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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB170474: Obergericht des Kantons Zürich

Ein Beschuldigter wurde wegen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem verurteilt und mit einer Geldstrafe belegt. Das Gerichtsurteil wurde vom Obergericht des Kantons Zürich bestätigt, jedoch vom Schweizerischen Bundesgericht teilweise aufgehoben. Der Beschuldigte beantragte eine Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen, die ihm durch das Strafverfahren entstanden seien. Das Gericht entschied jedoch, dass die wirtschaftlichen Einbussen nicht allein durch das Strafverfahren verursacht wurden, da der Beschuldigte versäumte, rechtzeitig eine Lizenz als Versicherungsvermittler zu beantragen. Das Gericht wies den Antrag auf Entschädigung ab und sprach dem Beschuldigten eine Prozessentschädigung aus der Gerichtskasse zu.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB170474

Kanton:ZH
Fallnummer:SB170474
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB170474 vom 17.10.2018 (ZH)
Datum:17.10.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes)
Schlagwörter : Beschuldigte; Verfahren; Beschuldigten; Beruf; Berufung; Versicherung; Bundesgericht; Beschluss; Berufungsverfahren; Gericht; Verfahrens; Urteil; Antrag; Entscheid; Einbusse; Verfahren; Entschädigung; Prozessentschädigung; Einkommen; Versicherungsvermittler; Schaden; Sinne; Dispositiv; Arbeit; Kammer; Dispositivziffer; Phase
Rechtsnorm:Art. 143 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 42 OR ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 436 StPO ;Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:110 IV 116; 121 IV 109; 123 IV 1; 133 III 439; 135 III 334; 139 V 176; 142 IV 237;
Kommentar:
Seiler, von Werdt, Güngerich, Oberholzer, Hand, 2. Auflage, Art. 107 BGG, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB170474

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB170474-O/U/cs

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, lic. iur. Ruggli und lic. iur.

Stiefel sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Schwarzenbach-Oswald

Beschluss vom 17. Oktober 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes)

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung - Einzelgericht, vom 21. Juni 2012 (GG120108); Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 8. September 2016 (SB160047); Urteil des Schweizerischen Bundesgerichtes vom 16. November 2017 (6B_1189/2016)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 4. April 2012 ist diesem Beschluss beigeheftet (Urk. 20).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem im Sinne von Art. 143bis StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 1'000.00.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Auf das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin B. AG wird nicht eingetreten.

  5. Das Verfahren wird hinsichtlich der Strafund Zivilklage von Dr. C. eingestellt.

  6. Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 3'000.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. Kosten Kantonspolizei

    Fr. 1'800.00 Gebühr Anklagebehörde

    Fr. Kanzleikosten

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  7. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  8. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin B. AG für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von total Fr. 60'253.05 zu bezahlen.

    Berufungsanträge:

    1. Des Verteidigers des Beschuldigten: (Urk. 166 S. 2)

      1. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 21. Juni 2012 i.S. GG120108 sei mit Ausnahme von Dispositivziffern 4 und 5 sowie 9 und 10 vollumfänglich aufzuheben.

      1. Die Dispositivziffern 1-6 und 8-12 des Beschlusses der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. September 2016 (SB160047) seien zu bestätigen.

      2. Es sei dem Berufungsführer eine Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen in der Höhe von CHF 1'218'749 zuzüglich Zins von 5% seit 21. Juni 2012 für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Bezirksgericht Zürich (Proz. Nr.: GG120108) zuzusprechen.

      3. Dem Berufungsführer sei eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 8'583.54 für das vorliegende obergerichtliche Verfahren (SB160047; recte: SB170474) aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

    2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl: (Urk. 171 S. 1)

      Keine Anträge.

      Erwägungen:

      1. Prozessgeschichte

        1. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung - Einzelgericht, vom

        1. uni 2012 wurde der Beschuldigte des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem im Sinne von Art. 143bis StGB schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 1'000.bestraft. Auf das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin B. AG (nachfolgend: B. ) wurde nicht eingetreten. Hinsichtlich der Strafund Zivilklage von Dr. C. wurde das Verfahren eingestellt.

          1. Der Beschuldigte meldete gegen das vorinstanzliche Urteil mit Eingabe vom 25. Juni 2012 fristgerecht Berufung an (Urk. 38) und reichte mit Schreiben vom 22. Oktober 2012 die Berufungserklärung ein (Urk. 45). Er beantragte einen vollumfänglichen Freispruch und die Zusprechung einer Prozessentschädigung, alles unter Kostenfolge zulasten der Staatskasse und der B. . Die Privatklägerschaft und die Staatsanwaltschaft erhoben keine Berufung und verzichteten auf Anschlussberufung (Urk. 49; Urk. 53 S. 4). Nicht angefochten wurden die Dispositivziffern 4 und 5 des vorinstanzlichen Urteils (Nichteintreten auf das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin B. und Einstellung des Verfahrens betreffend Strafund Zivilklage von Dr. C. ).

          2. Mit Präsidialverfügung vom 23. Januar 2013 wurden die Beweisanträge des Beschuldigten gemäss Eingabe vom 22. Oktober 2012 auf Einvernahme von Zeugen, Edition von EDV-Anlagen-Nutzungsverträgen und Einholung eines Gutachtens über die existenzbedrohende Situation der B1. einstweilen abgewiesen (Urk. 54).

          3. Mit Eingabe vom 25. März 2013 reichte der Beschuldigte im Hinblick auf die Berufungsverhandlung vom 7. Mai 2013 eine kurze Begründung seiner Berufung ein. Darin liess er unter anderem wie bereits vor Vorinstanz geltend machen, die B. sei nicht strafantragsberechtigt (Urk. 58). Mit Eingabe vom

        1. April 2013 beantragte er, das Verfahren sei auf die Vorfrage des Vorliegens eines Strafantrages zu beschränken (Urk. 59). Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 24. April 2013 abgewiesen (Urk. 60).

          1. Am 7. Mai 2013 fand die Verhandlung des ersten Berufungsverfahrens statt (Urk. 66 S. 6 ff.).

            Mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 7. Mai 2013 wurde festgestellt, dass das vorinstanzliche Urteil bezüglich der Dispositivziffern 4 und 5 in Rechtskraft erwachsen ist. Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten wurde eingestellt und das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziff. 6 bis 8) bestätigt. Dem Beschuldigten wurde sodann für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 8'640.aus der Gerichtskasse zugesprochen (Urk. 67).

            Gegen diesen Entscheid erhob der Beschuldigte Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht und beantragte insbesondere die Aufhebung der Dispositivziffer 3 des Beschlusses vom 7. Mai 2013 (Urk. 71/2 S. 2). Mit Urteil der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes vom 22. April 2014 wurde die Beschwerde gutgeheissen, der genannte Beschluss wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückgewiesen (Urk. 75 = Urk. 76).

          2. Nach durchgeführtem Schriftenwechsel wurde im zweiten Berufungsverfahren mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 30. Januar 2015 festgestellt, dass das vorinstanzliche Urteil bezüglich der Dispositivziffern 4 und 5 in Rechtskraft erwachsen ist. Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten wurde eingestellt und das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziff. 6 bis 8) bestätigt. Dem Beschuldigten wurde sodann für das erste und das zweite Berufungsverfahren je eine Prozessentschädigung von Fr. 8'640.aus der Gerichtskasse zugesprochen (Urk. 108).

            Gegen diesen Entscheid erhob der Beschuldigte Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht und beantragte insbesondere die Aufhebung der Dispositivziffer 3 des Beschlusses vom 30. Januar 2015 (Urk. 112/2

            S. 2). Mit Urteil der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes vom 26. Januar 2016 wurde die Beschwerde gutgeheissen, der genannte Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückgewiesen (Urk. 119 = Urk. 120).

          3. Nach durchgeführtem Schriftenwechsel wurde im dritten Berufungsverfahren mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 8. September 2016 festgestellt, dass das vorinstanzliche Urteil bezüglich der Dispositivziffern 4 und 5 in Rechtskraft erwachsen ist. Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten wurde eingestellt und die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 6) bestätigt. Gerichtsgebühren für das erste, zweite und dritte Berufungsverfahren wurden nicht erhoben und die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens wurden auf die Gerichtskasse genommen. Dem Beschuldigten wurde sodann für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 35'640.für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen. Auf den Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Parteientschädigung für entgangenes Einkommen und auf Zusprechung einer Genugtuung wurde nicht eingetreten. Für das erste und das zweite Berufungsverfahren wurde dem Beschuldigten je eine Prozessentschädigung von

            Fr. 8'640.aus der Gerichtskasse zugesprochen, für das dritte Berufungsverfahren eine solche von Fr. 5'400.- (Urk. 149).

            Gegen diesen Entscheid erhob der Beschuldigte Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht und beantragte insbesondere die Aufhebung der Dispositivziffern 6 und 7 des Beschlusses vom 8. September 2016

            (Urk. 154/2 S. 2). Mit Urteil der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes vom 16. November 2017 wurde die Beschwerde teilweise gutgeheissen, der genannte Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen (Urk. 160 = Urk. 161).

          4. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2017 wurde die schriftliche Durchführung des vierten Berufungsverfahrens angeordnet und dem Beschuldigten

            Frist zur Begründung der Berufung angesetzt (Urk. 162). Die Berufungsbegrün- dung des Beschuldigten erfolgte innert erstreckter Frist mit Eingabe vom 21. März 2018 (Urk. 166). Mit Präsidialverfügung vom 26. März 2018 wurde der Staatsanwaltschaft, der Privatklägerschaft und der Vorinstanz Frist zur Beantwortung der Berufung bzw. zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 168). Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft verzichteten auf Vernehmlassung bzw. eine Berufungsantwort (Urk. 170, Urk. 171). Die Privatklägerschaft liess sich innert Frist nicht vernehmen (vgl. Urk. 169/3).

          5. Mit der Berufungsbegründung vom 21. März 2018 stellte der Beschuldigte den Antrag, die Akten des Verfahrens vor Bezirksgericht, die Akten des ersten, des zweiten und des dritten Berufungsverfahrens sowie die Akten des ersten, des zweiten und des dritten Verfahrens vor Bundesgericht beizuziehen (Urk. 166

        S. 3). Die Akten der Vorinstanz sowie des ersten, zweiten und dritten Berufungsverfahrens befinden sich bereits in den Akten des vorliegenden Berufungsverfahrens (Urk. 1-160). Von den drei Verfahren vor Bundesgericht liegen der erkennenden Kammer die Beschwerden des Beschuldigten ans Bundesgericht (Urk. 71/2, Urk. 112/2 und Urk. 154/2) sowie die drei Urteile des Bundesgerichtes (Urk. 76, Urk. 120 und Urk. 161) vor. Es erweist sich demnach nicht als notwendig, weitere Akten des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens beizuziehen.

      2. Prozessuales
        1. Hebt das Bundesgericht einen Entscheid auf und weist es die Sache zur neuen Beurteilung an die kantonale Instanz zurück, so wird der Streit in jenes Stadium vor der kantonalen Instanz zurückversetzt, in dem er sich vor Erlass des angefochtenen Entscheides befunden hat. Die kantonale Instanz hat ihrem neuen Entscheid die rechtliche Begründung der Kassationsinstanz zu Grunde zu legen (Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, Handkommentar, 2. Auflage, Bern 2015, Art. 107 N 8 f.; BGE 135 III 334 E. 2.1; Urteil BGer 6B_296/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 1.2.2). Die Vorinstanz mithin die erkennende Kammer ist somit an die Auffassung des Bundesgerichtes gebunden. Das Bundesgerichtsgesetz kennt das Institut der Teilrechtskraft nicht. Im aktuellen

          Berufungsverfahren sind daher grundsätzlich alle bereits im vorherigen Berufungsverfahren umstrittenen Punkte nochmals zu überprüfen. Allerdings galt schon unter dem bisherigen Recht, dass die kantonale Behörde, die nach der Rückweisung neu entscheiden muss, nur in jenen Punkten auf ihr Urteil zurückkommen darf, die zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides durch das Bundesgericht geführt haben, selbst wenn aus formellen Gründen das ganze Urteil aufgehoben wurde (BGE 123 IV 1 E. 1; BGE 121 IV 109 E. 7; BGE 110 IV 116).

          Entscheidend ist, auf die materielle Tragweite des bundesgerichtlichen Urteils abzustellen und folglich danach zu fragen, ob damit der kantonale Entscheid insgesamt nur teilweise aufgehoben wurde.

          Mit seiner Beschwerde ans Bundesgericht focht der Beschuldigte nur die Dispositivziffern 6 und 7 des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 8. September 2016 an, worin dem Beschuldigten für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 35'640.für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen und auf den Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Parteientschädigung für entgangenes Einkommen und auf Zusprechung einer Genugtuung nicht eingetreten wurde (Urk. 154/2). Der bundesgerichtliche Aufhebungsentscheid bezieht sich nur auf die Frage, ob die dem Beschuldigten für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren zugesprochene Prozessentschädigung angemessen war, was vom Bundesgericht bejaht wurde (Urk. 161 S. 4-8), und ob die erkennende Kammer zu Recht auf den Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung für entgangenes Einkommen und auf Zusprechung einer Genugtuung nicht eingetreten war, was vom Bundesgericht verneint wurde (Urk. 161 S. 8-11). Sodann machte das Bundesgericht theoretische Ausführungen zum Anspruch auf Entschädigung von wirtschaftlichen Einbussen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO und kam zum Schluss, dass die erkennende Kammer eine vollumfängliche Neubeurteilung des allfälligen Bestandes bzw. des Umfanges der dem Beschuldigten zustehenden Prozessentschädigung nach Art. 429 StPO vorzunehmen habe (Urk. 161 S. 12-14). Die Eventualbegründung der erkennenden Kammer in Bezug auf den Antrag des Beschuldigten auf Genugtuung erachtete das Bundesgericht hingegen als zutreffend und führte aus, dass der Staat nicht für allfällige

          Verletzungen der persönlichen Verhältnisse durch die Privatklägerschaft haftbar gemacht werden könne, wenn diese den Beschuldigten gegenüber anderen Behörden in einem schlechten Licht dargestellt habe (Urk. 161 S. 14). Da hinsichtlich der Dispositivziffern 1, 2, 3, 4, 5, 8, 9 und 10 des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 8. September 2016 keine Anfechtung durch den Beschuldigten und entsprechend keine Korrektur durch das Bundesgericht erfolgte, bleibt der angefochtene obergerichtliche Entscheid bezüglich dieser Punkte grundsätzlich bestehen. Ebenso bleibt es bei der Entscheidung, wonach dem Beschuldigten im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 35'640.für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen wird (Dispositivziffer 6 des Beschlusses vom 8. September 2016), da dies vom Bundesgericht bestätigt und die Beschwerde des Beschuldigten in diesem Punkt abgewiesen wurde (Urk. 161

          S. 6-8 und S. 14 f.). Dies entspricht auch den Berufungsanträgen des Beschuldigten, welcher beantragte, die Dispositivziffern 1-6 und 8-12 des genannten Beschlusses zu bestätigen, und welcher davon ausgeht, dass sich das vierte Berufungsverfahren auf die Frage der Entschädigung für entgangenes Einkommen beschränkt (vgl. Urk. 166 S. 2 f. und S. 7). Nachdem das Bundesgericht den im dritten Berufungsverfahren geltend gemachten Anspruch auf Genugtuung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO verneint hatte (Urk. 166 S. 14), stellte der Beschuldigte im vorliegenden Berufungsverfahren keinen Antrag auf Genugtuung mehr. Die erkennende Kammer hat den aufgehobenen Entscheid nur nach Massgabe des bundesgerichtlichen Urteils zu überprüfen. Um eine extensive Wiederholung des aufgehobenen Entscheides zu vermeiden, kann bezüglich der faktisch in Rechtskraft erwachsenen Teile in sinngemässer Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO auf die Erwägungen im aufgehobenen Entscheid verwiesen werden. Der Übersichtlichkeit halber (und weil mit Urteil des Bundesgerichtes vom 16. November 2017 der gesamte Beschluss der erkennenden Kammer vom 8. September 2016 aufgehoben wurde) wird im vorliegenden Entscheid allerdings das vollstän- dige Dispositiv wiederzugeben sein. Ebenso wird im Dispositiv festzuhalten sein, dass der Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Genugtuung, welchen er im dritten Berufungsverfahren stellte, abgewiesen wird.

          Insbesondere was die Feststellung der Rechtskraft der Dispositivziffern 4 und 5 des vorinstanzlichen Entscheids, den Strafantrag und die Verletzung des Anklageprinzips betrifft, kann auf E. II Ziff. 1 des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 8. September 2016 verwiesen werden (Urk. 149 S. 9), wo auf E. II Ziff. 1 des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 30. Januar 2015 verwiesen wird (Urk. 161 S. 10 f.), wo wiederum auf die Erwägungen im Beschluss der erkennenden Kammer vom 7. Mai 2013 E. I Ziff. 2 (mit der Korrektur, dass Dispositivziffer 4 und 5 statt 4 bis 6 in Rechtskraft erwachsen sind) sowie E. II (Urk. 67

          S. 2 ff.) verwiesen wird. Was die vorinstanzliche Kostenauflage und die Prozessentschädigung für anwaltliche Verteidigung für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO betrifft, kann sodann auf E. III Ziff. 1 und Ziff. 2 des Beschlusses vom 8. September 2016 verwiesen werden (Urk. 149 S. 10-20). Bezüglich der Abweisung der Genugtuung kann sodann auf die Eventualbegründung im Beschluss vom 8. September 2016 verwiesen werden (Urk. 149 S. 23 unten). Betreffend die Kostenund Entschädigungsfolgen des ersten, zweiten und dritten Berufungsverfahrens kann schliesslich auf E. III Ziff. 4 des Beschlusses vom 8. September 2016 verwiesen werden (Urk. 149 S. 24-26). Im Folgenden ist hingegen erneut auf das Thema der Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO einzugehen.

        2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) folgt unter anderem die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 133 III 439 E. 3.3). Deshalb ist vorab festzuhalten, dass im Folgenden einzig auf die entscheidrelevanten Argumente einzugehen ist.

      3. Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen
        1. Gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO hat die beschuldigte Person, wenn sie freigesprochen das Verfahren gegen sie eingestellt wird, Anspruch auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind.

          Der Beschuldigte machte in seiner Berufungsbegründung geltend, das Bundesgericht habe bereits entschieden, dass ihm eine Prozessentschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO zuzusprechen sei (Urk. 166 S. 29). Dem ist nicht so. Vielmehr hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 16. November 2017 ausgeführt, die Vorinstanz (und damit die erkennende Kammer) habe die Frage, ob dem Beschuldigten dem Grundsatze nach ein Anspruch auf Entschädigung seiner wirtschaftlichen Einbussen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO zustehe, nicht behandelt. Die Angelegenheit sei deshalb zur vollumfänglichen Neubeurteilung des allfälligen Bestandes bzw. des Umfanges der dem Beschwerdeführer zustehenden Prozessentschädigung nach Art. 429 StPO an die Vorinstanz zurückzuweisen (Urk. 161 E. 4.4). Ob der Beschuldigte ein Anspruch auf Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO hat, ist deshalb im Folgenden zu prüfen.

          Sodann ist bezüglich der Vorbringen des Beschuldigten, wonach die Privatklägerin ihn überall in ein schlechtes Licht zu rücken versucht habe und dadurch seine persönliche und berufliche Reputation, als ehrbarer Mensch zu gelten, stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei (vgl. Urk. 166 S. 18 ff.), darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht festgehalten hat, dass für allfällige Verletzungen der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten durch die Privatklägerschaft, wenn sie den Beschuldigten gegenüber anderen Behörden in einem schlechten Licht dargestellt hat, nicht der Staat haftbar gemacht werden kann (Urk. 161 E. 4.5).

        2. Der Beschuldigte beantragt eine Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen in der Höhe von Fr. 1'218'749.zuzüglich Zins von 5 % seit 21. Juni 2012 (Urk. 166 S. 2).

          Er führte dazu in seiner Berufungsbegründung aus, der Beschuldigte sei vom Jahr 2005 bis ins Jahr 2011 in der Unternehmensgruppe der B. als Versicherungsvermittler tätig gewesen und habe vorgehabt, unmittelbar nach seinem Ausscheiden Ende September 2011 in seinem hochregulierten Beruf als selbständiger Versicherungsvermittler im Fürstentum Liechtenstein tätig zu werden. Für die Erlangung der entsprechenden aufsichtsrechtlichen Bewilligung sei jedoch der Nachweis eines einwandfreien Leumunds erforderlich. Dieser Nachweis sei dadurch zu erbringen, dass ein eintragsfreier Strafregisterauszug vorzuweisen und schriftlich zu bestätigen sei, dass keine laufenden Strafverfahren Urteile bestehen (Urk. 166 S. 8). Die Berufstätigkeit des Beschuldigten habe ausschliesslich darin bestanden, bei einem in Liechtenstein regulierten Finanzdienstleister in verantwortlicher Position Versicherungsverträge an in Deutschland ansässige Versicherungskunden zu vermitteln. Aufgrund der Einleitung des Strafverfahrens und der erstinstanzlichen Verurteilung habe der Beschuldigte naturgemäss weder in diesem Berufsfeld noch bei anderen Finanzdienstleistern arbeiten können. Die Versicherungsvermittlung an Versicherungsnehmer aus der EU, die das einzige Tätigkeitsfeld des Beschuldigten dargestellt habe, könne auch aus aufsichtsrechtlichen Gründen (EWR-Mitgliedschaft) nur von Liechtenstein, nicht aber von der Schweiz anderen Ländern aus ausgeübt werden, womit nur ein sehr enges Betätigungsfeld für den Beschuldigten in Frage gekommen sei (Urk. 166 S. 9). Auch eine selbständige Tätigkeit als Versicherungsvermittler sei zunächst nicht in Betracht gekommen, denn Art. 4 Abs. 1 lit. a der liechtensteinischen Versicherungsvermittlungsverordnung sage, dass als Versicherungsvermittler, als Geschäftsleitungsmitglied eines solchen als dessen Arbeitnehmer, der direkt bei der Versicherungsvermittlung mitwirke, nur tätig sein dürfe, wer über einen einwandfreien Leumund verfüge, was nicht der Fall sei, wenn jemand wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen im Sinne des Strafgesetzbuches im liechtensteinischen einem ausländischen Strafregister eingetragen sei. Angesicht der Tatsache, dass der Beschuldigte wegen Eindringens in ein fremdes Datenverarbeitungssystem, was eine strafbare Handlung gegen fremdes Vermögen darstelle, in der Schweiz nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern (zu Unrecht) sogar erstinstanzlich verurteilt worden sei, wäre die Beantragung einer solchen Zulassung ohne einen gerichtlichen Freispruch völlig aussichtslos gewesen, wie auch vorgängig telefonisch eingeholte Auskünfte des Beschuldigten und von D. bei der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) ergeben hätten. Dies ergebe sich auch daraus, dass bei der Antragstellung seitens der Bewerber eine Erklärung betreffend hängige Strafund Verwaltungsverfahren verlangt werde, in welcher der Bewerber schriftlich bestätigen müsse, dass keine diesbezüglich relevanten Strafverfahren hängig seien. Eine derartige Erklärung habe der Beschuldigte nach Eröffnung des Strafverfahrens und erst recht nicht nach der erfolgten erstinstanzlichen Verurteilung abgeben können. Ferner würden im schweizerischen Strafregister auch Personen aufgeführt, gegen die in der Schweiz ein Strafverfahren wegen Verbrechen und Vergehen hängig sei. Ab dem Zeitpunkt, ab welchem gegen den Beschuldigten das Strafverfahren eröffnet worden sei bis zu dessen rechtskräftigen Einstellung sei es für den Beschuldigten aufgrund des Eintrages im Strafregister somit unmöglich gewesen, eine selbständige Tätigkeit als Versicherungsvermittler in Liechtenstein aufzunehmen (Urk. 166 S. 9 ff.).

          Weiter führte der Beschuldigte aus, er habe erst nach dem Beschluss des Obergerichtes vom 17. [recte: 7.] Mai 2013, in welchem die Einstellung des Verfahrens verfügt worden sei, die Zulassung als selbständig tätiger Versicherungsmakler bei der FMA beantragen können. Obwohl die Einstellung des Verfahrens Mitte 2013 noch nicht rechtskräftig gewesen sei, habe sich der Beschuldigte unmittelbar im Anschluss an die Einstellung des Verfahrens im Mai 2013 um die Vorbereitung der Aufnahme der Versicherungsvermittlungstätigkeit bemüht und die entsprechenden Anträge zeitnah bei der FMA eingereicht. Ein solcher Antrag habe die Zusammenstellung umfangreicher Unterlagen benötigt, die erst hätten beschafft bzw. erstellt (Business Plan) werden müssen. Es habe zudem rechtlich abgeklärt werden müssen, ob der Beschuldigte die geforderte Erklärung zu bestehenden Strafverfahren überhaupt unterschreiben dürfe, wenn die Einstellungsverfügung noch nicht rechtskräftig ist. Auch sei nicht klar gewesen, wie der Beschuldigte seine geschäftliche Tätigkeit habe organisieren können (über welche Gesellschaften). Auch um ein endgültiges Arbeitszeugnis habe er die B1. ersuchen müssen, dieses aber nicht erhalten und es dann mit dem provisorischen

          Arbeitszeugnis versucht (Urk. 166 S. 11). Das Antragsschreiben zur Zulassung zur Versicherungsvermittlung für den Beschuldigten sei schliesslich von Frau D. , der damaligen Alleinaktionärin der E. AG, versandt worden, da der Beschuldigte in dieser (von seiner F. AG zu übernehmenden) Gesell-

          schaft tätig werden sollte. Im gleichen Schreiben vom 9. Dezember 2013 sei der Antrag zur Genehmigung der Übernahme der E. AG durch die F. AG gestellt und mit E-Mail vom 10. Dezember 2013 die erforderlichen Unterlagen eingereicht worden. Eine provisorische Zulassung zur Berufstätigkeit sei durch die FMA erst am 7. März 2014 erteilt worden, da der strafrechtliche Verfahrensstand und das Strafverfahren zuerst behördlich habe geprüft werden müssen. Der Beschuldigte habe somit einen durch das vorliegende Strafverfahren verursachten Dienstausfall von zweieinhalb Jahren gehabt zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses per 30. September 2011 und dem 7. März 2014, an welchem er die Zulassung wieder erhalten habe, in seinem angestammten Beruf tätig zu werden. Es seien ihm dadurch substanzielle wirtschaftliche Einbussen entstanden. Der Höhe nach lasse sich der Verdienstausfall dadurch beziffern, in dem man den damaligen Verdienst des Beschuldigten als Versicherungsvermittler während der letzten Jahre in der Firmengruppe der B. heranziehe. Der Beschuldigte habe während dieser Zeit bereits als unselbständig beschäftigter Versicherungsvermittler ein Einkommen von jährlich deutlich mehr als Fr. 600'000.bezogen (Urk. 166 S. 11 ff.).

          Sodann führte der Beschuldigte aus, ab dem 30. September 2011 habe der Beschuldigte so gut wie kein Einkommen mehr gehabt. Es sei aufgrund des Strafverfahrens nicht daran zu denken gewesen, eine Versicherungsvermittlungstätigkeit aufzunehmen einen Job in der Finanzindustrie zu finden. Dennoch habe der Beschwerdeführer alles getan, um irgend eine Anstellung zu finden. Er habe sich in dieser Zeit insbesondere für verschiedene Professuren beworben und versucht, sich über kleinere Vorträge und Veranstaltungen zu beschäftigen. All dies sie kurzfristig aber finanziell nicht besonders erfolgreich gewesen; die meisten Bewerbungen seien nicht erfolgreich und die Aufträge finanziell nicht lukrativ gewesen (Urk. 166 S. 14).

          Der Beschuldigte habe so schnell wie möglich seine ursprüngliche Tätigkeit als Vermittler liechtensteinischer Versicherungen wieder aufzunehmen versucht, um seinen durch das Strafverfahren verursachten Schaden so gering wie möglich zu halten. Noch bevor die Einstellung des Strafverfahrens rechtskräftig gewesen sei, habe er sich um die umfangreiche Vorbereitung der Aufnahme der Versicherungsvermittlungstätigkeit gekümmert und den entsprechenden Antrag so bald als möglich bei der FMA eingereicht. Zusätzlich habe er alles unternommen, um irgendwie eine Anstellung zu finden bzw. sich für eine zukünftige Anstellung in einem anderen Bereich bestmöglich vorzubereiten. Von einem schweren Selbstverschulden des Beschuldigten könne vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Der Beschuldigte habe sämtliche ihm zumutbaren Massnahmen unternommen, um seinen Schaden so gering wie möglich zu halten. Der adäquate Kausalzusammenhang sei nicht unterbrochen worden (Urk. 166 S. 21).

        3. Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO begründet eine Kausalhaftung des Staates. Dieser muss den gesamten Schaden wiedergutmachen, der mit dem Strafverfahren in einem Kausalzusammenhang im Sinne des Haftpflichtrechts steht. Unter wirtschaftlichen Einbussen nach Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO sind Lohnoder Erwerbseinbussen zu verstehen, die wegen der vorläufigen Verhaftung der Beteiligung an Verfahrenshandlungen erlitten wurden. Zu entschädigen ist nicht nur der unmittelbar aus einer bestimmten Verfahrenshandlung entstandene Schaden, sondern auch die mittelbar aus dem Strafverfahren sich ergebende wirtschaftliche Einbusse, beispielsweise aufgrund des Verlusts der Arbeitsstelle. Ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Einbusse und dem Strafverfahren genügt dabei (BGer 6B_1189/2016 vom 16. November 2017 E. 4.3.1; BGE 142 IV 237 E. 1.3.1 ff. mit Hinweisen).

          Die Höhe der wirtschaftlichen Einbussen wird nach den zivilrechtlichen Regeln berechnet. Nach konstanter Rechtsprechung entspricht der Schaden der Differenz zwischen dem gegenwärtigen - nach dem schädigenden Ereignis festgestellten - Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte. Die Strafbehörde ist nicht verpflichtet, alle für die Beurteilung des Entschädigungsanspruches bedeutsamen Tatsachen von Amtes wegen

          abzuklären. Es obliegt der beschuldigten Person, ihre Ansprüche zu begründen und zu belegen. Dies entspricht der zivilrechtlichen Regel, wonach wer Schadenersatz beansprucht, den Schaden zu beweisen hat (Art. 42 Abs. 1 OR). Nur wenn sich der Schaden nicht ziffernmässig nachweisen lässt, ist er gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen. Die Beweiserleichterung gemäss Art. 42 Abs. 2 OR ist restriktiv anzuwenden (BGer 6B_1189/2016 vom 16. November 2017 E. 4.3.1; BGE 142 IV 237 E. 1.3.1

          mit Hinweisen).

          Ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, wenn das schadensstiftende Verhalten für den eingetretenen Schaden eine notwendige Bedingung (conditio sine qua non) bildet, d.h. nicht hinweggedacht werden könnte, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele (BGer 6B_1189/2016 vom 16. November 2017

          E. 4.3.2; BGE 142 IV 237 E. 1.5.1; BGE 139 V 176 E. 8.4.1 und E. 8.4.3; je mit

          Hinweisen).

          Ein adäquater Kausalzusammenhang liegt vor, wenn ein Umstand nicht nur conditio sine qua non des Schadens, sondern auch nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolgs als durch die fragliche Bedingung wesentlich begünstigt erscheint (BGer 6B_1189/2016 vom 16. November 2017 E. 4.3.2; BGE 142 IV 237 E. 1.5.2; BGE 139 V 176 8.4.2; je mit Hinweisen).

          Der adäquate Kausalzusammenhang wird unterbrochen, wenn zu einer an sich adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der beiden Ursachen. Erscheint die eine bei wertender Betrachtung als derart intensiv, dass sie die andere gleichsam verdrängt und als unbedeutend erscheinen lässt, wird eine Unterbrechung des Kausalzusammenhanges angenommen (BGer 6B_1189/2016 vom 16. November 2017 E. 4.3.2; BGE 142 IV 237 E. 1.5.2; BGE

          130 III 182 E. 5.4; je mit Hinweisen).

        4. Der Beschuldigte beziffert den ihm entstandenen Schaden bzw. die wirtschaftlichen Einbussen mit insgesamt Fr. 1'218'749.- (zuzüglich Zins). Dass der Beschuldigte als unselbständig beschäftigter Versicherungsvermittler der

          B1. Versicherung AG, bevor ihm gekündigt wurde, jährlich Fr. 500'000.bis Fr. 600'000.- und mehr verdiente, ist belegt (Urk. 167/14-16). Glaubhaft ist sodann, dass er mit den Firmen F. AG und E. AG, welche ihm und seiner Ehefrau gehören und über welche er seine Tätigkeit als selbständiger Versicherungsvermittler und Berater abwickelt, inzwischen wieder einen Verdienst in ähnlicher Höhe wie sein früheres Einkommen erzielt (vgl. Urk. 166 S. 16 f., Urk. 167/28-29). Wie noch zu zeigen sein wird, kann die effektive Höhe des Schadens vorliegend offen bleiben. Vorerst ist zu prüfen, ob der nach der Kündigung bis zur Aufnahme der Arbeit als Selbständigerwerbender entstandene Einkommensausfall durch das Strafverfahren verursacht wurde. Dabei werden im Folgenden verschiedene Phasen unterschieden.

          1. Phase 1: Kündigung

        Der Beschuldigte arbeitete seit 1. September 2005 bei der B1. Versicherung AG mit Sitz in G. , wo er insbesondere als Versicherungsvermittler für Kunden mit Domizil in Deutschland und Österreich zuständig war (Urk. 166 S. 9, Urk. 167/6). Gemäss Zwischenzeugnis wurde das Arbeitsverhältnis von der B1. Versicherung AG aufgrund eines Vertrauensmissbrauchs per

        30. September 2011 aufgelöst und der Beschuldigte per 3. März 2011 freigestellt (Urk. 167/6). Hintergrund der Kündigung war, dass der Beschuldigte in den Geschäftsräumlichkeiten der Firma B1. Versicherung AG bzw. der Firma

        B2. Management AG an Computerarbeitsstationen, welche von anderen Personen unter Verwendung eines personifizierten und geheimen Benutzernamens genutzt wurden, einen Keylogger einsetzte, um die Logins und Passwörter dieser Personen zu erlangen und um so an passwortgeschützte Informationen zu kommen. Diese Vorgänge wurden vom Beschuldigten nicht bestritten (vgl. Urk. 33

        S. 3, Urk. 36, Urk. 59). Auch wenn der Beschuldigte sein Verhalten immer als gerechtfertigt erachtete, da er Missstände in der Firma habe aufdecken wollen (vgl. Urk. 33 S. 4, Urk. 36, Urk. 59), wurde ihm deswegen gekündigt.

        Die Kündigung des Beschuldigten und die damit zusammenhängende Freistellung erfolgte also aufgrund seines aus Sicht seiner Arbeitgeberin - Fehlverhaltens am Arbeitsplatz und nicht wegen des Strafverfahrens. Das Verhalten des Beschuldigten führte nicht nur zur Kündigung und damit zum Einkommensverlust, sondern auch zur Einleitung des Strafverfahrens. Dies erfolgte aber zeitgleich. Auch ohne das Strafverfahren wäre dem Beschuldigten gekündigt worden. Ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der Kündigung besteht nicht.

        4.2. Phase 2: 3. März 2011 - 3. März 2012

        Es ist unbestritten, dass der Beschuldigte eine sehr spezialisierte Arbeitstätigkeit ausführte (vgl. Urk. 166 S. 24 ff.). Er war auf liechtensteinische Versicherungsprodukte spezialisiert, und seine Arbeit bestand in der Vermittlung von Versicherungsverträgen an in Deutschland und Österreich ansässige Versicherungskunden. Da er mit einer anderen Arbeitstätigkeit kaum ein vergleichbares Einkommen hätte erzielen können wie mit seiner Tätigkeit als Versicherungsvermittler an Versicherungsnehmer aus der EU, ist naheliegend, dass sich der Beschuldigte nach seiner Kündigung als Versicherungsvermittler im Fürstentum Liechtenstein selbständig machen wollte. Aufgrund des wohl angeschlagenen Rufs und mit einem Zwischenzeugnis, das als Kündigungsgrund einen Vertrauensmissbrauch aufführt, waren seine Chancen, in einer Firma in dieser Branche angestellt zu werden, eher gering, weshalb seine Aussichten, wieder seiner Arbeitstätigkeit nachgehen zu können, grösser waren, indem er sich selbständig machte.

        Macht man sich selbständig, ist damit zu rechnen, dass es mindestens ein halbes bis ein Jahr dauert, bis man seine Firma aufgebaut und Kunden akquiriert hat und mit deren Aufträgen ein Einkommen erzielen kann. Selbst wenn der Beschuldigte nach seiner Entlassung bereits eine Zulassung als selbständig tätiger Versicherungsmakler von der FMA (Finanzmarktaufsicht Liechtenstein) erhalten hätte, wäre er bis am 3. März 2012 (d.h. ein Jahr nach der Freistellung bzw. ca. ein halbes Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses) daran verhindert gewesen, ein Einkommen zu erzielen, weil es Zeit braucht, sich selbständig zu machen. Auch ohne das Strafverfahren hätte er in dieser Phase kein kein

        vergleichbares Einkommen erzielen können. Es steht damit nicht mit hoher überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Beschuldigte wegen des hängigen Strafverfahrens kein Einkommen erzielte. Vielmehr fehlt es in dieser Phase am natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem gegen den Beschuldigten geführten Strafverfahren und dessen Arbeitslosigkeit bzw. dem fehlenden Einkommen. Damit fehlt es auch an einer Voraussetzung für die Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO.

        4.3. Phase 3: 3. März 2012 - 7. Mai 2013

        Am 7. Mai 2013 wurde das Strafverfahren gegen den Beschuldigten mit Beschluss der erkennenden Kammer eingestellt (Urk. 67). Dass die FMA dem Beschuldigten ohne das Vorliegen eines hängigen Strafverfahrens bereits vor dem

        7. Mai 2013 eine Bewilligung zur Tätigkeit als Versicherungsvermittler erteilt hätte, ist naheliegend, weshalb der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der wirtschaftlichen Einbusse für diese Phase zu bejahen ist.

        Sodann war das hängige Strafverfahren nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet, zu verhindern, dass dem Beschuldigten bereits vor der Einstellung des Strafverfahrens eine Lizenz als selbständig tätiger Versicherungsmakler erteilt wird. Die wirtschaftliche Einbusse für diese Phase erscheint durch das Vorliegen des Strafverfahrens wesentlich begünstigt, weshalb das Strafverfahren für die Einkommenseinbusse adäquat kausal war.

        Es fällt jedoch auf, dass der Beschuldigte vor der Einstellung des Strafverfahrens gar nicht erst versucht hatte, die Bewilligung zur Tätigkeit als Versicherungsmakler zu erhalten. Er stellt sich diesbezüglich auf den Standpunkt, dass er diese ohnehin nicht erhalten hätte. Dazu ist aber Folgendes auszuführen:

        Gemäss Art. 4 Abs. 1 der Liechtensteinischen Verordnung über die Versicherungsvermittlung darf nur als Versicherungsvermittler, als Geschäftsleitungsmitglied eines solchen als dessen Arbeitnehmer, der direkt bei der Versicherungsvermittlung mitwirkt, tätig sein, wer über einen einwandfreien Leumund verfügt. Dies ist unter anderem dann nicht der Fall, wenn jemand wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen im Sinne des Strafgesetzbuches im liechtensteinischen einem ausländischen Strafregister eingetragen ist (Art. 4 Abs. 1 lit. b Versicherungsvermittlungsverordnung). Da es nie zu einer rechtskräftigen Verurteilung des Beschuldigten wegen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem kam, gab es auch nie einen entsprechenden Strafregistereintrag. Im Strafregister war nur die Strafuntersuchung eingetragen (vgl.

        Urk. 44). Diese ist im Übrigen mangels eines rechtskräftigen Abschlusses des Strafverfahrens auch heute noch eingetragen, was die FMA nicht daran gehindert hat, dem Beschuldigten eine Lizenz auszustellen.

        Weiter kann die FMA gemäss Art. 4 Abs. 2 der Versicherungsvermittlungsverordnung das Bewilligungsverfahren unterbrechen, wenn ein Strafverfahren wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen anhängig ist. Dabei handelt es sich um eine Kann-Vorschrift. Besteht also ein hängiges Strafverfahren, besteht die Möglichkeit, dass dem Gesuchsteller (vorerst) keine Zulassung erteilt wird, was aber nicht zwingend ist. Diese Bestimmung schliesst nicht aus, dass auch einem Gesuchsteller, gegen den eine Strafuntersuchung läuft, eine Lizenz erteilt wird. Aufgrund der für den Beschuldigten bestehenden Schadensminderungspflicht hätte er wenigstens versuchen müssen, bereits vor der Einstellung des Strafverfahrens eine Zulassung zum Versicherungsvermittler zu erhalten. So hätte er den gegen ihn erhobenen Vorwurf des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem erklären können, indem er seine Beweggründe dargelegt hätte (Einsetzen des Keyloggers zur Überprüfung der Missstände in den betroffenen Gesellschaften, vgl. Urk. 84 S. 14 ff.). Er hätte gegenüber der FMA auch argumentieren können, dass sich seine Tat nicht gegen seine Kunden und deren Vermögen gerichtet habe, er vielmehr seine Kunden habe schützen wollen. Weiter hätte er gegenüber der FMA darlegen können, dass es sich beim Tatbestand des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem an sich gar nicht

        um ein Vermögensdelikt handelt. Art. 143bis StGB findet sich im Schweizerischen

        Strafgesetzbuch zwar unter dem Titel Strafbare Handlungen gegen das Vermögen, es handelt sich dabei aber um einen Auffangtatbestand von Art. 143 StGB. In Art. 143 StGB geht es um die unbefugte Datenbeschaffung zwecks unrechtmässiger Bereicherung, was ein Vermögensdelikt darstellt. In Art. 143bis StGB ist aber keine Bereicherungsabsicht erwähnt. Das unbefugte Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem ist nicht gegen fremdes Vermögen gerichtet und damit an sich kein Vermögensdelikt. Geschützt wird mit Art. 143bis StGB eher der Geheimund Privatbereich.

        Zusammenfassend hätte sich der Beschuldigte nach Erhalt der Kündigung um die Erteilung einer Bewilligung zur Tätigkeit als Versicherungsvermittler bemühen müssen, da es nicht ausgeschlossen war, eine solche zu erhalten. Dadurch, dass er dies nicht getan hat, hat er seine Schadensminderungspflicht vernachlässigt. Sein Verhalten ist als grobes Selbstverschulden zu qualifizieren, das den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der wirtschaftlichen Einbusse unterbricht. Die Tatsache, dass sich der Beschuldigte gar nicht erst um den Erhalt einer Lizenz bemühte, ist eine derart intensive Ursache, dass sie das Strafverfahren als unbedeutende Ursache erscheinen lässt. Damit fehlt es auch für diese Phase an einer Voraussetzung für die Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO.

        4.4. Phase 4: 7. Mai 2013 bis 10. Dezember 2013

        Es steht mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass der Beschuldigte, hätte es die Strafuntersuchung nicht gegeben, in dieser Phase bereits eine Arbeitsstelle gehabt hätte, weshalb das Vorliegen des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen Strafverfahren und wirtschaftlicher Einbusse auch hier zu bejahen ist.

        Das zwar eingestellte, aber noch nicht rechtskräftig eingestellte Strafverfahren war nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung auch in dieser Phase noch geeignet, zu verhindern, dass dem Beschuldigten eine Lizenz als selbständig tätiger Versicherungsmakler erteilt wird, weshalb es für die Einkommenseinbusse adäquat kausal war. Der Schaden wurde aber insbesondere durch eine andere Ursache verursacht, die einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass die Ursache des Strafverfahrens nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Der Beschuldigte liess nämlich erst am 9. und 10. Dezember 2013 - und damit 7 Monate nach der

        Einstellung des Strafverfahrens - den Antrag zur Zulassung als Versicherungsvermittler stellen (Urk. 166 S. 12, Urk. 167/7, Urk. 167/9). Dass der Beschuldigte den Antrag nicht unmittelbar nach Erhalt des Beschlusses betreffend Einstellung des Strafverfahrens stellte, begründet er damit, dass er umfangreiche Unterlagen habe beschaffen, erstellen und zusammenstellen müssen, dass er habe abklären müssen, ob er die geforderte Erklärung zu bestehenden Strafverfahren unterschreiben dürfe und dass nicht klar gewesen sei, wie er seine geschäftliche Tätigkeit organisieren könne (Urk. 166 S. 11). Das Zusammenstellen aller nötigen Unterlagen, Überlegungen zur Organisation seiner Selbständigkeit, die Aufstellung eines Businessplanes und alle weiteren geltend gemachten Abklärungen hätte er indessen viel früher in die Wege leiten können, war doch nicht auszuschliessen, dass das Verfahren eingestellt er freigesprochen werden würde. Dadurch, dass er nicht unmittelbar nach Erhalt des Beschlusses betreffend Einstellung des Strafverfahrens den Antrag auf die Zulassung zum Versicherungsvermittler stellte, hat er die wirtschaftliche Einbusse, die ihm dadurch entstand, dass er in dieser Phase noch nicht über die Lizenz verfügte, selber verursacht. Sein grobes Selbstverschulden unterbricht auch hier den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der wirtschaftlichen Einbusse. Die Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO sind deshalb auch für diese Phase nicht gegeben.

        4.5. Phase 5: 10. Dezember 2013 - 7. März 2014

        Nachdem der Beschuldigte im Dezember 2013 das Gesuch auf Zulassung zum Versicherungsvermittler gestellt hatte, wurde seinem Antrag mit Schreiben der FMA vom 7. März 2014 entsprochen (Urk. 167/10). Der Beschuldigte wurde von der FMA am 12. Dezember 2013 zwar aufgefordert, bezüglich des Strafverfahrens Stellung zu nehmen und sämtliche massgeblichen Unterlagen einzureichen (Urk. 167/9), diese Überprüfung allein führte jedoch nicht dazu, dass die FMA drei Monate brauchte, bis sie seinen Antrag guthiess. Vielmehr hatte die FMA noch viele andere Unterlagen, die der Beschuldigte einreichen musste und nichts mit dem Strafverfahren zu tun hatten (vgl. Urk. 167/2 S. 3 f.), zu prüfen. Auch ohne das Strafverfahren wäre es zu einer Wartezeit gekommen, während

        welcher die FMA den Antrag hätte prüfen müssen. Dass ein Gesuchsteller in der Zeit zwischen Antragstellung und Erteilung der Lizenz noch nicht arbeiten kann und dementsprechend einen Einkommensverlust erleidet, liegt in der Natur des Prüfverfahrens. Demnach war das Strafverfahren für diese Phase nicht natürlich kausal für die wirtschaftliche Einbusse. Es fehlt auch hier an einer Voraussetzung für die Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO.

        4.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der dem Beschuldigten nach der Kündigung bis zur Aufnahme der Arbeit als Selbständigerwerbender entstandene Einkommensausfall nicht bzw. nicht primär durch das Strafverfahren verursacht wurde. Die Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Entschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO sind nicht gegeben, weshalb der Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen abzuweisen ist.

      4. Kostenund Entschädigungsfolgen für das vierte Berufungsverfahren
        1. Im Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Da der Beschuldigte im dritten Verfahren vor Bundesgericht teilweise obsiegte, hat er das vorliegende vierte Berufungsverfahren nicht zu vertreten, weshalb die Gerichtsgebühr des vorliegenden Verfahrens ausser Ansatz zu fallen hat. Die Privatklägerschaft hat gegenüber dem Beschuldigten keinen Anspruch auf eine Prozessentschädigung (und eine solche ohnehin nicht geltend gemacht), da der Beschuldigte nicht kostenpflichtig ist (Art. 436 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 433 Abs. 1 lit. b StPO e contrario).

        2. Für das vierte Berufungsverfahren ist dem Beschuldigten eine Prozessentschädigung auszurichten, da er erneut seine Berufung begründen musste. Diese ist anhand der Anwaltsgebührenverordnung festzulegen, welche besagt, dass die Gebühr im Berufungsverfahren grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen wird (§ 18 Abs. 1 AnwGebV), aus welchen sich eine Grundgebühr zwischen Fr. 600.- und Fr. 8'000.ergibt (§ 17 Abs. 1 AnwGebV).

Aufgrund der relativen Komplexität des Falles und der geltend gemachten Aufwendungen der Verteidigung (Urk. 167/35), rechtfertigt es sich, dem Beschuldigten für das vierte Berufungsverfahren eine Entschädigung von Fr. 8'583.55 (inkl. 8 % MWST für die Aufwendungen im Jahr 2017 bzw. 7.7 % MWST für die Aufwendungen im Jahr 2018) aus der Gerichtskasse zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung

    - Einzelgericht, vom 21. Juni 2012, bezüglich der Dispositivziffern 4 (Nichteintreten auf das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin B. AG) und 5 (Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Strafund Zivilklage von Dr. C. ) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Das Strafverfahren gegen den Beschuldigten A. wird eingestellt.

  3. Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 6) wird bestätigt.

  4. Die Gerichtsgebühr für das erste, zweite, dritte und vierte Berufungsverfahren fällt ausser Ansatz.

  5. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Dem Beschuldigten wird für die Untersuchung und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 35'640.für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  7. Der Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen wird abgewiesen.

  8. Der Antrag des Beschuldigten auf Zusprechung einer Genugtuung wird abgewiesen.

  9. Dem Beschuldigten wird für das erste Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 8'640.aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  10. Dem Beschuldigten wird für das zweite Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 8'640.aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  11. Dem Beschuldigten wird für das dritte Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 5'400.aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  12. Dem Beschuldigten wird für das vierte Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 8'583.55 aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  13. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl

    • den Vertreter der Privatklägerschaft (dreifach, für sich und zuhanden der B. AG sowie Dr. C. )

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mittels Kopie von Urk. 44 zur Löschung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d der Verordnung über das Strafregister

    • die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).

  14. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 17. Oktober 2018

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Schwarzenbach-Oswald

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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