Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB120499 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 23.04.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | rechtswidrige Einreise etc. |
Zusammenfassung : | Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall zwischen einer Firma (AG) als Beklagter und einer Person als Kläger ein Urteil gefällt. Die Beklagte wurde dazu verurteilt, dem Kläger CHF 17'300.- plus Zinsen zu zahlen. Die Gerichtskosten wurden der Beklagten auferlegt. Die Beklagte erhob Berufung gegen das Urteil, argumentierte aber hauptsächlich bezüglich der Aktivlegitimation des Klägers. Das Gericht entschied, dass der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert sei, da das Werkvertragsverhältnis auf eine andere Firma übertragen wurde. Die Klage wurde abgewiesen, und die Kosten wurden dem Kläger auferlegt. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Einreise; Schweiz; Vorinstanz; Einreisesperre; Urteil; Sinne; Verfahren; Beizugsakten; Berufung; Freiheitsstrafe; Deutschland; Verfahren; Zechprellerei; Busse; Hotel; Konsumation; Schuldfähigkeit; Einreiseverbot; Recht; Einsicht; Staatsanwalt; Verhalten; Staatsanwaltschaft |
Rechtsnorm: | Art. 10 StGB ; Art. 12 StGB ; Art. 149 StGB ; Art. 19 StGB ; Art. 20 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 425 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 55 VwVG ; Art. 78 StPO ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 116 II 406; 121 IV 264; 123 IV 119; 127 I 54; 75 IV 16; |
Kommentar: | Waldmann, Uhlmann, Weissenberger, Praxis zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich, Art. 34 VwVG, 2009 Schweizer, Trechsel, Praxis, Zürich, St. Gallen , Art. 20 StGB, 2008 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB120499-O/U/rc
Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, und lic.iur. et phil. Glur, Ersatzoberrichterin lic.iur. Affolter sowie der Gerichtsschreiber lic.iur. Hafner
Urteil vom 23. April 2013
in Sachen
Beschuldigte und Berufungsklägerin
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
betreffend rechtswidrige Einreise etc.
Anklage:
Der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 22. Mai 2012 (Urk. 12) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Die Beschuldigte ist schuldig
der rechtswidrigen Einreise im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG,
der geringfügigen Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB i.V.m.
Art. 172ter Abs. 1 StGB.
Die Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 120 Tagen, wovon 94 Tage durch Haft erstanden sind, und einer Busse von Fr. 100.-.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird nicht aufgeschoben. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt die Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Verfahrenskosten werden der Beschuldigten erlassen und auf die Staatskasse genommen.
Der Beschuldigten wird keine Entschädigung und Genugtuung zugesprochen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung der Beschuldigten: (Urk. 66 S. 1)
Die Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen.
Die Kosten des Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen, und die Beschuldigte sei angemessen zu entschädigen.
Der Beschuldigten: (Urk. 64 S. 7)
Freispruch.
Sofortige Haftentlassung.
Löschung der Einreisesperre, der Wegweisung und des Strafregistereintrags.
Bestätigung des Rechts, in der Schweiz zu bleiben. Schadenersatz in der Höhe von Fr. 23'000'000.-.
Der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl: (schriftlich; Urk. 58)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Bülach, Einzelgericht, vom 23. August 2012 wurde die Beschuldigte der rechtswidrigen Einreise im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG und der geringfügigen Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 120 Tagen, davon 94 Tage durch Haft erstanden, sowie mit einer Busse von Fr. 100.-bestraft. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse bemass die Vorinstanz auf einen Tag. Die Verfahrenskosten wurden der Beschuldigten erlassen und auf die Staatskasse genommen. Der Beschuldigten wurde weder eine Entschädigung noch eine Genugtuung zugesprochen.
Gegen dieses Urteil liess die Beschuldigte durch ihren amtlichen Verteidiger fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 30). Mit ihrer Berufungserklärung vom
27. November 2012 lässt die Beschuldigte einen vollumfänglichen Freispruch beantragen und verlangt darüber hinaus eine Entschädigung und Genugtuung für die erlittene Haft (Urk. 53 in Verbindung mit Urk. 36/3). Ein an die III. Strafkammer gerichtetes Schreiben der Beschuldigten wurde am 3. Dezember 2012 an die urteilende Kammer weitergeleitet (Urk. 56 und 57).
Die Staatsanwaltschaft beantragt Betätigung des erstinstanzlichen Urteils. Beweisanträge wurden von keiner Seite gestellt (Urk. 58).
Am 21. Januar 2013 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 23. April 2013 vorgeladen (Urk. 59). In der Folge gelangte die Beschuldigte mit weiteren Eingaben ans Gericht (u.a. Urk. 60; Urk. 61/1-32).
Prozessuales
Der zum Tatbestand der Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172ter StGB erforderliche Strafantrag des Hotels B. in C. liegt vor (Urk. 4; Urk. 1 S. 4).
Eingeklagte Sachverhalte
Einreiseverbot
Laut Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland vom 22. Mai 2012 ist die Beschuldigte von Deutschland herkommend am 21. Mai 2012 in die Schweiz eingereist, obwohl sie mit Verfügung des Bundesamtes für Migration vom 29. Mai 2009 mit einem Einreiseverbot vom 29. Mai 2009 bis zum 28. Mai 2014 belegt worden war, was ihr bekannt gewesen sei und womit sie bewusst rechtswidrig in die Schweiz eingereist sei (Urk. 12 S. 3).
Wie schon die Vorinstanz ausgeführt hat, erliess das Bundesamt für Migration gegen die Beschuldigte am 29. Mai 2009 ein ab diesem Datum gültiges, fünfjähriges - Einreiseverbot (Urk. 6). Als Beamte der Kantonspolizei Zürich, Flughafenpolizei, am 31. Juli 2009 versuchten, der Beschuldigten dieses in schriftlicher Form vorliegende Einreiseverbot zuzustellen bzw. auszuhändigen, weigerte sich diese, die Empfangsbestätigung zu unterzeichnen (Urk. 6 S. 3). Die Verfügung vom 29. Mai 2009 betreffend das Einreiseverbot gilt somit als zugestellt, eröffnet und in Rechtskraft erwachsen (vgl. A. Schwank / F. Uhlmann, in: Waldmann / Weissenberger, VWVG - Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich 2009, Art. 34 N 19). Es ist nicht ersichtlich und wurde von der Beschuldigten auch nicht geltend gemacht, dass sie ein Rechtsmittel gegen die Einreisesperre erhoben hätte. Abgesehen davon wäre einer allfälli-
gen Beschwerde in der Verfügung vom 29. Mai 2009 die aufschiebende Wirkung entzogen worden (Urk. 6 S. 1; Art. 55 Abs. 2 VwVG).
In der polizeilichen Einvernahme vom 22. Mai 2012 erklärte die Beschuldigte, sie sei am 21. Mai 2012 aus dem Gefängnis entlassen und dann illegal nach Deutschland ausgeschafft worden. Es gebe eine Einreisesperre gegen sie, welche auf dubiose Art entstanden sei. Sie habe eine Einreisesperre am Flughafen gesehen (Urk. 2 S. 1 f.).
Gegenüber dem Staatsanwalt führte die Beschuldigte aus, sie stehe zu allem, was sie gemacht habe. Sie sei am 21. Mai 2012 in die Schweiz eingereist, nachdem sie zuvor illegal von D. nach E. [Ortschaft in Deutschland] ausgeschafft worden sei. Sie akzeptiere diese dubiose Einreisesperre nach wie vor nicht (Urk. 3 S. 2). Auf Vorhalt der Einreisesperre des Bundesamts für Migration vom 29. Mai 2009 (Urk. 6) erklärte sie, in dieser Form kenne sie das Dokument nicht. Auf Vorhalt des Computerausdrucks ihrer Hafteinvernahme vom 5. August 2009, wonach ihr die Einreisesperre bereits damals vorgehalten und zur Kenntnis gebracht worden war (Urk. 3 S. 2 f.), stellte sie dies in Abrede. Überdies verweigerte die Beschuldigte am 22. Mai 2012 die Annahme einer Kopie des Einreiseverbotes vom 29. Mai 2009 mit der Begründung, dieses Schreiben möchte sie nicht erhalten, solch dubiosen Sachen nehme sie nicht entgegen. Sie sei erneut in die Schweiz eingereist, weil sie solch dubiosen Sachen nicht akzeptiere (Urk. 3 S. 3). Die Schweiz wäre verpflichtet, ihr Papiere auszustellen, tue dies aber nicht (Urk. 3 S. 5).
Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung gab sie zu Protokoll, man habe sie am 21. Mai 2012 illegal aus der Schweiz ausgeschafft. Seit 2007 versuche man, sie in der Schweiz illegal zu kriminalisieren. Den ihr zustehenden Schweizer Pass wolle man ihr nicht aushändigen (Urk. 19 S. 4). Sie räumte ein, am 21. Mai 2012 von Deutschland herkommend in die Schweiz eingereist zu sein. Eine schweizweite Einreisesperre sei ihr (noch) nicht bekannt. Sie kenne nur eine Wegweisung des Migrationsamtes Zürich. Sie akzeptiere so etwas auch nicht (Urk. 19 S. 5 f.). Auf Vorhalt der Einreisesperre des Bundesamts für Migration vom 29. Mai 2009 (Urk. 6) blieb sie dabei, diese sei ihr unbekannt (Urk. 19 S. 6).
Die Einreise vom 21. Mai 2012 und damit der äussere Sachverhalt wird auch von der Verteidigung bestätigt (Urk. 20 S. 2).
Die fehlenden Visa auf den Seiten 2-8 des Einvernahmeprotokolls vor Vorinstanz (vgl. Urk. 19) beeinträchtigen die Verwertbarkeit nicht. Die Vorschrift, jede Seite zu visieren (Art. 78 Abs. 5 StPO), erscheint ohnehin als eine Ordnungsvorschrift. Im übrigen ist das Einvernahmeprotokoll am Ende mit der Unterschrift der Beschuldigten versehen (Urk. 19 S. 9), wobei auch die Unterschrift nur Gültigkeitserfordernis ist, wenn die beschuldigte Person unterzeichnen will (BSK StPO - Näpfli, Basel 2011, Art. 78 N 25 mit Hinweisen).
Die Beschuldigte hatte ohne Zweifel Kenntnis vom Einreiseverbot, als sie am 21. Mai 2012 in die Schweiz einreiste. Dass sie sich am 31. Juli 2009 offenbar geweigert hat, den Empfang des betreffenden Dokumentes zu unterschreiben, ist nicht von Belang. Seither war die Einreisesperre in mehreren früheren Strafverfahren Thema. Anlässlich eines im Jahr 2010 gegen sie geführten Strafverfahrens gab die Beschuldigte am 6. Dezember 2010 gegenüber der Polizei an, Kenntnis von dieser Verfügung vom 29. Mai 2009, gültig bis 28. Mai 2014, zu haben. Diese Einreisesperre habe man ihr in die Zelle geschmissen. Sie habe sie ignoriert. Auf Frage des Polizisten, ob sie in Zukunft der Einreisesperre Folge leisten werde, erwiderte die Beschuldigte: Nie und nimmer. (vgl. Beizugsakten Bezirksgericht Bülach, Geschäfts-Nr. GG110003 bzw. DG100154, Urk. 2/2 S. 2 f.; vorliegend als Beizugsakten Urk. 46). Ähnlich verhält es sich mit einem weiteren Strafverfahren aus dem Jahre 2010. Damals, am 28. August 2010, räumte die Beschuldigte gegenüber der Polizei ausdrücklich Kenntnis um die Einreisesperre ein, bezeichnete diese aber als nicht akzeptabel (vgl. Beizugsakten Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, Geschäfts-Nr. DG100485, Urk. 2 S. 2 f.; vorliegend als Beizugsakten Urk. 41). Schliesslich hat die Beschuldigte anlässlich der im vorliegenden Verfahren am 24. Mai 2012 durchgeführten Anhörung vor dem Zwangsmassnahmengericht Bülach, Geschäfts-Nr. GH120075, anerkannt, ein Doppel der gegen sie schriftlich verfügten Einreisesperre erhalten zu haben, diese Verfügung gleichzeitig aber in der Zelle weggeworfen, mithin ignoriert zu haben, weil die Anordnung dieser Massnahme ihrer Ansicht nach - nicht rechtens gewesen sei (Urk. 10/6 S. 2; Urk.
10/14, Haftanhörung S. 3). Festzuhalten ist somit, dass die Beschuldigte gemäss ihren eigenen Ausführungen um das Einreiseverbot wusste, was ebenfalls darlegt, dass ihr die Einreisesperre am 31. Juli 2009 entgegen auch der Argumentation der Verteidigung, vgl. Urk. 20 ordnungsgemäss eröffnet worden war. Es handelt sich auch nicht um eine nichtige Verfügung, auch wenn die Beschuldigte zum damaligen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig wegen Diebstahls und gewerbsmässigen Betrugs verurteilt war. Dies war erst mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Dezember 2009 der Fall (Urk. 11/4/6). Zum Zeitpunkt, als die Einreisesperre verfügt wurde, hatte die Beschuldigte aber bereits drei Vorstrafen, vor allem wegen Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz und wegen Betruges (Urk. 11/1). Dass eine Einreisesperre erfolgen würde, war schon damals klar. Die Beschuldigte hat denn auch gegen die Verfügung nie Einsprache erhoben. Im übrigen vermag die von der Beschuldigten im aktuellen wie in früheren Verfahren immer wieder vorgebrachte Äusserung, sie habe mit der EU und mit Deutschland abgeschlossen, sei staatenlos und benötige deshalb unbedingt den Schweizer Pass, den man ihr nicht aushändigen wolle (u.a. Urk. 3 S. 2; Urk. 19 S. 4), an der Rechtswidrigkeit der Einreise natürlich nichts zu ändern. Ergänzend sei auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen (Urk. 49
S. 4 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Der eingeklagte Sachverhalt betreffend das Einreiseverbot ist daher erstellt.
Konsumationen im Hotel B.
Zudem wird der Beschuldigten vorgeworfen, sich vom 21. auf den 22. Mai 2012 im Hotel B. Zürich in C. aufgehalten und Konsumationen im Betrag von insgesamt Fr. 202.60 getätigt zu haben, welche sie in der Folge nicht bezahlt habe und auch nicht habe zahlen können, da sie nicht genügend Geld auf sich getragen habe und womit sie den Betriebsinhaber bewusst um die Bezahlung im genannten Betrag geprellt habe (Urk. 12 S. 3).
Die Beschuldigte erklärte in der polizeilichen Befragung vom 22. Mai 2012, es stimme, dass sie am 21. Mai 2012 im Hotel B. in C. Waren im
Wert von Fr. 202.60 konsumiert und in der Folge nicht bezahlt habe (Urk. 2 S. 1 f.).
In der Hafteinvernahme vom 22. Mai 2012 bestätigte die Beschuldigte, vom 21. auf den 22. Mai 2012 im Hotel B. in C. Konsumationen im Betrag von Fr. 202.60 getätigt zu haben, ohne diese zu bezahlen. Ihr Körper habe das gebraucht und sie habe sich das gegönnt. Sie hätte zudem auch noch im Hotel übernachten wollen (Urk. 3 S. 2). Sie würde diese Rechnung gerne bezahlen, habe diesen Betrag aber nicht bei sich. Da sie keine Bankkonti habe, sei es ihr derzeit auch nicht möglich, mit Karte Check zu bezahlen. Sie habe jedoch offene Forderungen, welche diesen Betrag allemal decken würden. Es sei für sie kein Problem, eine Rechnung offen zu halten, wenn man sich mit dem Forderungssteller einigen könne (Urk. 3 S. 3 f.).
Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vom 23. August 2012 bestätigte die Beschuldigte ihre Aussage, wonach sie am 21. Mai 2012 im Hotel B. Waren im Wert von Fr. 202.60 konsumiert und nicht bezahlt habe. Sie habe sich vor der Konsumation an der Reception beim Concierge darauf geeinigt, dass sie später per Rechnung bezahlen möchte, auch bezüglich der Übernachtung. Sie hätte es definitiv per Rechnung bezahlt (Urk. 19 S. 6 ff.).
Der Verteidiger hielt in seinem Plädoyer vor Vorinstanz fest, der äussere Ablauf, wonach die Beschuldigte im Mai 2012 im Hotel B. in C. Essen und Getränke im angegebenen Umfang konsumiert habe, werde von der Anklägerin und der Beschuldigten grundsätzlich gleich geschildert (Urk. 20 S. 2). Damit wird der äussere Sachverhalt sinngemäss anerkannt.
Aufgrund der dargelegten Aussagen und Vorbringen, welche durch die sich in den Akten befindenden Urkunden (Kassenbelege der Geschädigten; Urk. 5) gestützt werden, kann der äussere Sachverhalt gemäss Anklageschrift ohne Weiteres als erstellt gelten.
Erstellt ist auch der innere Sachverhalt. Mit der Vorinstanz (Urk. 49 S. 7) erweist sich die sinngemässe Behauptung der Beschuldigten, sie habe die Rechnung
über Fr. 202.60 später bezahlen wollen, womit der Concierge einverstanden gewesen sei, aus mehreren Gründen als Schutzbehauptung: Zum einen musste der Beschuldigten aufgrund der zahlreichen, in jüngerer Vergangenheit gegen sie geführten Strafverfahren und Verurteilungen wegen Zechprellerei (vgl. Urk. 11/1; Urk. 52) und entgegen ihrer Verneinung (Urk. 3 S. 4) bewusst gewesen sein, dass Konsumationen in Gastwirtschaften sofort zu bezahlen sind. Zweitens wich sie in den Einvernahmen in geradezu augenfälliger Weise der Nachfrage der Staatsanwältin und des Einzelrichters aus, wann und wie genau sie denn die Rechnung hätte bezahlen wollen (Dazu möchte ich mich nicht äussern. Das lasse ich hier und heute offen., vgl. Urk. 3 S. 4; ferner Urk. 19 S. 8). Drittens hat sich die Beschuldigte betreffend den ausstehenden Betrag von Fr. 202.60 bis anhin offensichtlich nicht um eine Begleichung bemüht, was ihr aber ohne Weiteres möglich gewesen wäre, hätte sie dies tatsächlich gewollt. Viertens hat die Beschuldigte nach eigener Darstellung seit 2007 kein Arbeitseinkommen mehr erzielt (Mir wird meine Wirtschaftlichkeit durch Inhaftierung genommen. Und dies seit 2007., vgl. Urk. 19 S. 4). Schliesslich ist davon auszugehen, dass die Geschädigte keinen Strafantrag (Urk. 4) gestellt hätte, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Beschuldigten und dem Concierge gegeben hätte. Aus alledem ist zu schliessen, dass die Beschuldigte vom 21. auf den 22. Mai 2012 im Hotel
B. in C. Konsumationen im Betrag von Fr. 202.60 tätigte ohne diese bezahlen zu wollen bzw. im Wissen darum, dass sie diese nicht würde bezahlen können.
Rechtliche Würdigung
Rechtswidrige Einreise
Die Vorinstanz hat das Verhalten der Beschuldigten, die entgegen der ihr bekannten, ab 29. Mai 2009 für fünf Jahre geltenden Einreisesperre am 21. Mai 2012 von Deutschland herkommend in die Schweiz einreiste, zutreffend als rechtswidrige Einreise im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG gewürdigt (Urk. 49 S. 8). Der diesbezügliche Schuldspruch ist daher zu bestätigen.
Zu Recht hat die Vorinstanz ergänzend angemerkt, dass die Frage, ob die Beschuldigte mit Wissen und Willen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 StGB gehandelt hat (subjektiver Tatbestand), von der Frage der Schuldfähigkeit zu unterscheiden ist. Schuldunfähigkeit bedeutet nicht, dass der Täter keinen tatbestandsmässigen Vorsatz bilden könnte; vielmehr kann auch der völlig Schuldunfähige vorsätzlich handeln. Die Frage der Schuldfähigkeit berührt mithin den Vorsatz nicht. Das gilt sowohl für die Steuerungsfähigkeit als auch für die Einsichtsfähigkeit (BSK StGB I
- Bommer / Dittmann, 2. Auflage, Basel 2007, Art. 19 N 19 mit Hinweisen).
Geringfügige Zechprellerei
Die Konsumation im Hotel B. ohne zu bezahlen wurde von der Vorinstanz mit zutreffender Begründung als geringfügige Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB gewürdigt.
Durch den Tatbestand der Zechprellerei gemäss Art. 149 StGB wird der im Gastgewerbe üblichen Vorleistungspflicht des Gastwirtes Rechnung getragen und dieser so geschützt respektive das Ausnützen dieser Vorleistung unter Strafe gestellt. Geschützt ist das Entgelt für Unterkunft, Speisen und Getränke sowie Forderungen für andere im Zusammenhang mit der Unterbringung erbrachten Dienstleistungen. Ein Wirt ist geprellt, wenn er entgegen seiner Erwartung für die Bewirtung Beherbergung nicht - d.h. in der Regel spätestens beim Verlassen der Gaststätte bezahlt wird (BGE 75 IV 16). In subjektiver Hinsicht ist beim Täter Vorsatz erforderlich.
Die Argumentation der Verteidigung, welche zwar den objektiven Tatbestand, d.h. die Konsumation im Betrag von Fr. 202.60 ohne diese zu bezahlen, wodurch der Geschädigten ein entsprechender Gewinn entging, sinngemäss anerkennt (Urk. 20 S. 2), hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes aber geltend macht, die Zeche könne bei gegenseitiger Vereinbarung auch auf andere Art als durch Barmittel, zum Beispiel durch Schuldübernahmen ähnliche obligationenrechtliche Schuldverpflichtungen, beglichen werden (Urk. 20 S. 3), geht hier fehl. Vorliegend existiert gerade keine Vereinbarung auf anderweitige spätere Bezahlung, weder von vorneherein noch nach der Konsumation. Auf das nachträgli-
che Ersuchen der Beschuldigten um Kreditgewährung wurden gemäss ihrer eigenen Darstellung seitens der Geschädigten zuerst ihre Ausweispapiere verlangt. Nachdem die Beschuldigte nicht in der Lage war, sich auszuweisen, wurde die Polizei avisiert und der Betriebsinhaber (General Manager) der Geschädigten,
F. , stellte Strafantrag (Urk. 3 S. 4; Urk. 19 S. 8; Urk. 4). Damit lehnte die Geschädigte eine nachträgliche Kreditgewährung explizit ab. Wie dargelegt, tätigte die Beschuldigte die Konsumation ohne diese bezahlen zu wollen bzw. nahm sie zumindest in Kauf, die Konsumation nicht bezahlen zu können (siehe die vorstehende Erwägung 1.2.3), womit die Beschuldigte jedenfalls mit Eventualvorsatz handelte, was genügt (auch Urk. 20 S. 3 mit Hinweis).
Ergänzend ist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil zu verweisen (Urk. 49 S. 9 f.) und die Beschuldigte in Bestätigung der Vorinstanz der geringfügigen Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB (Deliktsbetrag von weniger als Fr. 300.--; BGE 121 IV 264 und BGE 123 IV 119), schuldig zu sprechen.
Der Verteidiger macht geltend, es handle sich bei der Beschuldigten um keine Gewohnheitstäterin, sondern um eine schuldunfähige Person. Die Einsicht in das Unrecht der Taten fehle ihr. Gesamthaft betrachtet sei die Beschuldigte strafrechtlich nicht fassbar (Urk. 20 S. 4).
Die rechtstheoretischen Grundsätze und Voraussetzungen zum Vorliegen bzw. zur Bejahung von Schuldunfähigkeit sind im vorinstanzlichen Urteil korrekt dargelegt, worauf vollumfänglich verwiesen werden kann (Urk. 49 S. 10; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Die Vorinstanz nahm die folgende Beurteilung vor (Urk. 49 S. 11 f.):
Bei der Beschuldigten sei in diversen Aktengutachten seit 2006 eine psychische Störung in Form einer paranoiden Schizophrenie diagnostiziert worden (Urk. 11/4/8 S. 5 ff.). Im Jahr 2006 seien deshalb in Deutschland Strafverfahren betref-
fend mehr als fünfzig Delikte wegen Schuldunfähigkeit der Beschuldigten eingestellt worden (Beizugsakten GG080053, Urk. 14/3). Demgegenüber sei die Beschuldigte ab dem Jahr 2007 in der Schweiz mehrfach verurteilt worden (Urk. 11/1). In den Urteilen des Obergerichts vom 17. Dezember 2009 (Urk. 11/4/6) und des Bezirksgerichtes Zürich vom 1. Februar 2010 (Urk. 11/4/7) sowie vom
2. Dezember 2010 (Urk. 11/4/8) sei man gestützt auf ein Gutachten von Dr. med. G. vom 21. September 2009 von einer mittelgradig verminderten Schuldfähigkeit der Beschuldigten im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB ausgegangen, was jeweils in die Strafzumessungen Eingang gefunden habe.
Es würden keine Hinweise vorliegen so die Vorinstanz weiter -, wonach es im Zeitraum der hier zu beurteilenden Taten bei der Beschuldigten zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gar einer akuten Psychose gekommen wäre. Da sich die Beschuldigte weigere, sich begutachten zu lassen (Urk. 19 S. 3), sei unter Berücksichtigung der bestehenden Gutachten sowie des Verhaltens der Beschuldigten während und nach der Tat zu prüfen, ob bei ihr hinsichtlich der zu beurteilenden Straftaten von einer vollen, einer verminderten einer fehlenden Schuldfähigkeit auszugehen sei.
Aus dem Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 22. Mai 2012 würden sich
abgesehen von der Bemerkung, die Beschuldigte sei am Tatort stark alkoholisiert gewesen (Urk. 1 S. 2) keine Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit zur Tatzeit ergeben (Urk. 1). Den ihr vom Polizeibeamten morgens (ab 10:22 Uhr) gestellten Fragen habe die Beschuldigte problemlos folgen können (Urk. 2). Dasselbe gelte für die Einvernahme durch die Staatsanwältin vom 22. Mai 2012 nachmittags (ab 15:18 Uhr). Letzterer gegenüber habe die Beschuldigte ausdrücklich erklärt, sie könne der Einvernahme folgen, und Ausfälligkeiten während der Befragung (wie sie aus früheren Verfahren bekannt seien) seien keine dokumentiert (Urk. 3 S. 1 ff.). An der Hauptverhandlung vom 23. August 2012 habe die Beschuldigte insgesamt einen sehr guten Eindruck hinterlassen. In der Befragung sei sie in ihren Antworten anfänglich zwar immer wieder vom Fragethema abgeschweift, weil sie spürbar den Drang gehabt habe, über die aus ihrer Sicht unhaltbaren Haftumstände zu reden. Nachdem sie ihrem Ärger über das Gefängnispersonal aber wortgewaltig Luft verschafft gehabt habe (Urk. 19 S. 2), habe sie die ihr gestellten Fragen korrekt beantwortet, auch wenn sie dabei wie in früheren Verfahren ihre eigene, für das Gericht nicht immer nachvollziehbare Sichtweise darlegt und sich zuletzt geweigert habe, die Seiten 2-8 des Einvernahmeprotokolls zu signieren (Urk. 19). Ähnlich verhielt es sich anlässlich der Befragung vor der Berufungsinstanz, wobei die Beschuldigte das Einvernahmeprotokoll ohne Weiteres unterschrieb (Urk . 64).
Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass sich das Verhalten der Beschuldigten im vorliegenden Verfahren (inkl. den Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht betreffend die am 22. Mai 2012 angetretene Untersuchungshaft) in Bezug auf ihre Aussagen und betreffend Ausfälligkeiten insgesamt mit ihrem Verhalten in früheren Strafverfahren in der Schweiz vergleichen lasse. Deshalb sei wie in den zitierten früheren Verfahren von einer verminderten Schuldfähigkeit, nicht aber von einer Schuldunfähigkeit auszugehen. Bei der verminderten Schuldunfähigkeit [recte: Schuldfähigkeit] nach Art. 19 Abs. 2 StGB handle es sich um einen Schuldmilderungsgrund, weshalb diesbezüglich auf die Erwägungen zur Strafzumessung verwiesen werde. Ein allfälliger Einfluss des im Polizeirapport vermerkten Alkoholrauschs auf das Tatverhalten der Beschuldigten sei ebenfalls in diesem Rahmen zu würdigen (BSK StGB I, Bommer / Dittmann,
Art. 19 N 69; Urk. 49 S. 11 f.).
Diese Erwägungen samt der Schlussfolgerung leuchten ein, sind überzeugend und können übernommen werden. Die nachstehenden Ausführungen verstehen sich als Ergänzung dazu.
Besteht ernsthafter Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit, müssen die Strafverfolgungsbehörden die beschuldigte Person durch einen Sachverständigen
wobei es sich regelmässig um einen Facharzt für Psychiatrie handelt auf ihre Schuldfähigkeit untersuchen lassen (Art. 20 StGB). Es besteht eine Begutachtungspflicht (Trechsel / Jean-Richard, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 20 N 2; BSK StGB I, Bommer, Art. 20 N 9). Ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit kann grundsätzlich nur nach einer persönlichen Untersuchung der beschuldigten Person fachge-
recht erstattet werden. Denn die Beurteilung, ob und in welchem Ausmass es ihr verunmöglicht war, das Unrecht der Tat(en) einzusehen sich nach dieser Einsicht zu richten, hängt von Informationen über innerpsychische Abläufe im Vorfeld der Handlung und während ihrer Ausführung ab, und solche Angaben kann letztlich nur die beschuldigte Person selber auf entsprechende Fragen hinmachen (BSK StGB I, Bommer, Art. 20 N 26 und 29 mit Hinweisen). Weigert sich die beschuldigte Person, wie vorliegend die Beschuldigte, explizit und beharrlich, an der Begutachtung teilzunehmen (vgl. Urk. 19 S. 3) sie kann gegen ihren Willen zur Teilnahme bzw. aktiven Mitwirkung nicht gezwungen werden (Urteile des Bundesgerichts 6B_937/2008 E. 2.3 und 6B_710/2010 E. 1.5 je mit Hinweis auf BGE 116 II 406; BSK StGB I, Bommer, Art. 20 N 30) kann ausnahmsweise auch bloss ein Aktengutachten erstellt werden (BGE 127 I 54, 58, E. 2 f.; Urteil des Bundesgerichts 6B_855/2009 bzw. 6B_863/2009 vom 15. Dezember 2009
E. 4.5).
Die Stellungnahme von Dr. med. G. vom 21. September 2009 zum psychiatrischen Gutachten von Dr. med. Dipl.-Psych. H. vom
10. September 2009, in welchem die Beschuldigte als voll schuldfähig bezeichnet wurde, stellt ein solch nicht zu beanstandendes und verwertbares Aktengutachten dar (vgl. Beizugsakten Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, Geschäfts-Nr. GG110290, Urk. 11/19 und Urk. 11/20; vorliegend als Beizugsakten Urk. 47). Diese gutachterliche Stellungnahme aus einem früheren Verfahren liegt zwar bereits 3 ½ Jahre zurück, doch ist der Zeitablauf insoweit nicht ausschlaggebend, als es sich vorliegend um gleiche bzw. gleichartige Delikte handelt wie diejenigen, die Anlass zur Einholung der Stellungnahme bei Dr. med. G. gegeben haben (die Beschuldigte delinquiert seit Jahren einschlägig). Zudem ist aufgrund der obigen Darlegungen davon auszugehen, dass sich Geisteszustand und Persönlichkeitsstruktur der Beschuldigten seit dem Fachvotum von Dr. med. G. nicht entscheidwesentlich verändert haben, mithin die damaligen Voraussetzungen unverändert zutreffen (BSK StGB I, Bommer, Art. 20 N 17 und N 29; BGE 127 I 54, 58, E. 2 f.). Jedenfalls ist eine Verschlechterung weder ersichtlich noch wird eine solche geltend gemacht.
Dr. med. G. hielt in seiner Stellungnahme vom 21. September 2009 fest (vgl. Beizugsakten Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, Geschäfts-Nr. GG110290, Urk. 11/20; vorliegend als Beizugsakten Urk. 47), dass auch eine chronisch verlaufende Schizophrenie ohne Zeichen einer akuten floriden Psychose eine erheblich schwere psychische Störung darstellen könne, wobei ein solcher Zustand die Kriterien der Geisteskrankheit im Sinne von Art. 10 aStGB in der Regel nicht erfülle. Insofern könne er der gutachterlichen Aussage (gemeint: jener von Dr. med. Dipl.-Psych. H. vom 10. September 2009), dass die Beschuldigte zum Zeitpunkt der Taten an keiner psychischen Störung von erheblichem Ausmass gelitten habe, nicht folgen. Bei der Beschuldigten sei eine Haltung erkennbar, die sich nicht mehr durch eine Bezugnahme auf reale Verhältnisse auszeichne, sondern auf ein privates, ganz eigenes Erleben und auf eine ganz eigene, subjektive Realität bezogen sei. In dieser Haltung manifestiere sich ein ausgeprägter Autismus, wie er mit der Diagnose einer Erkrankung aus dem Formenkreis der Schizophrenien durchaus verbunden sei. Hier lasse sich seines Erachtens ohne Weiteres eine für den Handlungsentscheid und die Tatdurchführung bedeutsame Auswirkung der chronisch verlaufenden psychischen Störung der Beschuldigten erkennen. Es lasse sich aufgrund ungenügender Entscheidungsgrundlagen nicht hinreichend festlegen, in welchem Ausmass Einsichtsund Willensfähigkeit der Beschuldigten verringert gewesen seien. Der richterlichen Annahme einer in mittlerem Grade verminderten Einsichtsund Willensfähigkeit liesse sich aber aus forensisch-psychiatrischer Sicht nichts entgegenhalten (Beizugsakten Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, Geschäfts-Nr. GG110290, Urk. 11/20
S. 10; vorliegend als Beizugsakten Urk. 47).
Diese fachliche Stellungnahme von Dr. med. G. ist auch inhaltlich nachvollziehbar und vermag zu überzeugen. Zwar war Dr. med. G. nicht selber als Gutachter tätig, jedoch hat er das Gutachten von Dr. med. Dipl.-Psych. H. detailliert durchgearbeitet und zu den darin enthaltenen Ausführungen materiell Stellung genommen, wobei seine Kritik am Gutachten richtig erscheint. Zudem ist Dr. med. G. auf die auffälligen und nicht mehr nachvollziehbaren Verhaltensweisen sowie Äusserungen der Beschuldigten eingegangen, welche er einsichtig mit einer psychischen Erkrankung in Zusammenhang bringt. Insbesondere
erscheint seine Darlegung verständlich, dass sich aufgrund der Weigerung der Beschuldigten, sich psychiatrisch begutachten zu lassen, nicht hinreichend festlegen lasse, in welchem Ausmass die Einsichtsund Willensfähigkeit der Beschuldigten anlässlich der Tat verringert war. Wenn Dr. med. G. nicht mit letzter Sicherheit eine Diagnose stellen und nicht weiter darlegen kann, weshalb gerade eine im mittleren Grade verringerte Einsichtsund Willensfähigkeit der Beschuldigten angenommen werden könne, so ist dies im Ergebnis indessen nicht entscheidend. Diesen Umstand hat im Übrigen die Beschuldigte mit ihrer Weigerung, sich begutachten zu lassen, selbst zu vertreten (Urteile des Bundesgerichts 6B_710/2010 vom 25. November 2010 E. 1.5 und 6B_ 937/2008 vom 16. Februar
2009 E. 2.3).
Zusammenfassend war die Beschuldigte zum Tatzeitpunkt entgegen der Verteidigung nicht schuldunfähig im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB, jedoch in ihrer Schuldfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB mittelgradig vermindert, was nachstehend bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist.
1. Die Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zum konkret anwendbaren Strafrahmen - Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Geldstrafe für die rechtswidrige Einreise bzw. Busse bis zu Fr. 10'000.-für die geringfügige Zechprellerei - und zur Bemessung der Strafe sind zutreffend, so dass darauf verwiesen werden kann (Urk. 49 S. 12 f.).
Hinsichtlich der Tatkomponente hielt die Vorinstanz zu Recht fest, dass die Beschuldigte erst am 21. Mai 2012 von den Schweizer Behörden nach Deutschland ausgeschafft worden war und trotz der gegen sie ausgesprochenen Einreisesperre noch am gleichen Tag (womöglich sogar unmittelbar nach der Ausschaffung) wieder zurück in die Schweiz reiste (Urk. 49 S. 13). Dies spricht für Hartnäckigkeit und gezielte Missachtung des Einreiseverbots. Ein nachvollziehbarer Grund für dieses Verhalten ist nicht ersichtlich, zumal die Beschuldigte Staatsangehörige von Deutschland ist und soweit bekannt über keine persönliche Kontakte
in der Schweiz verfügt. Die Aussage der Beschuldigten, die Einreisesperre auch in Zukunft nie und nimmer zu beachten, deutet auf notorisches Verhalten und beträchtliche kriminelle Energie. Das Verschulden bei Beurteilung der Tatkomponente ist in objektiver Hinsicht angesichts des Strafrahmens von einem Jahr mit der Vorinstanz als erheblich einzustufen.
Bei der Bewertung des subjektiven Verschuldens ist der Beschuldigten wie dargelegt und wie schon in diversen früheren Urteilen eine mittelgradig verminderte Schuldfähigkeit zuzugestehen. Die objektive Tatschwere wird durch die subjektive Komponente relativiert.
Zusammenfassend ist das Verschulden der Beschuldigten als keineswegs mehr leicht zu bezeichnen. Die Bemessung der Einsatzstrafe nach Beurteilung der Tatkomponente hat die Vorinstanz unterlassen (Urk. 49 S. 13 f.; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_865/2009 vom 25. März 2010 E. 1.6). Es erscheint eine solche im Bereich von 3 Monaten Freiheitsstrafe angemessen.
Die Täterkomponente (vgl. Art. 47 Abs. 1 Satz 2 StGB) umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren. Bei der Beurteilung des Vorlebens fallen einerseits früheres Wohlverhalten, andererseits Zahl, Schwere und Zeitpunkt von Vorstrafen ins Gewicht. Unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Verhältnisse ist etwa zu berücksichtigen, ob sich der Täter im Strafverfahren kooperativ verhielt, ob er Reue und Einsicht zeigte, ob er mehr weniger strafempfindlich ist.
Vorliegend bezeichnete sich die Beschuldigte gegenüber der Staatsanwältin als Geschäftsfrau und Mutter, lehnte es jedoch ab, darüber hinaus weitere Angaben zu ihrer Person zu machen (Urk. 3 S. 6). Vor Vorinstanz führte sie aus, in
I. /Deutschland geboren worden zu sein, Hotelfachfrau gelernt und ab 1994 eine Einzelfirma als Dachdecker betrieben zu haben (Urk. 19 S. 4). Im Berufungsverfahren lehnte sie Ausführungen zu ihrem Werdegang ab (Urk. 64 S. 1f.). Aus früheren Verfahren ist bekannt, dass sie offenbar einen Sohn hat. Im Jahr 2006 reiste sie gemäss ihrer eigenen Aussage mit dem Ziel, ihren Wirkungskreis zu ändern, in die Schweiz ein (vgl. Beizugsakten Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung,
Geschäfts-Nr. DG09451, Urk. 6 S. 2; vorliegend als Beizugsakten Urk. 44/1 und 44/2). Seit 2007 ist die Beschuldigte nach ihrer jeweiligen Ausweisung nach Deutschland stets umgehend wieder in die Schweiz eingereist, wobei sie soweit erkennbar weder in der Schweiz noch in Deutschland anderswo über einen festen Wohnsitz verfügt. Einer Arbeitstätigkeit geht sie seit Jahren nicht mehr nach.
Aus der Biografie und der aktuellen Lebenssituation der Beschuldigten lassen sich keine strafzumessungsrelevanten Faktoren ableiten.
Stark straferhöhend fallen die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen mittlerweile sind es zehn ins Gewicht, welche die Beschuldigte seit 2007 in der Schweiz erwirkt hat (vgl. Urk. 52 bzw. Urk 63). Das Geständnis bezüglich des objektiven (äusseren) Sachverhalts kann sich lediglich minimal strafmindernd auswirken, zeigt die Beschuldigte doch in subjektiver Hinsicht keinerlei Einsicht und Unrechtsbewusstsein. Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt nicht vor.
Aufgrund der Täterkomponente, bei welcher die straferhöhenden Momente die strafreduzierenden markant überwiegen, wäre ohne weiteres eine Straferhöhung auf 5 - 6 Monate Freiheitsstrafe angezeigt.
Infolge des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) - die Staatsanwaltschaft hat wie erwähnt die Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt (vgl. Urk. 58) bleibt es bei der von der Vorinstanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 120 Tagen.
Zu ergänzen bleibt, dass für das Vergehen gegen das Ausländergesetz nur eine Freiheitsstrafe in Frage kommt. Weder der Vollzug einer Geldstrafe noch von gemeinnütziger Arbeit ist möglich, da die Beschuldigte über keinen festen Wohnsitz verfügt, seit Jahren keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und vermutlich mittellos ist (Art. 41 Abs. 1 StGB). Einen erheblichen Teil der vergangenen Jahre verbrachte sie in der Schweiz im Strafvollzug. Angesichts der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen verlangt auch die präventive Effizienz nach einer Freiheitsstrafe.
Da die Beschuldigte die ihr aufzuerlegende Freiheitsstrafe von 120 Tagen bereits durch die erstandene Haft, welche vom 22. Mai 2012 bis zum 18. September 2012 dauerte, vgl. Urk. 10/1 und Urk. 63 S. 1, verbüsst hat (die derzeit bestehende Haft betrifft eine andere Sache, und zudem ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug, dass gegen die Beschuldigte am 19. September 2012 wiederum ein Strafverfahren eröffnet wurde), erübrigen sich Ausführungen zum Strafvollzug. Immerhin ist zu erwähnen, dass der Beschuldigten im Hinblick auf die Beurteilung des künftigen Legalverhaltens klar eine Schlechtprognose auszustellen wäre. Dies hat sie nicht nur selber durch ihre strikte Ablehnung der Einreisesperre unzweideutig bekundet, sondern es ergibt sich auch aus dem Umstand, dass ihre Taten im Zusammenhang mit ihrer psychischen Verfassung stehen und sich am deliktischen Verhalten mangels Einsicht und Behandlungswilligkeit nichts ändern dürfte.
Zu bestätigen ist sodann die von der Vorinstanz für die geringe Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172ter StGB ausgefällte Busse von Fr. 100.--, einschliesslich die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall schuldhaften Nichtbezahlens der Busse.
Ausgangsgemäss ist das Kostendispositiv (Dispositivziffern 5 und 6) der Vorinstanz zu bestätigen. Im Berufungsverfahren unterliegt die Beschuldigte mit ihren Anträgen vollumfänglich, weshalb sie kostenpflichtig wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschuldigten sind die Kosten aber abzuschreiben (Art. 425 StPO).
Für die Zusprechung einer Entschädigung Genugtuung an die Beschuldigte für die erlittene Haft, wie dies der Verteidiger beantragt (Urk. 53), fehlt es an den entsprechenden Voraussetzungen (Art. 429 und 431 StPO).
Es wird erkannt:
Die Beschuldigte ist schuldig
der rechtswidrigen Einreise im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG,
der geringfügigen Zechprellerei im Sinne von Art. 149 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB.
Die Beschuldigte wird bestraft mit 120 Tagen Freiheitsstrafe sowie mit einer Busse von Fr. 100.--.
Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Sie ist durch 120 Tage erstandene Haft bereits verbüsst.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt die Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Dispositiv-Ziffern 5 und 6) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: 3'000.-- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. amtliche Verteidigung (ausstehend)
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beschuldigten auferlegt, jedoch erlassen.
Der Beschuldigten wird keine Entschädigung Genugtuung zugesprochen.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Angeklagten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Angeklagten
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 23. April 2013
Der Präsident:
Oberrichter Dr. Bussmann
Der Gerichtsschreiber:
lic.iur. Hafner
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