Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB080592 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 14.01.2009 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Die Probezeit bei bedingter Entlassung aus dem Strafvollzug berechnet sich nach neuem Recht, weshalb i.d.R. als Länge der Probezeit der Strafrest gilt. |
Zusammenfassung : | Die Angeklagte wurde nach einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug erneut straffällig und es wurde über den Widerruf der bedingten Entlassung entschieden. Es stellte sich die Frage, ob die Probezeit nach altem oder neuem Recht zu berechnen ist. Das Gericht entschied, dass die neuen Regelungen anzuwenden sind und die Probezeit dem Strafrest entsprechen soll. Daher wurde die Angeklagte in den Strafvollzug zurückversetzt. Das Urteil wurde am 14. Januar 2009 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt. |
Schlagwörter : | Probezeit; Entlassung; Angeklagte; Vollzug; Recht; Entscheid; Kantons; Rückversetzung; Bestimmungen; Zusammenhang; Obergericht; Kammer; Oberrichter; Urteil; Widerruf; Ansetzung; Vorinstanz; Verfügung; Restes; Bemessung; Vollzugsregime; Täter; Schlussbestimmungen; Vollzuges; Botschaft; Bundesrates; Geschäfts-Nr |
Rechtsnorm: | Art. 38 StGB ; Art. 388 StGB ; Art. 87 StGB ; |
Referenz BGE: | 133 IV 201; 133 IV 203; |
Kommentar: | Donatsch, Flachsmann, Hug, Weder, Kommentar StGB, 2006 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr. SB080592/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Marti, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur.
L. Chitvanni und Ersatzoberrichter lic. iur. A. Flury sowie der juristische Sekretär lic. iur. R. Harris
Urteil vom 14. Januar 2009
in Sachen
A,
Angeklagte und Appellantin
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt B
gegen
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,
Anklägerin und Appellatin
betreffend
Aus dem Sachverhalt:
Die Angeklagte wurde am 25. Februar 2006 unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Der Strafrest betrug 471 Tage. Vom 9. Juni 2007 an beging sie verschiedene Betäubungsmitteldelikte. Im Zusammenhang mit dem zu prüfenden Widerruf der bedingten Entlassung und der Rückversetzung in den Strafvollzug stellte sich die Frage, ob die Probezeit nach altem (vor dem 1. Januar 2007 gültigem) nach neuem Recht zu berechnen ist.
Aus den Erwägungen:
[...]
1. Die Vorinstanz ging in ihrem Entscheid [...] davon aus, die Angeklagte habe während laufender Probezeit der bedingten Entlassung delinquiert und ordnete daher die Rückversetzung der Angeklagten in den Strafvollzug an (Strafrest 471 Tage).
[...]
Die vor Vorinstanz rechtskräftig beurteilten Taten beging die Angeklagte gemäss Anklageschrift innerhalb der mit Verfügung des Justizvollzuges des Kantons Zürich vom 24. Januar 2006 im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug angesetzten dreijährigen Probezeit.
Die Verteidigung warf die Frage auf, ob die mit der bedingten Entlassung am 25. Februar 2006 angesetzte Probezeit von 3 Jahren angesichts des Strafrestes von 471 Tagen und der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen neuen Regelung für die Bemessung der Dauer der Probezeit (Art. 87 StGB) massgebend sei.
In der Tat trat am 1. Januar 2007 der neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches in Kraft. Gemäss Art. 388 Abs. 3 StGB sind die Bestimmungen des neuen
Rechts hier Art. 87 StGB - über das Vollzugsregime auch auf Täter anwendbar, die nach bisherigem Recht verurteilt wurden. In Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002, wo für den Bereich des Strafvollzuges die neurechtlichen Bestimmungen aufgeführt werden, welche auch auf Täter anwendbar sind, die nach altem Recht verurteilt wurden, fehlen zwar die Bestimmungen über die bedingte Entlassung (Art. 86 ff. StGB). Wie das Bundesgericht in BGE 133 IV 201 indessen bereits entschied, fallen die Bestimmungen über die bedingte Entlassung nach der Botschaft des Bundesrates zu dieser Gesetzesänderung ausdrücklich unter den Begriff des Vollzugsregimes (BBl 1999,
S. 2183), weshalb anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die Art. 86 ff. in Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen versehentlich nicht aufführte. Höchstrichterlich ist daher entschieden, dass die Fragen der bedingten Entlassung und der Rückversetzung sowie damit zwangsläufig auch diejenige nach der Bemessung der Probezeit im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung im Sinne des neuen Art. 87 StGB mithin nach neuem Recht zu beurteilen sind (vgl. BGE 133 IV 203, vgl. hiezu auch Entscheid der III. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 27. Oktober 2008, UG080037). Die Anwendung neuen Rechts hat zur Konsequenz, dass frühere Entscheide, welche die heute massgebende Maximaldauer der Probezeit überschreiten, unbeachtlich sind.
Vorliegend wurde die Angeklagte mit Verfügung vom 24. Januar 2006 auf den 25. Februar 2006 unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren wie dies nach dem damals geltenden Art. 38 Abs. 2 StGB möglich war entlassen.
Nach dem neu anzuwendenden Art. 87 Abs. 1 StGB soll dem bedingt entlassenen eine Probezeit auferlegt werden, deren Dauer dem Strafrest entspricht, wobei die Minimalprobezeit mindestens ein Jahr und die Maximalprobezeit höchstens fünf Jahre beträgt. Durch die Herstellung des Bezuges zwischen Strafrest und Probezeit wird verdeutlicht, dass die Probezeit nach der bedingten Entlassung ein Teil der Strafverbüssung ist (vgl. Donatsch / Flachsmann / Hug / Weder, Kommentar StGB, 17. Aufl., Zürich 2006, S. 175 unter Hinweis auf die Botschaft des Bundesrates, BBl 1999, S. 2122).
Ausgehend von einem Strafrest von 471 Tagen, entsprach die Probezeit entgegen dem früheren Entscheid nicht drei Jahre, sondern eben der Dauer dieses Strafrestes.
[ ]
(Entscheid ist rechtskräftig.)
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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