Zusammenfassung des Urteils RT230020: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschwerde gegen den Entscheid des Regionalen Zwangsmassnahmengerichts Emmental-Oberaargau in der Strafsache gegen A. wegen Diebstahl wurde stattgegeben. Der Verweis auf Belastungstatsachen reicht zur Begründung des dringenden Tatverdachts nicht aus, wenn diese sich nicht in den Haftakten befinden. Die Angelegenheit wurde zur erneuten Beurteilung an das Regionale Zwangsmassnahmengericht Emmental-Oberaargau zurückverwiesen. Es wurde festgestellt, dass die vorgelegten Akten unvollständig waren und ergänzt werden mussten, um die Verlängerung der Untersuchungshaft zu rechtfertigen. Der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts betreffend Haftverlängerung wurde aufgehoben, da die Beweismittel nicht ausreichend waren.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RT230020 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 24.03.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsöffnung |
Schlagwörter : | Recht; Rechtsöffnung; Gesuch; Gesuchsgegner; Verlust; Verlustschein; Vorinstanz; Zession; Forderung; Gläubiger; Gläubigerin; Pfändung; Entscheid; Urteil; Beschwerdeschrift; Erwägung; Kantons; Verfahren; SchKG; Erwägungen; Rechtsöffnungstitel; Fusion; Beschwerdeverfahren; Bundesgericht; Entschädigung; Akten; Pfändungsverlustschein; Urkunde |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 149 KG ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 82 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | 147 III 358; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RT230020-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Ersatzoberrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner
Beschluss vom 24. März 2023
in Sachen
,
Gesuchsgegner und Beschwerdeführer vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
AG,
Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y.
betreffend Rechtsöffnung
Erwägungen:
a) Mit Urteil vom 30. September 2022 erteilte die Vorinstanz der Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gesuchstellerin) in der Betreibung
Nr. … des Betreibungsamtes Bülach (Zahlungsbefehl vom 20. September 2021) gestützt auf einen Verlustschein infolge Pfändung nach Art. 149 SchKG vom
November 2012 (Urk. 4/3) provisorische Rechtsöffnung für Fr. 3'000.– sowie für die Kosten und Entschädigung gemäss den Dispositivziffern 2 bis 4 des Urteils (Urk. 18 = Urk. 21).
Innert Frist (Art. 321 Abs. 2 ZPO; Urk. 19 S. 2) erhob der Gesuchsgegner und Beschwerdeführer (fortan Gesuchsgegner) mit Eingabe vom 22. Februar 2023 Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 20 S. 2):
1. Das Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 30. September 2022 sei aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegeg- nerin sei abzuweisen.
Eventualiter sei das Verfahren zur Ergänzung und zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Unter Kosten und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MWSt) zulasten der Beschwerdegegnerin.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (vgl. Urk. 1-19).
Auf die Ausführungen des Gesuchsgegners in seiner Beschwerdeschrift ist nachfolgend nur insoweit einzugehen, als sich dies für die Entscheidfindung als notwendig erweist.
2. a) Die beschwerdeführende Partei hat im Einzelnen darzulegen, an welchen Mängeln (unrichtige Rechtsanwendung, offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts; Art. 320 ZPO) der angefochtene Entscheid ihrer Ansicht nach leidet (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., Art. 321 N 15). Unerlässlich ist, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht. Die beschwerdeführende Partei
soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Standpunkte, die sie im vorinstanzlichen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als fehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen. In wörtlichen Wiederholungen der früheren Eingaben kann von vornherein keine genügende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erblickt werden. Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen (vgl. Art. 321 Abs. 1 ZPO); der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften auf die Akten reicht nicht aus (vgl. zum diesbezüglich analogen bundesgerichtlichen Verfahren BGer 4A_498/2021 vom 21. Dezember 2021, E. 2.1 m.w.H., und BGer 5A_563/2021 vom 18. Oktober 2021, E. 2.3 m.w.H.).
Erfüllt die Beschwerde grundlegende Inhaltsanforderungen nicht, fehlt es an einer Eintretensvoraussetzung und die Rechtsmittelinstanz hat darauf nicht einzutreten. Inhaltliche Nachbesserung der Begründung ist nach Ablauf der Beschwer- defrist nicht zulässig (BGer 5D_215/2015 vom 16. März 2016, E. 3.1 m.w.H.).
Gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen gründe die dem Verlustschein zugrunde liegende Forderung auf einer Schuldanerkennung vom 9. August 1994, einem Urteil vom 6. Oktober 1998 und einem Pfändungsverlustschein vom
ai 2002. Damit liege dem Verlustschein keine öffentlich-rechtliche Forderung zugrunde, womit der Pfändungsverlustschein grundsätzlich über einen Betrag von Fr. 167'134.45 einen provisorischen Rechtsöffnungstitel i.S.v. Art. 82 SchKG bil- de, ohne dass die Urkunden des Grundverhältnisses eingereicht werden müssten. Da die Gesuchstellerin nur um Rechtsöffnung für einen Teilbetrag von Fr. 3'000.– ersuche, bilde der Titel auch nur Grundlage zur Rechtsöffnung über diesen Betrag (Urk. 21 S. 4 E. 3.1.2). Was die Identität zwischen der betreibenden Gesuchstellerin und der im Verlustschein ausgewiesenen Gläubigerin betreffe, werde in Letzterem als Gläubigerin die C. AG, D. -Strasse …, Postfach, E. geführt. Mit dem von der Gesuchstellerin eingereichtem Auszug des Handelsregisteramts des Kantons Zug belegt sei (unter Hinweis auf Urk. 4/4), dass es sich bei der C. AG um die vorhergehende Firma der Gesuchstellerin handle und sich diese am tt. Mai 2017 umfirmiert habe. Insoweit habe die Gesuchstellerin ohne Weiteres urkundlich belegt, dass sie die aus dem Rechtsöffnungstitel berechtigte Gläubigerin sei. Daran ändere auch nichts, dass die im Pfändungsverlustschein verbriefte Forderung ursprünglich aus einer Zession stamme (unter Hinweis auf Urk. 4/3: […] aus Zession: F. und, G. , H. Verlustschein Nr. … vom 29.03.2011 des BA Meilen-Herrliberg-Erlenbach). Dass weiter die Zession ungültig sei, sei es aufgrund unklarer Verhältnisse im Rahmen der Fusion der Gesuchstellerin mit der I. AG vom 29. Mai 2017, sei es infolge fehlenden Zessionsvertrags sei es infolge möglicherweise erfolgter Rückzession, vermöge der Gesuchsgegner im Übrigen nicht glaubhaft darzutun. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwiefern die Fusion der C. AG mit der
I. AG am tt. Mai 2017 für die vorliegend zu beurteilende Rechtsöffnung von Relevanz wäre, da die C. AG, mithin die Gesuchstellerin selbst Gläubigerin der Forderung gewesen sei und nicht die I. AG (Urk. 21 S. 5 E. 3.2.2).
Der Gesuchsgegner bringt in seiner Beschwerdeschrift vor, auf dem von der Gesuchstellerin eingereichten Verlustschein sei die „C. AG als Gläubigerin aufgeführt. Ein Nachweis, dass die Gesuchstellerin die neue Gläubigerin der Forderung sei, fehle. Die Vorinstanz erkenne richtig, dass es am tt. Mai 2017 zu einer Fusion gekommen sei. Dies sei durch den Handelsregisterauszug des Kantons Zug belegt. Für die Beurteilung der Frage, ob für den von der Gesuchstellerin geforderten Betrag von Fr. 3'000.- die Rechtsöffnung zu erteilen sei, sei dieser nicht entscheidend. Vielmehr sei fraglich, ob angesichts des Alters des Verlustscheins und der vorgenommenen handelsrechtlichen Transaktionen, die behauptete Zession gültig sei. Es sei weder ein neuerer Verlustschein noch ein Zessionsvertrag noch eine andere Urkunde eingereicht worden, welche die Gültigkeit der Forderung belegen könnte. Es bestünden deshalb mehrere Unsicherheiten. Es hätte unter anderem eine Rückzession stattfinden können die Forderung könnte erloschen sein nicht mehr im von der Gesuchstellerin geltend gemachten Umfang bestehen. Nach der vorliegenden Aktenlage sei auch nicht auszuschliessen, dass die Zession ungültig geworden sei (Urk. 20 S. 4 f. Rz. 9). Die Vorinstanz habe solche Unsicherheiten verneint und verkenne damit die tatsächliche Sachverhaltslage. Auch in rechtlicher Hinsicht sei die Beurteilung der Vorinstanz falsch. Indem die Vorinstanz von einer Klarheit über die Person des Gläubigers und den Bestand der Forderung ausgehe, habe sie das Recht falsch angewendet. Es sei schwer nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Vorinstanz das eingereichte Gesuch der Gesuchstellerin als rechtlich genügend angesehen habe. Das angefochtene Urteil sei deshalb aufzuheben (Urk. 20 S. 5 Rz. 10).
Der Gesuchsgegner wiederholt in seiner Beschwerdeschrift einzig – bei- nahe wortwörtlich – seine im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente (Urk. 13 S. 3 f. Rz. 3-8; Urk. 20 S. 4 f. Rz. 7-10). Eine genügende Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen ist seiner Beschwerdeschrift dem- nach nicht zu entnehmen, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
Auch wenn auf die Beschwerde einzutreten gewesen wäre, wäre diese aus folgenden Gründen abzuweisen gewesen.
Gemäss Art. 149 Abs. 2 SchKG stellt der Verlustschein aus einer Pfändung einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar. Beim Pfändungsverlustschein han- delt es sich um eine amtliche Bestätigung, dass der betreibende Gläubiger zu Verlust gekommen ist, da seine Forderung nicht vollständig gedeckt worden ist. Das Rechtsöffnungsgericht hat unter anderem zu prüfen, ob die das Rechtsöff- nungsgesuch stellende Partei mit der durch den Rechtsöffnungstitel ausgewiese- nen Person identisch ist. Die Vorlage zusätzlicher Beweisurkunden ist für die Bewilligung der provisorischen Rechtsöffnung nicht erforderlich. Vielmehr liegt es am Beschwerdeführer, Einwendungen gegen den Rechtsöffnungstitel sofort glaubhaft zu machen (BGer 5D_65/2021 vom 25. März 2022, E. 4.1 f. m.w.H.).
Der der Rechtsöffnung zugrundeliegende Verlustschein infolge Pfändung nach Art. 149 SchKG vom 2. November 2012 führt als Gläubigerin die C. AG auf (Urk. 4/3). Wie bereits die Vorinstanz korrekterweise erkannte, zeigt der durch die Gesuchstellerin eingereichte Handelsregisterauszug des Kantons Zug rechtsgültig auf, dass sich im Jahre 2017 die C. AG im Rahmen der Fusion mit der I. AG in B. AG umfirmierte (Urk. 4/4). Die Identität zwischen der betreibenden Gesuchstellerin (Urk. 3) und der im Verlustschein vom 2. November 2012 (Urk. 4/3) genannten Gläubigerin ist demnach unzweifelhaft ausgewiesen.
Wie in vorstehender Erwägung des Bundesgerichts ausgeführt, ist neben dem Verlustschein die Vorlage zusätzlicher Beweisurkunden für die Bewilligung der provisorischen Rechtsöffnung nicht erforderlich (siehe auch BGE 147 III 358
E. 3.3.2). Die Gesuchstellerin hatte daher im erstinstanzlichen Rechtsöffnungsverfahren keine weiteren die geltend gemachte Forderung betreffenden Urkunden einzureichen, auch nicht Urkunden, welche den Ursprung der Forderung und die Zession der Ursprungsforderung dokumentieren.
Dass sodann die ursprüngliche Zession ungültig sei, sei es aufgrund unklarer Verhältnisse im Rahmen der Fusion der Gesuchstellerin mit der I. AG, sei es infolge fehlenden Zessionsvertrags sei es infolge möglicherweise erfolgter Rückzession, vermochte der Gesuchsgegner nicht glaubhaft darzutun, wie dies bereits die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat. Der Gesuchsgegner machte zudem geltend, es sei fraglich, ob angesichts des Alters des Verlustscheins die behauptete Zession gültig sei. Er unterliess es jedoch, dies genauer zu erläutern, weshalb es ihm auch diesbezüglich nicht gelungen ist, eine Ungültigkeit der Zession glaubhaft zu machen.
Mit dem vorliegenden Entscheid wird der Antrag des Gesuchsgegners um Erteilung der aufschiebenden Wirkung obsolet.
Die Prozesskosten werden der unterliegenden Partei auferlegt. Bei Nichteintreten gilt die klagende Partei bzw. die Partei, welche das Rechtsmittel erhoben hat, als unterliegend (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO), weshalb dem Gesuchsgeg- ner die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sind. Die Spruchgebühr ist gestützt auf Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf
Fr. 300.– festzusetzen. Mangels wesentlicher Umtriebe ist der Gesuchstellerin für das Beschwerdeverfahren keine Entschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Der Gesuchsgegner seinerseits hat als unterliegende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde des Gesuchsgegners wird nicht eingetreten.
Die Spruchgebühr des Beschwerdeverfahrens wird auf Fr. 300.– festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage je eines Doppels der Urk. 20, 22 und 23/2-3, und die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 3'000.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 24. März 2023
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
versandt am: st
lic. iur. A. Baumgartner
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