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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RT230196
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT230196 vom 08.02.2024 (ZH)
Datum:08.02.2024
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung
Schlagwörter : Beschwerde; Gesuchsgegner; Zahlungsvereinbarung; Beschwerdeverfahren; Unterzeichnung; Urteil; Vorinstanz; Zeitpunkt; Schwächesituation; Entscheid; E-Mail; Schuld; Urkunden; Beschwerdeführer; Rechtsöffnung; Schuldanerkennung; Missverhältnis; Habe; Entschädigung; Übervorteilung; Setze; Bewusst; Habe; Glaubhaft; Können; Vorinstanzliche; Bundesgericht; Oberrichter; Verfahren; Betreibung
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 21 OR ; Art. 320 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 324 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 82 KG ; Art. 90 BGG ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT230196-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender,

Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichterin Dr. S. Janssen sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner

Urteil vom 8. Februar 2024

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsgegner und Beschwerdeführer

    gegen

  2. AG,

    Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin betreffend Rechtsöffnung

    Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Dietikon vom 19. Oktober 2023 (EB230347-M)

    Erwägungen:

    1. a) Mit Urteil vom 19. Oktober 2023 erteilte die Vorinstanz der Gesuchstel- lerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gesuchstellerin) in der Betreibung Nr. … des Betreibungsamtes Engstringen (Zahlungsbefehl vom 26. Juni 2023) gestützt auf die Zahlungsvereinbarung (Schuldanerkennung gem. Art. 82 SchKG) vom

  1. März 2023 (Urk. 2/1) provisorische Rechtsöffnung für Fr. 3'109.– nebst Zins zu 12 % seit 6. Juli 2022, für Fr. 35.– Bonitätsprüfkosten und für Fr. 488.30 Inkas-

    sokosten (Urk. 9 = Urk. 12).

    b) Mit Eingabe vom 27. Dezember 2023 erhob der Gesuchsgegner und Beschwerdeführer (fortan Gesuchsgegner) innert Frist Beschwerde gegen das vor- genannte Urteil mit folgenden Anträgen (Urk. 11 S. 1):

    Es sei festzustellen, dass die B. AG, … [Adresse], vor der Ver- tragsunterzeichnung von der Notlage des Beschwerdeführers (Ar- beitslosigkeit) Kenntnis erlangt hatte.

    Weiter sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer, aufgrund vorge- nannten in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt war.

    Sowie sei festzustellen, dass offensichtlich ein Missverhältnis was die Leistung der B. AG, insbesondere was der geforderte Verzugs- schaden von CHF 458.30 zuzüglich Bonitätsprüfung CHF 35.00 an- geht besteht, somit eine unberechtigte Bevorteilung vorliegt.

    Es sei das Urteil vom 12. September 2023 Geschäfts-Nr. EB230347- M / U_begr aufzuheben.

    c) Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (vgl. Urk. 1-10/3).

    1. a) Der Gesuchsgegner bringt in seiner Beschwerdeschrift vor, der Erwä- gung 3.3 des angefochtenen Urteils sei zu entnehmen, dass er zur Unterzeich- nung der Zahlungsvereinbarung gedrängt worden sei. In Erwägung 3.7 habe die Vorinstanz nicht erwähnt, dass er wohl mündlich geltend gemacht habe, die Ge- suchstellerin habe bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Zahlungsverein- barung von seiner Schwächesituation Kenntnis erlangt gehabt. Dies werde mit der der Beschwerde beigelegten E-Mail vom 17. März 2023 belegt. Sodann werde auf das Missverhältnis der Schuld von insgesamt Fr. 3'370.15 (Ursprungsschuld von Fr. 3'109.– zuzüglich Zinsen von 12 % bis 17. März 2023 in der Höhe von

      Fr. 261.15) zu den Aufwendungen, welche die Gesuchstellerin als Entschädigung von insgesamt Fr. 493.30 in Form eines Verzugsschadens von Fr. 458.30 zuzüg- lich Bonitätsprüfungskosten von Fr. 35.– verlange, hingewiesen, was nahezu

      15 % der Ursprungsschuld ausmache. Es sei demnach klar von einer offensichtli- chen unberechtigten Bevorteilung der Gesuchstellerin zu seinen Lasten auszuge- hen (Urk. 11).

      b) Die Vorinstanz erwog, die Bestimmung von Art. 21 OR sei nicht nur in Be- zug auf vollkommen zweiseitige Verträge anzuwenden, sondern finde analoge Anwendung auch auf nicht vollkommen zweiseitige Verträge sowie auf ein- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte. Auch auf die Schuldanerkennung, welche als ein- seitiges Rechtsgeschäft qualifiziert werde, finde der Tatbestand der Übervortei- lung somit Anwendung (Urk. 12 S. 4 E. 3.4 m.w.H.). Übervorteilung setze gemäss Art. 21 Abs. 1 OR voraus, dass ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leis- tung und der Gegenleistung durch einen Vertrag begründet werde, dessen Ab- schluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern herbeigeführt worden sei. Die Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des Übervorteilten setze vor- aus, dass die Gegenpartei die Entscheidungsschwäche des Übervorteilten be- wusst ausnutze, um einen unverhältnismässigen Vorteil zu erlangen, wobei die blosse Kenntnis der Entscheidungsschwäche des Übervorteilten sowie des Miss- verhältnisses von Leistung und Gegenleistung nicht ausreichend sei (unter Hin- weis auf BGer 4A_491/2015 vom 14. Januar 2016, E. 4.3.2). Der Gesuchsgegner habe anlässlich der Verhandlung erklärt, er habe die Gesuchstellerin nach der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung telefonisch über seine Einwände infor- miert (unter Hinweis auf Prot. Vi S. 10). Jedoch habe der Gesuchsgegner nicht geltend gemacht, dass die Gesuchstellerin bereits zum Zeitpunkt der Unterzeich- nung der Zahlungsvereinbarung von der Schwächesituation seinerseits Kenntnis gehabt und diese bewusst ausgenutzt habe. Folglich erübrige sich die Prüfung, ob die weiteren Voraussetzungen der Übervorteilung glaubhaft dargelegt worden seien. Der Gesuchsgegner habe somit keine Einwendungen, welche die Schuld- anerkennung entkräften würden, sofort glaubhaft machen können, weshalb die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen sei (Urk. 12 S. 4 f. E. 3.5 ff.).

    2. Gemäss Art. 326 Abs. 1 ZPO sind im Beschwerdeverfahren neue Beweis- mittel ausgeschlossen. Dies wird mit dem Charakter der Beschwerde begründet, die sich als ausserordentliches Rechtsmittel auf die Rechtskontrolle beschränkt und nicht das erstinstanzliche Verfahren fortsetzen soll. Das Novenverbot ist um- fassend (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO- Komm., Art. 326 N 3 f.).

Der Gesuchsgegner reichte im Rahmen des vorliegenden Rechtsöffnungs- verfahrens die Urkunden 14/2 (E-Mail-Korrespondenz vom 24. Januar bis

  1. März 2023, Schreiben der Gesuchstellerin vom 27. Januar 2023) erstmals im Beschwerdeverfahren ein. Diese Urkunden sind daher im Sinne von Art. 326 Abs. 1 ZPO als verspätet zu betrachten und können im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

    1. a) Der Gesuchsgegner rügt in seiner Beschwerdeschrift, dass die vorin- stanzliche Erwägung, er habe nicht geltend gemacht, dass die Gesuchstellerin bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung von der Schwächesituation seinerseits Kenntnis gehabt habe, nicht korrekt sei. Aus der E-Mail vom 17. März 2023 (Urk. 14/2) sei ersichtlich, dass die Gesuchstellerin im

      Zeitpunkt der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung von seiner Schwächesi- tuation sehr wohl Kenntnis gehabt habe. Der Gesuchsgegner unterlässt es im Beschwerdeverfahren, die Stelle in den vorinstanzlichen Akten zu bezeichnen, ge- mäss welcher er geltend gemacht habe, die Gesuchstellerin habe bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung von seiner Schwächesi- tuation Kenntnis gehabt. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Wie vorstehend ausgeführt, können die Urkunden 14/2 im Beschwerdeverfahren aufgrund von Art. 326 Abs. 1 ZPO sodann nicht mehr berücksichtigt werden. Damit das Gericht diese Urkunden in die Entscheidfindung hätte einbeziehen können, hätte der Ge- suchsgegner sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren einreichen müssen. Es bleibt somit dabei, dass der Gesuchsgegner vor Vorinstanz nicht substantiiert be- hauptete, geschweige denn glaubhaft machte, dass die Gesuchstellerin im Zeit- punkt der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung von seiner von ihm geltend gemachten Schwächesituation Kenntnis gehabt und diese bewusst ausgenutzt

      habe. Eine unrichtige Rechtsanwendung oder offensichtlich unrichtige Sachver- haltsfeststellung ist nicht ersichtlich (Art. 320 ZPO). Demnach ist im Beschwerde- verfahren auch nicht weiter auf das Vorbringen des Gesuchsgegners einzugehen, dass das Verhältnis der Ursprungsschuld zur Entschädigungsforderung für den Verzugsschaden und die Bonitätsprüfung eine offensichtlich ungerechtfertigte Übervorteilung der Gesuchstellerin zu seinen Lasten darstelle.

      1. Auch wenn die Urkunden 14/2 vorliegend hätten berücksichtigt werden können, hätte der Gesuchsgegner damit nicht glaubhaft machen können, dass die Gesuchstellerin im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Zahlungsvereinbarung seine Entscheidungsschwäche bewusst ausgenutzt habe, um einen unverhältnismässi- gen Vorteil zu erlangen. Der Gesuchsgegner bestritt in seiner an die Gesuchstel- lerin gerichteten E-Mail vom 17. März 2023 die Forderung in der damaligen Höhe von Fr. 3'862.40 nicht. Er führte dazu einzig aus, er sei mit seinen derzeitigen Ein- nahmen aus der Arbeitslosenkasse nicht in der Lage, die ausstehende Forderung ganzheitlich zu begleichen. Einer Ratenzahlung stehe er offen gegenüber. Auf- grund der aktuellen Situation und seines Budgets sei er frühestens ab Ende Mai 2023 in der Lage, monatlich eine Rate von maximal Fr. 100.– zu bezahlen. Sollte die Gesuchstellerin einer Ratenzahlungsvereinbarung zustimmen, bitte er um Zu- sendung derselben (Urk. 14/2: E-Mail des Gesuchsgegners vom 17. März 2023). Diesen Ausführungen folgend unterbreitete die Gesuchstellerin in der Folge dem Gesuchsgegner auf dem Postweg (Prot. Vi S. 6) eine Zahlungsvereinbarung, ge- mäss welcher dieser ab dem 28. Mai 2023 die Forderung der Gesuchstellerin von total Fr. 3'863.45 in monatlichen Raten von Fr. 100.– zu begleichen habe. Trotz des Hinweises, dass der Zins in der Höhe von 12 % ab dem 18. März 2023 wei- terlaufe und zusätzlich eine monatliche Kontoführungsgebühr von Fr. 15.– anfalle, unterschrieb der Gesuchsgegner die als Schuldanerkennung gemäss Art. 82 SchKG gekennzeichnete Zahlungsvereinbarung am 27. März 2023 (Urk. 2/1).

      2. Im Übrigen setzt sich der Gesuchsgegner mit den vorinstanzlichen Erwä- gungen des angefochtenen Urteils nicht auseinander. Damit erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet. Es kann daher davon abgesehen wer- den, eine Beschwerdeantwort der Gesuchstellerin oder eine Stellungnahme der

      Vorinstanz einzuholen (Art. 322 ZPO, Art. 324 ZPO). Die Beschwerde ist abzu- weisen.

    2. Die zweitinstanzliche Spruchgebühr ist ausgangsgemäss dem Gesuchs- gegner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und gestützt auf Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 300.– festzusetzen. Mangels wesentlicher Umtriebe ist der Gesuchstellerin für das Beschwerdeverfahren keine Entschädigung zuzu- sprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Der Gesuchsgegner seinerseits hat als unter- liegende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Spruchgebühr des Beschwerdeverfahrens wird auf Fr. 300.– festgesetzt.

  3. Die Kosten für das Beschwerdeverfahren werden dem Gesuchsgegner auf- erlegt.

  4. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zuge- sprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage von Kopien der Urk. 11, 13 und 14/1-2, sowie an das Betreibungsamt Engstringen und die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 3'109.–.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 8. Februar 2024

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. A. Baumgartner versandt am:

st

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