Zusammenfassung des Urteils RU120009: Obergericht des Kantons Zürich
Der Kläger hat beim Friedensrichteramt D. die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten gemäss Unterhaltsvertrag gefordert. Der Friedensrichter trat jedoch nicht auf die Klage ein. Der Kläger legte Beschwerde ein, die schliesslich erfolgreich war, da das Friedensrichteramt angewiesen wurde, auf die Klage einzutreten. Es wurden keine Kosten erhoben, da der Kläger mit seinem Standpunkt durchdrang und der Beklagte sich nicht mit dem Nichteintretensentscheid identifizierte. Das Obergericht des Kantons Zürich hob die Verfügung des Friedensrichteramts auf und entschied zugunsten des Klägers.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RU120009 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 16.03.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Abänderung Unterhaltsbeitrag / Unterhaltsvertrag |
Schlagwörter : | Friedensrichter; Verfügung; Friedensrichteramt; Klage; Eingabe; Verfahren; Gericht; Parteien; Bundesgericht; Herabsetzung; Beklagten; Schlichtungsverfahren; Entscheid; Erwägungen; Obergericht; Kantons; Zivilkammer; Oberrichter; Klopfer; Gerichtsschreiber; Häusermann; Unterhaltsvertrag; Friedensrichteramtes; Prozessführung; Frist; Beschwerdefrist; Klägers; Herabsetzungsklage; Bezirksgericht |
Rechtsnorm: | Art. 213 ZPO ;Art. 295 ZPO ;Art. 296 ZPO ;Art. 59 ZPO ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Bühler, Schweizer, Berner Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 119 ZPO, 2013 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RU120009-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur.
M. Spahn und Ersatzoberrichter Dr. S. Mazan sowie Gerichtsschreiber lic. iur. B. Häusermann
Urteil vom 16. März 2012
in Sachen
,
Kläger und Beschwerdeführer
gegen
,
Beklagter und Beschwerdegegner
vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge C.
betreffend Abänderung Unterhaltsbeitrag / Unterhaltsvertrag
Erwägungen:
Mit Eingabe vom 10. Januar 2012 an das Friedensrichteramt D. , verlangte der Kläger die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten gemäss Unterhaltsvertrag vom 25. Juni 1998. Auf diese Klage trat der angerufene Friedensrichter mit Verfügung vom 11. Januar 2012 nicht ein. Diese Verfügung wurde dem Kläger am 12. Januar 2012 zugestellt (vgl. zum Ganzen Urk. 1 bis 3).
Mit Eingabe vom 11. Februar 2012 erhob der Kläger Beschwerde gegen die Verfügung des Friedensrichteramtes D. , vom 11. Januar 2012 und stellte folgende Anträge (Urk. 4 S. 1, teilweise verkürzt):
Es sei das Friedensrichteramt anzuweisen, auf die Eingabe vom 10. Januar 2012 einzutreten.
Es seien allfällige Kosten der Gegenseite aufzuerlegen.
Es sei dem Kläger die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen.
Mit Verfügung vom 22. Februar 2012 wurde dem Beklagten Frist angesetzt zur Beantwortung der Beschwerde (Urk. 9). Der Beklagte liess sich mit Eingabe vom
9. März 2012 rechtzeitig vernehmen (Urk. 10).
2. Der Friedensrichter hat in seiner Verfügung vom 11. Januar 2012 richtigerweise die Beschwerde belehrt und als Beschwerdefrist 30 Tage angegeben. Der Kläger hat seine Beschwerde am 13. Februar 2012 bei der Post aufgegeben (Urk. 4) und damit die Beschwerdefrist eingehalten.
In der angefochtenen Verfügung wird erwogen, aus den Unterlagen und dem Rechtsbegehren des Klägers gehe klar hervor, dass eine Herabsetzungsklage vorliege. Bei der Herabsetzungsklage entfalle das Schlichtungsverfahren. Auf die Klage sei daher nicht einzutreten (Urk. 5 S. 2).
Der Kläger führt mit der Beschwerde aus, er sei in dieser Sache bereits vor gut einem Jahr direkt an das Bezirksgericht Zürich gelangt. Diese Instanz sei auf sein Begehren nicht eingetreten und habe dazu Folgendes erwogen:
Für selbständige Klagen über Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten gilt nach Art. 295 ZPO das vereinfachte Verfahren, in welchem das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen erforscht und ohne Bindung an die Parteianträge entscheidet (Art. 296 ZPO). Auch im vereinfachten Verfahren muss grundsätzlich zunächst ein Schlichtungsversuch beim Friedensrichter unternommen werden (falls von beiden Parteien beantragt, vgl. Art. 213 ZPO) eine Mediation durchlaufen werden, sofern das Gesetz gemäss Art. 198/199 ZPO keine Ausnahme vorsieht. Damit hätte der Kläger im vorliegenden Fall zunächst das Schlichtungsverfahren beim zuständigen Friedensrichter durchzuführen dem Friedensrichter gemeinsam mit dem Beklagten bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin eine Mediation durchführen müssen. Ohne Schlichtungsverfahren fehlt eine Prozessvoraussetzung, was dazu führt, dass auf die direkt beim Gericht eingereichte Klage nicht eingetreten werden kann (Art. 59 ZPO).
Den entsprechenden Entscheid des Einzelgerichts am Bezirksgericht Zürich,
5. Abt., vom 17. Februar 2011 mit den vorstehenden Erwägungen reichte der Kläger zu den Akten (Urk. 7/5).
Der Beklagte führte mit seiner Eingabe vom 9. März 2012 aus, es liege eine umstrittene Rechtsfrage über die Zuständigkeit vor. Der Entscheid hierüber werde der Kammer überlassen. Für den Fall einer Kostenauflage beantrage er die unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 10).
Das Friedensrichteramt ist zu Unrecht nicht auf die Klage des Klägers eingetreten. Dazu kann vollumfänglich auf die unter Ziff. 3.2 hiervor wiedergegebenen Erwägungen verwiesen werden. Dementsprechend ist die angefochtene Verfügung vom 10. Januar 2012 aufzuheben und das Friedensrichteramt anzuweisen, auf die Klage einzutreten.
Mit der angefochtenen Verfügung wurden keine Kosten erhoben. Im vorliegenden Verfahren dringt der Kläger mit seinem Standpunkt durch. Der Beklagte hat sich mit dem angefochtenen Nichteintretensentscheid nicht identifiziert. Demzufolge werden die Parteien nicht kostenpflichtig. Es rechtfertigt sich, auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erheben.
In der vorliegenden Konstellation sind keine Entschädigungen zuzusprechen. Die Parteien haben denn auch keine Entschädigungen verlangt.
Da den Parteien aus dem erstund zweitinstanzlichen Verfahren keine Gerichtskosten erwachsen, muss über ihre Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung nicht entschieden werden.
Es wird erkannt:
In Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung des Friedensrichteramts D. , vom 11. Januar 2012 (GV.2012.00016 / SB.2012.00015) vollumfänglich aufgehoben und das vorerwähnte Friedensrichteramt angewiesen, auf die Klage vom 10. Januar 2012 einzutreten.
Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage von
Urk. 10 (Kopie) und 11 (Doppel), sowie an das Friedensrichteramt D. , je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 156'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 16. März 2012
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Vorsitzende:
Dr. R. Klopfer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. B. Häusermann
versandt am: mc
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