Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB140387 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 21.04.2016 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_584/2016 |
Leitsatz/Stichwort: | Üble Nachrede |
Zusammenfassung : | Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 21. April 2016 in einem Fall von übler Nachrede entschieden. Die Angeklagte A. wurde freigesprochen, während der Angeklagte B. der üblen Nachrede schuldig befunden wurde. Er wurde zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 300.00 verurteilt, deren Vollzug aufgeschoben und eine Probezeit von 2 Jahren festgesetzt. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 4'500.00 festgesetzt, wobei die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte dem Ankläger und dem Angeklagten auferlegt wurden. Zudem wurden Prozessentschädigungen festgelegt. Der Verteidiger des Beschuldigten 2 zog seine Berufung zurück, während der Vertreter des Privatklägers die Berufung abwies und das Urteil der Vorinstanz bestätigt haben wollte. Die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich wurde ausführlich begründet und bestätigt. Es wurde festgestellt, dass der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt war. Es wurde geprüft, ob sich der Anwalt auf den Rechtfertigungsgrund der Interessenwahrung berufen kann. Die Zusammenfassung endet hier. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Privatkläger; Klage; Anklage; Vorinstanz; Berufung; Privatklägers; Person; Verfahren; Recht; Äusserung; Zuständigkeit; Personen; Zuhälter; Urteil; Aussage; Anklageschrift; Sinne; Gericht; Verfahren; Recht; Journalisten |
Rechtsnorm: | Art. 14 StGB ; Art. 173 StGB ; Art. 31 StPO ; Art. 32 StGB ; Art. 32 StPO ; Art. 33 StPO ; Art. 340 tStG; Art. 349 StGB ; Art. 448 StPO ; Art. 454 StPO ; Art. 456 StPO ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 102 IV 182; 124 IV 150; 131 I 185; |
Kommentar: | -, Basler Kommentar Strafrecht I, Art. 123 StGB, 2019 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB140387-O/U/ad
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, lic. iur. Ruggli und lic. iur.
Stiefel sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. Höfliger
Urteil vom 21. April 2016
in Sachen
Beschuldigte und Berufungskläger
1 verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. , 2 verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ,
gegen
Privatkläger und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z. , betreffend üble Nachrede
Anklage 3
Urteil der Vorinstanz 3
Anträge der Parteien 4
Prozessgeschichte 5
Verfahrensgang bis zur Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils 5
Anwendbares Prozessrecht 5
Berufungsrückzug der Beschuldigten 1 5
Verfahrensgang betreffend den Beschuldigten 2 6
Berufungsthema 6
Örtliche Zuständigkeit 7
Einleitung 7
Allgemeine Ausführungen 7
Anklage:
Die Anklageschrift vom 16. Januar 2014 (Urk. 201) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz :
Die Angeklagte A. wird von Schuld und Strafe freigesprochen.
Der Angeklagte B. ist schuldig der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 StGB.
Der Angeklagte B. wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 300.00.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 4'500.00. Über die weiteren Kosten (Barauslagen usw.) wird die Gerichtskasse Rechnung stellen.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Ankläger und dem Angeklagten B. je zur Hälfte auferlegt.
Der Ankläger wird verpflichtet, der Angeklagten A. eine Prozessentschädigung von Fr. 17'280.00 zu bezahlen.
Der Angeklagte B. wird verpflichtet, dem Ankläger eine Prozessentschädigung von Fr. 17'280.00 zu bezahlen.
Berufungsanträge:
Des Verteidigers des Beschuldigten 2: (Urk. 302 S. 1)
Auf die Ehrverletzungsklage sei nicht einzutreten.
Im Falle eines Eintretens auf die Anklage sei Fürsprecher B. vollumfänglich freizusprechen.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens seien dem Ankläger C. aufzuerlegen.
Der Ankläger C. sei zu verpflichten, Fürsprecher B. eine Prozessentschädigung von CHF 70'000 zu bezahlen.
Des Vertreters des Privatklägers: (Urk. 306 S. 1f.)
Die Berufung des Beschuldigten sei abzuweisen.
Das Urteil der Vorinstanz vom 29. April 2014 sei zu bestätigen.
Dem Beschuldigten seien die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, und dem Privatkläger sei für das Berufungsverfahren eine angemessene Prozessentschädigung zuzusprechen.
Erwägungen
Verfahrensgang bis zur Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils
Hinsichtlich des Verfahrensgangs von der Erhebung der Strafklage durch die Privatkläger bis zur Ausfällung des erstinstanzlichen Urteils kann auf die entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 291 S. 3-6; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Anwendbares Prozessrecht
Da der vorliegende Ehrverletzungsprozess mit Zulassung der (ersten) Anklagen (Strafklagen) durch den untersuchungsführenden Einzelrichter am 27. Oktober 2010, und damit vor Erlass der StPO, vor einem erstinstanzlichen Gericht anhängig gemacht wurde (Urk. 15, vgl. auch Urk. 291 S. 3), war das erstinstanzliche Verfahren noch nach bisherigem kantonalen Prozessrecht zu führen (Art. 456 StPO, Lieber in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO Komm., Art. 456 N 2 m.V.a. Urteil 6B_94/2013, vgl. Urk. 77 S. 2 f. und Urk. 291 S. 15).
Im Berufungsverfahren kommt die Schweizerische Strafprozessordnung zur Anwendung (Art. 454 Abs. 1 StPO, vgl. Lieber, a.a.O. Art. 456 N 3). Die unter altem Recht ordnungsgemäss durchgeführten Verfahrenshandlungen behalten ihre Gültigkeit auch unter dem neuen Recht (Art. 448 Abs. 2 StPO; Schmid, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl., Art. 447 N 3).
Berufung srückzug der Beschuldigten 1
Mit Eingabe vom 8. Mai 2014 liess die Beschuldigte 1 (nachfolgend: die Beschuldigte A. ) gegen das vorinstanzliche Urteil vom 30. April 2014 Berufung anmelden (Urk. 283). Mit Eingabe vom 11. August 2014 liess die Beschuldigte
A. die Berufung zurückziehen (Urk. 292).
Vom Rückzug dieser Berufung ist Vormerk zu nehmen.
Verfahrensgang betreffend den Beschuldigten 2
Der Beschuldigte 2 (nachfolgend: der Beschuldigte) liess mit Eingabe vom 30. April 2014 gegen das vorinstanzliche Urteil Berufung anmelden
(Urk. 281). Mit Eingabe vom 20. August 2014 liess er die Berufungserklärung einreichen (Urk. 293, Beilagen Urk. 294/1-6).
Der Privatkläger sowie die Oberstaatsanwaltschaft verzichteten auf Anschlussberufung (vgl. Urk. 295).
Mit Präsidialverfügung vom 18. Februar 2015 wurde mit Einverständnis des Beschuldigten und des Privatklägers die schriftliche Durchführung des Berufungsverfahrens angeordnet (Urk. 300).
Die Berufungsbegründung des Beschuldigten erfolgte mit Eingabe vom
23. März 2015 (Urk. 302). Mit Eingabe vom 26. Mai 2015 liess der Privatkläger die Berufungsantwort einreichen (Urk. 306, Beilagen Urk. 307/1-3). Eine (freigestellte)
Berufungsreplik des Beschuldigten erfolgte mit Eingabe vom 17. Juni 2015 (Urk. 310). Eine (freigestellte) Berufungsduplik liess der Privatkläger innert erstreckter Frist mit Eingabe vom 16. Juli 2015 einreichen (Urk. 315).
Die Vorinstanz verzichtete auf Vernehmlassung (Urk. 305).
Berufung sthe ma
Der erstinstanzliche Freispruch der Beschuldigten A. wurde von keiner Seite beanstandet, womit vorab festzustellen ist, dass die Ziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils in Rechtskraft erwachsen ist.
Im Übrigen - und damit ausschliesslich den Beschuldigten betreffend ist der Entscheid der Vorinstanz vollumfänglich angefochten.
Einleitung
Der Beschuldigte macht eingangs einmal mehr geltend, dass auf die Anklage zufolge örtlicher Unzuständigkeit (des Bezirksgerichts Zürich) nicht eingetreten werden könne, da sich die Anklage vom 16. Januar 2014 nicht zum Begehungsort äussere (vgl. Urk. 302 Rz. 4 und 5).
Die Vorinstanz hat mit einlässlicher, sorgfältiger und überzeugender Begründung dargetan, dass die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich gegeben ist, weshalb vorab vollumfänglich auf die erstinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden kann (Urk. 291 S. 9-16). Zu den wichtigsten Ausführungen der Vorinstanz, ist teils zusammenfassend und teils ergänzend, das Folgende
(Ziff. 2. ff.) festzuhalten.
Allgemeine Aus führung e n
Zum Gerichtsstand
Sowohl nach altem wie neuem Recht ist primärer Gerichtsstand der Tatort, d.h. der Ort, wo der Täter in strafrechtlich relevanter Weise aktiv geworden ist (Art. 340 alt StGB; Art. 31 StPO), also der Handlungsort (vgl. Schmid, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl., Art. 31 N 1; Fingerhuth/Lieber in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO Komm., Art. 31 N 12 f.).
Kann der Tatort nicht ermittelt werden, so sind für die Verfolgung und Beurteilung primär die Behörden am Wohnsitz des Täters zuständig (Art. 342 Abs. 1 altStGB; Art. 32 Abs. 1 StPO; vgl. Schmid, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl.,
Art. 32 N 3 f.; Fingerhuth/Lieber, a.a.O., Art. 33 N 1)
Im Falle mehrerer Mittäter sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind (Art. 349 Abs. 2 StGB und Art. 33 Abs. 2 StPO; sog. forum praeventionis). Diese Regel wirkt sich aber nur aus, wenn nach den allgemeinen Grundregeln verschiedene Gerichtsstände
vorliegen (vgl. Fingerhuth/Lieber, a.a.O., Art. 33 N 15), also beispielsweise wegen getrennter Tatorte Wohnorte der Täter.
Eine Anklageschrift muss sich zu den Zuständigkeitsvoraussetzungen nicht äussern. Sie hat lediglich den Sachverhalt, nicht die Prozessvoraussetzungen zu nennen. Die Strafbehörden prüfen in jedem Verfahrensstadium von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen. Das Nichtaufführen eines Tatortes in der Anklageschrift entbindet weder die Strafverfolgungsbehörden von der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit noch stellt es auf dieser Ebene - (zur Ebene der Sachverhaltsprüfung vgl. nachstehend Ziff. IV.) einen Mangel dar, welcher zu einer Anklageberichtigung führen müsste. Der Prüfung der Prozessvoraussetzungen und damit auch der örtlichen Zuständigkeit sind die gesamten im Prüfungszeitpunkt vorhandenen Akten zu Grunde zu legen (vgl. Urk. 291 S. 9- 11).
Zum Privatstrafklageverfahren
Im Privatstrafklageverfahren nach der alten Zürcherischen Strafprozessordnung besteht die Besonderheit, dass der private Ankläger bereits bei Einleitung des Verfahrens vor dem Friedensrichter eine Anklageschrift einzureichen hat. Gestützt auf diese Anklageschrift (und die Weisung) verfügt der Bezirksgerichtspräsident die definitive Zulassung der Anklage (§ 313 StPO/ZH; vgl. Urk. 291
S. 11 m. H.). Mit Zulassung dieser (ersten) Anklage wird das Privatstrafklageverfahren bei einem erstinstanzlichen Gericht anhängig gemacht, was die Folgen der Rechtshängigkeit mit sich bringt (vgl. Bundesgerichtsurteil 6B_94/2013 E. 2.2; Schmid, in: Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Januar 1999, § 313 N 6). Da diese bereits im Sühnverfahren einzureichende Anklage definitiv ist, kann diese in der Folge nicht mehr geändert ergänzt werden. Zulässig sind lediglich noch Berichtigungen (vgl. § 314 Abs. 3 StPO/ZH), d.h. das Ändern Nachbringen von Anklagedetails, also einzelnen Tatumständen. Der urteilende Richter hat im Rahmen des Eintretens auf eine allfällig berichtigte Anklage (lediglich) zu prüfen, ob die Anklageberichtigung im Rahmen von § 314 Abs. 3 StPO/ZH zulässig ist (Schmid, in: Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Januar 1999, § 314 N 6 und 10).
Konk rete Prüfung
Örtliche Zuständigkeit bei ungewissem Tatort sowie Mittäterschaft
Nachfolgend wird hinsichtlich eines jeden einzelnen Verfahrensschritts zu prüfen sein, ob die Strafbehörden ihre örtliche Zuständigkeit jeweils zu Recht (implizit explizit) bejahten.
Im Sinne einer vorausgehenden Klammer kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass die örtliche Zuständigkeit aller vorliegend tätigen Strafverfolgungsbehörden des Bezirks Zürich gestützt auf Art. 342 Abs. 1 i.V.m. Art. 349 Abs. 2 altStGB bzw. Art. 32 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 StPO bejaht werden kann: Der Beschuldigten A. und dem Beschuldigten wurde seit Beginn des Verfahrens bis zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung mittäterschaftliches Handeln vorgeworfen (vgl. die ersten Anklageschriften, bzw. Strafklagen, vom 16. Juni 2010 [Urk. 1 und 2], die erste Anklagezulassung vom 27. Oktober 2010
[Urk.15 S. 2], die zweite, bereinigte Anklageschrift vom 16. Januar 2014 [Urk. 201
S. 2] und das vorinstanzliche Urteil [Urk. 291 S. 22 f.]). Die Tatorte (Handlungsorte) sowohl der Beschuldigten A. als auch des Beschuldigten liessen sich bis anhin nicht ermitteln und könnten auch durch weitere Beweiserhebungen nicht ermittelt werden.
Der Handlungsort des Beschuldigten lässt sich deshalb nicht ermitteln, weil diesem mit erster Anklageschrift vom 16. Juni 2010 zwar ein Handeln in seinen Büroräumlichkeiten in der Stadt D. vorgeworfen wurde (Urk. 2 S. 2), er aber anlässlich seiner Einvernahme vom 7. Februar 2011 jegliche Aussagen verweigerte (Urk. 32), über drei Jahre später durch das Plädoyer seines Verteidigers zwar zwei mögliche neue Handlungsorte ins Spiel brachte (E. F. [GR]), sich dabei aber nicht auf einen festlegen wollte konnte. Eine erneute formelle Einvernahme des Beschuldigten wurde nicht beantragt und würde auch keine Klarheit bringen, denn es kann (auch aufgrund von dessen inkohärenten prozessualem Verhalten, vgl. nachstehend Ziff. 3.2.3.) nicht davon ausgegangen werden, dass solchen nachmaligen Aussagen des Beschuldigten nach nahezu sechs Jahren vorbehaltlos gefolgt werden könnte.
Auch der Handlungsort der Beschuldigten A. liess und lässt sich nicht ermitteln, nachdem diese in ihrer Einvernahme vom 7. Februar 2011 die Aussagen verweigerte (Urk. 31). Abgesehen von den Aussagen der zwei Beschuldigten standen und stehen keine weiteren Beweismittel zur Ermittlung der Tatorte zur Verfügung, stimmen die Parteien doch darin überein, dass die erstere den letzteren über das Telefon mit der Aufsetzung eines Schreibens beauftragt und dieser das inkriminierte Schreiben vom 7. Mai 2010 per E-Mail an die Ankläger und weitere Personen versandt hatte. Aufgrund des Umstandes, dass die Tatorte der zwei Beschuldigten zu keinem Zeitpunkt mit der rechtserforderlichen Sicherheit ermittelbar waren, durften gemäss den vorstehend zitierten Gerichtsstandsregeln - die Untersuchungsbehörden ihre ersten Verfolgungshandlungen am Wohnsitz der Beschuldigten A. , also in der Stadt D. , vornehmen und durften in der Folge auch alle weiteren Strafverfolgungsbehörden an diesem Wohnsitz der Beschuldigten A. tätig werden und zwar sowohl hinsichtlich derselben als auch hinsichtlich des Beschuldigten B. . Die örtliche Zustän- digkeit sowohl der untersuchungsführenden Einzelrichter als auch des Sachrichters des Bezirksgerichts Zürich war demnach zu jedem Zeitpunkt gegeben.
Dass die Beschuldigte A. von der Vorinstanz freigesprochen wurde, führt nicht zu einem (nachträglichen zukünftigen) Wechsel der örtlichen Zuständigkeit betreffend den Beschuldigten B. , sondern es gilt der Grundsatz der perpetuatio fori (vgl. für das alte Recht Trechsel/Lieber StGB PK [2008],
Art. 343 N 4, wonach schon die Verfahrenseinstellung gegen einen Beteiligten nicht zu einer Änderung des Gerichtsstands führen soll, und für das neue Recht Gut/Fingerhuth in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO Komm., Art. 344 N 5, wonach eine von der Untersuchungsbehörde abweichende rechtliche Würdigung durch das Sachgericht die örtliche Zuständigkeit nicht berührt.).
Zur örtlichen Zuständigkeit der involvierten Behörden im Einzelnen
Örtliche Zuständigkeit der untersuchungsführenden Einzelrichter nach Zulassung der ersten Anklagen vom 16. Juni 2010
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2010 hat der untersuchungsführende Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich die ersten Anklageschriften (bzw. Strafklagen) vom 16. Juni 2010 in Anwendung von §§ 313 und 314 Abs. 1 StPO/ZH definitiv zugelassen (Urk. 15). Mit diesen Anklageschriften wurde dem Beschuldigten (u.a.) vorgeworfen, am 7. Mai 2010 das inkriminierte Schreiben im Auftrag der Beschuldigten A. in seinem Büro in den Räumlichkeiten der G. AG, ... [Adresse], verfasst und per E-Mail an verschiedene Personen zugestellt zu haben (Urk. 1 S. 2 Rz. 5 und Urk. 2 S. 2 Rz. 5).
Mit dieser Anklagezulassung hat der untersuchungsrichterliche Einzelrichter die örtliche Zuständigkeit von sich bzw. des Bezirksgerichts Zürich (implizit) zu Recht bejaht. Für diese sprach einerseits der plausibel geltend gemachte Handlungsort des Beschuldigten in der Stadt D. durch die Ankläger und andererseits der Wohnort der Beschuldigten A. in der Stadt D. , der bei nicht ermittelbarem Handlungsorten der zwei Beschuldigten als Gerichtsstand bei Mittäterschaft auch hinsichtlich des Beschuldigten zum Zuge kommt.
Der anwaltlich vertretene und auch selber rechtsgeschulte Beschuldigte widersprach dieser mit definitiver Anklagezulassung vom 27. Oktober 2010 begründeten örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich nicht, obwohl ihm diesbezüglich, wäre er bereits damals der heute vertretenen Auffassung gewesen, der Rekurs gemäss § 170 StPO/ZH zur Verfügung gestanden hätte (vgl. Schmid, in: Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Januar 1999, § 313 N 12 und Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl., 2004 N 999). Der Beschuldigte hat sodann zwar in seiner Einvernahme vom 7. Februar 2011 von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht (vgl. Urk. 32) und damit den ihm mit Anklage vom 16. Juni 2010 vorgeworfenen Sachverhalt, und damit auch den Tatort D. nie formell eingestanden. Er hat indes während des gesamten Untersuchungsverfahrens nie einen Einwand gegen den mit Anklagezulassung
vom 27. Oktober 2010 begründeten Gerichtsstand erhoben. Dass der Beschuldigte sich im Untersuchungsverfahren mit dem Gerichtsstand des Bezirksgerichts Zürich konkludent einverstanden erklärte, geht auch daraus hervor, dass er den untersuchungsführenden Einzelrichter mehrfach ein erstes Mal am 13. Dezember 2011 und ein weiteres Mal am 5. November 2012 - Verfahrensverzögerung vorwarf und auf Abschluss der Untersuchung drängte (vgl. Urk. 51 und 76).
Örtliche Zuständigkeit des Sachrichters (d.h. der Vorinstanz) nach Zulassung der zweiten (bereinigten) Anklage vom 16. Januar 2014
Mit Eingabe vom 16. Januar 2014 ersuchte der Privatkläger die untersuchungsführende Einzelrichterin, die Untersuchung abzuschliessen (Urk. 200) und reichte gleichzeitig eine bereinigte (gestraffte) Anklageschrift ein (Urk. 201). In dieser Anklageschrift vom 16. Januar 2014, mit welcher den Beschuldigten weiterhin Mittäterschaft vorgeworfen wird, sind keine Begehungsorte mehr aufgeführt; weder hinsichtlich des Beschuldigten noch hinsichtlich der Beschuldigten
A. . Es ist gleichwohl anzunehmen, dass aus Sicht des Privatklägers an dem mit der ursprünglichen Anklageschrift geltend gemachten Handlungsort des Beschuldigten in der Stadt D. festgehalten werden sollte, schreibt doch dessen Vertreter in der begleitenden Eingabe vom 16. Januar 2014: Ich habe zwar im Sinne von § 314 Abs. 3 StPO/ZH die Anklage nicht grundsätzlich zu berichtigen. Es ging immer um den gleichen Sachverhalt. Da aber bisher nicht eine rein formelle Anklageschrift im Sinne von § 162 StPO/ZH erstellt wurde, habe ich dies nachgeholt und lege diese der vorliegenden Eingabe bei (vgl. Urk. 200 S. 2). Die Frage, weshalb der Privatkläger keine(n) Begehungsort(e) mehr nannte, kann ohnehin offen gelassen werden (vgl. hiezu nachstehende lit. b). Mit Eingabe vom
31. Januar 2014 beantragte der Beschuldigte die Abweisung des Antrags der Gegenseite auf Untersuchungsabschluss und rügte dabei zwar eingehend die bisherigen gravierenden Verfahrensfehler, welche seiner Auffassung nach den Untersuchungsbehörden unterlaufen waren, thematisierte dabei aber die Frage des (fehlenden) Begehungsorts der örtlichen Zuständigkeit wiederum mit keinem Wort (Urk. 213 S. 2). Diese erste Reaktion des Beschuldigten auf die bereinigte Anklageschrift, mit der er die Weiterführung der Untersuchung bzw. die Durchführung weiterer Zeugeneinvernahmen verlangte, legt den Schluss nahe, dass auch aus seiner Sicht die bisherige örtliche Zuständigkeit der Strafbehörden nicht in Frage gestellt werden sollte.
Dem Antrag des Privatklägers folgend, schloss die untersuchungsführende Einzelrichterin mit Verfügung vom 19. Februar 2014 die Untersuchung ab und überwies die Akten an das Sachgericht bzw. die Vorinstanz (Urk. 216). Diese liess mit Verfügung vom 11. März 2014 die bereinigte Anklage vom 16. Januar 2014 zu (Urk. 225).
Dieser zweiten Anklagezulassung kommt entgegen der sinngemässen Auffassung des Beschuldigten bzw. seines Verteidigers - nicht etwa die Bedeutung zu, dass damit die erste Anklagezulassung vom 27. Oktober 2010 hinfällig geworden wäre. Mit dieser zweiten Anklagezulassung wird lediglich gesagt, dass die vom Privatkläger vorgenommene Bereinigung bzw. Berichtigung der ersten Anklagen vom 16. Juni 2010 im Sinne von § 314 Abs. 3 StPO/ZH als zulässig erachtet wurde. Indem der Sachrichter (die Vorinstanz) die berichtigte Anklage vom
16. Januar 2014 zuliess, gab er damit selbstverständlich implizit auch zum Aus-
druck, dass er die bisher als gegeben erachtete örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich als weiterhin gegeben erachtete. Diese Auffassung bestand zu Recht (und wurde von der Vorinstanz in ihrem Sachurteil vom 29. April 2014 denn auch eingehend begründet). Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichterwäh- nung eines Begehungsortes in der bereinigten Anklageschrift keinen Mangel dar, da sich diese zu den Prozessvoraussetzungen nicht zu äussern hat. Irrelevant ist auch, aus welchem Grund kein Begehungsort mehr aufgeführt wurde. Die Argumentation des Verteidigers im Berufungsverfahren, dass damit seitens des Privatklägers darüber hätte hinweggetäuscht werden sollen, dass ein Begehung trotz vierjähriger Untersuchung nicht eruiert werden konnte, erscheint nachgerade absurd (Urk. 302 S. 6 f.). Die Nichtermittelbarkeit des Tatortes führte entgegen der
Auffassung des Verteidigers (a.a.O. S. 7) keinesfalls dazu, dass die Vorinstanz die
örtliche Zuständigkeit nicht hätte beurteilen können. Vielmehr durfte sie ihre örtliche Zuständigkeit weiterhin bejahen, nachdem sie (gemäss den bereits zitierten Gerichtsstandsregeln) als die Behörde am Wohnort der Beschuldigten A.
zur Beurteilung der mit Anklage vom 16. Januar 2014 vorgeworfenen Taten hinsichtlich beider Beschuldigten klar zuständig war.
Zur Unzuständigkeitseinrede des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren
Mit Rekurs vom 26. März 2014 an die III. Strafkammer des Obergerichts wehrte sich der Beschuldigte gegen die Zulassung der bereinigten Anklage
(Urk. 238/1). Erst zu diesem späten Zeitpunkt und nur gegen diese zweite Anklageschrift erhob der Beschuldigte den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit im Sinne von § 170 StPO/ZH und wurde die Frage des Begehungsortes und des Gerichtstandes für diesen überhaupt zu einem Thema. Er begründete (auch schon) seinen Rekurs damit, dass der Privatkläger mit der bereinigten Anklageschrift offensichtlich über die fehlende Eruierung des Begehungsortes hinwegtäuschen habe wollen und dass die Vorinstanz mittels Zulassung der bereinigten, keinen Tatort nennenden Anklageschrift ihre örtliche Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe (Urk. 238/1 S. 6 und 7). Nachdem die Vorinstanz am 29. April 2014 das erstinstanzliche Urteil gefällt und der Beschuldigte mit Eingabe vom 30. April 2014 dagegen Berufung angemeldet hatte, sistierte die III. Strafkammer mit Beschluss vom 2. Juni 2014 das Rekursverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des (vorliegenden) Berufungsverfahrens (vgl. das Verfahrensprotokoll aus den Rekursakten UK140001 sowie Urk. 302 S. 6).
Mit Plädoyer seines Verteidigers vom 29. April 2014 machte der Beschuldigte anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ein zweites Mal die örtliche Unzuständigkeit der Vorinstanz geltend. Hatte er in seiner Rekursschrift vom
26. März 2014 (vgl. Urk. 238/1) noch keinen neuen Handlungsort geltend gemacht und auch sonst nichts behauptet, was auf einen Handlungsort ausserhalb der Stadt D. hindeuten könnte, liess er nun vor Vorinstanz plötzlich und erstmals vorbringen, Abklärungen hätten ergeben, dass er am 7. Mai 2010 bereits auf dem Sprung ins Wochenende und nicht mehr in der Kanzlei gewesen sei, als ihn der Anruf der durch die Anfrage des H. (Publikation)-Journalisten ver- ängstigten Beschuldigten A. erreicht habe. Dementsprechend habe er den zur Anklage gebrachten, per E-Mail versandten Brief vom 7. Mai 2010 unter grossem Zeitdruck vor dem Wochenende erstellen müssen. Ob dies an seinem Wohnort in E. an seinem Feriendomizil in F. erfolgt sei, sei nicht weiter abgeklärt worden, da dies nicht Aufgabe der Verteidigung sei (Urk. 272 S. 7 f.).
Dieses späte und plötzliche Abrücken des Beschuldigten von seiner - über die Dauer von nahezu vier Jahren aufrechterhaltenen konkludenten Anerkennung des Gerichtstands (und Handlungsortes) D. müsste wäre dieses Verhalten im Rahmen von formellen Einvernahmen erfolgt als blosse Schutzbehauptung gewertet werden: Der Beschuldigte lässt zwar ausführen, dass Abklärungen ergeben hätten, dass er bereits auf dem Sprung ins Wochenende gewesen sei, verschweigt aber, worin diese Abklärungen bestanden haben sollen. Der Beschuldigte trägt damit eine unsubstantiierte Behauptung vor, welcher keine Überzeugungskraft zukommt. Ein Beschuldigter hat zwar keine prozessualen Mitwirkungspflichten, dies entbindet ihn aber nicht von einer plausiblen Argumentation, will er seinen Behauptungen Gewicht verschaffen. Mangels Vorliegen objektiver Anhaltspunkte welche allein vom Beschuldigten selber dargetan werden könnten ist jedenfalls nicht ersichtlich, wieso dieser erst nach einer derart langen Zeit und nicht schon früher zum Schluss gekommen sein sollte, dass er das inkriminierte E-Mail-Schreiben nicht aus seinem Büro in D. abgeschickt habe. Auffallend ist sodann, dass sich der Beschuldigte zwar einerseits sicher sein will, dass er das inkriminierte E-Mail nicht aus seinem Büro in D. abgeschickt habe, aber gleichzeitig nicht sagen will kann, ob der Versand desselben von seinem Wohnsitz seinem Feriendomizil erfolgt sei. Ein derartiges Vorbringen erscheint widersprüchlich.
Aus diesem Grund hat die Vorinstanz angenommen (Urk. 291 S. 16), dass dieser erst im Sachverfahren erhobene Einwand der Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich in prozessualer Hinsicht dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspreche; der Beschuldigte hätte bereits im Untersuchungsverfahren den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit erheben können. Obwohl er anwaltlich vertreten war und auch selber von Berufs wegen rechtskundig ist, hat er dies nicht getan, sondern hat sich unwidersprochen - und dies über einen Zeitraum von nahezu vier Jahren (von September 2010 bis April 2014) auf ein Verfahren einer
seines Erachtens unzuständigen Behörde eingelassen, weshalb seine erst danach erhobene Einrede der Unzuständigkeit als ein venire contra factum proprium, also als ein Verhalten wider Treu und Glauben angesehen werden kann (vgl. Schmid, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl., Art. 42 N 5, bzw. für das alte Prozessrecht: Derselbe, Strafprozessrecht, 4. Aufl., 2004, N 249).
Die Unzuständigkeitseinrede des Beschuldigten hatte offensichtlich das einzig erkennbare Ziel, die Verfolgungsverjährung herbeizuführen, was nicht gelang. Ob sie deshalb bereits als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren wäre (im Sinne eines zweckwidrigen Institutsmissbrauchs; vgl. den vergleichbaren Fall in BGE 131 I 185 und hiezu BSK StPO-Thommen, Art. 3 N 80 f.), kann offen gelassen werden. Die Einrede vermag schon materiell nicht zu überzeugen und bleibt deshalb erfolglos: Mit dieser wurde bloss pauschal behauptet, nicht aber substantiiert dargetan, dass von einem Begehungsort ausserhalb der Stadt D. auszugehen sei. Der Beschuldigte ist der Einzige, der wissen kann, wo das inkriminierte E-Mail verfasst und abgesandt wurde, gleichwohl kann will er sich hinsichtlich des Begehungsortes nicht präzisieren. Damit bleibt der Tatort mangels entsprechender Beweismittel weiterhin nicht ermittelbar und ändert sich dementsprechend auch nichts an der örtlichen Zuständigkeit des forum praeventionis, also der bisher und aktuell mit dem vorliegenden Fall befassten Strafbehörden am Wohnsitz der Mittäterin des Beschuldigten, auch wenn diese inzwischen freigesprochen wurde (vgl. vorstehend Ziff. 2.1.1. und 3.1.2. in fine).
Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst wenn materiell von einem der vom Beschuldigten erstmals mit erstinstanzlichem Plädoyer seines Verteidigers geltend gemachten Begehungsorte ausgegangen werden müsste, dem Grundsatz der perpetuatio fori der Vorrang zu geben wäre und es aus diesem Grund und auch aufgrund der Prozessökonomie bei dem im Untersuchungsverfahren begründeten Gerichtstand D. belassen werden müsste (wobei zur Begrün- dung auf die ausführlichen Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden kann; Urk. 291 S. 14-16).
4. Fazit
Die örtliche Zuständigkeit der Vorinstanz (und in der Folge auch des Berufungsgerichts) ist aus den ausgeführten Gründen zu bejahen, und steht deshalb einem Eintreten auf die Anklage vom 16. Januar 2014 nicht entgegen.
Einleitung
Der Beschuldigte macht weiter wiederum geltend, dass auf die Anklage nicht eingetreten werden könne, weil sie das Anklageprinzip verletze, indem sie sich nicht zum Begehungsort äussere (vgl. Urk. 302 Rz. 6).
Die Vorinstanz hat einlässlich und überzeugend dargetan, dass keine Verletzung des Anklageprinzips vorliegt, weshalb vorab auf die entsprechenden Erwägungen verwiesen werden kann (Urk. 291 S. 6-8; Art. 82 Abs. 4 StPO). Zusammenfassend und ergänzend ist das Folgende festzuhalten:
Konk rete Prüfung
Der Verteidiger des Beschuldigten führt im Wesentlichen aus, dass die Vorinstanz mit ihrer Argumentation übersehen habe, dass es im vorliegenden Fall nicht vorab um die Umgrenzungs- und Informationsfunktion gemäss dem Anklageprinzip gehe, sondern vielmehr um die gesetzlichen Vorgaben einer Anklageschrift im Rahmen des Zulassungsverfahrens. Die Ortsangabe sei schon allein zur Gewährleistung des verfassungsmässigen Richter unabdingbar. Die Vorinstanz habe denn auch die eigene örtliche Zuständigkeit aufgrund der ungenügenden Anklageschrift nicht beurteilen können. Mit ihrem Zulassungsentscheid vom 11. März 2014 habe sie somit §§ 162 und 166 ff. StPO/ZH in Verbindung mit Art. 340 altStGB verletzt (Urk. 302 S. 8).
Mit diesen Ausführungen rügt die Verteidigung in der Sache nicht eine Verletzung des Anklageprinzips, sondern einmal mehr eine Verletzung der örtlichen Zuständigkeit. Sie übersieht dabei, dass diese zwei Ebenen strikt auseinanderzuhalten sind, auch wenn die Frage nach dem Tatort (als sog. doppelrelevante Tatsache) für beide bedeutsam ist. Das Anklageprinzip schreibt nicht vor, an welchem Ort, sondern ausschliesslich, mit welchem Inhalt (Sachverhalt) eine Anklageschrift beim Gericht einzureichen ist.
Demgemäss hat die Anklageschrift das Prozessthema des Gerichtsverfahrens zu fixieren; diese hat deshalb die dem Beschuldigten zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Anklageprinzip bezweckt damit zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte des Angeklagten und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, bestanden im vorliegenden Fall für den Beschuldigten und seinen Verteidiger zu keinem Zeitpunkt ernsthafte Zweifel, welcher konkrete Vorwurf dem Beschuldigten und der Beschuldigten
A. gemacht wird. Der Beschuldigte weiss und wusste stets genau, die Verfassung und Verbreitung welches Schreibens ihm angelastet wird und worin der Tatbeitrag der Beschuldigten A. gelegen haben soll. Der Beschuldigte hat denn auch (trotz Aussageverweigerung) über die Rechtschriften seines Verteidigers nie bestritten, dass er das Schreiben vom 7. Mai 2010 verfasst und per E- Mail an die im Verteiler genannten Personen verschickt hatte. Vielmehr machte er von Beginn des Strafverfahrens bis heute lediglich geltend, dass er für die inkriminierten Äusserungen im Schreiben vom 7. Mai 2010 den Wahrheitsund Gutglaubensbeweis erbringen könne. Die fehlende Ortsangabe in der Anklageschrift vom 16. Januar 2014 hat demnach weder eine ausreichende Konkretisierung des an den Beschuldigten gerichteten Vorwurf verhindert noch diesen in der angemessenen Ausübung seiner Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Die Angabe eines Tatortes war somit im vorliegenden Fall (auch) unter dem Aspekt das Anklageprinzips entbehrlich.
Der Vertreter des Privatklägers hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Feststellung des Bundesgerichts verwiesen, wonach Ungenauigkeiten in den Ortsangaben solange nicht von entscheidender Bedeutung sind, als für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen können, welches konkrete Verhalten ihr vorgeworfen wird (Urteil 6B_969/2013 vom 28. August 2014 , E. 3.1.
m.w.H.). Entgegen der Argumentation des Verteidigers (Urk. 310 S. 5) kann es in einem Fall wie dem vorliegenden wo die beschuldigte Person den (einzig erhobenen) Tatvorwurf genau kennt und unwidersprochen lässt auch keinen Unterschied machen, ob eine Ortsangabe bloss ungenau ist gänzlich fehlt. Zu dieser letzten Feststellung steht nicht in Widerspruch, dass das Bundesgericht im vorgenannten Entscheid zum Schluss kam, die Bezeichnung Anderswo sei keine und noch weniger eine hinreichend genaue Ortsbezeichnung und verletze in dem ihm konkret unterbreiteten Fall - das Anklageprinzip, ging es dort doch um den Vorwurf mehrerer unterschiedlicher, gewerbsmässig begangener Tathandlungen, welche seitens des Beschuldigten explizit bestritten wurden (vgl. Urteil 6B_969/2013 E. 3.4.).
Fazit
Eine Verletzung des Anklageprinzips ist nicht ersichtlich. Auf die Anklage vom 16. Januar 2014 ist einzutreten.
Der Beschuldigte stellte eine Reihe von Beweisanträgen (Urk. 293 S. 5 f., vgl. auch Urk. 302 S. 3 f.).
Soweit diese die Entgegennahme der im Berufungsverfahren neu eingereichten schriftlichen Unterlagen betreffen (Beilagen 1 bis 6 zur Berufungserklärung vom 20. August 2015), ist ihnen stattzugeben. Diese Unterlagen liegen in den Akten (Urk. 294/1-6). Auf diese ist soweit notwendig im Rahmen der Erwägungen zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung einzugehen.
Den vom Beschuldigten sodann beantragten Personeneinvernahmen braucht nicht entsprochen zu werden, wie an jeweils gegebener Stelle (vgl.
Ziff. VI.2.2.3.d. betr. I. und J. sowie Ziff. VI.3.4.2. und VI.5.2.d betr.
die Polizeibeamten K. , L. , M. und N. ) auszuführen sein wird. Dass, wie bereits von der Vorinstanz dargetan wurde, vom Privatkläger keine neuen Aussagen zu erwarten sind und sich eine erneute Einvernahme desselben deshalb erübrigt, kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden.
Vorhandene Beweismittel
Hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Beweismittel kann vorab auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 291 S. 18-21, Art. 82 Abs. 4 StPO). Zu diesen hinzu kommen für das Berufungsverfahren die erst nach Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils eingegangene richterliche Vernehmung des Zeugen 8 (Polizeibeamter O. : Urk. 284) und die vom Beschuldigten im Berufungsverfahren neu eingereichten Unterlagen (Urk. 294/1-6).
Anklagevorwurf
Mit Anklage vom 16. Januar 2014 wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe in seinem von ihm unterzeichneten und an den Ankläger, dessen Ehefrau und drei weiteren Personen zugesandten Schreiben vom 7. Mai 2010 unter anderem geschrieben, der Ankläger habe früher in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus verkehrt und sei in diesen Geschäften aktiv gewesen (Urk. 201 S. 2).
Die Anklage bezieht sich damit offensichtlich auf den folgenden Satz aus dem Schreiben vom 7. Mai 2010:
Die Ausführungen des Journalisten haben Frau A. in Erinnerung gerufen, dass sie vor dem Abbruch der persönlichen Beziehungen mit Ihnen in Ihrem Haus in P. [Mittelmeerinsel] des öfteren mit Gästen von Ihnen zusammengetroffen ist, deren Zugehörigkeit zur Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus in Q. kein Geheimnis gewesen ist, ebensowenig wie die frühere Aktivität Herrn C. s in diesen Geschäften. (Urk. 3/2 S. 1 f.).
Konkrete Beweiswürdigung
Schreiben vom 7. Mai 2010
Der Beschuldigte lässt ausführen, der in der Anklage umschriebene Sachverhalt beziehe sich in verschiedener (dreifacher) Hinsicht falsch und aktenwidrig auf das Schreiben vom 7. Mai 2010 (Urk. 302 S. 9 f. Rz. 2). Seiner Argumentation kann nicht gefolgt werden.
a) Das inkriminierte Schreiben vom 7. Mai 2010 ist in der Gestalt eines Briefs abgefasst worden. Wenn es in der Anklage als Brief und nicht als E- Mail bezeichnet wurde, kann dies demnach auch nicht als aktenwidrig bezeichnet werden. Ob es sodann (auch) als mit Post versandtem Brief (ausschliesslich) per E-Mail verschickt wurde, spielt zur Beurteilung des eingeklagten Verhaltens des Beschuldigten weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht eine Rolle.
Entscheidend ist, dass der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt bestritten hat, das inkriminierte Schreiben abgefasst, unterzeichnet und an den Ankläger, dessen Frau sowie die im Verteiler des Briefes aufgeführten Personen versandt zu haben. Schon aus diesem Grund verfängt auch sein zweiter Einwand nicht, wonach der Versand des Schreibens an R. und Dr. S. von der ursprünglichen Strafklage nicht erfasst sei und deshalb auch nicht Gegenstand der Anklage sein könne. Der Einwand ist aber auch falsch. Aus dem Gesamtkontext der Strafklage vom 16. Juni 2010 geht klar hervor, dass das Schreiben auch an R. sowie an die weiteren Personen gemäss Verteiler des Briefs versandt worden sein soll, auch wenn Dr. S. nicht namentlich aufgeführt wird (vgl. Urk. 2 Rz. 2, 4, 12, 17, vgl. hiezu auch nachstehende Ziff. 3.3.).
Der Beschuldigte lässt sodann ausführen, der erste Teil des Anklagevorwurfs - der Beschuldigte habe geschrieben, der Privatkläger habe früher in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus verkehrt gehe aus dem inkriminierten Brief an keiner Stelle hervor, weshalb dieser Teil der Anklage entsprechend unbegründet sei und hierfür bereits aus diesem Grund ein Freispruch zu ergehen habe (Urk. 302 S. 10; auch schon Urk. 277 S. 16 f. und Prot. I S. 13 f.). Eine Be-
gründung für diese Auffassung bleibt der Verteidiger schuldig. Der erste Teil des inkriminierte Briefpassus (vgl. vorstehend Ziff. 2.2.) - Frau A. sei in Erinnerung gerufen worden, dass sie im Haus des Privatklägers des Öfteren mit Gästen des Privatklägers zusammengetroffen sei, deren Zugehörigkeit zur Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus in Q. kein Geheimnis gewesen sei sagt in seinem Bedeutungskern offensichtlich nichts anderes, als dass der Privatkläger, indem er Personen aus der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus bei sich empfangen habe, sich in dieser Welt bewegt habe. Die bereinigte Anklage hat den entsprechenden Vorwurf demnach durchaus zutreffend zusammengefasst.
Autorschaft des Beschuldigten
Die Vorinstanz hat zutreffend dargetan, dass die Autorschaft des Beschuldigten am inkriminierten Schreiben vom 7. Mai 2010 erstellt ist, auf ihre Ausführungen kann verwiesen werden (Urk. 291 S. 21 f.). Einwände gegen diese Feststellungen wurden seitens des Beschuldigten im Berufungsverfahren nicht erhoben.
Versand des Schreibens an den Ankläger und die weiteren Personen
Erstellt ist weiter, dass der Beschuldigte das Schreiben vom 7. Mai 2010 nicht nur an die Hauptadressaten, d.h. den Privatkläger und dessen Ehefrau, sondern auch an die im Verteiler genannten Drittpersonen Dr. S. , J. und I. versandt hat. Dies geht zum einen aus den Aussagen dieser Personen hervor (Urk. 117, S. 3 f.; Urk. 158 S. 2 f.; Urk. 172 S. 2 f.) und wird zum anderen von Seiten des Beschuldigten auch nicht bestritten: Dieser verweigerte zwar formell die Aussage (womit er die ihm vorgeworfene Tathandlung jedenfalls nicht dementierte), bestätigte aber über die Ausführungen seines Verteidigers, auch diese Drittpersonen mit dem Schreiben bedient zu haben (so letztmals in der Berufungsschrift vom 23. März 2015, Urk. 302 S. 13 betreffend die Herren J. und I. ).
Fazit
Der dem Beschuldigten mit Anklage 16. Januar 2014 vorgeworfene äussere Sachverhalt ist damit vollumfänglich erstellt.
Ob dem Beschuldigten das Wissen und der Willen, dem Ankläger Übles vorzuwerfen, nachgewiesen werden kann, ist im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu prüfen.
Tatbestandsmässigkeit
Allgemeine Ausführungen
Der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 StGB macht sich schuldig, wer jemanden bei einem anderen eines unehrenhaften Verhaltens anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt verdächtigt, eine solche Beschuldigung Verdächtigung weiterverbreitet.
Der (objektive) Tatbestand erfasst den Eingriff in die sog. sittliche Ehre (Ruf als ehrbarer Mensch). Nicht geschützt ist der gesellschaftliche Ruf, namentlich die berufliche Geltung. Vorwürfe bezüglich der gesellschaftlichen Ehre sind deshalb strafrechtlich grundsätzlich irrelevant, ausser wenn sie zugleich die sittliche Ehre mitbeeinträchtigen, also die Geltung der betreffenden Person als ehrbarer Mensch treffen. Eine Ehrverletzung liegt namentlich dann vor, wenn ein individualoder sozialethisch verpöntes Verhalten vorgeworfen wird, wenn jemand charakterlich als nicht einwandfreier, als nicht anständiger und integrer Mensch dargestellt wird. Die sittliche Ehre ist beispielsweise beim Vorwurf betroffen, eine strafbare Handlung begangen zu haben. Sie ist aber auch etwa bei Vorwürfen berührt, welche gesellschaftlich verpönte Verhaltensweisen im Sexualbereich betreffen (vgl. BSK Strafrecht II - Riklin, Vor Art. 173 N 16 ff.).
Massgebend für die Ermittlung des Sinns einer zur Diskussion stehenden Äusserung ist nicht etwa die Auffassung des Verletzers des Verletzten, sondern ausschliesslich diejenige eines unbefangenen Adressaten. Es ist damit auf eine Durchschnittsmoral bzw. eine Durchschnittauffassung abzustellen. Massgeblich ist somit stets der nach objektiven Kriterien zu ermittelnde Sinn einer Äusserung, die ihr ein unbefangener Hörer Leser nach den Umständen beilegen muss (vgl. BSK Strafrecht II - Riklin, Vor Art. 173 N 28; Trechsel/Lieber, StGB PK, a. Aufl., Vor Art. 173 N 11).
Konkrete Prüfung
Objektiver Tatbestand
Ehrverletzende Äusserung
Gemäss erstelltem Anklagesachverhalt liess der Beschuldigte im Schreiben vom 7. Mai 2010 verlauten, der Privatkläger habe früher in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus verkehrt und sei auch in diesen Geschäften aktiv gewesen.
Diese Aussage ist nach der massgeblichen Durchschnittsauffassung eines unbefangenen Adressaten zumindest in erster Linie so zu verstehen, dass der Privatkläger zum einen Kontakte mit Zuhältern und Prostituierten gepflegt habe, und dass er zum andern auch auf dem Gebiet der Zuhälterei bzw. des Bordellwesens geschäftlich aktiv gewesen sei. Wie die Vorinstanz überzeugend festgehalten hat, implizieren die inkriminierten Zeilen des Briefs vom 7. Mai 2010 also nicht nur, das der Beschuldigte (quasi passiv) im Milieu verkehrt habe, sondern darüber hinaus, dass er ein Prostitutionsgewerbe geführt bzw. sich als Zuhälter betätigt habe.
Es ist dieser primär objektiv erkennbare Sinn der Aussagen des Beschuldigten, auf welchen abzustellen ist, und zwar bei der Prüfung sämtlicher sich nachfolgend zu stellender Fragen (zur Tatbestandsmässigkeit, zur Rechtswidrigkeit, zur Zulassung zum Entlastungsbeweis und zur Erbringung von Wahrheitsoder Gutglaubensbeweis). Entgegen der in den Rechtsschriften der Verteidigung (vgl. z.B. Urk. 302 S. 25) immer wieder sinngemäss aufscheinenden Auffassung kommt es deshalb nicht darauf an, ob der Beschuldigte mit den inkriminierten Zeilen dem Privatkläger (auch) habe vorwerfen wollen, er habe dem Glückspiel gefrönt, er habe eine Rotlichtkneipe betrieben er sei Mitglied einer Rocker-Gang gewesen. Solche Bedeutungsinhalte lassen sich aus den inkriminierten Zeilen zwar grundsätzlich ebenfalls ableiten, kommen einem unbefangenen Durchschnittsrezipienten bei der Lektüre derselben aber nicht primär in den Sinn.
Die Vorinstanz hat mit einlässlicher und überzeugender Begründung (auf welche verwiesen werden kann, Urk. 291 S. 25 f.) dargetan, dass dieser doppelte Vorwurf - der Privatkläger sei in Geschäften des Zuhälterund Bordellwesens aktiv gewesen und habe in solchen Kreisen verkehrt - , diesen mindestens als eine moralisch fragwürdige Person dastehen lässt, selbst wenn ihm damit noch keine illegale Tätigkeit vorgeworfen werden sollte. Auch legale Geschäfte auf dem Gebiet der Prostitution also etwa der bewilligte Betrieb eines Bordells und/oder die Inanspruchnahme entsprechender Dienstleistungen aus dem Sexgewerbe gelten nach den heute vorherrschenden, durchschnittlichen Moralvorstellungen nach wie vor als unehrenhaft und moralisch minderwertig. Dem Einwand des Verteidigers (Urk. 302 S. 15 f.), dass mit dem Hinweis auf die früheren Aktivitäten des Privatklägers in solchen Geschäften ausschliesslich auf seine Stellung und Geltung als Geschäftsoder Berufsmann Bezug genommen werde, kann deshalb nicht gefolgt werden. Das Schreiben vom 7. Mai 2010 formuliert somit zumindest einen Vorwurf gesellschaftlich verpönter, moralisch vorwerfbarer Verhaltensweisen im Sexualbereich (im weiten Sinne) und damit bereits einen relevanten Ehreingriff im Sinne von Art. 173 StGB.
Die Durchschnittsauffassung verbindet die Vorstellung eines in der Unterwelt tätigen Zuhälters sehr rasch mit der weiteren Vorstellung von illegalen Machenschaften im Prostitutionsmilieu. Der Vorinstanz kann deshalb auch darin gefolgt werden, dass dem Privatkläger mit den Zeilen des Beschuldigten ein strafbares Verhalten, etwa im Sinne verbotener Förderung der Prostitution, unterstellt werden soll (Urk. 291 S. 24). Zu weit geht die erstinstanzliche Interpretation der inkriminierten Zeilen des Beschuldigten einzig darin (a.a.O. S. 25), dass immer aus Sicht eines durchschnittlichen Rezipienten auch noch der Vorwurf des Menschenhandels mitschwingen soll. Zu betonen ist andererseits, dass nicht etwa erst der Vorwurf einer konkreten Strafhandlung als ehrverletzende Äusserung zu qualifizieren ist. Auch schon eine generelle Äusserung, die so interpretiert werden kann, als habe der Betroffene mit strafbaren Handlungen zu tun, erfüllt den objektiven Tatbestand gemäss Art. 173 StGB (vgl. Urteil 6B_1058/2009 vom 15. März 2010, E. 3.3.). Der Einwand des Verteidigers, mit dem Hinweis im Schreiben vom
7. Mai 2010 auf die frühere Aktivität Herrn C. s in diesen Geschäften (im
Zuhälterund Bordellmilieu) sei dem Privatkläger in keiner Art und Weise ein strafbares Verhalten unterstellt worden, zielt deshalb an der Sache vorbei. Die schriftliche Äusserung des Beschuldigten ist somit auch insoweit, als sie ihm unterschwellig kriminelles Verhalten vorwirft, klar als ehrverletzend zu qualifizieren.
Tathandlung
Die Vorinstanz hat zutreffend dargetan, dass der Beschuldigte, indem er das Schreiben nicht nur an den Privatkläger, sondern auch an dessen Ehefrau und drei weiteren Personen verschickte, die erforderliche Tathandlung im Sinne von Art. 173 StGB mindestens in der Form des Weiterverbreitens vorgenommen hat (Urk. 291 S. 26).
Subjektiver Tatbestand
Dass sich der Beschuldigte mit der Ausformulierung der inkriminierten Zeilen der Ehrenrührigkeit einer solchen Aussage bewusst gewesen sein musste und demnach mit Vorsatz handelte, wurde im erstinstanzlichen Urteil zutreffend dargetan (Urk. 291 S. 26 f.). Der Beschuldigte hätte nicht zu eindeutig mit moralischer Minderwertigkeit konnotierten Begriffen Unterwelt, Zuhältermilieu und Bordellmi-
lieu gegriffen, hätte er, wie die Verteidigung geltend machen will (Urk. 302 S. 17 Ziff. 2), allein den vormaligen Geschäftsund Berufsbereich des Privatklägers - (gemeint: das Glückspiel und der hälftige Anteil an der Liegenschaft T. , vgl. Urk. 302 S. 15 oben mit Verweis auf die Aussagen der Ehefrau des Privatklägers [Urk. 108]) ansprechen wollen.
Fazit
Der Tatbestand der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist damit erfüllt.
Rechtfertigungsgrund nach Art. 14 StGB
Allgemeine Ausführungen
Die Erlaubtheit einer ehrverletzenden Äusserung kann sich aus Art. 14 StGB ergeben, welche Vorrang vor dem Entlastungsbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB hat. Gemäss dieser Bestimmung, die ihrem Gehalt nach grundsätzlich dem früheren Art. 32 aStGB entspricht, verhält sich rechtmässig, wer handelt, wie es das Gesetz gebietet erlaubt, auch wenn die Tat nach dem StGB einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist. Prozessparteien können sich gemäss der Rechtsprechung bei allfälligen ehrenrührigen Bemerkungen auf ihre prozessualen Darlegungspflichten und damit auf Art. 14 StGB berufen. Die gleichen Befugnisse stehen auch dem Anwalt zu, der eine Partei vertritt, sofern seine Ausführungen sachbezogen sind, sich auf das für die Erläuterung des jeweiligen Standpunktes Notwendige beschränken, nicht wider besseres Wissen erfolgen und blosse Vermutungen als solche bezeichnen (vgl. Urteil 6B_358/2011 vom 22. August 2001, E. 2.2.2. m.w.H.).
Konkrete Prüfung
Ob sich ein Anwalt auch ausserhalb eines hängigen Verfahrens auf den Rechtfertigungsgrund der Interessenwahrung berufen kann, ist höchstrichterlich soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden. Gegen die direkte Übertragung der vorgehend zitierten Rechtsprechung auf ausseroder vorprozessuale Verhältnisse spricht jedenfalls, dass in solchen Fällen keine prozessualen Darlegungsund Begründungspflichten des Anwalts gegeben sind. Beachtlich sind andererseits auch ausserhalb eines Prozesses sämtliche Sorgfaltspflichten des Anwalts gegenüber seiner Klientschaft, aber auch gegenüber weiteren Personen, wie sie aus Art. 12 lit. a BGFA herzuleiten sind. Hiezu gehört, dass der Anwalt eine Gegenpartei nicht unnötig verletzen darf bzw. auch im direkten Kontakt mit derselben sachlich zu bleiben und auf persönliche Beleidigungen, Verunglimpfungen beschimpfende Äusserungen zu verzichten hat (vgl. Walter Fellmann, Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Aufl., 2011, Art. 12 N 49). Der Vorderrichter hat die Anwendbarkeit des Rechtfertigungsgrunds nach Art. 14 StGB aus anwaltlicher Berufspflicht in ausserprozessualen Verhältnissen bejaht. Die Frage kann indes im vorliegenden Fall auch offengelassen werden, hat die Vorinstanz doch jedenfalls überzeugend dargetan, dass der Beschuldigte mit seinem Schreiben vom 7. Mai 2010 sowohl unter inhaltlichen Aspekten als auch hinsichtlich des Adressatenkreises über das notwendige Mass hinaus geht, welches in Nachachtung seiner beruflichen Sorgfaltspflichten zur Wahrung der Interessen seiner Klientschaft (der Beschuldigten A. ) erforderlich war, und eine Rechtfertigung deshalb nicht bejaht werden kann.
Mit der Vorinstanz ist zum einen festzuhalten, dass grundsätzlich zwar nachvollzogen werden kann, wenn seitens des Beschuldigten und der Beschuldigten A. aufgrund der Anfrage eines H. -Journalisten die Befürchtung aufkam, das Hotel U. könnte im Zusammenhang mit der angekündigten Berichterstattung über die Person des Privatklägers mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es bis zu einem gewissen Grade (bzw. bis zu einer allfälligen Klärung der seitens des Journalisten kolportierten Sachverhalte) auch legitim, dass der Privatkläger mit Schreiben vom
7. Mai 2010 aufgefordert wurde, zur Vermeidung von Reputationsrisiken zum Hotel U. Distanz zu halten. Auch soweit das Schreiben vom 7. Mai 2010 die vom H. -Journalisten kolportierten Hausdurchsuchungen von 2006 und 2010 und die entsprechend laufende Strafuntersuchung wegen Verdachts der Geldwäscherei zur Sprache brachte, erscheint es noch sachdienlich und angemessen.
Mit den als ehrverletzend erkannten Aussagen im vierten Absatz des Schreibens vom 7. Mai 2010 - und auf diese kommt es vorliegend ausschliesslich an ging der Beschuldigte indes über das notwendige Mass hinaus. Der Vorwurf an den Privatkläger, dass er früher in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus verkehrt habe und in entsprechenden Geschäften zu verstehen: der Prostitution (vgl. vorstehend Ziff. 1.2.1.) aktiv tätig gewesen sei, zielt auf angebliche Aktivitäten des Privatklägers im Q. er Rotlichtmilieu, welche im Jahr 2010 bereits 30 Jahre zurückgelegen hatten. Um derart weit zurückliegende Ereignisse und um ein Tätigsein des Privatklägers als Zuhälter ging es aber weder in der Strafuntersuchung, welche der Klientin des Beschuldigten durch den Journalisten zugetragen
worden war noch wurde solches durch den Journalisten selber angesprochen. Der mit der berichteten Strafuntersuchung erhobene Vorwurf betraf zwar auch das
Q. er Milieu, lautete aber ausschliesslich dahingehend, der Privatkläger habe
- Jahrzehnte nach den vom Beschuldigten mit den inkriminierten Zeilen behaupteten Ereignissen - Geld gewaschen für Personen aus diesem Milieu. Als Begrün- dung für die wie ausgeführt an sich nachvollziehbare und legitime Aufforderung
zur Distanzwahrung an den Privatkläger hätte deshalb der Hinweis auf die hängige Strafuntersuchung betreffend Geldwäscherei, wie er im ersten Teil des Schreibens vom 7. Mai 2010 auch vorgenommen wurde, völlig ausgereicht. Darüber hinaus in einem weiteren Briefabschnitt zu behaupten, der Privatkläger sei früher privat und geschäftlich im Prostitutionsgewerbe in Q. aktiv gewesen, war mit Blick auf die anwaltlichen Sorgfaltspflichten weder erforderlich noch angebracht.
Der Beschuldigte hat dieser Argumentation in seinen Berufungsschriften nichts Wesentliches entgegengehalten (vgl. Urk. 392 S. 17 f.).
a) Als unangemessen zu bezeichnen ist zum anderen auch der Adressatenkreis der Äusserung, insbesondere der Versand einer Kopie an den Direktor und die Revisionsstelle. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, war im fraglichen Zeitpunkt ein gesellschaftsrechtlich korrekt gefasster Entscheid der Aktionärinnen und des Verwaltungsrats, inwiefern vom Privatkläger ein Distanzhalten zum Unternehmen verlangt werden soll und kann, noch gar nicht gefasst. Ein solcher hätte aber angestrebt und abgewartet werden müssen, konnten doch die Beschuldigte A. und der Beschuldigte alleine dem Privatkläger diesbezüglich keine verbindlichen Vorschriften machen. Das fragliche Schreiben war vielmehr Teil eines Machtkampfs unter den Eigentümerinnen und im Verwaltungsrat, was den Direktor und den Revisor vorab grundsätzlich nichts anging. Diesen Personen hätte erst das Ergebnis der Auseinandersetzung unter den Eigentümerinnen und im Verwaltungsrat mitgeteilt werden müssen, wenn es denn einmal festgestanden wäre. Sie vorab durch Orientierungskopien in diesen Machtkampf einzubeziehen und den Privatkläger blosszustellen, war nicht erforderlich. Das Schreiben vom
Mai 2010 geht deshalb auch unter diesem Aspekt über den Umfang gerechtfertigter ausserprozessualer Korrespondenz hinaus.
Der Beschuldigte macht mit Berufungsbegründung geltend, er habe sehr wohl eine begründete Veranlassung gehabt, das Schreiben auch dem Direktor und der Revisionsstelle als Orientierungskopie per Mail zuzustellen. Beiden Adressaten sei angesichts der Pattsituation im Aktionariat und im Verwaltungsrat nach dem Willen beider Eigentümerinnen faktische Organstellung zugekommen. Entgegen der Annahme der Vorinstanz sei sowohl der Direktor J. als auch der Revisionsstellenvertreter I. zum damaligen Zeitpunkt ständig an der Willensbildung der Gesellschaft aktiv beteiligt gewesen. Der Hoteldirektor sei damals bereits faktischer Verwaltungsratsvorsitzender gewesen und der Revisor habe sämtliche Generalversammlungen geleitet. Beide hätte aufgrund ihrer Organfunktion aus Gründen der Corporate Governance über die Bedrohungslage informiert werden müssen (Urk. 302 S. 18).
Der Privatkläger führt in seiner Berufungsduplik aus, die Herren J. und I. hätten keine faktische Organstellung gehabt. Ersterer habe zwar über Jahre eine ganze Anzahl von Verwaltungsratssitzungen geleitet, dabei faktisch aber nichts zu sagen gehabt. Seine Aufgabe sei es lediglich gewesen, in Anbetracht der Pattsituation im Aktionariat die Sitzungen völlig neutral zu moderieren. Er habe kein Stimmrecht besessen und habe bei Uneinigkeit der beiden Aktionärinnen höchstens gut zureden können. Auch der Revisor I. , der vereinzelt zum Tagespräsidenten zwecks Durchführung der Generalversammlung ernannt worden sei, habe inhaltlich zu den Geschicken der Gesellschaft rein gar nichts zu sagen gehabt. Dieser habe denn auch in seiner Zeugeneinvernahme vom 19. September 2013 ausdrücklich erklärt, dass solche Vorwürfe, wie sie vom Beschuldigten im inkriminierten Brief erhoben wurden, für seine Tätigkeit im Interesse der U. Verwaltungs AG nicht von Relevanz gewesen seien (Urk. 306 S. 11 f.).
Mit Berufungsreplik hält der Beschuldigte daran fest, dass er eine begründete Veranlassung dafür gehabt habe, das Schreiben auch dem Direktor und dem Revisor zuzustellen. Zu den bereits genannten und wiederholten Argumenten fügte er hinzu, dass I. als Revisionsleiter die Aufgabe gehabt habe, die Umsetzung und Qualität des internen Risiko-Kontrollsystem (IKS) zu überprüfen. Als ein
Risiko im Sinne des IKS sei insbesondere auch ein drohender Reputationsschaden für das Hotel U. einzustufen gewesen, wie er aufgrund der Anfrage des H. -Journalisten und einer möglichen Berichterstattung über den Privatkläger mit Hinweisen auf einen Geldwäschereiverdacht tatsächlich auch gedroht habe. Über ein solches Risiko sei I. folglich auch in Kenntnis zu setzen gewesen (Urk. 310 S. 15). Was die Zeugenaussage von I. angehe, so habe sich diese (ausschliesslich) auf die Relevanz für die Arbeit der Revisionsstelle bezogen (so sinngemäss a.a.O. S. 16).
Der Argumentation des Beschuldigten kann nicht gefolgt werden. Die vom ihm eingereichten Protokollen von Verwaltungsratssitzungen und Generalversammlungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 zeigen zwar, dass der Direktor J. an Verwaltungsratssitzungen und der Revisor I. an Generalversammlungen teilnahmen (Urk. 294/1-4). Der Beschuldigte widersprach aber den Ausführungen des Privatklägers, dass der Direktor J. generell nicht mitentscheiden, sondern höchstens bei Uneinigkeit gut habe zureden können, letztlich nicht, machte er abschliessend doch lediglich geltend, dass J. und I. eine beratende Stimme (also nicht eine mitentscheidende Stimme) zugekommen sei (Urk. 310 S. 16 f.). Dass dem Direktor J. kein Mitentscheidungsrecht hinsichtlich der Willensbildung der Gesellschaft zukam, sondern er lediglich die gefassten Gesellschaftsentscheide als verbindlich entgegenzunehmen hatte, geht sodann aus dessen eigenen Zeugenaussagen klar hervor: Meine Aufträge habe ich immer von den Verwaltungsräten erhalten; es mussten immer beide ein OK geben. [ ]. Ja sicher, es ist ein Verwaltungsrat, bei dem es naturgemäss Meinungsverschiedenheiten gibt. Es wurde aber in allen Fällen ein Beschluss gefasst, der für mich wichtig und gültig war (Urk. 172 S. 5). Vor dem Hintergrund dieser Aussagen erscheint das Vorbringen des Beschuldigten, dem Direktor J. habe eine Orientierungskopie des Schreibens vom 7. Mai 2010 zugestellt werden müssen, um ihn an der Willensbildung über den Entscheid, inwiefern der Privatkläger Distanz zum Unternehmen halten solle, zu beteiligen, als nicht glaubhafte Schutzbehauptung. Dass auch eine Orientierung des Revisors I. vorgängig einer Beschlussfassung der Gesellschaft nicht notwendig war, geht aus dessen zweifach abgegebener - Aussage hervor, dass das Schreiben vom 7. Mai 2010
für seine Arbeit nicht relevant gewesen sei (vgl. Urk. 158 S. 3). Dass sich der Revisor mit dieser Aussage ausschliesslich auf seine Arbeit als Revisionsstelle bezogen habe (und nicht auf mögliche weitere Tätigkeiten), gibt der Wortlaut dieser Aussage nicht her und kann auch nicht aus dem weiteren Kontext seiner Einvernahme herausgelesen werden. Dieser bestätigt zwar, dass er jeweils an den Generalversammlungen und punktuell auch an Verwaltungsratssitzungen anwesend gewesen sei (Urk. 158 S. 5). Dass er an der Willensbildung von Entscheiden der Gesellschaft aktiv beteiligt gewesen sei, geht aus seinen Aussagen aber an keiner Stelle hervor. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschuldigten er habe sehr wohl eine begründete Veranlassung gehabt, das Schreiben auch dem Direktor und der Revisionsstelle vorgängig als Orientierungskopie per Mail zuzustellen - nicht zu überzeugen vermag.
Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst wenn davon ausgegangen werden müsste, dass eine umgehende Orientierung des Direktors und des Revisors notwendig gewesen wäre, diese Orientierung jedenfalls mit dem inkriminierten Passus inhaltlich über das notwendige Mass hinausging (vgl. vorstehend Ziff. 2.2.2.). Selbst wenn also zu bejahen wäre, dass diese zwei Personen aus Gründen der Corporate Governance unverzüglich über das befürchtete Risiko eines drohenden Reputationsschadens für das Hotel U. aufgrund einer möglichen Berichterstattung eine H. -Journalisten in Kenntnis zu setzen waren, bestand jedenfalls keine Notwendigkeit für die Weiterverbreitung der inkriminierten Behauptung, der Privatkläger habe früher (Jahrzehnte vor der aktuellen, durch den Journalisten kolportierten Strafuntersuchung betr. Geldwäscherei) in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus verkehrt und sei in entsprechenden Geschäften aktiv tätig gewesen. Für eine sachbezogene, sich auf das Notwendige beschränkende Orientierung von Direktor und Revisor wären der Hinweis auf die hängige Strafuntersuchung betreffend Geldwäscherei bzw. die damit zusammenhängenden Hausdurchsuchungen und der weitere Hinweis, dass vom Privatkläger verlangt werde, zum Hotel U. Distanz zu halten, ausreichend gewesen.
Auf eine erneute Einvernahme der Herren J. und I. kann deshalb verzichtet werden.
2.3. Fazit
Die inkriminierte Äusserung des Beschwerdegegners erweist sich unter diesen Umständen als nicht gerechtfertigt im Sinne von Art. 14 StGB.
Ausschluss des Entlastungsbeweises
Allgemeine Ausführungen
Nach der Rechtsprechung, die grundsätzlich von der Doktrin gebilligt wird, kommt ein Ausschluss vom Entlastungsbeweis ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die beiden vom Gesetz (Art. 173 Ziff. 3 StGB) genannten Kriterien einerseits das Fehlen einer begründeten Veranlassung und andererseits die überwiegende Absicht, jemandem Übles vorzuwerfen (sog. Beleidigungsabsicht bzw. animus iniurandi) kumulativ gegeben sind. Beide Voraussetzungen müssen je für sich betrachtet werden. Es darf nicht von der einen auf die andere geschlossen werden: Eine vorhandene Beleidigungsabsicht schliesst eine begründete Veranlassung nicht aus. Aus dem Fehlen einer begründeten Veranlassung allein darf andererseits nicht auf eine Beleidigungsabsicht geschlossen werden (BSK StGBRiklin, Art. 173 N 26 und 29). Das Kriterium der begründeten Veranlassung muss objektiv gegeben sein fehlen (vgl. Trechsel/Lieber, StGB PK, 2. Aufl., Art. 173 N 25). Das Ausschlusskriterium der vorwiegenden Absicht, jemandem Übles vorzuwerfen, setzt voraus, dass die Beleidigung des Opfers das Handlungsziel ist, dass es dem Täter vor allem darum geht, dem Opfer durch die üble Nachrede zu schaden (Trechsel/Lieber, StGB PK, 2. Aufl., Art. 173 N 26).
Konkrete Prüfung
Fehlen einer begründeten Veranlassung
Die Vorinstanz hielt dafür, dass der Beschuldigte eine begründete Veranlassung gehabt habe, das Schreiben vom 7. Mai 2010 gemeint offensichtlich: in seiner Ganzheit zu verfassen, denn die Wahrung des Rufes des Hotels
U. s habe einen hinreichenden Grund dargestellt. Die Veranlassung lasse sich weitgehend dem Schreiben selber entnehmen. Dem Beschuldigten sei es darum gegangen, die Interessen der Beschuldigten A. als Miteigentümerin des Hotels U. zu wahren. Dies stelle grundsätzlich ein zulässiges privates Interesse dar. Die kolportierten Hausdurchsuchungen (von 2006 und 2010) hätten zwar ausschliesslich den Privatkläger betroffen, doch habe die Beschuldigte
A. befürchtet, dass die Vorwürfe auf das Hotel U. übergreifen könnten, was eine nicht völlig von der Hand zu weisende Gefahr dargestellt habe. Es stelle deshalb ein legitimes Interesse dar, sich dafür einzusetzen, dass der Privatkläger meide, in Verbindung mit dem Hotel U. zu stark in Erscheinung zu treten, bis sich die Vorwürfe geklärt hätten (Urk. 291 S. 29 f.). Keine begründete Veranlassung mehr sah die Vorinstanz erst darin, dass der Beschuldigte auch dem Direktor und dem Revisor eine Orientierungskopie des Schreibens zustellte (a.a.O.).
Der Argumentation der Vorinstanz kann nicht in allen Teilen gefolgt werden. Diese hat zwar die im vorliegenden Fall relevanten tatsächlichen Umstände zutreffend benannt. Sie hat aber verkannt, dass zur Prüfung einer objektiv begründeten Veranlassung des Schreibens vom 7. März 2010 nicht pauschal auf dieses abzustellen ist, sondern hinsichtlich dessen Inhalt differenziert werden muss (wie dies schon bei der Prüfung des allgemeinen Rechtfertigungsgrundes nach Art. 14 StGB [vgl. vorstehend Ziff. 2] getan werden musste und dort von der Vorinstanz auch richtig gesehen wurde).
Die Befürchtung seitens des Beschuldigten und der Beschuldigten A. , dass die durch einen H. -Journalisten kolportierte laufende Strafuntersuchung betreffend Geldwäscherei auf das Hotel U. übergreifen und dem Unternehmen damit ein Reputationsschaden drohen könnte, mag zwar allenfalls eine objektiv begründete Veranlassung darstellen für ein Schreiben an den Privatkläger, in welchem jenem diese durch den H. -Journalisten zugetragenen Informationen vorgehalten werden und von ihm Distanzwahrung bis zur Klärung dieser aktuellen Vorwürfe verlangt wird. Ob die diesbezüglichen Inhalte des Schreibens vom 7. Mai 2010 (welche von der Vorinstanz in ihrer Argumentation ausschliesslich explizit angesprochen wurden) als ehrverletzend zu qualifizieren und
dem Entlastungsbeweis zugänglich zu machen sind, ist vorliegend aber nicht die Frage.
Zu prüfen ist ausschliesslich, ob der eingeklagte und als ehrverletzend taxierte Passus aus dem Schreiben vom 7. Mai 2010 im Telefonat des H. - Journalisten und in der daraus erwachsenen Befürchtung von Reputationsrisiken seitens der beiden Beschuldigten eine begründete Veranlassung zu finden vermögen. Diese Frage ist zu verneinen. Mit seiner schriftlichen Äusserung, es sei kein Geheimnis gewesen, dass der Ankläger früher mit Personen aus der Unterwelt
des Zuhälterund Bordellmilieus von Q. verkehrt habe und in diesem Milieu
aktiv geworden sei, spielte der Beschuldigte auf angebliche Ereignisse an, welche zeitlich wie sachlich mit der durch den Journalisten kolportierten aktuellen Strafuntersuchung wegen Geldwäscherei und der befürchteten H. -Publikation in keinem Zusammenhang standen.
Die inkriminierte ehrverletzende Äusserung im vierten Absatz des Schreibens vom 7. Mai 2010 wurde demnach durch den Beschuldigten schon unabhängig des Adressatenkreises - d.h. in Bezug auf alle angesprochenen Adressaten ohne begründeten Anlass vorgebracht und weiterverbreitet.
Keine begründete Veranlassung bestand darüber hinaus insbesondere dafür (insofern kann der Vorinstanz wieder gefolgt werden, vgl. Urk. 291 S. 30, zweitletzter Abschnitt), diese ehrverletzende Äusserung auch an den Direktor des Hotels und an den Revisor weiterzuverbreiten. Hinsichtlich dieser zwei Personen ist grundsätzlich schon kein begründeter Anlass ersichtlich, weshalb sie vom Inhalt des Schreibens vom 7. Mai 2010 überhaupt (auch hinsichtlich dessen nicht inkriminierten Teils) unverzüglich in Kenntnis zu setzen waren.
Wie bereits dargetan (vorstehend Ziff. 2.2.3.c.), vermag namentlich vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen dieser zwei Personen zu ihren Aufgabengebieten, die Darstellung des Beschuldigten nicht zu überzeugen, dass diesen Mitentscheidungsbefugnisse zukamen und sie deshalb in den Willensbildungsprozess, inwiefern vom Privatkläger Distanzwahrung zu verlangen und durchzusetzen wäre, einzubeziehen waren. Der Direktor und der Revisor hätten deshalb erst im
Nachhinein über einen gefällten Gesellschaftswillen in Kenntnis gesetzt jedenfalls frühestens anlässlich der relevanten Verwaltungsratssitzung Generalversammlung über die durch den H. -Journalisten kolportierten Umstände unterrichtet zu werden gebraucht.
Selbst wenn aber zu Gunsten des Beschuldigten davon ausgegangen würde, dass diese zwei Personen unverzüglich über die befürchteten Risiken in Kenntnis zu setzen waren, bestand jedenfalls, wie dargetan (vorstehend lit. b), keine begründete Veranlassung für die Weiterverbreitung der inkriminierten ehrverletzenden Äusserungen. Eine aus begründetem Anlass gerechtfertigte Orientierung von Direktor und Revisor hätte sich auf die Hinweise zu beschränken gehabt, dass gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren wegen Geldwäscherei am Laufen sei, diesbezüglich 2006 und 2010 Hausdurchsuchungen beim Privatkläger stattgefunden hätten, der H. hierüber möglicherweise eine entsprechende Berichterstattung bringen werde und aus diesen Gründen vom Privatkläger zur Vermeidung von Reputationsrisiken seitens der Beschuldigten A. verlangt werde, dass er zum Hotel U. bis auf Weiteres Distanz halte.
Beleidigungsabsicht
Die Vorinstanz war der Auffassung, dass mit Bezug auf die Zustellung des Schreibens vom 7. Mai 2010 an die Ehefrau des Privatklägers und an dessen Rechtsvertreter Dr. S. eine vorwiegende Absicht, dem Privatkläger Übles
vorzuwerfen nicht erkennbar sei. Auch wenn diese Drittpersonen im Sinne von Art.
173 StGB seien, erscheine eine Informierung derselben mittels Schreiben vom 7. Mai 2010 noch als angemessen, nachdem erstere die eigentliche Miteigentümerin des Hotels U. s sei und letzterer als Anwalt des Privatklägers aufgrund der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbandes in der Folge ebenfalls habe bedient werden müssen (Urk. 291 S. 31).
Der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. Diese verkennt auch hier, dass der rechtlichen Prüfung (hier des animus iniurandi) nicht diejenigen Teile des Schreibens vom 7. Mai 2010 zu Grunde zu legen sind, hinsichtlich welcher die Angemessenheit sowie die begründete Veranlassung allenfalls bejaht werden
könnte, sondern ausschliesslich der inkriminierte Passus, der als Ehrverletzung zu qualifizieren war und sich nicht auf einen begründeten Anlass zu berufen vermag. Dass die Informierung der Ehefrau und des Anwalts des Privatklägers über das kolportierte Strafverfahren betr. Geldwäscherei, die entsprechend befürchtete Berichterstattung des H. s sowie den Aufruf an den Privatkläger, er solle zum Hotel U. Distanz wahren, nicht schon von einer vorwiegenden Absicht des Beschuldigten getragen waren, dem Privatkläger Übles vorzuwerfen, mag zutreffend sein. Als Motivation des Beschuldigten, darüber hinaus in einem weiteren Briefabschnitt die von den aktuellen Ereignissen und Befürchtungen losgelöste Behauptung zu verbreiten, der Privatkläger sei früher in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus von Q. verkehrt und geschäftlich tätig gewesen, kann indes nur eine vorwiegende Beleidigungsabsicht erkannt werden. Um die derart weit zurückliegende Vergangenheit des Privatklägers ging es in der Strafuntersuchung von 2010 nicht, was der Beschuldigte wusste. Zur Wahrung allfälliger effektiver Interessen des Hotels U. war ein solcher Passus überhaupt nicht nötig, was dem Beschuldigten ebenfalls bewusst sein musste. Dass er dennoch wissentlich und willentlich die entsprechende Äusserung in sein Schreiben vom 7. Mai 2010 einflocht, hatte aus diesen Gründen als einzig erkennbares Ziel, den Privatkläger vor sämtlichen Adressaten auch vor der Ehefrau und dem Anwalt des Privatklägers blosszustellen bzw. als moralisch fragwürdige Person hinzutun.
Mit noch grösserer Deutlichkeit ist der animus iniurandi des Beschuldigten zu erkennen, soweit dieser die ehrverletzenden Äusserungen über den Privatkläger auch dem Direktor und dem Revisor hat zukommen lassen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, müssen diese zwei Personen im Interesse der Gesellschaft,
d.h. des gesamten Aktionariats und Verwaltungsrates tätig sein, was der Beschuldigte wusste. Es musste ihm demnach auch zweifellos bewusst sein, dass er diese zwei Personen grundsätzlich erst nach Absprache mit der Miteigentümerschaft an der Gesellschaft über die durch den Anruf des H. -Journalisten ausgelösten Ereignisse hätte ins Bild setzen dürfen. Durch die nicht abgesprochene, einseitige Information leistete er einem allfälligen Loyalitätskonflikt dieser Personen mit den Eigentümern der U. Verwaltungs AG Vorschub. Der inkriminierte Passus im Schreiben vom 7. Mai 2010 liess den Privatkläger dem Direktor und dem
Revisor gegenüber in einem schlechten Licht dastehen, ohne dass der Privatkläger diesen gegenüber seine Sicht der Dinge hätte dartun können. Dies führt auch unter diesem Aspekt zum Schluss, dass der Beschuldigte den inkriminierten Passus in der (vorwiegenden) Absicht weiterverbreitete, dem Privatkläger Übles vorzuwerfen.
Fazit
Der Beschuldigte ist zum Entlastungsbeweis nicht zuzulassen.
Dem Antrag des Beschuldigten auf Einvernahme der Polizeibeamten K. , L. , M. und N. ist bei diesem Resultat nicht stattzugeben.
Gesamtfazit
Es kann somit offengelassen werden, ob der Beschuldigte den Wahrheitsoder den Gutglaubensbeweis hätte erbringen können. Der Beschuldigte ist aufgrund obiger Erwägungen der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen.
Exkurs zum Nichtgelingen des Entlastungsbeweises
Einleitung
Die Auffassung der Vorinstanz, wonach der Entlastungsbeweis zu Gunsten des Beschuldigten als erbracht anzusehen wäre, wenn es darauf ankäme, kann aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht geteilt werden.
Wahrheitsbeweis
Beim Wahrheitsbeweis nach Art. 173 Abs. 2 StGB liegt eine Umkehr der üblichen Beweislast vor. Diese obliegt dem Beschuldigten, der Grundsatz in dubio pro reo greift nicht (BSK Strafrecht II-Riklin, Art. 173 N 13); indessen gilt eine besonders geartete Unschuldsvermutung zugunsten des Geschädigten (Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl., 2004 N 283). Erforderlich ist der Nachweis der ehrenrührigen Tatsache, nicht bloss der Verdachtsmomente; alle wesentlichen Fakten einer Äusserung müssen erstellt sein (BSK StGB - Riklin, Art. 173 N 18). Massgebend ist (auch hier) der Sinn, welchen der unbefangene durchschnittliche Dritte der Äusserung unter den gesamten konkreten Umständen beilegt (vgl. Urteil 6B_1092/2010 vom 29. April 2011, E. 5.3.). Bezüglich eines behaupteten Delikts ist der Wahrheitsbeweis grundsätzlich nur durch die entsprechende Verurteilung zu erbringen (BSK StGB - Riklin, Art. 173 N 15).
Der Beschuldigte könnte allenfalls den Wahrheitsbeweis erbringen für den ersten Teil seiner Äusserung, dass der Privatkläger in der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus (privat) verkehrt habe, nachdem seitens des Privatklägers nicht abgestritten wurde (vgl. Urk. 306 S. 15; Urk. 96 S. 2 ff.), dass er Kontakte zu Personen, welche dem Milieu zuzurechnen sind, gehabt hatte. Auch aus einzelnen Zeugenaussagen geht hervor, dass der Privatkläger damals im Rotlichtmilieu verkehrte. So etwa aus denen des pensionierten Polizeibeamten N. (Urk. 247), welche trotz fehlender Möglichkeit des Beschuldigten, Ergänzungsfragen zu stellen, zu dessen Gunsten (vgl. § 15 StPO/ZH) berücksichtigt werden könnten.
Den Wahrheitsbeweis nicht erbringen könnte der Beschuldigte indes für den zweiten Teil seiner Äusserung, der Privatkläger sei in Geschäften der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus zu verstehen für den Durchschnittrezipienten in erster Linie: in Geschäften des Prostitutionsgewerbes aktiv gewesen. Soweit in dieser Äusserung mitschwingt, der Privatkläger sei in illegalen Geschäften des Zuhälterund Bordellmilieus (etwa im Sinne der verbotenen Förderung der Prostitution) tätig gewesen, würde der Wahrheitsbeweis schon daran scheitern, dass eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung des Privatklägers nicht vorliegt. Auch soweit die Äusserung des Beschuldigten dahingehend zu verstehen ist, der Privatkläger sei auf legale Weise im Prostitutionsgewerbe aktiv gewesen (habe etwa ein bewilligtes Prostitutionsgewerbe geführt), liegen keine rechtsgenüglichen Beweise in den Akten. Dass der Privatkläger eingestandenerund nachgewiesenermassen zur Hälfte an der Kneipe T. beteiligt war (Urk. 96 S. 5), beweist noch nicht, dass er selber Bordellgeschäften nachging, selbst wenn (so die Verteidigung in Urk. 302 S. 26) dieses Lokal ein Ort gewesen sein sollte, in
welchem angeschafft und gezockt wurde, Drogen verkauft wurden und sich die Leute aus dem Rotlichtmilieu trafen. Auch dass der Privatkläger engen Kontakt mit bekennenden Zuhältern unterhalten, jahrzehntelang mit einer Prostituierten zusammengelebt, illegal Drogen konsumiert haben und Mitglied einer Rocker-Gang gewesen sein soll (vgl. Urk. 302 S. 27 f.), führt selbst wenn einzelne alle dieser Behauptungen wahr sein sollten - nicht zum Nachweis, dass er geschäftlich im Prostitutionsgewerbe tätig war. Sämtliche zu dieser Frage formgültig einvernommenen Personen verneinten entweder, dass der Privatkläger im Prostitutionsgewerbe geschäftet habe konnten hiezu keine Aussagen machen (vgl.
Urk. 253 S. 3 f. und 4 f. [V. ], Urk. 180 S. 3 [W. ], Urk. 191 S. 2
[AA. ], Urk. 98 S. 2 f. [AB. ], Urk. 192 S. 6 [AC. ], Urk. 172 S. 3
[J. ], Urk. 158 S. 7 [I. ], Urk. 117 S. 4 und 13 [S. ], Urk. 99 S. 2
[AD. ], Urk. 157 S. 8 [AE. ], Urk. 118 S. 9 und passim [R. ]; Urk. 284 S. 3 f. [O. ]). Auch der Zuhälter AF. und der pensionierte Polizeibeamte N. - deren Einvernahmen mangels Teilnahme des Beschuldigten leidglich zu dessen Gunsten verwertet werden dürfen (vgl. § 15 StPO) sagten (lediglich) aus, dass der Privatkläger im Rotlichtmilieu verkehrt habe, nicht aber, dass er im Prostitutionsgewerbe tätig gewesen sei (vgl. Urk. 248 S. 2 und Urk. 247
S. 2 f.)
Für die Behauptungen des Beschuldigten sprechen letztlich lediglich zwei sich in den Akten befindliche Beweismittel. Gemäss einer Aktennotiz der Polizeibeamtin AG. vom 4. Oktober 2005 soll aus einem polizeilichen Merkblatt vom 6. Mai 1971 hervorgehen, dass der Privatkläger der Zuhälter von seiner damaligen Ehefrau AH. gewesen sei (Urk. 23/1). Laut einem schriftlichen Vermerk des Polizeibeamten AI. vom 17. März 2014 soll laut Mitteilung eines Polizeibeamten AJ. über den Privatkläger in einer Kriminalakte betreffend eines AK. zu finden sein, dass dieser zusammen mit einem gewissen
AL. in AM. im April 1977 eine Prostituierte gehauen und in einem Pkw
verschleppt habe, wobei es sich wohl um eine Prostituierte des Privatklägers namens AN. gehandelt habe. Der Akte von AK. könne weiter entnommen werden, dass der Privatkläger im April 1978 zu einem Zuhältertreffen in AO. gefahren sei und es an diesem Treffen zu einer Vergewaltigung gekommen sein solle (Urk. 242). Diese Indizien begründen zwar einen Verdacht im Sinne der inkriminierten Äusserungen, sind aber letztlich derart vage, dass gestützt darauf der Wahrheitsbeweis welcher nachgewiesen, nicht bloss glaubhaft gemacht werden muss - nicht erbracht werden könnte. Die Polizeibeamtin
AG. sagte in ihrer Einvernahme vom 19. März 2014 denn auch aus, auf dem Merkblatt von 1971 sei nur gestanden, dass der Privatkläger der Zuhälter seiner damaligen Ehefrau gewesen sein soll; die entsprechende Akte existiere heute
nicht mehr und Erkenntnisse aus eigener Anschauung aus den 70er-Jahren habe sie nicht (Urk. 241 S. 5). Auch der Polizeibeamte AI. gab zu Protokoll, dass er aus eigener Anschauung nichts sagen bzw. hinsichtlich seines Vermerks nur sagen könne, dass es inhaltlich so in der Akte gestanden habe, nicht aber, ob es Tatsache sei (Urk. 241 S. 10 f.).
Dass die vom Beschuldigten im Berufungsverfahren beantragten Einvernahmen der Polizeibeamten K. , L. und M. und die erneute Einvernahme des pensionierten Polizeibeamten N. (unter Wahrung der Teilnahmerechte des Beschuldigten) an der vorstehend dargelegten, vom Beschuldigten zu tragenden Beweislosigkeit etwas zu ändern vermöchten, wäre nicht zu erwarten. Mit der Anrufung der Polizeibeamten K. , L. und M. hat der Beschuldigte nichts mehr vorgebracht als ein paar Namen des damaligen 8. Kommissariats beim PP Q. (so die Worte des Polizeibeamten AI. in Urk. 230, welcher der Verteidigung diese Namen beschaffte). Damit ist aber seitens des Beschuldigten noch nicht einmal substantiiert dargetan, dass diese Polizeibeamten mit dem von AI. angesprochenen Fall betreffend AN. befasst waren sonst gegen den Privatkläger im Sinne der inkriminierten Äusserungen ermittelt hatten. Selbst wenn dem aber so wäre, wären von diesen heute - nahezu vierzig Jahre später keine sicheren Aussagen dahingehend zu erwarten, dass AN. eine für den Privatkläger arbeitende Prostituierte gewesen sei, nachdem selbst in der damaligen Akte von April 1977 laut AI. (bzw.
AJ. ) bloss gestanden haben soll, sie sei wohl dessen Prostituierte gewesen (vgl. Urk. 242). Es wäre weiter nicht ersichtlich, wie dem Beschuldigten auch mit einer erneuten und formgerechten Einvernahme des Polizeibeamten N. der Nachweis gelingen könnte, dass der Privatkläger im Bordellmilieu tätig gewesen
sei. Wie ausgeführt belastete dieser den Privatkläger ausschliesslich dahingehend, dass er damals im Milieu verkehrt habe.
Gutglaubensbeweis
Auch beim Gutglaubensbeweis trägt die beschuldigte Person die Beweislast und das Beweislastrisiko. Sie muss dartun, dass sie ernsthafte Gründe hatte, die Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten (BSK Strafrecht II-Riklin, Art. 173 N 16). Hiezu hat sie vorerst die einzelnen Tatsachen nachzuweisen, auf welche sie ihren Verdacht Glauben an die ehrenrührige Tatsache stützt. Dies ist Tatsachenfeststellung. Überdies hat sie darzutun, dass diese Tatsachen für sie in guten Treuen ernsthafte Verdachtsoder Beschuldigungsgründe sein durften; d.h. das Gericht muss entscheiden, ob diese Tatsachen ausreichen, um an die Richtigkeit der Äusserung glauben zu dürfen. Dies ist eine Rechtsfrage (BGE 102 IV 182, BGE 124 IV 150 f.). Die erforderlichen Informationsund Sorgfaltspflichten sind einzelfallbezogen zu beurteilen. Je schwerer der Ehreingriff ist, desto höhere Anforderungen bestehen hinsichtlich der Abklärung des wahren Sachverhalts (BSK Strafrecht II-Riklin, Art. 173 N 16; Trechsel/Lieber, StGB PK, Art. 173 N 19). Der Gutglaubensbeweis kann nicht mit Tatsachen geführt werden, welche erst nach der ehrverletzenden Äusserung eingetreten sind, bzw. von denen der Äusserer im Zeitpunkt der Aussage keine Kenntnis hatte (BSK Strafrecht II-Riklin, Art. 173 N 23).
Den Gutglaubensbewies nicht erbringen könnte der Beschuldigte jedenfalls für den zweiten Teil seiner Äusserung, der Privatkläger sei in Geschäften der Unterwelt des Zuhälterund Bordellmilieus aktiv gewesen.
Der Beschuldigte macht geltend, er sei deshalb von der früheren Aktivität des Privatklägers in solchen Geschäften überzeugt gewesen, da er sich dabei einerseits auf eigene, wenn auch bagatellisierende Aussagen des Privatklägers habe stützen können - der Beschuldigte beruft sich diesbezüglich auf die Aussagen des Privatklägers in Urk. 96 S. 13 und 17 f. - und andererseits (diese) seine früheren Kenntnisse durch die neuen, vom H. -Journalisten stammenden Informationen bekräftigt worden seien (Urk. 302 S. 32, zweitletzter Abschnitt).
Gemäss den Aussagen des Privatklägers, auf welche sich der Beschuldigte bezieht, wusste der Beschuldigte aus Besuchen in Spanien seit den 80eroder 90er-Jahren von der Spielervergangenheit des Privatklägers. Auch wusste er offensichtlich zumal dies vom Privatkläger nicht bestritten wird bereits vor dem Schreiben vom 7. Mai 2010, dass dieser damals im Rotlichtmilieu verkehrte und an der Bar T. mitbeteiligt war. Dieses Vorwissen des Beschuldigten und die neuen, durch den H. -Journalisten 2010 zugetragenen Informationen, wonach der Privatkläger gemäss einer laufenden Strafuntersuchung Geld für Personen aus dem Milieu gewaschen habe, mögen zwar Tatsachen darstellen, aufgrund derer der Beschuldigte ernsthaft davon ausgehen durfte, dass an diesen aktuellen Vorwürfen betr. Geldwäscherei etwas dran sein könnte. Soweit er deshalb mit Schreiben vom 7. Mai 2010 im Auftrag der Beschuldigten A. dem Privatkläger diese neuen Informationen vorhielt und von ihm zur Vermeidung von Reputationsrisiken Distanzwahrung zum Hotel U. verlangte, könnte deshalb wahrscheinlich von einem Handeln des Beschuldigten in guten Treuen ausgegangen werden (was hier aber nicht zu prüfen wäre). Auch vermöchte der Beschuldigte damit wohl den Gutglaubensbeweis zu erbringen hinsichtlich des ersten Teils seiner inkriminierenden Äusserung betreffend das Verkehren des Privatklägers in Milieukreisen. Das Wissen des Beschuldigten um die einstige Spielsucht sowie die früheren Milieukontakte des Privatklägers und die Jahrzehnte später zugetragenen Behauptungen betreffend eines laufenden Strafverfahrens wegen Verdacht auf Geldwäscherei im Milieu können aber nicht als Gründe bezeichnet werden, die ernsthaft zur Annahme berechtigen würden, dass der Privatkläger in der Vergangenheit über den (blossen) Verkehr mit Milieupersonen hinaus im Zuhälterund Bordellmilieu auch selber Geschäftsaktivitäten entfaltet hätte. Etwas entsprechendes wurde dem Beschuldigten weder vom H. -Journalisten kolportiert, noch vom Privatkläger selber erzählt. Dass der Beschuldigte vor dem Aufsetzen des Schreibens vom 7. Mai 2010 von weiteren Personen entsprechende Hinweise erhalten habe (vgl. Urk. 302 S. 33 oben), wurde vom Beschuldigten weder substantiiert behauptet noch nachgewiesen.
Damit fehlte es letztlich an bewiesenen Tatsachenfundamenten, auf welche sich ein entsprechender guter Glaube zu stützen vermocht hätte.
Fazit
Zusammengefasst ergibt sich, dass dem Beschuldigten ein Entlastungsbeweis nicht gelingen würde, wäre er zu einem solchen zuzulassen.
Hinsichtlich der Strafzumessung sowie des Strafvollzugs kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 291 S. 32 f.), zumal diese weder von Seiten des Beschuldigten noch von Seiten des Privatklägers eine Beanstandung erfahren haben. Zu korrigieren sind die erstinstanzlichen Äusserungen einzig dahingehend, dass der Beschuldigte seine ehrverletzende Äusserung vier, nicht bloss zwei Drittpersonen zukommen liess, was sich aber auf die Strafzumessung letztlich bloss marginal auswirkt.
Der Beschuldigte ist somit mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 300.zu bestrafen, deren Vollzug bei Ansetzung der gesetzlichen Mindestdauer der Probezeit aufzuschieben ist.
Bei diesem Verfahrensausgang ist die erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsregelung (Dispositivziffern 5 - 8) zu bestätigen.
Weiter sind dem Beschuldigten die Kosten des Berufungsverfahren aufzuerlegen.
Sodann hat dieser dem Privatkläger eine Prozessentschädigung zu bezahlen. Der Privatkläger stellte die Höhe einer entsprechenden Entschädigung ins freie Ermessen der Berufungsinstanz (Urk. 315 S. 7). Für das (neurechtliche) Berufungsverfahren findet die Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 Anwendung. Im Berufungsverfahren wird die Gebühr grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen. Dabei wird auch berücksichtigt, ob das Urteil vollumfänglich nur teilweise angefochten ist
(§ 18 AnwGebV). Angesichts des Umstands, dass sich der Vertreter des Privatklägers im Berufungsverfahren im Wesentlichen mit den bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahren bekannten Argumenten des Verteidigers auseinanderzusetzen hatte, rechtfertigt es sich, die Prozessentschädigung auf Fr. 5'000.festzusetzen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung
- Einzelgericht, vom 29. April 2014 bezüglich Dispositivziffer 1 (Freispruch der Beschuldigten A. ) in Rechtskraft erwachsen ist.
Es wird davon Vormerk genommen, dass die Beschuldigte A. ihre Berufung vom 8. Mai 2014 zurückzogen hat.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Rechtsmittel:
Gegen Ziffer 1 dieses Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte B.
173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
ist schuldig der üblen Nachrede im Sinne von Art.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 300.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziff. 5 bis 8) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 4'000.festgesetzt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 5'000.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die Verteidigung des Beschuldigten B. , im Doppel, für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Verteidigung der Beschuldigten A. , im Doppel, für sich und zuhanden der Beschuldigten
den Vertreter des Privatklägers, im Doppel, für sich und zuhanden des Privatklägers
die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz [mit dem Ersuchen um Vornahme der notwendigen Mitteilung an die Koordinationsstelle VOSTRA bezüglich der Beschuldigten A. ]
die III. Strafkammer des Obergerichts (zu UK140001)
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A bezüglich des Beschuldigten B.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 21. April 2016
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. Höfliger
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