschuldigten erforderlich.

    4. Den Freisprüchen ist hinsichtlich der Kosten des Vorverfahrens und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens insofern Rechnung zu tragen, als ihm diese im Umfang eines Drittels der Gebühr des Vorverfahrens und eines Drittels der Gerichtsgebühr aufzuerlegen und im Übrigen (zwei Drittel) zusammen mit den Gutachterkosten und den Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers auf die Gerichtskasse zu nehmen sind.

    1. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).

    2. Der Beschuldigte obsiegt mit seiner Berufung vollumfänglich. Staatsanwaltschaft und Privatklägerschaft haben sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mithin der amtlichen Verteidigung im Betrag von pauschal Fr. 2'900.inklusive Mehrwertsteuer (Urk. 83, zuzüglich Aufwand für die Berufungsverhandlung), sind daher vollumfänglich auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Horgen, Einzelgericht, vom 26. Oktober 2017 bezüglich der Dispositiv-Ziffern 1 (Schuldpunkt betreffend Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz), 3 (Vollzug der Strafe), 5-7 (Einziehungen), 9 (Kostenfestsetzung) und 11, teilweise (Höhe der Anwaltshonorare) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte wird freigesprochen von den Vorwürfen der einfachen Körperverletzung und der Drohung.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-, wovon 24 Tagesätze als durch Untersuchungshaft geleistet gelten.

  3. Von der Anordnung einer Weisung wird abgesehen.

  4. Der Privatkläger D. wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  5. Die Gebühr für das Vorverfahren und die Gerichtsgebühr für das erstinstanzliche Verfahren werden dem Beschuldigten zu je einem Drittel auferlegt und im Übrigen (zwei Drittel) zusammen mit den Gutachterkosten und den Kosten für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Rechtsvertretung des Privatklägers auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'900.amtliche Verteidigung

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden vollumfänglich auf die Gerichtskasse genommen.

  8. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich

    • die unentgeltliche Vertretung der Privatklägers D. im Doppel für sich zuhanden des Privatklägers

      (Eine begründete Urteilsausfertigung - und nur hinsichtlich ihrer eigenen Anträge (Art. 84 Abs. 4 StPO) wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich

    • das Bundesamt für Polizei, Zentralstelle Sprengstoff und Pyrotechnik (unter Hinweis auf Ziff. 1 des Beschlusses)

    • das Bundesamt für Polizei, Zentralstelle Waffen (unter Hinweis auf Ziff. 1 des Beschlusses)

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (im Doppel [Widerhandlung Sprengstoffgesetz und Waffengesetz] unter Hinweis auf Ziff. 1 des Beschlusses)

    • die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils

    • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG)

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  9. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 8. Juni 2018

Die Präsidentin:

lic. iur. Schärer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Leuthard

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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