Zusammenfassung des Urteils SB120356: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 4. Dezember 2012 in einem Fall von mehrfachem gewerbs- und bandenmässigem Diebstahl entschieden. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu 7 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem wurden diverse Gegenstände, Ausweisschriften und Bargeldbeträge eingezogen. Der Beschuldigte muss Schadenersatz an verschiedene Privatkläger zahlen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 4'000.00. Die Berufung des Beschuldigten führte zu einer Strafreduktion auf 6 Jahre Freiheitsstrafe.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB120356 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 04.12.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | mehrfachen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahl etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Schaden; Asservate; Schadenersatz; Freiheits; Freiheitsstrafe; Kantons; Beschuldigten; Berufung; Urteil; Verteidigung; Gericht; Recht; Sinne; Staat; Staatsanwaltschaft; Diebstahl; Vollzug; Widerhandlung; Vorinstanz; Schweiz; Marke; Privatkläger; Einziehung; Verschulden; Verbindung |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ;Art. 144 StGB ;Art. 186 StGB ;Art. 252 StGB ;Art. 369 StGB ;Art. 369 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 51 StGB ; |
Referenz BGE: | 105 IV 225; 135 IV 91; 136 IV 1; |
Kommentar: | Schmid, Praxis, Art. 402 1; Art., Art. 437 StPO, 2012 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB120356-O/U/rc
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Vorsitzender, lic. iur. Ruggli und lic. iur. Stiefel sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Oswald
Urteil vom 4. Dezember 2012
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend mehrfachen gewerbsund bandenmässigen Diebstahl etc. Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur vom
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom
11. Januar 2012 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 11).
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte A. ist schuldig
des mehrfachen gewerbsund bandenmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 und Ziff. 3 Abs. 2 StGB,
der mehrfachen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB,
des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB,
der mehrfachen Fälschung von Ausweisen im Sinne von Art. 252 Abs. 1 und 3 StGB,
der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 alinea 4 des Bundesgesetztes über ANAG,
der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 115 Abs. 1 lit. a und b AuG, sowie
der Widerhandlung gegen Art. 118 Abs. 1 AuG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 7 Jahren Freiheitsstrafe, wovon 545 Tage (gerechnet vom 15. April 2010 bis 11. Oktober 2011) durch Haft erstanden sind.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird nicht aufgeschoben.
Es wird vorgemerkt, dass sich der Beschuldigte seit dem 11. Oktober 2011 im vorzeitigen Strafvollzug befindet.
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom
11. Oktober 2011 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Kantonspolizei Zürich zur gutscheinenden Verwendung Vernichtung überlassen:
Asservate Nr. : 1 Taxcard Swisscom, Wert Fr. 10.-,
Asservate Nr. : 1 kleine Stab-Taschenlampe, schwarz mit Ersatzbatterie,
Asservate Nr. : 1 Mobiltelefon Marke Nokia Typ 2310 IMEI ,
Asservate Nr. : 1 Taxkarte Swisscom, Wert Fr. 10.-,
Asservate Nr. : 1 Taxkarte Telekom Austria, Wert Euro 3.60,
Asservate Nr. : 2 Notizzettel mit Telefonnummern,
Asservate Nr. : 1 Petflasche, 1.5 Liter, Marke S. Andrea,
Asservate Nr. : 1 Eisenschere (Seitenschneider), Marke Foreged Steel, rot,
Asservate Nr. : 1 Petflasche, 0.5 Liter, Marke Rivella blau,
Asservate Nr. : 1 Petflasche, 1.5 Liter, Marke S. Andrea,
Asservate Nr. : 1 Vorschlaghammer, Coop,
Asservate Nr. : 1 Eisenstange mit Gewinde, ca. 20 cm lang,
Asservate Nr. : 1 Meissel, orange,
Asservate Nr. : 1 Fäustel (Hammer),
Asservate Nr. : 1 Geissfuss, schwarz,
Asservate Nr. : Diverse Polenschlüssel und Passschlüssel,
Asservate Nr. : 1 Etikette Import Parfümerie,
Asservate Nr. : 2 Polenschlüssel zum Kurzschliessen von Fahrzeugen (Rohlinge)
Asservate Nr. : 1 Schlüssel Abus Nr. 404, 2 Schlüssel Mister Minit,
Asservate Nr. : Diverse Notizen,
1 Rote Denner-Stofftasche, beinhaltend 1 neue Blechschere Marke Wilton, 1 Handbohrer mit drei verschiedenen Bohrern.
Folgende mit Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom
28. November 2011 beschlagnahmten Ausweisschriften werden eingezogen und dem Urkundenlabor der Kantonspolizei Zürich zur gutscheinenden Verwendung überlassen:
1 B. [Staat in Europa] Reisepass Nr. lautend auf C. , geb. tt.08.1973,
1 B. Identitätskarte Nr. lautend auf C. , geb. tt.08.1973,
1 B. Führerausweis Nr. lautend auf C. , geb. tt.08.1973.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom
11. Oktober 2011 beschlagnahmten Fr. 1'020.50, Euro 503.20 sowie
7'360.- [Währung in B. ] werden eingezogen. Der beschlagnahmte Bargeldbetrag wird zur Verfahrenskostendeckung verwendet.
Der Beschuldigte wird unter solidarischer Haftung allfälliger Mittäter verpflichtet, den nachfolgenden Privatklägern folgende Beträge zu bezahlen:
betreffend Praxisgemeinschaft P1A. ( und ) Schadenersatz von Fr. 133'521.65 (ND 5)
betreffend P1B. AG ( ) Schadenersatz von Fr. 370'500.- (ND 46),
str. , D. (Betreibungsamt E. ) Schadenersatz von Fr. 662.40,
betreffend Dres. P3A. und P3B. ( ) Schadenersatz von Fr. 110'982.90 (ND 7),
betreffend P3C. ( ) Schadenersatz von Fr. 18'915.50 (ND 21),
betreffend P3D. ( ) Schadenersatz von Fr. 190'000.- (ND 24),
betreffend Zahnarztpraxis P3E. ( ) Schadenersatz von Fr. 192'146.30 (ND 32),
betreffend Dr. med. dent. P3F. ( ) Schadenersatz von Fr. 504'793.- (ND 52),
P6A. ( ) Schadenersatz von Fr. 206'008.45,
In einem allfälligen Mehrbetrage werden die Zivilforderungen der vorstehend genannten Privatkläger auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die folgenden Privatkläger werden mit ihren Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen:
Die Genugtuungsbegehren der Privatkläger, soweit sie ein solches gestellt haben, werden vollumfänglich abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'000.00 ; die weiteren Kosten betragen:
Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt, diejenigen der amtlichen Verteidigung indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 42)
Es sei die von der Vorinstanz verhängte Strafe erheblich herabzusetzen.
Der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich: (Urk. 35, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Erwägungen:
1. Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom
April 2012 des mehrfachen gewerbsund bandenmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 und Ziff. 3 Abs. 2 StGB, der mehrfachen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB, des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB, der mehrfachen Fälschung von Ausweisen im Sinne von Art. 252 Abs. 1 und 3 StGB, der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 alinea 4 ANAG, der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 115 Abs. 1 lit. a und b AuG sowie der Widerhandlung gegen Art. 118 AuG schuldig gesprochen. Er wurde mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Jahren, wovon 545 Tage durch Haft erstanden waren, bestraft und es wurde vorgemerkt, dass er sich seit dem 11. Oktober 2011 im vorzeitigen Strafvollzug befindet. Weiter wurden diverse beschlagnahmte Gegenstände, Ausweisschriften und Bargeldbeträge eingezogen. Ausserdem wurde der Beschuldigte verpflichtet, verschiedenen Privatklägern Schadenersatz zu bezahlen (Urk. 29).
Das vorinstanzliche Urteil wurde dem Beschuldigten anlässlich der Hauptverhandlung mündlich eröffnet und schriftlich im Dispositiv übergeben (Urk. 19, Prot. I S. 21). Der Beschuldigte liess mit Eingabe vom 3. Mai 2012 rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 22). Das schriftlich begründete Urteil (Urk. 29) wurde dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft am 7. August 2012 zugestellt (Urk. 27).
Mit Schreiben vom 24. August 2012 liess der Beschuldigte fristgerecht die Berufungserklärung einreichen und beantragte eine wesentliche Reduktion der ausgefällten Strafe (Urk. 31). Die Staatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 35). Anschlussberufung wurde nicht erhoben. Beweisanträge wurden von keiner Seite gestellt.
Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung (Art. 402 StPO). Die nicht von der Berufung erfassten Punkte erwachsen in Rechtskraft (Schmid, StPO Praxiskommentar, Art. 402 N 1; Art. 437 StPO).
Es ist damit festzustellen, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 25. April 2012 bezüglich Dispositivziffern 1 (Schuldpunkt), 4 (Einziehung Ge-
genstände), 5 (Einziehung Ausweisschriften), 6 (Einziehung Bargeldbeträge), 7
und 8 (Schadenersatzbegehren), 9 (Genugtuungsbegehren) sowie 10 und 11 (Kostendispositiv) rechtskräftig wurde.
Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung liessen die Parteien die eingangs erwähnten Anträge stellen.
Der Verteidiger beantragte vor Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten (Urk. 18/3 S. 2). Anlässlich der Berufungsverhandlung beantragte er, dass die von der Vorinstanz verhängte Strafe erheblich herabzusetzen sei (Urk. 42 S. 1), mindestens um 27 Monate (Prot. II S. 9).
a) Die Vorinstanz hat den Strafrahmen korrekt abgesteckt und die gesetzlichen Zumessungsregeln wie auch die hier massgeblichen belastenden und entlastenden Faktoren zutreffend dargelegt. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann vorab auf alle diese Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 29 S. 6 ff.). Zu präzisieren ist, dass das Gesetz für den bandenmässigen Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 3 Abs. 2 StGB alternativ zu einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren eine Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen vorsieht, der gewerbsmässige Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 StGB hingegen nur eine Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen.
Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass
der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist bei der Bildung einer Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB vorab der Strafrahmen für die schwerste Straftat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Schliesslich ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat mithin in einem ersten Schritt gedanklich die Einsatzstrafe des schwersten Delikts festzulegen, indem es alle diesbezüglichen straferhöhenden und strafmindernden Umstände einbezieht. In einem zweiten Schritt hat es die Strafe zu erhöhen, um die weiteren Delikte zu sanktionieren. Auch dort muss es den jeweiligen Umständen Rechnung tragen (BGE 6B_865/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2.2). Als schwerste Tat gilt jene, die gemäss abstrakter Strafdrohung des Gesetzes mit der höchsten Strafe bedroht ist (BGE 6B_885/2010 vom
7. März 2011 E. 4.4.1).
Bandenmässiger Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 3 Abs. 2 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bedroht, womit die bandenmässigen Diebstähle, welche ausserdem als gewerbsmässig zu qualifizieren sind, die schwersten vom Beschuldigten begangenen Delikte sind.
Innerhalb des festgelegten Strafrahmens misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf dessen Leben (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Ausgangspunkt bei der Strafzumessung ist die objektive Tatschwere, d.h. die Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts bzw. der schuldhaft verursachte Erfolg. Ebenso massgeblich ist die subjektive Tatschwere, die sich aus der Intensität des deliktischen Willens sowie den Beweggründen für die Tat ergibt. Mit zu berücksichtigen sind schliesslich das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Täters.
Betreffend die objektive Tatschwere ist der Deliktsbetrag zu berücksichtigen, welcher vorliegend ausserordentlich hoch ist, ist doch von einem Betrag in Millionenhöhe auszugehen (selbst wenn man die von der Verteidigung vor Vorinstanz beantragte Reduktion um 25 % berücksichtigt, vgl. Urk. 18/3 S. 3). Der Beschuldigte brach zwar in die Räumlichkeiten ein, als keine Menschen darin verweilten und hätten erschreckt werden können und es ist auch glaubhaft, dass dies dem Beschuldigten wichtig war und er ausserdem nicht bereit gewesen wäre, Gewalt anzuwenden, wie die Verteidigung geltend macht (Urk. 42 S. 5). Aber er fügte den betroffenen Eigentümern einen erheblichen finanziellen Schaden zu, insbesondere da er sich auf möglichst wertvolle zahnärztliche Werkzeuge konzentrierte. Nicht zu unterschätzen sind ausserdem die Folgen der Einbrüche und der dadurch fehlenden Gegenstände, welche darin bestanden, dass die jeweiligen Geschäftsbetriebe dadurch vorerst lahmgelegt wurden. Der Beschuldigte ging geplant und professionell vor und dies 40 mal (wenn es zum Teil auch nur beim Versuch blieb) während eines Zeitraums von 3 ¼ Jahren, was für eine sehr grosse kriminelle Energie spricht. Innerhalb der Hierarchie der Organisation, welche für die Einbruchdiebstähle verantwortlich war, hatte er zwar eine untergeordnete Stellung, da er selbst nicht einer der Organisatoren war. Sein Tatbeitrag, nämlich das Einbrechen und Hineinklettern in die Räumlichkeiten sowie das Wegbringen der gestohlenen Ware, war jedoch von zentraler Bedeutung. Sein objektives Tatverschulden wiegt damit schwer.
Was die subjektive Tatschwere betrifft, so handelte der Beschuldigte direktvorsätzlich. Seine Motive waren rein finanzieller und damit egoistischer Natur, obwohl er sich entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 42 S. 3 f.) - nicht in einer Zwangsoder Notlage befand, denn er verdiente einen wenn auch tiefen
- Lohn als Kinder-Fussballtrainer und bekam von seinem Vater für die Arbeit auf dessen Hof Esswaren und Kleider für die Kinder. Den grössten Teil seiner Schulden hatte er durch Spiel-Wetten und damit selbstverschuldet verursacht (HD 8/9/6
S. 5). Diese wurden inzwischen von seinem Vater getilgt (Urk. 41 S. 4), was zeigt,
dass es für den Beschuldigten andere Möglichkeiten gegeben hätte, seine Schulden zu begleichen, als durch das Begehen von Delikten. Ausserdem wären die Schulden, welche Euro 17'000.betrugen (Urk. 41 S. 3), bei einem Lohn von Fr. 2'000.bis Fr. 5'000.pro Einbruch (Urk. 41 S. 6) bereits nach wenigen und nicht erst nach 40 Diebstählen abbezahlt gewesen. Der Beschuldigte wollte sich bzw. Dritten Eigentum an Wertsachen verschaffen, die ihm nicht zustanden und deren Entwendung für andere einen Verlust bedeuten würde. Dadurch wies er einen intensiven deliktischen Willen auf. In subjektiver Hinsicht wiegt das Verschulden ebenfalls schwer.
Bei schwerem Verschulden ist die Strafe im obersten Drittel des Strafrahmens anzusetzen. Insgesamt erweist sich für den mehrfachen gewerbsund bandenmässigen Diebstahl eine Einsatzstrafe von 7 Jahren Freiheitsstrafe als angemessen.
Straferhöhend wirken sich die weiteren Delikte d.h. die mehrfache Sachbeschädigung, der mehrfache Hausfriedensbruch, das mehrfache Fälschen von Ausweisen sowie die mehrfachen Widerhandlungen gegen das ANAG und das AuG aus.
Der mehrfache Hausfriedensbruch tritt neben dem mehrfachen Diebstahl und der mehrfachen Sachbeschädigung in den Hintergrund. Diese führte aber zu einem erheblichen Sachschaden in der Höhe von über Fr. 155'000.zum Nachteil der Privatkläger. Der Beschuldigte beging Hausfriedensbruch und verursachte Sachschaden, um sein Ziel, an Wertsachen heranzukommen, zu erreichen. Dies tat er wiederum direkt vorsätzlich. Auch diesbezüglich wiegt sein Verschulden sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht schwer.
Was das Fälschen von Ausweisen sowie die rechtswidrige Einreise und den rechtswidrigen Aufenthalt betrifft, so zeigte der Beschuldigte mit seinem Verhalten zum wiederholten Mal, dass er die ausländerrechtlichen Entscheide der Behörden nicht respektiert. Er fälschte Ausweise und machte wahrheitswidrige Angaben gegenüber der Schweizerischen Botschaft, um so in die Schweiz zu gelangen und sich hier aufhalten zu können, wobei er dies nicht etwa mit dem Ziel
tat, hier einer legalen Arbeitstätigkeit nachzugehen, sondern einzig mit der Absicht, in der Schweiz Einbruchdiebstähle zu verüben. Sein Tatverschulden wiegt sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht nicht leicht.
Zusammenfassend rechtfertigt es sich, die Einsatzstrafe von 7 Jahren um 1 ½ Jahre zu erhöhen, weshalb eine Strafe von 8 ½ Jahren Freiheitsstrafe dem gesamten Verschulden des Beschuldigten angemessen erscheint.
Zum Vorleben und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten kann auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 29 S. 11 f.). An der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, er habe schon früh begonnen, auf dem Bau zu arbeiten, habe in Fussballclubs gespielt und sei Trainer in einem Amateurfussballclub gewesen. Nach der Entlassung aus dem Strafvollzug wolle er eine Ausbildung als Sporttrainer machen und er habe bereits ein Angebot, um in seinem Heimatdorf als Fussballtrainer für Kinder zu arbeiten. Er sei nach wie vor verheiratet und Vater einer 11-jährigen Tochter und eines 15-jährigen Sohnes, welche beide zur Schule gehen würden. Seine ganze Familie helfe auf dem Hof seines Vaters mit, der neuerdings eine Genossenschaft gegründet habe, welche Sauerkraut verpacke. Er habe keine Schulden mehr, da sein Vater alles abbezahlt habe. Die Schulden seien vor allem durch Wetten entstanden (Urk. 41 S. 2 ff.). Aus der Biographie und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten ergeben sich keine Anhaltspunkte, die für die Strafzumessung von wesentlicher Bedeutung wären.
Der Beschuldigte ist in der Schweiz nicht vorbestraft (HD 8/9/1-2). Am
29. Juli 1993 wurde er durch das Landgericht Bielefeld in Deutschland wegen einschlägigen Delikten d.h. Bandendiebstahl in 30 Fällen sowie versuchtem Bandendiebstahl in 13 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt (HD 8/9/3). In Italien wurde er sodann 1998 und 1999 wegen Diebstahls zu bedingten Freiheitsstrafen (1 Jahr und 4 Monate bzw. 15 Tage) und Geldstrafen verurteilt (HD 8/9/5). Ausländische Vorstrafen dürfen zwar mitberücksichtigt werden (BSK Strafrecht I- Wiprächtiger, Art. 47 N 102), dies jedoch nur, wenn sie den Grundsätzen des Schweizerischen Rechts nicht widersprechen (vgl. BGE 105 IV 225 E. 2). Wären die Strafen in der Schweiz auferlegt worden, wäre die in Deutschland ausgesprochene Freiheitsstrafe am 29. Juli 2012 (Art. 369 Abs. 1 lit. b StPO) und die in Italien auferlegten Freiheitsund Geldstrafen in den Jahren 2008 bzw. 2009 (Art. 369 Abs. 3 StPO) aus dem Strafregister entfernt worden. Gemäss Art. 369 Abs. 7 StGB dürfen aus den Strafregister entfernte Vorstrafen nicht mehr berücksichtigt werden (BGE 135 IV 91 f.), worauf auch die Verteidigung zu Recht hinweist (Urk. 42 S. 3). Gestützt auf diesen Grundsatz dürfen deshalb auch die ausländischen Vorstrafen, welche nach Schweizerischem Recht bereits aus dem Strafregister gelöscht worden wären, vorliegend nicht straferhöhend mitberücksichtigt werden. Die Vorstrafenlosigkeit des Beschuldigten rechtfertigt jedoch auch keine Strafminderung (BGE 136 IV 1).
Strafmindernd ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte geständig ist. Er zeigte ausserdem Reue und Einsicht (Prot. I S. 14, Urk. 41 S. 5, Prot. II S. 9). Insgesamt hatte er mit seinen Zugaben das Strafverfahren wesentlich erleichtert. Durch die Verletzung des Beines, welche durch den Schuss der Polizei bei der Verhaftung entstand, muss der Beschuldigte nebst der Freiheitsstrafe eine weitere einschneidende, wenn auch nicht unmittelbare Konsequenz seines deliktischen Verhaltens tragen, weshalb diese leicht strafmindernd zu berücksichtigen ist. Weitere Straferhöhungsoder -minderungsgründe sind nicht ersichtlich.
In Würdigung aller massgeblichen Strafzumessungsgründe erweist sich eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren als angemessen. Anzurechnen an die Freiheitsstrafe ist die erstandene Haft (Polizeiund Untersuchungshaft) sowie der vorzeitige Strafvollzug (bis und mit heute) von 965 Tagen (Art. 51 StGB; HD 8/8/1, 8/8/33, 8/8/35).
Die Höhe der Freiheitsstrafe erlaubt weder den bedingten noch den teilbedingten Strafvollzug (vgl. Art. 42 und 43 StGB). Die Freiheitsstrafe ist deshalb zu vollziehen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte hat
mit seiner Berufung eine Reduktion der Strafe erreicht, wenn auch nicht im Ausmass seines Antrags. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind dem Beschuldigten demnach zu drei Vierteln aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind - unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom
25. April 2012 bezüglich Dispositivziffern 1 (Schuldpunkt), 4 (Einziehung Gegenstände), 5 (Einziehung Ausweisschriften), 6 (Einziehung Bargeldbeträge), 7 und 8 (Schadenersatzbegehren), 9 (Genugtuungsbegehren) sowie 10 und 11 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
wird bestraft mit 6 Jahren Freiheitsstrafe, wovon
bis und mit heute 965 Tage durch Polizeiund Untersuchungshaft sowie vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. amtliche Verteidigung (ausstehend)
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten zu drei Vierteln auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht bleibt vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
die Justizvollzugsanstalt durch den zuführenden Polizeibeamten sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich
das Bundesamt für Migration
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Zürich, 4. Dezember 2012
Der Vorsitzende:
Oberrichter lic. iur. Th. Meyer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Oswald
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