Zusammenfassung des Urteils SB160055: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte wurde wegen Raubes und Raufhandels verurteilt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten, wovon 128 Tage bereits durch Untersuchungshaft und Ersatzmassnahmen verbüsst wurden. Zusätzlich wurde eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 50.- und eine Busse von Fr. 500.- verhängt. Eine bedingte Strafaussetzung wurde gewährt, verbunden mit einer Probezeit von 3 Jahren. Es wurde empfohlen, die Therapie fortzusetzen und die erlernten Fertigkeiten im Alltag umzusetzen. Trotz einiger strafmindernder Umstände wie Einsicht und Reue des Beschuldigten, wurde eine angemessene Strafe verhängt, um die Taten angemessen zu ahnden und eine positive Entwicklung des Beschuldigten zu unterstützen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB160055 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 28.06.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Raub etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Privatkläger; Freiheit; Sinne; Freiheitsstrafe; Verteidigung; Therapie; Raufhandel; Täter; Ersatzmassna; Alkohol; Ersatzmassnahme; Urteil; Busse; Vollzug; Gewalt; Tatbestand; Untersuchung; Strasse; Tatschwere; Berufung; Sachbeschädigung; Ersatzmassnahmen; Rollladen; Erfolg |
Rechtsnorm: | Art. 12 StGB ;Art. 133 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 144 StGB ;Art. 237 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 125 IV 242; 130 IV 58; 131 IV 153; 131 IV 1; 133 IV 1; 133 IV 9; 134 IV 26; 135 IV 12; 137 IV 1; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB160055-O/U/cw-cs
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, die Ersatzoberrichter lic. iur. Muheim und lic. iur. Ernst sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Aardoom
Urteil vom 28. Juni 2016
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Fürsprecher X.
gegen
betreffend Raub etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 30. März 2015 (Urk. 26) ist dieser Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz :
Der Beschuldigte ist schuldig
des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB,
des Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB,
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB, sowie
der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 20 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 28 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Busse von Fr. 800.-.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird im Umfang von 14 Monaten aufgeschoben und die Probezeit auf 4 Jahre festgesetzt. Im Übrigen (6 Monate, abzüglich 28 Tage, die bis und mit heute durch Haft erstanden sind) wird die Freiheitsstrafe vollzogen.
Für die Dauer der Probezeit werden folgende Weisungen erteilt:
Der Beschuldigte wird angewiesen, die am 17. Februar 2015 an der Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK), Zentrum für Kinderund Jugendforensik für Forensische Psychiatrie, begonnene Therapie während der Dauer der Probezeit fortzuführen bei einem gleichwertig qualifizierten Psychologen Psychiater eine Gewaltund Suchttherapie zu absolvieren, solange diese der zuständige Therapeut als not-
wendig erachtet. Die Therapeuten erstatten auf Anfrage Bericht zu Handen des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich, Bewährungsund Vollzugsdienste.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, während den ersten 2 Jahren der
Probezeit von insgesamt 4 Jahren gänzlich auf den Konsum von Alkohol und Betäubungsmitteln (auch Marihuana) zu verzichten und sich regelmässigen Kontrollen zu unterziehen.
Die Zivilklage des Privatklägers 1 (B. ) wird mangels hinreichender Substantiierung vollumfänglich auf den Zivilweg verwiesen.
Die Zivilklage des Privatklägers 2 (C. ) wird mangels hinreichender Substantiierung vollumfänglich auf den Zivilweg verwiesen.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) Schadenersatz in der Höhe von Fr. 1'050.zzgl. Zins zu 5 % seit 9. Mai 2014 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird die Zivilklage auf den Zivilweg verwiesen.
Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers 1 (B. ) wird abgewiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 2 (C. ) Fr. 500.zzgl. 5 % Zins ab 20. Dezember 2014 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, dem Privatkläger 3 (D. ) Fr. 1'000.zuzüglich 5 % Zins ab 9. Mai 2014 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Der amtliche Verteidiger wird für seine Bemühungen und Auslagen mit
Fr. 8'815.- (zzgl. 8 % MwSt. in der Höhe von Fr. 705.20) aus der Gerichtskasse entschädigt.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 4'636.50 Einzeltherapie PUK ZH (01.04.2015 - 30.06.2015)
Fr. 4'416.60 Einzeltherapie PUK ZH (06.07.2015 - 26.08.2015)
Fr. 1'494.95 Einzeltherapie PUK ZH (02.09.2015 - 28.09.2015)
Fr. 1'300.00 Einzeltherapie PUK ZH (05.10.2015 - 26.10.2015)
Fr. 1'061.60 Einzeltherapie PUK ZH (02.11.2015 - 25.11.2015)
Fr. 975.- Einzeltherapie PUK ZH (07.12.2015 - 29.12.2015)
Fr. 9'520.20 amtliche Verteidigung (inkl. 8 % MwSt.) Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten, ausgenommen derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Staatskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 109 S. 2)
Es sei festzustellen, dass das erstinstanzliche Urteil betreffend Ziff. 1 bezüglich Vorwurf des Raubes, des Raufhandels und der mehrfachen Übertretung des BetmG (Konsum), Ziff. 2 bezüglich der Busse, Ziff. 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 in Rechtskraft erwachsen sind.
Herr A. sei von der Anschuldigung der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB freizusprechen.
Herr A. sei zu einer angemessenen Freiheitsstrafe von nicht mehr als 18 Monaten zu verurteilen.
Herr A. sei der bedingte Vollzug der Strafe zu gewähren.
Es sei eine Probezeit von 3 Jahren auszusprechen.
Es sei Herr A. die Weisung zu erteilen, die aktuell an den PUK, Zentrum für Kinderund Jugendforensik besuchte Therapie weiterzuführen solange diese vom zuständigen Therapeuten als notwendig erachtet bzw. bis zum Ablauf der Probezeit.
Es sei die erstandene Haft (Polizeiund U-Haft) und die absolvierten Ersatzmassnahmen anzurechnen.
Es seien die Kosten des Appellationsverfahrens inkl. derjenigen der amtlichen Verteidigung auf die Staatskasse zu nehmen.
Der Vertreterin der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis: (Urk. 94, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
1. Mit Eingabe der Verteidigung vom 18. September 2015 (Poststempel) liess der Beschuldigte rechtzeitig Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Horgen,
I. Abteilung, vom 8. September 2015 anmelden (Urk. 67, Urk. 90, Prot. I S. 15;
Art. 399 Abs. 1 StPO). Gegen den gleichzeitig ergangenen Beschluss betreffend Ersatzmassnahmen wurde keine Beschwerde erhoben.
Staatsanwaltschaft und Privatkläger ergriffen kein Rechtsmittel.
Das begründete Urteil ging dem Beschuldigten am 27. Januar 2016 zu (Urk. 88/2). Am 16. Februar 2016 - und damit innert der 20-tägigen gesetzlichen Frist gab er die Berufungserklärung bei der Post auf (Urk. 91; Art. 399 Abs. 3 StPO).
Die Berufung richtet sich gegen den Schuldspruch wegen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB (Ziff. 1 al. 3 des erstinstanzlichen Urteils), die Strafhöhe und die Haftanrechnung (Ziff. 2), die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaft nicht bezahlter Busse (Ziff. 3) sowie den teilbedingten Vollzug der Freiheitsstrafe (Ziff. 4). Angefochten sind weiter die Weisungen (Ziff. 5) hinsichtlich der Therapiedauer und der Abstinenzauflage (Urk. 109 S. 2).
Mittels Beschluss ist damit festzustellen, dass die Schuldsprüche wegen Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Raufhandels im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB und mehrfacher Übertretung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG (Ziff. 1 al. 1, 2 und 4), das Dispositiv betreffend die Zivilansprüche der Privatkläger (Ziff. 6 bis 11), die erstinstanzliche Regelung Festsetzung des Honorars der amtlichen Verteidigung (12) sowie das Kostendispositiv (Ziff. 13 und 14) in Rechtskraft erwachsen sind.
Ausgangslage
Wie erwähnt ist der erstinstanzliche Schuldspruch einzig mit Bezug auf die Verurteilung wegen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB angefochten.
Der Beschuldigte bestreitet seit Vorhalt des DNA-Nachweises (Urk. 3/2 und Dossier 2 Urk. 4) nicht, den ihm in der Anklageschrift vorgeworfenen äusseren Sachverhalt verwirklicht und damit den objektiven Tatbestand von Art. 144 Abs. 1 StGB erfüllt zu haben. Er räumt ein, einen Schotterstein geworfen zu haben, um einen Rollladen eines Gebäudes zu treffen, und negiert nicht, dass das Wurfgeschoss
vorzeitig niederging und dabei in der Heckscheibe des Autos von B. einen Glasschaden hinterliess, der Reparaturkosten von Fr. 771.- nach sich zog (Urk. 3/2 S. 1 ff., Urk. 3/3 S. 5 f., Urk. 26 S. 5, Urk. 56 S. 18 ff., Urk. 58 S. 4). Dieses Teilgeständnis deckt sich mit der übrigen Aktenlage (Dossier 2, Urk. 1, 2 und 4).
In Abrede stellt der Beschuldigte jedoch
erstens, beim Schleudern des Steins die Beschädigung des Rollladens gewollt mindestens in Kauf genommen zu haben (es sei nur um die Verursachung von Lärm gegangen, Urk. 3/2 S. 2 und Prot. II S. 12), und
zweitens, in Kauf genommen zu haben, statt des Rollladens den Personenwagen zu treffen und zu beschädigen.
Vielmehr habe er darauf vertraut, genügend weit und hinreichend genau werfen zu können, um den Rollladen und nicht das Auto zu treffen (Urk. 3/2 S. 2 f., Urk. 58 S. 4 ff.). Er habe nichts überlegt bzw. so die Verteidigung vor Vorinstanz - die möglichen Folgen des Fehlgehens gerade nicht bedacht (Urk. 3/2
S. 3, Urk. 58 S. 6, Urk. 109 S. 3 und Prot. II S. 12); die Struktur seiner Handlung trage deshalb offensichtlich Zeichen einer Fahrlässigkeitstat (Urk. 58 S. 6,
Urk. 109 S. 4). Der Beschuldigte macht somit - nachdem er sich in der Untersuchung einmal der eventualvorsätzlichen Sachbeschädigung schuldig bekannt hatte (Urk. 3/3 S. 6) aktuell wieder geltend, lediglich fahrlässig gehandelt zu haben, weshalb er vom Vorwurf der Sachbeschädigung, welche lediglich bei mindestens eventualvorsätzlicher Begehung strafbar ist, freizusprechen sei.
Vorsatz, Eventualvorsatz und (bewusste) Fahrlässigkeit
Gemäss Art. 12 Abs. 2 StGB verübt ein Verbrechen Vergehen vorsätzlich, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Verwirklichung des Tatbestands für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet,
mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 137 IV 1, BGE 133 IV 1, BGE 6S.370/2006, BGE 6B_643/2011).
Ob der Täter die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen hat, muss der Richter bei fehlendem Geständnis aufgrund der Umstände entscheiden. Dazu gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung. Je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen. Der Richter darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann (BGE 135 IV 12, BGE 134 IV 26, BGE 133 IV 1, BGE 130 IV 58, BGE 125 IV 242 mit Hinweisen). Eventualvorsatz kann indessen auch vorliegen, wenn der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs nicht in diesem Sinne sehr wahrscheinlich, sondern bloss möglich war. Doch darf nicht allein aus dem Wissen des Beschuldigten um die Möglichkeit des Erfolgseintritts auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden. Vielmehr müssen wei-
tere Umstände hinzukommen (BGE 131 IV 1, BGE 125 IV 242).
Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit kann im Einzelfall schwierig sein. Sowohl der eventualvorsätzlich als auch der fahrlässig handelnde Täter wissen um die Möglichkeit das Risiko der Tatbestandsverwirklichung. Hinsichtlich der Wissensseite stimmen somit beide Erscheinungsformen des subjektiven Tatbestandes überein. Unterschiede bestehen jedoch beim Willensmoment. Der bewusst fahrlässig handelnde Täter vertraut (aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit) darauf, dass der von ihm als möglich vorausgesehene Erfolg nicht eintrete, sich das Risiko der Tatbestandserfüllung mithin nicht verwirkliche. Demgegenüber nimmt der eventualvorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernst, rechnet mit ihm und findet sich mit ihm ab. Wer den Erfolg derart in Kauf nimmt, will ihn im Sinne von Art. 12 Abs. 2
StGB. Nicht erforderlich ist, dass er Täter ihn geradezu billigt (BGE 133 IV 9, BGE 133 IV 1, BGE 130 IV 58).
Sachverhalt und rechtliche Würdigung
Was die Umstände des Steinwurfs betrifft, so geht aus den Ausführungen des Beschuldigten hervor, dass es sich beim Wurfobjekt um einen Schotterstein handelte, den er von einem Bahntrassee behändigt hatte (Urk. 3/2 S. 2).
Schotter ist hartes, gebrochenes, kantiges Gestein mit einer Korngrösse von rund 3 bis 6 cm, das unter anderem für den Gleisbau verwendet wird (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Schotter sowie http://www.schotterwerkkehrsiten.ch/der-schotter.html#schotter-was-ist-das).
Auch wenn der Beschuldigte mangels Strafantrag nicht wegen (versuchter) Beschädigung des Rollladens bestraft werden kann, sind zur Beurteilung des inneren Sachverhalts und damit des subjektiven Tatbestands bezüglich der Zerstörung der Autoscheibe schon Wissen und Willen hinsichtlich des eigentlichen Ziels, des Rollladens, von Belang (wovon auch die Staatsanwaltschaft ausging, indem sie diesbezügliche Vorwürfe in die Anklageschrift aufnahm), weshalb auch darauf kurz einzugehen ist.
Es kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass dem Beschuldigten wie jeder erwachsenen Person in derselben Situation klar war, dass der harte und kantige Schotterstein, den er mit Wucht in Richtung Rollladen schleuderte (wollte er doch zugegebenermassen, dass es knallt bzw. ziemlich laut scheppert; Urk. 3/2 S. 2), beim Auftreffen einen Schaden in Form einer Delle und/oder zumindest eines Kratzers bewirken würde. Er handelte insofern mit Vorsatz. Genauso muss ihm klar gewesen sein, dass bei verkürzter Wurfparabel ein anderer Gegenstand beschädigt werden konnte, etwa die Karosserie (wie geschehen) das Glas eines parkierten Fahrzeugs. Diese Folge im Falle vorzeitigen Niedergangs des Steins war so naheliegend, dass nur von einer Inkaufnahme ausgegangen werden kann.
Noch nicht beantwortet ist damit aber die Frage,
ob der Beschuldigte die Möglichkeit in Betracht zog, dass die Wurfbahn anders verlaufen könnte als geplant und ob ihm dies gleichgültig (wenn auch nicht erwünscht) war oder
ob er darauf vertraute, dass eine solche Deviation nicht eintreten würde.
Die Antwort darauf hängt von den örtlichen Verhältnissen, insbesondere der Distanz zwischen Werfer und Ziel und dem Vorhandensein von Hindernissen, welche die Flugbahn beeinflussen konnten ab, aber auch vom Geschick des Werfenden.
Der Beschuldigte gab an, auf der Höhe der Villa in E. durch den Zaun gegriffen und einen Schotterstein vom Bahntrassee genommen zu haben. Diesen habe er später über einen Parkplatz, auf dem der VW-Golf des Geschädigten nebst einigen weiteren Fahrzeugen parkiert gewesen sei, und die Bahngleise werfen wollen, um dahinter, in insgesamt 50 bis 70 m Entfernung, einen Rollladen eines Abbruchhauses zu treffen; gegen den Vorhalt der Staatsanwaltschaft, diese Aktion habe in Richtung des Hauses F. -Strasse in E. stattgefunden, erhob er keine Einwendungen (Urk. 3/1 S. 2, Urk. 3/3 S. 5, Urk. 56 S. 18 f.). Tatsächlich besteht nun mit der G._ -Strasse eine direkte Verbindung zwischen der Villa und einer Stelle, von der aus die Distanz (Luftlinie) zum Haus F. -Strasse rund 60 m beträgt (Urk. 102/1 ff.; GIS-Browser des Kantons Zürich, Internet-Adresse https://maps.zh.ch/ sowie Google Maps = https://www.google. ch/maps/ [Aufnahmen vom Oktober 2014]). An diesen (Wurf-) Ort auf der G. -Strasse könnte im Tatzeitpunkt in Richtung Haus F. - Strasse gesehen direkt der vom Beschuldigten erwähnte Parkplatz, auf dem der Wagen des Geschädigten parkiert gewesen sein soll, angegrenzt haben (auf den wenige Monate später aufgenommenen Google-Maps-Bildern befindet sich dort eine Baustelle; Urk. 102/1 f.). Dahinter folgt etwas erhöht ein Bahndamm, an den sich ein Rasen anschliesst, der direkt vor dem Haus F. -Strasse liegt. Dort ist ein Baugespann ausgesteckt, was zur Schilderung des Beschuldigten passt, er habe den Rollladen einer Abbruchliegenschaft treffen wollen (Urk. 102/2).
Völlig unwahrscheinlich ist dagegen, dass sich der Erfolgsort an der H. Strasse in E. befand, wovon die Polizei ursprünglich ausging (Urk. 3/2 S. 3 sowie Dossier 2, Urk. 1, 2 und 4). Bekanntlich gabeln sich die Gleise Richtung E. in . Ein Strang führt danach dem See und teilweise der F. - Strasse entlang zum (unteren) Bahnhof E. , der andere steigt an zum Bahnhof . Der nächstgelegene Bahndamm von der H. -Strasse aus gesehen, liegt bergwärts in rund 170 m Entfernung, wobei sich in der Luft- (= Wurf)Linie diverse mehrstöckige Liegenschaften befinden (Urk. 103/1 und 2). Geht man von den Ausführungen des Beschuldigten aus, wonach er den Stein über ein Bahntrassee habe werfen wollen und der Vorfall beim Bahngleis (Urk. 3/2 S. 2, Urk. 56 S. 18) geschah, fällt besagte Adresse ausser Betracht; niemand
auch nicht der Beschuldigte bei krasser Selbstüberschätzung kann glauben, einen Stein über eine derart grosse Distanz und derartige Hindernisse werfen zu können.
Auszugehen ist damit davon, dass der Beschuldigte den Schotterstein von der G. -Strasse in Richtung des Hauses an der F. -Strasse warf, dieser aber schon in verhältnismässig kurzer Distanz (Urk. 3/3 S. 6; vgl. ferner die erwähnten Aufnahmen auf Google Maps), jedenfalls noch deutlich vor dem Bahndamm, niederging und die Heckscheibe des VW Golf durchschlug. Auch wenn man nun berücksichtigt, dass der Beschuldigte kein geübter Werfer war allerdings beim Weitwurf in der Schule und Steinewerfen in den See jeweils immer
weit gekommen sein will - und dass er in der Tatnacht angetrunken war (Urk. 3/2
3, Urk. 56 S. 19 und 20), kann daraus nicht mit rechtsgenügender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, diese krasse Verkürzung der gewollten Flugparabel (trotz der mutmasslich bis zum beschädigten Auto hindernisfreien Flugbahn) und damit die Beschädigung des Autos seien für ihn derart augenfällig gewesen, dass er geradezu in Kauf genommen haben müsse, ein Auto auf dem Parkplatz in Mitleidenschaft zu ziehen. Viel näher als eventualvorsätzliches Handeln liegt, dass der Beschuldigte entweder die Gefahr eines solchen vorzeitigen Niedergangs des Wurfgeschosses (durchaus sorgfaltswidrig) gar nicht erkannte zumindest darauf vertraute, mit seinem Wurf ohne Weiteres über die parkierten Autos hinweg
zu kommen. Lag nicht bloss unbewusste, sondern bewusste Fahrlässigkeit vor, ändert dies nichts, denn auch diese Form der Sachbeschädigung ist straflos.
Entgegen der Verteidigung (Urk. 109 S. 4) ist somit von einer klassischen aberratio ictus Situation auszugehen mit (mangels Strafantrag nicht zu ahndender) versuchter Sachbeschädigung hinsichtlich des Rollladens und lediglich fahrlässiger Tatbegehung hinsichtlich des getroffenen Objekts, was zum Freispruch vom Vorwurf der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB führt (vgl. dazu auch BGE 6S.582/2006 vom 15. Mai 2007; BSK StGB, Niggli/Maeder, 3. Aufl., Basel 2013, N 38 zu Art. 12 StGB sowie Leu, Zur Abgrenzung zwischen aberratio ictus und error in objecto in: ZStrR 132/2014 S. 383 ff., insb. S. 388).
Strafzumessungsregeln
Im erstinstanzlichen Urteil finden sich bereits zutreffende Ausführungen zu den Grundsätzen der Strafzumessung (Urk. 90 S. 8 f.). Sie brauchen an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden.
Strafrahmen
Der Strafrahmen für Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB reicht von 180 Tagessätzen Geldstrafe bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Der in Realkonkurrenz begangene, als Einzeltat mit Geldstrafe Freiheitsstrafe maximal 3 Jahren Freiheitsstrafe zu ahndende Raufhandel im Sinne von Art. 133 Abs. 1 StGB würde theoretisch eine Ausweitung des Strafrahmens auf bis zu 13 Jahre Freiheitsstrafe erlauben. Ebenso könnte der Strafmilderungsgrund der leicht verminderten Schuldfähigkeit beim Raub grundsätzlich eine Unterschreitung der Mindestgeldstrafe rechtfertigen. Vorliegend besteht jedoch mangels aussergewöhnlicher Umstände kein Anlass, den durch das schwerste Delikt vorgegebenen Strafrahmen zu verlassen.
Konkrete Strafzumessung
Tatkomponente
Raub
Objektive Tatschwere beim Raub
Was die objektive Tatschwere beim schwersten Delikt betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass dem Beschuldigten und seinen Mittätern I. und J. in der Anklageschrift mit keiner Silbe vorgeworfen wird, sie hätten gegenüber
D. (Privatkläger 3) und dessen beiden Kollegen K. Gewalt angewendet, ihnen mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben gedroht sie auf andere Weise zum Widerstand unfähig gemacht, bevor der Beschuldigte dem Privatkläger 3 Zigaretten und Zigarettenpapiere wegnahmen, um diese fremden Sachen zu behalten. Der allein eingeklagte Umstand, dass der Beschuldigte mit insgesamt 4 Kollegen (nämlich zusätzlich noch L. und M. ) auf dem Dorfplatz erschien (wo die Geschädigten Ping Pong spielten), reicht kaum, von einer Drohung durch übermächtiges Auftreten auszugehen. Am weiteren Fortgang der Tat beteiligten sich laut Anklage denn auch nur 3 der 5 Personen.
Mit der (überraschenden) Wegnahme waren der Bestohlene und seine Kollegen selbstredend nicht einverstanden, was sie auch kundtaten. Im Rahmen der nachfolgenden Auseinandersetzung, die nicht nur, aber auch zum Ziel hatte, dass der Beschuldigte und seine Mittäter die Beute behalten konnten (wovon auch die Anklagebehörde ausgeht), verletzte der Mittäter I. den Privatkläger 3, indem er diesem einen Stoss versetzte, was zur Folge hatte, dass Letzterer mit dem Rücken heftig gegen eine Sitzbank prallte und seine linke Schulter auskugelte. Als der Geschädigte K. dem Privatkläger 3 zu Hilfe eilen wollte, stellte sich der Beschuldigte zwischen die beiden, und der J. fügte K. mit einem Faustschlag eine Beule am Hinterkopf zu. Der Beschuldigte verfolgte den (möglicherweise, um Hilfe zu holen) wegrennenden K. danach noch und fügte ihm mit Fusstritten schmerzhafte Prellungen an Hüfte, Oberschenkel und im Genitalbereich zu.
Der J. entriss sodann dem Privatkläger 3 einen Sack, der diverse Wertgegenstände und Bargeld im Gesamtwert von rund 850 Franken enthielt, die dem Privatkläger 3 und K. gehörten. Der Beschuldigte bestreitet, dass dieser Diebstahl vom Tatvorsatz erfasst war; man habe nur vereinbart, den dreien Alkohol, Zigaretten und Marihuana wegzunehmen (Urk. 3/5 S. 3 f., Urk. 56 S. 15); er nehme niemandem Geld weg. Von diesem Diebstahl habe er nichts mitgekriegt, erst anderntags davon gehört, und von der Beute habe er auch nichts gewollt und entsprechend nichts erhalten (Urk. 3/5 S. 4, Urk. 56 S. 15 f.). Diese Aussagen sind nicht widerlegbar, zumal mangels Wahrung der Teilnahmerechte des Beschuldigten keine verwertbaren anderweitigen Aussagen vorliegen. Sie sind aber auch nicht unplausibel: Wenn der Beschuldigte seine Aufmerksamkeit währenddessen K. widmete und diesen verfolgend vom Tatort wegrannte, könnte ihm die Wegnahme des Sacks durch J. und die anschliessende Beutesicherung tatsächlich entgangen sein.
Damit liegt auf Seiten des Beschuldigten ein räuberischer Diebstahl im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB vor, denn die Schläge des Beschuldigten und seiner Mittäter erfolgten erst nach dem Diebstahl und aus Sicht des Beschuldigten zur Sicherung der (geringfügigen) Beute und zur Demonstration von Stärke und Macht der Gruppe.
Die physische Einwirkung auf die immerhin zwei - Betroffenen führte zu einer ausgekugelten Schulter (wobei nicht bekannt ist, ob das Opfer diesbezüglich vorbelastet war, also eine Prädisposition hatte), Schürfungen, Prellungen und einer Beule am Kopf und ist zwar nicht zu bagatellisieren, doch waren die Verletzungen auch nicht geradezu massiv.
Der Deliktsbetrag liegt höchstens im einstelligen Frankenbereich und ist damit ausgesprochen gering; für den Diebstahl des Sacks mit relativ wertvollem Inhalt kann der Beschuldigte wie erwähnt nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Verschuldenserhöhend wirkt sich aus, dass die Täter zu dritt vorgingen, auch wenn keine klassische Bandenmässigkeit im Sinne von Art. 140 Ziff. 3 StGB vorliegt, weil nicht erstellt ist, dass sich die drei zu fortgesetzter Deliktsverübung zusammengefunden haben.
Gesamthaft betrachtet wiegt die objektive Tatschwere, bezogen auf Tatbestand und Strafrahmen, eher leicht.
Subjektive Tatschwere beim Raub
Was die subjektive Tatschwere anbelangt, so handelte der Beschuldigte mit direktem Vorsatz. Das gilt auch für den Körpereinsatz seiner Kollegen, was insbesondere daraus zu schliessen ist, dass alle drei die Opfer ähnlich hart malträtierten, wenn sich auch die Folgen unterschieden. Wie erwähnt erstreckte sich sein Vorsatz aber nicht nachweislich auch auf die Wegnahme des Sacks samt Inhalt.
Ein auch nur ansatzweise einfühlbares Motiv für die Tat ist nicht ersichtlich. Finanzielle Beweggründe standen offensichtlich nicht im Vordergrund. Es ging mehr darum, mit Action Langeweile zu vertreiben sowie Macht über andere Jugendliche zu demonstrieren und selbst zu verspüren (vgl. dazu auch etwa Urk. 106/2
S. 7).
Die ...-Group, die eine Art Familienersatz für den Beschuldigten darstellte (und sich denn auch N. nannte), vermittelte ihm ein gesteigertes Selbstwertgefühl und bestärkte ihn in seinem Tun. Gleichzeitig forderte sie von ihm mindestens implizit, sich innerhalb der Gruppe zu behaupten und zu profilieren. Freilich führt diese tatfördernde Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. die von der Vorinstanz erwähnte Gruppendynamik nicht zu einer nennenswert milderen Beurteilung der subjektiven Tatschwere, zumal keineswegs erstellt ist, dass der Beschuldigte nicht auch in anderen Kreisen Kollegen (und damit sein Selbstwertgefühl steigende Anerkennung, Zusammenhalt und Zugehörigkeit, Urk. 106/2 S. 6 f.) hätte finden können. Geringfügig verschuldensreduzierend wirkt sich sodann aus, dass die Tat nicht wie dies bei Raub häufig der Fall ist von langer Hand und im Detail geplant war, sondern einem spontanen Einfall entsprang und der Beschuldigte nicht als Initiator betrachtet werden kann.
Alsdann ist die Schuldfähigkeit des Beschuldigten angesichts der Blutalkoholkonzentration von 1.22 Gewichtspromillen (Urk. 17/5) und einer damals vorhandenen allgemeinen Alkoholproblematik (Urk. 53/1 S. 6 f.), als leicht vermindert zu betrachten.
Die subjektive Tatschwere wiegt damit bereits nicht mehr leicht.
Einsatzstrafe
Insgesamt ist das Tatverschulden in der möglichen Bandbreite bei Raub als noch leicht zu qualifizieren und damit geringer als von der Vorinstanz mit nicht mehr leicht angenommen (was im Übrigen zu einer Einsatzstrafe im unteren Bereich des mittleren Strafdrittels, also von gut drei Jahren, hätte führen müssen, und nicht nur zu einer solchen von 14 Monaten).
Als angemessen erweist sich eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten.
Raufhandel
Objektive Tatschwere
Dem Raufhandel in der M. [Ort] vom 20. Dezember 2014 lag gemäss den unwiderlegbaren Aussagen des Beschuldigten (Urk. 3/8 S. 1 ff., Urk. 3/10 S. 1 ff., Urk. 56 S. 16 ff.) ein Missverständnis auf Seiten des Opfers C. (Privatkläger
2) zugrunde. Dieser wollte Ecstasy-Tabletten verkaufen. Zwei dem Beschuldigten
und seinem Mittäter J. nicht näher bekannte Personen, welche mit dem Beschuldigten und seinem Kollegen beim Privatkläger 2 standen, wollten C. ausnehmen. Einer der Unbekannten schlug dem Privatkläger 2 die Pillen aus der Hand, der andere setzte Pfefferspray ein. Der Strahl traf C. , den Beschuldigten und J. in die Augen. C. schlug daraufhin um sich und traf
J. sowie den Beschuldigten von denen er offenbar glaubte, sie seien Mittäter der anderen mittelhart (aber ohne Verletzungen zu hinterlassen) im Gesicht. Der Beschuldigte stiess C. von sich weg. J. schlug dann den Privatkläger 2 mit den Fäusten ins Gesicht. Etwas später verpasste der Beschuldigte C. zur Unterstützung von J. ebenfalls einen Faustschlag ins
Gesicht. Im Verlauf der Schlägerei erlitt der Privatkläger 2 eine Rissquetschwunde über dem Nasenbein, ein Hämatom am rechten Auge sowie diverse Gesichts-
/Kopf-Prellungen.
Wer sich zwar durch Körpereinsatz an einem Raufhandel beteiligt, jedoch mit dem ausschliesslichen Ziel, sich einen Dritten zu schützen die Beteiligten zu trennen, beschränkt sich im Sinne von Art. 133 Abs. 2 StGB darauf, einen Angriff abzuwehren, jemanden zu verteidigen Streitende zu scheiden. Er handelt somit nur, um sich eine andere Person zu verteidigen um die Gegner
zu trennen. Durch sein Verhalten provoziert er weder den Kampf, noch hält er
diesen in irgendeiner Weise aufrecht. Er erhöht nicht die dem Raufhandel innewohnenden Risiken, sondern versucht, diese auszuschalten (BGE 131 IV 153 = Pr 95 [2006] Nr. 83).
Der Beschuldigte beteiligte sich allerdings nicht allein zur eigenen Abwehr um J. zu verteidigen an der Schlägerei, sondern offensichtlich auch, um
J. zu helfen, den Privatkläger 2 zu bestrafen. Eine reine Verteidigungshandlung bzw. Notwehrhilfe behauptete er denn auch nicht. Vielmehr erklärte er, er und J. hätten auch weggehen können (Urk. 56 S. 17) und er (der Beschuldigte) hätte es (gemeint: C. schlagen) nicht machen sollen. Entsprechend hat er den erstinstanzlichen Schuldspruch wegen Raufhandels auch nicht angefochten.
Gleichwohl bleibt es dabei, dass die Unbekannten die Auseinandersetzung durch die Wegnahme von Ecstasy und den Pfeffersprayeinsatz auslösten und C. sich über die Rolle des Beschuldigten (und seines Begleiters) irrte, was alles der Beschuldigte nicht zu vertreten hat. Und nicht zu übersehen ist, dass das Vorgehen des Beschuldigten zeitweise auch eine Verteidigungskomponente beinhaltetet, wenngleich diese Abwehr nicht ausschliesslich war, wie es Art. 133 Abs. 2 StGB für Straflosigkeit verlangt.
Die Blessuren, die der Privatkläger erlitt, stellen eine einfache Körperverletzung dar, waren aber nicht gravierend.
Die objektive Tatschwere wiegt damit im Rahmen des Raufhandels (welcher Geldstrafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsieht) leicht.
Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte beteiligte sich mit Vorsatz am Raufhandel.
Was das Motiv angeht, kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden.
Der Beschuldigte verübte die Tat sodann nach eigenen Angaben nicht unter erheblichem Alkoholeinfluss.
Auch die subjektive Tatschwere wiegt leicht.
Strafhö he und Strafart
Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe rechtfertigt sich für den Raufhandel nicht. Vielmehr ist der Beschuldigte angesichts der gesamten Tatumstände und des leichten Tatverschuldens mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu bestrafen.
Täterkomponente
Die Vorinstanz hat die Lebensgeschichte des Beschuldigten dargestellt (Urk 90 S. 14 f.).
Im Therapiebericht der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ist zwar die Rede davon, dass die Familiengeschichte ein grosses Dunkelfeld (Verdrängung, Tabu) für den Beschuldigten darstelle und mit der Geschichte der Mutter (Herkunft
.../ [Staaten in Vorderasien], viele tote Verwandte, Kriegserfahrungen) noch viele Geheimnisse verbunden seien, welche sich problematisch auf die Identitätsentwicklung des Beschuldigten auswirken würden (Urk. 53/1 S. 4). Diese etwas diffusen Ausführungen bilden aber noch keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte in strafzumessungsrelevant schlechten familiären Verhältnissen aufgewachsen wäre. Sein Verhältnis zu den Eltern bezeichnete er denn auch als sehr gut (Urk. 3/3 S. 6), und er wohnt nach wie vor mit der Schwester bei ihnen (a.a.O., Urk. 56 S. 3, Prot. II S. 7 f.).
Auszugehen ist dagegen davon, dass der Beschuldigte, der eine Frühgeburt war, als Kind Krankheiten erlitt, die seine Sprachentwicklung verzögerten und sich darüber hinaus Rechen-, Leseund Rechtschreibeschwächen zeigten, die trotz durchschnittlicher Intelligenz zu anhaltenden schulischen Teilleistungsschwächen, Klassenwiederholung und entsprechenden Frustrationserlebnissen - nicht zuletzt im Vergleich mit seiner leistungsstarken Schwester führten (Urk. 53/1 S. 5 und 7). Bis heute hat der Beschuldigte Mühe, sich theoretische Kenntnisse anzueignen, während seine praktischen Fähigkeiten durchaus gut zu sein scheinen. Damit im Zusammenhang steht offenbar auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS, Urk. 53/1 S. 6, Urk. 106/2 S. 5 f.). Der Beschuldigte hat zwar mittlerweile (im Sommer 2015, d.h. nach den vorliegenden Delikten) eine Lehre als Landschaftsgärtner mit eidgenössischem Berufsattest abgeschlossen, doch brauchte es dazu offenbar überdurchschnittliche Anstrengung und ein grosses Durchhaltevermögen (Urk. 56 S. 9 und 11, Urk. 58 S. 9).
Der Beschuldigte hatte aber nicht nur grosse und zumindest grösstenteils nicht selbstverschuldete schulische Schwierigkeiten, sondern vermochte sich auch in sportlicher Hinsicht nicht hervorzutun (Urk. 53/1 S. 5).
Die langanhaltenden bzw. sich wiederholenden Frustrationserlebnisse dürften mit der schon frühzeitig zutage getretenen, mindestens zeitweisen Impulsivität (wie auch mit seiner bereits erwähnten Alkoholproblematik) und Aggressivität zusammenhängen. Das rechtfertigt eine leichte Strafminderung.
Diese wird aber mehr als kompensiert durch folgende, erheblich straferhöhende Umstände:
Der Beschuldigte liess sich bereits 2011 und 2012, ebenfalls mit Mittätern, zwei Angriffe zuschulden kommen, die dem Gewaltteil des vorliegenden Raubs (und in eingeschränktem Masse auch dem Raufhandel) bedenklich ähneln (Urk. 24/6; vgl. zum Hergang der Taten auch die beigezogenen Akten der Jugendanwaltschaft Limmat/Albis, Unt.Nr. 2011/992, sowie Urk. 90 S. 16). Durch die am 10. Mai 2012 dafür und für das Mitführen eines Schlagrings verhängte Jugendstrafe von immerhin 45 Tagen Freiheitsentzug unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs
bei sechs Monaten Probezeit (mit persönlicher Betreuung gemäss Art. 13 JStGB) liess er sich offensichtlich nicht nachhaltig beeindrucken, was umso problematischer erscheint, als der Beschuldigte damals nicht weniger als 25 Tage der Strafe durch vorläufige Festnahme/Untersuchungshaft erstanden hatte. Im Rahmen der gleichzeitig angeordneten ambulanten Massnahme im Sinne von Art. 14 JStGB nahm der damals 16-jährige Beschuldigte an einer mehrmonatigen AntiAggressionstherapie teil, bei dem Delikte und deren Auslöser thematisiert wurden (Urk. 56 S. 4 f., Urk. 106/2 S. 1) und ihm vor Augen geführt (und mit ihm trainiert) wurde, wie man mit Mitmenschen in punkto Gewaltanwendung umgeht. Auch dies entfaltete offensichtlich keine Wirkung auf Dauer.
Angesichts dessen können die vorliegenden Taten keinesfalls als in jugendlichem (oder besser früherwachsenem) Leichtsinn begangen eingestuft werden. Der Beschuldigte wusste aufgrund seines Lebenslaufs sogar noch besser als andere Gleichaltrige, wann Gewaltanwendung unzulässig ist und wie man dazu führende Konflikte vermeidet bzw. ihnen aus dem Weg geht.
Bezüglich des Raufhandels kommt moderat straferhöhend hinzu, dass auch die nur einen Monat vor dieser Tat erfolgte Warnung des Staatsanwalts, er müsse bei erneuter Delinquenz damit rechnen, bis zur Hauptverhandlung in Haft genommen zu werden (Urk. 3/6), nicht dazu führte, dass er sich anlässlich des Vorfalls in der M. im Zaum hielt. Er delinquierte damit während laufender Strafuntersuchung.
Der Beschuldigte zeigte sich mit Bezug auf beide Delikte zwar nicht durchgehend geständig, anerkannte aber letztlich den Sachverhalt wie die rechtliche Würdigung. Damit erleichterte er die Untersuchung (etwa indem Konfrontationseinvernahmen unterbleiben konnten) und zeigte auch bereits eine gewisse Einsicht und Reue.
Einsicht und Reue manifestierte der Beschuldigte was die Vorinstanz nicht berücksichtigte auch damit, dass er sich bei den vom Raub Betroffenen schriftlich entschuldigte und anerkannte, dem Privatkläger 3 Schadenersatz und Genugtuung zu schulden.
In ebendiese Richtung weist, dass der Beschuldigte mittlerweile mit grosser Anstrengung eine Lehre erfolgreich abgeschlossen hat, einer Arbeit nachgeht (Prot. II S. 7) und die Ersatzmassnahmen (insbesondere die Teilnahme an einer
deliktsorientierten Therapie bei der PUK, in welcher er Fortschritte erzielte und die
Alkoholabstinenz) seit 16 Monaten im Wesentlichen einhält. Er zeigt damit ein Bestreben, von delinquenten Verhaltensweisen auf Dauer Abstand zu nehmen und seinem Leben endlich eine andere Richtung zu geben. Ein dies erschwerender Wermutstropfen stellt allerdings der Umstand dar, dass er nach wie vor Kontakte mit Mitgliedern der Gruppe [aus E. ] pflegt (Prot. II S. 8), was allerdings die vorgenannten, auf Reue und Einsicht hinweisenden Anhaltspunkte nicht zunichte macht, zumal keine neuen, strafrechtlich relevanten Vorfälle bekannt sind.
Das Geständnis, die Wiedergutmachungsbestrebungen sowie Einsicht und Reue wirken sich insgesamt erheblich strafsenkend aus.
Ginge man von den Erwägungen der Vorinstanz zur Täterkomponente aus, wäre der Schluss, die einzelnen Komponenten wögen sich insgesamt auf, nicht gerechtfertigt. Vielmehr wäre die Strafe zu erhöhen gewesen.
Die hier angeführten strafanhebenden und -reduzierenden Elemente und deren Gewichtung neutralisieren sich dagegen, weshalb es bei den bereits genannten Strafen bleibt.
Bemessung des Tagessatzes
Der Beschuldigte kann einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen. Er erzielt ein Einkommen von netto ca. Fr. 4'800.im Monat. Davon gibt er seinen Eltern mindestens Fr. 350.für Kost und Logis ab. Er hat weder Vermögen, noch Schulden (Prot. II S. 8).
Der Tagessatz ist damit auf Fr. 50.festzulegen.
Anrechnung von Haft und Ersatzmassna hme
Der Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 28 Tagen steht nichts entgegen (Urk. 26 S. 1, Urk. 90 S. 18, Art. 51 StGB).
Die Verteidigung bringt vor, es sei auch die andauernde Ersatzmassnahme zu berücksichtigen (Urk. 91, Urk. 109 S. 7). Insbesondere die zeitliche Regelung des Ausgehens komme in einem gewissen Mass einem Hausarrest nahe und schränke die persönliche Freiheit des Beschuldigten ein (a.a.O.).
Gemäss Lehre und Rechtsprechung sind freiheitsentziehende Ersatzmassnahmen für Untersuchungshaft grundsätzlich auf die Freiheitsstrafe anzurechnen (BSK StGB, 3. Aufl., Basel 2013, Mettler/Spichtin, insb. N 20, N 24 und N 26 zu
Art. 51 StGB).
Der Beschuldigte wurde am 3. Februar 2015 aus der Haft entlassen (Urk. 16/29). Mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts Horgen vom gleichen Tag wurde er im Sinne einer Ersatzmassnahme für Untersuchungshaft gemäss Art. 237 StPO - unter anderem verpflichtet, sich unter Vorbehalt einer Ausnahmebewilligung täglich (auch am Wochenende) von 21.00 Uhr bis 05.00 Uhr zu Hause aufzuhalten (Urk. 16/28 S. 2 f.). Mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts Horgen vom 7. April 2015 wurden die Ersatzmassnahmen bis zur Hauptverhandlung verlängert (Urk. 30). Am 8. September 2015 schliesslich erging der Beschluss, der Beschuldigte habe sich täglich von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr, am Wochenende jeweils von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr, zu Hause aufzuhalten (Urk. 90
S. 28 f. und S. 34).
Der Beschuldigte konnte sich damit vom 3. Februar 2015 bis heute, mithin während 511 Tagen (abzüglich einiger weniger Ausnahmebewilligungen und Haft vom
14. bis 16. Februar 2015), während 6 bis 8 Stunden pro Tag nicht frei bewegen bzw. nicht aufhalten, wo er wollte, und wurde dadurch in seiner persönlichen Freiheit erheblich eingeschränkt. Indes ist auch zu berücksichtigen, dass diese Einschränkung insbesondere während der Woche auch Zeit einschloss, in welcher der Beschuldigte schlief, und dass er sich nicht in einer Haftanstalt einem Heim aufhalten musste, sondern zu Hause war, wo er in der übrigen Zeit (abgesehen vom verbotenen Alkoholkonsum) tun und lassen konnte, was ihm beliebte.
Unter Würdigung dieser Umstände erweist sich eine Anrechnung von 100 Tagen für die erstandene Ersatzmassnahme als angemessen.
Insgesamt sind damit 128 Tage der Strafe bereits erstanden.
Busse
Eine Busse für den freilich beinahe täglichen - Marihuanakonsum vom 16. Mai 2013 bis zum 14. Mai 2014 von Fr. 800.erscheint unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips, in Anbetracht der Gerichtspraxis und angesichts der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten als überhöht. Angemessen ist eine Bestrafung mit Fr. 500.-.
Zus ammenfassung
Der Beschuldigte ist somit zu bestrafen mit 12 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 128 Tage durch Untersuchungshaft und Ersatzmassnahmen erstanden sind, mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 50.sowie mit einer Busse von
Fr. 500.-.
Strafhö he
Mit Bezug auf die Höhe der heute ausgefällten Strafen steht der Gewährung des bedingten Strafvollzugs für die Freiheitswie die Geldstrafe nichts entgegen (Art. 42 Abs. 1 StGB).
Vorstrafe
Es brauchen sodann beim Beschuldigten auch keine besonders günstigen Umstände vorzuliegen, denn er ist innerhalb der letzten 5 Jahre vor der (ersten neuen) Tat weder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten noch zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen mehr verurteilt worden (Art. 42 Abs. 2 StGB).
Legalprognose
Damit ist von der Vermutung einer günstigen Prognose auszugehen. Ob diese bei einer Gesamtbetrachtung der Täterpersönlichkeit umgestossen wird, ist im Folgenden zu prüfen.
Für eine Schlechtprognose spricht, dass der heute erst 20-jährige Beschuldigte ab Oktober 2011 innerhalb von nur gut 3 Jahren 4 Gewaltdelikte (jedes Mal mit Kollegen als Mittäter) begangen hat. Dies, obschon er bereits nach dem ersten Angriff begangen als 15-jähriger für 3 Wochen in Untersuchungshaft versetzt worden war und er 2012 über mehrere Monate im Rahmen einer ambulante Massnahme das deliktsorientierte Gruppentherapieprogramm ForTiS absolviert hatte (vgl. dazu Urk. 52 S. 1, Urk. 106/2 S. 1), welches zum Ziel hatte, den Beschuldigten erkennen zu lassen, welche Mechanismen ihn gewalttätig werden lassen und wie er sein Aggressionspotential in den Griff bekommt. Ausserdem hat sich der Beschuldigte noch immer nicht von allen Mitgliedern der Gruppe, aus der auch seine Mittäter bei den jüngsten Delikten stammten, distanziert.
Auf der anderen Seite findet sich in der jüngeren Biographie des Beschuldigten eine ganze Reihe von Hinweisen für eine günstige Legalprognose, welche die vorgenannten Bedenken klar überwiegen.
So hat er wie bereits erwähnt glaubhaft Einsicht und Reue gezeigt, indem er sich nicht nur geständig zeigte und sich schuldig bekannte, sondern sich zudem bei den drei Opfern der Straftaten schriftlich entschuldigte, Schadenersatzund Genugtuungszahlungen an den Privatkläger 3 (Betroffener des Raubs) anerkannte
und die erstinstanzliche Schadenersatzund Genugtuungsregelung betreffend den Privatkläger 2 (Opfer des Raufhandels) nicht anfocht.
Ungeachtet seiner seit der Kindheit bekannten und Lernschwierigkeiten und seines ADHS hat er sodann im Sommer 2015 mit viel Durchhaltevermögen und grosser Anstrengung allen Zweifeln von Seiten der Familie und des Lehrmeisters zum Trotz eine Lehre als Landschaftsgärtner erfolgreich abgeschlossen und damit einen Grundstein für ein künftiges Leben in geordneten Bahnen gelegt.
Sodann hat der Beschuldigte die strengen Ersatzmassnahmen für Untersuchungshaft (Urk. 16/28, Urk. 30, Urk. 90 S. 28 f. und S. 34), bestehend aus den Verpflichtungen,
sich täglich ab 22.00 Uhr 23.00 Uhr zu Hause aufzuhalten,
einer geregelten Arbeit nachzugehen,
alkoholund betäubungsmittelabstinent (einschliesslich Marihuana) zu bleiben und
sich einer Gewaltund Suchttherapie bei der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich zu unterziehen,
während mittlerweile beinahe 1 ½ Jahren (mit nicht sonderlich ins Gewicht fallenden Ausrutschern wie einmaligem Alkoholkonsum und Bezug von unbezahltem Urlaub) eingehalten (Urk. 53/1, Urk. 101, Urk. 106/2 S. 3 und 4).
Der eingehende und überzeugende aktuelle Therapiebericht der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 15. Juni 2016 lässt sich bezüglich der Legalprognose dahingehend zusammenfassen, dass es dem Beschuldigten im Vergleich zur Ausgangslage im Verlauf der vergangenen Monate deutlich besser gelang, seine delinquenten Verhaltensweisen und gewaltlegitimierende Einstellung zu reflektieren und zu hinterfragen. Nach Einschätzung der Therapeutin hat er die nachteiligen Folgen solcher Straftaten erkannt und betrachtet seine Deliktshandlungen als Fehlverhalten, welches er künftig unbedingt vermeiden will. Einige der Risikofaktoren (wie etwa das Aufsuchen von Hotspots, z.B. an der Zürcher Langstrasse, mit der N. übermässiger Alkoholkonsum) hätten wenn auch nicht zuletzt dank des zeitweisen Ausgangsund des Alkoholverbots günstig verän- dert werden können. Indes beständen weiterhin Risikofaktoren, die jedoch beeinflussbar seien (Alkohol, Impulsivität, brüchige prosoziale Identität, Selbstwert), aber auch solche, die schwer bis kaum therapeutisch steuerbar seien, namentlich die nach wie vor vorhandene, prognostisch ungünstige Loyalität zu den Mitgliedern der Gruppe, mit denen er immer noch in regem Kontakt stehe. Eine weitere therapeutische Unterstützung sei sinnvoll, denn über ausreichende Selbstkontrollmechanismen verfüge der Beschuldigte noch nicht (Urk. 106/2 S. 6 ff.). Dazu müsse sich der verschlossene Beschuldigte in den Therapien auch noch weiter öffnen.
Unter dem Titel Weiteres Prozedere weist die Therapeutin auf eine Massnahmeverdrossenheit (gemeint sind die Ersatzmassnahmen betreffend Ausgangsregelung und Alkoholkonsum) des Beschuldigten hin, die zu einer Stagnation der positiven Entwicklung geführt habe. Die in der Therapie erarbeiteten Verhaltensmodifikationen müssten nun vom Beschuldigten im Alltag bzw. in nicht dauerhaft vermeidbaren Risikosituationen umgesetzt und dort eingeübt werden. Daher wäre eine Auflockerung Aufhebung der Auflagen - unter enger therapeutischer Begleitung sinnvoll (Urk. 106/2 S. 9).
Sodann sei von einem Vollzug der Freiheitsstrafe aus therapeutischer Sicht in der aktuellen Situation des Beschuldigten kein weiterer positiver Effekt zu erwarten.
Zusammenfassend empfiehlt die Therapeutin die Fortsetzung der Einzelpsychotherapie mit den Schwerpunkten
Vermittlung und Erarbeitung von Selbstkontrolltechniken (in Bezug auf die affektive Erregbarkeit / Impulsivität sowie auf den Alkoholkonsum), Transfer in den Alltag, Evaluierung und Übung der erlernten Fertigkeiten unter realen Bedingungen;
Risikoorientierung unter neuen offenen Bedingungen;
Ressourcenorientierte Unterstützung und weitere Förderung der Entwicklung einer prosozialen Identität mit einer verbesserten Funktionsfähigkeit in prosozialen Lebensbereichen (a.a.O. S. 9 f.).
Aus Sicht des Gerichts besteht nach dem Gesagten zurzeit kein Anlass, von der (gesetzlichen) Vermutung einer günstigen Legalprognose abzuweichen. Der Beschuldigte hat in mehrfacher Hinsicht gezeigt, dass er sich ernsthaft bemüht, in Zukunft keine Verbrechen Vergehen mehr zu begehen. Er hat hinsichtlich seiner Taten auf verschiedene Weise Reue und Einsicht manifestiert, hat eine ihm berufliche Perspektiven eröffnende Lehre absolvierte, geht einer Arbeit nach (wenn es sich dabei auch vorerst um Aushilfsjobs handelt, was angesichts der Unsicherheit über das Ergebnis der heutigen Verhandlung hinsichtlich der Verbüssung einer halbjährigen Strafe verständlich ist), treibt Sport, vermag soweit ersichtlich seit nunmehr 1 ½ Jahren im Wesentlichen auf seine Aggressionsbereitschaft fördernde Suchtmittel zu verzichten, befolgt die hausarrestähnliche Auflage und hat in der Gewaltund Sucht-Therapie bereits bis zu einem gewissen Grade gelernt, mit welchen Strategien man weitere (Gewalt-)Delikte vermeidet.
Der bedingte Strafvollzug ist dem Beschuldigten deshalb freilich im Sinne einer allerletzten Chance - unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren zu gewähren. Ein teilbedingter Vollzug drängt sich weder im Sinne einer Denkzettelfunktion
auf (vgl. dazu die Ausführungen der Vorinstanz, Urk. 90 S. 19 f.) - denn einen solchen hat der Beschuldigte durch die Untersuchungshaft und vor allem als Nebeneffekt der strengen Ersatzmassnahmen schon bekommen -, noch erscheint ein solcher (wie aus dem Bericht der PUK klar hervorgeht) therapeutisch sinnvoll.
Weisung
In einer nächsten Phase gilt es, die gewonnenen Erkenntnisse und Strategien therapeutisch weiter zu vertiefen und zu festigen und sie ohne durch ein Alkohol-, Betäubungsmittelund zeitweises Ausgehverbot künstlich geschaffene Rahmenbedingungen, wie sie Bestandteil der Ersatzmassnahmen waren im Alltag umzusetzen und einzuüben. Dazu ist dem Beschuldigten die (wie die beiden Therapieberichte zeigen kontrollierbare) Weisung zu erteilen, die an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich laufende Gewaltund Sucht-Therapie dort bei einem gleichwertig qualifizierten Psychiater so lange weiterzuführen, als es aus therapeutischer Sicht für notwendig erachtet wird. Nach eigenem Bekunden wie demjenigen der Verteidigung sowie aus Therapeutensicht lehnt der Beschuldigte eine Weiterführung der Behandlung nicht ab (vgl. etwa Urk. 56 S. 5, Prot. II S. 11).
Der Beschuldigte ist abschliessend darauf hinzuweisen, dass er den Vollzug der Freiheitswie der Geldstrafe riskiert, wenn er sich nicht an die Weisung hält.
Busse
Die Busse ist zu bezahlen. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Säumnis ist auf 5 Tage festzulegen.
Im Berufungsverfahren obsiegt der Beschuldigte vollumfänglich. Die Gerichtsgebühr fällt somit ausser Ansatz.
Die Therapiekosten PUK sind dem Beschuldigten jedoch unabhängig von seinem Obsiegen aufzuerlegen, da er diese durch sein Verhalten verursacht hat. Um den Beschuldigten wirtschaftlich nicht übermässig zu belasten, sind die Kosten des Therapieberichts auf die Gerichtskasse zu nehmen. Alle übrigen Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, sind definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Horgen, I. Abteilung, vom 8. September 2015, hinsichtlich der Dispositivziffern 1 (teilweise, Schuldsprüche wegen Raubes, Raufhandels und Betäubungsmittelkonsums), 6 bis 11 (Zivilansprüche), 12 (Honorar der amtlichen Verteidigung) sowie 13 und 14 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB nicht schuldig und wird insoweit freigesprochen.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 12 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 128 Tage durch Untersuchungshaft und Ersatzmassnahme erstanden sind, mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 50.sowie mit Fr. 500.- Busse.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.
Dem Beschuldigten wird die Weisung erteilt, die an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich laufende Gewaltund Sucht-Therapie dort bei einem gleichwertig qualifizierten Psychiater so lange weiterzuführen, wie dies aus therapeutischer Sicht für notwendig erachtet wird.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz; die weiteren Kosten betragen:
Die Therapiekosten PUK werden dem Beschuldigten auferlegt. Alle übrigen Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung und des Therapieberichts, werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis
die Privatkläger 1-3
(Eine begründete Urteilsausfertigung - und nur hinsichtlich ihrer eigenen Anträge [Art. 84 Abs. 4 StPO] wird Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des den Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A
die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils
die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 28. Juni 2016
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Aardoom
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