Zusammenfassung des Urteils RT220183: Obergericht des Kantons Zürich
Das Steueramt Unteriberg beantragte die definitive Rechtsöffnung für eine Steuerforderung aus dem Jahr 2012. Der Einzelrichter am Bezirksgericht Schwyz gewährte die Rechtsöffnung teilweise und legte die Kosten fest. Der Gesuchsgegner legte daraufhin Beschwerde ein, jedoch wurde darauf nicht eingetreten, da die Begründung unzureichend war. Auch die Forderung nach unentgeltlicher Rechtspflege wurde abgelehnt. Der Gesuchsteller unterlag im Beschwerdeverfahren und muss die Kosten tragen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RT220183 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 07.12.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsöffnung |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchsgegner; Recht; Verfahren; Urteil; Beschwerdeverfahren; Betreibung; Entscheid; Verfahren; Vermögenswerte; Forderung; Rechtsöffnung; Bezirksgericht; Vorinstanz; Gesuchsgegners; Parteien; Schadenersatz; Zahlung; Freigabe; Obergericht; Parteientschädigungen; Anschlussberufung; Rechtsmissbrauch; Verhalten; ätten |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 73 StGB ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | BGE 147 III 176 |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RT220183-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender,
Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiber lic. iur. F. Rieke
Beschluss und Urteil vom 7. Dezember 2022
in Sachen
, lic. iur.,
Gesuchsgegner und Beschwerdeführer vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
AG,
Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
betreffend Rechtsöffnung
Erwägungen:
a) Mit Urteil vom 14. Oktober 2022 erteilte das Bezirksgericht Zürich (Vorinstanz) der Gesuchstellerin in der Betreibung Nr. … des Betreibungsamts Zürich 7 (Zahlungsbefehl vom 16. Juni 2022) – gestützt auf zwei Gerichts-urteile für Parteientschädigungen – definitive Rechtsöffnung für Fr. 27'700.-- nebst 5 % Zins seit 21. Mai 2022; die Kosten- und Entschädigungsfolgen wurden zu Lasten des Gesuchsgegners geregelt (Urk. 15 = Urk. 18).
Hiergegen erhob der Gesuchsgegner am 10. November 2022 fristgerecht (vgl. Urk. 16b: Zustellung am 31. Oktober 2022) Beschwerde und stellte die Beschwerdeanträge (Urk. 17 S. 2):
1. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 14. Oktober 2022 sei aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegegnerin sei abzuweisen.
Eventualiter sei das Verfahren zur Ergänzung und zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MWSt) zulasten der Beschwerdegegnerin.
Prozessual:
Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Eventualiter sei das Verfahren zu sistieren, bis das Obergericht Zürich über das Nichteintreten auf die Anschlussberufung der Beschwerdegegnerin vom 17. Februar 2022 entschieden hat.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-16). Mit Verfügung vom 16. November 2022 wurde das Gesuch um Erteilung der aufschieben- den Wirkung abgewiesen (Urk. 22). Da sich die Beschwerde sodann sogleich als unbegründet erweist, kann auf weitere Prozesshandlungen verzichtet werden (vgl. Art. 322 Abs. 1 ZPO).
Das mit der Beschwerde gestellte Sistierungsgesuch begründet der Gesuchsgegner zusammengefasst damit, dass die Gesuchstellerin ohne sachlichen Grund seine Vermögenswerte mit einer Anschlussberufung blockiert habe und über die Zulässigkeit derselben in Kürze entschieden werde; damit würden allenfalls ausreichend Vermögenswerte frei, um die betriebene Forderung zu tilgen (Urk. 17 S. 4). Da über die Missbräuchlichkeit des Handelns der Gesuchstellerin
im vorlie-genden Verfahren zu entscheiden ist und sachliche Gründe zu bejahen sind (vgl. nachfolgende Erwägungen), ist das Sistierungsgesuch abzuweisen.
a) Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Dabei bedeutet Geltendmachung, dass in der Beschwerde dargelegt werden muss, was genau am angefochtenen Entscheid unrichtig sein soll. Das Beschwerdeverfahren ist nicht einfach eine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern es dient der Überprüfung des angefochtenen Entscheids im Lichte von konkret dagegen vorgebrachten Beanstandungen. Die Beschwerde muss sich daher mit den entsprechenden Entscheidgründen der Vorinstanz konkret und im Einzelnen auseinandersetzen. Was nicht rechtsgenügend beanstandet wird, braucht von der Beschwerdeinstanz nicht überprüft zu werden. Soweit eine Beanstandung vorgetragen wird, wendet die Beschwerdeinstanz das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO); sie ist weder an die Argumente der Parteien noch an die Begründung des vorinstanzlichen Entscheids gebunden. Sodann sind im Beschwerdeverfahren neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO); was im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgetragen wurde, kann im Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht bzw. nachgeholt werden (vgl. zum Ganzen BGE 147 III 176 E. 4.2.1; BGer 5D_146/2017 vom 17. November 2017, E. 3.3.2,
m.w.Hinw.).
Die Betreibungsforderung beruht auf sechs rechtskräftigen Gerichtsentscheiden aus den Jahren 2019 bis 2022, mit welchen der Gesuchsgegner zur Zahlung von Parteientschädigungen von insgesamt Fr. 27'700.-an die Gesuchstellerin (und an Dritte, welche ihre Forderungen an die Gesuchstellerin zediert haben) verpflichtet wurde (Urk. 18 Erw. 2). Dass diese Gerichtsentscheide definitive Rechtsöffnungstitel darstellen und die Forderung durch sie ausgewiesen ist, war im vorinstanzlichen Verfahren und ist im Beschwerdeverfahren nicht umstritten. Der Gesuchsgegner wendet einzig Rechtsmissbrauch ein, indem die Gesuchstellerin Zahlung fordere und gleichzeitig ohne sachlichen Grund mit prozessualen Mitteln – Blockierung sämtlicher Vermögenswerte des Gesuchsgeg- ners – verhindere, dass er diese erbringen könne; deren Verhalten habe einzig
zum Ziel, ihn als Rechsanwalt wirtschaftlich zu vernichten, indem das Betreibungsverfahren so zu einem Verlust-schein führen werde und er damit die Vorausetzungen von Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA nicht mehr erfüllen werde.
Die Vorinstanz erwog zu dieser Einwendung im Wesentlichen, eine Betreibung sei nur in Ausnahmefällen rechtsmissbräuchlich, namentlich wenn der Gläubiger mit einer Betreibung offensichtlich Ziele verfolge, die nicht das Geringste mit der Zwangsvollstreckung zu tun hätten. Vorliegend verfüge die Gesuchstellerin mit den beiden Gerichtsentscheiden über definitive Rechtsöffnungstitel und die Eintreibung mittels Zwangsvollstreckung stelle ein legitimes Ziel dar; sachfremde Motive seien nicht erkennbar. Dass sich die Gesuchstellerin der vom Gesuchsgegner gewünschten Freigabe von (von der Staatsanwaltschaft beschlag- nahmten) Vermögenswerten des Gesuchsgegners widersetze, stelle kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Die Gesuchstellerin habe ihre Schadenersatzfor- derung gegenüber dem Gesuchsgegner im Sinne von Art. 73 Abs. 2 StGB an den Staat abgetreten und damit sei nicht ersichtlich, inwiefern es in ihrem Belieben stehen sollte, eine Aufhebung der Beschlagnahme zu erwirken, um dem Gesuchsgegner die Mittel zur Tilgung der vorliegenden Forderung zu verschaffen (Urk. 18 Erw. 4.3). Dass die Betreibung zu einem Verlustschein führen könne, sei gesetzlich geregelt und wiederum der Verfügungsgewalt der Gesuchstellerin entzogen (Urk. 18 Erw. 4.4). Schliesslich sei der Einwand, nicht über die erforderlichen Mittel zur Begleichung der Forderung zu verfügen, nicht vom Rechtsöff- nungsgericht, sondern vom Betreibungsamt im Pfändungsverfahren zu prüfen (Urk. 18 Erw. 4.5).
Der Gesuchsgegner macht in seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend, aufgrund einer Strafanzeige der Gesuchstellerin sei gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet und seien seine sämtlichen Vermögenswerte gesperrt worden. Er sei am 11. November 2021 erstinstanzlich vom Bezirksgericht Zürich wegen Betrugs verurteilt und zur Zahlung von Schadenersatz von Fr. 3.9 Mio. verpflichtet worden; seine Berufung gegen dieses Urteil sei vor dem Obergericht Zürich hängig. Aufgrund dieses Strafurteils hätten die gesperrten Guthaben nach Abzug der Ersatzforderung der Gesuchstellerin an ihn freigegeben werden sollen; so hätte ein Betrag von Fr. 3.3 Mio. freigegeben werden können und er hätte damit die
vorliegend betriebene Forderung ohne weiteres begleichen können. Die Gesuchstellerin habe jedoch mit ihrer Anschlussberufung verlangt, dass trotzdem sämtliche Gutha-ben weiterhin gesperrt bleiben sollten; damit bleibe eine Überdeckung bestehen, an welcher die Gesuchstellerin kein sachliches Interesse haben könne. Diese Ver-mögenswerte hätten mit der Abtretung der Gesuchstellerin nichts zu tun, da diese den Schadenersatzanspruch nicht tangieren würden. Für den Scha- denersatzanspruch würden Fr. 4.65 Mio. gesperrt bleiben; dass die Gesuchstellerin weitere Fr. 3.3 Mio. blockieren wolle, sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Auch wenn ein Rechtsmissbrauch nur ausnahmsweise anzunehmen sei, liege ein solcher Sachverhalt hier vor; die Gesuchstellerin blockiere ohne sachliche Grundlage das gesamte Vermögen des Gesuchsgegners und setze ihn gleichzeitig einer Zwangsvollstreckung aus, welche er ohne Vermögen nicht abwenden könne. Dies sei widersprüchlich und schikanös, verletze das Rechtsmissbrauchsverbot und verdiene keinen Rechtsschutz (Urk. 17 S. 4-7).
Der Gesuchsgegner wurde gemäss seinen Vorbringen mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 11. November 2021 wegen Betrugs schuldig gesprochen und zur Zahlung von Schadenersatz von Fr. 3.9 Mio. an die Gesuchstellerin verpflichtet (Urk. 17 Rz. 9). Dieses Urteil ordnete sodann die Heranziehung verschiedener gesperrter Konti und Wertschriftendepots des Gesuchsgegners zur Deckung der Ersatzforderung (Urk. 14/1 Dispositiv-Ziffern 8-17) und die Freigabe weiterer gesperrter Grundstücke, Konti und Depots des Gesuchsgegners (Urk. 14/1 Dispositiv-Ziffern 5-7 und 18-24) an. Diese Freigaben fochten die Privatkläger, worunter die Gesuchstellerin, am 17. Februar 2022 mit Anschlussberufung an (Urk. 14/2; vom Gesuchsgegner im vorinstanzlichen Verfahren eingereicht). Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass die mit dem Urteil vom
11. November 2021 zur Deckung der Ersatzforderung herangezogenen Vermögenswerte zu über neun Zehnteln aus Wertschriftendepots bzw. -portfolios bestehen würden und das Bezirksgericht für die Heranziehung (bzw. Freigabe) auf veraltete Bewertungen, zumeist aus dem Jahr 2018, abgestellt habe (Urk. 14/2 Rz. 5 f.). Damit sei zu befürchten, dass die herangezogenen Depots bzw. Portfolios seither (allenfalls erheblich) an Wert verloren hätten bzw. bis zum Erlass des Berufungsentscheides noch verlieren würden und derart die Schadenersatzforderung nicht mehr gedeckt wäre; zur Sicherstellung der Deckung seien die übrigen beschlagnahmten Vermögenswerte nicht freizugeben (Urk. 14/2 Rz. 7 ff.). Angesichts dieser nachvollziehbaren Be-gründung kann keine Rede davon sein, dass die Gesuchstellerin keine sachlichen Gründe für die Aufrechterhaltung der Blockierung der mit dem Urteil vom 11. No-vember 2021 zur Freigabe vorgesehenen Vermögenswerte habe; darin ist ein missbräuchliches Verhalten nicht im Ansatz zu erblicken. Die betriebenen Forderungen wurden der Gesuchstellerin sodann rechtskräftig zugesprochen; dass sie diese vollstrecken will, stellt ebenso kein missbräuchliches Verhalten dar. Die Einwendung des Rechtsmissbrauchs ist zu verwerfen.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist demgemäss abzuweisen.
4. a) Für das Beschwerdeverfahren beträgt der Streitwert Fr. 27'700.--. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 400.-festzusetzen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind ausgangsgemäss dem Gesuchsgegner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Für das Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, dem Gesuchsgegner zufolge seines Unterliegens, der Gesuchstellerin mangels relevanter Umtriebe (Art. 106 Abs. 1, Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird beschlossen:
Das Sistierungsgesuch wird abgewiesen.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung erfolgen mit nachstehen- dem Erkenntnis.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 400.-festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage der Doppel von Urk. 17, 19 und 20/2, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die vorinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 27'700.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 7. Dezember 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. F. Rieke
versandt am: ip
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.