Zusammenfassung des Urteils RY220001: Obergericht des Kantons Zürich
Der Privatkläger A.________ hat gegen die kantonale Staatsanwaltschaft und die Beschuldigte C.________ Beschwerde wegen Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung eingereicht. Die Staatsanwaltschaft entschied, keine Untersuchung aufgrund von Verjährung durchzuführen. Der Privatkläger legte fristgerecht Beschwerde ein, aber seine Eingaben genügten nicht den Anforderungen und wurden als unzureichend begründet angesehen. Daher wurde auf die Beschwerde nicht eingetreten und keine Kosten erhoben. Der Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RY220001 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 17.05.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Revision (Rechtsöffnung) |
Schlagwörter : | Gesuch; Revision; Gesuchsgegner; Recht; Verfahren; Verfahren; Noven; Beweismittel; Entscheid; Tatsache; Tatsachen; Gesuchsgegners; Revisionsgesuch; Urteil; Rechtsöffnung; Bundesgericht; Akten; Dokument; Einvernahme; Unterlagen; Gericht; Behauptung; Rechtsmittel; Gesuchsantwort |
Rechtsnorm: | Art. 101 StPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 107 BGG ;Art. 111 ZPO ;Art. 124 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 256 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 328 ZPO ;Art. 329 ZPO ;Art. 330 ZPO ;Art. 61 BGG ;Art. 82 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ;Art. 99 BGG ; |
Referenz BGE: | 132 III 140; 134 III 45; 134 III 669; 141 III 195; 142 III 413; 142 III 557; 142 III 720; 143 III 272; 145 III 160; 146 III 237; 147 III 238; 147 III 351; 147 V 342; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RY220001-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende,
die Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiber Dr. Chr. Arnold
Beschluss und Urteil vom 17. Mai 2022
in Sachen
,
Gesuchsgegner, Beschwerdeführer und Revisionskläger
vertreten durch Fürsprecher X1. und / Rechtsanwalt Dr. iur. X2.
gegen
Corp.,
Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin und Revisionsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y1. und / Rechtsanwalt lic. iur. Y2.
betreffend Revision (Rechtsöffnung)
Erwägungen:
1. Mit Entscheid vom 18. Juni 2020 erteilte das Einzelgericht Audienz am Bezirksgericht Zürich der Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin und Revisionsbeklagten (nachfolgend: Gesuchstellerin) in der gegen den Gesuchsgegner, Beschwerdeführer und Revisionskläger (nachfolgend: Gesuchsgegner) angehobe- nen Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Zahlungsbefehl vom
17. November 2017) provisorische Rechtsöffnung für Fr. 5'734'000.– nebst Zins zu 5 % seit 1. November 2017 sowie Fr. 28'670.– nebst Zins zu 5 % seit
November 2017. Im Mehrumfang wies es das Rechtsöffnungsgesuch ab (Urk. 6/21 S. 11 = Urk. 7/18 S. 11). Der Gesuchsgegner hatte insbesondere geltend gemacht, dass er an der Gesuchstellerin wirtschaftlich berechtigt sei (Urk. 7/15 Rz. 42). Letztere sei ihm am 17. April 2017 durch gefälschte Unterschriften und weitere unzulässige Handlungen entzogen worden. In der Folge sei
C.
unrechtmässig zum director der Gesuchstellerin ernannt worden. Die
von ihr unterzeichnete Vollmacht zuhanden der Rechtsvertretung der Gesuchstellerin sei deshalb ungültig (Urk. 7/15 Rz. 5). Das Bezirksgericht Zürich verwarf diesen Einwand in seinem Entscheid vom 18. Juni 2020 (Urk. 6/21 S. 3 ff.).
In der Folge gelangte der Gesuchsgegner ans Obergericht und machte erneut geltend, dass ihm die Gesuchstellerin unrechtmässig entzogen worden sei (Urk. 6/20 Rz. 38). Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens ergänzte er seine Behauptungen und reichte diverse neue Unterlagen aus einem Strafverfahren ein. Dies blieb aufgrund des Novenverbots (Art. 326 Abs. 1 ZPO) unberücksichtigt (Urk. 2 S. 6 f.). Mit Urteil vom 25. November 2021 wies die Kammer die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat (Urk. 2 S. 33 = Urk. 6/66 S. 33).
Mit Eingabe vom 17. Januar 2022 reichte der Gesuchsgegner ein Revisionsgesuch ein und stellte folgende Anträge (Urk. 1 S. 2):
1. Es sei das Urteil des Obergerichts Zürich vom 25. November 2021, Geschäfts-Nr. RT-200086-O aufzuheben.
In Gutheissung der Beschwerde vom 9. Juli 2020 sei der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich, Einzelgericht Audienz, vom
18. Juni 2020, Geschäfts-Nr. EB191579-L aufzuheben und es sei auf das Gesuch der Beschwerdegegnerin um provisorische Rechtsöffnung nicht einzutreten.
Subsidiär zu Ziffer 2 sei in Gutheissung der Beschwerde vom
9. Juli 2020 der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich, Einzelgericht Audienz, vom 18. Juni 2020, Geschäfts-Nr. EB191579-L aufzuheben und es sei das Gesuch der Beschwerdegegnerin um provisorische Rechtsöffnung abzuweisen;
Subsidiär zu Ziffern 2 und 3 sei in Gutheissung der Beschwerde vom 9. Juli 2020 der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich, Einzelgericht Audienz, vom 18. Juni 2020, Geschäfts-Nr. EB191579- L aufzuheben und es sei die Sache zur Neuentscheidung an das Einzelgericht in summarischen Sachen des Bezirksgerichts Zürich zurückzuweisen;
Unter Kosten und Entschädigungsfolge (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu Lasten der [Revisions-]Gesuchsgegnerin.
4. Die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens EB191579-L (Urk. 7/1–19) und des Beschwerdeverfahrens RT200086-O (Urk. 6/20–67) wurden beigezogen. Da sich die Revision – wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird – sogleich als offensichtlich unzulässig bzw. unbegründet erweist, erübrigt es sich, eine Stellung- nahme der Gegenpartei einzuholen (Art. 330 ZPO).
Prozessuale Vorbemerkungen
Das Revisionsgesuch ist zu begründen (Art. 329 Abs. 1 ZPO). Wird der Revisionsgrund von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO geltend gemacht, muss der Revisionskläger aufzeigen, dass ihm das Nachschieben der neuentdeckten Tatsache des Beweismittels nicht als Verletzung durchschnittlicher Sorgfalt angelastet werden kann (BSK ZPO-Herzog, Art. 329 N 13).
Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes einzureichen (Art. 329 Abs. 1 ZPO). In analoger Anwendung von Art. 124 Abs. 1 lit. d BGG beginnt die Frist frühestens mit der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids zu laufen (BK ZPO II-Sterchi, Art. 329
N 10). Das Urteil vom 25. November 2021 wurde dem Gesuchsgegner am
30. November 2021 zugestellt (Urk. 6/67/1); mit dem Revisionsgesuch vom
17. Januar 2022, gleichentags bei der Post aufgegeben (Urk. 1), ist die Frist gewahrt.
Aus dem Schreiben der Rechtsvertreter des Gesuchsgegners vom
August 2020 an die Staatsanwaltschaft III geht hervor, dass der Gesuchsgeg- ner gegen das Urteil betreffend die provisorische Rechtsöffnung die Aberken- nungsklage erhoben hat (Urk. 5/4 S. 2). Zum Stand dieses Verfahrens äussert er sich in seiner Revisionsschrift nicht. Fraglich ist, ob die Rechtshängigkeit gegebenenfalls die Rechtskraft jenes Verfahrens ein fehlendes Rechtsschutzinteresse dem vorliegenden Revisionsgesuch entgegenstehen (Art. 59 Abs. 2 lit. a, d e ZPO): Die provisorische Rechtsöffnung ist ein Urkundenprozess, in dem abgeklärt wird, ob eine Schuldanerkennung im Sinne eines provisorischen Rechtsöffnungstitels vorliegt; sie bezweckt nicht, festzustellen, ob die in Betreibung gesetzte Forderung materiell besteht (BGE 145 III 160 E. 5.1; BGE 142 III 720 E. 4.1; BGE 132 III 140 E. 4.1.1). Der Schuldner kann die provisorische Rechtsöffnung abwenden, wenn er Einwände, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht (Art. 82 Abs. 2 SchKG). Demgegenüber ist die Aberkennungsklage eine materiellrechtliche Klage. Der Schuldner verlangt die Feststellung, dass die gesamte ein Teil der in Betreibung gesetzten Forderung nicht nicht mehr besteht im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls noch nicht fällig war (BSK SchKG I-Staehelin, Art. 83 N 14). Ist diese Frage rechtskräftig entschieden, spielt es keine Rolle mehr, ob der Gläubiger über einen provisorischen Rechtsöffnungstitel verfügt. Mit anderen Worten hat der Schuldner in einem solchen Fall kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Abän- derung eines Entscheids betreffend provisorische Rechtsöffnung. Dasselbe gilt bezüglich eines Revisionsgesuchs gegen einen solchen Entscheid. Fraglich ist, wie es sich verhält, wenn der Aberkennungsprozess noch pendent ist. Die Frist zur Erhebung der Aberkennungsklage beginnt mit der Eröffnung des erstinstanzlichen Entscheids zu laufen; eine Ausnahme gilt nur, wenn die Beschwerdeinstanz die aufschiebende Wirkung gewährt (BSK SchKG I-Staehelin, Art. 83 N 23 und 25). Mit anderen Worten steht die hängige Aberkennungsklage einer Abänderung
des Entscheids betreffend provisorische Rechtsöffnung im Beschwerdeverfahren nicht entgegen; dasselbe muss hinsichtlich eines Revisionsgesuchs gegen einen solchen Entscheid gelten. Vorliegend ist unklar, ob die Aberkennungsklage des Gesuchsgegners noch hängig bereits rechtskräftig entschieden worden ist. Die Frage kann aber offenbleiben. Selbst wenn auf das Revisionsgesuch einzutreten ist, kann ihm nämlich – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – kein Erfolg beschieden sein.
Verhältnis von Art. 326 Abs. 1 ZPO zu Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO
Der Gesuchsgegner bringt vor, er sei seit der Gründung der Gesuchstellerin nicht nur deren einziger wirtschaftlich Berechtigter, sondern auch deren
Alleinaktionär. Er habe C.
weder seine wirtschaftliche Berechtigung noch
die Aktien übertragen, auch nicht über eine Drittperson. Vielmehr habe D. , die Ex-Frau des Gesuchsgegners, gegenüber C. offenbar faktenwidrig angegeben, dass sie und der Gesuchsgegner ihre Vermögenswerte in Ruhe aufteilen wollten. Deswegen wäre es besser, wenn eine Drittperson die Gesuchstellerin
halten würde. Die Ex-Frau habe gegenüber C.
zudem ein Aktienzertifikat
vorgewiesen, bei dem es sich um ein gefälschtes Dokument gehandelt haben müsse (Urk. 1 Rz. 12). D. habe Zugang zu Unterlagen und Unterschriften des Gesuchsgegners gehabt, solange sie zusammen gewohnt hätten. So könne die Gesuchstellerin, welche nun faktisch von D. kontrolliert werde, weitere Unterschriften des Gesuchsgegners in Dokumente kopieren und diese dann den Zürcher Gerichten einreichen (Urk. 1 Rz. 12 [S. 10]). Das Obergericht habe viele Beweise aufgrund des Novenverbots nicht würdigen dürfen. Dieses Novenverbot bezwecke indessen nicht, eine aufgrund von Art. 328 ZPO gebotene Korrektur des Urteils zu unterbinden. Im Rahmen der Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO seien die zahlreichen, weiteren und stichhaltigen Beweise zu würdigen (Urk. 1 Rz. 16 und 33). Wenn ein kantonales Rechtsmittelverfahren durchgeführt worden sei, sei ausschliesslich die kantonale Rechtsmittelinstanz zur Behandlung des Revisionsgesuches zuständig, sofern sie einen Entscheid in der Sache gefällt habe (Urk. 1 Rz. 23).
Die zentrale Frage ist vorliegend, ob Noven, die erstmals im Beschwerdeoder Revisionsverfahren geltend gemacht wurden bzw. werden, von der Rechtsmittelinstanz im Rahmen der Revision zu berücksichtigen sind. Letzteres ist zu verneinen, soweit die Tatsachen und Beweismittel erst nach dem Entscheid entstanden sind (Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO). In der Lehre wird teilweise vertreten, dass die Rechtsmittelinstanz zuständig sei, wenn sie die Beschwerde abgewiesen reformatorisch entschieden habe; sie solle die Sache indessen ans erstinstanzliche Gericht zurückweisen, wenn sich der Revisionsgrund bereits im erstinstanzlichen Verfahren verwirklicht habe (Sébastien Moret, Aktenschluss und Novenrecht nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Diss. Zürich, 2014, Rz. 957 f.; ZK ZPO-Freiburghaus/Afheldt, Art. 328 N 10; BSK ZPO-Herzog, Art. 328 N 75 f.; Adrian Staehelin/Daniel Staehelin/Pascal Grolimund, Zivilprozessrecht, Unter Einbezug des Anwaltsrechts und des internationalen Zivilprozessrechts, 3. Aufl. 2019, § 26 Rz. 61). Eine weitere Ansicht sieht die Zuständigkeit ebenfalls bei der Rechtsmittelinstanz, ohne die Möglichkeit einer Rückweisung zu thematisieren (Schwander, DIKE-Komm-ZPO, Art. 328 N 20; Jakob Stei- ner, Die Beschwerde nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Diss. Basel, 2019, Rz. 768). Andere Autoren gehen davon aus, dass im Fall von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO die erste Instanz zuständig sei, weil die Rechtsmittelinstanz diese neuen Vorbringen im Beschwerdeverfahren aufgrund von Art. 326 ZPO ohnehin nicht hätte zur Urteilsgrundlage machen können (BK ZPO II-Sterchi, Art. 328 N 6b; ähnlich CR CPC-Schweizer, Art. 328 N 15).
Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung ist der Wortlaut der Bestimmung (grammatikalisches Element). Ist er klar, das heisst eindeutig und unmissverständlich, darf von ihm nur abgewichen werden, wenn ein triftiger Grund für die Annahme besteht, er ziele am wahren Sinn der Regelung vorbei. Anlass für eine solche Annahme können die Entstehungsgeschichte der Bestimmung (historisch), ihr Zweck (teleologisch) der Zusammenhang mit anderen Vorschriften (systematisch) geben, so namentlich, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann (BGE 147 V 342
E. 5.5.4.1). Die einzelnen Auslegungsmethoden unterstehen keiner hierarchischen Prioritätsordnung (pragmatischer Methodenpluralismus; BGE 142 III 557 E. 8.3; BGE 141 III 195 E. 2.4).
Gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO kann eine Partei beim Gericht, welches als letzte Instanz entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Die Tatsache, dass im Ingress von Art. 328 Abs. 1 ZPO nicht zwischen der Berufungs- und der Beschwerdeinstanz unterschieden wird, deutet darauf hin, dass die Revision auch gegen einen Beschwerdeentscheid möglich ist. Es ist allgemein anerkannt, dass mit nachträglich nicht das entsprechende Urteil gemeint ist, sondern der letzte Zeitpunkt, in welchem die Tatsache noch in den früheren Prozess hätte eingebracht werden können (BGE 143 III 272 E. 2.3; BGE 142 III 413 E. 2.2.6; BK ZPO II-Sterchi, Art. 328 N 14; Valentin Monn, Späte Noven zwischen Berufung und Revision: Gedanken zu Art. 328 Abs. 1 Bst. a ZPO, ZZZ 2016, S. 207 ff., S. 214 f.; Staehelin/Staehelin/Grolimund, a.a.O., § 26 Rz. 54; BSK ZPO-Herzog, Art. 328 N 36; teilweise abweichend Schwander, DIKE- Komm-ZPO, Art. 328 N 26, wonach auch Noven zulässig sind, welche im Zeitpunkt vorlagen, als noch ein ordentliches Rechtsmittel hätte eingereicht werden können). Im erstinstanzlichen Verfahren bestimmt sich dieser Zeitpunkt nach Art. 229 Abs. 1 ZPO, im Berufungsverfahren nach Art. 317 Abs. 1 ZPO (BGE 143 III 272 E. 2.3; BK ZPO II-Sterchi, Art. 328 N 14). Ausgeschlossen sind somit Tatsachen, die sich nach Beginn des Novenverbots ereignet haben (Reto Bieri, Revisionsgründe und Fristen als Schlüssel zum Revisionsverfahren, Eine Analyse der Artikel 328 und 329 der ZPO im Vergleich zu den altrechtlichen kantonalen Zivilprozessordnungen und zu den Art. 121-124 des BGG, Diss. St. Gallen, 2015,
S. 36). Auch die Beweismittel müssen im letzten Zeitpunkt, als sie noch hätten ins ursprüngliche Verfahren eingebracht werden können, bereits existiert haben (BGE
143 III 272 E. 2.2; BGE 142 III 413 E. 2.2.6; Staehelin/Staehelin/Grolimund, a.a.O., § 26 Rz. 54; differenzierend Monn, a.a.O, S. 219). Tatsachen und Beweismittel können im Revisionsverfahren somit nur dann berücksichtigt werden, wenn sie entstanden waren, bevor das Novenverbot im ursprünglichen Verfahren galt.
In systematischer Hinsicht ist festzustellen, dass sich dasselbe Problem auch im Rahmen des Bundesgerichtsgesetzes stellt: So können im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG sieht jedoch vor, dass in Zivilsachen die Revision verlangt werden kann, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. Nach einem allgemeinen Grundsatz soll sich diejenige Instanz mit der Revision befassen, die als letzte in der Sache entschieden hat (BGE 134 III 45 E. 2.2; BGer 4F_11/2013 vom 16. Oktober 2013, E. 3.2.1 mit Hinweis auf Art. 328 Abs. 1 ZPO). Da es sich bei der Beschwerde in Zivilsachen um ein reformatorisches Rechtsmittel handelt (Art. 107 Abs. 2 BGG), führt dessen Gutheissung Abweisung auf der Grundlage der im angefochtenen Entscheid festgestellten Tatsachen dazu, dass der Entscheid des Bundesgerichts an die Stelle des angefochtenen tritt. In solchen Fällen ist das Revisionsbegehren beim Bundesgericht zu stellen, da das Urteil des Bundesgerichts den einzigen in Rechtskraft erwachsenen (Art. 61 BGG) Entscheid darstellt, der in diesem Zeitpunkt der Revision zugänglich ist (BGE 134 III 669 E. 2.2; BGer 4F_11/2013 vom 16. Oktober 2013, E. 3.2.1; BGer 4F_8/2010 vom 18. April 2011,
E. 1.1). Bezüglich der Kognition des Bundesgerichts gilt: Ist das Bundesgericht für das Revisionsgesuch aufgrund neu entdeckter Tatsachen Beweismittel zuständig, prüft es, ob der geltend gemachte Revisionsgrund gegeben ist, mithin ob die Voraussetzungen der Revision nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG erfüllt sind. Dafür hat es unter anderem zu beurteilen, ob die neu entdeckte Tatsache bzw. das neu entdeckte Beweismittel erheblich ist. In diesem Rahmen befasst sich das Bundesgericht mit den neu entdeckten Tatsachen und Beweismitteln, auch wenn es den Sachverhalt im vorangegangenen Beschwerdeverfahren nur mit beschränkter Kognition überprüfen konnte (BGE 147 III 238 E. 3.3). Bejaht das Bun- desgericht die Erheblichkeit der neu entdeckten Tatsachen und Beweismittel sowie die weiteren Voraussetzungen des Revisionsgrunds nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG, hebt es das Urteil auf, das Gegenstand des Revisionsgesuchs ist, und urteilt in der Folge über die ursprüngliche Beschwerde. Bei Gutheissung der Revision nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG und der damit verbundenen Änderung der tatsächlichen Grundlagen weist das Bundesgericht die Sache in aller Regel an die kantonale Instanz zur Neubeurteilung zurück, weil das Bundesgericht grundsätzlich nicht selbst eine neue Würdigung der tatsächlichen Situation vornimmt. Das Bundesgericht kann im wieder aufgerollten Beschwerdeverfahren aber auch auf eine Rückweisung an die Vorinstanz verzichten und selbst über die Sache entscheiden, insbesondere wenn der massgebende Sachverhalt ohne weiteres feststeht (BGE 147 III 238 E. 3.4). Zulässig sind nur Tatsachen und Beweismittel, die sich bis zum Zeitpunkt verwirklicht haben, als im ursprünglichen Verfahren neue Behauptungen und Beweisofferten prozessual noch zulässig waren (BGE 134 III 669 E. 2.2; ähnlich BGer 8C_714/2016 vom 16. Dezember 2016, E. 2; BGer
8C_323/2016 vom 11. August 2016, E. 2; BGer 2F_4/2010 vom 16. Juli 2010,
E. 2.2). Soweit ausschliesslich Aspekte aufgegriffen werden, die vor Bundesgericht nicht (mehr) Streitgegenstand bildeten, ist das Revisionsgesuch bei der betreffenden kantonalen Instanz zu stellen (BGE 147 III 238 E. 3.2.1; BGer 4F_11/2013 vom 16. Oktober 2013, E. 3.2.1; BGer 4F_8/2010 vom 18. April 2011,
E. 1.1). Wendet man die bundesgerichtliche Praxis zu den Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG analog auf die vorliegende Problematik an, so bedeutet dies, dass die kantonale Rechtsmittelinstanz, welche die Beschwerde gutgeheissen abgewiesen hat, sich grundsätzlich auch mit dem Revisionsbegehren auseinandersetzen muss. Sie muss indessen nur die Tatsachen und Beweismittel berücksichtigen, die im ursprünglichen Verfahren noch hätten eingebracht werden können.
Art. 319 lit. a VE-ZPO hatte folgenden Wortlaut: Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache endgültig entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn […] sie erhebliche, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen entscheidende Beweismittel trotz zumutbarer Sorgfalt im früheren Verfahren nicht beibringen konnte[.] Die Expertenkommission führte dazu aus, örtlich und sachlich für die Revision zuständig solle immer das Gericht sein, welches als letzte Instanz in der Sache geurteilt habe. Es könnten nur unechte Noven geltend gemacht werden, also Tatsachen, die zur Zeit des kritischen Urteils bereits bestanden hätten. Der Revisionskläger kön ne solche Noven aber nur vorbringen, wenn er seine Behauptungs- und Beweislast im Erstprozess nicht vernachlässigt habe (Schweizerische Zivilprozessord- nung, ZPO, Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, 2003, S. 149 [abrufbar unter https://www.bj. admin.ch/bj/de/home/staat/gesetzgebung/archiv/zivilprozessrecht.html, besucht am 22. April 2022]). Hinsichtlich der Zuständigkeit ist der Bericht klar. Bezüglich der Noven nahm man an, dass der Revisionskläger sie im ursprünglichen Verfahren hätte beibringen können, wenn sie ihm vorgelegen hätten. Konkret äussert sich der Bericht jedoch nicht zum Verhältnis zum Novenverbot der Beschwerde. Auch im Vernehmlassungsverfahren wurde es nicht thematisiert, ebenso wenig die Frage der Zuständigkeit (Zusammenstellung der Vernehmlassungen, Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2004, S. 763 f. [abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/staat/gesetzgebung/archiv/zivilprozessrecht. h tml, besucht am 22. April 2022]). Art. 326 Abs. 1 lit. a E-ZPO entspricht mit einer unerheblichen Ausnahme dem heutigen Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO. Der Bundesrat führte dazu aus, dass nur Tatsachen und Beweismittel erfasst seien, welche zurzeit des damaligen Prozesses bereits vorhanden waren, die aber aus entschuldbaren Gründen nicht vorgebracht werden konnten (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7221, S. 7380). Am
21. Juni 2007 stimmte der Ständerat Art. 326 E-ZPO zu, ohne die Vorschrift inhaltlich zu debattieren (AB 2007 SR, S. 639). Am 12. Juni 2008 schloss sich auch der Nationalrat ohne Debatte an (AB 2008 NR, S. 973). Zusammenfassend erhellt aus den Materialien nicht, wie sich Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO zu Art. 326 ZPO verhält. Indessen ist klar, dass die Rechtsmittelinstanz, welche die Beschwerde in der Sache beurteilt hat, sich auch mit der Revision befassen muss.
Die Revision bezweckt, dass Gerichte auf der Grundlage wahrheitskonformer Tatsachenfeststellung ein gerechtes Ziel fällen (Schwander, DIKE- Komm-ZPO, Art. 328 N 4). Insofern besteht ein Zielkonflikt zum Novenverbot nach Art. 326 ZPO: Dieses liegt darin begründet, dass die Beschwerde grundsätzlich nur der Rechtskontrolle dient (BSK ZPO-Spühler, Art. 326 N 1). Es kann nicht Sinn und Zweck von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO sein, das Novenverbot auszuhe-
beln. Es widerspricht sodann der Natur der Revision als Nebenrechtsmittel (Samuel Baumgartner/Annette Dolge/Alexander R. Markus/Karl Spühler, Schweizerisches Zivilprozessrecht mit Grundzügen des internationalen Zivilprozessrechts,
10. Aufl. 2018, Kap. 12 Rz. 56 [S. 407]), wenn sich die Rechtsmittelinstanz mit Aspekten auseinandersetzen muss, welche mit dem Hauptrechtsmittel nicht geltend gemacht werden konnten.
Zusammenfassend ergibt sich aus der grammatikalischen, systematischen und historischen Auslegung klar, dass die Beschwerdeinstanz ein Revisionsbegehren nach Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO beurteilen muss. Dies gilt aber nur in Fällen, in denen sie die Beschwerde materiell beurteilt, das heisst, gutgeheissen abgewiesen hat. Die Revision muss sodann einen Aspekt betreffen, der im Beschwerdeverfahren effektiv umstritten war. Mit Blick auf die bundesgerichtliche Praxis und die einhellige Lehre ist sie auf unechte Noven beschränkt, die der Revisionskläger noch rechtzeitig ins ursprüngliche Verfahren hätte einbringen kön- nen, wenn sie ihm zugänglich gewesen wären. Ausgeschlossen sind somit Noven, die – wären sie bereits früher zugänglich gewesen – aus prozessualen Gründen nicht mehr hätten ins ursprüngliche Verfahren eingeführt werden kön- nen. Aufgrund des Novenverbots im Beschwerdeverfahren kann man sich fragen, ob dieses Auslegungsergebnis dem Sinn und Zweck der Revision entspricht. Vor dem Hintergrund der klaren Ergebnisse der übrigen Auslegungsmethoden sind allfällige Widersprüche indessen in Kauf zu nehmen.
2.3. Der Gesuchsgegner hatte bereits im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, dass er an der Gesuchstellerin wirtschaftlich berechtigt sei. Deren Aktien seien jedoch durch eine unbekannte Person gestohlen veruntreut wor- den. Obwohl C. nie Aktionärin der Gesuchstellerin gewesen sei, habe sie sich am 17. April 2017 unrechtmässig zum director ernannt. Entsprechend sei die Anwaltsvollmacht, welche sie unterschrieben habe, nichtig (Urk. 2 S. 7). Die vorliegende Revision betrifft denselben Themenkomplex (E. II.2.1.). Mit Urteil vom
November 2021 wurde die Beschwerde sodann abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde (Urk. 2 S. 33); es erging mithin ein Entscheid in der Sache. Die
Kammer ist deshalb auch für das Revisionsgesuch zuständig. Auf die Frage, welche Noven berücksichtigt werden können, ist nachfolgend einzugehen.
Zu berücksichtigende Noven (zeitlicher Aspekt)
Zu prüfen ist, bis zu welchem Zeitpunkt der Gesuchsgegner die Noven noch ins ursprüngliche Verfahren hätte einbringen können (E. II.2.2.6.): Im Beschwerdeverfahren sind neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Dies betrifft echte und unechte Noven (ZK ZPO-Freiburghaus/Afheldt, Art. 326 N 4). Das Novenverbot beginnt damit bereits im erstinstanzlichen Prozess. Im summarischen Verfahren tritt der Aktenschluss grundsätzlich nach einmaliger Äusserung ein (BGE 146 III 237 E. 3.1; BGE 144 III
117 E. 2.2). Eine (vorliegend nicht interessierende) Ausnahme gilt, wenn eine Verhandlung stattfindet ausnahmsweise ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wird (dazu BGE 146 III 237 E. 3.1). Nach dem Aktenschluss können neue Tatsachen und Beweismittel mit spontanen Eingaben nur noch unter den Voraussetzungen von Art. 229 ZPO vorgebracht werden (HGer ZH HE150336 vom 26.11.2015, in: ZR 115 [2016] Nr. 57, E. 4; Miguel Sogo/Roman Baechler, Aktenschluss im summarischen Verfahren, AJP 2020, S. 315 ff., S. 317 f.). Dies ist bis zur Urteilsberatung möglich (Sogo/Baechler, a.a.O., S. 318). Im schriftlichen summarischen Verfahren entscheidet das Gericht aufgrund der Akten (Art. 256 Abs. 1 ZPO). Die Urteilsberatungsphase beginnt grundsätzlich im Zeitpunkt, in welchem die EMRK-Replikfrist nach Zustellung der letzten Eingabe abgelaufen ist. Gleichwohl müssen Noven noch berücksichtigt werden, wenn das Dossier unbearbeitet ruht (BGE 142 III 413 E. 2.2.5). Letzteres ist für die Parteien in der Regel nicht erkennbar. Abzustellen ist deshalb auf das Versanddatum des Endentscheides. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen das Gericht die Spruchreife anzeigt (BGE 142 III 413 E. 2.2.5; BGer 4A_538/2017 vom 21. Dezember 2017, E. 4.4.2).
Die Gesuchsantwort datiert vom 9. März 2020 (Urk. 7/15). Das Bezirksgericht Zürich erliess seinen Entscheid am 18. Juni 2020, ohne die Gesuchsantwort vorab der Gegenseite zuzustellen (Urk. 7/18) und ohne die Spruchreife anzuzeigen. Der Entscheid wurde am 26. Juni 2020 versandt (Urk. 7/19a f.). Soweit sich der Gesuchsgegner auf Tatsachen und Beweismittel beruft, die erst
nach diesem Zeitpunkt entstanden sind, ist er damit nicht zu hören. Dies betrifft namentlich den Zwischenbericht zum Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft vom 11. November 2020 (Urk. 5/3), das Protokoll der Einvernahme von C. vom 1. Juli 2021 (Urk. 5/11), das Protokoll der Einvernahme des Gesuchsgegners vom 1. Juli 2021 (Urk. 5/12) und den Artikel von E. vom 25. Februar 2021 (Urk. 5/35).
Zu berücksichtigende Noven (Aspekt der sorgfältigen Prozessführung)
Der Gesuchsgegner bringt vor, er habe am 11. Dezember 2018 bei der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich Strafanzeige gegen C. , F. und Unbekannt erhoben. Am 11. Oktober 2019 und am 21. August 2020 habe er der Strafverfolgungsbehörde weitere Unterlagen zukommen lassen. Am 22. und
23. Oktober 2019 sei er als Privatkläger einvernommen worden. Erst mehr als zweieinhalb Jahre später, anlässlich seiner eigenen und der Einvernahme der beschuldigten Person vom 1. Juli 2021, habe er von zahlreichen Beweismitteln erfahren, welche ihm vorher nicht zur Verfügung gestanden hätten (Urk. 1 Rz. 34). So habe er am 8. Juli 2021 erstmalig Einsicht unter anderem in den Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 14. Januar 2020 (Urk. 5/7) und die Sicherstellungsliste vom 14. Januar [recte: 17. März] 2020 (Urk. 5/8) erhalten (Urk. 1 Rz. 35–38). Die neuen Unterlagen stammten nicht aus der Sphäre des Gesuchsgegners, sondern jener der Gesuchstellerin (Urk. 1 Rz. 42). Ersterer habe nachweislich mehrere Schritte unternommen, um das Strafverfahren voranzubringen. Zudem habe er im Rahmen der Zivilverfahren regelmässig die Edition der geschwärzten Unterlagen verlangt. Trotz zahlreicher weiterer Nachforschungen in der Schweiz und in anderen Ländern habe er erst durch die Ermittlungsergebnisse der Zürcher Staatsanwaltschaft von den unechten Noven erfahren (Urk. 1 Rz. 43). So könne er nun zweifelsfrei nachvollziehen, dass er auch Einzelaktionär der Gesuchstellerin sei (Urk. 1 Rz. 48). Zudem zeigten die neuen ungeschwärzten Unterlagen, dass die Ex-Frau des Gesuchsgegners hinter dem Entzug der Gesuchstellerin stehe (Urk. 1 Rz. 59 ff.).
Sowohl neue Tatsachen als auch neue Beweismittel können nur geltend gemacht werden, wenn der Revisionskläger sie trotz der gebotenen Sorgfalt
im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Das Revisionsverfahren dient nämlich nicht dazu, die Folgen unsorgfältiger Prozessführung auch nach Prozessabschluss noch korrigieren zu können (BK ZPO II-Sterchi, Art. 328 N 14). Dass es einer Partei unmöglich war, Tatsachen und Beweise bereits im früheren Verfahren beizubringen, ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Ein Revisionsgrund ist nur dann gegeben, wenn dem Revisionskläger keine Vernachlässigung seiner Behauptungs- und Beweislast vorzuwerfen ist, wozu auch zumutbare Nachforschungen gehören. Die Sorgfalt des Revisionsklägers ist am Verhalten einer durchschnittlich sorgfältigen Prozesspartei zu messen, wobei die Umstände des konkreten Falles zu würdigen sind. So mag die Revision je nachdem auch ei- ner Partei offenstehen, die im ordentlichen Verfahren eine Tatsachenbehauptung unterlassen hat, weil ihr die Beweismittel dazu fehlten. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass eine für den Ausgang des Verfahrens erhebliche Tatsache selten mit nur gerade einem einzigen Beweismittel bewiesen werden kann, das zudem erst im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO nach dem in Revision gezoge- nen Entscheid entstanden ist. Entsprechend kann von einer durchschnittlich sorgfältigen Prozesspartei verlangt werden, ihre Möglichkeiten zur Beschaffung geeigneter Beweismittel auszuschöpfen (BGer 5A_558/2014 vom 7. September 2015, E. 5.2).
Aktionärsstellung des Gesuchsgegners
Der Gesuchsgegner behauptete im erstinstanzlichen Rechtsöffnungsverfahren, dass zentral sei, wer der wirtschaftlich Berechtigte der Gesuchstellerin sei. Es spiele keine Rolle, wer formal Gründer, Aktionär director sei. Der wirtschaftlich Berechtigte einer Gesellschaft müsse keine formelle Funktion darin innehaben. Da ihm unter anderem die Unterlagen der Gesuchstellerin gestohlen worden seien, könne er über seine formale Stellung bei der Gesuchstellerin, also ob er Gründer, Aktionär director gewesen sei, keine sicheren Antworten geben. Er wisse aber mit Bestimmtheit, dass er an der Gesuchstellerin wirtschaftlich berechtigt sei (Urk. 7/15 Rz. 42). Am 17. April 2017 sei sie ihm durch gefälschte Unterschriften und weitere unzulässige Handlungen entzogen worden. Der vermeintlich zeichnende director der Gesuchstellerin, C. , sei unrechtmässig
bestellt worden. Damit sei auch die von ihr unterzeichnete Vollmacht an die geg- nerischen Anwälte ungültig. Die Gesuchstellerin habe somit gar nie ein Gesuch um provisorische Rechtsöffnung eingereicht (Urk. 7/15 Rz. 5).
Die Kammer hielt im Urteil vom 25. November 2021 fest, dass die Gesuchstellerin eine nach dem Recht der Republic of the Marshall Islands gegründete Gesellschaft mit Sitz in G. , Marshall Islands, sei. Gemäss dem anwendbaren Recht dieses Staates handle die Gesellschaft durch ein board of directors oder mit der Berechtigung eines solchen. Das board müsse aus mindestens ei- nem director bestehen und werde durch die Aktionäre gewählt. Entgegen den Ausführungen in der Gesuchsantwort komme es daher für die Frage, wer gültig eine Anwaltsvollmacht unterschreiben könne, auf die formale Stellung an. Der Gesuchsgegner habe nicht behauptet, dass er Gründer, Aktionär director der Gesuchstellerin sei gewesen wäre. Die gegenteiligen Behauptungen bezüglich der Aktionärsstellung in der Beschwerdereplik und den späteren Eingaben seien als Novum nicht zu berücksichtigen (Urk. 2 S. 21 f.).
Eine durchschnittlich sorgfältige Partei weiss, an welchen Gesellschaften sie sämtliche Aktien hält. Sie ist in der Lage, zumindest zu behaupten, welche Stellung sie darin innehat. So hat der Gesuchsgegner denn in der Beschwer- dereplik gestützt auf die bereits bei der ersten Instanz eingereichten Unterlagen (Urk. 7/17/2; Urk. 7/17/4) verspätet vorgebracht, er sei Aktionär der Gesuchstellerin (Urk. 6/38 Rz. 33 f.). Die ursprüngliche Unterlassung war somit nicht auf fehlende Beweismittel zurückzuführen; vielmehr ging der Gesuchsgegner irrtümlicherweise davon aus, dass die Frage nicht rechtserheblich sei (Urk. 7/15 Rz. 42). Wenn er nun in der Revisionsschrift geltend macht, er sei der einzige Aktionär der Gesuchstellerin und habe diese Stellung nicht verloren (Urk. 1 Rz. 51 und 56), ist er damit nicht zu hören. Dasselbe gilt für die dazu angerufenen neuen Beweismittel (Urk. 5/13–15; Urk. 1 Rz. 48–50). Muss unberücksichtigt bleiben, dass der Gesuchsgegner Alleinaktionär an der Gesuchstellerin war, so gilt dies auch für die Behauptung, diese sei ihm entzogen worden (Urk. 1 Rz. 60). Der unrechtmässige Entzug impliziert nämlich, dass er Aktionär war.
Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft
Gemäss Art. 101 Abs. 1 StPO können die Parteien spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen. Der Privatklägerschaft kommt Parteistellung zu (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO).
Die Hausdurchsuchung bei C.
fand am 14. Januar 2020 statt
(Urk. 5/7–8). Letztere wurde gleichentags als beschuldigte Person einvernommen (Urk. 5/9). Der Gesuchsgegner wurde im Strafverfahren nach eigenen Angaben bereits am 22. und 23. Oktober 2019 als Privatkläger einvernommen (Urk. 1 Rz. 34). Als Partei hatte er damit ein Akteneinsichtsrecht. Er macht nicht geltend, vor dem 1. Juli 2021 davon Gebrauch gemacht zu haben dass ein entsprechendes Gesuch seitens der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden wäre (siehe Urk. 1 Rz. 34–44). Damit genügt sein Revisionsgesuch den Begründungsanforderungen nicht (E. II.1.1.). Das fehlende Vorbringen erstaunt auch vor dem Hintergrund, dass der Gesuchsgegner sich in der Gesuchsantwort vom 9. März 2020 auf das Strafverfahren in Zypern bezogen und sich weitere Eingaben vorbehalten hat (Urk. 7/15 Rz. 28 und 32). Der Gesuchsgegner hatte Kenntnis vom Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, hat er doch nach eige- nen Angaben am 11. Dezember 2018 bei dieser Strafanzeige erhoben (Urk. 1 Rz. 34). Spätestens nach der Hausdurchsuchung bei und der Einvernahme von C. vom 14. Januar 2020 hatte der Gesuchsgegner ein Akteneinsichtsrecht. Von einer sorgfältig prozessierenden Partei, die strafrechtliche Handlungen geltend macht, darf erwartet werden, dass sie sich nach dem aktuellen Stand eines entsprechenden Strafverfahrens erkundigt, gegebenenfalls die Akten einsieht und die Erkenntnisse ins Verfahren einbringt. Hätte der Gesuchsgegner dies getan, so hätte er die Noven in seine Gesuchsantwort vom 9. März 2020 aber jedenfalls noch bis zum 26. Juni 2020 ins erstinstanzliche Verfahren einbringen können (E. II.3.2.). Vor diesem Hintergrund haben namentlich die Protokolle der Einver- nahmen des Gesuchsgegners vom 22. und 23. Oktober 2019 (Urk. 5/5), der Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 14. Januar 2020 (Urk. 5/7), das Protokoll der Einvernahme von C. vom 14. Januar 2020 (Urk. 5/9), die bei der Hausdurchsuchung gefundene Revocation of general power of attorney
vom 17. April 2017 betreffend die Gesuchstellerin und jene gleichen Datums betreffend die H. Ltd (Urk. 5/23–24; Urk. 1 Rz. 87) als Noven im Revisionsverfahren unberücksichtigt zu bleiben. Dasselbe gilt für die neuen Behauptungen, die sich auf diese Beweismittel stützen.
Nach Angaben des Gesuchsgegners wurden die ungeschwärzte Kopie des Director's service agreements vom 10. April 2017 (Urk. 5/17) und die ungeschwärzte Kopie der Order vom 10. April 2017 (Urk. 5/18) am 11. März 2020 bei der Staatsanwaltschaft eingereicht (Urk. 1 Rz. 66). Dies geschah zwar, nach- dem er die Gesuchsantwort vom 9. März 2020 erstattet hatte. Indessen wäre es dem Gesuchsgegner mit Blick auf die Verfahrensdauer vor erster Instanz und dem hohen Streitwert zumutbar gewesen, auch nach Einreichung der Gesuchsantwort um Akteneinsicht zu ersuchen. Dies war ihm auch bewusst, hatte er sich doch ausdrücklich weitere Eingaben vorbehalten (Urk. 7/15 Rz. 32). Hätte er nur einmal nach Erstattung der Gesuchsantwort um Akteneinsicht ersucht, so hätte er die entsprechenden Unterlagen noch rechtzeitig ins erstinstanzliche Verfahren einbringen können. Im Übrigen hätte er aus dem Protokoll der Einvernahme von C. vom 14. Januar 2020, welches er mit der Gesuchsantwort hätte einreichen können (E. II.4.4.2.), ersehen können, dass die Verteidigerin das ungeschwärzte Director's service agreement noch bei der Untersuchungsbehörde einreichen würde (Urk. 5/9 S. 9).
Rolle der Ex-Frau des Gesuchsgegners
Der Gesuchsgegner brachte erstmals in der Noveneingabe vom 8. Juli 2021 vor, seine Ex-Frau, D. , habe ihm die Kontrolle an der Gesuchstellerin entzogen. Aufgrund des Novenverbots wurde diese Behauptung im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt (Urk. 2 S. 6 f.).
In der Revision macht er erneut geltend, seine Ex-Frau habe ihm die Gesuchstellerin entzogen (Urk. 1 Rz. 59 ff.). Bis zum Scheidungsurteil Ende 2017 sei er mit ihr verheiratet gewesen und habe lange mit ihr im gleichen Haushalt gelebt. Während der Ehe habe seine Ex-Ehefrau Kenntnis über die Gesellschaften
des Gesuchsgegners erlangt. Diese Kenntnisse habe D.
verwendet, um
C. zu überzeugen, ihr bei der Kaperung der Gesellschaften des Gesuchsgegners zu helfen. Hätte der Gesuchsgegner sicher gewusst und über Dokumente verfügt, dass es sich bei der Auftraggeberin um seine Ex-Ehefrau handle, hätte er bereits im summarischen Verfahren substantiiert darlegen können, wie die Gesuchstellerin an seine Unterschriften gekommen sei. Er habe bereits im Rechts- öffnungsverfahren erklärt, dass ihm die Geschäftsunterlagen entwendet worden seien (Urk. 1 Rz. 65).
Der Gesuchsgegner stützt seine Ausführungen zur Rolle seiner Ex- Frau (Urk. 1 Rz. 59–66) auf Beweismittel (Urk. 5/9; Urk. 5/11; Urk. 5/17; Urk. 5/18), die als Noven im Revisionsverfahren nicht zu beachten sind (E. II.3.2. und II.4.4.2. f.). Tatsächlich hatte er in der Gesuchsantwort geltend gemacht, dass ihm zwischen dem 25. und dem 27. April 2017 die Akten über die Gesuchstellerin gestohlen worden seien (Urk. 7/15 Rz. 38). Bereits anlässlich seiner Einvernahme vom 22. Oktober 2019 hatte er indessen zu Protokoll gegeben, dass seine ehemalige Gattin ihm bei der Gründung der Gesuchstellerin geholfen habe (Urk. 5/5
S. 1 f.). Sie und F. hätten seine Gesellschaften gemäss seinen Instruktio- nen geführt und gewusst, was dort los sei. Sie hätten Zugang zur Post und zum gesamten Geschäftsverkehr gehabt. Mitte 2016 habe sich die Beziehung zu D. verschlechtert, Ende Dezember 2016 seien sie nahe der Scheidung gestanden. Ungefähr zu dieser Zeit habe er die ganzen Dokumentationen über die Firmen in zwei grossen Koffern aufbewahrt. Darin seien die wesentlichen Dokumente, Zertifikate, Siegel usw., sogar digitale Pässe für die Kontoverwaltung enthalten gewesen. Eines Tages habe er diese Dokumente zu Hause nicht mehr fin- den können und seine Ex-Frau danach gefragt. Sie habe geantwortet, dass es besser sei, wenn die Dokumente bei ihrer Mutter aufbewahrt würden. Im April 2017, als er Verdacht geschöpft habe, dass etwas nicht stimme, habe er das Haus seiner ehemaligen Schwiegermutter aufgesucht und dort kein einziges Dokument gefunden. Er habe seine Ex-Frau zur Rede gestellt, aber keine Antworten
bekommen (Urk. 5/5 S. 2 f.). Er könne nicht nachvollziehen, wie C.
Geschäftsführerin der Gesuchstellerin geworden sei. Er gehe davon aus, dass seine Ex-Frau die Dokumente entwendet und die Gesuchstellerin ohne sein Einverständnis auf C. überschrieben habe. F. habe sich an der Enteignung
der Gesellschaft und der Dokumentenfälschung rechtswidrig beteiligt (Urk. 5/5
S. 4 f.). Er sei sich sicher, dass F. , D. und C. die Gesuchstellerin rechtswidrig überschrieben hätten (Urk. 5/5 S. 6). Aus rein menschlichen Gründen – sie sei die Mutter seiner Kinder – wolle er D. nicht des Betrugs der Dokumentenfälschung beschuldigen (Urk. 5/5 S. 8). Sie sei aber die einzige Person, welche von dieser Situation profitieren könne. Das Ganze sei von ihr initiiert worden (Urk. 5/5 S. 9).
Diese Ausführungen zeigen, dass der Gesuchsgegner bereits im Oktober 2019 (und damit bevor er seine Gesuchsantwort vom 9. März 2020 erstattete) davon ausging, dass seine Ex-Frau hinter dem Entzug seiner Gesellschaften steckte. Entgegen seiner Darstellung (Urk. 1 Rz. 12) handelte es sich nicht bloss um eine Vermutung. Dennoch erwähnte er ihren Namen in der Gesuchsantwort mit keinem Wort. Von einer sorgfältig prozessierenden Partei, welche den Entzug einer Gesellschaft behauptet, darf erwartet werden, dass sie die darin involvierten Personen und die bekannten Umstände benennt. C. sagte am 14. Januar 2020 anlässlich ihrer delegierten Einvernahme bei der Kantonspolizei Zürich aus,
dass D.
ihre Auftraggeberin sei (Urk. 5/9 S. 5). Der Gesuchsgegner hätte
das Protokoll dieser Einvernahme mit der Gesuchsantwort rechtzeitig ins erstinstanzliche Rechtsöffnungsverfahren einbringen (E. II.4.4.2.) und die Rolle von
D.
glaubhaft machen können. Zudem hätte er das Director's service ag-
reement (Urk. 5/17) und die Order (Urk. 5/18) nachreichen können (E. II.4.4.3.).
Usurpation der H. LTD
Der Gesuchsgegner behauptet, die rechtshilfeweise Auslieferung von Unterlagen aus Lettland habe Unterlagen zutage gebracht, welche nachwiesen, dass er auch wirtschaftlich Berechtigter und Alleinaktionär an der H. LTD, der I. LTD und der J. LTD sei (Urk. 1 Rz. 160). Dies sei von Bedeutung, weil bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung von C. auch wichtige Unterlagen über die H. LTD vorgefunden worden seien. Daraus gehe hervor, dass C. den Consent to act as nominee director für die H. am
April 2017 und damit am gleichen Tag, an welchem die Gesuchstellerin dem Gesuchsgegner entzogen worden sei, unterschrieben habe (Urk. 1 Rz. 161). Die
Unterlagen seien am 28. Mai 2020 der Staatsanwaltschaft zugestellt worden (Urk. 1 Rz. 40).
Der Gesuchsgegner hätte die Unterlagen aus der Hausdurchsuchung rechtzeitig ins erstinstanzliche Verfahren einbringen können (E. II.4.4.2.). Es darf sodann erwartet werden, dass man weiss, von welchen Gesellschaften man wirtschaftlich Berechtigter und Alleinaktionär ist. Vor diesem Hintergrund ist der Ge-
suchsgegner mit seinen Ausführungen zur H.
LTD (Urk. 1 Rz. 160–171)
nicht zu hören. Im Übrigen sind sie – zumindest für sich allein – nicht rechtserheblich (siehe E. II.5.1.).
Zu berücksichtigende Noven (Aspekt der Erheblichkeit)
Die nachträglich entdeckte Tatsache muss erheblich sein (Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO). Dies ist der Fall, wenn sie zu einem für den Revisionskläger günstigeren Entscheid geführt hätte, hätte sie während des Prozesses berücksichtigt werden können (BSK ZPO-Herzog, Art. 328 N 37).
Der Gesuchsgegner macht geltend, die Zürcher Gerichte seien im bisherigen Verfahren davon ausgegangen, dass er nur bis zum 17. April 2017 an der Gesuchstellerin berechtigt gewesen sei (Urk. 1 Rz. 54). Neu sei ein Dokument der lettischen Bank TKB vom 27. August 2012 (Urk. 5/16) zutage getreten, welches weiter untermauern würde, dass er der alleinige wirtschaftliche Berechtigte an der Gesuchstellerin sei (Urk. 1 Rz. 55). Bereits aus den Ausführungen des Gesuchsgegners erhellt, dass das Dokument nicht rechtserheblich ist. So sagt es nichts über seine Stellung nach dem 17. April 2017 aus.
Der Gesuchsgegner bringt vor, er habe C.
nie gesehen. Allein
damit sei ausgeschlossen, dass er mit Wissen und Willen seine Berechtigung an sie übertragen habe (Urk. 1 Rz. 135–138). Vor C. war K. director der Gesuchstellerin (Urk. 2 S. 25 f.). Auch von ihr sagte der Gesuchsgegner anlässlich seiner Einvernahme vom 22. Oktober 2019, er kenne sie nicht persönlich, er habe den Namen oft in den Dokumenten gefunden (Urk. 5/5 S. 14). Vor diesem Hintergrund kann der Gesuchsgegner daraus, dass er C. nie gesehen haben will, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Im Übrigen stützt sich die Behauptung auf Beweismittel (Urk. 5/11–12), die vorliegend nicht berücksichtigt werden kön- nen (E. II.3.2.).
Der Gesuchsgegner führt aus, dass die (gefälschten) Unterschriften
von C.
zu einem weiteren Schaden von EUR 2'423'000.– geführt hätten
(Urk. 1 Rz. 139–157). Ein Zusammenhang mit der vorliegenden Thematik, wo- nach C. unrechtmässig zum director ernannt worden sei (E. II.2.3.), ist nicht ersichtlich. Im Übrigen stützen sich die Ausführungen auf Beweismittel (Urk. 5/3, Urk. 5/9 und Urk. 5/11), die als Noven im vorliegenden Verfahren unzulässig sind (E. II.3.2. und II.4.4.2.).
Der Gesuchsgegner macht geltend, er habe im Juli 2021 zum ersten Mal eine Zahlungsanweisung vom 3. Mai 2017 an die lettische Bank L. gesehen (Urk. 1 Rz. 158). Er führt nicht aus, wie er von der Zahlungsanweisung (Urk. 5/26) Kenntnis erlangt hat bzw. seit wann sich das Dokument in den Strafverfahrensakten befand. Damit genügt er der Begründungsanforderungen nicht (E. II.1.1.). Soweit er auch hier einen Schaden geltend macht (Urk. 1 Rz. 158 f.), ist erneut kein Zusammenhang zur vorliegenden Problematik ersichtlich.
Zwischenergebnis
Die Ausführungen des Gesuchsgegners zu seiner Stellung als Aktionär bei der Gesuchstellerin (Urk. 1 Rz. 45–53) können nicht berücksichtigt werden, da sie rechtzeitig ins ursprüngliche Verfahren hätten eingebracht werden können (E. II.4.3.). Dasselbe hat für die darauf aufbauende Behauptung zu gelten, dass er als Alleinaktionär C. hätte selbst wählen müssen, dies aber nicht getan habe (Urk. 1 Rz. 57). Soweit er geltend macht, er sei an der Gesuchstellerin wirtschaftlich berechtigt (Urk. 1 Rz. 54 f.), ist das nicht rechtserheblich (E. II.4.3.2. und II.5.2.). Der Gesuchsgegner behauptet ferner, seine Ex-Frau stehe hinter dem Entzug der Gesuchstellerin (Urk. 1 Rz. 59–66). Auch dies kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden, weil er bereits im Herbst 2019 davon ausging, dass sie das Ganze initiiert habe, und dies auch hätte glaubhaft machen können (E. II.4.5.4.). Die Vorbringen des Gesuchsgegners zur falschen Geschichte seiner Ex-Frau und seiner angeblichen Zustimmung (Urk. 1 Rz. 67–96) stützen sich im Wesentlichen auf das Protokoll der Einvernahme von C. vom 1. Juli 2021 (Urk. 5/11). Da dieses nicht berücksichtigt werden kann (E. II.3.2.), sind auch die dazugehörigen Behauptungen unbeachtlich. Dasselbe gilt für die Behauptung, D. habe mangels Aktionärsstellung C. nicht die Aktien an der Gesuchstellerin übertragen, weshalb sich letztere nicht selbst zum director habe wählen können (Urk. 1 Rz. 97–106). Soweit der Gesuchsgegner geltend
macht, C.
habe einzig auf Anweisung von D.
gehandelt und seine
Unterschriften nicht verwendet (Urk. 1 Rz. 107–119), stützt er sich einzig auf die Protokolle der Einvernahmen von C. vom 14. Januar 2020 und vom 1. Juli 2021 (Urk. 5/9 und Urk. 5/11); da diese beiden Beweismittel als Noven unzulässig sind (E. II.3.2. und II.4.4.2.), müssen auch die darauf fussenden Behauptungen unberücksichtigt bleiben. Dasselbe gilt hinsichtlich der geltend gemachten weiteren Widersprüche, welche durch die Einvernahme von C. aufgedeckt wor- den seien (Urk. 1 Rz. 120–134; E. II.3.2. und II.4.4.2. f.). Unbeachtlich ist sodann
das Novum, wonach der Gesuchsgegner C.
nie gesehen habe (Urk. 1
Rz. 135–138; E. II.5.3.). Die Ausführungen des Gesuchsgegners zu angeblichen Schäden (Urk. 1 Rz. 139–159) sind nicht rechtserheblich (E. II.5.4. f.). Jene zur Usurpation der H. LTD (Urk. 1 Rz. 160–171) hätte er – mit Ausnahme jener,
die sich auf den nicht zu berücksichtigenden Artikel von E.
stützen
(E. II.3.2.) – bereits ins erstinstanzliche Rechtsöffnungsverfahren einbringen kön- nen (E. II.4.6.). Soweit der Gesuchsgegner schliesslich geltend macht, die Staatsanwaltschaft gehe von einem Delikt aus (Urk. 1 Rz. 172–175), stützt er sich erneut auf Beweismittel (Urk. 5/3 und Urk. 5/12), die vorliegend unbeachtet zu bleiben haben (E. II.3.2.).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sämtliche neuen Behauptungen, soweit sie den Begründungsanforderungen genügen (siehe E. II.4.4.2. und II.5.5.), im vorliegenden Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden können. Vor diesem Hintergrund ist das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit es den Begründungsanforderungen genügt und ihm nicht die Rechtskraft des Urteils der Aberkennungsklage entgegensteht (siehe E. II.1.3.).
Vertretungsverbot für die Anwälte der Gegenpartei
Der Gesuchsgegner stellt folgenden prozessualen Antrag (Urk. 1
S. 3): Es sei über die mandatierten Rechtsvertreter der [Revisions-
]Gesuchsgegnerin von Y. Rechtsanwälte, … [Adresse] (insbesondere über
Rechtsanwältin Dr. iur. Y1.
und Rechtsanwalt lic. iur. Y2. ) für die
hängigen Zivil[v]erfahren in der Sache der [Revisions-]Gesuchsgegnerin ein Vertretungsverbot zu verhängen. Es sei aktenkundig, dass Rechtsanwältin Y1. von Y. Rechtsanwälte C. im Rahmen des Strafverfahrens gegen sie zumindest vom 14. Januar 2020 bis zum 24. Februar 2020 als erbetene Verteidigerin vertreten habe (Urk. 1 Rz. 182). C. habe nun aber am 1. Juli 2021 bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass sie gar nie die Anwälte von Y. Rechtsanwälte im Namen der Gesuchstellerin instruiert habe. Vielmehr seien die
Instruktionen von D.
gekommen. Damit hätten die Anwälte von Y.
Rechtsanwälte gleichzeitig auch die persönlichen Interessen von letzterer vertreten, die jenen von C. widersprächen (Urk. 1 Rz. 183 f.). Sie hätten dadurch gegen das Verbot der Doppelvertretung (Art. 12 lit. c BGFA) verstossen (Urk. 1 Rz. 186 f.).
Der Entscheid über die Vertretungsbefugnis des Anwalts dient der Garantie eines korrekten Verfahrens, sodass er in die Kategorie der prozessleiten- den Verfügungen fällt (Art. 124 Abs. 1 ZPO). In einem hängigen Verfahren hat darüber das für den Entscheid in der Hauptsache zuständige Gericht delegationsweise ein Mitglied dieses Gerichts (und nicht die Aufsichtsbehörde) zu befin- den (Art. 124 Abs. 2 ZPO; BGE 147 III 351 E. 6.3).
Das vorliegende Revisionsgesuch ist abzuweisen, ohne dass eine Stellungnahme der Gegenseite erforderlich ist. Soweit sich der Antrag auf das vorliegende Verfahren bezieht, ist er somit gegenstandslos. Die Anwälte von Y. Rechtsanwälte fungieren nämlich lediglich als Zustellempfänger. Dafür ist kein Anwaltspatent erforderlich (BSK ZPO-Gschwend, Art. 140 N 4). Ob ein Verstoss gegen Art. 12 lit. c BGFA vorliegt, kann offenbleiben.
Soweit sich der Antrag des Gesuchsgegners auf die [nicht näher spezifizierten] hängigen Zivilverfahren bezieht, ist die Kammer nicht zuständig (E. II.7.2.). Insoweit ist auf den Antrag nicht einzutreten.
Zusammenfassend ist auf den Antrag des Gesuchsgegners, wonach über die Rechtsvertreter von Y. Rechtsanwälte für die hängigen Zivilverfahren in der Sache der Gesuchstellerin ein Vertretungsverbot zu verhängen sei, nicht einzutreten, soweit er nicht gegenstandslos ist.
Die Gerichtsgebühr ist beim vorliegenden Streitwert von Fr. 5'762'670.– (Urk. 2 S. 32) auf Fr. 6'000.– festzusetzen (Art. 48 Abs. 1 GebV SchKG in Verbin- dung mit Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG). Sie ist ausgangsgemäss dem unterliegen- den Gesuchsgegner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe (Urk. 9) zu verrechnen (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen, dem Gesuchsgegner zufolge Unterliegens (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und der Gesuchstellerin mangels relevanter Umtriebe (Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird beschlossen:
Auf den Antrag des Gesuchsgegners, wonach über die Rechtsvertreter von
Y.
Rechtsanwälte für die hängigen Zivilverfahren in der Sache der
Gesuchstellerin ein Vertretungsverbot zu verhängen sei, wird nicht eingetreten, soweit er nicht gegenstandslos ist.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.
Es wird erkannt:
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Die Entscheidgebühr für das Revisionsverfahren wird auf Fr. 6'000.– festgesetzt.
Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden dem Gesuchsgegner auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.
Für das Revisionsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage der Doppel von Urk. 1, Urk. 4, Urk. 5/1 und Urk. 5/3–35, ins Verfahren RT200086-O sowie an das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Audienz (Geschäfts-Nr. EB191579-L), je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die erste Instanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 5'762'670.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 17. Mai 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
Dr. Chr. Arnold
versandt am: lm
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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