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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB150122
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB150122 vom 04.09.2015 (ZH)
Datum:04.09.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Versuchter Betrug etc.
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Versicherung; Polizei; Aussage; Verteidigung; Recht; Richt; Aussagen; Rechtspflege; Schaden; Befragung; Irreführung; Stühle; Prot; Gestohlen; Glich; Anklage; Anzeige; Recht; Staat; Einvernahme; Freiheit; Betrug; Freiheitsstrafe; Diebstahl; Behauptet; Angeblich
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 146 StGB ; Art. 147 StPO ; Art. 22 StGB ; Art. 25 StGB ; Art. 304 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 79 StGB ;
Referenz BGE:120 IV 265; 125 I 127; 133 IV 235; 134 IV 82; 134 IV 97; 137 IV 57; 140 IV 150;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB150122-O/U/gs-ad

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, und lic. iur. Stiefel, Ersatzoberrichter lic. iur. Muheim sowie die Gerichtsschreiberin

lic. iur. Leuthard

Urteil vom 4. September 2015

in Sachen

  1. ,

    Beschuldigte und Berufungsklägerin

    amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

    Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Anklägerin und Berufungsbeklagte

    betreffend versuchten Betrug etc.

    Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 20. Oktober 2014 (GG140028)

    Anklage:

    Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. Mai 2014 (Urk. 33) ist diesem Urteil beigeheftet.

    Urteil der Vorinstanz :

    1. Die Beschuldigte A. ist schuldig

      • des versuchten Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB sowie

      • der mehrfachen Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 StGB.

    2. Vom Vorwurf des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB wird die Beschuldigte A. freigesprochen.

    3. Die mit Entscheid des Justizvollzugs vom 16. August 2010 für eine Freiheitsstrafe von 90 Tagen unter Ansetzung einer Probezeit von 1 Jahr verfügte bedingte Entlassung wird nicht widerrufen.

    4. Die Beschuldigte wird bestraft mit 9 Monaten Freiheitsstrafe als teilweise Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 11. Oktober 2011, wovon 122 Tage durch Haft erstanden sind.

    5. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

    6. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom

      27. Mai 2014 beschlagnahmten Gegenstände (Geissfuss, Schlüssel der Firma B. und gefälschte 100er-Note) werden eingezogen und vernichtet.

    7. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

      Fr. 2'400.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'500.00 Gebühr Anklagebehörde

      Fr. 461.80 Auslagen Vorverfahren (gemäss Kontoauszug )

      Fr. 15'572.00 amtliche Verteidigung

      Fr. 20'933.80 Total

      Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

    8. Im Umfang von zwei Dritteln werden die Kosten, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, auf die Staatskasse genommen.

Im Umfang von einem Drittel werden die Kosten, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, der Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden in diesem Umfang einstweilen auf die Staatskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung der Beschuldigten: (Urk. 96 S. 1 i.V.m. Urk. 81/1 S. 2 f.)

    1. Die Beschuldigte sei von den Vorwürfen des versuchten Betruges und der Irreführung der Rechtspflege gemäss Nebendossier 1 freizusprechen; hinsichtlich des Nebendossiers 13 sei die Beschuldigte der Gehilfenschaft zur Irreführung der Rechtspflege i.S.v. Art. 304 Ziff. 1 i.V.m. Art. 25 StGB schuldig zu sprechen.

    2. Die Beschuldigte sei mit einer bedingten Geldstrafe von maximal 20 Tagessätzen zu bestrafen, als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 11. Oktober 2011. Es sei davon Vormerk zu nehmen, dass die Strafe vollständig erstanden ist.

    3. Die Beschuldigte sei für die erlittene Überhaft mit einer Genugtuung von Fr. 200.-- pro Tag aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

    4. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die übrigen Kosten, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, seien zu 4/5 auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die restlichen Kosten seien der Beschuldigten zu erlassen.

      Für den Fall, dass der vorinstanzliche Schuldspruch bestätigt werden sollte, beantrage ich eventualiter, dass die Beschuldigte mit einer Geldstrafe von maximal 122 Tagessätzen zu bestrafen sei. Subeventualiter sei die Beschuldigte zusätzlich zur eventualiter beantragten Geldstrafe mit gemeinnüt- ziger Arbeit in einem angemessenen Umfang zu bestrafen.

  2. Der Staatsanwaltschaft Winterthur/U nterla nd: (schriftlich, Urk. 85)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

I. Prozessuales
  1. Berufungsanmeldung und -erklärung sowi e Teilrechtskraft

    1. Die Beschuldigte liess mit Eingabe des Verteidigers vom 24. Oktober 2014 (Poststempel) rechtzeitig Berufung gegen das vier Tage zuvor ergangene erstinstanzliche Urteil anmelden (HD 72).

      Den Empfang des begründeten Entscheids quittierte die Verteidigung am 6. März 2015 (HD 77). Die Berufungserklärung datiert vom 23. März 2015 (Poststempel) und erfolgte damit ebenfalls innert der gesetzlichen Frist (HD 81/1).

    2. Weder selbständige noch Anschluss-Appellation legte die Staatsanwaltschaft ein.

    3. Die Beschuldigte beschränkte die Berufung auf die Dispositiv-Ziffern 1 (Schuldspruch), 3 und 4 (recte: 4 und 5: Strafart, Strafzumessung und Vollzug) sowie 8 (Kostenauflage). Weiter wurde die Verweigerung einer Genugtuung für Überhaft moniert (HD 81/1 S. 2).

      Rechtskräftig ist das erstinstanzliche Urteil mithin betreffend die Dispositivziffern 2 (Freispruch vom Vorwurf des Diebstahls, ND 8), 3 (Absehen vom Widerruf der bedingten Entlassung), 6 (Einziehung) und 7 (Kostenfestsetzung). Dies ist mittels Beschluss festzustellen.

  2. Beweisergänzungsanträge

    Die Verteidigung beantragte, es seien die drei mit der Berufungserklärung eingereichten E-Mail-Ausdrucke (HD 81/2, 81/3 und 81/4) zu den Akten zu nehmen (HD 81/1 S. 3 ff.). Weiter wurde von Seiten der Beschuldigten darum ersucht, von der Versicherung C. das vollständige Schadendossier betreffend ND 1 beizuziehen (a.a.O.).

    Nachdem nicht auszuschliessen war, dass sich aus diesen Dokumenten zusätzliche sachdienliche Erkenntnisse für die Urteilsfindung gewinnen liessen, wurde beiden Anträgen um Beweisergänzung stattgegeben (HD 89, HD 91/1 ff.).

  3. Aktenbeizug

    Sodann zog die erkennende Kammer von Amtes wegen die Strafakten des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht in Strafsachen, gegen die Mitbeschuldigte D. bei (Proz.-Nr. GG140027, HD 89, HD 92).

  4. Verwertbarkeit der Befragungen von D.

    und E.

    Soweit die Verteidigung auch im Berufungsverfahren unter Berufung auf Art. 147 Abs. 1 StPO geltend macht, die belastenden Aussagen von D. und E. seien nur insoweit verwertbar, als die Beschuldigte an der betreffenden Einvernahme habe teilnehmen können, kann grundsätzlich auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (HD 79 S. 4 f.).

    Verdeutlichend ist festzuhalten, dass Art. 147 Abs. 1 StPO der Beschuldigten zwar das Recht einräumt, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft (zu denen selbstredend auch an die Polizei delegierte Einvernahmen gehören) anwesend zu sein und den einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Die Konfrontation braucht aber nicht im Zeitpunkt der Aussage des Belastungszeugen zu erfolgen, sondern kann auch in einem späteren Verfahrensstadium stattfinden (BGE 6B_529/2014 vom 10. Dezember 2014 E. 4; BGE 125 I 127 E. 6b mit Hinweisen). Es genügt daher grundsätzlich für die Verwertbarkeit aller vorangegangenen Befragungen, wenn die Beschuldigte im Verlaufe des Strafverfahrens wenigstens einmal Gelegenheit erhielt, den sie belastenden Personen Ergänzungsfragen zu stellen, wie dies in den Befragungen von E. vom 28. März 2014 (HD 10/7) und von D. vom 7. April 2014 (HD 10/6) der Fall war. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Konfrontation vor Gericht als notwendig erscheinen liessen, liegen nicht vor.

    Nicht zu Lasten der Beschuldigten verwertbar sind damit einzig die Einvernahme von D. vom 26. Mai 2014 (HD 8), die Konfrontationseinvernahme zwischen D. und E. vom 26. Mai 2014 (HD 9) und das D. betreffende Protokoll der Hauptverhandlung vom 20. Oktober 2014 (HD 92, Prot.), da diese Befragungen erst nach den obgenannten Einvernahmen stattfanden, die Beschuldigte mithin diesbezüglich ihre Verteidigungsrechte nicht wahren konnte.

  5. Anklageprinzip

Die Verteidigung rügt in Bezug auf den Vorwurf des versuchten Betruges, dass das Anklageprinzip verletzt worden sei. So seien die konkreten Umstände, welche die Arglist begründen sollen, im Anklagesachverhalt nicht geschildert worden. Die Staatsanwaltschaft habe lediglich einfache Falschangaben gegenüber der Versicherung geltend gemacht (Urk. 96 S. 2).

Gemäss Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO hat die Anklageschrift möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung zu bezeichnen. Als ungültig muss die Anklage erst dann angesehen werden, wenn sie ihre Umgrenzungsund/oder Informationsfunktion nicht mehr zu erfüllen vermag. Solange die beschuldigte Person aus der Anklage also ersehen kann, was ihr konkret vorgeworfen wird, und sie sich gestützt auf die Informationen auch effektiv verteidigen kann, besteht keine Verletzung des Anklageprinzips (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 27. August 2015, 6B_462/2014 E. 2.3.1. [zur Publikation vorgesehen] mit Verweis auf BGE 133 IV 235 E. 6.2 f.).

Unter ND 1 wird der Beschuldigten in der Anklage in Bezug auf das Tatbestandselement der Arglist vorgeworfen, bei der C. Versicherung gemeldet zu haben, es seien ihr aus dem Hausflur Waren gestohlen worden, welche ihrer Kollegin, D. , gehört hätten, welcher gegenüber sie nun schadenersatzpflichtig sei. Zur Untermauerung ihrer falschen Angaben habe die Beschuldigte in der Folge auch noch eine Anzeige bei der Stadtpolizei Winterthur gemacht (HD 33 S. 2 f.). Damit hat die Anklagebehörde den Vorwurf der Arglist im Sachverhalt genü- gend umschrieben. Dass im Anklagesachverhalt nicht erwähnt wird, dass die Versicherung von der Beschuldigten eine Vollmacht für die Einsicht in die Akten der Behörden verlangte, ist nicht zu beanstanden. Vielmehr handelt es sich bei diesem Vorgang lediglich um ein Bindeglied zwischen der Meldung bei der Versicherung und der Anzeige bei der Polizei, welches ohne Verletzung der Informationsfunktion bzw. der Verteidigungsrechte der Beschuldigten weggelassen werden durfte. Ob das in der Anklage umschriebene Verhalten der Beschuldigten als einfache Falschangabe zu qualifizieren ist, wie von der Verteidigung behauptet, ist

eine Frage der rechtlichen Würdigung, welche dem Gericht obliegt (vgl. unten Ziff. II.B.3.1.2.). Der Anklagegrundsatz ist nicht verletzt.

II. Schuldpunkt
  1. ND 13 (Irreführung der Rechtspflege)

    1. Anklagevorwurf

      Der Beschuldigten wird in der Anklageschrift als zeitlich erste Tat zusammengefasst vorgeworfen, Anfang Februar 2011 in gleich massgeblichem Zusammenwirken mit den Mittäterinnen D. und E. überein gekommen zu sein, einen Einbruchdiebstahl im Coiffeursalon von D. vorzutäuschen, um anschliessend bei der Polizei Anzeige zu erstatten und eine Versicherungsleistung zu erwirken (HD 33 S. 3 ff.). In Ausführung des gemeinsamen Plans habe die Beschuldigte wenig später eine Türe zum Geschäft aufgebrochen (Sachschaden: Fr. 800.--) und eine Kasse beschädigt (Sachschaden Fr. 200.--). Daraufhin habe

      D. absprachegemäss bei der Polizei den Sachschaden und die angebliche Wegnahme von Fr. 2'500.-- Bargeld aus der Kasse angezeigt. Durch das geschilderte Verhalten habe sich die Beschuldigte als Mittäterin der Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 StGB schuldig gemacht. Motiv für die Tat sei gewesen, dass E. tatsächlich Fr. 2'100.-- in bar, die sie im Salon in einer Farbschachtel aufbewahrt gehabt habe, gestohlen worden seien, sie für diesen Schaden aber keine Versicherungsdeckung gehabt habe (zum Ganzen HD 33

      S. 3 ff.).

    2. Sachverhalt

      1. Einleitendes zur Glaubwürdigkeit

        Sowohl die Beschuldigte als auch D. und E._ standen mit Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt unter dem Verdacht der Irreführung der Rechtspflege. Alle drei könnten daher geneigt gewesen sein, durch Weglassungen, Bestreitungen und übermässige Belastung der Mitbeschuldigten ihren Tatbeitrag zu minimieren. Mit entsprechender Vorsicht sind ihre Aussagen unter die Lupe zu nehmen.

      2. Aussagen der Beschuldigten

        Die Beschuldigte brachte den hier interessierenden Grundsachverhalt in der polizeilichen Befragung vom 31. Januar 2014 von sich aus aufs Tapet (zum Ganzen ND 13/3 S. 2, ND 13/4 = HD 7/8 S. 1 f.). Ohne ihren Anstoss wäre der fingierte Einbruchdiebstahl wohl unentdeckt geblieben. Sie behauptete allerdings vorerst, daran nicht beteiligt gewesen zu sein.

        In der Einvernahme vom 6. März 2014 räumte sie ein, die Hintertüre aufgebrochen zu haben; sie habe aber weder die Idee zur Tat (mit)entwickelt, noch an der Planung mitgewirkt, und sie habe auch mit der beschädigten Kasse nichts zu tun gehabt (HD 7/18 S. 11 f., HD 7/19 S. 4, Prot. I S. 18). Was das Aufbrechen der Tür angehe, so sei sie quasi fast dazu gedrängt, genötigt (HD 7/18 S. 11; vgl. auch a.a.O. S. 13, HD 7/19 S. 4) worden. Schon die zögerlich-relativierende Wortwahl quasi fast deutet darauf hin, dass die Beschuldigte die Tat nicht wirklich unter dem Eindruck eines angedrohten ernstlichen Nachteils begangen hat. Kommt hinzu, dass sie in der gesamten Untersuchung und auch vor Vorinstanz nie substantiierte, worin der behauptete Zwang bestanden haben soll. Aus den Akten ergibt sich auch sonst keinerlei Hinweis dafür, dass D. und/oder

        E. die Beschuldigte unter Druck gesetzt und so in der Hand gehabt hätten.

        In der Hauptverhandlung vor Bezirksgericht beharrte die Beschuldigte denn auch nicht mehr darauf, ihr Wille sei durch eine Übelandrohung gebeugt worden, sondern gab nun zu, zwar nicht so begeistert von der ganzen Geschichte gewesen

        zu sein, sich aber zur Tat verleiten bzw. mitreissen lassen zu haben, weil sie irgendwie gefunden habe, dass sich E. in einer Notsituation befunden habe (Prot. I S. 18 f.). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung blieb die Beschuldigte dabei, sie habe sich mitreissen bzw. reinziehen lassen. Sie sei von D. dazu überredet worden (Prot. II S. 17 ff.). Allerdings machte sie - auf die Frage, wie sie sich rückblickend ihre Mitwirkung bei der Tat erklären könne - auch wieder eine Drucksituation geltend, indem sie angab, sich D. immer sehr stark verpflichtet gefühlt zu haben. Es sei fast ein wenig eine Abhängigkeit voneinander vorhanden gewesen (Prot. II S. 19 und S. 25). Auch dabei fällt auf, dass die Beschuldigte das von ihr behauptete Abhängigkeitsverhältnis zwischen D. und ihr mit den Worten fast ein wenig stark relativiert.

        Aus den Aussagen der Beschuldigten ergibt sich somit zusammenfassend,

        • dass sie über den Plan informiert war, der Polizei einen Einbruchdiebstahl in den Coiffeursalon von D. vorzugaukeln, um danach von deren Versicherung das E. gestohlene Geld ersetzt zu erhalten und

        • dass sie sich, Mitleid mit E. empfindend und/oder aus Loyalität zu D. , schliesslich dazu hinreissen liess, zur Täuschung der Polizei die Hintertüre des Salons aufzubrechen.

          Hingegen lässt sich bis hierhin nicht erstellen, dass die Beschuldigte an der Ideenproduktion und Planung für die unrechtmässige Wiederbeschaffung der

          E. abhanden gekommenen Summe teilgenommen hat, dass sie von Beginn

          weg an der Irreführung der Polizei mitzuwirken gedachte und dass sie nicht nur die Türe, sondern auch die Kasse aufgebrochen hat. Ob die Beschuldigte die Tü- re mit einem Brecheisen - oder wie von der Verteidigung behauptet (HD 96 S. 7) - mit einem Schraubenzieher aufgebrochen hat, spielt für die rechtliche Würdigung keine Rolle und kann offen gelassen werden.

      3. Aussagen von D.

        D. , die Salon-Eigentümerin, welche nachgewiesenermassen die Anzeige wegen Einbruchdiebstahls bei der Polizei deponierte und über deren Versicherung anschliessend der Schaden von E. hätte geltend gemacht werden sollen, stellte ihren Tatbeitrag über weite Strecken in unglaubhafter Weise als gering dar und belastete umgekehrt ihre Mitbeschuldigten, insbesondere die Beschuldigte, stark.

        Wohl gab sie in der polizeilichen Befragung vom 17. Februar 2014 zunächst an, alle drei hätten sich Gedanken gemacht, was man machen könne, und sie hätten sich darauf geeinigt, einen Einbruch vorzutäuschen und diesen der Polizei zu melden (HD 10/4 = ND 13/5 S. 9), womit sie noch ein gleichmassgebliches Zusammenwirken andeutete. Dann war sogar die Rede davon, die Beschuldigte habe den Auftrag gehabt, Eingangstüre und Kasse aufzubrechen, was impliziert, dass D. oder E. als (der Beschuldigten übergeordnete) Anführerin fungierte (a.a.O. S. 9). Gleichzeitig relativierte D. ihre Rolle, indem sie erklärte, sie hätte es lieber so gelassen, wie es war, quasi als Lehrgeld für E. (a.a.O.). Sie machte auch geltend, sich nicht mehr daran zu erinnern, ob sie (oder jemand anders) der Polizei den vorgetäuschten Einbruch meldete (HD 10/4

        S. 9 f.), was allerdings durch den Polizeirapport feststeht (HD 13/2 S. 3). Schliesslich ging sie gar so weit, zu behaupten, die Beschuldigte sei treibende Kraft hinter der Idee, die Polizei zu belügen und die Versicherung zu täuschen bzw. die Sache so durchzuziehen gewesen (HD 10/4 S. 9 und 15); damit stellte sie die Beschuldigte als Rädelsführerin hin. Sie bezichtigte sie überdies, nicht nur die Türe, sondern auch die Kasse aufgebrochen zu haben.

        In der sieben Wochen später erfolgten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme, die im Beisein der Beschuldigten durchgeführt wurde, war von einer derartigen Rolle der Beschuldigten nicht mehr die Rede. D. verweigerte vielmehr praktisch durchgehend die Aussage und machte im Übrigen im Wesentlichen Erinnerungslücken geltend (HD 10/6 S. 5 ff.). Sie lehnte es beispielsweise ab, zu den Aussagen E. s, wonach D. mit der Beschuldigten ein zehnminütiges Gespräch (betreffend die Tat) geführt habe, während E. wieder an die Arbeit gegangen sei, sowie zu den Depositionen der Beschuldigten, D. und

        E. seien die Initianten der Tat gewesen, die Beschuldigte habe (zunächst) nicht mitmachen wollen und auch - entgegen dem Willen der beiden - die Kasse

        nicht aufgebrochen, Stellung zu nehmen (HD 10/6 S. 8 f.). Einzig soweit es um D. s eigene Tatbeteiligung ging, äusserte sich die Befragte, und zwar verniedlichend oder gar bestreitend (vgl. HD 10/6 S. 7, 10 und 11). Die Aussageverweigerung ohne nachvollziehbaren Grund macht die Aussagen D. s (da es sich dabei nicht um das einzige Beweismittel handelt) zwar nicht unverwertbar, schmälert ihren Wert aber erheblich.

        Die späteren Befragungen D. s (HD 8 und 9, Prot. in HD 92) können - was die Vorinstanz im Rahmen der Sachverhaltswürdigung teilweise übersehen hat - wie erwähnt nicht zu Lasten der Beschuldigten verwertet werden, konnte sie an diesen Einvernahmen doch nicht teilnehmen und folglich auch ihr Fragerecht nicht ausüben. Bemerkenswert ist immerhin (was sich zu Gunsten der Beschuldigten auswirkt), dass D. zwar dezidiert zu Protokoll gab, dass sie der Beschuldigten nicht den Auftrag gegeben habe, Türe und Kasse aufzubrechen, sie sich dann aber angeblich wirklich nicht mehr erinnern konnte, wie es denn effektiv dazu gekommen sein soll, dass sie es getan habe (HD 9 S. 11, HD 8 S. 3). Auch vor Vorinstanz machte D. oft Gedächtnislücken geltend, wenn es darum ging, konkrete Antworten zu geben (Wer von ihnen drei kam konkret auf die Idee, dass man einen solchen fingierten Einbruch machen könnte, Hat sie [die Beschuldigte] selbst gesagt, sie wolle das [Tür aufbrechen] machen oder haben Sie das angesprochen (Prot. in HD 92, S. 13 ff.). Entgegen früheren eigenen Aussagen bestritt sie auch, dass sie und/oder E. dabei gewesen seien, als die Beschuldigte die Türe aufbrach (HD 8 S. 3, HD 9 S. 10, HD 92 Prot. S. 15). Sie seien beide am Arbeiten gewesen.

        Zusammenfassend ergibt sich, dass die belastenden Aussagen D. s, soweit sie über das Geständnis der Beschuldigten hinaus gehen, schon deshalb nicht zu überzeugen vermögen, weil sie widersprüchlich und oft darauf ausgerichtet sind, das eigene Verhalten zu beschönigen. Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass

        D. in der Einvernahme, die im Beisein der Beschuldigten erfolgte, keines der belastenden Vorbringen aus der polizeilichen Einvernahme wiederholte. Vielmehr verweigerte sie die Aussage. Dabei machte D. weder im zeitlichen Umfeld dieser Befragung, noch in einem anderen Zeitpunkt geltend, aus Angst

        vor der Beschuldigten die Aussage verweigert zu haben. Auch aus den übrigen Akten ergibt sich kein Anlass zur Annahme, die Beschuldigte habe D. unter Druck gesetzt. Angesichts all dessen taugen die Vorbringen D. s nicht dazu, eine weiter gehende Beteiligung der Beschuldigten an der Tat zu erstellen, als von dieser zugegeben.

      4. Aussagen von E.

        E. stellte in der polizeilichen Einvernahme vom 25. Februar 2014

        • entgegen den anderslautenden Vorbringen D. s - jegliche Mitwirkung an Idee, Planung und Umsetzung der Tat in Abrede (HD 10/5 S. 3 f. und 6 f.). Sie führte weiter aus, D. habe den Vorschlag gemacht, den Schaden der Versicherung der Saloninhaberin anzumelden (HD 10/5 = ND 3/6 S. 3). Weiter gab sie zwar einerseits an, D. und die Beschuldigte seien hernach auf die Idee gekommen, einen Einbruchdiebstahl zu fingieren und der Polizei zu melden

          (HD 10/5 S. 3). Beide hätten denn auch das Wort Einbruch erwähnt. Erstaunlicherweise behauptete E. aber gleichzeitig, aus der Unterhaltung der beiden nichts Konkretes zur Tat mitbekommen zu haben, da sie sich der Arbeit zugewandt habe (a.a.O. S. 3 und 4).

          In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme - die in Anwesenheit der Beschuldigten stattfand - erklärte sie erneut mehrfach, den Inhalt des Gesprächs zwischen D. und der Beschuldigten nicht mitgekriegt zu haben (HD 10/7 S. 7 f., 9 und 11, vgl. auch S. 15). Mitbekommen haben wollte sie aber, dass ein zehnminütiges brodelndes Gespräch zwischen den beiden stattgefunden habe, aus dem das Ganze bzw. die Idee entstanden sei. Sie selbst habe am Gespräch nicht mitwirken können, da sie ja wieder zur Arbeit gegangen sei. Sie könne auch nicht sagen, wer dabei die treibende Kraft gewesen sei (HD 10/7 S. 16). Gegen Ende der Befragung erklärte E. dann, nicht ausschliessen zu können, dass die Beschuldigte gegenüber D. gesagt habe, sie wolle bei dieser Sache nicht mitmachen (a.a.O. S. 19). Das lässt die Möglichkeit offen, dass D. der Beschuldigten im brodelnden Gespräch einen (selbst gefassten) Plan zum Vorgehen unterbreitete, sich diese - wie von ihr behauptet - mit der ihr zugedachten Rolle vorderhand aber nicht einverstanden erklärte und erst später aus Mitleid mit

          E. oder aus Loyalität mit D. an der Tat mitwirkte, indem sie die Türe aufbrach.

          Auf Vorhalt räumte E. im Übrigen ein, dass sie damit einverstanden gewesen sei, dass D. der Polizei eine Geschichte erzählen würde, die glaubhaft machen würde, dass D. Geld gestohlen worden sei, damit E. nach der Meldung bei der Versicherung von D. ihr gestohlenes Geld zurückerhalten würde (S. 13). Sie habe aber keine der Ideen beigesteuert, von niemandem etwas verlangt und keine der Handlungen ausgeführt.

          E. s Aussagen sind auf eigene Entlastung bedacht und mit Bezug auf die Beschuldigte teils vage, teils divergent. Sie vermögen die Beschuldigte keiner intensiveren Tatbeteiligung als von dieser zugegeben zu überführen.

      5. Fazit

        Für die rechtliche Würdigung ist damit von den Aussagen der Beschuldigten bzw. dem bereits dargelegten Sachverhalt auszugehen.

        Es ist mithin insbesondere nicht erstellt, dass die Beschuldigte an der Ideenproduktion und der Tatplanung beteiligt war, ebenso wenig (wie schon die Vorinstanz zutreffend erkannte), dass die Beschuldigte neben der Tür auch die Kasse aufbrach.

    3. Rechtliche Würdigung

      1. Tatbestand

        Im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB führt die Rechtspflege irre, wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine Straftat begangen worden.

      2. Ausgangslage

        Die Beschuldigte hat weder die Idee eingebracht, gegenüber der Polizei einen Einbruchdiebstahl vorzutäuschen, noch von Anfang an einen gemeinsamen Tatentschluss mit D. (und allenfalls E. ) gefasst, noch an der Detailplanung der Tat mitgewirkt, und sie hat auch weder gewaltsam die Kasse geöffnet, noch die angebliche Tat der Polizei gemeldet.

        Sie hat aber im Wissen darum, wozu dies dienen sollte, die Hintertür des Coiffeursalons aufgebrochen.

      3. Würdigung

        1. Stand punk t der Beschuldigten

          Die Verteidigung sieht im soeben geschilderten Verhalten der Beschuldigten einen klar untergeordneten Tatbeitrag, der als Gehilfenschaft zu qualifizieren ist (HD 68 S. 16, HD 81/1 S. 2, HD 96 S. 7). Die Vorinstanz erkannte, allerdings noch ausgehend davon, dass die Beschuldigte von Anfang an mit dabei war und bei der Planung aktiv mitwirkte, auf Mittäterschaft.

        2. Allgemeines zur Abgrenzung der Mittäterschaft von der Gehilfenschaft

          1. Nach der Rechtsprechung ist Mittäter, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan für die Ausführung des Deliktes so wesentlich ist, dass es mit ihm steht oder fällt.

            Subjektiv setzt Mittäterschaft einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, wobei dieser nicht ausdrücklich bekundet werden muss. Es genügt, wenn der Tatenschluss konkludent zum Ausdruck kommt. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Mittäter bei der Entschlussfassung mitwirkt, sondern es reicht aus, dass er sich später den Vorsatz seiner Mittäter zu eigen macht.

          2. Als Gehilfe ist anzusehen, wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet (Art. 25 StGB; BGE 6B_520/2011 vom 8. Dezember 2011

            E. 2.1).

            Nach der Rechtsprechung gilt als Hilfeleistung im Sinne von Art. 25 StGB jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die Hilfeleistung nicht zur Tat gekommen wäre. Die Förderung der Tat genügt. Andererseits muss die Hilfeleistung tatsächlich zur Tat beigetragen, also einen kausalen Beitrag dargestellt haben. Der Gehilfe muss die Erfolgschancen der tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen (BGE 120 IV 265 E. 2c/aa).

        3. Rechtliche Subsumtion des Verhaltens der Beschuldigten

          1. Auch wenn die Beschuldigte in casu einzig die Tür zum Coiffeurgeschäft aufbrach, leistete sie damit - entgegen der Auffassung der Verteidigung - nicht bloss einen untergeordneten Tatbeitrag zur Irreführung der Rechtspflege. Vielmehr war das Aufbrechen der Tür condicio sine qua non für die Vortäuschung eines klassischen Einbruchdiebstahls mit Eindringen durch Sachbeschädigung, wie er - was die Beschuldigte wusste - geplant war und dann auch zur Anzeige gebracht werden sollte und wurde (ND 13/2). Mit anderen Worten schuf die Beschuldigte durch ihr Tun erst die Voraussetzung primär für eine Irreführung der Polizei in Bezug auf die Meldung einer Sachbeschädigung (vgl. dazu ND 13/4

            S. 10 und ND 13/2) und sekundär hinsichtlich einer solchen mittels Anzeige eines

            Diebstahls. Ohne den Tatbeitrag der Beschuldigten hätte D. die Meldung an die Polizei fraglos nicht erstattet.

            D. und E. sahen gerade und einzig die Beschuldigte als Handwerkerin bzw. Geschickteste von allen bzw. stämmige Frau, die - wie D. wusste - auch ein Brecheisen besass und demnach offenbar damit umgehen konnte (wenn auch anzunehmen ist, dass sie für die Tür letztlich einen Schraubenzieher benutzt hat), als prädestiniert dafür an, die Türe fachgerecht zu behandeln, das heisst sie so gewaltsam zu öffnen, dass für die Polizei auch tatsächlich der Anschein eines echten Einbruchdiebstahls erweckt würde (ND 13/5 = HD 10/4 S. 9, ND 13/6 = HD 10/5 S. 5; ferner ND 13/4 S. 1). Dass die Beschuldigte nicht auch die Kasse gewaltsam geöffnet, sondern E. oder D. dies getan haben dürften, ändert daran nichts, ist doch eine elektronische Kasse wesentlich einfacher zu knacken als eine Tür.

            Gesamthaft betrachtet ist damit davon auszugehen, dass die beschriebene Mitwirkung der Beschuldigten im Rahmen der Tatausführung nicht nur die Tat förderte, sondern derart essentiell war, dass sie als Mittäterin zu qualifizieren ist.

          2. In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass die Beschuldigte mit Wissen und Willen die Türe aufbrach und dass sie dies tat, um den Einbruchdiebstahl als echt erscheinen zu lassen und damit die Polizei zu täuschen. Nicht erforderlich für die Erfüllung des Tatbestands als Mittäterin war, dass sie selbst die Polizei benachrichtigen würde. Es war logisch, dass D._ als Saloninhaberin diese Aufgabe übernehmen würde. Keine Rolle spielt schliesslich - wie bereits eingangs dargelegt - auch, dass die Beschuldigte nicht von Anfang an mitwirken wollte, sondern sich erst - wohl kurz - vor der Ausführung der Tat und möglicherweise, ohne dies verbal kund zu tun, dazu hinreissen liess, sich mithin erst nach einiger Zeit dem Tatentschluss anschloss.

          3. Nicht abschliessend beantwortet zu werden braucht die Frage, ob

            D. die Geltendmachung eines Schadens gegenüber ihrer Versicherung - auf Anraten des Buchhalters - am Ende unterlassen hat (HD 10/4 S. 9) oder doch noch einen Anspruch angemeldet hat, ohne dass die F. [Versicherung] bezahlt hätte, wie sie E. erklärt haben soll (vgl. HD 10/7 S. 15). D. könnte E. gegenüber Letzteres nur behauptet haben, um nicht zugeben zu müs- sen, dass sie sich wegen des Rats des Buchhalters nicht getraute, die Versicherung zu beanspruchen (vgl. dazu HD 68 S. 15). Indes ist die Frage nicht weiter von Belang, wird der Beschuldigten doch nicht Mittäterschaft zu Versicherungsbetrug vorgeworfen, sondern solche zur Irreführung der Rechtspflege, und diese war damit vollendet, dass die Behörde die Anzeige zur Kenntnis genommen hat.

          4. Die Beschuldigte ist somit der Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

  1. ND 1 (Versuc hter Betrug und Irreführung der Rechtspflege)

    1. Anklagevorwurf

      Die Staatsanwaltschaft wirft der Beschuldigten zusammengefasst vor, am 6. September 2013 der C. Versicherung gemeldet zu haben, es seien ihr in den vergangenen zwei Tagen aus dem Hausflur (an der G. -Strasse in Winterthur) Waren im Wert von Fr. 5'000.-- gestohlen worden, für die sie nun der Eigentümerin D. Schadenersatz leisten müsse, da diese die Sachen dort hingestellt habe, damit die Beschuldigte sie im Keller aufbewahre (HD 33 S. 2 f.). Elf Tage später habe die Beschuldigte wegen des angeblichen Diebstahls - letztlich zur Untermauerung der Anspruchsberechtigung gegenüber der Versicherung - unter Spezifizierung der Gegenstände und der einzelnen Werte Anzeige bei der Polizei erstattet. Tatsächlich habe D. der Beschuldigten gar nichts in den Hausgang gestellt gehabt und sei auch nichts gestohlen worden, was die Beschuldigte gewusst habe.

      Dadurch habe sie sich des versuchten Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB in Verbindung mit Art. 22 StGB sowie der Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 StGB schuldig gemacht.

    2. Sachverhalt

      1. Einleitung

        Die Beschuldigte räumt ein, dass die in der Anklageschrift aufgeführten Gegenstände allenfalls gar nie im Hausflur an der G. -Strasse in Winterthur deponiert und demnach auch nicht gestohlen worden seien. Sie stellt den äusseren Sachverhalt nur insoweit in Abrede, als ihr vorgeworfen wird, den Schaden aus dem Diebstahl gegenüber der Versicherung auf Fr. 5'000.-- beziffert zu haben; tatsächlich habe sie lediglich einen Betrag von Fr. 4'500.-- genannt. Mit Bezug auf den inneren Sachverhalt behauptet die Beschuldigte konstant, stets der Auffassung gewesen zu sein, die Sachen seien von D. tatsächlich in den Hausgang gestellt und hernach von unbekannter Täterschaft gestohlen worden. Sie habe D. denn auch mit Fr. 4'500.-- in bar entschädigt.

        D. erklärte am 17. September 2013 auf telefonische Anfrage der Polizei zunächst, es seien ihr Gartenstühle im Wert von Fr. 600.-- abhanden gekommen (ND 1/1 S. 3, HD 10/1 S. 2). Geld habe sie dafür bisher nicht erhalten.

        Anlässlich ihrer ersten protokollarischen Einvernahme bestätigte sie auf Vorhalt der Anzeige der Beschuldigten zunächst deren Angaben (HD 10/1 S. 1 f.). Sie führte aus, die Stühle - die aus feuerpolizeilichen Gründen aus dem Vorkeller D. s hätten entfernt werden müssen - in den Hausflur an der G. Strasse gestellt zu haben, damit die Beschuldigte diese zur Aufbewahrung in deren Keller verbringe. Als der Polizeibeamte die angebliche Zahlung von Fr. 4'500.-- zur Sprache brachte, erklärte sie, am 20. September 2013 Geld von der Beschuldigten erhalten zu haben, jedoch bloss Fr. 600.--. Die Beschuldigte habe den Wert der Stühle wohl auf Fr. 2'000.-- veranschlagt, weil sie gewusst habe, dass D. die Stühle habe renovieren lassen wollen, was sie aber infolge Geldmangels nicht getan habe. Als D. dann die Einvernahme zur Unterschrift übergeben wurde, knickte sie ein (HD 10/1 S. 3). Sie erklärte, aus Mitleid mit der Beschuldigten nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Fortan gab D. durchgehend an, im fraglichen Zeitraum keinen der von der Beschuldigten genannten Gegenstände an der G. -Strasse deponiert, dies gegenüber der Beschuldigten auch nicht vorgegeben und von ihr kein Geld erhalten zu haben (HD 10/4 S. 13 f., HD 10/6 S. 11 ff.).

        Damit steht Aussage gegen Aussage, was allein jedoch nicht zu einem Freispruch führt. Vielmehr kann über die Schuldfrage erst nach einlässlicher Prüfung der Aussagen der Beschuldigten und von D. entschieden werden; verbleiben dann mindestens ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Anklagesachverhalts, hat ein Freispruch zu erfolgen.

      2. Glaubwürdigkeit der Aussagenden

        1. Beschuldigte

          Was die Glaubwürdigkeit von A. betrifft, so ist festzustellen, dass Beschuldigte immer ein Interesse daran haben können, den Sachverhalt zu ihren Gunsten zu verdrehen (vgl. dazu schon HD 79 S. 16). Diese Erkenntnis allein reduziert die Glaubwürdigkeit einer Person, die eines Delikts verdächtigt wird, allerdings noch nicht ernsthaft.

        2. D.

          1. Bedeutsamer ist die Frage, ob D. - wie von der Verteidigung unterstellt (HD 68 S. 5) - die Beschuldigte aus Bosheit oder Rache belastet haben könnte. Auf den ersten Blick erscheint dies nicht als völlig unwahrscheinlich, führte doch D. selber aus, zwischen den beiden Frauen hätten im interessierenden Zeitraum Spannungen bestanden, die darin gegipfelt hätten, dass die Beziehung in die Brüche gegangen und das gemeinsame Wohnverhältnis aufgelöst worden seien. Am Rande mitgespielt haben könnte auch der Wunsch nach Heimzahlung dafür, dass D._ von der Beschuldigten im April 2011 falsch angeschuldigt worden war, was zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen D. geführt hatte (vgl. die beigez. Akten der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Unt.Nr. 2011/4061).

            Hätte D. nun aber die Beschuldigte aus einer niederen Gesinnung oder als Vergeltungsmassnahme für erlittene Unbill falsch anschuldigen wollen, hätte sie wohl kaum zunächst bei der Polizei in die gleiche Kerbe geschlagen und deren Darstellung damit geschützt (vgl. dazu auch unten Ziff. II.B.2.3.2.5); vielmehr hät- te sie gleich zu Beginn der polizeilichen Befragung erklärt, der Beschuldigten keine Gegenstände in den Flur gestellt zu haben und ihr gegenüber auch nie etwas Derartiges behauptet zu haben.

          2. Auch die unbelegten, subjektiv gefärbten Leumundaussagen E. s (vgl. dazu HD 68 S. 6 und HD 10/7 S. 4 f.) vermögen die Glaubwürdigkeit

            D. s nicht ernsthaft zu schmälern.

          3. Nicht sogleich ersichtlich ist sodann, inwiefern finanzielle Interessen

            D. s (herrührend aus einer Kaufund/oder Drogensucht [HD 68 S. 6]) Hintergrund für falsche, die Beschuldigte belastende Aussagen sein könnten. Wenn sie die Gegenstände bei der Beschuldigten deponierte oder dies zumindest vorgab, hätte doch der einfachste Weg darin bestanden, bei dieser schadenersatzbegründenden Behauptung zu bleiben, insbesondere dann, wenn sie - wie die Beschuldigte ja behauptet - bereits Fr. 4'500.-- von der Beschuldigten erhalten gehabt hätte.

            Nun bringt die Verteidigung allerdings vor, D. sei eben während der polizeilichen Einvernahme vom 28. September 2013 bewusst geworden, dass der hohe Schaden, den sie der Beschuldigten vorgespiegelt und von ihr auch ersetzt erhalten habe, seitens der Polizei begründet angezweifelt worden sei. D. habe realisiert, dass die gegenüber der Beschuldigten getätigten Falschangaben aufgedeckt werden würden (HD 68 S. 8, HD 96 S. 4 f.). Aus Angst, dann selber ein Strafverfahren am Hals zu haben und das Geld zurückzahlen zu müssen, habe sie die Flucht nach vorne angetreten und ihre Aussagen widerrufen.

            Diese Argumentation wirkt konstruiert. Der befragende Polizeibeamte mag nach der kurzen Befragung D. s am Telefon vom 17. September 2013 und angesichts der teils zurückhaltenden, teils etwas gesucht wirkenden, wenn auch nicht unmöglichen Aussagen (insbesondere zu den differierenden Wertangaben betreffend die Stühle) der Auskunftsperson in der polizeilichen Befragung vom 28. September 2013 nonverbal zu erkennen gegeben haben, dass er an ihren die Beschuldigte schützenden Vorbringen zweifle. Dass sich aber in dieser Befragung aus Anspielungen des Befragenden oder anderen Gründen ernsthafte Anhaltspunkte für D. ergeben hätten, dass sie (D. ) verdächtigt oder gar bald überführt werde, gegenüber der Beschuldigten wahrheitswidrig behauptet zu haben, sie habe ihr Gegenstände in den Hausflur gelegt, um sich dann zum Nachteil der Beschuldigten unrechtmässig zu bereichern, ergibt sich aus den Akten in keiner Weise. Es erscheint deshalb ausgesprochen unwahrscheinlich, dass D. wegen solcher Befürchtungen (und einer drohenden Rückzahlungspflicht) ihre plötzliche Kehrtwende vollzogen und die Beschuldigte mit ihren Aussagen wider besseres Wissen beschuldigt haben sollte. Eine Beeinträchtigung der Glaubwür- digkeit der Aussagen D. s von erheblichem Gewicht resultiert aus der Unterstellung der Verteidigung daher nicht.

          4. Zu deutlich erhöhter Vorsicht bei der Aussagenwürdigung gibt allerdings und immerhin Anlass, dass D. mit Bezug auf ND 13 Angaben zur Beteiligung der Beschuldigten beim vorgetäuschten Einbruchdiebstahl gemacht hat, die nicht als erstellt betrachtet werden können (oben Ziff. II.A).

    1. Glaubhaftigkeit der Aussagen

      1. D.

        1. Wie bereits erwähnt, stand D. die anfängliche Darstellung, wonach sie der Beschuldigten Gegenstände zur Aufbewahrung in den Hausgang gelegt habe, nicht durch (HD 10/1 S. 1 ff.). Gemäss der Beobachtung des einvernehmenden Polizeibeamten mit den Tränen kämpfend gestand sie schon nach relativ kurzer Befragung von sich aus ein, nicht tatsachenkonform ausgesagt zu haben

          (a.a.O. S. 3). Dabei blieb sie auch in den folgenden zu Lasten der Beschuldigten

          verwertbaren Befragungen, und zwar selbst dann, als sie mit ihr konfrontiert wurde (HD 10/4 S. 13 f., HD 10/6 S. 11 ff.).

          Die Begleitumstände dieses Richtungswechsels und die Konstanz ihrer nachfolgenden Depositionen im Kern sind Indizien für die Richtigkeit ihrer die Beschuldigte belastenden Ausführungen.

        2. D. s Aussagen zu den Stühlen sind - entgegen den Vorbringen der Verteidigung (HD 68 S. 8 f.) - nicht widersprüchlich, sondern lebensnah, plausibel und anklagekompatibel. Sie führte aus, die Hausverwaltung habe aus feuerpolizeilichen Gründen von ihr verlangt, die bei ihr im Vorkeller stehenden eisernen Gartenstühle - die sie ursprünglich hätte renovieren lassen wollen, wofür ihr jedoch das Geld gefehlt habe - zu entfernen bzw. in ihren (privaten) Keller zu stellen (HD 10/1 S. 1 und 2, HD 10/4 S. 13). Sie habe die (bei ihr wohnende) Beschuldigte geheissen, ihre Malersachen in D. s Keller wegzuräumen, damit sie die Stühle in den Keller legen könne bzw. sie gebeten, die Stühle aus dem Vorkeller zu entfernen und in den Keller einzuschliessen (HD 10/1 S. 3, HD 10/4

          S. 13). Das habe sie jedoch nicht gemacht (HD 10/4 S. 13). Hierauf habe der Verwalter ihr angedroht, dass die Stühle entsorgt würden. In der Befragung vom

          28. September 2013 gab D. an, irgendwann seien die Stühle dann weg gewesen, ob gestohlen oder entsorgt, wisse sie nicht (HD 10/1 S. 3). Die Beschuldigte habe ihr dies mitgeteilt, nachdem sie einmal im Keller gewesen sei. D. sei sauer gewesen, weil sie wegen des Verhaltens der Beschuldigten wieder einen Nachteil gehabt habe (HD 10/4 S. 14). Die Beschuldigte habe das eingesehen und gemeint, sie werde dafür sorgen, dass D. ihren Schaden von der Versicherung ersetzt erhalte. D. habe lachen müssen, weil die Stühle ja fast keinen Wert gehabt hätten.

          In der Einvernahme vom 17. Februar 2014 ergänzte D. nahtlos passend, sie habe im Dezember 2013 (also in der Zwischenzeit seit der letzten Einvernahme), als sie diverse Sachen aus ihrer Wohnung entsorgt habe, ihre vier Stühle bei der Recycling-Station hinter dem Bahnhof H. gesehen; die Stühle seien also nicht gestohlen, sondern von der Hausverwaltung entsorgt worden (HD 10/4

          S. 13 f.). Die Entsorgung habe etwa zwei Wochen bis einen Monat vor der Anzeige der Beschuldigten stattgefunden. Einige Tage nach dieser Befragung lieferte D. ausserdem per Mail weitere Angaben zu den Stühlen sowie die Kontaktdaten des entsorgenden Hauswarts (ND 1/8 und 1/9).

          Die Aussagen D. s zu den Stühlen widersprechen entgegen der Auffassung der Verteidigung auch mitnichten diametral den Angaben des Hauswarts

          I. (HD 68 S. 9), auf dessen telefonische Befragung vom 27. Februar 2014

          nachfolgend einzugehen ist, weil sie von der Verteidigung zur Entlastung der Beschuldigten angeführt werden. I. erklärte zeitlich und örtlich kompatibel zu den Vorbringen und Fotos (ND 1/7) von D. , er habe im Spätsommer bis Herbst 2013 vier ihrer gusseiserne Barockstil-Stühle im Barockstil in die Recyclingstelle H. gebracht (ND 1/3 S. 2 f.). Wenn I. überdies angab,

          D. habe nichts dagegen gehabt, dass die Stühle aus der Liegenschaft entfernt werden würden und ihm auf seine Frage hin erklärt, er dürfe sie - statt sie zu entsorgen - auch selbst behalten, dann bedeutet dies noch lange nicht, dass

          D. nicht danach wieder den Entschluss gefasst haben könnte, die vom

          Verwalter noch nicht entsorgten Stühle zu behalten (um sie später einmal zu restaurieren) und deshalb die Beschuldigte hiess, sie solle Platz im Keller schaffen und die Stühle dort verstauen. Wenn die Beschuldigte dem nicht Folge leistete und die Stühle dann plötzlich aus dem Vorkeller verschwunden waren, konnte

          D. , wie sie das in der ersten formellen Befragung auch aussagte, nicht wis-

          sen, ob sie nun vom Hauswart entsorgt oder von sonst jemandem mitgenommen worden waren. Erst als sie die Stühle in der Zeit bis zur nächsten Befragung in der Recyclingstelle entdeckte, war ihr dies klar, was sie denn auch in der nächstmöglichen Befragung sofort berichtete.

        3. Weiter findet sich in den Aussagen D. s zum angeblich gestohlenen Laptop kein Widerspruch von Gewicht. Wenn D. an der G. -Strasse kein solches Gerät in den Hausflur stellte, dies gegenüber der Beschuldigten auch nicht behauptete und sie der Beschuldigten demzufolge auch keine Liste der gestohlenen Gegenstände übermittelte, konnte sie nicht wissen, welche Angaben zum angeblich gestohlenen Notebook die Beschuldigte anschliessend gegenüber Versicherung und der Polizei machte. Sie durfte deshalb diesbezüglich in den Befragungen etwas spekulieren. Ihre anfängliche Auslegung, wonach die Beschuldigte mit dem Erhalt der Versicherungsleistung den Verlust des dieser im Jahr 2012 in einem Park gestohlenen Laptops (wofür sie nicht versichert gewesen sei), finanziell hätte ausgleichen wollen (HD 10/1 S. 3 f.), kann dabei durchaus der in einer späteren Einvernahme geäusserten Meinung gewichen sein, die Beschuldigte habe allenfalls den Laptop, den D. ihr eine Zeitlang überlassen gehabt und nun wieder bei sich habe (wodurch aus D. s Sicht ein Mitwirkungsverdacht an einem versuchten Versicherungsbetrug der Beschuldigten hätte entstehen können), angegeben (HD 10/4 S. 12 und 13, vgl. auch HD 10/6 S. 1 f.).

          Wenn sie im Weiteren auf die singuläre, nicht weiter vertiefte Frage der Staatsanwältin in der Befragung vom 7. April 2014, ob sie Kenntnis darüber habe, ob

          der Beschuldigten je ein Laptop gestohlen worden sei (HD 10/6 S. 13), mit nein antwortete, dann stellt dies keine unauflösliche Diskrepanz zur in der ersten (polizeilichen) Einvernahme getätigten Aussage betreffend den Computer-Diebstahl im Park dar: Die Befragte kann die Frage der Staatsanwältin dahingehend verstanden haben, dass sie wissen wolle, ob sich D. sicher sei, dass der Beschuldigten überhaupt jemals ein Laptop gestohlen worden sei (etwa, weil

          D. zugegen war, als der Beschuldigten der Computer in der Grünanlage gestohlen wurde). Wusste sie vom angeblichen Diebstahl nur vom Hörensagen, dann durfte sie die so verstandene Frage verneinen, ohne sich in einen Widerspruch zu setzen. Möglich ist angesichts des Zeitablaufs ferner, dass D. mittlerweile die Episode des Diebstahls im Park nicht mehr in Erinnerung hatte.

          Im Übrigen tragen auch die Aussagen der Beschuldigten wenig zur Klärung der Frage bei, auf welches Notebook sie im Rahmen der Diebstahlsanzeige Bezug genommen hat. Sie zeigen immerhin ebenfalls, dass verschiedene Varianten denkbar sind. So führte die Beschuldigte in der Befragung vom 31. Januar 2014 auf Vorhalt von Aussagen D. s aus, sie habe tatsächlich einen Laptop gehabt, der ihr ihr weggekommen sei (HD 7/8 S. 3), womit sie die diesbezüglichen Angaben D. s bestätigte. Einen zweiten Laptop der Marke Acer habe sie

          D. für einen kleinen Betrag verkauft. In der Hauptverhandlung erwähnte sie diesen Verkauf allerdings nicht mehr, sondern gab zum Thema an, D. einmal ein Tablet geschenkt zu haben, aber sonst nichts (Prot. I S. 15). Der gestohlene Laptop habe D. gehört; die Beschuldigte habe in jenem Zeitpunkt gar keinen besessen.

        4. Was ungereimt bleibt ist, dass D. in der Einvernahme vom 7. April 2014 erklärte, die Beschuldigte sei zwar im September 2013 ab und zu bei ihr zu Besuch gewesen, doch habe sie keine Ahnung, wo sie gewohnt habe (HD 10/6 S. 13).

          Ein halbes Jahr vorher hatte sie nämlich demgegenüber - nachdem sie zuerst angegeben gehabt hatte, die Beschuldigte habe (bloss) anfangs September 2013 vorübergehend bei ihr gewohnt - ausgeführt, die Beschuldigte sei mit Wissen der Beiständin während neun Monaten bis zum 27. September 2013 bei ihr (in

          H. ) wohnhaft gewesen; die Post sei allerdings an die G. -Strasse (in Winterthur) gegangen (HD 10/1 S. 3 f.). Zu diesen Ausführungen passt die Mail, die D. der Beschuldigten am 29. September 2013 schrieb (vgl. HD 81/4).

          Möglicherweise ist D. bei ihrer Angabe im polizeilichen Verhör vom Frühjahr 2014 schlicht einem zeitlichen Irrtum erlegen. Denkbar ist aber auch, dass sie vergessen hatte, dass sie im Herbst des Vorjahrs gegenüber der Polizei bereits eingeräumt hatte, dass die Beschuldigte im September 2013 bei ihr in Untermiete gelebt hatte, und wollte sie dies nun auf Frage der Staatsanwältin aus Angst nicht zugeben, mitverantwortlich für die Unterlassene Anmeldung bei der Gemeindebehörde H. gemacht zu werden. Letztlich kann die Frage, was hinter den widersprüchlichen Vorbringen steckt, jedoch offen bleiben, denn noch mehr als beim Thema Laptop handelt es sich auch hier um einen Nebenpunkt, der nicht von derartigem Gewicht ist, dass die Glaubhaftigkeit der Kernaussage D. s umgestossen würde. Dies gilt umso mehr, als die Aussagen der Beschuldigten zum Zeitraum des Zusammenwohnens genau gleich divergent sind: Sagte sie in einer Befragung vom 31. Januar 2014 noch aus, sie habe bis und mit September 2013 mehrere Monate bei D. gewohnt (HD 7/17 S. 2), erklärte sie in der Hauptverhandlung vor Bezirksgericht, im September 2013 (als sie D. Schadenersatz gezahlt habe) nicht mehr mit ihr zusammengewohnt zu haben (Prot. I S. 12).

        5. Nach dem Gesagten erweist sich das Vorbringen von D. , im interessierenden Zeitpunkt keine Gegenstände in den Flur an der G. -Strasse gelegt zu haben (damit die Beschuldigte die Sachen für sie aufbewahre) und ihr dies auch nicht vorgespiegelt zu haben, als glaubhaft.

      1. Beschuldigte

        Als realitätsfremd und durchsetzt mit Widersprüchen und weiteren Lügensignalen entpuppt sich dagegen bei näherer Betrachtung die Sachverhaltsversion der Beschuldigten.

        1. Als noch unverdächtig erscheint zwar - entgegen der Ansicht von Anklagebehörde und Vorinstanz (HD 33 S. 2, HD 79 S. 18) - dass auf den Formularen der C. vom 6. September 2013 ein Betrag von Fr. 5'000.-- figuriert (ND 1/10). Denn diese Einträge belegen - wie auch die Verteidigung zu Recht vorbringt (HD 81/1 S. 4) - keineswegs, dass die Beschuldigte gegenüber der Versicherung eine Schadenssumme in dieser Höhe (und nicht nur von rund Fr. 4'500.--

          , wie sie behauptet) angegeben hat. Es handelt sich beim einen Formular um ein von einer Versicherungsmitarbeiterin aufgrund der noch rudimentären telefonischen Schadensmeldung der Beschuldigten ausgefülltes internes Papier, beim anderen um eine von der Versicherung gleichentags vorbereitete, aber von der Versicherungsnehmerin (noch) nicht unterzeichnete Ereignismeldung. Dass die Versicherungsmitarbeiterin dabei den von der Beschuldigen per Telefon angegebenen Betrag von Fr. 4'500.-- aufrundete (etwa weil es sich um einen Schaden in der Kategorie bis Fr. 5'000.-- handelte), ist durchaus möglich. Auf den Papieren ist denn auch bloss von einer Schätzung zum Ereignisdossier bzw. mutmasslichen Kosten die Rede. Nähere Angaben zu Beschaffenheit und Wert des Diebesguts machte die Beschuldigte gemäss der Eingabe der Verteidigung erst drei Tage später, in einer Mail vom 9. September 2013, aus welcher sich eine Schadenssumme von Fr. 4'500.-- ergibt (HD 81/2). Auch den beigezogenen Versicherungsunterlagen lässt sich nichts anderes entnehmen (HD 91/5).

          Somit ist mit der Verteidigung davon auszugehen, dass die Beschuldigte gegen- über der Versicherung stets einen Warenwert von insgesamt Fr. 4'500.-- und nicht von Fr. 5'000.-- angab.

        2. Unverfänglich ist ferner, dass die Beschuldigte erst am 17. September 2013, und damit rund eineinhalb Wochen nach der angeblichen Entdeckung des Diebstahls, bei der Polizei Anzeige erstattete (ND 1/1). Sie kann davon ausgegangen sein, die Schadensdeckung erfolge auch ohne Einschaltung der Polizei. Eine Mail des C. Sachbearbeiters J._ vom 9. September 2013 liess eine solche Interpretation ohne Weiteres zu (HD 81/2). Erst die weitere elektronische Nachricht vom 17. September 2013, 14.28 Uhr, mit welcher J. eine schriftliche Ermächtigung von der Beschuldigten zur Einsichtnahme in die polizeilichen Untersuchungsakten verlangte (HD 81/3), machte klar, dass die Versicherung eine Meldung an die Polizei erwartete. Eine Dreiviertelstunde später erschien die Beschuldigte zwecks Anzeigeerstattung im Polizeiposten, um später der Versicherung einen Polizeirapport einreichen zu können (ND 1/1 S. 1, ND 1/4

          S. 1, Prot. I S. 14).

        3. Bei der Polizei reichte sie nach einer summarischen Schilderung des Vorfalls eine handgeschriebene Liste mit den scheinbar gestohlenen Gegenständen und deren Wert ein (ND 1/4 S. 1, vgl. auch Beilage 1 zu HD 7/8 = ND 1/11). Weiter gab sie an, D. weile für ca. zwei Monate in den Ferien (und die Beschuldigte habe ihr den Schaden von Fr. 4'500.-- bereits ersetzt). In der kurzen Pause zwischen Anzeigeerstattung und formeller Befragung der Beschuldigten erreichte der mit der Sache befasste Polizeibeamte dann aber zu seiner Überraschung

          D. am Arbeitsort (ND 1/1 S. 3, ND 1/4 S. 4). Mit dieser Tatsache konfrontiert gab die Beschuldigte sofort zu, wider besseres Wissen behauptet zu haben, D. sei in den Ferien. Sie habe gewusst, dass sie hier ist (ND 1/4 S. 2), aber allen jetzt gesagt, dass sie in den Ferien sei. Wo D. wann sei, gehe niemanden etwas an (a.a.O. S. 2 und 3). Die Lüge der Beschuldigten bezüglich der Abwesenheit D. s und ihre nichtssagende Begründung dafür lassen aufhorchen und legen den Schluss nahe, dass die Beschuldigte unter allen Umstän- den verhindern wollte, dass D. sofort zur Sache befragt würde, sei es, weil sie sich nicht sicher war, ob D. bei den irreführenden Angaben mit ihr gemeinsame Sache machen würde, sei es, weil die Details noch nicht abgesprochen bzw. einstudiert waren, sei es wegen beidem. Tatsächlich differierten die Auskünfte der beiden denn auch, indem D. etwa einzig von gestohlenen Stühlen sprach, deren Wert geringer ansetzte als die Beschuldigte und überdies vorbrachte, die von der Beschuldigten behauptete Entschädigung nicht erhalten zu haben (ND 1/1 S. 3).

        4. Die Beschuldigte erklärte die Bestreitung D. s, von der Beschuldigten Schadenersatz für die Sachen erhalten zu haben damit, dass D. Schulden bei der Familie bzw. Schwester habe und diese Person just im Zeitpunkt des Anrufs des Polizeibeamten auf D. s Coiffeurstuhl gesessen habe; den Besuch der Schwester im Salon habe D. der Beschuldigten am Vortag angekündigt (HD 7/1 S. 2). Isoliert betrachtet lässt sich diese Behauptung, auch wenn sie gesucht erscheint, nicht widerlegen.

          Erhebliche Zweifel an dieser Aussage und damit an der Behauptung einer Schadenersatzzahlung weckt aber, dass die Beschuldigte offensichtlich selbst der Überzeugungskraft ihres Vorbringens nicht recht traute, schob sie doch sogleich nach, D. habe ihre Schwester schon länger nicht mehr auf dem Stuhl gehabt und sei deshalb etwas aufgeregt gewesen. Eine solche Nervosität kann die Beschuldigte aber nicht selbst wahrgenommen (oder zwischenzeitlich von

          D. erfahren) haben, war sie doch beim ihr eben erst stattgefundenen und der Beschuldigten bekanntgegebenen Telefongespräch nicht Mithörerin oder gar Teilnehmerin, sondern gar nicht anwesend gewesen (ND 1/4 S. 2). Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, wie eine Nervosität D. s den Wahrheitsgehalt der Aussagen der Angerufenen gegenüber dem Polizeibeamten beeinflusst haben sollte; die Bemerkung erfolgte offensichtlich aus Verlegenheit.

          Verstärkt werden die Zweifel sodann durch den Umstand, dass zwar nicht völlig unmöglich, aber kaum vorstellbar ist, dass die Beschuldigte, die seit vielen Jahren mit einer IV-Rente von Fr. 1'750.-- und Zusatzleistungen am Existenzminimum lebt, die im hier interessierenden Zeitraum hoch verschuldet war und deren finanzielle Angelegenheiten von einer Beiständin geregelt wurden, in der Lage gewesen sein könnte, Fr. 4'500.-- in bar (gesammelt in einer Sparflasche) für Ferien auf die Seite zu legen (HD 7/1 S. 3, HD 7/17 S. 3, HD 7/18 S. 9 f., HD 81/4, Prot. I

          S. 7 f. und 14), selbst wenn IV-Nachzahlungen erfolgt wären (HD 7/18 S. 9; vgl.

          dazu HD 79 S. 17 und Prot. II S. 21 f.), was die Beschuldigte freilich nicht belegt hat.

          Doch selbst wenn man dies noch glaubte, erschiene angesichts der Behauptungen der Beschuldigten,

          • dass es zwischen ihr und D. schon zuvor öfters Streitereien wegen deren wahrheitswidrigen Angaben zu Sachen gegeben habe (Prot. I S. 10 f.),

          • dass D. immer bestreite, Geld von der Beschuldigten erhalten zu haben, wenn eine Quittung fehle (HD 7/8 S. 1) und

          • dass D. wegen der vorliegend abhanden gekommenen Gegenstände Krieg veranstaltet, ihr die Hölle heiss gemacht, ja, sie sogar mittels Drohung unter Druck gesetzt habe (HD 7/18 S. 8 f.),

            die Vorstellung als völlig lebensfremd, sie könnte D. eine derart hohe Summe ohne Quittung - angeblich in der Überlegung, dass man das unter Freunden nicht mache (HD 7/1 S. 2) - bezahlt haben.

            Aus all diesen Gründen erweisen sich die Aussagen der Beschuldigten zur angeblich geleisteten Schadenersatzzahlung nicht als glaubhaft. Das strahlt auch auf die übrige Sachverhaltsdarstellung der Beschuldigten negativ aus.

        5. D. entzog sich längere Zeit einer formellen polizeilichen Befragung (ND 1/1 S. 4, HD 10/4 S. 14). Sie liess zweimal einen vereinbarten Termin verstreichen. Am 28. September 2013, um 18.30 Uhr, erschien sie dann endlich zur Einvernahme (ND 1/5). In der vorangegangenen Nacht, am 28. September 2013, um 03.17 Uhr, hatte ihr die - elf Tage zuvor (und dann erst wieder am 31. Januar 2014) polizeilich befragte - Beschuldigte folgende Mail mit dem Betreff Diebstahl gesandt:

          Am 4. Septemb er hast Du, vorüb ergehend aus platzmangel, b ei mir an der G._____-Strasse, im Treppenhaus Deine Sachen deponier.

          Ein Jumb o Umzugskarton mit Deinem Acer Laptop, in der original Verpackung mit Zub ehör, diverse Speicher

          Chips und Steks, Bücher, Lexikas und Unterlagen (Quitungen, Bedienungsanleitungen etc.). Und die 4 alten Gartenstühle.

          Als ich Dich dann informiert hab e, dass alles weg ist. Warst du stink sauer und sagtest: Ich solle das in Ordnung b ringen. Du seist die nächsten 2 Monate nicht da.

          Da ich keinen Stress mit Dir hab en wollte, glich ich dann auch gleich Deinen Finanziellen Verlust aus. Ohne Quittung, mir sind ja b efreundet, das b raucht man dann nicht.

          Das Geld ist aus meiner Spar Flasche. Dies war für Ferien gedacht.

          Als er Dir ins Geschäft angerufen hat, konntest Du nicht mit ihm sprechen, da Deine Schwester gerade da war und nichts mitb ekommen sollte. Da mir zwei offiziell nicht miteinander verkehren.

          Und auch wenn Kunden da sind, würde da nichts ändern. Das ist privat und geht niemanden etwas an.

          A._____ weiss das genau und wollte das sicher verhindern, als sie sagte, dass ich nicht da b in. Ich sagte ihr dies auch.

          Laptop Acer 1'500.-

          Speicher Chips und Steks 200.-

          Bücher u. Lexikas 800.-

          4 Stühle 600.-

          Die Stühle sind noch nicht restauriert, das war ein missverständnis gewesen.

          Offensichtlicher könnte die Instruktion einer Person vor deren Aussage bei den Behörden kaum sein. Die Beschuldigte diktierte Datum, Ort und Grund der angeblichen Deponierung, bezeichnete die Sachen genau, einschliesslich Verpackung und Wertangabe, beschrieb die Reaktion D. s nach dem Verlust, die Schadenersatzzahlung und woher die Beschuldigte dieses Geld gehabt haben soll. Hätten sich die Ereignisse tatsächlich so abgespielt, dann wäre nicht einzusehen, weshalb die Überbringerin und Eigentümerin der Ware nicht einmal vier Wochen nach dem behaupteten Diebstahl von der Beschuldigten derart detailliert daran hätte erinnert werden sollen, warum sie welche Waren worin wohin gestellt habe, dass sie nach dem Verlust verärgert reagiert habe und dass sie eine Schadenersatzzahlung gefordert und diese sofort erhalten hätte. Dies zumal die Beschuldigte die Sachen ja nicht selbst im Hausflur gesehen, sondern Art und Wert der Gegenstände erst nach dem Diebstahl von D. erfahren (und sich notiert) haben will (vgl. HD 7/18 S. 8, HD 68 S. 7, Prot. I S. 14). Durch diesen Umstand wird der Erklärungsversuch der Beschuldigten, wonach sie D. dieses Mail nur geschickt habe, weil D. sie vorher angerufen habe, gesagt habe, sie sei im Stress, wisse nicht mehr, was gewesen sei und sie darum gebeten habe, durchzugeben, was sie (die Beschuldigte) der Polizei angegeben habe (Prot. II S. 24 f.), als blosse Schutzbehauptung entlarvt.

          Kommt hinzu, dass die Beschuldigte D. auch noch - teilweise sogar in direkter Rede - diktierte, welche Rechtfertigung sie für ihre Lüge, D. sei zwei Monate abwesend, vorbringen sollte und warum D. anlässlich des Telefonanrufs der Polizei keine vollständigen Angaben machte.

          Schliesslich lieferte die Beschuldigte D. eine Begründung für die Diskrepanz in der Wertangabe der Stühle (die Beschuldigte hatte ja in der ersten polizeilichen Befragung vom 17. September 2013 einen Wert von Fr. 2'000.-- angegeben, während D. gleichentags auf telefonische Anfrage von Fr. 600.-- gesprochen hatte). Der Widerspruch sollte gegenüber den Behörden mit der Erklä- rung aufgelöst werden, dass die Beschuldigte irrtümlich davon ausgegangen sei, die Stühle seien bereits restauriert gewesen. Tatsächlich nahm D. dann in der Einvernahme auf die (wie erwartet gestellte) Frage entsprechend Stellung (HD 10/1 S. 2). Damit ist übrigens auch die Behauptung der Verteidigung,

          D. habe die Beschuldigte mit ihren Aussagen gar nie wirklich schützen wollen, was sich daraus ergebe, dass sie von einem Wert der Stühle von Fr. 600.-- gesprochen habe (HD 68 S. 8), widerlegt.

        6. Die Beschuldigte erklärte, zwar davon auszugehen, aber keine sichere Kenntnis davon zu haben, dass D. die hier interessierenden Gegenstände je im Hausflur deponiert habe (HD 7/18 S. 8, Prot. I S. 14). Im Zeitraum, in dem die Sachen dort gelagert gewesen sein könnten, sei die Beschuldigte nämlich in einer schlechten Verfassung gewesen und habe die Wohnung an der G. - Strasse nicht verlassen, weshalb sie die Sachen weder wie abgemacht in ihren Keller verbracht noch gesehen habe (HD 7/18 S. 8 f., Prot. I S. 12, Prot. II S. 19 ff. und S. 26 f.). Als die Sachen dann weg gewesen seien, habe sie die Leute im Haus darauf angesprochen, gefragt, ob jemand etwas gesehen hat (HD 7/18 S. 8). Sie glaube, eine Person habe ihr gesagt, dass sie die Sachen gesehen habe und dass diese dann irgendwann weg gewesen seien; allerdings wisse sie nicht mehr, mit wem sie da gesprochen habe (a.a.O. S. 8 und 9).

Diese Aussagen wirken teilweise gekünstelt und vermögen die Sachverhaltsversion der Beschuldigten nicht zu stützen.

Insbesondere erscheint eigenartig, dass sie gegenüber der Polizei zunächst angab, nur zu glauben, nach dem Diebstahl von einer Person im gleichen (Mehrfamilien-)Haus erfahren zu haben, dass diese die Sachen gesehen habe. Wenige Fragen später war dies dann aber offenbar nicht mehr ungewiss; nun wusste sie bloss nicht mehr, wer von den Hausbewohnern ihr dies mitgeteilt haben soll. Wer, wie dies die Beschuldigte von sich behauptete, aktiv (und damit offensichtlich von Zweifeln getrieben) die Mitbewohner des Hauses darauf anspricht, ob sie Gegenstände im fraglichen Zeitraum im Flur gesehen hätten, der merkt sich auch, wer

dies bejaht hat. Doch selbst wenn sie das tatsächlich vergessen hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass sie im eigenen Interesse spätestens, nachdem ihr wenige Wochen nach dem angeblichen Diebstahl zum Vorwurf gemacht worden war, Versicherung und Polizei mit der Angabe, D. habe ihr die Waren in den Hausflur gestellt, belogen zu haben bzw. sich des versuchten Betrugs und der Irreführung der Rechtspflege schuldig gemacht zu haben, alles unternommen hät- te, um diese Person im Haus wieder ausfindig zu machen und als Zeugen anzubieten. Von solchen Anstrengungen haben aber weder die Beschuldigte noch die Verteidigung je etwas verlauten lassen. Im Gegenteil, gab die Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung an, der fragliche Hausbewohner wohne - so glaube sie - nicht mehr dort. Sie habe diesen nur flüchtig gekannt (Prot. II S. 20). Demnach scheint die Beschuldigte nun doch wieder zu wissen, welcher Hausbewohner die Sachen gesehen haben will, ohne diesen jedoch namentlich zu bezeichnen, was beispielsweise über die Hausverwaltung leicht möglich gewesen wäre.

Bleibt festzuhalten, dass die angeblichen Äusserungen des Hausbewohners sich selbstredend nicht mit der Behauptung der Beschuldigten in Einklang bringen lassen würden, D. habe gar nichts in den Hausflur gestellt, sondern sie diesbezüglich belogen.

2.4. Fazit

Zusammenfassend ergibt die Aussagenanalyse, dass die Darstellung von

D. , wonach sie der Beschuldigten weder in Aussicht stellte, ihr die in der Anklageschrift aufgeführten Gegenstände zur Aufbewahrung an die G. - Strasse zu bringen, noch dies tat, überzeugt.

Demgegenüber führt die Summe der sich aus der Würdigung der Aussagen der Beschuldigten ergebenden Lügensignale zum Schluss, dass die Sachverhaltsversion der Beschuldigten nicht den Tatsachen entspricht, sie insbesondere in keinem Zeitpunkt davon ausging, D. habe die besagten Sachen im Hausgang deponiert und diese seien daraufhin gestohlen worden und sie D. entsprechend auch keine Entschädigung ausrichtete.

Der Anklagesachverhalt ist damit (mit der nebensächlichen Ausnahme, dass nicht nachweisbar ist, dass die Beschuldigte gegenüber der Versicherung einen Warenwert von Fr. 5'000.-- angab) erstellt.

  1. Rechtliche Würdigung

    1. Betrug

      1. Des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.

      2. Die Beschuldigte versuchte, die C. mit einer für die Versicherung nicht leicht durchschauoder überprüfbaren Lügengeschichte hinsichtlich des behaupteten Diebstahls zu täuschen. Dabei handelte es sich - entgegen der Argumentation der Verteidigung (HD 96 S. 2 f.) - nicht nur um eine einfache Lüge gegenüber der Versicherung, sondern um ein ganzes Konstrukt, in welches die Beschuldigte raffinierterweise mit D. eine Drittperson einbezog, und auch nicht vor der Erstattung einer Anzeige bei der Polizei (unter Gewährung des Einsichtsrechts für die Versicherung) zurückschreckte. Das Verhalten der Beschuldigten erfüllt somit das Merkmal der Arglist.

        Die F. kam ihrer Opfermitverantwortung auf jeden Fall nach, indem sie es nicht bei den mündlichen und schriftlichen Äusserungen der Beschuldigten bewenden liess, sondern mit Mail vom 17. September 2013 von ihr zusätzlich eine Vollmacht für die Einsicht in die Akten der Behörden verlangte und somit implizit eine Anzeige forderte (HD 81/3) - denn damit schuf sie eine zusätzliche psychische Hürde -, und indem sie eine Woche später von der Kantonspolizei die bis heute vorhandenen amtlichen Akten zur Einsichtnahme beizog (ND 1/12, HD 91/7). Quittungen zu verlangen, hätte den Lug nicht aufgedeckt, erklärte die Beschuldigte doch in einer den Schaden spezifizierenden Mail an die Versicherung, auch diese seien in der gestohlenen Umzugskiste gewesen (HD 91/5).

        Zur Vermögensdisposition und einem entsprechenden Schaden bei der Versicherung sowie zur angestrebten ungerechtfertigten Bereicherung der Beschuldigten kam es in der Folge nicht. Die Beschuldigte hat wissentlich und willentlich sowie in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung gehandelt.

      3. Unbehelflich ist der Einwand der Verteidigung, die Beschuldigte habe die oben erwähnte Vollmacht, soweit sie sich erinnere, nicht öffnen können und sie ihres Wissen auch nie unterzeichnet (HD 81/1 S. 4). Die Versicherungsunterlagen würden dies bestätigen. Die Beschuldigte habe daher das Vermögen der Versicherung gar nie ernsthaft gefährdet, weshalb in rechtlicher Hinsicht lediglich von straflosen Vorbereitungshandlungen ausgegangen werden könne.

        Die Verteidigung hat offensichtlich übersehen, dass sich in den vorliegenden Verfahrensakten eine Kopie des Schriftstücks befindet, mit welchem die Beschuldigte die C. am 17. September 2013 (also noch am Tag, an dem ihr von dieser die E-Mail samt Anhang zugestellt worden war und sie sich zwecks Anzeigeerstattung zur Polizei begeben hatte) mittels Unterschrift zur Einsichtnahme in die amtlichen Akten ermächtigte und sich damit einverstanden erklärte, dass die Versicherung die für die Schadenabwicklung notwendigen Daten und Informationen beschaffen, bearbeiten und im gesetzlich zulässigen Rahmen an Dritte weitergeben würde (ND 1/12, Blatt 2). Die Argumentation der Verteidigung fällt damit in sich zusammen.

      4. Nicht nachvollzogen werden kann sodann, inwiefern der von der Verteidigung (teilweise wörtlich) zitierte, mittlerweile als BGE 140 IV 150 publizierte Bundesgerichtsentscheid die Beschuldigte mit Bezug auf die rechtliche Qualifikation zu entlasten vermöchte (HD 81/1 S. 4 f., HD 96 S. 3). Im angesprochenen Entscheid geht es um die Frage, ob eine Person, die vollständig arbeitsunfähig ist, einen untauglichen Betrugsversuch zum Nachteil der Sozialversicherungen begehen kann. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ist völlig anders gelagert; insbesondere kann von einem untauglichen Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 2 StGB keine Rede sein. Es war nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Betrugshandlungen zum Erfolg führen würden. Vielmehr lässt sich dem Mailverkehr zwischen der Beschuldigten und der Versicherung entnehmen, dass die Versicherung schon frühzeitig in Aussicht stellte, die Schadensdeckung zu übernehmen (vgl. HD 91/4-5).

      5. Die Beschuldigte ist somit des versuchten Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

3.2. Irreführung der Rechtspflege

Indem die Beschuldigte sodann am 17. September 2013 gegenüber der Polizei wider besseres Wissen anzeigte, es sei ein Diebstahl begangen worden, erfüllte sie den Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

III. Strafzumessung
  1. Keine Zusatzstrafe

    Die Vorinstanz bestrafte die Beschuldigte mit 9 Monaten Freiheitsstrafe, teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 11. Oktober 2011. Die mit diesem Strafbefehl verhängte Sanktion lautete auf 240 Stunden gemeinnützige Arbeit und Fr. 400.-- Busse.

    Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist bei ungleichartigen Strafen nicht möglich (BGE 137 IV 57). Diese sind kumulativ zu verhängen, da das Asperationsprinzip nur greift, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Das gilt auch für die Bildung einer Zusatzstrafe bei retrospektiver Konkurrenz nach Art. 49 Abs. 2 StGB. Demnach ist es ausgeschlossen, eine Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe zu einer Geldstrafe oder gemeinnütziger Arbeit als Grundstrafe auszusprechen.

    Wie noch zu zeigen sein wird, erweist sich vorliegend tatsächlich eine Freiheitsstrafe als angezeigt. Eine (teilweise) Zusatzstrafe fällt damit ausser Betracht.

  2. Strafrahmen und Strafzumessungsrege ln

    Die Einzelrichterin hat den Strafrahmen korrekt abgesteckt und die grundlegenden Kriterien für die Strafzumessung aufgeführt. Darauf kann verwiesen werden (HD 79 S. 40 f.).

  3. Konkrete Strafzumessung

    1. Betrug und Irreführung der Rechtspflege (ND 1)

      1. Tatkomponente

        Die Beschuldigte ging beim Betrug recht schlau und durchtrieben vor, indem sie mit der angeblichen Deponierung von konkret bezeichneten Haushaltgegenstän- den einer Freundin im Hausflur, die dann gestohlen worden seien, eine nicht alltägliche und deshalb authentisch erscheinende Geschichte erfand und der Versicherung präsentierte (ND 1/10, HD 81/1). Sie vergass auch nicht zu erwähnen, dass Bedienungsanleitungen und Quittungen in der Umzugskiste gelegen hät- ten, womit sie schon zum Voraus eine allfälligen Forderung nach Beibringung von Belegen unterband. Die Beschuldigte liess sich auch nicht beirren, als die Versicherung deutlich machte, dass sie eine Anzeige bei der Polizei erwarte (HD 81/3), sondern machte sich schnurstracks auf zum Posten und füllte auch gleichentags die von der Versicherung verlangte Vollmacht für die Einsicht in die amtlichen Akten aus. Ihr Vorgehen manifestiert damit auch Hartnäckigkeit. Der Deliktsbetrag war allerdings mit Fr. 4'500.-- noch gering.

        Die von der Beschuldigten durch die Anzeige bei der Polizei begangene Irrefüh- rung der Rechtspflege hängt eng mit dem versuchten Versicherungsbetrug zusammen. Als die D. -Versicherung am 17. September 2013 von der Beschuldigten ihr Einverständnis für die Einsicht in die Polizeiakten verlangte, blieb der Beschuldigten - wollte sie den Versicherungsbetrug weiterführen - kaum etwas anderes übrig, als Anzeige zu erstatten. Damit rechtfertigt es sich, die Strafzumessung für beide Delikte gemeinsam vorzunehmen.

        Ursprünglich hatte die Beschuldigte - anders als von der Vorinstanz insinuiert (HD 79 S. 42) - die Anzeigeerstattung nicht ohnehin zur Untermauerung ihrer Versicherungsmeldung vorgehabt, wie daraus zu schliessen ist, dass seit der angeblichen Tat bereits eineinhalb Wochen und seit der Einreichung der detaillierten

        Schadensliste an die Versicherung (mit Angabe der Bankverbindung für die Überweisung der Entschädigung) schon eine Woche verstrichen waren, ohne dass sie sich an die Polizei gewendet hätte. Soweit eine erste, noch rudimentäre Absprache mit D. betreffend den angeblichen Diebstahl im Zeitraum der Meldung an die Versicherung erfolgt sein sollte, kann - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht angenommen werden, dies habe bereits dazu gedient, die Polizei irrezuführen, denn damit, dass die Polizei einzuschalten sein würde, rechnete die Beschuldigte bis zum 17. September 2013 (als sie die Versicherungsmail erhielt und sogleich die Polizei aufsuchte) wie bereits dargelegt nicht. Die detaillierte Instruktion D. s erfolgte dann allem Anschein nach erst mit der ebenfalls bereits gewürdigten E-Mail vom 28. September 2013 (HD 81/4). In diesem Zeitpunkt hatte die Beschuldigte der Polizei den angeblichen Diebstahl und damit die strafbare Handlung aber längst zur Kenntnis gebracht, womit die Tat vollendet war. Die Tatsache, dass die Beschuldigte D. instruierte, ist mithin für die Bemessung der objektiven Tatschwere bei der Irreführung nicht massgeblich, da beide Instruktionen nicht im Hinblick auf die Anzeige der strafbaren Handlung bei den Behörden erfolgten.

        Zur subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass die Beschuldigte sowohl beim Betrug als auch bei der Irreführung der Rechtspflege mit direktem Vorsatz handelte. Finanzielle Not litt sie nicht. Es kann ihr aber auch nicht angelastet werden, sie habe die Tat im Streben nach übermässigem Luxus und Vergnügen begangen, lebte sie doch wie bereits erwähnt in sehr engen finanziellen Verhältnissen. Beweggrund für die Irreführung der Rechtspflege war wie erwähnt, den Versicherungsbetrug trotz der eingetretenen Komplikation durchbringen zu können.

        Insgesamt ist das Verschulden - bezogen auf den bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen für das schwerste Delikt, den Betrug, - noch als leicht

        zu bewerten, und die Taten wären - wäre der Betrug gelungen - unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips mit 8 Monaten Freiheitsstrafe zu sanktionieren.

        Dass es beim versuchten Betrug blieb, ist nicht zuletzt der Geistesgegenwart des sachbearbeitenden Polizeibeamten zu verdanken, der nach der Anzeige der Beschuldigten sofort die angeblich abwesende D. anrief, was zu Aussagedifferenzen führte. Die Beschuldigte selbst tat allerdings alles, was in ihrer Macht stand, um den Tatplan durchzusetzen. Der Versuch ist daher vollendet. Immerhin rechtfertigt sich eine Reduktion der Strafe um 2 auf 6 Monate, weil kein nennenswerter Schaden für die Versicherung eintrat.

      2. Täterkomponente

        Wie die Vorinstanz zutreffend aufgezeigt hat, hatte die mittlerweile 46jährige Beschuldigte weder in der Kindheit und Jugend, noch als Erwachsene ein leichtes Leben. Insbesondere finden sich in ihrem Lebenslauf mehrere schwere Schicksalsschläge. Das ausserstrafrechtliche Vorleben und die persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten vermögen ihr Verschulden bei der Begehung des Betrugs und der Irreführung der Rechtspflege jedoch - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht über das bei der Tatkomponente bereits Berücksichtigte hinaus zu mindern, fehlt es doch an einem entsprechenden Kausalzusammenhang.

        Nachdem die Beschuldigte das ihr unter ND 1 der Anklage vorgeworfene Verhalten während des gesamten Strafverfahren konsequent und umfassend bestritt, kommt eine Strafreduktion infolge Geständnis nicht in Betracht.

        Zwischen 2006 und 2011 erwirkte die Beschuldigte alle ein bis zwei Jahre einen Strafentscheid (HD 82). Wohl handelte es sich überwiegend um SVG-Delikte, insbesondere Fahren ohne Führerausweis bzw. trotz Entzug. Mitte 2008 und im Frühjahr 2011 beging sie jedoch auch je eine falsche Anschuldigung (die letztgenannte zum Nachteil von D. ). Sie ist mithin bezüglich des Rechtspflegedeliktes einschlägig vorbestraft. Die über viele Jahre manifestierte Bereitschaft zu regelmässiger, auch einschlägiger mittlerer Kriminalität wirkt sich erheblich straferhöhend aus.

        Aktuell kämpft sich die Beschuldigte, welche über Jahre hinweg eine IV-Rente bezog, gemäss eigenen Angaben wieder zurück ins Leben und arbeitet probeweise seit etwas über einem Monat temporär als Malerin, wobei sie noch über keine Festanstellung verfügt (Prot. II S. 9 ff., HD 96 S. 11 f.). Sie hat damit konkret Bemühungen unternommen, Ihren Lebenswandel zu ändern. Ob ihr das gelingen wird, kann nach einer so kurzen Zeitspanne noch nicht beurteilt werden und hängt

        • wie die Beschuldigte selbst vorbrachte (vgl. Prot. II S. 11) - nicht zuletzt von ihrem Gesundheitszustand ab.

        Die Täterkomponente führt zur Anhebung der Freiheitsstrafe um einen Monat auf 7 Monate.

      3. Strafart

        1. Für Strafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr sieht das Gesetz Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor (vgl. Art. 34 Abs. 1 und Art. 40 Satz 1 StGB). Im Vordergrund steht dabei die Geldstrafe. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Verhältnismässigkeit, wonach bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft. Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 82, BGE 134 IV 97,

          BGE 6B_681/2013 vom 26. Mai 2014).

        2. Die Beschuldigte verübt seit 2006 regelmässig und in kurzen Abständen Delikte der mittleren Kriminalität (vgl. zur Definition die vorstehend zitierten Bundesgerichtsentscheide), darunter auch mehrere einschlägige Rechtspflegedelikte. Die 2008 ausgefällte Geldstrafe (unbedingt) und die 2011 verhängte gemeinnützige Arbeit (unbedingt; unklar ob in Geldstrafe umgewandelt oder vollzogen [vgl. die beigez. Akten der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Unt.Nr. 2011/4061 und

          Prot. II S. 15 ff.]) erzielten keine anhaltende bessernde Wirkung. Selbst die Bestrafung mit einer zehntägigen Freiheitsstrafe im Jahre 2006 und der Vollzug der 2009 ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 90 Tagen vermochten die angestrebte

          Verhaltensänderung in strafrechtlicher Hinsicht nicht herbeizuführen. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, eine weitere Geldstrafe entfalte die erforderliche präventive Effizienz (die Anordnung gemeinnütziger Arbeit ist bei der vorliegenden Strafhöhe ausgeschlossen).

          Sodann ist nicht davon auszugehen, dass die Freiheitsstrafe sich übermässig negativ auf das Leben der Beschuldigten (die nicht überdurchschnittlich strafempfindlich ist) und deren (bislang unstetes) soziales Umfeld auswirkt. Dass die Beschuldigte durch den Vollzug der Strafe allenfalls in ihrer neu gestarteten, noch nicht gefestigten beruflichen Integration behindert werden könnte, ist dabei hinzunehmen. Falls die Beschuldigte bei Strafantritt über eine Festanstellung verfügen würde, bestünde abgesehen davon die Chance, dass sie die Freiheitsstrafe (welche nach Anrechnung der Untersuchungshaft weniger als sechs Monate beträgt) in der Form von Halbgefangenschaft vollziehen könnte (Art. 79 StGB).

          Die Beschuldigte ist somit mit 7 Monaten Freiheitsstrafe zu bestrafen, wobei der Anrechnung der erlittenen Haft von 122 Tagen nichts entgegensteht.

            1. Irreführung der Rechtspflege (ND 13)

              Die Tat vom Februar 2011 lässt sich zeitlich und sachlich klar vom Tatkomplex des versuchten Versicherungsbetruges samt Irreführung der Rechtspflege vom September 2013 abgrenzen und ist damit bei der Strafzumessung separat abzuhandeln.

              1. Tatkomponente

                Die Beschuldigte war bei der Irreführung der Rechtspflege im Februar 2011 nicht an der Tatidee und der Planung beteiligt. Sie erstattete auch nicht persönlich bei der Polizei Anzeige, spiegelte ihr nicht - die entsprechende Hemmschwelle überwindend - Auge in Auge vor, es habe ein Einbruchdiebstahl im Coiffeursalon stattgefunden (um den Schaden dann von der Versicherung D. s ersetzt zu erhalten). Sie brach aber als dazu prädestinierte Mittäterin die Hintertür auf und schuf mit dieser Sachbeschädigung erst die Voraussetzungen für die irrefüh- rende Anzeige durch D. . Besonderer Aufwand entstand für die irregeführten

                Behörden allerdings nicht; es blieb anscheinend bei einem Polizeirapport und einer einmaligen Tatortbesichtigung.

                Die Beschuldigte war an der Produktion der Idee und der Planung der Tat nicht beteiligt und sträubte sich anfangs auch, an der Ausführung mitzuwirken. Als sie dann dennoch mitmachte, wusste sie aber genau, wozu das Aufbrechen der Tür dienen würde und handelte willentlich. Motiv für die Tat war jedoch nicht der Wille, sich selbst zu bereichern (es war denn auch keine Beteiligung an der Versicherungszahlung vorgesehen), sondern Mitleid mit E._ , der tatsächlich viel Geld gestohlen worden war, ohne dass sie auf einen Versicherungsschutz hätte zurückgreifen können, und/oder (falsch verstandene) Loyalität mit D. . Das mindert das Verschulden beträchtlich.

                Das Verschulden wiegt leicht, wenn auch noch nicht besonders leicht im Sinne von Art. 304 Ziff. 2 StGB.

                Dem Tatverschulden erweist sich eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen als angemessen.

              2. Täterkomponente

          Zum Vorleben, den persönlichen Verhältnissen und zum Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren kann grundsätzlich auf das oben unter Ziff. III.3.1.2 ausgeführte verwiesen werden. Allerdings ist bei der im Februar 2011 erfolgten Irrefüh- rung der Rechtspflege (ND 13) zu berücksichtigen, dass sich die Beschuldigte in tatsächlicher Hinsicht vollumfänglich geständig gezeigt und die rechtliche Würdigung lediglich insofern in Zweifel gezogen hat, als sie einen Schuldspruch wegen Gehilfenschaft statt Mittäterschaft beantragte. Dieses Nachtatverhalten ist leicht strafmindernd zu veranschlagen. Straferhöhend ist dahingegen zu würdigen, dass sie die hier zu beurteilende Tat nur 5 Monate nach der bedingten Entlassung aus dem Vollzug einer 90tägigen Freiheitsstrafe und während laufender Probezeit verübte. Dass seit der Tatbegehung anfangs Februar 2011 nun schon über

          4 ½ Jahre vergangen sind, ist - entgegen der Argumentation der Verteidigung

          (HD 96 S. 10) - nicht strafmildernd zu berücksichtigen, liegt die relativ lange Verfahrensdauer doch unter anderem darin begründet, dass weitere Strafuntersuchungen gegen die Beschuldigte eingeleitet werden mussten (vgl. hierzu ND 13.1, 13.3 und 13.4).

          Damit bleibt es auch nach Würdigung der Täterkomponente bei einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen.

          Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und - soweit er davon lebt - Vermögen, ferner nach seinem Lebensaufwand, allfälligen Familienund Unterstützungspflichten und nach dem Existenzminimum (Art. 34 Abs. 2 StGB). Die Beschuldigte erhält derzeit noch eine IVRente von Fr. 1'700.--, wobei ihre Mietund Krankenkassenkosten vom Staat (IV/Zusatzleistungen) übernommen werden. Weiter erzielt sie aktuell ein Einkommen von Fr. 1'500.-- pro Monat, wobei geplant ist, dass ihr Einkommen ihre IVRente ablösen soll (Prot. II S. 9 ff.). Ob die Beschuldigte eine Feststellung erhält und dadurch Ihre IV-Rente verliert ist allerdings noch ungewiss. Vermögen hat die Beschuldigte keines. Es ist davon auszugehen, dass sich die Einkommensverhältnisse der Beschuldigten - unabhängig von Ihrer Arbeitstätigkeit - zumindest nicht deutlich verschlechtern werden, weshalb der Tagessatz auf Fr. 30.-- festzusetzen ist.

  4. Vollzug

Was den Vollzug der Strafen betrifft, so kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (HD 79 S. 47 f.).

Die Beschuldigte verübte von 2006 bis 2013 mindestens alle zwei Jahre (oft häu- figer) ein Vergehen oder Verbrechen. Als Folge davon wurden über sie schon alle im Gesetz vorgesehenen Strafarten (Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit, Freiheitsstrafe) verhängt, doch blieb der Vollzug stets ohne nachhaltige Wirkung. Insbesondere dauerte es nach der Verbüssung von knapp drei Monaten Freiheitsstrafe im Sommer 2010 nur wenige Monate, bis die Beschuldigte die erste der vorliegenden Taten beging, und zwei Monate darauf delinquierte sie erneut. Sie zeigte

mithin eine bedenkliche Besserungsresistenz. Dass sie die im aktuellen Strafverfahren erlittene, rund viermonatige Untersuchungshaft hinreichend stark beeindruckt (HD 68 S. 19) hat, um nicht mehr straffällig zu werden, wie die Verteidigung vorbringt, kann ihr deshalb nicht mehr geglaubt werden.

Auch dass die Beschuldigte sich mittlerweile von D. distanziert haben mag (HD 68 S. 19, Prot. II S. 14), vermag die ungünstige Prognose nicht zu verhindern. Bei den jüngsten, hier schwersten Delikten war es nicht sie, welche die Beschuldigte zu den Straftaten motivierte. Zwei Monate nach der vorliegend beurteilten Irreführung der Rechtspflege vom Februar 2011 gab sich die unter Kokaineinfluss autofahrende Beschuldigte sodann bei einer Polizeikontrolle als D. aus (beigez. Akten der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Unt.Nr. 2011/4061), was zusätzlich zeigt, dass nicht D. die Beschuldigte in immer neue Delinquenz hineinzieht, sondern die Beschuldigte in der Regel aus eigenem Antrieb straffällig wird.

Unter all diesen Umständen fällt die Legalprognose derart schlecht aus, dass der bedingte Strafvollzug nicht gewährt werden kann.

IV. Kosten
  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenauflage (dort Ziff. 8) zu bestätigen.

  2. Die Beschuldigte unterliegt mit ihren Anträgen im Schuldpunkt vollumfänglich. Im Strafpunkt obsiegt sie insofern, als für die Irreführung der Rechtspflege vom Februar 2011 (ND 13) eine Geldstrafe ausgefällt wird und die von der Vorinstanz ausgefällte Strafe insgesamt leicht reduziert wird. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, zu vier Fünfteln der Beschuldigten aufzuerlegen und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Angesichts der schlechten, sich in Zukunft kaum mehr wesentlich verbessernden finanziellen Verhältnisse der Beschuldigten sind aber auch die aufzuerlegenden Kosten abzuschreiben. Die Beschuldigte ist derzeit nach wie vor IV-Rentnerin und hoch verschuldet. Sie geht aktuell zwar zur Probe einer Arbeit nach und es ist zu hoffen, dass ihr dadurch ein beruflicher Wiedereinstieg gelingt. Ob es zu einer Festanstellung kommt, ist indes ungewiss.

Die Kosten der amtlichen Verteidigung im Betrag von Fr. 5'700.-- sind aus dem selben Grund definitiv auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 20. Oktober 2014 bezüglich Dispositivziffern 2 (Freispruch vom Vorwurf des Diebstahls, ND 8), 3 (Absehen vom Widerruf der bedingten Entlassung), 6 (Einziehung) und 7 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschuldigte A. ist schuldig

    • des versuchten Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB sowie

    • der mehrfachen Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

  2. Die Beschuldigte wird bestraft mit 7 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 122 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind, sowie mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.--.

  3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe wird nicht aufgeschoben.

  4. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziff. 8) wird bestätigt.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden der Beschuldigten zu vier Fünfteln auferlegt, aber abgeschrieben, und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden vollumfänglich auf die Gerichtskasse genommen.

  7. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Angeklagten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Angeklagten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A

    • die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten

    • die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).

  8. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 4. September 2015

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Leuthard

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