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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB150070: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte war zum Zeitpunkt des Unfalls bei Dunkelheit und Nieselregen mit seinem Auto unterwegs und wurde durch das grelle Flutlicht eines Sportplatzes irritiert. Der dunkel gekleidete Geschädigte wurde auf einem Fussgängerstreifen von der rechten Frontecke des Autos erfasst und erlitt schwere Verletzungen, die letztendlich zu seinem Tod führten. Der Beschuldigte leidet an Blendempfindlichkeit, bestritt jedoch, dass dies seine Fahrt beeinträchtigte. Die Geschwindigkeit des Geschädigten betrug 1,25 m/s, als er den Streifen überquerte. Der Tod des Geschädigten wurde als Folge des Unfalls und der erlittenen Verletzungen festgestellt. Es kam zu einer Kollision auf dem Fussgängerstreifen, bei der der Beschuldigte den Geschädigten mit der rechten Frontecke seines Autos erfasste. Letztendlich wurde der Beschuldigte freigesprochen, da ihm keine Schuld an der fahrlässigen Tötung des Geschädigten nachgewiesen werden konnte.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB150070

Kanton:ZH
Fallnummer:SB150070
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB150070 vom 04.06.2015 (ZH)
Datum:04.06.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fahrlässige Tötung
Schlagwörter : Beschuldigte; Fussgänger; Geschädigte; Beschuldigten; Fussgängers; Kollision; Fussgängerstreifen; Geschädigten; Person; Unfall; Täter; Fahrzeug; Front; Personenwagen; Aussage; Geschwindigkeit; Meter; Gericht; Geldstrafe; Zeuge; Sekunde; Berufung; Aussagen; ürde
Rechtsnorm:Art. 10 StPO ;Art. 106 StGB ;Art. 117 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 184 StPO ;Art. 33 SVG ;Art. 399 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 45 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 47 VRV ;Art. 48 StGB ;Art. 49 SVG ;Art. 50 StGB ;Art. 6 VRV ;
Referenz BGE:115 II 283; 116 IV 4; 120 Ia 31; 129 IV 39; 130 IV 7; 134 IV 1; 134 IV 53; 134 IV 60; 135 IV 56; 91 IV 78;
Kommentar:
-, Kommentar SVG, Art. 31 SVG, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SB150070

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB150070-O/U/jv

Mitwirkend: Der Oberrichter lic. iur. P. Marti, Präsident, Ersatzoberrichterin

Dr. iur. S. Bachmann und Ersatzoberrichter lic. iur. T. Vesely sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Maurer

Urteil vom 4. Juni 2015

in Sachen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

vertreten durch Leitenden Staatsanwalt Dr. iur. R. Jäger,

Anklägerin und Berufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

betreffend

fahrlässige Tötung
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom 18. November 2014 (GG140040)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. August 2014 (HD Urk. 20) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz :

(Urk. 47 S. 14 f.)

Es w ird e rka nnt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist der fahrlässigen Tötung im Sinne von Art. 117 StGB

    in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1, Art. 33 und Art. 100 Ziff. 1 SVG sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV nicht schuldig und wird von diesem Vorwurf freigesprochen.

  2. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. August 2014 beschlagnahmten Kleider und das beschlagnahmte Klebbandasservat (Geschäfts-Nr. ... des Forensischen Instituts Zürich) werden eingezogen und vernichtet.

  3. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:

    Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

  4. Die Kosten des Vorverfahrens sowie die Gebühr für die Führung der Strafuntersuchung werden auf die Gerichtskasse genommen.

  5. Dem Beschuldigten wird eine Prozessentschädigung von Fr. 10'726.90 (inkl. MwSt. und Barauslagen) für die anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  6. Dem Beschuldigten wird keine persönliche Umtriebsentschädigung zugesprochen.

  7. (Mitteilungen)

  8. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

(Prot. II S. 4 f.)

  1. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft: (Urk. 49 S. 2; Urk. 72 S. 1)

    1. Schuldigsprechung von A.

      27. August 2014:

      im Sinne der Anklageschrift vom

      • der fahrlässigen Tötung im Sinne von Art. 117 StGB in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und Art. 33 SVG sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV.

    2. Bestrafung mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 40.sowie einer Busse von Fr. 1'200.-.

    3. Gewährung des bedingten Vollzuges der Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.

    4. Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse.

    5. Kostenauflage an den Beschuldigten.

  2. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 73 S. 2)

  1. In Bestätigung des vorinstanzlichen Freispruchs sei die Berufung der Staatsanwaltschaft abzuweisen.

  2. Die Verfahrensund Gerichtskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und dem Beschuldigten und Berufungsbeklagten sei eine Anwaltskostenentschädigung nach Massgabe der aufgelegten Kostennoten zuzusprechen.

    Erwägungen:

    1. Prozessuales

      1. Mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom

      18. November 2014 wurde der Beschuldigte A.

      vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung im Sinne von Art. 117 StGB in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1, Art. 33 und Art. 100 Ziff. 1 SVG sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV freigesprochen. Im Weiteren wurden die mit Verfügung vom 27. August 2014 beschlagnahmten Kleider und das beschlagnahmte Klebbandasservat eingezogen und vernichtet. Eine Entscheidgebühr wurde nicht festgesetzt. Die übrigen Kosten wurden auf die Gerichtskasse genommen und dem Beschuldigten eine Prozessentschädigung von Fr. 10'726.90 (inkl. MwSt und Barauslagen) für die anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen. Eine persönliche Umtriebsentschädigung wurde dem Beschuldigten nicht zugesprochen (Urk. 47 S. 14).

      1. Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichts Winterthur meldete die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland mit Eingabe vom 24. November 2014 innert Frist Berufung an (Urk. 38). Am 6. Februar 2015 reichte die Staatsanwaltschaft, nachdem ihr das begründete Urteil am 2. Februar 2015 zugestellt wurde (Urk. 45), fristgerecht die Berufungserklärung ein (Art. 399 Abs. 3 StPO) und stellte oberwähnte Anträge (Urk. 49). In der Folge wurde dem Beschuldigten und der Privatklägerschaft mit Verfügung vom 19. Februar 2015 Frist angesetzt, um zu erklären, ob sie Anschlussberufung erheben ein Nichteintreten auf die Berufung beantragen würden. Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten Frist angesetzt, um das Datenerfassungsblatt sowie Kopien der unterschriebenen Steuererklärungen der beiden letzten Jahre und Unterlagen über seine Einkünfte und Wohnkosten einzureichen (Urk. 54). Innert Frist teilten der Beschuldigte und die Privatklägerschaft mit, auf eine Anschlussberufung zu verzichten (Urk. 56 und 58). Zudem reichte der Beschuldigte die eingeforderten Unterlagen ein (Urk. 60).

      2. Die Staatsanwaltschaft erklärte zwar, das Urteil vollumfänglich anzufechten (Urk. 49). Bei den nachfolgend gestellten Berufungsanträgen findet sich

        betreffend die beschlagnahmten Gegenstände indes kein Antrag. Es ist daher davon auszugehen - und wurde anlässlich der Berufungsverhandlung auch so bestätigt (Prot. II S. 5 f.) -, dass Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils des Bezirksgerichts Winterthur vom 18. November 2014 nicht angefochten und damit in Rechtskraft erwachsen ist. Davon ist vorab Vormerk zu nehmen (Art. 404 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 402 StPO).

      3. Beweisanträge wurden im Berufungsverfahren keine gestellt (Urk. 49; Urk. 56; Urk. 58; Prot. II S. 6). Allerdings wurde anlässlich der Berufungsverhandlung auf Anweisung des Gerichts der Sachverständige B. vom FOR befragt (Urk. 70 + 71).

    2. Sachverhalt

      1. Anklagevorwurf

      Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, er habe unwissentlich an einer deutlichen Blendempfindlichkeit in Kombination mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen gelitten. Er habe am 18. September 2012, um ca. 20.55 Uhr, in Winterthur auf der Frauenfelderstrasse stadteinwärts ein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 45 km/h gelenkt. Dies bei tageszeitbedingter Dunkelheit und einsetzendem Nieselregen. Auf Höhe des Sportplatzes Talwiese habe er sich für einen Augenblick vom gleissend hellen Weisslicht der Sportplatzbeleuchtung ablenken lassen. Dadurch habe er den von der Mittelinsel herkommenden, dunkel gekleideten Fussgänger, den Geschädigten C. , erst wahrgenommen, als dieser den Fussgängerstreifen bereits betreten habe, um die an der fraglichen Stelle nur mässig durch eine orangerote Lampe ausgeleuchtete Fahrbahn mit normaler Gehgeschwindigkeit (ca. 1.25 m/s) zu überqueren. Wegen der bereits dargelegten Unaufmerksamkeit habe der Beschuldigte nicht rechtzeitig abbremsen können, um dem Geschädigten den gebührenden Vortritt zu gewähren. So sei es auf dem Fussgängerstreifen zu einer Kollision zwischen der Frontpartie des vom Beschuldigten gelenkten Personenwagens und dem Geschädigten gekommen. Durch dieses Unfallereignis, in deren

      Folge der Geschädigte zunächst durch den Frontstossfänger des Unfallfahrzeuges auf Beinhöhe erfasst worden, sodann beifahrerseitig auf die Windschutzscheibe aufgeschlagen und danach mehrere Meter in Richtung Bushaltestelle Hohlandweg weggeschleudert worden sei, habe dieser schwere Verletzungen am ganzen Körper erlitten, so unter anderem Knochenbrüche der Schädelbasis, des Felsenbeins, des Mittelgesichts, des Brustbeins (Sternum), der ersten Rippe links, der 1. bis 8. Rippe rechts, des rechten Schulterblattes (Scapula), des oberen und unteren Schambeinastes links, des rechten Oberschenkels (proximaler Femurschaft) und des rechten Unterschenkels (proximaler Unterschenkelschaft). Diese Verletzungen hätten in der Folge trotz breiter antibiotischer Behandlung zu einer schweren Herzmuskelund Herzbeutelentzündung in Kombination mit einer schweren Lungenentzündung geführt, an deren Folgen der Geschädigte am

      13. November 2012 nach einem akuten Herzversagen als kausale Folge des Unfallgeschehens vom 18. September 2012 verstorben sei. Hätte sich der Beschuldigte nicht von der Flutlichtanlage des Sportplatzes Talwiese ablenken lassen, sondern pflichtgemäss seine volle Aufmerksamkeit dem Geschehen auf der Strasse und insbesondere dem vor ihm liegenden Fussgängerstreifen gewidmet, hätte er den Geschädigten trotz der objektiv wie auch subjektiv schlechten Sichtverhältnisse rechtzeitig wahrnehmen und sein Fahrzeug ohne Hast bis zum Stillstand abbremsen können, zumal der Beschuldigte im Zeitpunkt, als sich der Geschädigte angeschickt habe, den Fussgängerstreifen von der Mittelinsel her zu betreten, mit seinem Fahrzeug noch 32 Meter vom späteren Unfallopfer entfernt gewesen sei. Der für den Geschädigten tödlich verlaufende Verkehrsunfall hätte so ohne weiteres vermieden werden können (HD Urk. 20 S. 2 f.).

      Unbestritten und gemäss Untersuchung erstellt ist, dass der Beschuldigte am

      18. September 2012, um ca. 20.55 Uhr, bei tageszeitbedingter Dunkelheit und einsetzendem Nieselregen seinen Personenwagen auf der Frauenfelderstrasse in Winterthur stadteinwärts lenkte und es bei der Bushaltestelle Hohlandweg zur Kollision mit dem dunkel gekleideten als Fussgänger unterwegs gewesenen Geschädigten, der den Fussgängerstreifen von links nach rechts überqueren wollte, kam, in deren Folge der Geschädigte auf der rechten Seite der Frontscheibe des Personenwagens aufschlug (vgl. dazu auch Urk. 69 S. 4). Unbestritten ist auch,

      dass von links ein grelles Licht schien, dass die Fahrbahn bei der Kollisionsstelle nur mässig durch eine orangerot leuchtende Strassenlampe ausgeleuchtet war und dass der Beschuldigte im Zeitpunkt des Unfallereignisses unwissentlich an einer deutlichen Blendempfindlichkeit in Kombination mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen litt. Der Beschuldigte macht jedoch geltend, den Zusammenstoss mit dem Geschädigten nicht aus Unaufmerksamkeit bzw. Pflichtwidrigkeit verursacht zu haben. Es sei unklar, wo und wie sich der Unfall genau zugetragen habe (Urk. 69 S. 4 ff.). Nachfolgend ist daher aufgrund der vorhandenen Beweismittel zu prüfen, ob sich der restliche massgebliche Anklagesachverhalt rechtsgenügend erstellen lässt.

      1. Beweismittel und deren Verwertbarkeit

        Die Anklagebehörde stützt sich zum Beweis des von ihr behaupteten Sachverhalts im Wesentlichen auf die Aussagen des Beschuldigten (HD Urk. 3-5),

        die Zeugeneinvernahmen von D.

        (HD Urk. 6) und von E.

        (HD Urk. 7), eine Fotodokumentation der Stadtpolizei Winterthur (HD Urk. 8/1), sämtliche Unfallfotos in elektronischer Form (HD Urk. 8/3), einen Situationsplan der Stadtpolizei Zürich (HD Urk. 11/7), eine unfallanalytische Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich (HD Urk. 11/8), verkehrsmedizinische Akten über den Beschuldigten (HD Urk. 13/1-2), ein pharmakologisch-toxikologisches Gutachten über den Geschädigten (HD Urk. 12/10) und ein rechtsmedizinisches Gutachten zum Todesfall des Geschädigten (ND 1 Urk. 5/4). Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung wurde wie erwähnt zudem B. , Unfallanalytiker beim Forensischen Institut Zürich, als sachverständiger Zeuge einvernommen (Urk. 70).

        Zur Verwertbarkeit der genannten Beweismittel gilt es lediglich anzumerken, dass die unfallanalytische Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich kein Gutachten im Sinne von Art. 184 StPO darstellt (vgl. HD Urk. 11/8 S. 1). Nachdem der Beschuldigte jedoch ausdrücklich auf die Erstellung eines förmlichen Gutachtens verzichtet hat (HD Urk. 16/16; HD Urk. 5 S. 1 f.), hat er die Vorbeurteilung anerkannt, weshalb sie grundsätzlich verwertbar ist.

      2. Aussagen des Beschuldigten

        Der Beschuldigte führte anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom 18. September 2012 aus, er sei mit der Umgebung relativ gut vertraut. Zum Unfallzeitpunkt sei die Strasse nass gewesen, es habe leicht geregnet und von links habe extrem helles Licht von der Beleuchtung des Fussballplatzes geschienen. Der Fussgängerstreifen sei aus seiner Sicht extrem schlecht beleuchtet gewesen. Wie schnell er gefahren sei, könne er nicht sagen. Es sei jedenfalls unter 50 km/h gewesen. Er sei auf der Frauenfelderstrasse stadteinwärts eher auf der linken Hälfte seiner Fahrbahnseite gefahren. Plötzlich habe er einen Fussgänger links vor seinem Fahrzeug auftauchen sehen. Dieser sei von links nach rechts gelaufen. Er habe ihn mit seinem Fahrzeug erfasst und es habe ihn auf die Frontscheibe geworfen. Sofort habe er, der Beschuldigte, eine Vollbremsung eingeleitet. Er könne nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt er den Fussgänger erkannt habe. Es sei extrem knapp gewesen. Er könne auch nicht sagen, wo sich sein Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt befunden habe. Es sei sehr kurz gewesen. Er habe lediglich einen schwarzen Schatten erkannt. Die Kollision könne er nicht genau schildern. Er denke, dass der Fussgänger von der vorderen linken Ecke seines Fahrzeugs erfasst worden sei. Er könne lediglich noch sagen, dass der Fussgänger anschliessend gegen die Windschutzscheibe geprallt sei. Mit welchem Körperteil dies erfolgt sei, habe er nicht erkennen können. Verrichtungen im Fahrzeug habe er keine vorgenommen. Lediglich das grelle Flutlicht des sich links befindlichen Fussballplatzes habe ihn irritiert. Er sei Diabetiker und nehme Insulin. Dies beeinträchtige seine Fahrtauglichkeit nicht. Er habe auch sonst nichts genommen, was die Fahrtauglichkeit beeinträchtige (HD Urk. 3)

        Am 11. Juli 2013 wurde der Beschuldigte erstmals durch die Staatsanwaltschaft einvernommen. Dabei gab der Beschuldigte zu Protokoll, der Fussgänger sei für ihn im Gefahrenbereich nicht sichtbar gewesen. Zudem habe es dahinter eine schwarze Häuserfassade, sodass er wohl nur schwarz auf schwarz gesehen habe. Er habe bei der Polizei ausgeführt, das grelle Fluchtlicht habe ihn irritiert. Das Wort irritiert würde er heute nicht mehr verwenden (HD Urk. 4 S. 3).

        Am 26. August 2014 wurde der Beschuldigte durch die Staatsanwaltschaft erneut einvernommen. Mit den Ergebnissen der unfallanalytischen Voruntersuchung konfrontiert führte der Beschuldigte aus, er habe es so in Erinnerung, dass ihm der Fussgänger seitlich ins Auto gelaufen sei. Er habe keine Erinnerung daran, wo die Kollision genau stattgefunden habe. Die gemäss Unterlagen des IRM bestehende leichte diabetische Netzhauterkrankung mit sogenanntem diabetischem Makulaödem sei ihm bekannt gewesen. Er sei deswegen auch in Behandlung gewesen, damit die Aneurysmen nicht grösser würden. Der Erfolg der Behandlung sei so gut gewesen, dass er keine Veranlassung gesehen habe, auf das Autofahren bei Dunkelheit und Dämmerung zu verzichten (HD Urk. 5).

        Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung führte der Beschuldigte aus, er habe in dem Moment, als er den Geschädigten gesehen habe, eine Vollbremsung eingeleitet. Es habe jedoch nicht gereicht, um die Kollision zu verhindern. Der Geschädigte sei ihm von links ins Auto gelaufen. Er kenne die Örtlichkeit gut. Er habe, als er auf den Fussgängerstreifen zugefahren sei, die Umgebung beobachtet, habe allerdings nichts gesehen. Bei der Mittelinsel und weiter hinten sei alles schwarz gewesen. Es habe dort eine dunkle Stelle eines Hauses. Wenn dort eine dunkel gekleidete Person zu laufen komme, sehe man sie nicht, ausser man würde mit Fernlicht fahren. Er wisse nicht mehr, ob er Bremsbereitschaft erstellt habe. Er sei jedoch grundsätzlich langsam gefahren, etwas über 40 km/h. Wie viel Abstand er zum Geschädigten gehabt habe, als er diesen zum ersten Mal wahrgenommen habe, könne er nicht mehr sagen. Durch das Flutlicht habe er sich nicht ablenken lassen. Er habe das auch in der ersten Einvernahme nicht so formuliert. Er habe nur gesagt, dass ihm das Flutlicht aufgefallen sei, dass er es bemerkt habe. Dass er irritiert gewesen sein soll, habe er nicht gesagt. Das sei so interpretiert worden. Von der Tankstelle an befinde sich eine Baumpartie. Dort, wo diese aufhöre, falle auf, dass das Licht auf die Strasse flute. Hingeschaut habe er nicht. Vor dem Unfall habe er nicht gewusst, dass er an einer deutlichen Blendempfindlichkeit mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen leide. Er sei zwar wegen eines Aneurysma auf der Netzhaut in Behandlung gewesen. Dies habe aber seine Sehfähigkeit nicht eingeschränkt. Seine Sehfähigkeit werde laufend überprüft. Diese betrage auch mit

        dem Aneurysma 100%. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass sich das auf seine Fahrfähigkeit in der Nacht ausgewirkt hätte (Prot. I S. 8 ff.).

        Im Rahmen der heutigen Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, er könne weder sagen, wer schuld an der Kollision sei, noch ob der Geschädigte auf der rechten Seite vom Auto erfasst worden sei. Er habe den Geschädigten mit dem linken Kotflügel seines Wagens erfasst, was durch die Spurensicherung der Polizei gestützt werde. Er könne sich nicht mehr erinnern, ob er C. auf dem linken Fussgängerabschnitt gesehen habe; auch auf der Mittelinsel nicht, es sei alles schwarz in schwarz bzw. dunkel in dunkel gewesen. Als der Geschädigte von der Mittelinsel auf den zweiten Fussgängerabschnitt getreten sei, habe er ihn dann gesehen, da er sonst ja keine Vollbremsung eingeleitet hätte. Seine Aufmerksamkeit habe er auf auf die Strasse und den Fussgängerstreifen gerichtet gehabt. Das Nichtsehen des Fussgängers sei nicht auf seine damals bestehenden Augenprobleme zurückzuführen, da diese nicht stark seien (Urk. 69 S. 4 ff.).

      3. Aussagen von D.

        D.

        wurde am 14. April 2014 durch die Staatsanwaltschaft als Zeuge

        einvernommen. Dabei führte er aus, bei besagtem Fussgängerstreifen habe es ein Bushäuschen. Oberhalb dieses Bushäuschens seien sie daran gewesen, die Schäden eines Einbruchdiebstahls zu reparieren. Er habe nur gesehen, wie eine Person über den Fussgängerstreifen gegangen sei. Dann habe er gehört, wie es geklöpft habe. Der Fussgänger sei von der Seite des Fussballplatzes gekommen und in Richtung Bushäuschen gegangen. Mit welcher Geschwindigkeit der Fussgänger unterwegs gewesen sei, wisse er nicht. Dieser sei normal gegangen. Er habe die Kollision nicht gesehen. Er habe nur gesehen, wie ein Auto nach dem Fussgängerstreifen gestanden und weiter vorne eine Person gelegen sei. Das spätere Unfallfahrzeug habe er nicht wahrgenommen. Wie lange er den Fussgänger gesehen habe, könne er nicht sagen. Er habe nur gesehen, dass der Fussgänger die stadtauswärtsführende Fahrbahn der Frauenfelderstrasse betreten und auf die Mittelinsel zugegangen ist. Er habe nicht mehr gesehen, dass der Fussgänger die Mittelinsel betreten habe, da er sich schon abgewendet habe (HD Urk. 6).

      4. Rechtsmedizinisches Gutachten zum Todesfall

      Das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich vom

      10. April 2013 hält fest, dass die Knochenbrüche des Geschädigten, unter Betonung der rechten Seite, für einen Anprall von rechts sprechen würden. Diese Verletzungen seien vereinbar mit den Angaben, dass der Geschädigte auf einem Fussgängerstreifen von rechts erfasst und weggeschleudert worden sein soll. Die Blutung unter der weichen Hirnhaut sowie die Einblutung im Hirngewebe müsse ebenfalls als Folgen einer höhergradigen stumpfen Gewalteinwirkung gegen diese Region angesehen werden und könnten z.B. durch einen Anprall des Kopfes auf dem Fahrzeug auf dem Asphalt entstanden sein. Todesursächlich werde ein akutes Herzversagen infolge einer Herzmuskelund Herzbeutelentzündung in Kombination mit einer akuten Lungenentzündung, als Komplikation der beim Ereignis vom 18. September 2012 erlittenen Verletzungen angesehen. Die todesursächliche Entzündung des Herzens und des Herzbeutels sei als Komplikation der am 18. August (recte: September) 2012 erlittenen Verletzungen anzusehen und stehe im kausalen Zusammenhang mit dem Unfallereignis (ND 1 Urk. 5/4).

      6. Unfallanalytische Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich

      Die unfallanalytische Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich vom

      28. Januar 2014 hält zunächst fest, dass sich verschiedene Fragen zur lückenhaften Unfallaufnahme, Spurensicherung und Unfalldokumentation durch die Stadtpolizei Winterthur aufdrängen würden (HD Urk. 11/8 S. 2 f.). Zur Beantwortung dieser Fragen wurde E. , welcher seinerzeit seitens der Stadtpolizei Winterthur bei der Spurensicherung mitwirkte, durch die Staatsanwaltschaft am 14. April 2014 als Zeuge einvernommen. E. führte aus, dass eine Beurteilung als ältere Beschädigungen höchstens deshalb erfolgt sein könne, wenn es bereits Dreck Rost gehabt habe. Es wisse jedoch nicht, weshalb an den beiden Frontecken keine Spuren entnommen bzw. dort nicht nach Textilfasern des Geschädigten gesucht worden sei. Wischspuren an einem abgetrockneten Fahrzeug erkenne man sofort als frisch. Die Fingerabdruckund Wischspuren am linken Kotflügel seien frisch gewesen, weshalb nicht ausgeschlossen werden konnte, sie würden vom Unfall stammen. Im Übrigen konnte E.

      die

      vom Forensischen Institut Zürich aufgeworfenen Fragen nicht beantworten (HD Urk. 7).

      Trotz der mangelhaften spurenkundlichen Unfallaufnahme konnte das Forensische Institut Zürich unfallanalytisch-physikalische Überlegungen zum Unfallhergang machen. Danach würden die Beschädigungen rechts in der Frontscheibe des Personenwagens und am Dachholm im Zusammenhang mit dem Bericht über die bezirksärztliche Legalinspektion auf einen Anprall des Fussgängers mit der rechten Körperseite und dem Kopf gegen die Frontscheibe und dem Dachholm hindeuten. Die Unterschenkelfraktur des Fussgängers sei typisch für einen Anprall des Stossfängers des Personenwagens. Einzelne Beschädigungen resp. Kontaktspuren im rechten Frontbereich des Personenwagens seien damit vereinbar. Die Endlagen des Personenwagens und des Fussgängers sowie dessen Utensilien seien ebenfalls mit einem Anprall des rechten Frontbereiches des Personenwagens gegen die rechte Seite des Fussgängers vereinbar. Die Angabe im Polizeirapport (Seite 6), die rechte Fahrzeugfront sei mit dem Fussgänger kollidiert, sei aufgrund des Gesamtspurenbildes nachvollziehbar. Die Abdruckspuren links auf der Motorhaube und die Wischspuren am linken Kotflügel seien vermutlich ereignisfremd. Die Kollisionsgeschwindigkeit könne bei etwa 40 bis 50 km/h eingegrenzt werden. Damit kompatibel seien auch die schweren multiplen Körperverletzungen des Fussgängers. Auf der Motorhaube seien keine Wischspuren des Fussgängers dokumentiert und auf den digitalen Fotografien seien keine derartigen Spuren ersichtlich. Der Primärkontakt mit dem Fussgänger habe nicht bei der linken Frontecke des Personenwagens stattfinden können, da der Fussgänger mit ca. 40 km/h von links nach rechts knapp über die Motorhaube hätte fliegen und zuvor entsprechend in die Höhe hätte springen müssen. Utensilien und insbesondere Mützen von angestossenen Fussgängern würden erfahrungsgemäss nahe der Kollisionsstelle zu Boden fallen und würden kaum entgegen die Fahrtrichtung des Personenwagens geworfen. Aufgrund der Endlage der Utensilien sei davon auszugehen, dass die Kollision auf dem Fussgängerstreifen stattgefunden habe. Der Personenwagen habe sich auf der kurzen nachkollisionären Auslaufstrecke kaum nach links rechts bewegt. Gemäss Situationsplan sei der Personenwagen mit der Front ca. 7 m nach dem

      Fussgängerstreifen zum Stillstand gekommen. Weder die Stellung der Vorderräder noch die Richtung der Fahrzeuglängsachse würden auf ein Ausweichmanöver hindeuten. Für die Eingrenzung der Kollisionsstelle könne somit das Fahrzeug in der Richtung seiner Längsachse zurückversetzt werden und zwar mindestens bis auf die Höhe der Endlage der Utensilien des Fussgängers. Unter der Annahme, der Fussgänger sei vom rechten Frontbereich des Personenwagens getroffen worden, hätte der Personenwagen nach der Kollision eine Strecke von 9.5 Meter zurückgelegt. Bei Annahme einer Kollisionsgeschwindigkeit von ca. 45 km/h, einer Bremsverzögerung auf der feuchten Asphaltfahrbahn von

      7.5 m/s2, einer geringfügigen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsverminderung

      des Personenwagens von 2 km/h, einer Bremsschwelldauer von 0.2 Sekunden, einer Reaktionsdauer von 1 Sekunde und einer Fussgängergeschwindigkeit von

      4.5 km/h (1.25 m/s), hätte der Fussgänger von der Schutzinsel bis zur Kollisionsstelle eine Distanz von 3 Meter zurückgelegt und dafür 2.4 Sekunden benötigt. Unter diesen Annahmen hätte die Ausgangsgeschwindigkeit des Personenwagens 48 km/h betragen und sei, als der Fussgänger die Schutzinsel verlassen habe, 31.8 Meter von der Kollisionsstelle entfernt gewesen. Bei sofortiger Reaktion hätte der Beschuldigte vor der Kollisionsstelle anhalten können. Ab einer Fussgängergeschwindigkeit von 2.5 m/s hätte der Beschuldigte, unter sonst gleichen Bedingungen, reagiert, bevor der Fussgänger von der Schutzinsel auf die Fahrbahn getreten sei (HD Urk. 11/8).

      7. Weitere Beweismittel

      Als weitere Beweismittel finden sich in den Akten diverse Fotos (HD Urk. 8/1 und 3, ein Situationsplan der Stadtpolizei Zürich (HD Urk. 11/7), verkehrsmedizinische Akten über den Beschuldigten (HD Urk. 13) sowie ein pharmakologischtoxikologisches Gutachten über den Geschädigten (HD Urk. 12/10). Hinzu kommt

      die Einvernahme des sachverständigen Zeugen B.

      anlässlich

      der heutigen Berufungsverhandlung (Urk. 70). Auf diese Beweismittel ist im Folgenden soweit für die Urteilsfindung relevant einzugehen.

    3. Beweiswürdigung

      1. Bei der Beantwortung der Frage, ob sich der dem Beschuldigten in der Anklageschrift vorgeworfene Sachverhalt verwirklicht hat, ist das Gericht keinen Beweisregeln verpflichtet. Vielmehr gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO), wonach das Gericht das Urteil nach seiner freien, aus den vorliegenden Beweismitteln geschöpften Überzeugung fällt. Muss sich die Beweisführung auch auf Aussagen der Beteiligten stützen, ist anhand sämtlicher Umstände, die aus den Akten ersichtlich sind, zu prüfen, welche Darstellung überzeugend ist. Liegen widersprüchliche Aussagen vor, so ist der Beschuldigte nicht schon aus diesem Grund freizusprechen; vielmehr ist der innere Gehalt der Aussagen zu prüfen. Nur wenn sich auf diese Weise eine Überzeugung weder in die eine noch in die andere Richtung gewinnen lässt, ist der Beschuldigte freizusprechen (BGE 120 Ia 31 E. 2b und c).

      Beim Abwägen von Aussagen ist im Besonderen zwischen der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu unterscheiden. Während die erste Grundlage dafür liefert, ob einer Person getraut werden kann, ist die letztere für die im Prozess massgebende Entscheidung bedeutungsvoll, ob sich der Sachverhalt zur Hauptsache so zugetragen hat nicht. Die allgemeine Glaubwürdigkeit einer Person ergibt sich nebst ihrer prozessualen Stellung vor allem aus den persönlichen Beziehungen und Bindungen zu den übrigen Prozessbeteiligten. In erster Linie massgebend ist jedoch nicht die prozessuale Stellung der Aussagenden bzw. ihre allgemeine Glaubwürdigkeit im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen. Dabei ist vor allem auf das Vorhandensein von Realitätskriterien, aber auch auf Widersprüche und Erweiterungen zu achten (BENDER/NACK/TREUER, Tatsachenfeststellung vor Gericht,

      3. Aufl., München 2007, S. 68 ff.).

      1. und E.

        stehen in keinerlei Beziehung zum Beschuldigten,

        Geschädigten, dessen Ehefrau bzw. dessen Nachkommen (HD Urk. 6 S. 2; HD

        Urk. 7 S. 2). Beide sind demzufolge als glaubwürdig anzusehen. E.

        könnte

        theoretisch ein eigenes Interesse am Strafverfahren haben. Dies nämlich dann, wenn er die bei der Spurenaufnahme erfolgten Versäumnisse korrigieren bzw. sich in einem besseren Licht darzustellen versuchte. Vorliegend sind jedoch keine

        Eigeninteressen auszumachen. D.

        sagte zurückhaltend aus und räumte

        auch ein, wenn er etwas nicht wusste. In den Aussagen von E.

        und

        D. sind keine Lügensignale erkennbar. Ihre Aussagen sind daher als glaubhaft anzusehen und es kann auf sie abgestellt werden.

      2. Hinsichtlich der allgemeinen Glaubwürdigkeit des Beschuldigten ist festzuhalten, dass er im vorliegenden Verfahren nicht unter Strafandrohung zu wahrheitsgemässen Aussagen verpflichtet war und als direkt vom vorliegenden Strafverfahren Betroffener ein insoweit legitimes - Interesse daran haben dürfte, die Geschehnisse in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Entsprechend sind seine Aussagen mit der gebotenen Zurückhaltung zu würdigen. Dies darf jedoch nicht zur Folge haben, dass der generelle Schluss gezogen wird, die Aussagen des Beschuldigten seien deshalb stets mit grosser grösster Zurückhaltung zu würdigen. Dies liefe auf eine rechtsstaatlich unhaltbare Benachteiligung des Beschuldigten hinaus, indem zumindest der Anschein Eindruck erweckt würde, man glaube ihm von vornherein weniger als etwa einem Belastungszeugen. Die besondere Motivationslage ist dennoch insofern von Belang, als der Beschuldigte bei einzelnen Sachverhaltsbereichen ein zusätzliches und offenkundiges Interesse haben kann, nicht die Wahrheit zu sagen, was bei einem blossen Zeugen in der Regel nicht der Fall ist. Allerdings liegen keine Anhaltspunkte vor, die von vornherein gegen die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten sprechen würden. Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten ist sowohl auf ihren jeweiligen Inhalt als auch auf das Aussageverhalten in seiner Gesamtheit abzustellen.

        Der Beschuldigte sagte eher vorsichtig und zurückhaltend aus und machte teilweise auch nur zögerlich Angaben. Dies wäre damit erklärbar, dass der Beschuldigte ausführte, er habe den Geschädigten erst kurz vor der Kollision als Schatten wahrgenommen und könne sich den Unfallhergang nicht erklären.

        Trotzdem wirkt seine Schilderung lebensnah. Zur gefahrenen Geschwindigkeit macht der Beschuldigte divergierende Angaben. So führte er anlässlich der polizeilichen Einvernahme aus, er könne nicht genau sagen, mit welcher Geschwindigkeit er gefahren sei. Es sei unter 50 km/h gewesen (HD Urk. 3 S. 2). Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung machte der Beschuldigte geltend, er sei mit etwas über 40 km/h gefahren (Prot. I S. 9); heute gab er an, er könne nicht sagen, ob seine Geschwindigkeit näher bei 40 km/h 50 km/h gewesen sei. Realistisch sei zwischen 40 km/h und 50 km/h. Er sei vorsichtig und langsam in die Stadt gefahren (Urk. 69 S. 6). Zur vom Beschuldigten gefahrenen Geschwindigkeit äussert sich auch die Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich. Danach könne anhand des Schadenbildes die Kollisionsgeschwindigkeit des Personenwagens bei etwa 40 km/h bis 50 km/h eingegrenzt werden. Damit kompatibel seien auch die schweren und multiplen Körperverletzungen des Fussgängers (HD Urk. 11/8 S. 4). Nichts anderes führte der Zeuge B. anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung aus (Urk. 70 S. 9 f. und S. 15 f.). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Kollision mit einer Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h aber weniger als 50 km/h erfolgte.

        Ebenfalls nicht konstante Ausführungen machte der Beschuldigte in Bezug auf das Licht der Flutlichtanlage. In der polizeilichen Einvernahme führte er aus, das grelle Flutlicht des sich links befindlichen Fussballplatzes habe ihn irritiert (HD Urk. 3 S. 3). Anlässlich der ersten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme führte er aus, er habe bei der Polizei ausgeführt, das grelle Fluchtlicht habe ihn irritiert. Das Wort irritiert würde er heute nicht mehr verwenden (HD Urk. 4 S. 3). In der vorinstanzlichen Hauptverhandlung führte der Beschuldigte schliesslich dazu aus, er habe sich durch das Flutlicht nicht ablenken lassen. Er habe das auch in der ersten Einvernahme nicht so formuliert. Er habe nur gesagt, dass ihm das Flutlicht aufgefallen sei, dass er es bemerkt habe. Dass er irritiert gewesen sein soll, habe er nicht gesagt. Das sei so interpretiert worden (Prot. I S. 10). Es fällt auf, dass sich der Beschuldigte im Laufe der Untersuchung immer mehr von seiner in der polizeilichen Einvernahme gemachten Aussage, wonach ihn das grelle Licht der Flutlichtanlage des angrenzenden Fussballplatzes irritiert habe, distanziert, um schliesslich festzuhalten, er habe dies gar nicht gesagt, dies sei so interpretiert

        worden. Dieses Zurücknehmen der Aussage, welches darin gipfelt, dass er dies gar nicht so gesagt habe, sondern vom Polizeibeamten so interpretiert worden sei, spricht gegen die subjektive Wahrheit und damit gegen die Glaubhaftigkeit dieser Aussage. Daran ändern auch seine heutigen Depositionen nichts. Er erläuterte heute, er habe seine Aussage im Laufe des Verfahrens immer mehr abgeschwächt, weil ihm klar gewesen sei, dass er sich von diesem Licht nicht habe ablenken lassen. Er habe das Licht zwar festgestellt, aber er sei nicht irritiert gewesen. Diese Überlegungen habe er nachträglich angestellt (Urk. 69 S. 12). In der vom Beschuldigten unterzeichneten polizeilichen Einvernahme findet sich nirgends ein Hinweis, dass dies nicht so gesagt worden ist. Auch erfolgt der Vorwurf der Interpretation erst lange Zeit nach dieser Einvernahme. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erinnerung des Beschuldigten bei der der Kollision am zeitnächsten liegenden Einvernahme noch frisch war, weshalb auf diese abzustellen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass das grelle Flutlicht den Beschuldigten irritiert hat.

        Die Tatsache, dass allenfalls einige Aussagen des Beschuldigten unglaubhaft sind und nicht auf sie abgestellt werden kann, bedeutet nicht, dass seine gesamten Aussagen unglaubhaft sind. Auf die übrigen Aussagen des Beschuldigten kann daher mit der entsprechenden Vorsicht abgestellt werden. Es sind insgesamt keine Anhaltspunkte ersichtlich, die an der grundsätzlichen Glaubhaftigkeit des Beschuldigten zweifeln lassen.

      3. Weiter ist zu klären, ob sich die Kollision auf dem Fussgängerstreifen zugetragen hat. Der Verteidiger des Beschuldigten anerkennt, dass sich die Kollision auf dem Fussgängerstreifen zugetragen hat (HD Urk. 34 S. 7; vgl. auch Urk. 73

        S. 3 ff. und Prot. II S. 8 ff.). Auch die unfallanalytische Vorbeurteilung des Forensischen Instituts Zürich kommt zu diesem Schluss. Dies deshalb, weil die Utensilien (Mütze, Portemonnaie, div. Ausweise) des Geschädigten nach dem Unfall auf dem Fussgängerstreifen sichergestellt wurden. Gemäss Vorbeurteilung würden Utensilien und insbesondere Mützen von angestossenen Fussgängern erfahrungsgemäss nahe der Kollisionsstelle zu Boden fallen und kaum entgegen die Fahrtrichtung des Personenwagens geworfen (HD Urk. 11/8 S. 5). Der Zeuge

        B.

        führte dazu heute ergänzend aus, auch aufgrund der Endlage des

        BMW des Beschuldigten sowie einer Reifenabriebspur gelange man zu einem Kollisionsort im Bereich (des dritten Streifens von links) des Fussgängerstreifens

        (Urk. 70 S. 6 f.; vgl. auch Urk. 71/8). Der Zeuge D.

        konnte beobachten, wie

        der Geschädigte den Fussgängerstreifen auf der anderen Fahrbahn betrat und Richtung Mittelinsel ging (HD Urk. 6 S. 3 ff.). Zwar darf aus der Aussage von

        D.

        allein nicht geschlossen werden, dass der Geschädigte auch auf der

        stadteinwärts führenden Fahrbahn den Fussgängerstreifen benutzt hat. Jedoch ist davon mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auszugehen, da der Geschädigte wohl die Mittelinsel betreten und sich dann nicht von dort in Längsrichtung der Strasse über die Erhöhungen und die Signale der Mittelinsel hinweg bewegt hat (vgl. Fotodokumentation in HD Urk. 8/1 S. 1 und S. 2 oben). Sämtliche Beweismittel zusammen lassen nur den Schluss zu, dass der Geschädigte über den Fussgängerstreifen ging, und es ist somit davon auszugehen, dass sich die Kollision auf dem Fussgängerstreifen ereignete.

      4. Zusätzlich gilt es zu klären, mit welchem Teil des Personenwagens der Geschädigte erfasst worden ist, um feststellen zu können, wie weit der Kollisionspunkt von der Mittelinsel entfernt war. Als Beweismittel zur Klärung dieser Frage stehen das Verletzungsbild des Geschädigten (Obduktionsbericht), die unfallanalytische Vorbeurteilung des FOR sowie die Angaben des Zeugen B. , die Beschädigungen am Personenwagen und die Aussagen des Beschuldigten zur Verfügung.

        Gemäss Obduktionsbericht sprechen die vom Geschädigten beim Unfall erlittenen Verletzungen, welche hauptsächlich seine rechte Körperhälfte betreffen, dafür, dass der Geschädigte von rechts erfasst und weggeschleudert worden sei (ND 1 Urk. 5/4 S. 7).

        Die unfallanalytische Vorbeurteilung hält fest, die Unterschenkelfraktur (rechts) des Geschädigten sei typisch für einen Anprall mit dem Stossfänger. Einzelne Beschädigungen resp. Kontaktspuren im rechten Frontbereich des Personenwagens seien damit vereinbar. Die Endlage des Personenwagens, des Geschä- digten und dessen Utensilien seien ebenfalls mit einem Anprall des rechten

        Frontbereiches vereinbar. Utensilien und insbesondere Mützen von angestossenen Fussgängern würden erfahrungsgemäss nahe der Kollisionsstelle zu Boden fallen und kaum entgegen die Fahrtrichtung geworfen werden. Mangels Vergleichsmaterials habe nicht geklärt werden können, ob die Fingerabdruckund Wischspuren auf dem linken Kotflügel vom Geschädigten stammten. Es sei jedoch nicht plausibel, dass der Geschädigte mit der linken Frontecke erfasst worden ist. Da auf der Motorhaube keine Wischspuren des Geschädigten dokumentiert worden seien und auf den digitalen Fotografien auch keine solchen ersichtlich seien, hätte der Geschädigte mit ca. 40 km/h von links nach rechts knapp über die Motorhaube fliegen und zuvor entsprechend in die Höhe springen müssen. Weiter hält die Vorbeurteilung fest, dass sich der Personenwagen des Beschuldigten auf der kurzen Strecke nach der Kollision kaum nach links rechts habe bewegen können. Weder die Stellung der Vorderräder noch die Richtung der Fahrzeuglängsachse deute auf ein Ausweichmanöver hin. Demzufolge könne das Fahrzeug in der Richtung seiner Längsachse zurückversetzt werden und zwar mindestens bis auf die Höhe der Endlage der Utensilien des Geschädigten. Dies bedeute, dass der Geschädigte von der Schutzinsel bis zur Kollisionsstelle eine Distanz von 3 Metern zurückgelegt habe (HD Urk. 11/8

        S. 4 ff.). Die Zeugeneinvernahme des Sachverständigen B.

        ergab diesbezüglich nichts Neues, sondern er bestätigte die bereits in der Vorbeurteilung vorgenommenen Einschätzungen und Schlussfolgerungen (Urk. 70 S. 4 ff.). Ergänzend ist an dieser Stelle noch anzuführen, dass der Zeuge angab, nicht daran zu zweifeln, dass der Primärkontakt zwischen dem Fahrzeug und dem Fussgänger mit dem rechten Frontbereich geschehen sei. So weise die Zierrippe an der linken Ecke am rechten vorderen Eckteil des Wagens eine Bruchstelle im unteren Teil auf, was ein Indiz (für einen Anprall an diesem Ort) darstelle, da solche Bruchstellen typischerweise bei einem Anprall an Beine entstehe (vgl. Urk. 71/3-4). Zudem habe es Verletzungen der Scheinwerferabdeckungen, was ein Indiz darstelle, dass es den Geschädigten dort hinüber geschleift habe (vgl. Urk. 71/5).

        Der Personenwagen des Beschuldigten wies Beschädigungen im linken und rechten Frontbereich und rechts in der Frontscheibe und am Dachholm auf.

        Zudem sind Fingerabdruckund Wischspuren auf dem linken Kotflügel vorhanden (HD Urk. 8/1 S. 8).

        Der Beschuldigte führte aus, er denke, dass der Geschädigte mit der linken vorderen Ecke seines Personenwagens erfasst worden sei (HD Urk. 3 S. 3; Urk. 69 S. 7) bzw. der Geschädigte ihm seitlich ins Auto gelaufen sei (HD Urk. 5

        S. 2). Auch der Beschuldigte spricht nicht davon, dass er ein Ausweichmanöver

        begangen habe. Er will, nachdem er einen Schatten gesehen habe, eine Vollbremsung durchgeführt haben (HD Urk. 3 S. 2; Urk. 69 S. 6).

        Angesichts dieser Beweismittel kann kein Zweifel bestehen und muss davon ausgegangen werden, dass der Geschädigte aufgrund seines Verletzungsbildes von rechts angefahren und mit dem Stossfänger erfasst wurde, wie dies entgegen der Ansicht des Beschuldigten sowie seiner Verteidigung (Urk. 73 S. 3 f.; Prot. II

        S. 9 f.) sowohl der Obduktionsbericht als auch die Vorbeurteilung sowie der

        Zeuge B.

        festhalten. Eine Kollision mit der linken Fahrzeugseite fällt ausser

        Betracht. Aufgrund der vorhandenen Spuren und von Plausibilitätsüberlegungen muss auch eine Kollision mit der linken Frontecke ausgeschlossen werden, wie dies die Vorbeurteilung sowie der Zeuge B. mit überzeugender Begründung (Urk. 70 S. 5) festhalten. Für eine Kollision mit der rechten Frontecke sprechen die Beschädigungen im rechten Frontbereich und in der Frontscheibe rechts, am rechten Dachholm und an der Zierrippe sowie die Schleifspur auf der Scheinwerferabdeckung, ebenso die Plausibilitätsberechnungen des Sachverständigen. Kommt hinzu, dass erfahrungsgemäss Utensilien und insbesondere Mützen von angestossenen Fussgängern nahe der Kollisionsstelle zu Boden fallen und diese in casu auf dem vierten Streifen des Fussgängerstreifens von links in Fahrtrichtung des Beschuldigten gesehen, sichergestellt wurden (vgl. Fotos in HD Urk. 8/1

        S. 2 oben und S. 4 oben). Weiter muss davon ausgegangen werden, dass kein

        Ausweichmanöver seitens des Beschuldigten stattgefunden hat und die nachkollisionäre Strecke kurz war. Das Fahrzeug kann daher in der Richtung seiner Längsachse zurückversetzt werden und zwar mindestens bis auf die Höhe der Endlage der Utensilien. Dies ergibt eine Kollisionsstelle auf dem dritten Streifen des Fussgängerstreifens. Alles in allem bestehen keine Zweifel und ist rechtsgenügend erstellt, dass die Kollision mit der rechten Frontecke geschah. Dies bedeutet, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Kollision von der Schutzinsel eine Distanz von 3 Metern zurückgelegt hatte.

        Daran ändert auch nichts, dass bei der Unfallaufnahme Beschädigungen im linken und rechten Frontbereich als ältere Beschädigungen angesehen wurden (HD Urk. 8/1 S. 9). Als Zeuge führte E. dazu aus, dass eine Beurteilung als ältere Beschädigungen höchstens deshalb erfolgt sein könne, wenn es bereits Dreck Rost gehabt habe. Er wisse jedoch nicht, weshalb an den beiden Frontecken keine Spuren entnommen bzw. dort nicht nach Textilfasern des Geschädigten gesucht worden sei. Auf dem linken Kotflügel seien frische Fingerabdruckund Wischspuren festgestellt worden. Es sei nicht auszuschliessen gewesen, dass sie mit dem Unfall zusammenhängen könnten (HD Urk. 7 S. 4 f.). Damit konnte nicht eruiert werden, ob die Beschädigungen im linken und rechten Frontbereich tatsächlich älteren Datums waren. Die Feststellung der Vorbeurteilung, wonach einzelne Beschädigungen resp. Kontaktspuren im rechten Frontbereich mit einer Kollision mit dem rechten Frontbereich damit vereinbar seien, konnte damit nicht umgestossen werden.

        Aus den frischen Fingerabdruckund Wischspuren auf dem linken Kotflügel können ebenfalls keine Schlüsse gezogen werden, die gegen eine Kollision mit dem rechten Frontbereich sprechen. Zum einen wurden diese nicht zugeordnet;

        zum anderen führte der Zeuge B.

        dazu nachvollziehbar aus, dass der

        Geschädigte sich in der Zeit vom Erstkontakt bis zum Aufschlag an der Frontscheibe etwas mehr als einen Meter bewegt haben müsste, was eine unrealistische Geschwindigkeit ergebe. Der Zeuge kam daher - überzeugend zum Ergebnis, dass aufgrund dieser Spuren nicht auf einen Erstkontakt im Bereich der Fingerabdrücke geschlossen werden könne (Urk. 70 S. 5).

      5. Zur Geschwindigkeit, mit welcher der Geschädigte unterwegs war, führte

        D.

        aus, er wisse nicht, mit welcher Geschwindigkeit dieser unterwegs ge-

        wesen sei. Auf die Frage, ob der Geschädigte rannte, schlenderte, normal ging

        oder torkelte, führte D.

        aus, dieser sei normal gegangen. Diese Aussage

        bezieht sich allerdings auf den Zeitpunkt, als der Geschädigte den Fussgängerstreifen auf der anderen Seite der Mittelinsel betrat und Richtung Mittelinsel ging (HD Urk. 6). Ob der Geschädigte im Zeitpunkt, als er von der Mittelinsel den stadteinwärts führenden Teil des Fussgängerstreifens betrat, immer noch normal ging, ist nicht bekannt insofern ist der Argumentation der Verteidigung (Urk. 73

        S. 4) beizupflichten. Es sind jedoch auch keine Anhaltspunkte vorhanden, die darauf hindeuten, dass der Geschädigte sich nicht (mehr) mit normaler Geschwindigkeit weiterbewegte bzw. seine Geschwindigkeit änderte. Es ist daher davon auszugehen, dass der Geschädigte sich weiterhin mit normaler Geschwindigkeit fortbewegte.

        Das FOR legte seinen Berechnungen in ihrer Vorbeurteilung eine Fussgängergeschwindigkeit von 1.25 m/s zugrunde (HD Urk. 11/8 S. 6; Urk. 70 S. 10). Bei dieser Geschwindigkeit handelt es sich um einen Erfahrungsbzw. statistisch erhärteten Wert für einen 70-jährigen Mann, der normal geht (vgl. Beilage 3 zur

        HD Urk. 11/8 und Urk. 71/12). Der Zeuge B.

        führte in Ergänzung der Vorbeurteilung heute dazu gar aus, eine Geschwindigkeit von 1.25 m/s sei eher an der oberen Grenze für einen 70-Jährigen und korrespondiere mit seinen Erfahrungen (Urk. 70 S. 11). Gemäss der Schweizer Norm Fussgängerverkehr des Schweizerischen Verbands der Strassenund Verkehrsfachleute kann die Gehgeschwindigkeit je nach Alter des Gehenden und in Abhängigkeit von Topographie und Verkehrszweck zwischen etwa 2.5 und 5.5 km/h (0.7 bis 1.5 m/s) betragen (Urk. 77 S. 13). Auch die Schweizer Norm Lichtsignalanlagen der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute geht von einer Fussgängergeschwindigkeit von 1.2 m/s aus (Urk. 78 S. 3). Zu keinem anderen Schluss kommen Kramer/ Raddatz (KRAMER/RADATZ in: Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik, Dezember 2010, S. 385). Die Argumentation der Verteidigung, wonach die Gehgeschwindigkeit von 1.25 m/s und das dem Fussgänger zugeordnete Verhalten keine belegte Stütze finden würde (Urk. 73 S. 4), ist infolgedessen nicht zu hören.

        Im Zeitpunkt des Unfalls war der Geschädigte alkoholisiert. Um 21.45 Uhr wies er einen Mittelwert von 0.81 Gewichtspromillen auf. Da das Trinkende nicht bekannt ist, konnte eine Rückrechnung des Alkoholgehaltes auf den Zeitpunkt des Ereignisses nicht erfolgen (HD Urk. 12/10 S. 2). Aufgrund der Zeugenaussage

        von D.

        ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Geschädigte so

        betrunken war, als dass er nicht mehr normal gehen konnte, zumal bis vor wenigen Jahren noch ein Personenwagen gelenkt werden durfte, wer minim weniger als 0,8 Gewichtspromille Alkohol im Blut hatte.

        Es ist somit dem Urteil zugrunde zu legen, dass der Geschädigte mit einer Geschwindigkeit von 1.25 m/s unterwegs war.

      6. Der Beschuldigte äussert sich zur Frage, ob er den Tod des Geschädigten als kausale Folge des Unfallgeschehens vom 18. September 2012 anerkenne, dahingehend, dass er nicht in der Lage sei, ja nein zu sagen (HD Urk. 4

        S. 4). Das rechtsmedizinische Gutachten zum Todesfall hält fest, dass der Geschädigte an einem akuten Herzversagen infolge einer Herzmuskelund Herzbeutelentzündung in Kombination mit einer akuten Lungenentzündung, als Komplikation der beim Ereignis vom 18. September 2012 erlittenen Verletzungen verstorben sei. Die todesursächliche Entzündung des Herzens und des Herzbeutels sei als Komplikation der am 18. September 2012 erlittenen Verletzungen anzusehen und stehe im kausalen Zusammenhang mit dem Unfallereignis (ND 1 Urk. 5/4). Damit ist der Tod des Geschädigten als kausale Folge der beim inkrinimierten Ereignis erlittenen Verletzungen anzusehen.

      7. Zusammenfassend ist von folgendem erstellten Sachverhalt auszugehen: Der Beschuldigte (der unwissentlich an einer deutlichen Blendempfindlichkeit in Kombination mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen leidet, aber überzeugt ist, dass ihn dies im Unfallzeitpunkt in keiner Weise behinderte einschränkte) war zum Zeitpunkt der inkriminierten Handlung bei tageszeitbedingter Dunkelheit und einsetzendem Nieselregen auf der Frauenfelderstrasse in Winterthur stadteinwärts mit seinem Personenwagen mit einer Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h und weniger als 50 km/h stadteinwärts unterwegs. Auf der Höhe des Sportplatzes Talwiese irritierte ihn das grelle Flutlicht der Sportplatzbeleuchtung. Vor der Bushaltestelle Hohlandweg betrat der dunkel gekleidete Geschädigte von der Mittelinsel her den Fussgängerstreifen mit einer Gehgeschwindigkeit von 1.25 m/s, um an dieser Stelle, die nur mässig durch eine orangerot leuchtende Strassenlampe ausgeleuchtete

      Fahrbahn zu überqueren. Es kam dann auf dem Fussgängerstreifen, drei Meter von der Mittelinsel entfernt, zur Kollision mit dem vom Beschuldigten gelenkten Personenwagen. Der Geschädigte wurde zunächst vom Stossfänger bei der rechten Frontecke erfasst, schlug beifahrerseitig auf die Windschutzscheibe auf und wurde mehrere Meter weggeschleudert. Dabei erlitt er die in der Anklageschrift aufgeführten schweren Verletzungen, an deren Folgen er als kausale Folge des Unfallgeschehens verstarb.

    4. Rechtliche Würdigung
  1. Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren mit Geldstrafe bestraft (Art. 117 StGB). Voraussetzung ist zunächst eine Tathandlung, ein Taterfolg und die natürliche Kausalität zwischen Tathandlung und Taterfolg.

    Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung setzt nach Art. 12 Abs. 3 StGB weiter voraus, dass der Täter den Taterfolg durch die Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist ein Verhalten, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat. Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56 E. 2.1). Dies schliesst nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt werden kann. Denn einerseits begründet nicht jeder Verstoss gegen eine gesetzliche für bestimmte Tätigkeiten allgemein anerkannte Verhaltensnorm den Vorwurf der Fahrlässigkeit, und andererseits kann ein Verhalten sorgfaltswidrig sein, auch wenn nicht gegen eine bestimmte Verhaltensnorm verstossen wurde. Die Vorsicht, zu der ein Täter verpflichtet ist, wird letztlich durch die konkreten Umstände und seine persönlichen Verhältnisse bestimmt, weil naturgemäss nicht alle tatsächlichen Gegebenheiten in Vorschriften gefasst werden können (BGE 135 IV 56 E. 2.1).

    Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin der Fahrlässigkeitshaftung bildet die Vorhersehbarkeit des Taterfolgs. Die zum Taterfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Daher ist zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen bzw. erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen mindestens zu begünstigen (BGE 135 IV 56

    E. 2.1). Das Verhalten des Täters braucht daher nicht die einzige unmittelbare Ursache der Schädigung zu sein. Unerheblich ist dagegen, ob der Täter bedacht hat hätte bedenken können und sollen, dass sich die Ereignisse gerade so zutragen werden, wie sie sich konkret abgespielt haben (BGE 130 IV 7

    E. 3.2 und Urteil des Bundesgerichts 6B_604/2012 vom 16. Januar 2014,

    E. 4.3.2). Die Adäquanz und damit die Vorhersehbarkeit ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden des Opfers beziehungsweise eines Dritten Materialoder Konstruktionsfehler, als Mitursache hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Taterfolgs erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Beschuldigten in den Hintergrund drängen (BGE 135 IV 56 E. 2.1).

    Damit der Eintritt des Taterfolgs auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt seine blosse Vorhersehbarkeit aber nicht. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass der Taterfolg auch vermeidbar war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und aufgrund aller im Zeitpunkt ex post bekannten Umstände geprüft, ob der Taterfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des Taterfolgs genügt es, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 135 IV 56 E. 2.1 und 2.2).

    Wo besondere, der Unfallverhütung und der Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, richtet sich das Mass der im Einzelfall zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56 E. 2.1 und Urteil des Bundesgerichts 6B_509/2010 vom 14. März 2011 E. 3.3.2). Im zu beurteilenden Fall sind die Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes und der dazugehörenden Verkehrsregelverordnungen massgebend.

    Konkret sind vorliegend Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV als Massstab für eine mögliche Sorgfaltspflichtverletzung des Beschuldigten heranzuziehen. Diese beiden Bestimmungen regeln das Verhalten bzw. die Pflichten der Fahrzeugführer an Fussgängerstreifen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind diese untrennbar verknüpft mit den Sorgfaltspflichten, welche die Fussgänger gegenüber den andern Verkehrsteilnehmern zu beachten haben. Deshalb sind die Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV stets unter Berücksichtigung der in Art. 49 Abs. 2 SVG und Art. 47 Abs. 2 VRV aufgestellten Normen auszulegen, welche das Vortrittsrecht der Fussgänger auf den Fussgängerstreifen umschreiben (BGE 91 IV 78 E. 1.b).

    Gemäss Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 VRV muss der Fahrzeugführer Fussgängern das Überqueren der Fahrbahn auf Fussgängerstreifen in angemessener Weise ermöglichen. Vor Fussgängerstreifen hat er besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden im Begriffe sind, ihn zu betreten, d.h. vor dem Streifen warten und ersichtlich die Fahrbahn überqueren wollen. Im wechselseitigen Zusammenspiel mit den Art. 49 Abs. 2 SVG in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 VRV ergibt sich allerdings eine Ausnahme von dieser Regel für den Fall, dass sich der Fahrzeugführer bereits so nahe am Fussgängerstreifen befindet, dass er ohne brüskes Bremsmanöver nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte. Befindet sich der Fahrzeugführer demnach zu nahe am Fussgängerstreifen, als dass er rechtzeitig anhalten könnte, so muss er den Fussgängern den Vortritt nicht gewähren (BGE 129 IV 39 E. 2.1). Ist der Fussgängerstreifen durch eine Verkehrsinsel unterteilt, dann gilt jeder Teil des Übergangs als selbständiger Streifen (Art. 47 Abs. 3 VRV). Der Fussgänger muss daher spätestens auf der Insel erneut nach rechts beobachten, und er muss warten, wenn ein herannahendes Fahrzeug bereits so nahe ist, dass es nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte.

  2. Der Taterfolg ist mit dem Tod des Geschädigten eingetreten. Ein Schuldspruch setzt voraus, dass der Beschuldigte unter Berücksichtigung des erstellten Sachverhalts den Tod des Geschädigten durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat.

  3. Vorliegend hat der Beschuldigte den Geschädigten erst kurz vor der Kollision als Schatten erkannt und sofort eine Vollbremsung eingeleitet. Die Kollision konnte er jedoch nicht mehr verhindern. Unabhängig davon hätte der Beschuldigte dem Geschädigten den Vortritt zu gewähren gehabt, sofern sich dieser auf dem Streifen befand im Begriffe war, den Streifen von der Mittelinsel aus zu betreten. Aufgrund des Vertrauensgrundsatzes (Art. 26 Abs. 1 SVG) durfte er aber auch davon ausgehen, dass der Geschädigte seiner Beobachtungsund allfälligen Wartepflicht nachkommt.

    1. Aufgrund des erstellten Sachverhalts ist der Beschuldigte mit einer Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h aber weniger als 50 km/h unterwegs gewesen. Die Anklageschrift hält dem Beschuldigten nicht vor, er hätte den Geschädigten wahrnehmen können, bevor dieser sich anschickte, von der Mittelinsel her den Fussgängerstreifen zu betreten. Auch wirft die Anklage dem Beschuldigten nicht vor, er hätte aufgrund der objektiv und subjektiv schlechten Sichtverhältnisse besonders aufmerksam sein müssen. Dies bedeutet, dass der Beschuldigte nicht gehalten war, eine erhöhte Aufmerksamkeit aufzuwenden. Der Beschuldigte war daher nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit zu mässigen und Bremsbereitschaft zu erstellen. Es ist daher nicht von einer auf 0.6 bis 0.7 Sekunden reduzierten Reaktionszeit auszugehen (BGE 115 II 283 E. 1a). Seine Reaktionszeit bewegt sich somit in den von der Rechtsprechung gesetzten Grenzen, wonach eine halbe Sekunde Unaufmerksamkeit noch nicht als Fahrlässigkeit qualifiziert werden darf (BGE 115 II 283 E. 1b; so auch die Verteidigung, Urk. 73 S. 6). Vorliegend ist daher von einer üblichen Reaktionszeit von einer Sekunde auszugehen (WEISSENBERGER, Kommentar SVG, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2015, Art. 31 N 14). Allerdings verlangt schon Art. 33 Abs. 2 SVG eine besondere Vorsicht. Wenn vorliegend dennoch von einer Reaktionszeit von einer Sekunde ausgegangen wird, ist dies zugunsten des Beschuldigten.

    2. Bei einer Gehgeschwindigkeit von 1.25 m/s benötigte der Geschädigte für die Strecke von 3 Metern (von der Mittelschutzinsel bis zum Kollisionsort)

2.4 Sekunden. Im Zeitpunkt, in dem der Geschädigte den Fussgängerstreifen nach der Mittelschutzinsel verliess, befand sich der Beschuldigte, ausgehend von einer Geschwindigkeit von 48 km/h bzw. 13.33 m/s, in einem Abstand von

31.8 Metern (vgl. dazu Beilage 1 zu HD Urk. 11/8; Urk. 70 S. 8; Urk. 71/11). Hätte

der Beschuldigte in diesem Zeitpunkt (als der Geschädigte die Mittelschutzinsel verliess) sofort reagiert, d.h. wie soeben erwogen mit einer Reaktionszeit von einer Sekunde, hätte der Anhalteweg, welcher sich aus dem Reaktionsweg, dem Schwellweg (0.2 Sekunden; Urteil des Bundesgerichts 6B_493/2011 vom

12. Dezember 2011 E. 4.3) und dem Vollverzögerungsweg bzw. den entsprechenden Zeiten ergibt, 26.5 Meter betragen. Der Beschuldigte hätte also ohne Probleme sein Fahrzeug vor dem Fussgängerstreifen zum Stillstand bringen können (Stillstand 5.3 Meter vor der Kollisionsstelle; Urk. 71/11) ausgehend von einer Bremsverzögerung von 7.5 m/s2. Eine solche Bremsverzögerung erreichen heutige Fahrzeuge auch bei nasser Fahrbahn, wovon aufgrund des einsetzenden Nieselregens vorliegend auszugehen ist, problemlos (SCHAFFHAUSER/PETER, Strassenverkehr: Wie das Bundesgericht Anhaltewege berechnet, in: Jusletter

10. Juni 2013; so auch der Zeuge B. , Urk. 73 S. 7 f. und S. 15 f.). Dies gilt auch für das vom Beschuldigten gefahrene Fahrzeug (vgl. ADAC Autotest BMW 530d Steptronic, August 2003; Urk. 71/10 S. 2). Insoweit die Verteidigung etwas anderes geltend macht (vgl. Prot. II S. 10), ist sie somit nicht zu hören. Berechnete man ferner die Bremsverzögerung, die nötig wäre, damit der Beschuldigte genau beim Kollisionsort still gestanden wäre, ergäbe sich ein (Bremsverzögerungs-)Wert von lediglich 5.2 bzw. 5.1 m/s2 (vgl. HD Urk. 11/8 S. 6; Urk. 71/11),

was gemäss Aussagen des Zeugen B.

noch keine übermässig starke

Bremsung sei (Urk. 70 S. 8). Der Taterfolg wäre bei pflichtgemässem Verhalten des Beschuldigten (sofortige Reaktion mit einer Reaktionszeit von einer Sekunde) somit ausgeblieben und wäre vermeidbar gewesen.

3.3 Vorliegend hat der Beschuldigte indes nicht 31.8 Meter vor dem Fussgängerstreifen reagiert ansonsten es nicht zur Kollision gekommen wäre -, sondern später. Ausgehend von einer Vollbrems-/Auslaufstrecke von 9.5 Metern,

einer Bremsverzögerung von 7.5 m/s2 (welcher Wert, wie soeben dargelegt wurde, mühelos erreichbar ist und zugrunde gelegt werden kann), einer geringfügigen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsverminderung des Personenwagens von 2 km/h, einer Bremsenschwelldauer von 0.2 Sekunden sowie einer Reaktionsdauer von einer Sekunde ergibt, dass der Beschuldigte 15.8 Meter vor dem Fussgängerstreifen mit dem Bremsvorgang begonnen hat (Beilage 2 zu HD Urk. 11/8; Urk. 70 S. 8 und S. 12 f.; Urk. 71/11). Das bedeutet, dass der Beschuldigte während 1.2 Sekunden (31.8 Meter abzüglich 15.8 Meter [= 16 Meter], gefahren mit einer Geschwindigkeit von 48 km/h) nicht reagierte (HD Urk. 11/8 S. 6 und Beilage 2 dazu; der Geschädigte legte in dieser Zeit eine Strecke bereits von

1.5 Metern auf dem Fussgängerstreifen zurück, vgl. auch Urk. 70 S. 14).

Insofern die Verteidigung geltend macht, man bewege sich in einem sehr engen Bereich (Prot. II S. 10 f.), ist sie darauf hinzuweisen, dass die Kollision bei rechtzeitiger Reaktion selbst bei einer Geschwindigkeit des Geschädigten von

1.5 m/s noch räumlich vermeidbar gewesen wäre (bei tieferen Geschwindigkeiten ohnehin); bei einer Fussgängergeschwindigkeit von 1.75 m/s (was immerhin bereits 6.3 km/h entspricht!) war sie zwar nicht mehr räumlich, aber immer noch zeitlich knapp vermeidbar (vgl. dazu Urk. 71/11).

    1. Das Nicht-Reagieren während 1.2 Sekunden (bzw. 16 Metern) ist dem Beschuldigten als Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen. Er hätte dem Geschädigten das Überqueren der Fahrbahn auf dem Fussgängerstreifen in angemessener Weise ermöglichen und sein Fahrzeug entsprechend abbremsen müssen (vgl. Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 VRV). Bei dieser Ausgangslage kann auch keine Rede davon sein, dass der Geschädigte seinen Vortritt erzwungen hätte.

    2. Der Vorwurf der zu späten Reaktion basiert entgegen der Verteidigung, die moniert, die Kollision sei beim errechneten Szenario nur gerade dann vermeidbar gewesen, wenn alle Parameter genau stimmen würden (Prot. II S. 10) auf Werten und Parametern, die bei den relevanten Berechnungen jeweils zu Gunsten des Beschuldigten wirken. So wird zu Gunsten des Beschuldigten mit einer Fussgängergehgeschwindigkeit von 1.25 m/s gerechnet, was für einen

70-jährigen eher an der oberen Grenze sei, es wird von einer RegelfallReaktionszeit von einer Sekunde (und nicht von einer auf 0.6 bis 0.7 Sekunden reduzierten wie sonst vor Fussgängerstreifen üblich; vgl. vorne Ziff. IV.3.) Reaktionszeit ausgegangen und als Ausgangsgeschwindigkeit des Beschuldigten wird ein (relativ hohes) Tempo von 48 km/h angenommen. Ausserdem werden den obenstehenden Berechnungen eine für heutige Fahrzeuge realistische und mühelos erreichbare Bremsverzögerung von 7.5 m/s2 zugrunde gelegt.

Wenn die Verteidigung darauf hinweist, dass eine Unaufmerksamkeit bzw. eine verspätete Reaktion von 0.5 Sekunden gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung noch nicht als Fahrlässigkeit zu qualifizieren sei (Urk. 73 S. 6), ist dazu festzuhalten, dass der Beschuldigte vorliegend nicht nur 0.5 Sekunden, sondern

1.2 Sekunden zu spät reagierte. Aus dieser Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der Beschuldigten daher nicht für sich ableiten, nicht fahrlässig gehandelt zu haben.

  1. Der Beschuldigte führte aus, er habe den Geschädigten auf der Mittelinsel nicht sehen können, alles sei schwarz in schwarz gewesen (Urk. 69 S. 10), und auch seitens der Verteidigung wurde geltend gemacht, die Vermeidbarkeit der Kollision setze das Erkennen des Fussgängers durch den Beschuldigten als Fussgänger in der Absicht, die stadteinwärts führende Fahrbahn über den Fussgängerstreifen zu betreten, voraus (Urk. 73 S. 5; vgl. auch Prot. II S. 10 f.). Der Beschuldigte mutmasste auch, der Geschädigte könnte allenfalls hinter einem Pfosten gestanden sein (Urk. 69 S. 11). Dies ist auszuschliessen. Aus der Fotodokumentation wird ersichtlich, dass es in Fahrtrichtung stadteinwärts keinen Pfosten hat, sondern der Pfosten mit der Signalisation Standort eines Fussgängerstreifens (SSV Anhang 2 Abb. 4.11) befindet sich auf der anderen Seite der Mittelschutzinsel (HD Urk. 8/1 S. 1 f.). Ferner ist in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschuldigte eine Vollbremsung eingeleitet hat, davon auszugehen, dass er den Geschädigten durchaus erkannt hat. Nichts anderes führte er auch heute aus (Urk. 69 S. 10). Zusätzlich beteuerte der Beschuldigte heute, seine Aufmerksamkeit auf die Strasse und den Fussgängerstreifen gerichtet zu haben (Urk. 69 S. 11). Dies in Kombination mit dem Umstand, dass Abblendlichter auf der Fahrerseite einen Bereich von sicher rund 50 Metern ausleuchten lässt

    keinen anderen Schluss zu, als dass der Geschädigte trotz dunkler Kleidung für den Beschuldigten erkennbar gewesen sein musste, zumal der Beschuldigte mit der Unfallörtlichkeit vertraut war und wusste, dass es dort einen Fussgängerstreifen hatte (HD Urk. 3 S. 2), weshalb er jederzeit mit Fussgängern rechnen musste.

  2. Daran ändert auch die Berücksichtigung der Sichtverhältnisse nichts (vgl. Argumentation der Verteidigung: Prot. II S. 8). Gemäss erstelltem Sachverhalt herrschte zum Zeitpunkt des Unfalles zwar tageszeitbedingte Dunkelheit sowie einsetzender Nieselregen. Man kann also mit Fug behaupten, dass die Sichtverhältnisse nicht optimal waren. Sie waren indes auch nicht derart schlecht, als dass dem Beschuldigten keine Sorgfaltspflichtverletzung mehr vorgeworfen werden müsste, zumal es sich bei der Frauenfelderstrasse in Winterthur um eine

    zwar nur mässig mit einer orangerot leuchtenden Strassenlampe ausgeleuchtete, aber doch ausgeleuchtete breite Einfallstrasse in die Stadt handelt (vgl. HD Urk. 8/1 S. 1-4).

  3. Der Beschuldigte litt zur Zeit der Kollision an einer deutlichen Blendempfindlichkeit in Kombination mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen. Hierzu erklärte der Beschuldigte indes, nicht der Meinung zu sein, dass das Nichtsehen des Geschädigten auf seine damals bestehenden Augenprobleme zurückzuführen gewesen sei; diese seien nicht stark gewesen, wie man nachher festgestellt habe. Er habe keine Probleme gehabt, die er festgestellt hätte (Urk. 69 S. 11 f.). Auch die Verteidigung machte nichts anderes geltend (vgl. Urk. 73 und Prot. II S. 8 ff.). Die beim Beschuldigten vorliegende Blendempfindlichkeit in Kombination mit einem bei Dämmerung Dunkelheit eingeschränkten Kontrastsehvermögen vermag den Beschuldigten vorliegend somit nicht zu entlasten.

  4. Dem Beschuldigten ist zusammengefasst eine Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne von Art. 12 Abs. 3 StGB dahingehend vorzuwerfen, als dass er bei rechtzeitiger (und nicht 1.2 Sekunden zu später) Reaktion, als der Geschädigte sich anschickte, von der Mittelschutzinsel her den Fussgängerstreifen zu betreten, sein Fahrzeug bis zum Stillstand hätte abbremsen und so den tödlich verlaufenden

    Unfall hätte vermeiden können und müssen. Diese Folgen waren für den Beschuldigten sowohl voraussehbar als auch vermeidbar. Der Tod des Geschä- digten ist dem Beschuldigten daher strafrechtlich anzurechnen.

  5. Damit sind sämtliche Tatbestandsmerkmale der fahrlässigen Tötung gemäss Art. 117 StGB erfüllt. Rechtfertigungsund Schuldausschlussgründe sind keine gegeben. Der Beschuldigte ist entsprechend dem soeben Ausgeführten somit der fahrlässigen Tötung im Sinne von Art. 117 StGB in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und Art. 33 SVG sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV schuldig zu sprechen.

V. Sanktion
  1. Strafrahmen und Strafart

    Der Tatbestand der fahrlässigen Tötung im Sinne von Art. 117 StGB sieht eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bis zu

    360 Tagessätzen vor, wobei ein Tagessatz maximal Fr. 3'000.beträgt (Art. 34

    Abs. 1 und 2 StGB).

    Die Geldstrafe stellt im Vergleich zur Freiheitsstrafe einen weniger schweren Eingriff dar. Aufgrund des Verschuldens und der persönlichen Verhältnisse (vgl. die nachfolgenden Erwägungen) kann vorliegend eine Strafe ausgefällt werden, die noch im unteren Bereich des Strafrahmens liegt. Gemäss dem Prinzip der Verhältnismässigkeit ist somit eine Geldstrafe auszusprechen, zumal eine Geldstrafe auch von der Staatsanwaltschaft beantragt wurde (Prot. II S. 4).

    Strafschärfungsoder Strafmilderungsgründe liegen keine vor.

  2. Strafzumessung

    1. Innerhalb des Strafrahmens misst das Gericht gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung

      Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten.

      Der Begriff des Verschuldens muss sich jedenfalls auf den gesamten Unrechtsund Schuldgehalt der konkreten Straftat beziehen. Zu unterscheiden ist zwischen der Tat- und Täterkomponente (H UG in: Donatsch/Flachsmann/Hug/Weder,

      19. Aufl., Zürich 2013, N 6 zu Art. 47). Bei der Tatkomponente sind das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe des Schuldigen zu beachten. Sodann sind für das Verschulden auch das Mass an Entscheidungsfreiheit beim Täter sowie die so genannte Intensität des deliktischen Willens bedeutsam (HUG in: Donatsch/Flachsmann/Hug/Weder, a.a.O., N 11 zu Art. 47).

    2. Tatkomponente

      1. Vorerst ist die objektive Tatschwere als Ausgangskriterium für die Verschuldensbewertung festzulegen und zu bemessen. Es ist zu prüfen, wie stark das strafrechtlich geschützte Rechtsgut überhaupt beeinträchtigt wurde. Darunter fallen etwa das Ausmass des Erfolges, wie insbesondere der Deliktsbetrag, die Gefährdung, das Risiko und der Sachschaden etc. sowie die Art und Weise des Vorgehens. Von Bedeutung ist auch die kriminelle Energie, wie sie durch die Tat und die Tatausführung offenbart wird, ebenso die Grösse des Tatbeitrages bei mehreren Tätern und die hierarchische Stellung (W IPRÄCHTIGER, BSK StGB I,

  3. Aufl., Basel 2013, N 84 ff. zu Art. 47). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter dieses Verschulden zu bewerten. Er hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und welche verschuldenserhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen.

    Zum objektiven Tatverschulden ist im vorliegenden Fall anzuführen, dass der Beschuldigte durch eine einmalige Verletzung einer Sorgfaltspflicht - durch eine kurze Unaufmerksamkeit bzw. eine verspätete Reaktion im Strassenverkehr - den Tod des Geschädigten verursacht hat. Die relativ geringe Pflichtwidrigkeit des

    Beschuldigten zeitigte somit eine äusserst schwere wenn nicht schwerstmögliche - Folge. Verschuldensrelativierend wirkt indes, dass der Geschädigte nicht infolge der kollisionsbedingten Verletzungen, sondern aufgrund von aufgetretenen Komplikationen (akutes Herzversagen infolge einer Herzmuskelund Herzbeutelentzündung in Kombination mit einer akuten Lungenentzündung) der beim Unfall im September 2012 erlittenen Verletzungen verstarb. Relativiert wird das Verschulden des Beschuldigten zudem durch den Umstand, dass der Geschädigte dunkel gekleidet war und sich der Unfall bei tageszeitbedingter Dämmerung und einsetzendem Nieselregen ereignete, was das Erkennen des Geschädigten erschwerte. Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Beschuldigte in zeitlicher Hinsicht klar zu spät reagierte. Verschuldenserhöhend wirkt auch, dass der Beschuldigte mit der Unfallörtlichkeit vertraut war und den betreffenden Fussgängerstreifen kannte, weshalb er umso mehr mit Fussgängern rechnen musste. Das objektive Tatverschulden ist gesamthaft als leicht einzustufen.

      1. Bei der Bewertung des subjektiven Verschuldens stellt sich die Frage, wie dem Täter die objektive Tatschwere tatsächlich anzurechnen ist. Dazu gehören etwa die Frage der Schuldfähigkeit sowie das Motiv. Auch ist in diesem Zusammenhang entscheidend, über welches Mass an Entscheidungsfreiheit der Täter verfügte. Ferner sind die weiteren subjektiven Verschuldenskomponenten, wie beispielsweise einige der in Art. 48 StGB aufgeführten Gründe, zu berücksichtigen.

        Einschränkungen in der Schuldfähigkeit sind beim Beschuldigten nicht auszumachen. Zudem ist davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte über die schwerwiegenden Konsequenzen seiner Handlung im Moment der Pflichtwidrigkeit im Einzelnen nicht bewusst war; er handelte unbewusst fahrlässig und war nicht genügend aufmerksam. Insgesamt vermögen die subjektiven Komponenten die objektive Tatschwere weder zu reduzieren noch zu erhöhen.

      2. Das Tatverschulden ist insgesamt als leicht zu qualifizieren. Demzufolge erscheint eine Einsatzstrafe von 40 Tagessätzen Geldstrafe aufgrund der Tatkomponente als angemessen, wobei hier bereits berücksichtigt ist, dass noch eine Verbindungsbusse auszufällen sein wird.

    1. Täterkomponente

      Die Täterkomponente (vgl. Art. 47 Abs. 1 Satz 2 StGB) umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren. Bei der Beurteilung des Vorlebens fallen einerseits früheres Wohlverhalten, andererseits Zahl, Schwere und Zeitpunkt von Vorstrafen ins Gewicht. Unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Verhältnisse ist etwa zu berücksichtigen, ob sich der Täter im Strafverfahren kooperativ verhielt, ob er Reue und Einsicht zeigte, ob er mehr weniger strafempfindlich ist.

      1. Zu seiner Person führte der Beschuldigte aus, eine Lehre als Elektromonteur gemacht zu haben. Anschliessend habe er eine Ausbildung zum technischen Kaufmann sowie zum Betriebsökonom mit Fachrichtung Marketing gemacht. Zurzeit sei er Inhaber der F. GmbH, wobei er als Unternehmensberater angestellt sei. Zudem habe er einen Lehrauftrag an der Fachhochschule und sei Prüfungsexperte für technische Kaufleute. Daraus resultiere ein durchschnittliches monatliches Einkommen von ca. Fr. 4'100.-. Betreffend Auslagen erklärte der Beschuldigte, ihm würden Mietkosten von Fr. 870.- (inklusive Nebenkosten und Parkplatz) und Krankenkassenprämien von ca. Fr. 400.anfallen; Unterhaltsverpflichtungen bestünden keine. Er verfüge über ein Vermögen von ca. Fr. 1'000.- und habe Schulden in einem Betrag von ca. Fr. 3'000.bei seiner Schwester. Zu seinen familiären Verhältnissen gab der Beschuldigte an, von seiner Ehefrau geschieden zu sein und nun alleine zu leben; zudem sei er Vater zweier Töchter und eines Sohnes, welche bereits volljährig seien (HD Urk. 4

        S. 6 f.; HD Urk. 5 S. 6 f.; Prot. I S. 7 f.; Urk. 69 S. 1 f.). Den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten sind keine für die Strafzumessung relevanten Kriterien zu entnehmen.

      2. Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft (Urk. 52), was sich neutral auswirkt. Zwar ist nicht ausgeschlossen, Vorstrafenlosigkeit ausnahmsweise und im Einzelfall in die Gesamtbeurteilung der Täterpersönlichkeit einzubeziehen, was sich allenfalls strafmindernd auswirken kann. Vorausgesetzt ist jedoch, dass die Straffreiheit auf eine aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist. Eine solche darf wegen der Gefahr ungleicher Behandlung jedoch nicht leichthin angenommen

        werden, sondern hat sich auf besondere Umstände zu beschränken. Zu denken ist beispielsweise an den Berufschauffeur, der sich als Ersttäter wegen eines Strassenverkehrsdeliktes strafrechtlich zu verantworten hat, obschon er seit vielen Jahren täglich mit seinem Fahrzeug unterwegs ist (BGE 134 IV 1 E. 2.6.4). Derartige Umstände liegen im vorliegenden Fall offensichtlich jedoch nicht vor.

      3. Bei der Strafzumessung ist, wie erwähnt, auch das Nachtatverhalten eines Täters zu beachten. Darunter fällt das Verhalten nach der Tat sowie im Strafverfahren. Insbesondere wirken ein Geständnis, das kooperative Verhalten eines Täters bei der Aufklärung von Straftaten sowie die Einsicht und aufrichtige Reue strafmindernd (H UG in: Donatsch/Flachsmann/Hug/Weder, a.a.O., N 15 f. zu Art. 47).

        Der Beschuldigte kann keine Reue Einsicht für sich reklamieren. Auch zeigte er sich im Strafverfahren nicht ausgesprochen kooperativ. Das Nachtatverhalten wirkt sich somit nicht zu Gunsten des Beschuldigten aber auch nicht zu seinen Lasten aus.

      4. Aufgrund der Täterkomponente ergibt sich keine Veränderung der im Rahmen der Tatkomponente festgesetzten Einsatzstrafe von 40 Tagessätzen Geldstrafe. Somit resultiert auch unter Einbezug der Täterkomponenten eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

    1. Bei der Berechnung der Tagessatzhöhe bildet das Einkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zufliesst, ganz gleich, aus welcher Quelle die Einkünfte stammen, den Ausgangspunkt. Denn massgebend ist die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. BGE 116 IV 4 E. 3a). Zum Einkommen zählen ausser den Einkünften aus selbständiger und unselbständiger Arbeit namentlich die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, aus der Landund Forstwirtschaft und aus dem Vermögen (Mietund Pachtzinsen, Kapitalzinsen, Dividenden usw.), ferner privatund öffentlich-rechtliche Unterhaltsund Unterstützungsbeiträge, Renten, Sozialversicherungsund Sozialhilfeleistungen sowie Naturaleinkünfte (Botschaft 1998 S. 2019). Was gesetzlich geschuldet ist dem Täter wirtschaftlich nicht zufliesst, ist abzuziehen, so die laufenden Steuern, die Beiträge an die obligatorische Krankenund Unfallversicherung sowie die notwendigen

      Berufsauslagen bzw. bei Selbständigerwerbenden die branchenüblichen Geschäftsunkosten (Botschaft 1998 S. 2019). Das Nettoprinzip verlangt, dass bei den ermittelten Einkünften innerhalb der Grenzen des Rechtsmissbrauchs - nur der Überschuss der Einnahmen über die damit verbundenen Aufwendungen zu berücksichtigen sind (BGE 134 IV 60 E. 6.1 und 6.2).

      Die Tagessatzhöhe ist unter Berücksichtigung des monatlichen Nettoeinkommens von Fr. 4'100.- und der relevanten Abzüge (Krankenkassenprämien ca. Fr. 400.- [Urk. 69 S. 2], Steuerbelastung geschätzt ca. Fr. 400.-) sowie der Tatsache, dass der Beschuldigte keinen Unterstützungspflichten nachzukommen hat, auf Fr. 100.festzusetzen.

    2. Somit erweist sich eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 100.als dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen.

    3. Um der Warnwirkung der auszusprechenden Strafe Nachdruck zu verleihen, kann die bedingte Geldstrafe gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden. Da im vorliegenden Fall der Vollzug der Geldstrafe aufzuschieben sein wird (siehe nachfolgend unter Ziff. 3), kann dem Beschuldigten zusätzlich eine Busse auferlegt werden. Fällt das Gericht eine Busse aus, so bemisst es diese und die Ersatzfreiheitsstrafe je nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser die seinem Verschulden angemessene Strafe erleidet (Art. 106 Abs. 3 StGB). Spricht das Gericht mehrere Sanktionen aus (z.B. eine bedingte Geldstrafe und eine Busse), so haben sie in ihrer Summe schuldangemessen zu sein (BGE 134 IV 53 E. 5.2). Vorliegend erscheint es dem Verschulden des Beschuldigten angemessen, die Busse auf Fr. 600.festzusetzen.

    4. Somit erweist sich unter Berücksichtigung sämtlicher massgebender Strafzumessungsgründe eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 100.sowie eine Busse von Fr. 600.als dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen.

    5. Gemäss Art. 106 Abs. 2 StGB spricht das Gericht im Urteil für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten aus. In ständiger Praxis erscheint ein

Umwandlungssatz von 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe pro Fr. 100.- Busse als angemessen. Es ist daher eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen Freiheitsstrafe auszufällen.

  1. Vollzug

    1. Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe, von gemeinnütziger Arbeit einer Freiheitsstrafe in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB).

      Da der Beschuldigte heute mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu bestrafen ist, sind die objektiven Voraussetzungen erfüllt.

    2. In subjektiver Hinsicht ist das Fehlen einer ungünstigen Prognose vorausgesetzt. Bei der Prognosestellung sind die Tatumstände, das Vorleben, der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen, zu beachten (H UG in: Donatsch/Flachsmann/Hug/Weder, a.a.O., N 6 ff. zu Art. 42).

      Der Beschuldigte ist strafrechtlich nicht vorbelastet (Urk. 52), zum ersten Mal in ein Strafverfahren involviert und im Arbeitsleben integriert. Es besteht deswegen kein Anlass, dem Beschuldigten die günstige Prognose für sein künftiges Wohlverhalten abzusprechen.

    3. Der Vollzug der Geldstrafe ist daher aufzuschieben; die Busse ist zu bezahlen.

    4. Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren (Art. 44 Abs. 1 StGB). Vorliegend sind keinerlei Gründe ersichtlich, die für eine besonders lange Probezeit sprechen würden. Es erscheint vielmehr aufgrund der obigen Erwägungen angemessen, eine (minimale) Probezeit von zwei Jahren anzusetzen.

VI. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Ausgangsgemäss wird der Beschuldigte für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 426

    Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren ist auf Fr. 1'500.festzusetzen und die erstinstanzliche Kostenaufstellung (Dispositiv-Ziffer 3) ist zu bestätigen.

  2. Der Beschuldigte unterliegt auch im Berufungsverfahren, weshalb ihm ausgangsgemäss die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen sind (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ist praxisgemäss auf Fr. 3'000.festzusetzen.

Zufolge des Schuldspruches hat der Beschuldigte entgegen seinen Anträgen keinen Anspruch auf Entschädigung seiner Aufwendungen für die Ausübung seiner Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO e contrario).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom

    18. November 2014 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

    2. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 27. August 2014 beschlagnahmten Kleider und das beschlagnahmte Klebbandasservat (Geschäfts-Nr.

    ... des Forensischen Instituts Zürich) werden eingezogen und vernichtet.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der fahrlässigen Tötung im Sinne von

    Art. 117 StGB in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und Art. 33 SVG sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 100.sowie mit einer Busse von Fr. 600.-.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen.

  5. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 1'500.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 7'118.15 Auslagen Vorverfahren

    Fr. 2'000.- Gebühr Führung Strafuntersuchung

  6. Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  7. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'280.- Entschädigung Sachverständiger FOR

  8. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  9. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv (vorab per Fax) an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. Privatkläger C1.

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y2. Privatklägerin C2.

      dreifach für sich und zuhanden der im Doppel für sich und zuhanden der

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y2. Privatklägerin C2.

    • Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. Privatkläger C1._

      im Doppel für sich und zuhanden der dreifach für sich und zuhanden der

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Abteilung Administrativmassnahmen, Richterliche Fahrverbote, 8090 Zürich (PIN-Nr. ...)

    • die ... AG, ... [Adresse] (Dossier Nr. ...)

    • die ... AG, ... [Adresse] (Referenz: ...)

    • das Forensische Institut Zürich, Zeughausstr. 11, Postfach, 8021 Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  10. Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Zürich, 4. Juni 2015

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. P. Marti

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Maurer

Zur Beac htung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

  • wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,

  • wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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