Zusammenfassung des Urteils SB150427: Obergericht des Kantons Zürich
Ein Beschuldigter wurde der mehrfachen Vergewaltigung und sexuellen Nötigung schuldig gesprochen, jedoch wurde von einer Strafe oder Massnahme abgesehen. Die Privatklägerin wurde auf den Zivilweg verwiesen und erhielt eine Genugtuung von Fr. 7'000.- zuzüglich 5% Zins. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerin, die auf die Gerichtskasse genommen wurden. Der Beschuldigte unterlag vollumfänglich im Berufungsverfahren. Das Urteil wurde in Bezug auf die Kostenfestsetzung und Kostenauflage in Rechtskraft erklärt. Die Entscheidung kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB150427 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 16.02.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrfache Vergewaltigung etc. |
Schlagwörter : | Privatklägerin; Beschuldigte; Beschuldigten; Aussage; Vater; Recht; Übergriffe; Aussagen; Genugtuung; Verteidigung; Mutter; Vorinstanz; Anzeige; Urteil; Berufung; Vaters; Glaubhaftigkeit; Kanton; Kantons; Schaden; Sinne; Schadenersatz; Gericht; Vergewaltigung |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ;Art. 153 StPO ;Art. 189 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 335 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 448 StPO ;Art. 82 StPO ;Art. 88 StGB ;Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | 100 IV 17; |
Kommentar: | -, Zürich , Art. 34 StPO, 2010 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB150427-O/U/hb
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Burger, Präsident, und lic. iur. Stiefel, Ersatzoberrichter lic. iur. Gmünder sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Aardoom
Urteil vom 16. Februar 2016
in Sachen
,
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
sowie
,
Privatklägerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.
betreffend mehrfache Vergewaltigung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Jugendanwaltschaft Zürich-Stadt vom 18. März 2015 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 27).
Urteil der Vorinstanz :
Der Beschuldigte A. ist schuldig
der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB.
Von einer Strafe Massnahme wird abgesehen.
Die Privatklägerin wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin Fr. 10'000.zuzüglich 5 % Zins ab 1. Oktober 1999 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag (Zins) wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'500.- ; die weiteren Kosten betragen:
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung und diejenigen der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin, werden dem Beschuldigten zu einem Viertel auferlegt.
Die amtliche Verteidigung wird mit Fr. 10'277.65 (inkl. Mehrwertsteuer) entschädigt. Diese Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen, vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 25 Abs. 2 JStPO i.V.m. Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von einem Viertel.
Die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin lic. iur. Y. , wird mit Fr. 9'617.40 (inkl. Mehrwertsteuer) entschädigt. Diese Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen, vorbehalten bleibt eine Nachforderung beim Beschuldigten gemäss Art. 25 Abs. 2 JStPO i.V.m. Art. 426 Abs. 1 und Abs. 4 StPO, Art. 138 Abs. 1 und Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang von einem Viertel.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 58)
Der Appellant sei vollumfänglich freizusprechen
Auf die Schadenersatzund Genugtuungsbegehren sei nicht einzutreten.
Dem Appellanten sei eine Genugtuung von Fr. 8'000.auszurichten.
Das Kostendispositiv der ersten Instanz sei entsprechend dem Ausgang des zweitinstanzlichen Verfahrens anzupassen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, inklusive die Kosten der amtlichen Verteidigung, seien definitiv auf die Staatskasse zu nehmen.
Des Vertreters der Oberjugendanwaltsc haft des Kantons Zürich:
Keine Anträge
Der Vertreterin der Privatklägerschaft: (Prot. II S. 20 f.)
Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen und das vorinstanzliche Urteil entsprechend zu bestätigen, d.h. der Beschuldigte sei schuldig zu sprechen der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB sowie der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB. Im Übrigen sei entsprechend dem Dispositiv zu entscheiden.
Erwägungen:
1. Das Jugendgericht Zürich sprach den Beschuldigten am 6. Juli 2015 der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB und der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB schuldig, nahm von einer Bestrafung Umgang, verwies die Privatklägerin mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg und verpflichtete den Beschuldigten zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 10'000.an die Privatklägerin (Urk. 49, S. 47 ff.). Gegen dieses Urteil meldete der amtliche Verteidiger des Beschuldigten für diesen am
9. Juli 2015 fristgerecht Berufung an (Urk. 44). In seiner Berufungserklärung vom
Oktober 2015 beantragte er, den Beschuldigten von Schuld und Strafe freizusprechen, auf die Zivilklage der Privatklägerin sowohl bezüglich Schadenersatzes als auch bezüglich Genugtuung nicht einzutreten sowie dem Beschuldigten eine Genugtuung von Fr. 8'000.zuzusprechen (Urk. 50).
Mit Präsidialverfügung vom 26. Oktober 2015 wurde der Oberjugendanwaltschaft und der Privatklägerin Frist zur Anschlussberufung angesetzt, der Privatklägerin zudem zur Erklärung, ob sie den Antrag stelle, dass dem Gericht mindestens eine Person weiblichen Geschlechts angehöre (Art. 335 Abs. 4 StPO) und ob sie gegebenenfalls von einer Person weiblichen Geschlechts einvernommen werden wolle (Art. 153 Abs. 1 StPO; Urk. 52). Innert Frist sind weder Anschlussberufungen noch entsprechende Anträge der Privatklägerin eingegangen. Hingegen ersuchte Oberjugendanwalt Silvio Stierli um Dispensation von der Hauptverhandlung vom 16. Februar 2016, was am 11. Dezember 2015 bewilligt
wurde (Urk. 54).
Gemäss Art. 402 in Verbindung mit Art. 437 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung und wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils dementsprechend gehemmt. Nachdem die Dispositivziffern 4 teilweise (Genugtuungspunkt insoweit, als das Zinsbegehren teilweise abgewiesen wurde), 5 (Kostenfestsetzung), 7 und 8 (Kostenauflage amtliche Verteidigung und unentgeltliche Rechtsverbeiständung) nicht angefochten worden sind
(Urk. 50; vgl. auch Urk. 58), ist mittels Beschluss festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.
In der heutigen Berufungsverhandlung stellte der Beschuldigte die eingangs aufgeführten Anträge zur Sache. Der Fall ist spruchreif.
Dem am tt. Dezember 1985 geborenen Beschuldigten wird in der Anklageschrift vorgeworfen, seine am tt. Juni 1993 geborene Halbschwester in nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkten zwischen Ende Juni 1998 und 23. Dezember 2000 mehrfach vergewaltigt und sexuell genötigt zu haben. Zu den ihm vorgeworfenen Tatzeiten war der Beschuldigte demnach zwischen 12 und 14 Jahre alt, weshalb auf ihn das Jugendstrafrecht Anwendung findet. Sowohl das materielle Jugendstrafrecht als auch das Jugendstrafprozessrecht (wie auch die entsprechenden Gesetze für Erwachsene) sind seit den Tatzeitpunkten umfassend
revidiert worden. Das neue Jugendstrafgesetz (JStG) trat am 1. Januar 2007, die neue Jugendstrafprozessordnung (JStPO) am 1. Januar 2011 in Kraft. Die Vorinstanz hat die Fragen des anwendbaren materiellen und formellen Rechts zutreffend wiedergegeben (Urk. 49 S. 5-7). Darauf kann verwiesen werden. Insbesondere hat sie richtig erkannt, dass die neuen Prozessgesetze zur Anwendung gelangen (Art. 3 Abs. 2 JStPO und Art. 448 Abs. 1 StPO). Sodann hat sie ebenfalls richtig erkannt, dass der Beschuldigte nach dem materiellen Recht, welches im Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten galt, zu beurteilen ist, es sei denn, das neue materielle Recht erweise sich bei konkreter Anwendung auf den zu beurteilenden Fall als das mildere (Art. 2 StGB). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben, namentlich weil der Beschuldigte nach altem Recht zur Tatzeit noch als Kind galt (Art. 82 Abs. 2 aStGB), und bei Kindern bereits dann von jeglicher Strafe Massnahme Abstand genommen werde konnte, wenn seit der Tat drei Monate vergangen waren (Art. 88 aStGB). Diese Bestimmung führt dazu, dass der Beschuldigte mehr als 15 Jahre nach der letzten Tat, während denen er sich nach den vorliegenden Akten nichts mehr hat zu Schulden kommen lassen, selbst im Falle einer Verurteilung nach dem im Tatzeitpunkt geltenden Recht keine Strafe Massnahme gewärtigen müsste. Das neue Recht hingegen sieht gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. f JStG dann eine Strafbefreiung vor, wenn seit der Tat
verhältnismässig lange Zeit verstrichen ist, der Jugendliche sich wohlverhalten hat und das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering ist. Ob die letztgenannten zusätzlichen Voraussetzungen in casu erfüllt sind, kann offenbleiben. Denn selbst wenn es auch nach neuem Recht zu einer Strafbefreiung käme, wäre dies nicht milder als die altrechtliche Regelung. Im Ergebnis ist deshalb das alte Recht anzuwenden.
Die Vorinstanz hat weiter richtig erkannt, dass die Anwendung des alten Rechts eine gewichtige Einschränkung erfährt: Gemäss dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen JStG, konkret Art. 36 Abs. 2 JStG, wird normiert, dass die Verfolgungsverjährung bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung von Kindern unter 16 Jahren frühestens nach Ablauf des 25. Altersjahres des Opfers eintreten kann und dass diese Regel auch rückwirkend gilt, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Jugendstrafrechts am 1. Januar 2007 die Verfolgungsverjährung noch nicht
eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, verjährten doch die dem Beschuldigten vorgeworfenen Delikte nach altem Recht nach 10 Jahren (Art. 70 Abs. 2, Art. 189 Abs. 1 und Art. 190 Abs. 1 aStGB) und damit frühestens im Juni 2008, weshalb die Verfolgungsverjährung im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Art. 36 Abs. 2 JStG am 1. Januar 2007 noch nicht eingetreten war. Diese gesetzlich explizit normierte Rückwirkung steht offensichtlich in einem Spannungsverhältnis zu Art. 2 StGB (lex mitior). Um diese beiden Bestimmungen in Einklang zu bringen wird argumentiert, dass ein Beschuldigter, solange die Verjährung der Straftat noch nicht eingetreten sei, ständig damit rechnen müsse, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, weshalb er keine entlastenden Beweismittel beseitigen könne. Werde diese Verjährungsfrist verlängert, so erfahre seine
Rechtsposition im Grundsatz keine Verschlechterung (KILIAS/KUHN/DONGOIS/AEBI, Grundriss des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuches, Bern 2008, Rz 1639). Der Kerngehalt von Art. 2 StGB ist es zu verhindern, dass ein Beschuldigter für eine Handlung bestraft wird, die im Zeitpunkt der Tat nicht strafbar war, dass er eine Strafe erhält, die im Zeitpunkt der Tat für diese Handlung nicht angedroht wurde. Dieser Kerngehalt wird vorliegend respektiert. Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesrevision die Rechte des Opfers höher gewichtet als diejenigen des Täters. Die explizite gesetzliche Regelung in Art. 36 Abs. 2 JStG geht Art. 2 nach dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali vor. Im Ergebnis steht fest, dass die dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten nicht verjährt sind. Immerhin ist aber darauf hinzuweisen, dass die Verjährung weiter voranschreitet, mithin die erstinstanzliche Verurteilung den Lauf der Verjährung nicht stoppt, da Art. 97 Abs. 3 StGB gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. j JStG im Jugendstrafrecht nicht anwendbar ist und auch die altrechtliche Regelung keine entsprechende Norm kannte. Die Verjährung würde deshalb am 30. Juni 2018 eintreten.
1. Dem Beschuldigten wird in Ziffer I der Anklageschrift vorgeworfen, in der Zeit von Ende Juni 1998 bis längstens am 23. Dezember 2000 seine Halbschwester B. zehn bis zwölf Mal abends unter dem Vorwand, sie dürfe seinen
Computer benützen, ähnlichen Versprechungen in sein Zimmer im elterlichen Haus in C. SH gelockt und sie aufgefordert zu haben, sich auszuziehen. Dann habe er sich selber ausgezogen und seinen Penis zumindest in den Scheidenvorhof von B. eingeführt, welche deshalb Schmerzen gehabt, geweint und ihn aufgefordert habe aufzuhören, worauf er aber nicht eingegangen sei (mehrfache Vergewaltigung). Im selben Zeitraum soll er B. auf gleiche Weise mehr als zehn Mal in sein Zimmer gelockt haben, wo sich wiederum beide ausgezogen und er B. aufgefordert habe, seinen Penis in den Mund zu nehmen, was sie auch getan haben soll (Anklageziffer II.1., mehrfache sexuelle Nötigung). Schliesslich soll er in derselben Zeitspanne einmal in der ManorFiliale in Schaffhausen der Geschädigten auf die Toilette gefolgt und dort von vorne mit der Zunge den Genitalbereich von B. geleckt haben (Anklageziffer II.2., sexuelle Nötigung). Der Beschuldigte bestritt und bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe.
Die Vorinstanz hat sehr sorgfältig und ausführlich die massgebenden Beweismittel, die Grundsätze der Beweiswürdigung, insbesondere der Würdigung der Aussagen von Beschuldigten, Privatklägern und Zeugen genannt, die Glaubwürdigkeit der aussagenden Personen beleuchtet und die konkreten Aussagen unter Einbezug des Glaubhaftigkeitsgutachtens von Dr. phil. D. , Diplompsychologin E. und Dr. med. F. vom 4. Juli 2014 (Urk. 17/4) entsprechend diesen Grundsätzen gewürdigt (Urk. 49, S. 8-39). Auf diese zutreffenden Ausführungen kann, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, vollumfänglich verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO).
Ergänzend ist sodann festzuhalten, dass im vorliegenden Verfahren die Schwierigkeit darin besteht, dass Vorfälle beweismässig zu erstellen sind, welche sich mehr als 10 Jahre vor der Erstanzeige ereignet haben sollen. Sodann basiert die Anklage im Wesentlichen auf den Aussagen eines im Tatzeitpunkt fünfbis siebenjährigen Mädchens. Diese besondere Beweislage hat die Untersuchungsbehörde richtigerweise veranlasst, ein Glaubhaftigkeitsgutachten in Auftrag zu geben, welches sich u.a. auch über die generelle Zeugnistüchtigkeit der Privatklägerin zu äussern hatte. Die Gutachter stützten sich für ihre Einschätzung auf
eine testpsychologische Untersuchung der Privatklägerin und eine eigene Befragung sowie auf die Exploration ihrer Einvernahmen bei der Polizei, welche jeweils in Bild und Ton aufgenommen worden waren und den Gutachtern vorlagen
(Urk. 17/9, S. 21). Die Gutachter kommen zum Schluss, dass die Privatklägerin
eine unterdurchschnittliche Intelligenz mit einem Gesamtwert IQ 81 aufweist. Die Ergebnisse der kognitiven Abklärung hätten insbesondere ergeben, dass im Verbalteil (IQ 73) und im Sprachverständnis (IQ 69) unterdurchschnittliche Werte vorlägen. Diese eingeschränkten verbalen Fähigkeiten würden sich in einem kleinen Wortschatz und deshalb auch wortarmen Beschreibungen manifestieren
(Urk. 17/9, S. 21). Der Privatklägerin fehle deshalb zuweilen das exakte Wort für eine bestimmte Sache, weshalb sie dann oft nur Dings sage. Weiter seien gewisse Verständnisschwierigkeiten zu beobachten, wenn Fragen mit erhöhter Komplexität gestellt würden, wie zum Beispiel, welche Geräusche eine Person, welche im ersten Stock in der Küche stehe, aus dem hinteren Kinderzimmer im zweiten Stock hätte hören können (vgl. dazu z.B. Urk. 14/8/2, S. 63). Die Fragen müssten deshalb möglichst einfach formuliert werden. Insgesamt werden der Privatklägerin aber sowohl die kognitiven als auch die psychischen Voraussetzungen zur Erstattung einer gerichtsverwertbaren Aussage attestiert. Sie sei in der Lage, über selbst erlebte Ereignisse zu berichten, und damit allgemein zeugnistüchtig (Urk. 17/9, S. 21). Diese Einschätzung der Gutachter ist gut fundiert und überzeugend.
Der Verteidiger des Beschuldigten macht geltend, dass unüberwindliche Zweifel an der Schuld seines Mandanten bestünden, weshalb es nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu einem Freispruch kommen müsse (Prot. I, S. 7). Die begründeten Zweifel verortet er zunächst im Zusammenhang mit der Strafanzeige bei der Kantonspolizei Schaffhausen, welche am 22. März 2011 erfolgte (Prot. I, S. 8; Prot. II, S. 15 f.). Der Polizeirapport gebe sehr plastisch wieder, wie die Privatklägerin von Übergriffen seitens des Beschuldigten berichte und ganz unvermittelt auch Übergriffe des Vaters nenne und anfüge, dass sie Letzteren aber nicht anzeigen wolle. Sodann habe sie angegeben, bereits vor vier Jahren der Mutter von den Übergriffen des Vaters berichtet zu haben. Danach hätten diese aufgehört. Es sei völlig unverständlich, dass sie damals gegenüber der Mutter
nichts von angeblichen Übergriffen seitens des Bruders gesagt habe. Abschliessend habe sich die Privatklägerin im Rahmen der Strafanzeige dann doch dahingehend geäussert, die Bestrafung von Stiefbruder und Vater zu wollen. Aus diesem inkongruenten Anzeigeverhalten leitet die Verteidigung ab, dass die Privatklägerin die Anzeige gegen den Stiefbruder vorgeschoben habe. Sie sei wegen der Übergriffe des Vaters derart unter Druck gestanden und verzweifelt gewesen, dass sie endlich gegen aussen habe treten müssen. Insbesondere nachdem sie habe feststellen müssen, dass die Mutter ihre Offenbarung nicht beachtet habe. Wenn die Privatklägerin während der Anzeige verklausuliert angegeben habe, auch vom Vater missbraucht worden zu sein, um sofort nachzuschieben, dass sie dessen Bestrafung nicht wolle, habe sie gespürt, dass sie damit wohl nicht gerade überzeugend aufgetreten sei, weshalb sie abschliessend die Bestrafung von beiden verlangt habe. Die Anzeige gegen den Stiefbruder, zu welchem sie ein problematisches Verhältnis gehabt habe, habe offensichtlich als Vehikel gedient, um den Vater anzuzeigen, der dann ja auch verurteilt worden sei. Hinter der Anzeige gegen den Stiefbruder stünden effektiv aber keine realen Erfahrungen (Prot. I, S. 8-9).
Der Orientierungsbericht des Polizisten G. von der Schaffhauser Polizei (Urk. 1/1) beschreibt die Umstände der Anzeigeerstattung durch die Privatklägerin und fasst ihre ersten Aussagen zusammen. Gemäss diesem Bericht hat die Privatklägerin angegeben, sie sei vor zehn Jahren, als sie sieben Jahre alt gewesen sei, von ihrem Stiefbruder, welcher 13 Jahre alt gewesen sei, sexuell missbraucht worden. Er habe sie in sein Zimmer gelockt, die Türe abgeschlossen und ihr gesagt, dass, wenn sie gewisse Handlungen mache, er sie unter anderem mit Süssigkeiten belohnen würde. Sie habe dann getan, was er gewollt habe. Er habe sie angefasst und sie habe sich ausziehen und seinen Penis in den Mund nehmen müssen. Weiter habe er mehrmals den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen. Beim ersten Mal habe sie stark geblutet. Er habe nie ein Kondom gebraucht und sei, soweit sie sich zu erinnern vermöge, meistens zum Samenerguss gekommen. Der Beschuldigte habe sich während etwa einem Jahr an ihr vergriffen. Darauf habe er die Familie verlassen müssen, weil er mit einem Messer auf die Mutter losgegangen sei. Er habe dann in einer Pflegefamilie in Zürich gelebt. Sie pflege keinen Kontakt mehr zu ihm (Urk. 1/1 S. 3). Mitten in der Einvernahme habe die Privatklägerin sodann angegeben, dass die Vorfälle mit ihrem Stiefbruder nach denen mit ihrem Vater begonnen hätten. Auf Nachfrage habe sie erklärt, dass sie auch von ihrem Vater missbraucht worden sei. Sie wolle ihn aber nicht anzeigen, denn sie wohne ja mit der Mutter und ihm zusammen in seinem Haus. Der Vater habe sie, wenn sie alleine zu Hause gewesen seien, ins Schlafzimmer geholt. Dort habe er sie angefasst und sei mit seinen Fingern in sie eingedrungen. Sie habe nie Handlungen an ihm vornehmen müssen. Weiter habe die Privatklägerin ausgeführt, dass sie ihrer Mutter vor vier Jahren davon berichtet habe. Diese sei schockiert gewesen. Weiter hätten sie nichts unternommen. Nach diesem Gespräch hätten allerdings die Übergriffe aufgehört. Abschliessend habe die Privatklägerin erklärt, sie wolle mit dieser Anzeige bewirken, dass ihr Vater und ihr Stiefbruder für diese Handlungen bestraft würden (Urk. 1/1 S. 3 f.).
Was die Verteidigung des Beschuldigten aus diesem Orientierungsbericht ableitet, überzeugt nicht. Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht ungewöhnlich erscheint, dass ein fünfbis siebenjähriges Mädchen nicht die Kraft und Einsicht hat, einen Missbrauch sofort zu melden. Die Entstehungsgeschichte der Erstanzeige wird von der Privatklägerin sodann nachvollziehbar dargelegt. Gemäss ihren Aussagen hat sie im Alter von 13 Jahren (also im Jahr 2006) ihrer Mutter andeutungsweise von den sexuellen Handlungen erzählt. Entgegen der Behauptung der Verteidigung hielt die Privatklägerin in ihrer Einvernahme klar fest, dass sie damals sowohl ihren Vater als auch ihren Bruder A. gegen- über der Mutter erwähnte (mit dene zwei; ich ha eifach gseit, sie händ mi irgenwo aglanged, wo n'ich nüd will.; Vo beidne gredet.; Urk. 14/8/2, S. 73). Die Mutter habe das zur Kenntnis genommen, aber keine weiteren Schritte eingeleitet. Dies wird von der Mutter bestätigt (Urk. 15/3, S. 22). Erst im Jahr 2011, kurz vor der Anzeige, thematisierte die Privatklägerin die sexuellen Handlungen von sich aus erneut. Sie habe das Gespräch mit ihrer damaligen Klassenlehrerin gesucht und ihr andeutungsweise von diesen Übergriffen berichtet. Die Lehrerin habe ihr dann geraten, die Telefonnummer 147 anzurufen, welche sie dann an die kantonale Opferhilfestelle verwiesen habe (Urk. 1/9/2, S. 6). Die Lehrerin H. selbst erinnerte sich nicht mehr daran, dass die Privatklägerin mit ihr über sexuelle Übergriffe gesprochen und sie ihr den genannten Ratschlag gegeben habe. Sie vermutet, dass das Gespräch für die Privatklägerin eine andere Bedeutung gehabt haben könnte und sie die Andeutungen nicht klar verstanden habe (Urk. 15/6, S. 7 ff.). Diese Erklärung der Lehrerin ist nachvollziehbar, zumal die Privatklägerin nur kurze Zeit (5 Monate) bei H. zur Schule ging und ihr deshalb nicht besonders in Erinnerung geblieben ist (Urk. 15/6, S. 3). Dass die Lehrerin nicht alle Andeutungen der Privatklägerin eindeutig verstanden hat, lässt sich mit den erwähnten eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten der Privatklägerin im Verbalteil und Sprachverständnis in Einklang bringen. Im Orientierungsbericht wird weiter ausgeführt, dass sich die Privatklägerin in der Folge an die Telefonberatung für Kinder und Jugendliche (Telefonnummer 147) wandte, welche sie an die Opferberatungsstelle verwies. Nach dem Gespräch mit I. von der Opferberatung erstattete die Privatklägerin bereits am folgenden Tag Anzeige bei der Schaffhauser Polizei. Bereits bei der Polizei schilderte sie die schweren sexuellen Übergriffe des Beschuldigten mit Penetration und Oralverkehr, während sie bezüglich der Übergriffe des Vaters ausführte, er habe sie an der Scheide angefasst und seinen Finger in die Scheide eingeführt. Diese in ihrer Intensität doch deutlich divergierenden sexuellen Übergriffe hat die Privatklägerin in allen nachfolgende Befragungen detailliert beschrieben und im Kern bestätigt. Der Umstand, dass sich die hier erstmals dokumentierten Vorwürfe gegen den Vater im Nachhinein als zutreffend und wahr erwiesen haben, stärken die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin auch, soweit sie die hier erstmals geschilderten Übergriffe des Beschuldigten betreffen. Im gegen den Vater geführten Strafverfahren vor dem Kantonsgericht Schaffhausen wurde dieser am 30. Oktober 2013 wegen mehrfacher Schändung und mehrfacher sexueller Handlung mit einem Kind zu 2
½ Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, wobei 6 Monate vollzogen wurden (beigezoge-
ne Akten des Kantonsgerichts Schaffhausen, pag. 470 ff.). Der Vater hat in der gegen ihn geführten Strafuntersuchung bei der Staatsanwaltschaft Schaffhausen zugegeben, der Privatklägerin in die Unterhose gegriffen und sie an der Scheide berührt zu haben sowie mit seinen Fingern leicht in die Scheide eingedrungen zu sein (Urk. 5/2, S. 2). Er erklärte, dass die Privatklägerin die Nähe zu ihm gesucht habe. Er habe das falsch interpretiert und empfunden, dass sie so etwas möchte
(Urk. 5/2, S. 2). Auch bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft Zürich am 23. Oktober 2013 gab er die Übergriffe zu und bestätigte, dass dies in der Zeitspanne vorgefallen sei, als die Privatklägerin 5 bis 13 Jahre alt gewesen sei (Urk. 16/3, S. 19). Diese Umstände bestärken die Vermutung, dass die Aussagen der Privatklägerin wahr sind. Nachvollziehbar erscheint sodann, dass die Privatklägerin zunächst die von ihrer Intensität her schwerwiegenderen Übergriffe des Beschuldigten anzeigen wollte, während sie die Übergriffe des Vaters quasi nebenbei auch erwähnte. Die zögerliche Anzeige gegen den Vater belegt nach Ansicht des Gerichts nicht, dass die Anzeige gegen den Beschuldigten als Vehikel für die eigentlich gewollte Anzeige gegen den Vater gedient haben soll, sondern vielmehr, dass die Anzeige gegen den Vater eine Folge der hauptsächlich gewollten Anzeige gegen den Beschuldigten war. Diese Einschätzung findet schliesslich noch eine weitere Stütze in den Aussagen des Vaters über die Umstände, unter denen er von der Strafanzeige erstmal Kenntnis erhalten habe. Dazu befragt führte er bei der Jugendanwaltschaft Zürich-Stadt aus, dass ihm die Privatklägerin unmittelbar nach der Anzeige in Schaffhausen telefoniert und eröffnet habe, dass sie ihn und den Beschuldigten angezeigt habe, wobei sie ergänzt habe, dass das von A. viel heftiger gewesen sei (Urk. 16/3, S. 21). Dabei sollen die Übergriffe des Vaters in keiner Weise verharmlost werden, zumal sie von einer erwachsenen Person, ja sogar vom eigenen Vater erfolgten. Der graduelle Unterschied des Einwirkens auf die Privatklägerin ist aber gleichwohl deutlich, steht doch das passive Berührtwerden mit dem Finger an der Scheide ohne offenkundige sexuelle Befriedigung des Täters, der mehrfachen Penetration von Scheide und Mund durch den Penis mit anschliessendem Samenerguss gegenüber.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Umstände, welche zur Erstanzeige bei der Schaffhauser Polizei führten, keine wesentlichen und unüberwindlichen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der Privatklägerin, auf welche sich die Anklage und die erstinstanzliche Verurteilung stützen, zu begründen vermögen.
Der Verteidiger des Beschuldigten bezeichnete in seinem Plädoyer vor der Vorinstanz sodann die Befragungen des Beschuldigten als weiteren Punkt, welcher zu unüberwindlichen Zweifeln an dessen Schuld und damit am Wahrheitsgehalt der angeklagten Vorwürfe führen müsse (Prot. I, S. 9). Er betonte, dass das Aussageverhalten des Beschuldigten von Beginn an kompromisslos klar gewesen sei. Es zeige sich, dass hier nicht ein Beschuldigter spreche, der einfach alles bestreiten wolle und der ohnehin schon geahnt hätte, dass auf ihn etwas zukommen könne. Es falle auch auf, dass er der Privatklägerin nicht böse sei, sondern dieser gleichgültig gegenüberstehe. Es sei wahrscheinlich, dass er die Zwangslage der Privatklägerin nachvollziehen könne, in welche sie zufolge der Übergriffe des Vaters und der schwierigen Familienkonstellation geraten sei (Prot. I, S. 9). Sodann verwies er darauf, dass die Privatklägerin zwar geltend mache, so lange nichts von diesen Übergriffen gesagt zu haben, weil sie Angst gehabt habe. Dann habe sie aber offenbar Angst gehabt, als der Beschuldigte bereits den Familienkreis verlassen hätte und ins Heim übergetreten sei und danach nur noch marginalen Kontakt mit der Familie gehabt habe. Die Privatklägerin habe aber offenbar keine Angst davor gehabt, der Mutter von den Übergriffen seitens des Vaters zu erzählen. Daraus folgert er, dass die Privatklägerin keine Angst davor gehabt habe, über wahre Not zu berichten, mithin über das, was ihr vom Vater
zugefügt worden sei. Sie habe auch keine Angst vor dem Beschuldigten. Sie habe einfach auf diesen bezogen eine Hemmung gehabt, ihn fälschlicherweise zu belasten (Prot. I, S. 10).
Diesen Ausführungen des Verteidigers ist zunächst einmal zu entgegnen, dass die Privatklägerin der Mutter im Jahr 2006 nicht nur von Übergriffen des Vaters, sondern auch des Beschuldigten berichtet hat. Dies führte nicht nur die Privatklägerin anlässlich der 2. Videobefragung durch die Kantonspolizei Zürich vom 25. September 2013, sondern auch die Mutter, J. , anlässlich ihrer Befragung als Zeugin am 23. Oktober 2013 vor der Jugendanwaltschaft Zürich-Stadt explizit aus (Urk. 15/3, S. 22). Sodann ist in zeitlicher Hinsicht festzuhalten, dass die Übergriffe des Beschuldigten in den Jahren 1998 bis 2000 stattgefunden haben sollen und er 1998 ins Heim K. eingetreten ist. Gemäss Aussagen der Privatklägerin haben die sexuellen Übergriffe auch dann angedauert, als der Beschuldigte im Heim K. war, und zwar jeweils an den Wochenenden, die er damals noch bei der Familie verbrachte (Urk. 14/8/2, S. 67 f.). Dass er zu Beginn seiner Zeit im K. die Wochenenden bei seiner Familie verbracht hatte, hat
der Beschuldigte bei seiner ersten Einvernahme bestätigt (Urk. 9/3, S. 3 ff.). Aus diesen Aussagen und Umständen lässt sich nichts ableiten, was für die These der Verteidigung, dass die Privatklägerin Übergriffe des Vaters fälschlicherweise dem Beschuldigten anlasten möchte, spräche. Die Privatklägerin hat ihre Ängste und Gründe für das lange Verschweigen der Übergriffe sodann zusammengefasst dahingehend beschrieben, dass sie als kleines Mädchen Angst hatte, etwas Falsches zu machen und vom Vater dem Beschuldigten eine Tracht Prügel zu bekommen (Urk. 14/8, S. 42 f.). Der Beschuldigte habe gegen die Mutter schon Gewalt angewandt, als er in den Ferien mit einem Küchenmesser auf sie losgegangen sei. Dies habe ihre Angst verstärkt (Urk. 14/8, S. 25). Dass die Privatklägerin vom Beschuldigten zuweilen geschlagen wurde, hat dieser sodann anerkannt (Urk. 9/3, S. 4). Die Privatklägerin hat weiter ausgeführt, dass der Beschuldigte ihr gegenüber seine Taten von Anfang an damit gerechtfertigt habe, dass sie das [die sexuellen Handlungen] lernen müsse, damit sie später wisse, wie es gehe (Urk. 14/8/2, S. 69). Schliesslich habe sie auch von der Mutter keine Hilfe erwartet, da diese kaum für sie eingestanden sei (Urk. 14/8/2, S. 43). Dass alle diese Umstände die noch sehr junge Privatklägerin insgesamt davon abgehalten haben, bereits vor 2006 von den Übergriffen zu berichten, ist nachvollziehbar. Ebenfalls dass sie nach der verhaltenen Reaktion der Mutter auf ihren Hinweis im Jahr 2006, in welcher sich ihre Befürchtungen, man nehme sie nicht ernst, bewahrheiteten, nochmals fünf Jahre zuwartete, bis sie sich zu einer Strafanzeige durchringen konnte.
Sodann ist festzuhalten, dass das Aussageverhalten des Beschuldigten nicht wie vom Verteidiger ausgeführt in besonderem Masse überzeugend, sondern vielmehr karg und teilnahmslos erscheint. Es erweckt den Eindruck, dass ihn das Verfahren nur mässig interessiert. Den Zeugeneinvernahmen blieb er fern (Urk. 15/3; 15/6; 15/8). Als mögliche Motivation der Privatklägerin für eine Falschaussage nannte er Eifersucht wegen seines besseren Einvernehmens mit der Gotte (Urk. 36, S. 9; Prot. II, S. 13). Das ist wenig stringent und insgesamt nicht überzeugend.
Der Verteidiger des Beschuldigten verwies weiter auf die Aussagen der Privatklägerin zu Beginn der zweiten Videobefragung am 25. September
2013. Auf die Frage, ob sie noch wisse, was sie bei der ersten Videobefragung gesagt habe, habe die Privatklägerin mit Nein geantwortet. Die direkt anschliessende Frage, ob das, was die damals gesagt habe, der Wahrheit entsprochen habe, habe sie dann aber bejaht (Prot. I S. 11 f.). Daraus schliesst der Verteidiger, dass die Privatklägerin in der ersten Videobefragung von Dingen erzählt habe, die sie tatsächlich nicht erlebt hätte, denn sonst hätte sie sich zumindest im Kern noch an diese erinnert. Und kompensatorisch hätte sie den Stiefbruder mit härteren Fakten belastet als den Vater, bei welchem sie differenziert und wahrheitsgetreu die tatsächlichen Übergriffe beschrieben hätte. Auch diese Umstände würden zu unüberwindbaren Zweifeln an der Schuld des angeblichen Täters führen (Prot. I, S. 11).
Auch hier deckt sich die Einschätzung des Gerichts nicht mit derjenigen der Verteidigung des Beschuldigten. Die zitierten Antworten der Privatklägerin manifestieren nach Ansicht des Gerichts zunächst einmal, dass die Privatklägerin keinerlei Interesse an einer falschen Belastung des Beschuldigten hatte. Andernfalls hätte sie die Frage der Polizistin, ob sie sich noch an ihre Aussagen anlässlich der ersten Videobefragung erinnern könne, bejaht und die auswendig gelernte Geschichte wiedergegeben. Vorliegend zeigt die Privatklägerin mit ihrer Antwort aber gerade, dass sie nur die Wahrheit sagen und keinesfalls lügen will. Und deshalb antwortet sie wahrheitsgemäss, dass sie sich nicht mehr an ihre Aussagen, die sie vor etwa zwei Jahren gemacht hatte, erinnern könne. Hingegen ist es durchaus folgerichtig, wenn sie nun die zweite Frage, ob sie damals die Wahrheit gesagt habe, bejaht. Damit macht sie klar, sich zwar nicht mehr an alles erinnern zu können, was sie damals ausgeführt hatte, aber gleichwohl zu wissen und sicher zu sein, dass sie auch damals nichts als die Wahrheit gesagt hatte. Dass sich die Privatklägerin im Übrigen an den Kern ihrer Aussagen aus dem Jahr 2011 erinnern konnte ja nicht nur an den Kern, sondern auch an sehr viele Details zeigte sie in der nachfolgenden Befragung eindrücklich auf. Dies wird auch im Anhang I zum Glaubhaftigkeitsgutachten dokumentiert, wo ihre Aussagen zum Kerngeschehen anlässlich der drei Einvernahmen in einer Konstanz-Tabelle dargestellt werden (Urk. 17/9, Anhang I). Im Ergebnis stützen auch diese Überlegungen die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin.
Es bleiben schliesslich die Einwände des Beschuldigten gegen das Glaubhaftigkeitsgutachten. Zunächst moniert die Verteidigung des Beschuldigten, dass im Gutachten Entwicklungsdefizite und Einschränkungen in den kognitiven Fähigkeiten der Privatklägerin festgestellt, hingegen keine Konsequenzen für die Glaubhaftigkeit diskutiert worden seien (Prot. I, S. 11). Insbesondere stört sich die Verteidigung an folgender Konklusion im Gutachten: Die Aussagequalität ist bei Berücksichtigung ihrer [der Privatklägerin] kognitiven Einschränkungen als besonders hoch einzustufen. Das Gutachten würde hier insinuieren, dass zwischen den kognitiven Fähigkeiten einer Aussagenden und der Qualität der Aussagen kein Zusammenhang bestehe. Wirklich befremdlich sei, dass das Gutachten dann den Schluss ziehe, die Aussage der Privatklägerin weise eine hohe Aussagequalität auf, die den Schluss erlaube, dass die Aussagen auf realen Erlebnissen beruhten (Prot. I. S. 12).
Diesem Einwand ist mit den Gutachtern zu entgegnen, dass die kognitiven Fähigkeiten im Abgleich mit der Aussagequalität sehr wohl einen massgebenden Einfluss auf die Konklusion, dass eine Aussage auf realen Erlebnissen basiere, haben. Wer sehr hohe kognitive Fähigkeiten hat, wäre auch in der Lage, eine erfundenen Geschichte mit einem hohen Detaillierungsgrad und einer hohen Konstanz vorzutragen. Hier müssten weitere und andere Kriterien in den Vordergrund rücken, um die Wahrheitshypothese zu stützen. Bei jemandem mit beschränkten, schwachen kognitiven Fähigkeiten, wie dies bei der Privatklägerin der Fall ist, ist der hohe Detaillierungsgrad und die Konstanz der Aussage über mehrere Jahre hingegen ein deutliches Indiz für die Wahrheitshypothese. Dies ist der Sinn der zitierten Aussage im Gutachten, und er ist richtig.
Unter Hinweis auf die Aktennotiz der Jugendanwaltschaft Zürich über die Anfrage zur Erstellung eines Gutachtens an Frau Dr. L. , Zentrum für Kinderund Jugendpsychiatrie der Universität Zürich, Kinderund Jugendforensik (Urk.1/8), macht die Verteidigung des Beschuldigten generelle Vorbehalte gegen- über dem Glaubhaftigkeitsgutachten geltend. Dr. L. habe ausgeführt, dass ein Glaubhaftigkeitsgutachten bei grossem zeitlichem Abstand zwischen dem angeblichen Ereignis und dem Begutachtungszeitpunkt kaum erstellt werden könne.
Alle die vielen zwischenzeitlichen Interaktionen könnten dann kaum mehr nachvollzogen werden. Diese Problematik sei im vorliegenden Gutachten überhaupt nicht diskutiert worden (Prot. I, S. 12; Prot. II, S. 17 f.).
Auch dieser Einwand lässt sich nicht stützen. Die genannte Problematik wird im Glaubhaftigkeitsgutachten konkret angesprochen. Die Gutachter wurden nämlich gefragt, welche Auswirkungen die Tatsache, dass die Vorwürfe zeitlich weit zurück liegen, auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin hat (Urk. 17/9, S. 53, Frage 8). Sie führten dazu aus, dass je zeitnaher eine Aussage gemacht werde, desto günstiger dies für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Aussage sei. Einzelheiten zum Kerngeschehen, insbesondere bei starker emotionaler Erregung, würden im Gehirn aber lange gespeichert, während periphere Details im Zeitverlauf verschwimmen könnten. Speicherung und Abrufen würden von den Ressourcen (Alter, kognitive Fähigkeiten) eines Zeugen abhängen. Je eingeschränkter die kognitiven Fähigkeiten eines Zeugen seien und je weiter zurück die Kindheitserlebnisse lägen, desto schwieriger könne das detailgetreue Speichern und Abrufen der Erlebnisse sein. Vorliegend würden die Erlebnisse zwar weit zurück liegen. Gleichwohl habe die Privatklägerin diese ausreichend detailliert geschildert. Weiter wurde ausgeführt, dass die Erkenntnisse der Gedächtnispsychologie zeigen würden, dass erlebte Traumata als Ganzes nicht vergessen würden, aber mit der Zeit in ihrer Genauigkeit verblassen und im Detaillierungsgrad eine Abnahme erleiden würden. Die Gefahr liege darin, dass dieser Mangel an Details mit suggestiven Inhalten gefüllt werden könne. Im vorliegenden Fall gebe es aber keinerlei Hinweise auf eine solche suggestive Beeinflussung der Aussage der Privatklägerin durch nachträgliche Einflüsse. Auch wenn die Erlebnisse, welche die Privatklägerin schildere, zeitlich weit zurück lägen, sei ihre Aussage qualitativ so ausreichend, dass man gestützt darauf den konkreten Realitätsbezug beurteilen könne (Urk. 17/9, S. 53 Antwort zu Frage 8). Dabei stützt sich das Gutachten auf eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Aussagen der Privatklägerin. Diese wurden auf allgemeine Realkennzeichen, inhaltliche Besonderheiten, motivationsbezogene und deliktsspezifische Inhalte und Strukturgleichheit überprüft und danach einer Konstanzanalyse, einer Motivationsanalyse und einer Suggestionsanalyse unterzogen, und schliesslich wurden die Hypothesen der bewussten Lüge, der Beein-
flussung durch Suggestion und die der Übertragung (von jemand anderem auf den Beschuldigten) entgegen der Auffassung der Verteidigung geprüft und verneint (Urk. 17/9, S. 24-54; Prot. II, S. 18). Das Gutachten schliesst mit dem Ergebnis, dass trotz der langen Zeit zwischen den Erlebnissen und der Anzeige resp. den Befragungen die Realitätshypothese, also die Hypothese, dass die Aussagen der Privatklägerin zu den sexuellen Übergriffen seitens des Beschuldigten auf wahren Erlebnissen basiere, bejaht werden könne. Diese Einschätzung ist fundiert und überzeugend.
5. Die Vorinstanz hat die Aussagen der Privatklägerin, des Beschuldigten, des Vaters der Privatklägerin als Auskunftsperson, der Mutter des Beschuldigten und der Privatklägerin, der Lehrerin der Privatklägerin und der Mitarbeiterin der ehemaligen Opferberatung Schaffhausen als Zeugen sowie die weiteren Beweismittel (Fotobogen zum Türschloss, Therapie und Arztberichte) sorgfältig und korrekt dargelegt und gewürdigt (Urk. 49, S. 9-39). Auf diese zutreffenden Erwägungen kann verwiesen werden. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der angeklagte Sachverhalt durch die detailreichen, konstant vorgetragenen, durch zahlreiche Realitätskriterien gestützten, suggestionsfreien und nicht (vom Vater auf den Beschuldigten) übertragenen Aussagen der Privatklägerin erstellt ist. Die Bestreitungen des Beschuldigten vermögen diese Einschätzung, welche durch die Aussagen der Auskunftsperson und der Zeugen abgerundet wird, nicht zu erschüttern.
Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz wie auch bereits der Jugendanwaltschaft Zürich-Stadt ist zutreffend. Sie wurde vor Vorinstanz eventualiter auch vom Verteidiger des Beschuldigten anerkannt (Prot. I S. 14). Es liegen weder Rechtfertigungsnoch Schuldausschlussgründe vor. Dementsprechend ist der Beschuldigte anklagegemäss der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von
Art. 190 Abs. 1 StGB sowie der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von
Art. 189 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
Die Vorinstanz hat die anwendbaren altrechtlichen Grundlagen für eine Strafbefreiung richtig dargelegt. Auf diese Erwägungen ist vorab zu verweisen (Urk. 49, S. 39-42). Insbesondere hat die Vorinstanz richtig erkannt, dass Art. 88 Abs. 4 aStGB normierte, dass für von Kindern nach vollendetem siebten, aber vor dem vollendetem 15. Altersjahr verübte Delikte von jeder Massnahme Disziplinarstrafe abgesehen werden kann, wenn seit der Tat drei Monate verstrichen sind. Unter Verweis auf BGE 100 IV 17, 20 f., E. 1.a sei dabei zu prüfen, ob das Verhalten des fehlbaren Jugendlichen während der drei Monate nach der Tat den Schluss auf eine innere Umkehr rechtfertige und jener keiner strafrechtlichen Sanktion bedürfe. Dabei seien Art und Schwere der Tat zu berücksichtigen und die persönlichen Verhältnisse des Jugendlichen in Betracht zu ziehen. Die Vorinstanz hat weiter erwogen, dass vorliegend die Art und Schwere der Taten des Beschuldigten klar gegen eine Strafbefreiung sprechen würden. Anderseits ist aber zu berücksichtigen, dass die im Gesetz genannte dreimonatige Frist schon längst abgelaufen ist und der Beschuldigte seit seinen Taten während mehr als 15 Jahren nicht mehr straffällig geworden ist (Urk. 25/1). Auch sind seither keinerlei sexuelle Auffälligkeiten zu Tage getreten. Bei dieser Sachlage könne von einer inneren Umkehr ausgegangen werden, auch wenn diese angesichts der Bestreitungen des Beschuldigten und dessen mangelnder Reue Einsicht äusserlich nicht auszumachen seien. Im Tatzeitpunkt möge zwar eine Störung in der persönlichen Entwicklung des Beschuldigten vorgelegen haben. Da es seither jedoch zu keinen weiteren Vorfällen gekommen sei, spreche viel dafür, dass die damaligen Defizite nicht mehr vorhanden seien. Deren Behandlung im Rahmen einer Mass-
nahme wäre aufgrund der eingetretenen Vollstreckungsverjährung (Art. 86bis
Abs. 3 aStGB) ohnehin nicht mehr möglich. Darüber hinaus erscheine das Strafbedürfnis gering, insbesondere unter Berücksichtigung der möglichen Strafen eines Verweises, einer Arbeitsleistung eines Schularrests von einem bis zu sechs Halbtagen (Art. 87 Abs. 1 aStGB). Diese Erwägungen der Vorinstanz sind in jeder Hinsicht zutreffend und deshalb zu bestätigen.
In Nachachtung der dargelegten Umstände ist in casu in Anwendung von Art. 88 Abs. 4 aStGB in Verbindung mit Art. 2 StGB von einer Strafe Massnahme für den Beschuldigten abzusehen.
1. Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zusprechung von Schadenersatz und Genugtuung im Jugendstrafverfahren zutreffend dargelegt, die Privatklägerin mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg verwiesen und ihr eine Genugtuung von Fr. 10'000.- nebst Zins zu 5% seit dem
Oktober 1999 (mittlerer Verfall) zugesprochen. Auf ihre Erwägungen ist vorab
zu verweisen (Urk. 49, S. 42-45). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Jugendstrafverfahren eine Verpflichtung des Beschuldigten zu Schadenersatzund Genugtuungszahlungen nur insoweit möglich ist, als er die Forderungen anerkannt hat diese durch die Strafakten klar ausgewiesen sind. Für einen Entscheid über die grundsätzliche Schadenersatzpflicht eines Beschuldigten besteht im Jugendstrafverfahren keine genügende gesetzliche Grundlage (JOSITSCH et al., JStPO Kommentar, Zürich 2010, Art. 34 N 9). Bis dato wurde der materielle Schaden der Privatklägerin nicht beziffert. Entsprechend ist die Privatklägerin mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des ordentlichen Zivilprozesses zu verweisen.
Auch bezüglich der Genugtuung hat die Vorinstanz richtig ausgeführt, dass die sexuellen Übergriffe auf die Privatklägerin eine schwere Verletzung ihrer körperlichen, insbesondere sexuellen, wie auch der psychischen Integrität darstellten. Sie hat die Beeinträchtigungen der Privatklägerin aufgeführt wie auch die neuere Gerichtspraxis, welche bei Vergewaltigungen eine Basisgenugtuung von Fr. 25'000.bis Fr. 30'000.- und bei sexueller Nötigung eine solche von
Fr. 25'000.für angemessen erachte. Angesichts der Tatsache, dass der Täter im
Zeitpunkt der Tat ebenfalls noch ein Kind war, ist dieser zu einer etwas tieferen Genugtuung zu verpflichten. Die Privatklägerin verlangt eine Genugtuung von
Fr. 10'000.-, welche Summe ihr durch die Vorinstanz zugesprochen wurde. Auch der Vater der Privatklägerin wurde mit Urteil des Kantonsgerichts Schaffhausen vom 30. Oktober 2013 verpflichtet, dieser dieselbe Summe zu bezahlen (bzw. anerkannte diesen Betrag; Urk. 47, Faszikel II, S. 15). Verglichen mit dem deliktischen Verhalten des Vaters erscheint die von der Privatklägerin geforderte Summe dem Beschuldigten gegenüber als zu hoch, da im ersten Fall die Übergriffe
von einer erwachsenen Person und über einen deutlich längeren Zeitraum hinweg erfolgten. Der Beschuldigte ist demnach zu verpflichten, der Privatklägerin eine Genugtuung von Fr. 7'000.- nebst Zins zu 5% seit dem 1. Oktober 1999 zu bezahlen.
Der Beschuldigte beantragte neben einem Freispruch und der Abweisung der Zivilansprüche der Privatklägerin seinerseits die Zusprechung einer Genugtuung an ihn in der Höhe von Fr. 8'000.-. Nachdem der Beschuldigte aber schuldig zu sprechen ist, besteht für eine solche Genugtuung kein Raum. Die Genugtuungsforderung des Beschuldigten ist abzuweisen.
Die Verfahrenskosten werden grundsätzlich von dem Kanton getragen, in dem das Urteil gefällt wurde (Art. 44 Abs. 1 JStPO). Die Artikel 422-428 StPO gelten sinngemäss (Art. 44 Abs. 2 JStPO). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Vorliegend unterliegt der Beschuldigte im Berufungsverfahren vollumfänglich. Die Reduktion der Genugtuung beruht auf einem wohlwollenden Ermessensentscheids des erkennenden Gerichts. Dem Beschuldigten sind deshalb grundsätzlich die Kosten aufzuerlegen. Von diesem Grundsatze abzuweichen, weil der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Tat noch ein Kind war, besteht kein Anlass, ist er doch heute erwachsen und kommt selbständig für seinen Lebensunterhalt auf. Die erstinstanzliche Kostenregelung, in welcher der unterliegende Beschuldigte nur zur Kostentragung für einen Viertel verpflichtet wurde, ist nur vom Beschuldigten angefochten worden, weshalb sich eine Verschlechterung zu seinen Lasten verbietet. Die erstinstanzliche Kostenregelung ist deshalb zu bestätigen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung (in Höhe von Fr. 3'100.inkl. MwSt.) und der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin (in Höhe von Fr. 2'500.inkl. MwSt.) für das Berufungsverfahren sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei
eine Nachforderung nach Art. 25 Abs. 2 JStPO i.V.m. Art. 426 Abs. 1 und Abs. 4
StPO, Art. 138 Abs. 1 und Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten bleibt.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Jugendgerichts Zürich vom 6. Juli 2015 bezüglich Dispositivziffern 5 (Kostenfestsetzung), 7 und 8 (Kostenauflage amtliche Verteidigung und unentgeltliche Rechtsverbeiständung) in Rechtskraft erwachsen ist.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Jugendgerichts Zürich vom 6. Juli 2015 bezüglich Dispositivziffer 4 (Genugtuung) insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als das Zinsbegehren teilweise abgewiesen wurde.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
der mehrfachen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB sowie
der mehrfachen sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB.
Von einer Strafe Massnahme wird abgesehen.
Die Privatklägerin wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin Fr. 7'000.zuzüglich 5 % Zins ab 1. Oktober 1999 als Genugtuung zu bezahlen.
Die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositiv Ziffer 6) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 1'500.00 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 3'100.00 amtliche Verteidigung
Fr. 2'500.00 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht bleibt vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
den Beschuldigten (übergeben)
die amtliche Verteidigung (übergeben)
die unentgeltliche Rechtsvertreterin der Privatklägerin im Doppel für sich und die Privatklägerin (übergeben)
die Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich sowie hernach in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung zweifach, für sich und den Beschuldigten
die unentgeltliche Rechtsvertreterin der Privatklägerin im Doppel für sich und die Privatklägerin
die Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an die Vorinstanz.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 16. Februar 2016
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Burger
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Aardoom
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