Zusammenfassung des Urteils RU220016: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerin hat gegen die Beklagte geklagt, da diese ihren Auftrag nicht fachgerecht ausgeführt hat, was zu finanziellen Verlusten führte. Das Friedensrichteramt entschied zugunsten der Klägerin und verpflichtete die Beklagte, einen Betrag nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte legte daraufhin Beschwerde ein, die vom Obergericht des Kantons Zürich behandelt wurde. Aufgrund von Verfahrensfehlern und mangelnder Substanz in den Argumenten der Klägerin wurde das Urteil des Friedensrichteramtes aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung zurückverwiesen. Kosten wurden nicht erhoben, und keine Parteientschädigungen wurden zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RU220016 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 21.06.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Friedensrichteramt; Entscheid; Urteil; Partei; Beklagten; Parteien; Recht; Friedensrichteramtes; Begründung; Auftrag; Sachverhalt; Verhandlung; Antrag; Schaden; Bezirksgericht; Schlichtungsverhandlung; Beschwerdeverfahren; Verfahren; Bezirksgerichts; Ausführungen; Entscheidverfahren; Pflicht; Gericht; Sachverhalts; Handelsregister; Bülach; Säumnis |
Rechtsnorm: | Art. 107 ZPO ;Art. 153 ZPO ;Art. 203 ZPO ;Art. 204 ZPO ;Art. 205 ZPO ;Art. 206 ZPO ;Art. 212 ZPO ;Art. 234 ZPO ;Art. 247 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 327 ZPO ;Art. 398 OR ;Art. 53 ZPO ;Art. 55 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 93 BGG ;Art. 95 ZPO ;Art. 97 OR ; |
Referenz BGE: | 141 IV 244; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RU220016-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
in Sachen
Beklagte und Beschwerdeführerin,
gegen
,
Klägerin und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
betreffend Forderung
Beschwerde gegen ein Urteil des Friedensrichteramtes der Stadt Zürich, Kreise 1+2 vom 30. November 2021 (GV.2021.00437 / SB.2021.00491)
1.
Mit Eingabe vom 4. November 2021 stellte B. (Klägerin und Beschwerdegegnerin, fortan Klägerin) ein Schlichtungsgesuch beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 1+2, wonach die A. AG (Beklagte und Beschwerdeführerin, fortan Beklagte) zu verpflichten sei, ihr Fr. 3'658.40 nebst 5% Zins seit dem 1. November 2021 zu bezahlen (act. 1 S. 2). Am 12. November 2021 wurden die Parteien zur Schlichtungsverhandlung auf den 30. November 2021, 15.00 Uhr, vorgeladen (act. 4). Zur Schlichtungsverhandlung erschien die Klägerin in Begleitung ihrer Rechtsanwältin. Anlässlich der Verhandlung reduzierte die Klägerin ihre Forderung auf den Betrag von Fr. 2'000.00 zuzüglich 5% Zins seit dem 1. November 2021. Für die Beklagte erschien zur Verhandlung unentschuldigt niemand (act. 6 S. 1). Mit unbegründetem Urteil vom 30. November 2021 entschied das Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 1+2 (fortan Frie- densrichteramt), wie folgt (act. 8 = act. 19 S. 2):
1. Die beklagte Partei wird verpflichtet, der Klägerin CHF 2'000.00 nebst 5% Zins seit 1. November 2021 zu bezahlen.
Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 440.00 festgesetzt.
Verlangt keine der beiden Parteien eine schriftliche Begründung des Urteils, so ermässigt sich die Gerichtsgebühr auf zwei Drittel und beträgt
CHF 280.00.
Die Kosten werden der beklagten Partei auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
[Schriftliche Mitteilung].
[Hinweis Begründung / Rechtsmittelbelehrung].
Fristgerecht verlangte die Beklagte eine Begründung des Urteils vom
30. November 2021 (act. 10-11). Daraufhin begründete das Friedensrichteramt den Entscheid (act. 13 = act. 18). Die Beklagte nahm den begründeten Entscheid am 7. Januar 2022 entgegen (act. 14).
2.
Mit Eingabe vom 3. Februar 2022 (Datum Poststempel; 4. Februar 2022) erhob die Beklagte gegen das friedensrichterliche Urteil vom 30. November 2021 rechtzeitig Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (act. 20; act. 14).
Die Akten des Friedensrichteramtes wurden beigezogen (act. 1-15). Mit Präsidialverfügung vom 11. Februar 2022 wurde der Beklagten Frist zur Leistung ei- nes Kostenvorschusses von Fr. 450.00 für das Beschwerdeverfahren angesetzt und es wurde die Prozessleitung delegiert (act. 24). Die Beklagte leistete den erhobenen Kostenvorschuss innert Frist (act. 25-26). Mit Verfügung vom 21. März 2022 wurde der Klägerin Frist zur Beschwerdeantwort angesetzt (act. 27). Die Klägerin erstattete die Beschwerdeantwort fristgemäss mit Eingabe vom 14. April 2022 (Datum Poststempel). Sie beantragt die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteuer zulasten der Beklagten (act. 29 S. 2). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
3.
Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist innerhalb der 30-tägigen Rechtsmittelfrist schriftlich, begründet und mit Rechtsmittelanträgen versehen einzureichen. Bei Rechtsmitteleingaben von Laien genügt als Antrag eine Formulierung, aus der sich mit gutem Willen herauslesen lässt, wie das Obergericht entscheiden soll. Zur Begründung reicht aus, wenn auch nur ganz rudimentär zum Ausdruck kommt, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet resp. weshalb der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Beschwerde führenden Partei unrichtig sein soll. Sind auch diese Voraussetzungen nicht gegeben, wird auf eine Beschwerde nicht eingetreten (Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO; vgl. OGer ZH PF130050 vom 25. Oktober 2013,
E. II./2.1; vgl. BK ZPO-Sterchi, Bd. II, Bern 2012, Art. 321 N 18 und 22). Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwer- deverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
Nach Art. 327 Abs. 3 ZPO kann die Beschwerde kassatorisch reformatorisch wirken. Soweit die Beschwerdeinstanz die Beschwerde gutheisst, hebt sie den angefochtenen Entscheid auf und weist das Verfahren an die Vorinstanz zurück entscheidet selbst, wenn die Sache spruchreif ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt die Beschwerdeinstanz grundsätzlich nach freiem Ermessen und ohne Bin- dung an Parteianträge. Mit Blick auf die Möglichkeit eines reformatorischen Entscheides hat die Beschwerde führende Partei deshalb regelmässig einen Antrag in der Sache zu stellen, der bei Gutheissung der Beschwerde zum Entscheid erhoben werden kann. Geht es um geldwerte Ansprüche, ist der Antrag zu beziffern (vgl. ZK ZPO-Freiburghaus/Afheldt, 3. Aufl. 2016, Art. 321 N 14 und Art. 327 N 10 ff.; ferner OGer ZH PF110013 vom 21. Juni 2011).
Die Beklagte stellt den Rechtsmittelantrag, es sei das Urteil des Friedensrichteramtes vom 30. November 2021 vollumfänglich aufzuheben, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen inkl. MwSt. zu Lasten des Friedensrichteramtes (act. 20 II.). Ein Antrag in der Sache fehlt, die Rechtsmitteleingabe der Beklagten kann (unter Mitberücksichtigung der Begründung) aber nur dahingehend verstan- den werden, dass sie nichts an die Klägerin bezahlen, sprich die Abweisung von deren Klage erreichen will. Damit liegt ein genügender Antrag vor. Die Beschwer- de wurde zudem mit einer Begründung versehen eingereicht, insofern ist auf sie einzutreten.
4.
Das Friedensrichteramt erwog im Wesentlichen, die Klägerin habe die Beklagte beauftragt, den ordnungsgemässen Zustand der C. GmbH wiederherzustellen, die Organisationsmängel zu beheben und die Wiedereintragung im Handelsregister zu veranlassen (act. 18 S. 2 Ziffer 2). Dieser Auftrag sei von der Beklagten nicht fachgerecht ausgeführt worden, wie im Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 6. August 2021 erläutert werde. Dies habe zu unnötigen Ausgaben der Klägerin von Fr. 3'658.40 (Honorar der Beklagten von Fr. 3'382.40 und Ausgaben an das Handelsregisteramt Zürich von Fr. 276.00) sowie dazu geführt, dass die C. GmbH in Liquidation gesetzt worden sei. Die Klägerin habe ei- nen Anteil ihres finanziellen Schadens eingeklagt (act. 18 S. 2 Ziffer 3). Die Beklagte habe ihre allenfalls abweichende Sicht der Sachlage nicht dargelegt (Säumnis), weshalb ausschliesslich auf die glaubwürdige und schlüssige Darstellung der Klägerin und das von ihr eingereichte Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 6. August 2021 abzustellen sei. Aufgrund der fachlichen Fehler der Beklagten sei die von der Klägerin geforderte Rückerstattung von Fr. 2'000.00 zuzüglich Zins gerechtfertigt (act. 18 S. 2 Ziffer 4-5).
Die Beklagte bringt vor, das Friedensrichteramt gehe davon aus, dass zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis bestanden habe. Sie (die Beklagte) wäre nach Art. 97 OR zur Leistung von Schadenersatz an die Klägerin verpflichtet, wenn kumulativ ein Schaden, eine Pflichtverletzung und ein Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Pflichtverletzung vorliegen würden. Das Friedensrichteramt erläutere in Ziffer 3 des Entscheides den erlittenen finanziellen Scha- den. Die an genannter Stelle des Entscheides erwähnten und ins Recht gelegten Rechnungen seien jedoch nicht an die Klägerin, sondern an die C. GmbH gerichtet gewesen. Die Annahme, die Klägerin habe einen Schaden erlitten, gingen damit fehl, diese sei nie Schuldnerin der Beträge gewesen. Es fehle an der Voraussetzung eines bei der Klägerin eingetretenen Schadens (act. 20 S. 3). Weiter sei gemäss Ziffer 3 des friedensrichterlichen Entscheides der Auftrag (Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes der C. GmbH, Behebung Organisationsmängel, Veranlassung Wiedereintragung im Handelsregister) nicht fachgerecht ausgeführt worden, was im Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom
6. August 2021 erläutert worden sei. Die Beklagte rügt, die vermeintliche Pflichtverletzung werde im Entscheid des Friedensrichteramtes nicht weiter dargelegt. Mit dem Verweis auf das bezirksgerichtliche Urteil sei weder eine Treue- und Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne von Art. 398 Abs. 2 OR noch das Erfordernis der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden dargelegt wor- den. Das bezirksgerichtliche Urteil äussere sich weder zum Auftragsverhältnis noch zur Auftragsbesorgung (act. 20 S. 4). Nach der Beklagten seien die beiden Ziele, Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes der C. GmbH und Behebung der Organisationsmängel, zweifelsohne erreicht worden. Das grundsätzliche Problem habe darin bestanden, dass die Notfrist zur Eintragung im Handelsregister bis zum 7. Juni 2021 nicht eingehalten worden sei. Die verspätete Eintragung könne aber nicht auf eine unsorgfältige Auftragsausführung ihrerseits zurückgeführt werden, sondern liege darin, dass die Klägerin die Vorausrechnung entsprechend spät bezahlt habe. Die Beklagte macht geltend, zu jedem Zeitpunkt zweckgerichtet, zweckmässig und erfolgsbezogen gehandelt und den beabsichtigten Erfolg auch nicht verunmöglicht zu haben. Sie habe keine Pflichtverletzung begangen. Gemäss Auftragsrecht werde ein Tätigwerden in fremdem Interesse erwartet, was nicht bedeute, dass ein Erfolg geschuldet sei. Ein solcher sei lediglich anzustreben. Die Vergütung des Beauftragten sei grundsätzlich auch dann geschuldet, wenn die Tätigkeit des Beauftragten nicht den beabsichtigten Erfolg gezeitigt habe. Im vorliegenden Fall habe sie jede in Rechnung gestellte Leistung erbracht. Auch wenn eines von drei Auftragszielen, nämlich die Wiedereintragung im Handelsregister, nicht erreicht worden sei, so habe sie dennoch nach bestem Wissen und Gewissen auch auf dieses Ziel hingewirkt und die in Rechnung gestellte Zeit investiert. Dies sei auch entsprechend zu vergüten
(act. 20 S. 5 f.).
Die Klägerin bestreitet sämtliche Ausführungen der Beklagten. Im Wesentlichen macht sie jedoch geltend, die Beklagte habe sich vor dem Friedensrichteramt in Bezug auf das Fernbleiben an der Schlichtungsverhandlung weder auf ei- nen Dispensationsgrund berufen noch sich wirksam von der Schlichtungsverhandlung abgemeldet, das heisst den Eintritt der Säumnisfolgen nicht vermieden. Die Klägerin weist darauf hin, dass das Friedensrichteramt in vermögensrechtlichen Angelegenheiten bei einem Streitwert bis zu Fr. 2'000.00 einen Entscheid fällen könne, sofern ein entsprechender Antrag gestellt werde. Sie (die Klägerin) habe anlässlich der Verhandlung vom 30. November 2021 einen Antrag auf Entscheid gestellt, welchen das Friedensrichteramt angenommen habe. Damit seien sämtliche Voraussetzungen für das Entscheidverfahren der Schlichtungsbehörde erfüllt gewesen. Im Beschwerdeverfahren seien neue Anträge und Tatsachenbehauptungen ausgeschlossen. Mit ihren Ausführungen in der Rechtsmitteleingabe komme die Beklagte zu spät, sämtliche inhaltlichen Ausführungen könnten nicht mehr berücksichtigt werden. Damit sei die Beschwerde unbegründet geblieben und abzuweisen (act. 29 S. 3).
Im Schlichtungsverfahren besteht eine Pflicht zum persönlichen Erschei- nen (Art. 204 Abs. 1 ZPO). Erscheint eine Partei unentschuldigt nicht an der Schlichtungsverhandlung, so ist sie säumig. Fernbleiben darf der Schlichtungsverhandlung nur, wer sich auf einen Dispensationsgrund nach Art. 204 Abs. 3 ZPO (zum Beispiel ausserkantonaler/ausländischer Wohnsitz, Krankheit, Alter) berufen kann und sich gleichzeitig an der Verhandlung vertreten lässt. Die Beklagte erschien zur Schlichtungsverhandlung vom 30. November 2021 nicht (act. 6). Sie berief sich weder gegenüber dem Friedensrichteramt auf einen Dispensationsgrund noch macht sie in ihrer Beschwerde einen solchen geltend. Es ist damit
wie die Klägerin zutreffend vorbringt – von der (unentschuldigten) Säumnis der Beklagten anlässlich der friedensrichterlichen Verhandlung vom 30. November 2021 auszugehen.
Art. 206 Abs. 2 ZPO regelt die Folgen bei Säumnis der beklagten Partei: Die Schlichtungsbehörde verfährt so, wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre, d.h. Art. 209 bis Art. 212 ZPO kommen zur Anwendung. Vorausgesetzt ist, dass in der Vorladung die entsprechenden Säumnisfolgen angedroht wurden (ZK ZPO-Honegger, a.a.O., Art. 206 N 6). Letzteres ist vorliegend geschehen; die Beklagte wurde in der Vorladung zur Schlichtungsverhandlung explizit darauf hingewiesen, dass (sollte sie der Verhandlung unentschuldigt fernbleiben) entweder die Klagebewilligung erteilt, ein Urteilsvorschlag unterbreitet auf Antrag der klagenden Partei ein Entscheid gefällt würde. Es war in der Vorladung festgehalten worden, dass dies auch bei Reduktion des Streitwertes an der Verhandlung auf Fr. 2'000.00 weniger gelte (act. 4 S. 2). Die Vorladung ging der Beklagten zu (act. 5).
Bei einem Streitwert von bis zu Fr. 2'000.00 kann das Friedensrichteramt in vermögensrechtlichen Angelegenheiten einen Entscheid fällen, sofern die klagende Partei einen entsprechenden Antrag stellt (Art. 212 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin re- duzierte anlässlich der Verhandlung vom 30. November 2021 ihre Forderung auf Fr. 2'000.00 und stellte einen Antrag auf Entscheid (act. 6). Insofern sind die Voraussetzungen für das Entscheidverfahren der Schlichtungsbehörde erfüllt.
Es trifft zu, dass die Beklagte mit ihren Ausführungen in der Rechtsmitteleingabe, die sie ohne Weiteres dem Friedensrichteramt hätte vortragen können, zu spät kommt. Noven sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (vgl. oben Erw. 3.1.). Indem die Beklagte in ihrer Beschwerdeschrift jedoch ausführt, das Friedensrichteramt habe im Entscheid die vermeintliche Pflichtverletzung sowie das Erfordernis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht (weiter) dargelegt und es fehle an einer Äusserung zum Auftragsverhältnis sowie zur Auftragsbesorgung, rügt sie sinngemäss eine mangelhafte Begründung des angefochtenen Entscheids. Eine solche Rüge kann die Beklagte unabhängig von der im Beschwerdeverfahren geltenden Novenregelung vorbringen, Anlass zu dieser hat insbesondere erst das friedensrichterliche Urteil gegeben. Aus dem Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO) fliesst u.a. auch der Anspruch, dass das Gericht seine Entscheide begründet (Begründungspflicht). Die Begründung muss nebst der Prozessgeschichte und den Parteistandpunkten die wesentlichen Überlegungen enthalten, welche zum Urteil geführt haben. Es ist somit darzustellen, welcher Sachverhalt aus welchen Gründen als feststehend erscheint. Weiter sind die einschlägigen Rechtsnormen zu nennen, aufgrund derer die geltend gemachten Ansprüche gemäss dem feststehenden Sachverhalt zugesprochen abgewiesen werden. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann (ZK ZPO-Staehelin, a.a.O., Art. 239 N 15 ff., statt vieler BGE 141 IV 244 E. 1.2.1). Daran ändert nichts, dass das Friedensrichteramt in Abwesenheit der Beklagten entsprechend den Hinweisen in der Vorladung gestützt auf
Art. 206 Abs. 2 ZPO entschied; ein Säumnisurteil entbindet nicht davon, die massgeblichen Entscheidmotive festzuhalten.
Der angefochtene Entscheid gibt die angewandten Gesetzesbestimmungen nicht an. Es fehlen Ausführungen dazu, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen das Honorar eines Beauftragen herabgesetzt bzw. zurückgefordert werden kann und wann (zusätzlich) ein Ersatz des durch Vertragsverletzung resp. Schlechterfüllung des Vertrages verursachten Schadens geschuldet ist. Demgemäss fehlt es auch an einer Subsumtion des rechtlich relevanten Sachverhaltes unter die rechtlichen Voraussetzungen. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, ist ausserdem die
Sachverhaltsfeststellung des Friedensrichteramtes, der Auftrag sei nicht fachgerecht ausgeführt, zu ungenau. Gleiches gilt für die Erwägung des Friedensrichteramtes, eine Rückerstattung von Fr. 2'000.00 rechtfertige sich aufgrund fachlicher Fehler der Beklagten. Welche zwischen den Parteien vertraglich relevanten Handlungen Unterlassungen der Beklagten vorgeworfen werden, ist nicht erkennbar. Solches wird auch nicht klarer durch den Verweis auf das Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 6. August 2021: Selbst wenn ein solch pauschaler Verweis ausreichen würde, äussert sich das Urteil des Bezirksgerichts dazu nicht. In der Sache ging es im Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 6. August 2021 um ein von der Beklagten im Namen der Klägerin gestelltes Gesuch um Wiedereintragung der C. GmbH, welches abgewiesen wurde, weil die Gesellschaft noch gar nicht im Handelsregister gelöscht war. Die Verfahrenskosten waren der Beklagten und nicht der Klägerin auferlegt worden. Angesprochen wurde im bezirksgerichtlichen Urteil eine verpasste Notfrist – unter Hinweis auf eine allfällige Möglichkeit zur Fristwiederherstellung – in einem Verfahren vor dem Kantonsgericht Zug; letzteres habe am 16. Juni 2021 in Bezug auf die genannte GmbH ei- nen Auflösungsentscheid gefällt. Dass das (versäumte) Handeln innert Notfrist in einem Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag stehe, geht aus dem Urteil des Bezirksgerichts nicht hervor (act. 2/2). Wurde im Urteil des Friedensrichteramtes die relevante Handlung Unterlassung durch die Beklagte nicht hinreichend spezifiziert, liegt auf der Hand, dass in der Begründung auch die Herstellung eines Zusammenhangs resp. einer Kausalität zum von der Klägerin geforderten Betrag fehlt.
Nach dem Gesagten kann zusammenfassend festgehalten werden, dass das Urteil des Friedensrichteramtes vom 30. November 2021 den Anforderungen an die Begründungspflicht nicht genügt. Dadurch wurde das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt.
Aus dem Schlichtungsgesuch und den durch das Friedensrichteramt protokollierten Ausführungen der Klägerin erhellt, dass die Urteilsbegründung auf Sachverhaltsebene auch nicht detaillierter ausfallen konnte. Der Grund für die aufgezeigte ungenügende Begründung des Urteils durch das Friedensrichteramt
liegt in den unsubstantiierten resp. ungenügenden Vorbringen der Klägerin. Im Schlichtungsgesuch wurde von ihr einzig ein Rechtsbegehren gestellt und unter Streitgegenstand aufgeführt, Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit der Liquidation der C. GmbH bzw. Rückerstattung der geleisteten Honorare (act. 1 S. 2). In der Hauptverhandlung vom 30. November 2021 verwies die Klägerin auf die von ihr eingereichten Unterlagen und sie führte aus, der an die Beklagte erteilte Auftrag sei nicht fachgerecht ausgeführt worden, wie im Urteil vom Bezirksgericht Bülach vom 6. August 2021 ausführlich erläutert worden sei. Sie verlange das Geld zurück, das sie der Beklagten und unnötigerweise dem Handelsregisteramt Zürich bezahlt habe. Insgesamt habe sie Fr. 3'658.40 bezahlt (act. 7 S. 2). Was Inhalt des Vertrages zwischen den Parteien war, ist weder dem Schlichtungsgesuch noch den klägerischen Ausführungen an der Verhandlung vom 30. November 2021 zu entnehmen. Das Friedensrichteramt stützte seine dahingehenden Erwägungen (wohl) auf die klägerischen Beilage act. 2/1a zum Schlichtungsgesuch.
Das Friedensrichteramt als Schlichtungsbehörde ist bei Vorliegen eines Antrages auf Ausfällung eines Entscheides nach Art. 212 ZPO nicht zur Eröffnung eines Entscheidverfahrens verpflichtet; das liegt vielmehr in seinem freien Ermessen (Kann-Vorschrift). In der Regel wird und soll sich die Schlichtungsbehörde auf die Entscheidung von Fällen beschränken, die an der ersten Verhandlung spruchreif sind mindestens ohne viel Aufwand zur Spruchreife gebracht werden kön- nen. Auf die Durchführung von aufwändigen Beweisverfahren Verhandlungen über mehrere Termine sollte angesichts des Gebots der Prozessbeschleunigung gemäss Art. 203 Abs. 2 ZPO verzichtet werden. Im Entscheidverfahren (bis zu einem Streitwert von Fr. 2'000.00) ist die Schlichtungsbehörde erste Entscheidinstanz. Will sie dem Antrag auf Ausfällung eines Entscheids nach Art. 212 ZPO nachkommen, so hat sie ein formelles Entscheidverfahren durchzuführen, das sich vom weitgehend formlosen Schlichtungsverfahren unterscheidet. Im Entscheidverfahren ist über die Parteiaussagen ein Protokoll zu führen (vgl. auch Art. 205 ZPO). Im Übrigen gelten die Regeln über das vereinfachte Verfahren (Art. 243 ff. ZPO) analog. Bei Säumnis der beklagten Partei kann das Friedensrichteramt analog Art. 234 ZPO – unter Beachtung von Art. 153 ZPO – aufgrund
der Akten und Vorbringen der anwesenden Partei entscheiden. Dies bedeutet je- doch nur, dass es die Angaben der klagenden Partei als unbestritten voraussetzen darf, nicht aber, dass es deren Standpunkt unbesehen als richtig übernehmen gar das Begehren ohne Weiteres gutheissen darf. Das Friedensrichteramt muss aufgrund des vorgetragenen Sachverhaltes und der vorgelegten Beweismittel davon überzeugt sein, dass die Forderung der klagenden Partei gegenüber der beklagten Partei in der bezifferten Höhe effektiv besteht. Ein blosses Glaubhaftmachen der Forderung genügt nicht (vgl. OGer ZH RU190044 vom 18. Dezember 2019, E. 5.a zweiter Absatz; OGer ZH RU170065 vom 19. Dezember 2017, E. 9.a m.w.H.). Das Verfahren untersteht mit Bezug auf die Sammlung des Prozessstoffs bzw. die Feststellung des entscheidrelevanten Sachverhalts der Verhandlungsmaxime (Art. 55 ZPO i.V.m. Art. 247 Abs. 2 ZPO e contrario). Es ist mithin Sache der Parteien, dem Gericht das für die Rechtsanwendung (welche von Amtes wegen zu erfolgen hat; Art. 57 ZPO) relevante Tatsachenfundament zu präsentieren. Da auch die Vorschriften über die gerichtliche Fragepflicht nach
Art. 247 Abs. 1 ZPO massgeblich sind, hat das Friedensrichteramt mit geeigneten Fragen darauf hinzuwirken, dass die Parteien den Sachverhalt soweit nötig ergänzen und die Beweismittel bezeichnen bzw. Beweisanträge stellen (vgl. OGer ZH RU170025 vom 22. Januar 2018 E. 2.3. und 5.3.2. sowie OGer ZH RU200021 vom 7. August 2020 E. 2.5. und 3.3. je mit weiteren Hinweisen).
Nach dem Ausgeführten ist die Erwägung des Friedensrichteramtes, es könne auf die glaubhafte und schlüssige Darstellung der Klägerin abgestellt werden in zweierlei Hinsicht falsch: Zum einen gilt im Entscheidverfahren nach Art. 212 ZPO nicht das Beweismass des Glaubhaftmachens. Zum anderen können die Darlegungen der Klägerin nicht als hinreichend schlüssig bezeichnet werden. Der Klägerin oblag es, die tatsächlichen Grundlagen des von ihr geltend gemachten bzw. eingeklagten Anspruchs in den (schriftlichen mündlichen) Parteivorträgen in schlüssiger Weise und hinreichend substantiiert zu behaupten (und mit Beweisofferten zu untermauern). Ihre Ausführungen, die Beklagte habe den Auftrag nicht fachgerecht ausgeführt und sie habe Geld unnötigerweise bezahlt, welches sie zurückverlange, genügten hierzu nicht. Die Klägerin legte zudem weder schriftlich noch mündlich dar, was Inhalt des Vertrages mit der Beklagten war. Das Friedensrichteramt hätte die Klägerin nach Art. 247 Abs. 1 ZPO (zumindest einmalig) darauf aufmerksam machen müssen, dass ihre Sachverhaltsvorbringen ungenügend sind. Eine Nachfrage in Bezug auf die Substantiierung, welches konkrete Handeln Unterlassen die Klägerin der Beklagten vorwirft und wieso sie daraus folgend welchen Betrag verlangt, hätte sich aufgedrängt. Ein Substantiierungshinweis durch das Friedensrichteramt wäre auch in Bezug auf den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages angezeigt gewesen. Unge- nügend war sodann der blosse Verweis der Klägerin auf die von ihr eingereichten Unterlagen, mithin auf das Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 6. August 2021. Beilagen sind grundsätzlich blosse Beweismittel für Behauptungen, die in den Parteivorträgen zu erheben sind. Insbesondere oblag es dem Friedensrichteramt nicht, aufgrund des Verweises der Klägerin Sachverhaltsannahmen aus den eingereichten Einlegerakten herzuleiten, wie vorliegend betreffend den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages. Solches ist nicht zulässig und entbindet das Friedensrichteramt nicht von seiner Fragepflicht gemäss Art. 247 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidfällung wäre vorliegend folglich erst nach Ausübung der Fragepflicht durch das Friedensrichteramt in Bezug auf den Sachverhalt (und einer allfällig weiteren Beweisabnahme) möglich und zulässig gewesen. Das Verfahren war somit noch nicht spruchreif.
4.5. Wegen der (schweren) Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten, aber auch wegen (zugrundeliegender) fehlender Spruchreife des friedensrichterlichen Verfahrens, kommt nur eine Rückweisung an das Friedensrichteramt in Frage. In Gutheissung der Beschwerde ist das Urteil des Friedensrichteramtes vom
30. November 2021 daher aufzuheben. Die Sache ist im Sinne der Erwägungen an das Friedensrichteramt zurückzuweisen. Dieses wird – soweit notwendig und zulässig – durch Fragen auf die Sachverhaltsergänzung durch die Klägerin hinzuwirken und allenfalls Beweismittel abzunehmen haben. Es steht dem Friedensrichteramt offen, das Entscheidverfahren wie aufgezeigt nach den massgeblichen Bestimmungen durchzuführen und einen neuen Entscheid zu fällen oder
da Art. 212 ZPO eine freiwillige Spruchkompetenz einräumt – eine Klagebewilligung auszustellen. Ein allfälliger Entscheid wäre (auf Verlangen) nach den gesetzlichen Vorgaben zu begründen.
5.
Die Beklagte beantragt die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen inkl. MwSt. zu Lasten des Friedensrichteramtes (act. 20 II).
Es rechtfertigt sich vorliegend, die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus- nahmsweise auf die Gerichtskasse zu nehmen resp. keine Kosten zu erheben (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 450.-- (act. 26) ist der Beklagten zurückzuerstatten, unter Vorbehalt eines Verrechnungsrechts der Gerichtskasse.
Die Parteientschädigung umfasst gemäss Art. 95 Abs. 3 ZPO den Ersatz notwendiger Auslagen (lit. a) und bei einer nicht anwaltlich vertretenen Partei in begründeten Fällen eine angemessene Umtriebsentschädigung (lit. c). Die Beklagte begründet zum einen nicht weiter, welche Auslagen und Umtriebe ihr entstanden sind. Zum anderen verlangt sie nicht eine Entschädigung durch die Klägerin, sondern aus der Kasse des Friedensrichteramtes. Eine aus der Staatskasse resp. der Kasse des Friedensrichteramtes auszurichtende Parteientschädigung kommt gemäss Praxis der Kammer nur in ganz besonderen, hier nicht gegebenen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. OGer ZH PQ140037 vom 28. Juli 2014, E. 3.1, bestätigt in OGer ZH PQ140040 vom 25. September 2014, E. 6). Der Beklagten ist keine Parteientschädigung zuzusprechen. Der Klägerin ist keine solche zuzusprechen, weil sie unterliegt.
Das Urteil des Friedensrichteramtes der Stadt Zürich, Kreise 1+2, vom
30. November 2021 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen an das Friedensrichteramt zurückgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.
Der von der Beklagten und Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss wird ihr unter Vorbehalt eines Verrechnungsrechts zurück erstattet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte und Beschwerdeführerin unter Beilage eines Doppels von act. 29, sowie an das Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 1+2, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 2'000.00.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch versandt am:
21. Juni 2022
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