Zusammenfassung des Urteils RV160002: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts am Bezirksgericht Zürich vom 4. Januar 2016 bezüglich einer Vollstreckung. Der Gesuchsgegner forderte eine Verlängerung der Auszugsfrist aus einer Wohnung. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab, da der Gesuchsgegner seine Argumente nicht ausreichend begründet hatte. Die Gerichtskosten wurden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RV160002 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 11.02.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Vollstreckung |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchsgegner; Urteil; Vorinstanz; Gesuchsteller; Frist; Gesuchsgegners; Gericht; Beschwerdeschrift; Frist; Entscheid; Vollstreckung; Bundesgericht; Erwägung; Wohnung; Beschwerdeverfahren; Wiederherstellung; Beschwerdefrist; Sinne; Verfahren; Begründung; Zustellung; Parteien; Oberrichter; Gesuchstellern; Stadtammannamt; Parteientschädigung; Eingabe; Antrag; Erteilung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 132 ZPO ;Art. 148 ZPO ;Art. 149 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 42 BGG ;Art. 50 BGG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 134 II 244; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RV160002-O/U.doc
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. P. Kunz Bucheli
Urteil vom 11. Februar 2016
in Sachen
1. A. ,
2. ...
Gesuchsgegner und Beschwerdeführer
gegen
Gesuchsteller und Beschwerdegegner
a, b, c vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
betreffend Vollstreckung
Erwägungen:
Am 4. Januar 2016 erliess der Vorderrichter folgendes Urteil (Urk. 31
S. 13):
1. Die Gesuchsgegner 1 und 2 werden in Vollstreckung des vor der Schlichtungsbehörde Zürich geschlossenen Vergleichs vom 8. Januar 2015 angewiesen, die 4 ½-Zimmerwohnung Nr. 21, inkl. Kellerabteil, in der Liegenschaft F. [Adresse], unverzüglich zu räumen und den Gesuchstellern ordnungsgemäss zu übergeben, unter der Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall.
Das Stadtammannamt Zürich wird angewiesen, Ziffer 1 des mit einer Vollstreckbarkeitsbescheinigung versehenen Entscheids auf Verlangen der Gesuchsteller zu vollstrecken. Die Kosten der Vollstreckung sind von den Gesuchstellern vorzuschiessen. Sie sind ihnen aber von den Gesuchsgegnern 1 und 2 unter solidarischer Haftbarkeit zu ersetzen.
(Kostenregelung)
(Parteientschädigung)
(Mitteilungssatz)
(Beschwerde).
Gegen dieses Urteil erhob der Gesuchsgegner 1 und Beschwerdeführer (fortan Gesuchsgegner) mit Eingabe vom 5. Februar 2016, zur Post gegeben am 8. Februar 2016, Beschwerde, wobei er sinngemäss die Aufhebung des Urteils vom 4. Januar 2016 und die Verlängerung der Auszugsfrist aus der 4 ½- Zimmerwohnung Nr. 21 in der Liegenschaft F. [Adresse] bis Ende August 2016 verlangt (Urk. 30 S. 2 und S. 3). Gleichzeitig stellte er einen Antrag um sofortigen Rückzug-Einstellung der beforstehenden Ausweisung vom Mittwoch 17.02.2016 um 8.00 Uhr (Urk. 30 S. 3). Bei diesem Antrag handelt es sich sinngemäss um einen Antrag um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Mit separater Eingabe vom 5. Februar 2016 beantragt der Gesuchsgegner sodann, es sei auf sein Beschwerdeschreiben einzugehen (Urk. 29 S. 1), was als sinngemässes Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist entgegen zu nehmen ist.
3.a) Das angefochtene Urteil wurde dem Gesuchsteller am 5. Januar 2016 per Gerichtsurkunde an seine Wohnadresse F. [Adresse], geschickt. Die
Gerichtsurkunde kam allerdings mit dem Vermerk nicht abgeholt zurück (Urk. 25). Am 1. Februar 2016 meldete sich der Gesuchsgegner telefonisch bei der Vorinstanz und teilte mit, er habe vom Stadtammannamt Zürich den Termin des Vollzugs der Ausweisung mitgeteilt bekommen. Das Urteil vom 4. Januar 2016 habe er nicht erhalten, er wolle es aber anfechten. Daraufhin teilte ihm die Vorinstanz zunächst mündlich mit, dass sie von einer Zustellfiktion im Sinne von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO ausgehe, die Rechtsmittelinstanz aber abschliessend dar- über zu entscheiden habe (Urk. 26). Weiter stellte die Vorinstanz dem Gesuchsgegner das Urteil vom 4. Januar 2016 daraufhin noch einmal zusammen mit einem Begleitschreiben zur Information zu (Urk. 27). Jenem Schreiben ist zu entnehmen, dass die Vorinstanz gestützt auf den Absender auf zwei Umschlägen von Stellungnahmen des Gesuchsgegners im erstinstanzlichen Verfahren davon ausging, dass der Gesuchsgegner nunmehr nicht mehr in der psychiatrischen Klinik, sondern (wieder) zu Hause erreichbar sei. Sie gehe daher davon aus, dass ihm das Urteil aufgrund einer Zustellungsfiktion im Sinne von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO rechtsgültig zugestellt worden sei (Urk. 27).
b) Wird von einer Zustellungsfiktion im Sinne von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO ausgegangen, hätte das Urteil vom 4. Januar 2016 als am 13. Januar 2016 an den Gesuchsgegner zugestellt zu gelten (Urk. 25). Die 10-tägige Beschwerdefrist wäre daher bis am 25. Januar 2016 gelaufen (Urk. 31 S. 14, Dispositiv-Ziffer 6). Die Beschwerde des Gesuchsgegners vom 5. Februar 2016 erfolgte vor diesem Hintergrund verspätet. Es wäre daher grundsätzlich zunächst über das Gesuch des Gesuchsgegners um Wiederherstellung der Beschwerdeschrift zu entscheiden.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine versäumte Frist vom Gericht wiederhergestellt werden (Art. 148 ZPO). Wird die Wiederherstellung gewährt, wird der Prozess in den vorherigen Stand zurückversetzt, und das Gericht hat eine Nachfrist für die Prozesshandlung anzusetzen, sofern die Prozesshandlung nicht bereits nachgeholt wurde (Nina J. Frei, in: BK-ZPO, Band 1, N 8 und 9 zu Art. 149 ZPO).
Im vorliegenden Fall hat der Gesuchsgegner einzig beantragt, es sei auf sein Beschwerdeschreiben einzugehen (Urk. 29 S. 1). Er will mit seinem Fristwiederherstellungsgesuch demnach erreichen, dass seine separat verfasste und bereits eingereichte Beschwerdeschrift als rechtzeitig erfolgt entgegen genommen wird. Weder in der Begründung des Fristwiederherstellungsgesuchs (Urk. 29) noch in der separat verfassten Beschwerdeschrift (Urk. 30) führt der Gesuchsgegner aus, dass seine Ausführungen in der Beschwerdeschrift noch nicht abschliessend wären, dass er die Ansetzung einer (Nach-)Frist verlangt. Vielmehr geht der Gesuchsgegner in seinem Fristwiederherstellungsgesuch ausdrücklich davon aus, dass seines Erachtens die Beschwerdefrist am 3. Februar 2016 mit der Zustellung des angefochtenen Urteils zu laufen begonnen habe, weshalb auf seine Beschwerdeschrift einzutreten und der Beschwerde stattzugeben sei (Urk. 29 S. 4). Der Gesuchsgegner hat daher die versäumte Rechtshandlung bereits nachgeholt (wie das im Übrigen im Verfahren vor Bundesgericht ausdrücklich vorgesehen ist, vgl. Art. 50 BGG). Da indessen die Beschwerde des
Gesuchsgegners wie nachfolgend zu zeigen sein wird abzuweisen ist, kann die
Frage nach der Wiederherstellung der Beschwerdefrist bzw. der Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde vorliegend offen gelassen werden.
4.a) Gemäss Art. 321 Abs. 1 ZPO ist die Beschwerde schriftlich und begründet zu erheben. Der Inhalt dieser Bestimmung erschliesst sich durch einen Vergleich mit der entsprechenden Regelung für das bundesgerichtliche Verfahren in Art. 42 Abs. 2 BGG (Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., N 15 zu Art. 321 mit Verweis auf BGE 134 II 244 E. 2.4). Praxisgemäss sind die Eintretensvoraussetzungen aber nicht so restriktiv wie gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG im bundesgerichtlichen Verfahren. So wird vom Beschwerdeführer nicht verlangt, dass er explizit verletzte Gesetzesartikel nennt, da die kantonale Beschwerdeinstanz das Gesetz von Amtes wegen anwendet.
Vom Beschwerdeführer muss aber verlangt werden, dass er klar und substantiiert darlegt, welchen Mangel der angefochtene Entscheid aufweist. Dabei hat er sich insbesondere konkret mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen. Er muss erläutern, welche Erwägung aus welchen Gründen nicht
zutreffend ist. Der gerügten Erwägung sind die aus Sicht des Beschwerdeführers zutreffenden Überlegungen gegenüberzustellen und es ist darzutun, zu welchem, von jenem der Vorinstanz abweichenden Ergebnis diese führen. Der Beschwerdeführer kann seiner Rügeund Begründungspflicht nicht durch einen globalen Verweis auf bisherige Eingaben die Akten nachkommen. Insbesondere genügt die Erklärung der gesamten bisherigen Ausführungen zum Bestandteil der Beschwerde nicht. Werden keine ungenügende Rügen erhoben, stellt dies einen nicht behebbaren Mangel dar (vgl. Art. 132 ZPO). Es kann daher keine Nachfrist zur ergänzenden Begründung angesetzt werden. Die Beschwerde muss diesfalls abgewiesen werden.
Der Gesuchsgegner bringt in seiner Beschwerdeschrift vor, er und seine beiden 16 ½-jährigen Söhne hätten bis jetzt noch keine Wohnung, Bleibe dergleichen gefunden. Letztere wohnten ebenfalls in der Wohnung, aus welcher sie jetzt ausgewiesen würden. Sie bekämen Hilfe bei der Suche nach einer neuen Wohnung, unter anderem vom Sozialamt und dem Sozialdienst. Alle bemühten sich, wo sie nur könnten, um so rasch als möglich eine neue Wohnung für ihn und seine Söhne zu finden (Urk. 30 S. 1f.). Da er von einer vollen IV-Rente und Ergänzungsleistungen lebe, sei es einfach eine Frage der Zeit, bis sie mit Hilfe der Ämter eine neue Wohnung bekämen. Er beantrage daher eine letztmalige und sofortige Erstreckung des Mietverhältnisses bis Ende August 2016. Sonst würden er und seine Söhne auf der Strasse stehen und würden obdachlos, was einer sozialen Katastrophe gleichkäme (Urk. 30 S. 2).
Der Gesuchsgegner wiederholt damit nur seine bereits vor Vorinstanz gemachten Ausführungen, setzt sich aber nicht mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinander. Damit kommt der Gesuchsgegner seiner Begründungspflicht nur ungenügend nach. Insbesondere ist der Gesuchsgegner wie bereits im vorinstanzlichen Urteil (Urk. 31 S. 10) - noch einmal darauf hinzuweisen, dass eine erneute Erstreckung des Mietverhältnisses offensichtlich unzulässig ist, ganz abgesehen davon, dass eine solche nicht in einem Vollstreckungsverfahren und schon gar nicht in einem Beschwerdeverfahren gegen einen Vollstreckungsentscheid erfolgen kann. Zusammengefasst ist daher die Be-
schwerde des Gesuchsgegners abzuweisen. Auf das Einholen einer Beschwerdeantwort der Gesuchsteller kann unter diesen Umständen verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO).
Da mit vorliegendem Urteil sogleich über die Beschwerde entschieden wird, ist das Gesuch des Gesuchsgegners um Erteilung der aufschiebenden Wirkung (Urk. 30 S. 3) als gegenstandslos geworden abzuschreiben.
Ausgangsgemäss wird der Gesuchsgegner für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Der von der Vorinstanz festgesetzte Streitwert von Fr. 15'810.blieb unangefochten (Urk. 31 S. 12). In Anwendung von § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 GebV OG ist die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'200.festzusetzen. Für das Beschwerdeverfahren sind sodann keine Parteientschädigungen zuzusprechen, dem Gesuchsgegner infolge seines Unterliegens, den Gesuchstellern mangels erheblicher Umtriebe.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Das Gesuch des Gesuchsgegners um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird abgeschrieben.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'200.festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchsteller im Doppel für sich und zuhanden des Stadtammannamtes und unter Beilage je eines Doppels von Urk. 29 und 30, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 15'810.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 11. Februar 2016
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. P. Kunz Bucheli versandt am:
mc
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