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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils RY200003: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um ein Revisionsverfahren bezüglich Unterhaltsbeiträgen während des Getrenntlebens nach einer Eheschutzklage. Der Revisionskläger hat die Berufung teilweise erfolgreich eingereicht, um die Höhe der Unterhaltsbeiträge zu reduzieren. Die Gerichtskosten und Parteientschädigungen wurden festgelegt und die Revision wurde teilweise gutgeheissen. Der Richter ist Oberrichter lic. iur. A. Huizinga. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 3'000.-. .

Urteilsdetails des Kantongerichts RY200003

Kanton:ZH
Fallnummer:RY200003
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RY200003 vom 11.07.2022 (ZH)
Datum:11.07.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Revision (Eheschutz)
Schlagwörter : Revision; Revisions; Revisionskläger; Revisionsbeklagte; Berufung; Unterhalt; Unterhalts; Verfahren; Gesuch; Urteil; Revisionsbeklagten; Gesuchsgegner; Bezirksgericht; Recht; Entscheid; Unterhaltsbeiträge; Parteien; Revisionsklägers; Tatsache; Kostenvorschuss; Obergericht; Berufungsverfahren; Gericht; Arbeit; Revisionsgesuch; Verfügung; Frist; Horgen; Revisionsverfahren
Rechtsnorm:Art. 128 ZPO ;Art. 170 ZGB ;Art. 179 ZGB ;Art. 268 ZPO ;Art. 329 ZPO ;Art. 33 BGG ;Art. 331 ZPO ;Art. 333 ZPO ;Art. 52 ZPO ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:138 III 382; 141 III 376;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts RY200003

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RY200003-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichterin Dr. S. Janssen

sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Beschluss und Urteil vom 11. Juli 2022

in Sachen

  1. ,

    Revisionskläger und Berufungskläger vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

Revisionsbeklagte und Berufungsbeklagte vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. , betreffend Revision (Eheschutz)

Revision gegen ein Urteil der I. Zivilkammer am Obergericht des Kantons Zürich vom 10. September 2019 (LE190011-O)

Urteil der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 10. September 2019 (Urk. 2 S. 32 f.):

1. In teilweiser Gutheissung der Berufung des Gesuchsgegners wird Dispositiv- Ziffer 2 des Urteils des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Meilen vom 7. Februar 2019 aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

'2. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin für die Dauer des Getrenntlebens an die Kosten des Unterhalts monatliche Unterhaltsbeiträge wie folgt zu bezahlen:

Fr. 7'800.– ab 1. Juli 2018 bis zum 30. September 2018

Fr. 11'300.– ab 1. Oktober 2018

Die Unterhaltsbeiträge sind zahlbar monatlich im Voraus, jeweils auf den Ersten eines jeden Monats.'

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen, und die angefochtenen Dispositiv-Ziffern 3, 8 und 9 sowie die Dispositiv-Ziffer 7 werden bestätigt.

  1. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 6'000.– festgesetzt.

  2. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Gesuchsgegner auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.

  3. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 5'385.– zu bezahlen.

  4. [Schriftliche Mitteilung]

  5. [Rechtsmittel]

Revisionsanträge:

des Revisionsklägers und Berufungsklägers (Urk. 1 S. 2):

1. Es sei in Abänderung von Disp.-Ziff. 1. des Obergerichtsurteils vom 10. September 2019 (I. Zivilkammer LE190011) resp. von Disp.-Ziff. 2. des Urteils des Bezirksgerichtes Meilen vom 7. Februar 2019 (EE180045) die Unterhaltsbeitragspflicht des Gesuchstellers mit Wirkung ab Anfang April 2019 auf Fr. 8'528.10 pro Monat zu reduzieren.

2. Es seien die Kosten- und Entschädigungsfolgen des früheren Eheschutzverfahrens (in Abänderung von Disp.-Ziff. 3. und 4. des Obergerichtsurteils vom

10. September 2019) ausgangsgemäss neu zu regeln.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gesuchsgegnerin. Verfahrensanträge:

1. Es sei dem vorliegenden Revisionsbegehren gestützt auf Art. 331 Abs. 2 ZPO die aufschiebende Wirkung zu erteilen, indem die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheides im die Revisionsanträge übersteigenden Umfang ab sofort aufzuschieben sei.

2. Es sei die Gesuchsgegnerin in eine angemessene Ordnungsbusse zu verfällen.

der Revisionsbeklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 27 S. 2):

1. Es seien die Anträge des Revisionsklägers abzuweisen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, letztere zuzüglich 7.7 % MWST, zu Lasten des Revisionsklägers.

Verfahrensantrag:

Es seien die Verfahrensanträge des Revisionsklägers abzuweisen.

Erwägungen:

I.

1. Die Parteien haben am tt. September 2015 geheiratet und leben seit dem 5. Juli 2018 getrennt. Am 11. Juli 2018 reichte die Revisions- und Berufungsbeklagte (fortan Revisionsbeklagte) ein Eheschutzbegehren ein, über das das Einzelgericht im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Meilen mit Urteil vom

7. Februar 2019 entschied. Am 26. Februar 2019 erhob der Revisions- und Berufungskläger (fortan Revisionskläger) Berufung. Mit Urteil vom 10. September 2019 fällte die angerufene Kammer das eingangs wiedergegebene Urteil (Urk. 2 S. 5, S. 32 f.).

2. Mit Eingabe vom 9. Dezember 2020 stellte der Revisionskläger ein Revisionsgesuch (Urk. 1). Mit Verfügung vom 11. Dezember 2020 wurde der Revisionsbeklagten Frist angesetzt, um sich zum Antrag um Erteilung der aufschiebenden

Wirkung zu äussern; gleichzeitig wurde dem Revisionskläger Frist für den Kostenvorschuss angesetzt (Urk. 7). Letzterer wurde rechtzeitig geleistet (Urk. 8). Mit Verfügung vom 5. Januar 2021 wurde das Gesuch um Erteilung der aufschieben- den Wirkung abgewiesen (Urk. 14). Mit weiterer Verfügung vom 19. Januar 2021 wurde den Parteien Frist angesetzt, um zur Frage der Sistierung Stellung zu nehmen, da der Revisionskläger bereits mit Eingabe vom 13. November 2020 im vor dem Bezirksgericht Horgen hängigen Scheidungsverfahren ein Gesuch um angemessene Reduktion der Unterhaltsbeiträge ab Anfang April 2019 gestellt hatte (Urk. 15 S. 2). Die Stellungnahmen zur in Aussicht genommenen Sistierung datieren vom 22. Januar 2021 (Urk. 16) und vom 1. Februar 2021 (Urk. 17). Mit Verfügung vom 11. Februar 2021 wurde das Revisionsverfahren sistiert, bis im Massnahmenverfahren vor Bezirksgericht Horgen ein formeller Eintretensentscheid ein Endentscheid ergangen sei (Urk. 21 S. 3 f.). Am 21. Dezember 2021 übermittelte der Revisionskläger die rechtskräftige Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 29. November 2021, mit dem Hinweis, dass die Massnahmerichterin den Trennungsunterhalt lediglich rückwirkend ab Mitte November 2020 geregelt habe, und er beantragte die Gutheissung des Revisionsbegehrens für den Zeitraum Anfang April 2019 bis Mitte November 2020 (Urk. 22, 23). Am

17. Januar 2022 wurde der Revisionsbeklagten Frist angesetzt, um zum Revisionsgesuch Stellung zu nehmen (Urk. 24). Die Stellungnahme ging innert erstreckter Frist am 28. Februar 2022 ein (Urk. 27) und wurde mit Verfügung vom 3. März 2022 der Gegenpartei zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 30). Am 16. März 2022 erstattete der Revisionskläger eine Replik (Urk. 31), zu welcher sich die Revisionsbeklagte mit Eingabe vom 4. April 2022 vernehmen liess (Urk. 36), was dem Revisionskläger am 19. April 2022 zur Kenntnis gebracht wurde (Prot. S. 9).

3. Infolge Neukonstituierung der Kammer per 1. Juli 2022 wirkt im Verfahren neu Oberrichter lic. iur. A. Huizinga als Vorsitzender mit.

II.

  1. Die Revision gemäss Art. 328 ff. ZPO ist ein Notrechtsmittel, mit dem materiell rechtskräftige Entscheide, die nicht durch andere Rechtsbehelfe (wie

    Rechtsmittel, Abänderung Ergänzung des Entscheids, neue Klage) korrigiert werden können, bei Vorliegen bestimmter Revisionsgründe einer erneuten Prüfung durch das Gericht zugeführt werden können (BGE 138 III 382 E. 3.2). Die Revision ist zu allen anderen Rechtsbehelfen subsidiär. Da vorsorgliche Mass- nahmen gemäss Art. 268 ZPO nachträglich abgeändert werden können, was auch für Eheschutzmassnahmen gilt (Art. 179 Abs. 1 ZGB), und mit der Rechtskraft des Entscheids in der Sache in der Regel wegfallen, kommt einem Mass- nahmenentscheid nicht dieselbe Rechtskraftwirkung zu wie einem im ordentlichen Verfahren ergangenen Urteil (BGE 141 III 376 E. 3.3.4 und 3.4); dementsprechend kann gegen sie grundsätzlich keine Revision angestrengt werden (BGE 138 III 382 E. 3.2.1). Soweit jedoch mit der Abänderung Aufhebung der vorsorglichen Massnahme der ursprüngliche Zustand nicht erreicht werden kann, muss die Revision möglich sein. Dies ist etwa der Fall bei vorsorglich festgesetzten Unterhaltsbeiträgen im Scheidungsprozess, deren Abänderung Aufhebung lediglich ab Einreichung des Abänderungsbegehrens für die Zukunft verlangt werden kann. Die vor diesem Zeitpunkt bezahlten Unterhaltsbeiträge kön- nen nur auf dem Weg der Revision wieder zur Diskussion gestellt werden (vgl.

    ZR 113 [2014] Nr. 16; OGer ZH LH160002 vom 18.01.2017, E. 4.2; ZK ZPO-

    Freiburghaus/Afheldt, Art. 328 N 8).

    Demnach ist die Revision gegen den fraglichen Eheschutzentscheid für den Zeitraum von April 2019 bis zum ersten möglichen Abänderungszeitpunkt, d.h. bis und mit 12. November 2020 (vgl. Urk. 23 S. 63, Dispositiv-Ziffer 1) unter Vorbehalt revisionsrelevanter Tatsachen grundsätzlich zuzulassen.

  2. Gemäss Art. 332 und Art. 333 Abs. 1 ZPO ist das Revisionsverfahren mehrstufig. Zunächst ist über die Zulässigkeit und die Begründetheit der Revision zu befinden. Gegebenenfalls ist danach die Sache selber - unter Berücksichtigung der Revisionsgründe erneut materiell zu prüfen (BK ZPO-Sterchi, Art. 332 und Art. 333 N 1 ff.).

  3. Mit Urteil der Kammer vom 10. September 2019 wurde der Revisionskläger [Gesuchsgegner] im Verfahren LE190011 verpflichtet, der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] monatlich persönliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 7'800.– (1. Juli

    2018 bis 30. September 2018) bzw. von Fr. 11'300.– (ab 1. Oktober 2018) zu bezahlen. Sowohl das Einzelgericht am Bezirksgericht Meilen als auch die Kammer prüften die Frage, ob der Revisionsbeklagten ein hypothetisches Einkommen anzurechnen sei, und beide Instanzen verneinten sie. Dies vor dem damaligen Hintergrund, dass die Revisionsbeklagte ihre 20 %-Erwerbstätigkeit als Orthoptistin per Ende 2017 definitiv aufgab, nachdem sie ihr Arbeitspensum von 80 % zu Beginn der Beziehung im Jahr 2013 kontinuierlich reduzierte hatte (Urk. 2 S. 11 f.).

  4. Der Revisionskläger stützt sich in seinem Revisionsgesuch auf nachträglich gefundene Beweismittel im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO. Er habe im Rahmen des Scheidungsverfahrens vor Bezirksgericht Horgen aus den dortigen Eingaben der Revisionsbeklagten vom 11. November 2020 bzw. vom 2. November 2020 erfahren, dass die Revisionsbeklagte ab April 2019 ein Einkommen von mo- natlich Fr. 2'771.90 netto erzielt habe. Die Berufungsantwort im Verfahren LE190011 sei am 1. April 2019 erstattet worden. Nur eine Woche danach habe die Revisionsbeklagte am 8. April 2019 eine Arbeitsstelle angetreten. Im Jahr 2019 habe sie jedenfalls Fr. 24'946.60 netto verdient. Der Revisionskläger habe keine Chance gehabt, die Verheimlichungsstrategie und die bereits erfolgte Erwerbsaufnahme der Revisionsbeklagten aufzudecken, und er habe erst im erstinstanzlichen Scheidungsverfahren davon erfahren (Urk. 1 S. 4 ff.).

  5. Die Revisionsbeklagte hält im Wesentlichen dagegen, es treffe zu, dass der Arbeitsvertrag vom 8. April 2019 datiere. Am 1. April 2019, als sie die Berufungsantwort eingereicht habe, habe sie über keinen Arbeitsvertrag verfügt und sei nicht arbeitstätig gewesen. Betreffend die Revisionsgründe sei zu erwähnen, dass der Revisionskläger weder im Eheschutz- noch im Berufungsverfahren jemals Auskunft über die Erwerbstätigkeit und die Edition von Arbeitsverträgen, Lohnabrechnungen Lohnausweisen verlangt habe. Daher handle es sich bei der Tatsache, dass die Revisionsbeklagte während nicht einmal neun Monaten ein monatliches Einkommen von Fr. 2'465.60 erzielt habe, nicht um ein unechtes Novum, welches aus entschuldbaren Gründen nicht habe vorgebracht werden kön- nen. Zweitens habe der Revisionskläger nie verlangt, dass der Revisionsbeklagten ein Einkommen anzurechnen sei. Er habe lediglich behauptet, dass es sich

    um eine Kurzehe handle. Entsprechend könne der Revisionskläger nicht vorbringen, dass das Urteil um das zeitweilig erzielte Einkommen zu reduzieren sei. Drittens handle es sich nicht um eine erhebliche Tatsache. Ein Nettoeinkommen von Fr. 24'946.60 sei gemessen an Unterhaltsbeiträgen für die Zeit vom 1. Juli 2018 bis 31. März 2022 von insgesamt Fr. 409'984.– nicht als erheblich zu werten. Schliesslich seien die Lohnzahlungen per Ende September, Oktober, November und Dezember 2019 im Zeitpunkt des Obergerichtsurteils vom 10. September 2019 noch nicht fällig gewesen und hätten höchstens Anwartschaften gebildet. Folglich handle es sich diesbezüglich um Tatsachen, die nicht zu berücksichtigen seien. Selbst wenn die Erwerbstätigkeit als revisionsrelevante, erhebliche Tatsache angesehen würde, dürfte nur das Erwerbseinkommen bis am 31. Dezember 2019 berücksichtigt werden. Spätere Erwerbseinkommen würden Tatsachen darstellen, welche erst nach dem Urteil vom 10. September 2019 erfolgt seien

    (Urk. 27 S. 3 ff.).

  6. Das Revisionsgesuch ist gemäss Art. 329 Abs. 1 ZPO innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes schriftlich und begründet einzureichen. Bei der relativen (sowie der absoluten) Revisionsfrist gemäss Art. 329 ZPO handelt es sich um eine gesetzliche Verwirkungsfrist mit der Folge, dass Nichteinhaltung der Frist zum Rechtsverlust führt. Ein Revisionsgrund gilt als entdeckt, sobald sichere Kenntnis über die tatbestandlichen Elemente, die den Revisionsgrund konstituieren, besteht.

  7. Es ist belegt, dass dem Revisionskläger mit Kurzbrief des Bezirksgerichts Horgen vom 12. November 2020 (Urk. 5/6) die Lohnabrechnung August 2019 (Urk. 5/3) und der Lohnausweis 2019 (Urk. 5/2) der D. AG zugegangen sind. Dies blieb von der Revisionsbeklagten unwidersprochen. Das Revisionsgesuch datiert vom 9. Dezember 2020, weshalb die Frist eingehalten ist. Die Auf- nahme der Erwerbstätigkeit wenn auch nur vorübergehender Natur gilt als relevante Tatsache bei der Prüfung der Unterhaltspflicht. Das Argument der Revisionsbeklagten, der Revisionskläger habe nie Auskunft über die Erwerbstätigkeit verlangt, weshalb kein unechtes Novum vorliege, welches aus entschuldbaren Gründen nicht hätte vorgebracht werden können, ist im vorliegend zu beurteilenden eherechtlichen Verfahren nicht zielführend. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sieht Art. 170 ZGB eine umfassende, gegenseitige Auskunftspflicht der Ehegatten in wirtschaftlichen Belangen vor und trifft die Ehegatten während eines gerichtlichen Verfahrens eine erhöhte Pflicht, einander von sich aus und unaufgefordert über alle für die Regelung des Getrenntlebens und der Schei- dungsfolgen massgeblichen wirtschaftlichen Gegebenheiten Auskunft zu erteilen (BGer 5A_816/2014 vom 3. März 2015, E. 3.3 m.w.H.). Im Übrigen machte der Revisionskläger im Berufungsverfahren geltend, die Revisionsbeklagte habe eine Arbeit zumindest im ursprünglichen Umfang (80 %) zu suchen und zu finden, was ihr gemäss eigenen Ausführungen gerundet Fr. 7'000.– bescheren sollte (Urk. 2

    S. 12). Daher ist auf das Revisionsgesuch einzutreten.

  8. Neben der Lohnabrechnung vom August 2019 (Urk. 5/3) ist der Arbeitsvertrag vom 8. April 2019 zu berücksichtigen, in dem eine befristete Erwerbstätigkeit für die Zeit vom 8. April 2019 bis 31. Dezember 2019 vereinbart wurde

    (Urk. 12/4). Dagegen ist der am 12. Februar 2020 ausgestellte Lohnausweis für 2019 (Urk. 5/2) nach Fällung des nach Ansicht des Revisionsklägers zu revidierenden Urteils entstanden und daher unbeachtlich (Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO). Bei der Festsetzung des Trennungsunterhalts ist grundsätzlich von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Das bedeutet, dass das von der Revisionsbeklagten tatsächlich erzielte Einkommen in der Zeit vom 8. April 2019 bis 31. Dezember 2019 anzurechnen ist. Gemäss Lohnabrechnung August 2019 verdiente die Revisionsbeklagte monatlich Fr. 2'465.60 netto, was unter Einbezug des 13. Monatslohns (Urk. 12/4 S. 2) gerundet Fr. 2'670.– ergibt. Der seinerzeit zugesprochene Unterhalt von monatlich Fr. 11'300.– reduziert sich daher in der fraglichen Periode um Fr. 2'670.– auf Fr. 8'630.– pro Monat. Für eine weitergehende Reduktion für die Zeit von Januar 2020 bis 12. November 2020 besteht kein Raum. Es liegen keine relevanten Beweismittel im Recht, die eine Revision der für diesen Zeitraum festgelegten Unterhaltsbeiträge rechtfertigen würden. Der nicht offen gelegte Arbeitsvertrag ist wie erwähnt bis 31. Dezember 2019 befristet. Die Anrechnung ei- nes hypothetischen Einkommens wurde im Entscheid vom 10. September 2019 verworfen (Urk. 2 S. 12) und das Revisionsverfahren dient nicht der Wiedererwägung eines Ermessensentscheides (OGer ZH LH160002 vom 18.01.2017, E. 8.4).

    Weiter kann offengelassen werden, was es mit einer allfälligen Vergütung für März 2019 auf sich hat (Urk. 12/4 S. 4). Der Revisionskläger beantragt mit seinem Revisionsbegehren eine Reduktion der Unterhaltspflicht ab Anfang April 2019 (Urk. 1 S. 2). Schliesslich ist die Regelung auf den Zeitraum bis 12. November 2020 zu beschränken, da vom 13. November 2020 die Regelung gemäss der Verfügung des Einzelgerichts am Bezirksgericht Horgen vom 29. November 2021 greift (Urk. 23 S. 63 Dispositiv-Ziffer 1).

  9. Im Ergebnis ist das Revisionsbegehren teilweise gutzuheissen, das Urteil der Kammer vom 10. September 2019 aufzuheben und die Unterhaltsverpflichtung des Revisionsklägers in teilweiser Gutheissung der Berufung des Revisionsklägers wie folgt neu festzulegen: Der Revisionskläger [Gesuchsgegner] ist zu verpflichten, der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] für die Dauer des Getrenntlebens an die Kosten des Unterhalts monatliche Unterhaltsbeiträge wie folgt zu bezahlen:

    • Fr. 7'800.– vom 1. Juli 2018 bis zum 30. September 2018

      - Fr. 11'300.– vom 1. Oktober 2018 bis 31. März 2019

    • Fr. 8'630.– vom 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019

    • Fr. 11'300.– ab 1. Januar 2020 bis und mit 12. November 2020.

    Ab dem 13. November 2020 richtet sich die Unterhaltspflicht des Revisionsklägers nach der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 29. November 2021, mit dem das nunmehr aufzuhebende Urteil der Kammer vom 10. September 2019 rückwirkend per 13. November 2020 abgeändert wurde.

  10. Fällt das Gericht in Gutheissung des Revisionsgesuchs einen neuen Entscheid, so entscheidet es auch über die Kosten des früheren Verfahrens (Art. 333 Abs. 2 ZPO).

    1. Die Entscheidgebühr im Urteil LE190011 in Höhe von Fr. 6'000.– blieb unbestritten. Gründe, davon abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

    2. Gemäss erstinstanzlichem Entscheid war der Revisionskläger zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 8'140.– (Juli 2018 - September 2018) bzw. von Fr. 11'670.– (ab Oktober 2018) verpflichtet worden (Urk. 2 S. 3). Im Verfahren

      LE190011 hatte er die vollständige Aufhebung seiner Unterhaltspflicht angestrebt (Urk. 2 S. 4). Bei einer angenommenen Gültigkeitsdauer von zwei Jahren verlangte er berufungsweise eine Reduktion von Fr. 269'490.– (3 x Fr. 8'140.– +

      21 x Fr. 11'670.–). Zuzusprechen sind – bei der erwähnten Gültigkeitsdauer – insgesamt Fr. 236'670.– (3 x Fr. 7'800.– + 6 x Fr. 11'300.– + 9 x Fr. 8'630.– +

      6 x Fr. 11'300.–). Der vom Revisionskläger zu bezahlende Betrag reduziert sich daher um Fr. 32'820.–. Dies entspricht in etwa einem Achtel. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens LE190011 der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] zu 1/8 und dem Revisionskläger [Gesuchsgegner] zu 7/8 aufzuerlegen und mit dem vom Revisionskläger geleisteten Kostenvorschuss von

      Fr. 6'000.– zu verrechnen. Die Revisionsbeklagte [Gesuchstellerin] ist zu verpflichten, dem Revisionskläger [Gesuchsgegner] den geleisteten Kostenvorschuss im Umfang von Fr. 750.– zu ersetzen.

    3. Die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren LE190011 ist unverän- dert auf Fr. 5'000.– zuzüglich 7.7 % MwSt. festzulegen (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1

und 3, § 11 Abs. 1-3 und § 13 Abs. 1 und 2 AnwGebV). Ausgangsgemäss ist der Revisionskläger [Gesuchsgegner] zu verpflichten, der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] eine auf drei Viertel reduzierte Parteientschädigung von Fr. 3'750.– zuzüglich Fr. 288.75 Mehrwertsteuer zu bezahlen.

III.

  1. Die Entscheidgebühr für das Revisionsverfahren ist in Anwendung von

    § 12 Abs. 1 bis 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 und 3 sowie § 8 Abs. 1 GebVO auf Fr. 3'000.– festzusetzen.

  2. Der Revisionskläger beantragte in der Eingabe vom 9. Dezember 2020, die Unterhaltsbeiträge seien ab April 2019 auf Fr. 8'528.10 herabzusetzen, ohne dies zu befristen, während die Revisionsbeklagte die Abweisung der Revision verlangte. Stellt man für die Frage des Obsiegens auf den Entscheid des Bezirksgerichts Horgen vom 29. November 2021 ab, der Klarheit darüber schaffte, ob das Revisionsbegehren überhaupt anhand zu nehmen sei (Erw. II./1), beläuft sich die angestrebte Reduktion auf Fr. 52'668.– (Fr. 2'772.– à 19 Monate; April 2019 bis Oktober 2020). Im Ergebnis wird die Unterhaltspflicht um Fr. 24'030.– (Fr. 2'670.– à 9 Monate) gesenkt. Folglich obsiegt der Revisionskläger rund zur Hälfte. Ermessensweise ist die Entscheidgebühr den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und mit dem vom Revisionskläger geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.– zu verrechnen. Die Revisionsbeklagte ist zu verpflichten, dem Revisionskläger den Kostenvorschuss im Umfang von Fr. 1'500.– zu ersetzen.

  3. Für das Revisionsverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

IV.

  1. Der Revisionskläger beantragt, es sei gegen die Revisionsbeklagte eine Ordnungsbusse auszusprechen; die Einkommensverheimlichung sei dreist (Urk. 1 S. 2, S. 11).

  2. Gemäss Art. 128 ZPO wird mit einem Verweis einer Ordnungsbusse bis zu Fr. 1'000.– bestraft, wer im Verfahren vor Gericht den Anstand verletzt den Geschäftsgang stört (Abs. 1). Bei bösoder mutwilliger Prozessführung kön- nen die Parteien und ihre Vertretungen mit einer Ordnungsbusse bis zu

    Fr. 2'000.– und bei Wiederholung bis zu Fr. 5'000.– bestraft werden (Abs. 3).

    Ob disziplinarische Massnahmen angebracht sind, ist von Amtes wegen zu prüfen. Diesbezüglich hat eine Gegenpartei kein Antragsrecht, sie kann das Gericht jedoch auf ihrer Ansicht nach von der anderen Partei begangene Verletzungen der Verfahrensdisziplin hinweisen (vgl. BGer 5D_80/2012 vom 20. Juli 2012, E. 5 zu Art. 33 Abs. 2 BGG; BSK ZPO-Gschwend, Art. 128 N 3).

  3. Da die Disziplinargewalt alleine bei der Verfahrensleitung liegt, ist der Antrag des Revisionsklägers unzulässig und es ist darauf nicht einzutreten. Den Parteien ist es als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 52 ZPO) untersagt, im Prozess mutwillig unwahre Tatsachenbehauptungen aufzustellen und wahre Tatsachen wissentlich zu bestreiten (BGer 4A_221/2015 vom 23. November 2015, E. 2.1). Gemäss den Akten hatte die Revisionsbeklagte den Arbeitsvertrag im Zeitpunkt der Berufungsantwort am 1. April 2019 noch nicht unterzeichnet.

Eine unwahre Darstellung in der Berufungsantwortschrift kann nicht unterstellt werden (Urk. 9/87). Der Revisionskläger legt auch nicht dar, welche mutwillig unwahren Tatsachenbehauptungen in der Eingabe vom 23. Mai 2019 erfolgt sein sollen (Urk. 9/102). Der Hinweis, dass die Revisionsbeklagte völlig mittellos sei (Urk. 1 S. 5), genügt jedenfalls nicht vor dem Hintergrund, dass der Revisionskläger seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen war (Urk. 27 S. 2). Die Revisionsbeklagte ist ohnehin der Auffassung, dass es am Revisionskläger gelegen hätte, Auskunft über eine allfällige Erwerbstätigkeit zu verlangen. Wie gezeigt, trifft diese Auffassung nicht zu (Erw. II./5). Das Verhalten der Revisionsbeklagten verletzt zwar die von der Rechtsprechung mit Blick auf Art. 170 ZGB geforderte Mitwirkungspflicht der Eheleute, und die Revisionsbeklagte kann sich nicht darauf berufen, sie müsse keine ungünstigen Tatsachen aus eigenem Antrieb vorbringen. Qualifizierte Umstände für eine böswillige Prozessführung, welche eine Ord- nungsbusse rechtfertigen würden, sind indes nicht ersichtlich.

Es wird beschlossen:

  1. Auf den Antrag des Revisionsklägers betreffend Ausfällung einer Ordnungsbusse wird nicht eingetreten.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Das Revisionsgesuch wird teilweise gutgeheissen, und das Urteil der I. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 10. September 2019 (Geschäfts-Nr. LE190011) wird aufgehoben.

  2. In teilweiser Gutheissung der Berufung des Revisionsklägers wird Dispositiv- Ziffer 2 des Urteils des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Meilen vom 7. Februar 2019 aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

    2. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin für die Dauer des Getrenntlebens an die Kosten des Unterhalts monatliche Unterhaltsbeiträge wie folgt zu bezahlen:

    • Fr. 7'800.– vom 1. Juli 2018 bis zum 30. September 2018

      - Fr. 11'300.– vom 1. Oktober 2018 bis 31. März 2019

    • Fr. 8'630.– vom 1. April 2019 bis 31. Dezember 2019

    • Fr. 11'300.– ab 1. Januar 2020 bis und mit 12. November 2020.

      Die Unterhaltsbeiträge sind zahlbar monatlich im Voraus, jeweils auf den Ersten eines jeden Monats.

      Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen, und die angefochtenen Dispositiv-Ziffern 3, 8 und 9 sowie die Dispositiv-Ziffer 7 werden bestätigt.

  3. Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren LE190011 wird auf Fr. 6'000.– festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren LE190011 werden zu 1/8 der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] und zu 7/8 dem Revisionskläger [Gesuchsgegner] auferlegt. Die Kosten werden mit dem vom Revisionskläger [Gesuchsgegner] geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Revisionsbeklagte [Gesuchstellerin] wird verpflichtet, dem Revisionskläger [Gesuchsgegner] den Kostenvorschuss im Umfang von Fr. 750.– zu erstatten.

  5. Der Revisionskläger [Gesuchsgegner] wird verpflichtet, der Revisionsbeklagten [Gesuchstellerin] im Berufungsverfahren LE190011 eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 4'038.75 zu bezahlen.

  6. Die Gerichtsgebühr für das Revisionsverfahren wird festgesetzt auf Fr. 3'000.–.

  7. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt und mit dem vom Revisionskläger geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Revisionsbeklagte wird verpflichtet, dem Revisionskläger den Kostenvorschuss im Umfang von Fr. 1'500.– zu ersetzen.

  8. Für das Revisionsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  9. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, in die Akten des Berufungsverfahrens (Geschäfts-Nr. LE190011), an das Bezirksgericht Meilen, Einzelgericht im summarischen Verfahren, und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an das Bezirksgericht Meilen (Prozess-Nr. EE180045) zurück.

  10. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 11. Juli 2022

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz versandt am:

lm

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