Zusammenfassung des Urteils SB140102: Obergericht des Kantons Zürich
Das Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, betraf die mehrfache Anstiftung zu Misswirtschaft. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je CHF 200 verurteilt. Der Vollzug der Geldstrafe wurde aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Ein beschlagnahmter Betrag von CHF 791'020.40 wurde eingezogen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt. Das Gericht entschied, dass das Verfahren eingestellt wird, da die Tathandlungen verjährt sind. Der Beschuldigte erhält eine Prozessentschädigung von CHF 29'000.- sowie eine Umtriebsentschädigung von CHF 500.-.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB140102 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 31.10.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | mehrfache Anstiftung zu Misswirtschaft |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Verjährung; Beschuldigten; Verfahren; Recht; Recht; Verteidigung; Berufung; Urteil; Verfahrens; Anklage; Staat; Staatsanwalt; Kantons; Staatsanwaltschaft; Misswirtschaft; Verjährungsfrist; Verfahren; Anklägerin; Anstiftung; Verjährungsrecht; Eingabe; Verfolgung; Aufwendungen; Frist; Entschädigung; AnwGebV; Urteils; Fassung |
Rechtsnorm: | Art. 2 StGB ;Art. 24 StGB ;Art. 389 StGB ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 448 StPO ;Art. 454 StPO ;Art. 49 StGB ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 72 StGB ;Art. 97 StGB ;Art. 98 StGB ; |
Referenz BGE: | 133 IV 112; |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, 2. Auflage, Zürich, Art. 426 StPO, 2014 Schweizer, Praxis, 2. Auflage, Zürich, Art. 97 StGB, 2013 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB140102-O/U/cwo
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, die Oberrichterinnen lic. iur.
L. Chitvanni und lic. iur. R. Affolter sowie die Gerichtsschreiberin MLaw M. Konrad
Beschluss vom 31. Oktober 2017
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 4. März 2013 (Urk. 003000) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil des Vorinstanz :
(Urk. 30 S. 75 ff.)
Der Beschuldigte ist schuldig
- der mehrfachen Anstiftung zu Misswirtschaft im Sinne von Art. 165 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu CHF 200 (entsprechend CHF 54'000).
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 31. Oktober
2006 auf dem Klientengeldkonto der Anwaltskanzlei B.
mit der Rubrik
Dr. A. bei der C.
AG [Bank] beschlagnahmte Betrag von
CHF 791'020.40 (zuzüglich allfälliger Erträge) wird eingezogen. Der Einziehungsbetrag ist zur allfälligen Zuweisung an die Privatkläger 5, 6 & 7, 10, 13 und 16 aus dem Verfahren DG120389 (Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich gegen D. ) zu verwenden, im Übrigen verfällt er dem Staat.
Die C.
AG wird nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils angewiesen,
dieses Konto zu saldieren und den Saldo an die Kasse des Bezirksgerichts Zürich zu überweisen.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 4'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. Kosten Kantonspolizei
Fr. 3'000.00 Gebühr Anklagebehörde
Fr. Übersetzungskosten Kantonspolizei Fr. 558.30 Auslagen Untersuchung
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel).
Berufungsanträge:
Der erbetenen Verteidigung des Beschuldigten:
(Urk. 32 und 50 sinngemäss)
Das Verfahren gegen Dr. A.
wegen mehrfacher Anstiftung zu
Misswirtschaft sei zufolge Verjährung einzustellen.
Eventualiter sei Dr. A.
vom Vorwurf der mehrfachen Anstiftung
zu Misswirtschaft freizusprechen.
Es sei festzustellen, dass Dr. A.
einzig Berechtigter am
Guthaben auf dem Klientgeldkonto der Anwaltskanzlei B. (Rubrik Dr. A. ) im Betrag von Fr. 791'020.40 ist, die Beschlagnahmung sei aufzuheben und das Guthaben zuzüglich allfälliger Erträge sei mit sofortiger Wirkung an Dr. A. herauszugeben.
Auf Zivilforderungen sei nicht einzutreten bzw. sie seien auf den Zivilweg zu verweisen.
Dr. A.
sei für seine Aufwendungen für die Ausübung seiner
Verfahrensrechte in erster und zweiter Instanz, insbesondere die Verteidigungskosten, angemessen zu entschädigen.
Kosten ausgangsgemäss.
Der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich:
(Urk. 38, 56 und 62 sinngemäss) Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Der Privatklägerschaft:
(Urk. 36)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Der Verlauf des Verfahrens bis zum vorinstanzlichen Urteil ergibt sich aus dem Entscheid vom 27. November 2013 (Urk. 30 S. 4-11).
Mit Urteil des Bezirksgericht Zürich, 9. Abteilung - Einzelgericht, vom
27. November 2013 wurde der Beschuldigte A.
im Sinne des eingangs
wiedergegebenen Urteilsdispositivs schuldig gesprochen und bestraft. Gegen dieses Urteil liess er mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 innert Frist Berufung anmelden (Urk. 24). Mit Eingabe vom 17. März 2014 reichte die Verteidigung des Beschuldigten ebenfalls fristgerecht die Berufungserklärung ein (Urk. 32). Daraufhin wurde den Privatklägern und der Staatsanwaltschaft mit Präsidialverfügung vom 20. März 2014 eine Kopie der Berufungserklärung des Beschuldigten zugestellt und diesen Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erheben Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 34). Mit
Eingabe vom 28. März 2014 teilte der Vertreter der Privatkläger mit, dass auf Anschlussberufung verzichtet, ein Nichteintreten auf die Berufung des
Verfahrensbeteiligten A.
nicht beantragt und die Bestätigung des
vorinstanzlichen Urteils beantragt werde (Urk. 36). Die Staatsanwaltschaft teilte mit Eingabe vom 3. April 2014 mit, sie verzichte auf die Erhebung der Anschlussberufung und beantrage die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 38).
3. Am 14. April 2014 reichte die Verteidigung des Beschuldigten mit Begleitschreiben (Urk. 40) das Datenerfassungsblatt (Urk. 42/1) und Beilagen (Urk. 42/2) ein. Die Eingabe des Vertreters der Privatkläger vom 28. März 2014 (Urk. 36) und diejenige der Staatsanwaltschaft vom 3. April 2014 (Urk. 38) wurden mit Kurzbrief vom 16. April 2014 (Urk. 43/1) der Verteidigung des Beschuldigten zugestellt. Die Eingabe des Vertreters der Privatkläger vom 28. März 2014 (Urk. 36) wurde ebenfalls mit Kurzbrief vom 16. April 2014 (Urk. 43/2) der Staatsanwaltschaft zugestellt. Am 14. März 2017 wurde sodann auf den Donnerstag, 1. Juni 2017, zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 44), welche Vorladung daraufhin am 3. Mai 2017 abgenommen wurde. In der Folge wurde den Parteien mit Beschluss vom 2. Mai 2017 Frist angesetzt, um zur Frage der Verjährung Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde den Parteien Frist angesetzt, um zur Frage der Nebenfolgen Anträge zu stellen und zu begründen (Urk. 48). Mit Eingabe vom 15. Mai 2017 reichte die Verteidigung des Beschuldigten ihre Stellungnahme ein (Urk. 50). Die Anklägerin liess sich innert zweimal erstreckter Frist (Urk. 52; Urk. 54) mit Eingabe vom 4. Juli 2017 ebenfalls vernehmen (Urk. 56). Mit Präsidialverfügung vom 6. Juli 2017 wurden den Parteien Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 58), welcher Aufforderung sowohl die Verteidigung des Beschuldigten mit Eingabe vom 19. Juli 2017 (Urk. 60) als auch die Anklägerin mit Eingabe vom 19. Juli 2017 (Urk. 62) nachkamen.
Anwendbares Prozessrecht
Seit dem 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom
5. Oktober 2007 (StPO) in Kraft. Vorliegend stehen Delikte aus den Jahren 2000 und 2001 zur Beurteilung an, der vorinstanzliche Entscheid erging am
27. November 2013. Damit stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Prozessrecht.
Art. 448 der StPO bestimmt, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, grundsätzlich nach neuem Recht fortgeführt werden, wobei Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten der StPO angeordnet durchgeführt worden sind, ihre Gültigkeit behalten (vgl. Art. 448 Abs. 1 und 2 StPO). Weiter regelt Art. 454 StPO, dass für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach Inkrafttreten der StPO gefällt werden, neues Recht gilt.
Im vorliegenden Verfahren ist damit das neue Prozessrecht (StPO) anwendbar, wobei für Fragen nach der Gültigkeit von Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten der StPO vorgenommen wurden, das alte kantonale Prozessrecht, namentlich die bis Ende 2010 gültige Fassung der Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO ZH) massgebend ist.
Verjährung als Prozesshindernis
Gemäss Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO entscheidet das Berufungsgericht in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten ist, wenn die Verfahrensleitung eine Partei geltend macht, es fehlten Prozessvoraussetzungen es lägen Prozesshindernisse vor. Die Verjährung als negative Prozessvoraussetzung bzw. Prozesshindernis führt zur Einstellung des Verfahrens (E UGSTER, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StPO II, 2. Auflage, Basel 2014, Art. 403 N 6 und N 8; SCHMID, Schweizerische StPO, Praxiskommentar, Art. 403 N 9 und Art. 382 N 8).
Ausgangslage / Vorbringen der Parteien
Die Verteidigung führt in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017 zusammengefasst aus, die vorliegend zu beurteilende Tathandlung datiere vom
5. Dezember 2001, wobei nach dem zum damaligen Zeitpunkt bis zum
30. September 2002 zur Anwendung gelangten Verjährungsrecht die absolute Verfolgungsverjährung nach 15 Jahren eintrete, also mit dem 5. Dezember 2016 (Urk. 50 S. 2). Die Verjährungsfrist für die Vermögenseinziehung entspreche gemäss Art. 70 Abs. 3 StGB grundsätzlich der Verfolgungsverjährungsfrist der Anlasstat, betrage aber mindestens 7 Jahre. Das Recht zur Einziehung falle mit der Verjährung der Anlasstat (Anstiftung) dahin, weshalb die Beschlagnahme bereits aus diesem Grund aufzuheben sei. Überdies seien auch die Beschlagnahmungs- und Einziehungsentscheide der Vorinstanzen im Verfahren
gegen den Beschuldigten, wie auch im Parallelverfahren gegen D. zu
Unrecht erfolgt (Urk. 50 S. 3 f.).
Die Anklägerin macht in ihren Stellungnahmen vom 4. Juli 2017 und vom
19. Juli 2017 hingegen geltend, der Anstifter sei wie der Haupttäter zu bestrafen. Ziel des Beschuldigten habe darin bestanden, das letzte Aktivum, nämlich ein
erstklassiger Prozessanspruch gegen die C.
AG herauszulösen, welches
Unterfangen lange gedauert habe. In der Anklage sei mit dem 5. Dezember 2001 der Ausgangspunkt besagter Bemühungen um Herauslösung des letzten Aktivums beschrieben. Aus dem ganzen Prozessstoff werde klar, dass der Beschuldigte die schwer überschuldete E. Zürich (nachfolgend E. ) so lange über Wasser gehalten habe, bis er die Prozessforderung herausgelöst gehabt habe. Der Beschuldigte habe mittels seiner Anwälte über die E. als Klägerin im Zivilverfahren bis am 27. Januar 2003, dem Tag des Vergleichs mit
der C.
AG, gekämpft, wozu er ganz präzise diejenige
Konkursverschleppung benötigt habe, zu der er angestiftet habe. Die Herauslösung des letzten Aktivums, die Abtretung der Forderung gegen die
C.
AG und die Konkursverschleppung so die Anklägerin sei als
einheitlichen, vom Beschuldigten initiierten und aufrechterhaltenen Vorgang anzusehen, der frühestens am 3. März 2003, dem Tag der Rechtskraft des
Prozessvergleichs, sein Ende genommen habe. Da ab dem 1. Oktober 2002, also vor dem 3. März 2003 neues Verjährungsrecht gegolten habe, sei weder die Verfolgung der Straftat, noch die Einziehung verjährt (Urk. 56 S. 2 ff.; Urk. 62 S. 2).
Die Verteidigung wendet hiergegen in ihrer Eingabe vom 19. Juli 2017 im Wesentlichen ein, die Forderung gegen die C. AG sei durch die Abtretung
an die F.
nicht aus der E.
herausgelöst worden. Eine Einflussnahme
auf den C. -Prozessausgang sei für den Beschuldigten weder rechtlich noch tatsächlich möglich gewesen. Der Versuch der Anklägerin aus dem anklagerelevanten Sachverhalt Vorwurf der Misswirtschaft ein sozusagen kombiniertes, bis 2003 andauerndes Delikt zu konstruieren, gehe fehl. Das Gericht und die Anklägerin hätten sich an den Wortlaut der Anklageschrift vom
März 2013 zu halten und der in der Stellungnahme der Anklägerin enthaltene Versuch einer Erweiterung der Anklage um einen bis zum 3. März 2003 andauernden Sachverhalt verletze zudem den Anklagegrundsatz, weshalb er nicht zu hören sei (Urk. 60 S. 1 f.)
Gemäss Anklageschrift vom 4. März 2013 werden dem Beschuldigten unter dem Titel mehrfache Anstiftung zur Misswirtschaft zwei Tathandlungen am 31. Mai 2000 und am 5. Dezember 2001 vorgeworfen (vgl. Urk. 003000), wobei wie vorstehend ausgeführt - der Zeitpunkt der Tathandlungen gerade umstritten ist.
Fest steht damit immerhin, dass der Beschuldigte die angeklagten Tathandlungen vor der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen jüngsten Revision des Verjährungsrechts (vgl. Art. 98 StGB, Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom
21. Juni 2013 [Verlängerung der Verjährungsfristen]) und folgt man der Argumentation der Anklägerin mithin teils vor und teils nach der mit Bundesgesetz vom 5. Oktober 2001 beschlossenen grundlegenden Revision des Verjährungsrechts, in Kraft seit 1. Oktober 2002, begangen haben soll. Der Zeitpunkt der Tatbegehung ist sowohl für die Frage des anwendbaren Rechts als
auch für die Berechnung der Verjährungsfrist massgebend, weshalb dieser nachfolgend zu eruieren ist.
Zeitpunkt der Tatbegehung
Dem Beschuldigten wird in der Anklageschrift vom 4. März 2013 mehrfache Anstiftung zu Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1 i.V.m. Art. 24 StGB) zur Last gelegt. Die Anklage geht zwar zu Beginn von einem längeren Zeitraum aus (indem er vom 01.05.00 bis 10.06.03 Folgendes tat:, vgl. Urk. 003001), es werden im Weiteren aber konkret zwei Anklagekomplexe umschrieben:
Beim ersten Vorwurf soll der Beschuldigte am 31. Mai 2000 in Zürich D. dazu
bestimmt haben, im Namen und auf Rechnung der E.
Zürich
(CH-1), [Adresse], auf einem Schuldsaldo von DM 4‘630‘000.00 einen Verzugszins von 18 % p.a. zu akzeptieren, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass die E. überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei und den Konkurs hätte anmelden müssen. Unter diesen Umständen sei die Vereinbarung von 18 % Zins p.a. auf DM 4‘630‘000.00 unverhältnismässiger Aufwand und leichtsinniges Benützen von Kredit sowie Verschleudern von Vermögenswerten und arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung und der Vermögensverwaltung gewesen, was dem Beschuldigten bewusst und von ihm gewollt gewesen sei (Urk. 003001 f. Ziff. 1-3).
Beim zweiten Vorwurf soll der Beschuldigte D.
am 05.12.01 dazu bestimmt
haben, im Namen und auf Rechnung der E.
einen Schadenersatzanspruch
gegen die C. AG an die F._ Capital Ltd. abzutreten, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass die E. überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei und den Konkurs hätte anmelden müssen. Unter diesen Umständen sei die Abtretung des letzten grossen liquidierbaren Aktivums ein Verschleudern von Vermögenswerten und arg nachlässig in der Berufsausübung und Vermögensverwaltung gewesen. Der
Beschuldigte habe D.
zur Abtretung bestimmt, indem er ihn und die E.
fest im Griff gehabt habe, ihm immer noch den Eindruck einer gemeinsamen Zukunft vermittelt und ihm gesagt habe Du musst nur weitermachen, dann funktioniert es und ihm einen unterschriftenreifen Vertrag zur Unterzeichnung vorgelegt habe. Durch die
Abtretung habe die E.
ihre Überschuldung und ihre Zahlungsunfähigkeit
verschlimmert und im Bewusstsein ihrer Zahlungsunfähigkeit ihre Vermögenslage, durch die Weggabe des letzten liquidierbaren Aktivums, verschlimmert, was der Beschuldigte gewusst und gewollt habe (Urk. 003002 Ziff. 4-6).
Am 10. Juni 2003 sei durch den Konkursrichter des Bezirksgerichts Zürich über die E. der Konkurs eröffnet worden (Urk. 003003 Ziff. 7)
Damit erschöpft sich der vorliegend zur Anklage gebrachte Lebenssachverhalt in der Umschreibung von zwei Tathandlungen, wobei der Beschuldigte
gemäss dem ersten Tatvorwurf D.
am 31. Mai 2000 dazu bestimmt haben
soll, im Namen und auf Rechnung der E.
auf einem Schuldsaldo von
DM 4‘630‘000.00 einen Verzugszins von 18% p.a. zu akzeptieren, obwohl ihm
bewusst gewesen sei, dass die E.
überschuldet und zahlungsunfähig
gewesen sei und den Konkurs hätte anmelden müssen. Die zweite Tathandlung des Beschuldigten fand sodann angeblich am 5. Dezember 2001 statt, wobei die Anklage das ihm vorgeworfene motivierende Verhalten im Wesentlichen
dahingehend umschreibt, dass er D.
am 5. Dezember 2001 durch das
Vorlegen eines unterschriftenreifen Vertrags zur Abtretung einer Forderung der E. bestimmt habe.
Weitere Einzelhandlungen des Beschuldigten, die wie von der Anklägerin behauptet allenfalls im Rahmen der Erfüllung des Tatbestands der Misswirtschaft begangen wurden, können entgegen ihren Vorbringen für den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht herangezogen werden, da diese nicht Eingang in die Anklageschrift gefunden haben. So werden insbesondere die von der Anklägerin im Zusammenhang mit der Herauslösung der Prozessforderung geltend gemachten Folgehandlungen des Beschuldigten (Urk. 56 S. 2 ff.), welche angeblich bis am 3. März 2003 stattgefunden hätten, mit keinem Wort in der Anklageschrift genannt. Einzig das Datum der Konkurseröffnung über die E. wird in der Anklage erwähnt, nämlich der 10. Juni 2003 (vgl. Urk. 003003 Ziff. 7).
Damit sind sämtliche inkriminierten Tathandlungen des Beschuldigten vor dem Inkrafttreten der neuen Verjährungsbestimmungen per 1. Oktober 2002 begangen worden, womit sich übergangsrechtliche Fragen stellen.
Anwendbares Recht
Die Verfolgungsverjährung bestimmt sich grundsätzlich nach dem zur Zeit der inkriminierten Taten geltenden Recht. Mit Art. 389 StGB wird übergangsrechtlich der Grundsatz der Nichtrückwirkung des strengeren neuen Verjährungsrechts statuiert. Ist die Tat vor Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts begangen worden, so bestimmt sich die Verfolgungsverjährung nach dem alten Recht, es sei denn, dass das neue Recht für den Beschuldigten das mildere ist
(Art. 389 Abs. 1 StGB). Damit gilt der allgemeine Grundsatz der lex mitior (Art. 2 Abs. 2 StGB) auch in Bezug auf die Verfolgungsund Vollstreckungsverjährung (RIEDO, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StGB II, 3. Auflage, Basel 2013, Art. 389 N 3). Für die Bestimmung des anwendbaren Rechts ist gemäss dem lexmitior-Grundsatz neues und altes Recht integral miteinander zu vergleichen und dann das für den Täter mildere Recht anzuwenden (RIEDO, a.a.O., Art. 389 N 29).
Die Bestimmungen über die Verfolgungsverjährung wurden im Jahre 2002 umfassend revidiert und die entsprechenden Änderungen traten am 1. Oktober 2002 in Kraft. Nach der ursprünglichen bis am 30. September 2002 massgebenden - Fassung des Gesetzes waren die Verjährungsfristen kürzer (20 Jahre bei Strafdrohung mit lebenslänglichem Zuchthaus; 10 Jahre bei Gefängnis von mehr als drei Jahren Zuchthaus; fünf Jahre für andere Straftaten, vgl. Art. 70 aStGB), die Verjährung wurde dafür aber durch jede Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde Verfügung des Gerichts gegenüber dem Täter, ferner durch jede Ergreifung von Rechtsmitteln gegen einen Entscheid, unterbrochen (Art. 72 Ziff. 2 aStGB). Die Strafverfolgung verjährte jedoch in jedem Fall, sobald die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte bei Übertretungen und Ehrverletzungen um das Doppelte - überschritten war (Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 aStGB). Das revidierte Verjährungsrecht wurde seither verschiedentlich angepasst und ist gekennzeichnet durch einen eigentlichen Systemwechsel: Die Institute des Ruhens und der Unterbrechung der Verjährung wurden abgeschafft, womit auch die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Frist wegfiel. Die mit der Aufhebung von Art. 72 aStGB in der bis zum
30. September 2002 geltenden Fassung verbundene faktische Verkürzung der maximalen Verjährungsfrist wurde durch eine Verlängerung der Fristen kompensiert (vgl. Art. 70 Abs. 1 aStGB in der Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 5. Oktober 2001, in Kraft seit 1. Oktober 2002, welcher dem heutigen Art. 97 Abs. 1 StGB entspricht, vgl. RIEDO, Art. 389 N 25). Nach altem Recht musste vor Ablauf der Verjährungsfrist das letzte Sachurteil ergeben, das mit voller Kognition gefällt wurde. Nach heute geltendem Verjährungsrecht (Art. 97 Abs. 3 StGB) kann die Verfolgungsverjährung sodann nicht mehr eintreten, wenn vor Ablauf der
Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (TRECHSEL/CAPUS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, Art. 97 N 11; ZURBRÜGG, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StGB I,
3. Auflage, Basel 2013, Art. 97 N 49). Die Verjährungsvorschriften haben bei der
am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs keine inhaltliche Änderung erfahren; es wurden lediglich die für die Verjährung massgeblichen Strafarten an das neue Sanktionensystem angepasst. Auch war die Revision des Verjährungsrechts vom 21. Juli 2013 hinsichtlich des hier interessierenden Art. 97 StGB bloss redaktioneller Natur.
Konkret bedeutet dies, dass falls wie vorliegend bereits ein erstinstanzliches Urteil i.S.v. Art. 97 Abs. 3 StGB ergangen ist, sich das alte Recht als das mildere erweist (R IEDO, a.a.O., Art. 389 N 33; ZURBRÜGG, a.a.O., Art. 97 N 77). Dies weil das alte Verjährungsrecht für den Tatbestand der Misswirtschaft eine absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren vorsah (vgl. Art. 165 Ziff. 1 aStGB in Verbindung mit Art. 70 Abs. 2 aStGB und Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 aStGB in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995), welche auch nach Fällung des erstinstanzlichen Urteils am 27. November 2013 weiterlief, während die Verjährung nach neuem Verjährungsrecht nach Fällung des erstinstanzlichen Urteils nicht mehr eintreten kann (vgl. Art. 97 Abs. 3 StGB, ZURBRÜGG, a.a.O, vor Art. 97-101 N 66). Folglich ist die Frage der Verjährung nach altem Recht gemäss Art. 70-72 aStGB (in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 17. Juni 1994), welches zur Zeit der vorliegend inkriminierten Tathandlungen (seit 1. Januar 1995) in Kraft waren, zu beurteilen.
Gemäss Art. 71 aStGB beginnt die Verjährung mit dem Tag, an dem der Täter die strafbare Tätigkeit ausführt (lit. a); wenn der Täter die strafbare Tätigkeit zu verschiedenen Zeiten ausführt, mit dem Tag, an dem er die letzte Tätigkeit ausführt (lit. b); wenn das strafbare Verhalten dauert, mit dem Tag, an dem dieses Verhalten aufhört (lit. c). Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem heute geltenden Art. 98 StGB. Die Bestimmungen betreffend den Beginn der Verjährungsfrist sind über die Revisionen hinweg unverändert geblieben;
Anpassungen waren lediglich redaktioneller Natur (der Begriff der strafbaren Tätigkeit wurden durch denjenigen der strafbaren Handlung ersetzt, vgl. Art. 71 aStGB in der Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 5. Oktober 2001, in Kraft seit
1. Oktober 2002 und Art. 97 StGB).
Die Verjährungsfrist läuft also nach altem wie nach neuem Verjährungsrecht ab dem Zeitpunkt der Deliktsbegehung (R IEDO, a.a.O., Art. 389 N 28). Massgeblich ist der Zeitpunkt, an dem der Täter das ausgeführt (oder unterlassen) hat, was nach der sinngemäss ausgelegten gesetzlichen Umschreibung das strafbare Verhalten ausmacht (TRECHSEL/CAPUS, a.a.O., Art. 98 N 1 m.w.H.). Bei Handlungen (oder Unterlassungen), welche erst beim Vorliegen einer objektiven Strafbarkeitsbedingung verfolgt werden können, beginnt die Verfolgungsverjährung bereits mit dem Tag, an dem die Handlung Unterlassung begangen worden ist und nicht erst, wenn die objektive Strafbarkeitsbedingung eintritt (ZURBRÜGG, a.a.O., Art. 98 N 11). Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Anklägerin auf den Beginn der Verjährungsfrist bei einer Unterlassung (Urk. 56 S. 4), zumal eine solche ebenfalls nicht eingeklagt ist (vgl. Urk. 00300 ff.).
Betreffend den vorliegend interessierenden Tatbestand der Misswirtschaft gilt folgende Besonderheit: Wird der Tatbestand der Misswirtschaft durch mehrere Handlungen erfüllt, die in einer Gesamtheit zum Konkurs führen, findet Art. 49 Abs. 1 StGB keine Anwendung und der Täter wird vielmehr wegen einfacher Misswirtschaft verurteilt. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung umschreibt dieser Tatbestand typischerweise ein länger dauerndes Verhalten, das aus mehreren Einzelhandlungen besteht und als sog. Einheitstat angesehen wird. In Bezug auf die Verjährung werden die einzelnen Handlungen als tatbestandliche Handlungseinheit betrachtet, sodass die Verjährung mit der Ausführung der letzten Tätigkeit zu laufen beginnt (was der Regelung von Art. 71 lit. b aStGB entspricht; H AGENSTEIN, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK Strafrecht II,
3. Auflage, Basel 2013, Art. 165 N 106 f. m.w.H.; DIETER GESSLER,
Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz, Handund Studienbuch, Bern 2013, S. 491).
Bei der Anstiftung und der Gehilfenschaft beginnt die Verjährung gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts sodann erst dann zu laufen, wenn einer der Beteiligten den letzten Teilakt gesetzt hat (Z URBRÜGG, a.a.O., Art. 98 N 29 mit Verweis auf BGE 102 IV 79; BGE 96 IV 62; DONATSCH/TAG, Strafrecht I
Verbrechenslehre, 9. Auflage, Zürich 2013, S. 435).
Demnach ist für den Beginn der Verjährung vorliegend auch auf den
Tatbeitrag des angeblichen Haupttäters D.
abzustellen. Wie vorstehend
dargetan, hat der Beschuldigte seine für die Verjährung relevante letzte Tathandlung am 5. Dezember 2001 ausgeführt. Der vom Beschuldigten durch diese Anstiftungshandlung angeblich wissentlich und willentlich angestrebte Erfolg
bzw. die konkrete Tatausführung durch den Haupttäter D.
erfolgte gestützt
auf die Anklage sodann ebenfalls am 5. Dezember 2001, indem D. im
Namen und auf Rechnung der E.
einen Schadenersatzanspruch an die
F.
Capital Ltd. abgetreten habe (vgl. Urk. 003002 Ziff. 4-6). Dies erhellt
überdies auch aus den Akten, datiert die Unterschrift zur Abtretung doch vom
5. Dezember 2001, was bereits vor Vorinstanz unbestritten geblieben ist (Urk. 116051; Urk. 18 S. 15; Urk. 30 S. 19).
Damit fallen die angeklagte Anstiftungshandlung des Beschuldigten und
die Handlung des Haupttäters D.
zeitlich zusammen, womit sämtliche
Beteiligte ihren Tatbeitrag als letzten Teilakt im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts am 5. Dezember 2001 erbracht haben. Folglich wurde an diesem Tag der Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst, wobei die Frist praxisgemäss erst am Tag nach dem fristauslösenden Ereignis, am
Dezember 2001, zu laufen begonnen hat (ZURBRÜGG, a.a.O., Art. 98 N 2). Die relative Verjährungsfrist für den Tatbestand der Misswirtschaft betrug nach altem Verjährungsrecht 10 Jahre und wurde durch jede Untersuchungshandlung der Strafverfolgungsbehörde Verfügung des Gerichts gegenüber dem Beschuldigten, hingegen nicht durch die Fällung des erstinstanzlichen Urteils vom
27. November 2013, unterbrochen (Art. 165 Ziff. 1 aStGB i.V.m. Art. 70 Abs. 2 aStGB und Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB). Die absolute Verfolgungsverjährung
belief sich bei der Misswirtschaft auf 15 Jahre (vgl. Art. 165 Ziff. 1 aStGB i.V.m. Art. 70 Abs. 2 aStGB und Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 aStGB) und ist daher am
6. Dezember 2016 eingetreten.
Nach dem Gesagten sind die dem Beschuldigten gemäss Anklageschrift vom 4. März 2013 vorgeworfenen Tathandlungen der mehrfachen Anstiftung zu Misswirtschaft im jetzigen Zeitpunkt verjährt, weshalb das Verfahren einzustellen ist. Anzufügen bleibt, dass mit dieser (definitiven) Einstellung des Verfahrens auch das erstinstanzliche Urteil vom 27. November 2013 hinfällig wird (E UGSTER, a.a.O., Art. 403 N 8; SCHMID, a.a.O., Art. 403 N 9).
Nach altem, bis zum 30. September 2002 geltenden Recht verjährte das Recht zur Einziehung grundsätzlich bereits nach fünf Jahren (Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 aStGB in der Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 18. März 1994), nach dem heute geltenden Recht indessen grundsätzlich erst nach sieben Jahren (Art. 70 Abs. 3 StGB). Ist jedoch die Verfolgung der strafbaren Handlung einer längeren Verjährungsfrist unterworfen, so findet diese Frist auch auf die Einziehung Anwendung; was sowohl für das alte wie auch für das neue Recht gilt (Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 aStGB in der Fassung vom 18. März 1994). Die allgemeinen Regeln über die Verfolgungsverjährung sind insoweit analog anwendbar (BGE 133 IV 112 E. 9.2).
Da der Vorwurf der mehrfachen Anstiftung zur Misswirtschaft aufgrund der inzwischen eingetretenen Verjährung als Einziehungsgrundlage ausscheidet, ist ein allfälliger Einziehungsanspruch von Vermögenswerten gestützt auf den Vorwurf der mehrfachen Anstiftung zu Misswirtschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls verjährt. Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 31. Oktober 2006 auf dem Klientengeldkonto der
Anwaltskanzlei B.
mit der Rubrik Dr. A. bei der C. AG
beschlagnahmte Betrag von Fr. 791'020.40 (zuzüglich allfälliger Erträge) ist somit antragsgemäss zuhanden des Beschuldigten freizugeben.
Kosten der Untersuchung und des erstinstanzliche n Verfahrens
Gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Wird das Verfahren eingestellt wird die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO). Voraussetzung für die Kostenauflage ist ein prozessuales Verschulden, wobei es sich um eine den zivilrechtlichen Grundsätzen angenäherte Haftung für fehlbares Verhalten handelt. Verlangt wird die Verletzung einer geschriebenen ungeschriebenen Verhaltensnorm aus der gesamten schweizerischen Rechtsordnung. Eine Kostenauflage darf sich jedoch nur auf unbestrittene bewiesene Umstände stützen und nicht mit einer strafrechtlichen Missbilligung des Verhaltens der beschuldigten Person begründet werden. Der Überbindung von Verfahrenskosten an die beschuldigte Person bei Einstellung des Verfahrens kommt aber jedenfalls Ausnahmecharakter zu (G RIESSER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], StPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich et al. 2014, Art. 426 N 10; DOMEISEN, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StPO II, 2. Auflage, Basel 2014, Art. 426 StPO N 29 ff. m.w.H.).
Ein klar gegen eine Rechtsnorm verstossendes Verhalten ist dem Beschuldigten vorliegend nicht vorwerfoder nachweisbar, weshalb eine Kostenauflage an den Beschuldigten ausser Betracht fällt. Bei dieser Ausgangslage sind die Kosten der Untersuchung sowie des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Kosten des Berufung sverfahre ns
Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte obsiegt mit seinem Antrag auf Einstellung des Verfahrens, eventualiter Freispruch,
vollumfänglich, weshalb auch die Kosten für das Berufungsverfahren auf die Gerichtskasse zu nehmen sind.
Entschä digung des Beschuldigten
Gemäss Art. 436 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, wenn das Verfahren gegen sie eingestellt wird, Anspruch auf Entschädigung für ihre Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei hier primär die Kosten der frei gewählten Verteidigung zu ersetzen sind (S CHMID, a.a.O., Art. 429 N7). Nach Art. 429 Art. 1 lit. b StPO besteht sodann ein Entschädigungsanspruch für wirtschaftliche Einbussen, die der beschuldigten Person aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind. Die Strafbehörde prüft die Ansprüche nach Art. 429 Abs. 1 StPO von Amtes wegen (Art. 429 Abs. 2 StPO). Die Beweislast für den eingetretenen Schaden liegt jedoch beim Ansprecher (BGer Urteile 6B_251/2015 vom 24. August 2015 E.2.2.2 m.w.H.; 6B_1026/2013 vom 10. Juni
2014 E. 3.1).
Die erbetene Verteidigung des Beschuldigten stellt den Antrag (Urk. 32
S. 3; Urk. 50 S. 2), der Beschuldigte sei für seine Aufwendungen für die Ausübung seiner Verfahrensrechte in erster und zweiter Instanz, insbesondere die Verteidigungskosten, angemessen zu entschädigen. Die Verteidigung verzichtete jedoch sowohl im erstals auch im zweitinstanzlichen Verfahren darauf, ihren Entschädigungsantrag zu beziffern (Urk. 82 S. 5; Prot. II S. 5), weshalb die Entschädigung für die entstandenen Aufwendungen nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen ist (WEHRENBERG/FRANK, in: Niggli/Heer/ Wiprächtiger [Hrsg.], BSK StPO II, 2. Auflage, Basel 2014, Art. 429 N 17b).
Die Entschädigung für die anwaltliche Verteidigung bestimmt sich ebenso wie die Entschädigung eines erbetenen Verteidigers - nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (Anwaltsgebührenverordnung; LS 215.3; nachfolgend AnwGebV). Gemäss § 1 Abs. 2 AnwGebV setzt sich die Entschädigung aus der Gebühr und den notwendigen Auslagen zusammen. Im
Vorverfahren bemisst sich die Gebühr nach dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung (§ 16 Abs. 1 AnwGebV), wobei die Honoraransätze gemäss § 3 AnwGebV gelten. Die Gebühr für die Führung eines Strafprozesses (einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrages und Teilnahme an der Hauptverhandlung) beträgt im Bereich der Zuständigkeit des Einzelgerichts in der Regel zwischen Fr. 600.bis Fr. 8'000.-. Zur Grundgebühr werden für weitere Verhandlungen bzw. Verhandlungstage und weitere notwendige Rechtsschriften Zuschläge berechnet (§ 17 Abs. 2 AnwGebV). Diese Ansätze gelten auch im Berufungsverfahren, wobei zu berücksichtigen ist, ob das vorinstanzliche Urteil ganz nur teilweise angefochten wurde (§ 18 Abs. 1 AnwGebV). Zu entschädigen sind ferner auch notwendige Auslagen (§ 22 Abs. 1 AnwGebV).
Aus den Verfahrensakten ergeben sich folgende Eckdaten: Am
22. September 2003 erstattete der Beschuldigte Strafanzeige bei der
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen D.
(Urk. 103000 ff.;
Urk. 103004 ff.). Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Wirtschaftsdelikte, vom 17. Januar 2005 wurde sodann eine Strafuntersuchung betreffend Vermögensdelikte / Konkursdelikte gegen den Beschuldigten eröffnet (Urk. 101000). In der Folge erklärte Rechtsanwalt lic. iur. X1. mit Schreiben vom 31. Januar 2005, den Beschuldigten betreffend die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 17. Januar 2005 eröffnete Strafuntersuchung zu verteidigen (Urk. 105001). Am 15. Juni 2005 wurde der
Beschuldigte in Anwesenheit von Rechtsanwalt X1.
von der Staatsan-
waltschaft einvernommen (Urk. 116000) und nahm gleichentags in Anwesenheit
seines Verteidigers an der Befragung von D. (Urk. 116017). Nachdem Rechtsanwalt X1.
als Auskunftsperson teil seine Tätigkeit als
Strafverteidiger Ende 2009 beendet hatte, erklärte der heutige Verteidiger des
Beschuldigten, Rechtsanwalt Dr. iur. X. , mit Eingabe vom 4. Februar 2010, vom Beschuldigten mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt worden zu sein und diesen im weiteren Verfahren zu vertreten (Urk. 105019). Am 9. November
2012 wurde D.
in Gegenwart der Verteidigung des Beschuldigten als
Auskunftsperson einvernommen, wobei der Beschuldigte selbst auf eine
persönliche Teilnahme verzichtete (Urk. 116027). Am 6. Februar 2013 wurde der Beschuldigte sodann rechtshilfeweise von der Staatsanwaltschaft Bonn in
Gegenwart von Rechtsanwalt Dr. X2.
einvernommen (Urk. 116058). Mit
Anklageschrift vom 4. März 2013 wurde daraufhin am 20. März 2013 bei der Vorinstanz Anklage erhoben (Urk. 003000).
Nebst den genannten Einvernahmen lassen sich den Untersuchungsakten Angaben zu diversen Korrespondenzen der Verteidigung des Beschuldigten mit der Anklägerin entnehmen (vgl. insbesondere Urk. 105000 ff.), für welche Aufwendungen, ebenso wie für das Aktenstudium, Besprechungen mit dem Beschuldigten und allfällige weitere Aufwendungen im Vorverfahren eine Entschädigung zuzusprechen ist. Mangels eingereichter Belege bzw. Honorarnoten sind weder der Zeitaufwand für die genannten Aufwendungen noch die allenfalls unterschiedlichen - Stundenansätze der Verteidiger des Beschuldigten bekannt, weshalb die Entschädigung zu schätzen ist. Die Verteidigung hatte sowohl im vorinstanzlichen wie auch im vorliegenden Berufungsverfahren hinreichend Gelegenheit, detaillierte Honorarnoten (mit ersichtlichem Zeitaufwand) einzureichen, was jedoch nicht geschehen ist. Angesichts der Bedeutung bzw. der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falles sowie aufgrund des Aktenumfanges ist für das Vorverfahren eine Prozessentschädigung von pauschal Fr. 20'000.festzusetzen.
Die Aufwendungen nach Anklageerhebung vom 20. März 2013 sind wie erwähnt im Rahmen der Pauschalgebühr gemäss § 17 AnwGebV (Fr. 600.bis Fr. 8'000.-), welche die Vorbereitung des Parteivortrags und die Teilnahme an der Hauptverhandlung beinhaltet, zu entschädigen. In Anbetracht der Bedeutung und relativen Komplexität des Falles, wobei auch im vorinstanzlichen Verfahren von einem erheblichen Aufwand auszugehen ist, erscheint eine Entschädigung im oberen Bereich des Gebührenrahmes in der Höhe von Fr. 6'000.angemessen. Zuschlagsrelevante Aufwendungen sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. § 17 Abs. 2 AnwGebV).
Sodann ist die Höhe der Kosten der Verteidigung im Berufungsverfahren grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln zu bemessen, wobei auch der Umfang der Berufung zu berücksichtigen ist (§18 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Die Verteidigung des Beschuldigten reichte am 17. März 2014 die Berufungserklärung ein, worin sie das vorinstanzliche Urteil vom 27. November 2013 vollumfänglich angefochten hat (vgl. Urk. 32). Gegenstand des Berufungsverfahrens bildeten daher zu Beginn noch sämtliche Punkte des vorinstanzlichen Urteils, jedoch erfolgte die Abnahme der Vorladungen zur Berufungsverhandlung vom 1. Juni 2017 bereits einen Monat davor (Urk. 47), weshalb der Verteidigung Aufwendungen für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung sowie für die Ausarbeitung eines Parteivortrages (bzw. des Plädoyers), welche Positionen in der Gebühr gemäss § 17 Abs. 1 AnwGebV ausdrücklich eingeschlossen sind, höchstens teilweise anfielen. Nachdem den Parteien daraufhin Frist angesetzt wurde, um zur Frage der Verjährung Stellung zu nehmen und zu den Nebenfolgen Anträge zu stellen und zu begründen (Urk. 48), reichte die Verteidigung zwei entsprechende Eingaben ein (vgl. Urk. 50; Urk. 60). Unter diesen Umständen erweist es sich als angemessen, dem Beschuldigten für Aufwendungen im Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'000.zuzusprechen.
Zusammengefasst ist dem Beschuldigten für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung für anwaltliche Verteidigung von Fr. 29'000.aus der Gerichtskasse zuzusprechen. In diesem Betrag sind Barauslagen, jedoch keine Mehrwertsteuer enthalten, da aufgrund des ausländischen Wohnsitzes des Beschuldigten in Bezug auf die Leistung seiner Verteidigung von einem steuerbefreiten Dienstleistungsexport auszugehen ist (vgl. Art. 8 Abs. 1 sowie Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer
[MWSTG, SR 641.20]; WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., Art. 429 N 17).
Schliesslich ist dem Beschuldigten für entstandene Reisekosten aufgrund der im Rahmen des Strafverfahrens durchgeführten Einvernahmen eine persönliche Umtriebsentschädigung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO
zuzusprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er für die Einvernahmen jeweils aus Deutschland anreisen musste (zwei am gleichen Tag erfolgte Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft [Urk. 116000; Urk. 116017] sowie eine Befragung vor Vorinstanz [Urk. 18]). Es rechtfertigt sich, dem Beschuldigten pro Termin eine Pauschale von Fr. 250.zuzusprechen, somit für zwei Termine Fr. 500.-.
Es wird beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom
31. Oktober 2006 auf dem Klientengeldkonto der Anwaltskanzlei B.
mit der Rubrik Dr. A. bei der C.
AG beschlagnahmte Betrag
von Fr. 791'020.40 (zuzüglich allfälliger Erträge) wird zuhanden des Beschuldigten freigegeben.
Die Kosten der Untersuchung sowie des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.
Dem Beschuldigten wird für das gesamte Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 29'000.aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Dem Beschuldigten wird eine persönliche Umtriebsentschädigung von Fr. 500.aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich
die Vertretung der Privatkläger vierfach für sich und zuhanden der Privatkläger G. , H. und I.
sowie nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist resp. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die C. AG, [Adresse] (im Dispositivauszug gemäss Ziff. 2)
die Anwaltskanzlei B1. AG, [Adresse] (im Dispositivauszug gemäss Ziff. 2)
die Koordinationsstelle VOSTRA mit dem Vermerk Einstellung zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 31.
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Zürich, 31. Oktober 2017
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Konrad
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.