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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB160251: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Verfahren gegen den Beschuldigten A. entschieden, dass er schuldig ist mehrfache grobe Verletzungen der Verkehrsregeln begangen zu haben, sowie Fahren ohne Berechtigung und Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten und einer Geldstrafe von 300 CHF verurteilt. Die Gerichtskosten wurden ihm auferlegt. Der Beschuldigte hatte gegen das Urteil des Bezirksgerichts Berufung eingelegt, die jedoch vom Bundesgericht aufgehoben und zur erneuten Beurteilung an das Obergericht zurückgewiesen wurde. Der Beschuldigte beantragte den bedingten Strafvollzug, was jedoch aufgrund seiner umfangreichen Vorstrafen abgelehnt wurde. Die Kosten des zweiten Berufungsverfahrens wurden der Gerichtskasse auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB160251

Kanton:ZH
Fallnummer:SB160251
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB160251 vom 06.02.2017 (ZH)
Datum:06.02.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache grobe Verletzung der Verkehrsregeln etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Urteil; Beschuldigten; Berufung; Freiheitsstrafe; Bundesgericht; Berufungsverfahren; Gericht; Fahrerlaubnis; Amtsgericht; Staatsanwaltschaft; Fahrens; Vollzug; Kanton; Entscheid; Umstände; Recht; Kantons; Schweiz; Täter; Prognose; Rückweisung; Vorinstanz; Dispositiv; Vollzug; Probezeit; Erwägung; Obergericht
Rechtsnorm:Art. 13 VRV ;Art. 27 SVG ;Art. 369 StGB ;Art. 42 StGB ;
Referenz BGE:134 IV 1; 134 IV 5; 135 II 334; 135 IV 87;
Kommentar:
Schweizer, Trechsel, Pieth, Praxis, 2. Auflage, Zürich, Art. 42 StGB, 2013
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB160251

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Strafkammer

    Geschäfts-Nr.: SB160251-O/U/cwo

    Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. R Naef, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur.

    1. Flury und Ersatzoberrichterin lic. iur. I. Erb sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Bärtsch

Urteil vom 6. Februar 2017

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X._

gegen

Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis,

vertreten durch Leitende Staatsanwältin lic. iur. C. Wiederkehr Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend

mehrfache grobe Verletzung der Verkehrsregeln etc. (Rückweisung der strafrechtlichen Abteilung des Schweiz. Bundesgerichts)
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Affoltern, Einzelgericht, vom 2. Dezember 2014 (GG140010)
Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts Kanton Zürich vom 15. Oktober 2015 (SB150111)
Urteil der strafrechtlichen Abteilung des Schweiz. Bundesgerichts vom 1. Juni 2016 (6B_1280/2015)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 3. September 2014 (Urk. HD 17) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz :

(Urk. 47 S. 14 ff.)

Es w ird e rka nnt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig:

    • der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV und Art. 22 Abs. 1 SSV sowie i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 13 Abs. 2 VRV,

    • des mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG,

    • der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, wovon bis und mit heute ein Tag durch Haft erstanden ist, sowie mit einer Busse von Fr. 300.-.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  4. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen.

  5. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

  6. Die Kosten gemäss vorstehender Ziff. 6 werden dem Beschuldigten auferlegt. Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Gerichtsgebühr um einen Drittel.

  7. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 6. März 2014 beschlagnahmten Fr. 1'000.werden eingezogen und zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.

  8. Der resultierende Netto-Erlös (Fr. 286.15) aus der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 3. September 2014 angeordneten Verwertung des Personenwagens des Beschuldigten, Marke Renault, Typ Laguna, Fahrgestell-Nummer , wird zur Verfahrenskostendeckung verwendet.

  9. (Mitteilungen)

  10. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge im ersten Berufungsverfahren:

  1. Der Verteidigung des Bes chuldigten: (Urk. 74)

    1. Dispositiv Ziff. 3 und Ziff. 6 des Urteils der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Affoltern v. 2. Dezember 2014 seien aufzuheben.

    2. Dem Beschuldigten sei der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe bei einer Probezeit von zwei Jahren zu gewähren.

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasen des Staates.

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 61)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils

Beschluss und Urteil der I. Strafkammer, 1. Berufungsverfahren

(Urk. 79 S. 11 ff.)

Es wird erkannt:

  1. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 5 Jahre festgesetzt.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 2'500.-.

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  4. (Mitteilungen)

  5. (Rechtsmittel)

Urteil des Bundesgerichts, Strafrechtliche Abteilung, vom 1. Juni 2016:

(Urk. 89 S. 7)

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

  3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich,

    1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Berufungsanträge im z weiten Berufungsverfahren:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 100 S. 2)

    1. Dispositiv Ziff. 3 und Ziff. 6 des Urteils der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Affoltern v. 2. Dezember 2014 seien aufzuheben.

    2. Dem Berufungskläger/Beschuldigten sei der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe bei einer Probezeit von fünf Jahren zuzubilligen.

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.

  2. Der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis: (Urk. 106 S. 2)

    1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Affoltern vom 2. Dezember 2014 sei zu bestätigen.

    2. Der Beschuldigte sei zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten sowie einer Busse von Fr. 300.zu verurteilen.

    3. Die Freiheitsstrafe sei vollumfänglich zu vollziehen.

      Erwägungen:

      1. Prozessgeschichte
        1. Der Verfahrensgang bis zur Berufungsverhandlung kann dem Urteil der hiesigen Kammer von 15. Oktober 2015 entnommen werden (Urk. 79 S. 12 ff.).

        2. Nach Durchführung der Berufungsverhandlung am 15. Oktober 2015 stellte die Kammer vorab mittels Beschluss fest, dass der Schuldspruch gemäss Dispositivziffer 1, die Sanktion gemäss Dispositivziffer 2, die Ersatzfreiheitsstrafe gemäss Dispositivziffer 4, die Kostenfestsetzung und Kostenauflage gemäss Dispositivziffern 5 und 6, die Beschlagnahmung der Barschaft von Fr. 1'000.-- und der resultierende Netto-Erlös (Fr. 286.15) aus der angeordneten Verwertung des Personenwagens des Beschuldigten zur Deckung der Verfahrenskosten gemäss Dispositivziffern 7 und 8 nicht angefochten seien und in diesem Umfang das vorinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen sei. Sodann erkannte die Kammer, dass dem Beschuldigten der bedingte Strafvollzug gewährt werde, unter Ansetzung einer Probezeit von fünf Jahren. Eine Minderheit des Gerichts erachtete den Aufschub der Freiheitsstrafe für nicht richtig (Urk. 77 und 79 S. 12. f.).

        3. Gegen diesen obergerichtlichen Entscheid erhob die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich am 11. Dezember 2015 Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht (vgl. Urk. 83/2). Sie rügte, dass die Voraussetzungen für den Aufschub des Strafvollzuges nicht erfüllt seien und die mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 15. Oktober 2015 aufgeschobene Freiheitsstrafe zu vollziehen sei. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Urk. 83/2). Das Bundesgericht hiess die Beschwerde mit Urteil vom 1. Juni 2016 gut und wies die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurück (vgl. Urk. 89 S. 7). Der Entscheid des Bundesgerichtes ging hierorts am 14. Juni 2016 ein (vgl. Urk. 87 und 88).

        4. In der Folge erklärten sich alle Parteien mit der schriftlichen Fortsetzung des Verfahrens einverstanden (Urk. 93). Mit Präsidialverfügung vom 13. Juli 2016 wurde die schriftliche Durchführung des Berufungsverfahrens verfügt und dem

        Beschuldigten Frist angesetzt, um schriftlich die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen sowie letztmals Beweisanträge zu stellen (vgl. Urk. 94). Der Beschuldigte stellte und begründete die Berufungsanträge nach zwei erfolgten Fristerstreckungen (vgl. Urk. 96 und 98) mit Eingabe vom 25. Oktober 2016 (vgl. Urk. 100). Mit Präsidialverfügung vom 28. Oktober 2016 wurde die Berufungsbegründung der Staatsanwaltschaft sowie der Vorinstanz zugestellt. Dabei wurde der Staatsanwaltschaft Frist zur Einreichung einer Berufungsantwort und der Vorinstanz Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (vgl. Urk. 103). Die Vorinstanz verzichtete mit Eingabe vom 1. November 2016 auf eine Stellungnahme (Urk. 105). Mit Eingabe vom 2. November 2016 beantragte die Staatsanwaltschaft, das vorinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts Affoltern vom

        2. Dezember 2014 sei zu bestätigten, der Beschuldigte sei zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten sowie einer Busse von Fr. 300.-zu verurteilen und die Freiheitsstrafe sei vollumfänglich zu vollziehen (Urk.106). Diese Stellungnahme wurde dem Beschuldigten zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 106 S. 2).

      2. Prozessuales

        Bei einem bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheid hat die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz die rechtliche Beurteilung, mit welcher die Rückweisung begründet wird, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Diese Beurteilung bindet auch das Bundesgericht, falls ihm die Sache erneut unterbreitet wird. Aufgrund dieser Bindungswirkung ist es den nochmals mit der Sache befassten Gerichten wie den Parteien verwehrt, der Überprüfung einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind (vgl. Entscheide des Bundesgerichtes 6B_1213/2014 vom 7. April 2015, E. 1.1; 6B_116/2013 vom 14. April 2014 E. 1.2; 6B_35/2012 vom 30. März 2012, E. 2.2; je mit Hinweisen). Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist somit auf diejenige Thematik beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt. Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundes-

        gerichtes Rechnung zu tragen (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes 6B_1213/2014 vom 7. April 2014 E. 1.1. mit Hinweisen). Diese Bindungswirkung bundesgerichtlicher Rückweisungsentscheide ergibt sich aus ungeschriebenem Bundesrecht (BGE 135 II 334 E. 2 und E. 2.1 S. 335; Urteil des Bundesgerichtes 6B_372/2011 vom 12. Juli 2011 E. 1.1.1; je mit Hinweisen).

      3. Vollzug
  1. Die Verteidigung beantragt auch im zweiten Berufungsverfahren, dem Beschuldigten sei der bedingte Strafvollzug zu gewähren, unter Ansetzung einer Probezeit von nun mehr fünf Jahren (Urk. 100 S. 2). Zur Begründung fügt sie an, seit den letzten Verfehlungen hätten sich die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten in wesentlicher und grundlegender Weise verändert. In Ungarn sei er nun sesshaft und habe dort auch nach Absolvierung der erforderlichen Prüfungen einen ungarischen Führerausweis erlangt (Urk. 100 S. 5). Er sei verlobt und lebe mit seiner Lebenspartnerin zusammen. Am tt. August 2016 seien sie Eltern einer Tochter geworden. Er helfe nun im Geschäft seiner Verlobten mit. Diese betreibe ein mobiles Hundekosmetikstudio in einem Bus, den er gebaut habe und nun für dessen Unterhalt sorge (Urk. 100 S. 6). In Bezug auf die Folgen seines Arbeitsunfalls vom 17. Juni 2013 befinde er sich nach wie vor in ärztlicher Behandlung und sei nun zu 50% arbeitsfähig geschrieben. Er engagiere sich ehrenamtlich im Tierschutzverein in Form von Bauarbeiten für das geplante Tierheim (Urk. 100 S. 6).

  2. Die Staatsanwaltschaft ihrerseits hält am unbedingten Strafvollzug fest (Urk.106).

  3. Das Gericht schiebt den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). In subjektiver Hinsicht ist für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges das Fehlen einer ungünstigen Prognose bezüglich weiterer künftiger Verbrechen Vergehen vorausgesetzt. Die günstige Prognose wird vermutet, doch kann diese Vermutung widerlegt werden (BGE 134 IV 5, 134 IV 117). Bei der Prognosestellung, das heisst bei der

    Einschätzung des Rückfallrisikos, ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit unerlässlich. Zu beachten sind die Tatumstände, das Vorleben, der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen (Hug, a.a.O., N 7 zu Art. 42 StGB). Grundsätzlich sind Einsicht und Reue Voraussetzungen für eine gute Prognose (Trechsel/Pieth in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, N 12 zu Art. 42 StGB). Relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (ausführlich BGE 134 IV 1 E. 4.2.1).

  4. Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zu einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt, ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Bei Art. 42 Abs. 2 StGB gilt demnach die Vermutung einer günstigen Prognose bzw. des Fehlens einer ungünstigen Prognose nicht. Vielmehr kommt der früheren Verurteilung zunächst die Bedeutung eines Indizes für die Befürchtung zu, dass der Täter weitere Straftaten begehen könnte. Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kommt daher nur in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren den Schluss zulässt, dass trotz der Vortat eine begrün- dete Aussicht auf Bewährung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob die indizielle Befürchtung durch die besonders günstigen Umstände zumindest kompensiert wird. Das trifft etwa zu, wenn die neuerliche Straftat mit der früheren Verurteilung in keinerlei Zusammenhang steht, bei einer besonders positiven Veränderung in den Lebensumständen des Täters (BGE 134 IV 1 E. 4.2.3. mit weiteren Hinweisen).

  5. Richtig ist, dass in objektiver Hinsicht die Voraussetzungen zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges im vorliegenden Fall erfüllt sind, da der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, die sich innerhalb des gesetzlich zulässigen Rahmens befindet.

  6. Das Bundesgericht hielt in seinen Erwägungen zusammengefasst fest, dass die positiven Elemente das bisherige Verhalten des Beschuldigten nicht aufzu-

wiegen vermögen. Es sei unzulässig, einzelnen Umständen eine vorrangige Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen überhaupt ausser Acht zu lassen. Für die Einschätzung des Rückfallrisikos sei ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit unerlässlich. Zu den relevanten Faktoren würden auch die strafrechtliche Vorbelastung zählen (Urk. 89 S. 4). Das Bundesgericht stellte fest, dass der Beschuldigte mit Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 6. August 2007 wegen vorsätzliche Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt wurde, wobei ihm die Fahrerlaubnis bis zum 28. April 2008 gesperrt wurde. Am 5. November 2008 verurteilte ihn das Amtsgericht Zwickau wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen; die Fahrerlaubnis wurde ihm bis zum 21. März 2010 gesperrt. Am 24. März 2009 wurde der Beschuldigte vom Amtsgericht Hagenow wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Mit Urteil vom 12. Juni 2009 wurde der Beschuldigte vom Amtsgericht Uelzen wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu eine bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Am 23. Juni 2009 verurteilte ihn das Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen Urkundenfälschung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten; seine Fahrerlaubnis wurde bis 30. Juni 2010 gesperrt. Am 4. September 2009 verurteilte ihn das Amtsgericht Ludwigslust wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 120 Tagesätzen, wobei die Sperre seiner Fahrerlaubnis bis zum

24. September 2011 erweitert wurde. Mit Urteil des Amtsgerichts Zittau vom

12. Oktober 2009 wurde der Beschuldigte wegen Urkundenfälschung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt; die Sperre seiner Fahrerlaubnis wurde bis zum 4. Juli 2012 verlängert. Am 18. März 2010 wurde er erneut vom Amtsgericht Löbau wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 31 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 ½ Jahren verurteilt. Diese Strafe verbüsste er zusammen mit den 10 Monaten gemäss Urteil vom 12. Oktober 2009. Am 3. Juni 2012 wurde der Beschuldigte aus dem Strafvollzug entlassen, unter Ansetzung einer Probezeit bis zum 26. April 2015. Mit Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 21. Juni 2010 wurden die Verurteilungen vom 24. März 2009, 12. Juni 2009, 23. Juni 2009 und 4. September 2009 zu einer Gesamtstrafe

von 1 ½ Jahren zusammengezogen; die Fahrerlaubnis wurde bis am

24. September 2011 gesperrt (Urk. 10/4). Mit Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 27. April 2015 wurde dem Beschuldigten die Reststrafe der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 18. März 2010 und der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Zittau vom 12. Oktober 2009 erlassen.

  1. Das Bundesgericht hielt in seinen Erwägungen weiter dafür, dass die

    I. Strafkammer den bedingten Strafvollzug im Sinne von Art. 42 Abs. 2 StGB unter diesen Umständen nicht hätte gewähren dürften. Ebenfalls hielt auch das Bundesgericht fest, dass ausländische Urteile den inländischen gleichgestellt sind. Der Beschuldigte sei nicht deshalb als Ersttäter zu betrachten, weil er in der Schweiz keine Vorstrafen aufweise. Im Ausland begangene Straftaten und dort verbüsste Strafen würden ebenso wie im Inland erlittene Vorstrafen Bestandteil des Vorlebens des Täters bilden, das für die Prognose von Bedeutung sei (BSK StGB I-Schneider/Garré, 3. Aufl., Art. 42 N 96 m.H.a. die Botschaft und die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Vor dem Hintergrund, dass gemäss Art. 369 Abs. 7 StGB aus dem Register entfernte Urteile dem Beschuldigten nicht mehr entgegengehalten werden dürfen auch nicht beim Entscheid über einen Strafaufschub (BGE 135 IV 87 E. 2) -, seien vorliegend nur diejenigen ausländischen Straftaten zu berücksichtigen, die nach Schweizer Recht noch im Strafregister figurieren würden (vgl. Art. 369 StGB). Die vor dem Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 6. August 2007 im deutschen Vorstrafenbericht enthaltenen Vorstrafen (HD Urk. 10/4) müssen vorliegend unberücksichtigt bleiben (vgl. dazu auch das Urteil der hiesigen Kammer vom 15. Oktober 2015, Urk. 79 S. 5 f.).

  2. Damit liegt ein Rückfall vor und der Aufschub der Strafe ist nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Der Beschuldigte ist in Deutschland 13 Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten und weist dabei eine beeindruckende Liste von Straftaten auf, für welche er teilweise empfindlich bestraft wurde. Zur Hauptsache hatte er sich wegen Vergehen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu verantworten. Der Beschuldigte ist demnach mehrfach einschlägig vorbestraft. Die diesbezüglichen Strafakten aus Deutschland müssen nicht beigezogen werden. Es kann dem Beschuldigten abgenom-

    men werden, dass er mehrheitlich ohne Fahrbewilligung fuhr, weil er einer Arbeit nachgehen wollte. Er wurde aber auch wegen Vermögensdelikten wie Diebstahl, Urkundenfälschung und Betrug verurteilt (Urk. HD 10/4). Der Beschuldigte verbüsste in Deutschland zudem zwei längere Freiheitsstrafen von zehn Monaten bzw. eineinhalb Jahren (vgl. dazu Urk. 31 S. 2 f.). Auch diese beiden Strafvollzüge konnten ihn nicht davon abhalten, sich erneut mehrerer Vergehen gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig zu machen. Hier in der Schweiz machte er sich nicht nur des Fahrens ohne Berechtigung schuldig, sondern er fuhr einerseits am 27. Oktober 2013 nachts auf der Autobahn mit 163 km/h, mithin 43 km/h schneller als erlaubt und andererseits verliess er am 7. Februar 2014 vor dem stationierten Kontrollposten der Kantonspolizei Schwyz entgegen der mit Einspurpfeilen gekennzeichneten Fahrtrichtung die Autobahneinfahrt und fuhr via Autobahn davon, um der drohenden Kontrolle zu entgehen. Dabei machte er sich der mehrfachen groben Verkehrsregelverletzung schuldig. Ausserdem delinquierte der Beschuldigte vorliegend sowohl während laufender Probezeit als auch während hier in der Schweiz laufender Strafuntersuchung. Dies lässt keine positiven Rückschlüsse auf die Bewährung des Beschuldigten zu. Einzig die offensichtlich nunmehr stabilen familiären Verhältnisse des Beschuldigten er lebt mit seiner Partnerin und einem Kleinkind in Ungarn - und die Tatsache, dass er wieder im Besitze eines Führerausweises ist und sich beruflich selbständig gemacht hat, vermögen die Zweifel an der künftigen Legalbewährung des Beschuldigten nicht zu entkräften. Das Bundesgericht hielt diesbezüglich fest, auch wenn beim Beschuldigten eine positive Entwicklung eingesetzt haben möge, könne bei einer Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren von besonders günstigen Umständen nicht gesprochen werden. Seine strafrechtliche Vorbelastung lasse auf eine ausgeprägte Uneinsichtigkeit und Gleichgültigkeit schliessen. Die einschlägige Delinquenz ziehe sich wie ein roter Faden durch seine letzten Lebensjahre. Es räumt jedoch auch ein, dass durch die Erlangung des ungarischen Führerausweises das in der Vergangenheit im Zentrum des deliktischen Verhaltens stehende Fahren ohne Berechtigung zwar weniger wahrscheinlich geworden, mit Blick auf die verschiedenen Tatbestandsvarianten aber nicht ausgeschlossen sei. Es liegen tatsächlich verschiedene Aspekte vor, die für eine stabilere und bessere Lebenssituation des Beschuldigten sprechen. Insbesondere der Umstand, dass der Beschuldigte nunmehr legal im Besitze eines Führerausweises ist, dürfte die Delinquenz im gleichen Bereich massiv reduzieren. Allerdings ist hier darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte in all den Jahren nicht nur wegen Fahrens ohne Fahrerberechtigung verurteilt wurde. So wurde er in Deutschland (ab 2007) auch wegen Diebstahls und Urkundenfälschung und in der Schweiz wegen mehrfach groben Verletzungen der Verkehrsregeln verurteilt und bestraft.

    Es ist auch nicht zu verkennen, dass der Beschuldigte geständig war und sich einsichtig und reuig zeigte.

    Auch wenn beim Beschuldigten im persönlichen Bereich bei intakten sozialen Verhältnissen eine positive Entwicklung eingesetzt hat (Erlangen des Führerausweises, Selbstkritik, Einsicht und Reue betreffend Straftaten, Mitarbeit im Betrieb seiner Partnerin), kann mit dem Bundesgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht von besonders günstigen Umständen gesprochen werden, zieht sich die Delinquenz wegen Delikten im Zusammenhang mit SVG-Delikten (insbesondere Fahren ohne Fahrererlaubnis) doch wie ein roter Faden durch die vergangenen Lebensjahre des Beschuldigten. Bei den übrigen Faktoren (Beziehung, Mitarbeit etc.) handelt es sich bei seiner positiven Entwicklung letztlich um eine solche, die von einem Straftäter grundsätzlich erwartet werden darf. Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid trotz positiven Tendenzen in der Entwicklung besonders günstige Umstände verneint.

  3. Gestützt auf die verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts und aufgrund der obigen Ausführungen liegen beim Beschuldigten die für den Aufschub der Strafe erforderlichen besonders günstigen Umstände nach Art. 42 Abs. 2 StGB nicht vor, weswegen die ausgefällte Freiheitsstrafe zu vollziehen ist.

IV. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Die bundesgerichtliche Rückweisung rechtfertigt keine Abweichung von der Kostenregelung gemäss Urteil vom 15. Oktober 2015; diese ist ohne Weiteres und uneingeschränkt zu übernehmen (Urk. 79 S. 12).

  2. Dass aufgrund der Rückweisung vom Bundesgericht ein zweites Berufungsverfahren nötig wurde, hat der Beschuldigte nicht zu vertreten. Die Kosten des zweiten Berufungsverfahrens (SB160251) sind daher vollumfänglich auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  3. Der Verteidiger macht im Zusammenhang mit dem zweiten Berufungsverfahren mit Honorarnote vom 23. Januar 2017 Aufwendungen von Fr. 1'517.95 geltend (Urk. 109). Diese sind ausgewiesen, weshalb der Verteidiger Rechts-

    anwalt Dr. iur. X. ist.

    mit Fr. 1'517.95 aus der Gerichtskasse zu entschädigen

    Es wird erkannt:

    1. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird nicht aufgeschoben.

    2. Die Gerichtsgebühr im zweiten Berufungsverfahren (SB160251) wird festgesetzt auf Fr. 2'500.-.

    3. Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens (SB150111) werden dem Beschuldigten auferlegt.

    4. Die Kosten des zweiten Berufungsverfahrens (SB160251) werden auf die Gerichtskasse genommen.

    5. Der Verteidiger des Beschuldigten wird für das zweite Berufungsverfahren mit Fr. 1'517.95 aus der Gerichtskasse entschädigt.

    6. Schriftliche Mitteilung an

      • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

      • die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis

        und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

      • die Vorinstanz

      • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

      • das Migrationsamt des Kantons Zürich

      • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

    7. Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Zürich, 6. Februar 2017

Der Präsident:

lic. iur. R. Naef

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Bärtsch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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