E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB130516: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte A. wurde wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand und Fahrens ohne Berechtigung schuldig gesprochen. Die Vorinstanz verhängte eine Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe, die jedoch aufgrund der vorherigen Strafen auf 16 Monate reduziert wurde. Der Beschuldigte wurde in eine stationäre Massnahme zurückversetzt. Die Gerichtskosten von CHF 3'000 wurden dem Beschuldigten auferlegt. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf ein Rechtsmittel, daher blieb die Gesamtstrafe bei 18 Monaten Freiheitsstrafe.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB130516

Kanton:ZH
Fallnummer:SB130516
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB130516 vom 21.03.2014 (ZH)
Datum:21.03.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fahren in fahrunfähigem Zustand etc. und Widerruf
Schlagwörter : Beschuldigte; Massnahme; Beschuldigten; Urteil; Freiheitsstrafe; Winterthur; Gesamtstrafe; Berufung; Vorinstanz; Staatsanwalt; Dispositiv; Staatsanwaltschaft; Verteidigung; Delikt; Zustand; Gericht; Sinne; Recht; Vorstrafen; Fahrens; Urteils; Winterthur/Unterland; Bezirksgerichts; Vollzug; Delikte; Massnahmevollzug; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 100 SVG ;Art. 135 StPO ;Art. 22 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 391 StPO ;Art. 425 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 46 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 57 StGB ;Art. 60 StGB ;Art. 62a StGB ;Art. 91 SVG ;
Referenz BGE:116 IV 300; 122 IV 49; 135 IV 146; 136 IV 55;
Kommentar:
Niklaus Schmid, Praxis, 2.A., Zürich, Art. 10 StPO, 2013

Entscheid des Kantongerichts SB130516

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr. SB130516-O/U/gs

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, und lic. iur. Ruggli, Ersatzoberrichterin lic. iur. Bertschi sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Mondgenast

Urteil vom 21. März 2014

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Staatsanwalt lic. iur. M. Wyss

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend Fahren in fahrunfähigem Zustand etc. und Widerruf Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur

vom 11. September 2013 (DG130039)

Anklage

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 21. Juni 2013 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 27).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG (qualifizierte Blutalkoholkonzentration) sowie

    • des Fahrens ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG.

  2. Die mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 11. November 2011 ausgefällte Freiheitsstrafe von 10 Monaten sowie die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 28. Februar 2012 ausgefällte Freiheitsstrafe von 6 Monaten werden widerrufen.

  3. Der Beschuldigte wird unter Einbezug der widerrufenen Strafen bestraft mit 18 Monaten Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe.

    Über die Anrechnung des bisher erfolgten Massnahmevollzuges wird bei Abschluss der Massnahme gemäss Ziffer 4 zu befinden sein.

  4. Die mit Verfügung des Amtes für Justizvollzug vom 22. August 2012 gewährte bedingte Entlassung aus der mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 11. November 2011 angeordneten stationären Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB wird widerrufen. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der stationären Massnahme rückversetzt und die heute ausgesprochene Gesamtstrafe zu Gunsten dieser Massnahme aufgeschoben.

    Es wird vorgemerkt, dass der Beschuldigte die Massnahme sofort anzutreten wünscht.

  5. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf

    Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

  6. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt, diejenigen der amtlichen Verteidigung indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.

Berufungsanträge

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 53 S. 1)

    1. Der Beschuldigte sei des fahrlässigen Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG Satz 2 in Verbindung mit Art. 100 SVG schuldig zu sprechen.

    2. Der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten als Gesamtstrafe zu bestrafen, welche Strafe zu vollziehen sei.

    3. Dispositiv-Ziffer 4 des vorinstanzlichen Urteils sei ohne den Zusatz: Es wird vorgemerkt, dass der Beschuldigte die Massnahme sofort anzutreten wünscht, als in Rechtskraft getreten zu bestätigen.

    4. Die Verfahrenskosten des vorinstanzlichen Entscheides seien mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung dem Beschuldigten aufzuerlegen, jedoch sofort definitiv abzuschreiben.

    5. Die Verfahrenskosten des obergerichtlichen Verfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland: (Urk. 47, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

I.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 11. September 2013 wurde der Beschuldigte wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand etc. unter Einbezug zweier widerrufener Strafen mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten als Gesamtstrafe bestraft, welche zugunsten der Rückversetzung in eine stationäre Massnahme aufgeschoben wurde. Der Beschuldigte meldete mit Eingabe vom

  1. September 2013 Berufung an (Urk. 34). Nach Erhalt des begründeten Urteils ging fristgerecht auch die Berufungserklärung ein (Urk. 44). Mittels Präsidialverfügung vom 19. Dezember 2013 wurde diese der Staatsanwaltschaft zugestellt (Urk. 45). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 47).

    Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung. Die nicht von der Berufung erfassten Punkte erwachsen in Rechtskraft (SCHMID, StPO Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, Art. 402 N 1; Art. 437 StPO).

    Der Beschuldigte beantragte in seiner Berufungserklärung, das Dispositiv der Vorinstanz sei bezüglich der fahrlässigen Tatbegehung zu ergänzen, die Gesamtstrafe sei zu reduzieren, der bisher erfolgte Massnahmevollzug sei an die Gesamtstrafe anzurechnen, die Vormerkung des sofortigen Massnahmeantritts sei aus dem Dispositiv zu entfernen und die Kosten seien definitiv abzuschreiben (Urk. 44). Damit ist festzustellen, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur

    vom 11. September 2013 bezüglich Dispositivziffern 1 teilweise (Schuldspruch betreffend des Fahrens ohne Berechtigung) und 5 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

    Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 14. März 2014, von welcher die Staatsanwaltschaft dispensiert wurde (Urk. 47), liess der Beschuldigte die eingangs erwähnten Anträge stellen. Beweisanträge wurden keine gestellt.

    II.
    1. Der eingeklagte Sachverhalt ist in Übereinstimmung mit der Schlussfolgerung der Vorinstanz als rechtsgenügend erstellt zu betrachten und im Übrigen vom Beschuldigten unbestritten geblieben.

    2. Der Beschuldigte macht geltend, die Vorinstanz sei in Erwägung 3.3. des Urteils vom 11. September 2013 zutreffend von einer fahrlässigen Tatbegehung ausgegangen, im Dispositiv sei dies jedoch nicht so wiedergegeben, weshalb dadurch Bundesrecht verletzt worden sei. Art. 81 Abs. 4 lit. a StPO schreibe zwingend die Angabe über die angewendeten Gesetzesbestimmungen ins Dispositiv vor, da nur dieses in Rechtskraft erwachse (Urk. 44 S. 2).

      Die Vorinstanz legte dem Beschuldigten in ihrer Begründung ein fahrlässiges Verhalten zur Last und fügte an, dass die fahrlässige Begehung des Fahrens in fahrunfähigem Zustand gemäss Art. 100 Ziff. 1 SVG ebenfalls strafbar sei, weshalb der Beschuldigte in diesem Sinne schuldig zu sprechen sei (Urk. 42

      S. 7). Unter Dispositivziffer 1 des vorinstanzlichen Urteils wurde der Beschuldigte des Fahrens in fahrunfähigem Zustand gemäss Art. 91 Abs. 1 aSVG schuldig gesprochen.

      Das Dispositiv bringt das Ergebnis des Entscheids, d.h. die Anordnung der im streitigen Fall geltenden Rechtsfolgen, zum Ausdruck. Im Falle einer Verurteilung sind diejenigen Strafbestimmungen anzugeben, welche Grundlage des Urteils bilden (STOHNER, in: Niggli/Wiprächtiger, Basler Kommentar Strafrecht I,

    3. Aufl., Basel 2013, Art. 81 N 19 f.). Art. 100 Abs. 1 SVG äussert sich zur Straf-

barkeit der fahrlässigen Begehung der Delikte nach SVG, die stets gegeben sei, wo das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimme. Diese Regelung stellt jedoch selbst keine Strafbestimmung dar und ist deshalb nicht zwingend im Dispositiv anzugeben (SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts

  1. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, N 1268 FN 160). Entgegen der Ansicht der Verteidigung genügt die alleinige Nennung von Art. 91 Abs. 1 aSVG den Anforderungen von Art. 81 Abs. 4 lit. a StPO, es spricht aber auch nichts dagegen, das Delikt zu konkretisieren.

    III.
    1. Begeht der bedingt Entlassene während der Probezeit eine Straftat, so kann das für die Beurteilung der neuen Tat zuständige Gericht nach Anhörung der Vollzugsbehörde die Rückversetzung anordnen (Art. 62a Abs. 1 lit. a StGB). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte (Urk. 42 S. 8), sind die Voraussetzungen für die Rückversetzung des Beschuldigten in den Massnahmevollzug nach Art. 62a Abs. 1 lit. a StGB erfüllt; dies blieb auch von der Verteidigung unbestritten. Der Beschuldigte ist somit in den Vollzug der stationären Massnahme gemäss Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 11. November 2011 zurückzuversetzen.

    2. Sind auf Grund der neuen Straftat die Voraussetzungen für eine unbedingte Freiheitsstrafe erfüllt und trifft diese mit einer zu Gunsten der Massnahme aufgeschobenen Freiheitsstrafe zusammen, so spricht das Gericht in Anwendung von Art. 49 StGB eine Gesamtstrafe aus (Art. 62a Abs. 2 StGB). Mit der Bildung einer Gesamtstrafe soll verhindert werden, dass sich verschiedene kurze Strafen ansammeln, deren kumulierter Vollzug nach einer bestimmten Zeit unter spezialpräventiven Gesichtspunkten fragwürdig sein kann. Das Gericht hat bei der Gesamtstrafenbildung aus einer aus dem Massnahmevollzug resultierenden Reststrafe und einer für neue Delikte auszusprechenden Freiheitsstrafe stets von derjenigen Strafe als Einsatzstrafe auszugehen, die es für die während der Probezeit neu verübte Straftat nach den Strafzumessungsgrundsätzen von Art. 47 ff. StGB ausfällt. Die für die neuen Straftaten ausgefällte Freiheitsstrafe bildet als

Einsatzstrafe die Grundlage der Asperation. Das Gericht hat diese folglich mit Blick auf den Vorstrafenrest angemessen zu erhöhen (HEER, a.a.O., Art. 62a N 35; BGE 135 IV 146).

Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom

11. November 2011 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten und mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 28. Februar 2012 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Beide Strafen wurden zu Gunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben. Mit Verfügung vom

22. August 2012 wurde der Beschuldigte per 30. August 2012 aus der Massnahme bedingt entlassen, unter Ansetzung einer Probezeit von einem Jahr

(Urk. 14/5). Während der Probezeit verübte er die vorliegend zu beurteilenden Delikte. Aufgrund dieser einschlägigen Vorstrafen ist dem Beschuldigten eine schlechte Legalprognose zu stellen, weshalb für die neuen Delikte eine unbedingte Freiheitsstrafe auszusprechen ist. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sind die Vorstrafen nicht zu widerrufen, da beide unbedingt ausgesprochen wurden

(Art. 46 Abs. 1 StGB).

Der vom 15. März 2012 (Eintritt ins Kantonsspital Winterthur) bis zum

  1. August 2012 (bedingte Entlassung aus der Klinik) erfolgte Massnahmevollzug von 168 Tagen ist auf die genannten Vorstrafen, welche gesamthaft

    16 Monate Freiheitsstrafe betragen, anzurechnen. Mit der sich daraus ergebenden Reststrafe von rund 10 ½ Monaten sowie den zu beurteilenden neuen Delikten ist in Anwendung von Art. 49 StGB eine Gesamtstrafe auszufällen, wobei dabei die neuen Delikte die Einsatzstrafe bilden, welche mit dem Strafrest der Vorstrafen zu asperieren ist.

    Als neue Delikte sind das Fahren in fahrunfähigem Zustand bei qualifizierter Blutalkoholkonzentration nach Art. 91 Abs. 1 aSVG und das Fahren ohne Berechtigung nach Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG zu beurteilen. Beide werden mit einer Freiheitsstrafe von bis drei Jahren mit einer Geldstrafe bestraft. Vorliegend ist vom Fahren in fahrunfähigem Zustand gemäss Art. 91 Abs. 1 aSVG als schwerstem Delikt auszugehen, auch wenn dieses fahrlässig begangen wurde. Der ordentliche Strafrahmen ist trotz Vorliegens allfälliger Strafschärfungsund Strafmilderungsgründe nur zu erweitern, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angeordnete Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu mild erscheint. Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldensbzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Rahmens dem Rechtsempfinden widerspräche (Art. 48, Art. 48a, Art. 49 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, Art. 22 Abs. 1 StGB;

    BGE 136 IV 55 Erw. 5. 8; Urteil des Bundesgerichts vom 30. Januar 2012, 6B_475/2011, Erw. 1.4. 4). Das Gericht ist indessen verpflichtet, Strafschärfungsgründe zumindest straferhöhend und Strafmilderungsgründe zumindest strafmindernd im Rahmen des ordentlichen Strafrahmens zu berücksichtigen (BGE 116 IV 300 Erw. 2. a). Aussergewöhnliche Umstände, welche zum Verlassen des ordentlichen Strafrahmens führen würden, liegen vorliegend keine vor. Aufgrund der Deliktsmehrheit ist die Strafe innerhalb des Strafrahmens angemessen zu erhöhen (Art. 49 Abs. 1 StGB).

    Das geschützte Rechtsgut von Art. 91 aSVG ist die Sicherheit im Strassenverkehr. Die Fahrt des Beschuldigten in stark alkoholisiertem Zustand erfolgte an einem Samstagnachmittag um ca. 14.30 Uhr und sollte innerorts durch Strassen mit vielen Kreuzungen führen (Urk. 1; Urk. 53 S. 5). An diesem Wochentag befinden sich zu dieser Tageszeit relativ viele Verkehrsteilnehmer auf der Strasse, welche durch das Verhalten des Beschuldigten erheblich gefährdet wurden; allerdings war die zu fahren beabsichtigte Strecke kurz. Für die Fahrt des Beschuldigten gab es jedoch keinen wichtigen Grund. Er wollte einen bestellten Rasenmäher abholen, welchen er auch später durch Bekannte hätte abholen lassen kön- nen. Das objektive Tatverschulden wiegt keinesfalls leicht.

    In subjektiver Hinsicht lässt sich zwar nicht vorsätzliches Verhalten nachweisen. Wer aber, wie der Beschuldigte, in der Nacht zuvor weit über einen Liter Rotwein trinkt und dann am nächsten Tag fährt, handelt zumindest grobfahrlässig. Die Blutalkoholkonzentration des Beschuldigten bei Tatbegehung betrug zwischen 1,51 Promille und 1,90 Promille, wobei hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit zu seinen Gunsten vom festgestellten Maximalwert auszugehen ist

    (Urk. 11). Gemäss Rechtsprechung liegt bei einer Blutalkoholkonzentration von unter 2 Promille in der Regel keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit vor (BGE 122 IV 49; vgl. auch PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar Strassenverkehrsgesetz, Zürich/St. Gallen 2011, Art. 91 N 24). Beim Beschuldigten ist jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass er langjähriger Alkoholiker ist, weshalb ihm eine leichte Verminderung der Schuldfähigkeit zuzubilligen ist. Hinzu kommt, dass er sich im Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt in einer sehr schwierigen persönlichen Situation befand (Prot. II S. 14). Das objektive Tatverschulden wird durch das subjektive Tatverschulden leicht relativiert.

    Insgesamt wiegt das Verschulden des Beschuldigten nicht mehr leicht, weshalb eine hypothetische Einsatzstrafe von 4 Monaten Freiheitsstrafe als angemessen erscheint.

    Zu den Täterkomponenten kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 44 S. 11 f.). Leicht strafmindernd sind die schwierige Kindheit, das Vorleben aufgrund der bestehenden Alkoholproblematik und deren Zusammenhang mit den vorliegenden Taten zu berücksichtigen sowie die Einsicht des Beschuldigten in das Unrecht seiner Tat (Prot. II S. 16). Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt dagegen nicht vor. Stark straferhöhend fallen demgegenüber die einschlägigen Vorstrafen aus den Jahren 2011 und 2012 ins Gewicht (Urk. 23/2), ebenso das Delinquieren während laufender Probezeit nach der bedingten Entlassung aus dem Massnahmenvollzug. Ausserdem weist der Beschuldigte einen stark getrübten automobilistischen Leumund auf.

    Die Straferhöhungsgründe überwiegen deutlich und führen zu einer Anhebung der Einsatzstrafe für das Fahren in fahrunfähigem Zustand auf 6 Monate.

    Als zweites Delikt ist das Fahren ohne Berechtigung nach Art. 95 Ziff. 1 lit. b SVG zu sanktionieren. Auch bei diesem Tatbestand geht es um die Sicherheit im Strassenverkehr; bezüglich der Gefährdung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Der Beschuldigte war sich des Fahrverbots bewusst, wobei aufgrund seiner einschlägigen Vorstrafen (Urk. 23/2) von einer erheblichen Uneinsichtigkeit auszugehen ist. Bei diesem Delikt ist dem Beschuldigten ebenfalls krankheitsbedingt eine leichte Verminderung der Schuldfähigkeit zuzubilligen.

    Aus der Täterkomponente ergeben sich für diese Tat keine neuen Aspekte. Das Geständnis des Beschuldigten ist nur marginal Strafmindernd zu berücksichtigen, da der Nachweis ohnehin hätte erbracht werden können. Straferhöhend fallen auch hier die beiden einschlägigen Vorstrafen ins Gewicht.

    Die hypothetische Einsatzstrafe für das Fahren in fahrunfähigem Zustand ist aufgrund des Zusatzdelikts unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB um 2 Monate auf 8 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.

    In Anwendung von Art. 62a Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 49 StGB ist diese verschuldensangemessene Strafe mit Blick auf den Vorstrafenrest von 10 ½ Monaten nochmals angemessen zu asperieren, weshalb die Gesamtstrafe auf 16 Monaten Freiheitsstrafe festzusetzen wäre.

    1. Nachdem die Staatsanwaltschaft auf ein Rechtsmittel verzichtet hat, untersagt es das Verbot der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO), das vorinstanzliche Urteil zum Nachteil des Beschuldigten abzuändern. Die Vorinstanz bestrafte den Beschuldigten unter Einbezug der widerrufenen Strafen was nicht richtig ist mit einer Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe. Um die ausgefällten Strafen zu vergleichen, ist die Gesamtstrafe von 16 Monaten Freiheitsstrafe der (unrichtigen) Bemessungsart der Vorinstanz anzugleichen, weshalb der Strafanteil von 5 ½ Monaten für die neuen Delikte (16 Monate minus 10 ½ Monate Vorstrafenrest) wieder hinzuzurechnen ist. Dadurch resultiert eine Gesamtstrafe von 21 ½ Monaten und es zeigt sich, dass die von der Vorinstanz ausgefällte Gesamtstrafe milder ist. Aufgrund des Verschlechterungsverbots ist der Beschuldigte deshalb mit einer Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe zu bestrafen.

    2. Die Rückversetzung in eine Massnahme nach Art. 62a StGB geht einer zugleich ausgesprochenen Gesamtstrafe voraus (Art. 57 Abs. 2 StGB), weshalb die Freiheitsstrafe von 18 Monaten zu Gunsten der Rückversetzung in die stationäre Massnahme aufzuschieben ist.

    3. Die Verteidigung moniert, die Vormerkung des Wunsches des Beschuldigten bezüglich des sofortigen Massnahmeantritts gehöre nicht ins Dispositiv. Der Beschuldigte habe weder vor Staatsanwaltschaft noch anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung zu einem sofortigen Massnahmeantritt Stellung nehmen können. Aus der Massnahmewilligkeit des Beschuldigten habe die Vorinstanz Dringlichkeit abgeleitet. Weil der Beschuldigte nicht zum Zeitpunkt des Massnahmeantritts angehört worden sei, habe die Vorinstanz sein rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV verletzt (Urk. 44 S. 2 f.).

Den sofortigen Antritt der Massnahme als Vormerk ins Dispositiv aufzunehmen zumindest im Protokoll festzuhalten, entspricht gängiger Praxis. Soweit der Beschuldigte jedoch vorbringt, er habe einen sofortigen Antritt nicht gewünscht, ist auf seine Aussagen abzustellen. Der Beschuldigte bestätigte anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, er sei willens, wirklich etwas zu machen. Er habe den Eindruck, dass er in B. viel zu früh entlassen und ins kalte Wasser geworfen worden sei (Prot. I. S. 15 und 19). Gemäss seinem Verteidiger habe er nach seiner Entlassung aus B. zusammen mit Frau C. vom Amt für Justizvollzug weitere Therapiestationen vor Ort angeschaut. Der Beschuldigte sei auch heute noch massnahmewillig (Urk. 32/2 S. 7 f.). Auch bei der Staatsanwaltschaft stimmte der Beschuldigte einer Rückversetzung in den Massnahmevollzug zu (Urk. 4 S. 7). Unbestritten ist demnach, dass der Beschuldigte massnahmewillig ist. Aus den Akten ergibt sich jedoch nicht, dass er die Massnahme sofort anzutreten wünscht gewünscht hat. Auch anlässlich der Berufungsverhandlung äusserte sich der Beschuldigte nicht in diesem Sinne (Prot. II

  1. 16). Die Vormerkung unter Dispositivziffer 4 des vorinstanzlichen Urteils ist somit nicht zu bestätigen.

    IV.
    1. Erstinstanzliches Verfahren

      Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten ausgangsgemäss die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens auferlegt. Der Beschuldigte beantragt, diese Kosten seien infolge Uneinbringlichkeit definitiv abzuschreiben (Urk. 32/2 S. 8). Weiter moniert er, die Vorinstanz habe sich nicht einmal ansatzweise mit diesem Antrag auseinandergesetzt, weshalb sein rechtliches Gehör verletzt worden sei (Urk. 53 S. 12).

      Gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO sind die Kosten dem verurteilten Beschuldigten aufzuerlegen. Zurzeit sind die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten knapp; er wird von den Sozialen Diensten der Stadt Winterthur monatlich mit Fr. 1'986.- unterstützt, wobei die Krankenkassenprämien zusätzlich direkt bezahlt werden. Für seine 50 % Arbeitstätigkeit beim von der Stadt Winterthur betriebenen D. erhält er zudem monatlich Fr. 300.-. Unterstützungspflichten hat er keine. Er wohnt im Haus seiner Mutter, wofür er monatlich Fr. 1'000.für die Miete überweist (Prot. II S. 11 f.; Urk. 48). Eine Verbesserung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit nach erfolgreichem Abschluss der Massnahme ist jedoch keineswegs ausgeschlossen. So führte der Beschuldigte in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung aus, er denke, dass er wieder eine vernünftige Anstellung finden werde, weil er auf seinem Job nicht ganz schlecht sei (Prot. I S. 14). Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte er, weiterhin ein normales Anstellungsverhältnis im ersten Arbeitsmarkt zu suchen, wobei er bei den Bewerbungen Hilfe erhalte (Prot. II S. 13). Eine Stundung ein Erlass der Verfahrenskosten gestützt auf Art. 425 StPO bereits im heutigen Zeitpunkt erscheint daher als nicht angezeigt. Dies kann auch noch später, im Rahmen der Urteilsvollstreckung, von der Vollzugsbehörde gewährt werden.

      gen.

      Die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffer 6) ist deshalb zu bestäti-

    2. Berufungsverfahren

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt grösstenteils mit seiner Berufung. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens, ohne diejenigen der amtlichen Verteidigung, somit dem Beschuldigten aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht im Sinne von Art. 135 Abs. 4 StPO.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom

    11. September 2013 bezüglich Dispositivziffern 1 (Schuldspruch betreffend des Fahrens ohne Berechtigung) sowie 5 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig des (fahrlässigen) Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 aSVG (qualifizierte Blutalkoholkonzentration).

  2. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der stationären Massnahme im Sinne von Art. 60 StGB gemäss Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 11. November 2011 rückversetzt.

  3. Der Beschuldigte wird mit 18 Monaten Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe im Sinne von Art. 62a Abs. 2 StGB bestraft.

  4. Diese Gesamtstrafe wird zum Zweck des Massnahmevollzugs aufgeschoben.

  5. Die erstinstanzliche Kostenauflage (Ziffer 6) wird bestätigt.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 3'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 3'330.30 amtliche Verteidigung.

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens, ausgenommen derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen, wobei die Rückzahlungspflicht vorbehalten bleibt.

  8. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz (unter Beilage der Akten, sowie zur Ablage in ProzessNr. GG110063-K)

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste, mit Vermerk der Rechtskraft

    • das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Abteilung Administrativmassnahmen, Richterliche Fahrverbote, 8090 Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A und Formular B

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Aktenzeichen B- 6/2012/27.

  9. Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 21. März 2014

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Mondgenast

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.