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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RT220111
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT220111 vom 24.08.2022 (ZH)
Datum:24.08.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung
Schlagwörter : Recht; Beschwerde; Rechtsöffnung; Habe; Partei; Nichtigkeit; Scheidung; Entscheid; Verfahren; SchKG; Vorinstanz; Sinne; Rechtlich; Urteil; Parteien; Beklagten; Rechtliche; Gerichtlich; Hende; Definitive; Verfahren; Gesuch; Beschwerdeverfahren; Genehmigt; Rechtsöffnungstitel; Erpressung; Ständig; Entschädigung; Ansprüche; Definitiven
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 114 ZGB ; Art. 156 StGB ; Art. 2 ZGB ; Art. 20 OR ; Art. 21 OR ; Art. 30 OR ; Art. 31 OR ; Art. 320 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 57 ZPO ; Art. 80 KG ; Art. 81 KG ; Art. 90 BGG ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:120 IV 17; 122 IV 322; 134 III 52; 136 II 415; 136 III 571; 137 III 87; 138 II 501;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT220111-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur.

Ch. von Moos Würgler und Oberrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Ge- richtsschreiberin MLaw S. Meisel

Urteil vom 24. August 2022

in Sachen

  1. , Dr. iur.,

    Beklagter und Beschwerdeführer

    gegen

  2. ,

Klägerin und Beschwerdegegnerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. , betreffend Rechtsöffnung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfah- ren am Bezirksgericht Horgen vom 13. Mai 2022 (EB210318-F)

Erwägungen:

I.

  1. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 11. Juni 2021 wurde die Ehe der Parteien geschieden. In der gerichtlich genehmigten Vereinba- rung der Parteien über die Scheidungsfolgen vom 13. April 2021 bzw. 11. Juni 2021 hat sich der Beklagte und Beschwerdeführer (damals Gesuchsteller, nach- folgend: Beklagter) verpflichtet, der Klägerin und Beschwerdegegnerin (damals Gesuchstellerin, nachfolgend: Klägerin) in Abgeltung sämtlicher güter-, unterhalts- und vorsorgerechtlicher Ansprüche sowie um ihr den Übergang in die Umsetzung ihrer vor und während der Ehedauer vorbereiteten unternehmerischen Tätigkeit zu ermöglichen eine pauschale Abgeltung von Fr. 900'000.– zu bezahlen, wobei Fr. 700'000.– hiervon innert 10 Tagen nach Rechtskraft der Ehescheidung sowie Fr. 200'000.– bis zum 30. September 2021 zu leisten waren (Urk. 4, Dispositiv- Ziffer 2.II.3.14).

  2. Mit Eingabe vom 2. Dezember 2021 ersuchte die Klägerin bei der Vorinstanz um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. … des Betrei- bungsamts Thalwil-Rüschlikon-Kilchberg für den unbezahlt gebliebenen Restbe- trag von Fr. 200'000.– (Urk. 1). Mit Urteil vom 13. Mai 2022 hiess die Vorinstanz das Begehren der Klägerin gut (Urk. 30 = Urk. 34 Dispositiv-Ziffer 1). Für den wei- teren Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens sei auf die entsprechenden Erwä- gungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Urk. 34 S. 2).

      1. Hiergegen erhob der Beklagte mit Eingabe vom 10. Juni 2022 fristgerecht (vgl. Urk. 31/2) Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 33 S. 2):

        1. In Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils vom 13. Mai 2022 sei das Gesuch um Aufhebung des Rechtsvorschlags und Erteilung der defini- tiven Rechtsöffnung vollumfänglich abzuweisen.

        1. Eventualiter sei das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

        2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. MWSt) zu Lasten der Gesuchstellerin/Beschwerdegegnerin.

      2. In prozessualer Hinsicht stellte der Beklagte sodann ein Gesuch um (super- provisorische) Erteilung der aufschiebenden Wirkung (Urk. 33 S. 2), welches mit Verfügung vom 15. Juni 2022 abgewiesen wurde (Urk. 38). Der vom Beklagten einverlangte Kostenvorschuss von Fr. 3'000.– ging fristgerecht bei der Oberge- richtskasse ein (Urk. 38 und Urk. 40).

    1. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-32). Da sich die Beschwerde – wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird – sogleich als offensichtlich unbegründet erweist, erübrigt sich das Einholen einer Beschwerdeantwort (Art. 322 Abs. 1 ZPO).

II.

  1. Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offen- sichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die beschwerdeführende Partei hat im Einzelnen darzulegen, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid ihrer Ansicht nach leidet, und des- sen Fehlerhaftigkeit konkret aufzuzeigen. Was nicht in dieser Weise beanstandet wird, braucht nicht geprüft zu werden und hat insofern grundsätzlich Bestand (vgl. BGer 5D_146/2017 vom 17. November 2017, E. 3.3.2; zum Ganzen: BK ZPO- Sterchi, Art. 321 N 17 ff.). Abgesehen von dieser Relativierung gilt auch im Beschwerdeverfahren der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 57 ZPO).

  2. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Das Novenver- bot ist umfassend und gilt sowohl für echte als auch für unechte Noven (BGer 5A_405/2011 vom 27. September 2011, E. 4.5.3 [nicht publiziert in BGE 137 III

470]; BGer 5A_872/2012 vom 22. Februar 2013, E. 3). Neue rechtliche Ausfüh- rungen (Vorbringen zum Recht) sind keine Noven im Sinne von Art. 326 Abs. 1 ZPO (BK ZPO I-Hurni, Art. 57 N 6) und können in der Beschwerde unbeschränkt vorgetragen werden (vgl. BGer 4A_519/2011 vom 28. November 2011, E. 2.1; BGer 5A_351/2015 vom 1. Dezember 2015, E. 4.3; BGer 5A_1006/2015 vom

2. August 2016, E. 2). Sie dürfen sich allerdings nicht auf neue, vor Vorinstanz noch nicht in den Prozess eingebrachte Tatsachen stützen.

III.

  1. Ausser Frage steht, dass es sich beim Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 11. Juni 2021, mit welchem die Scheidungskonvention gerichtlich genehmigt wurde, grundsätzlich um einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 SchKG handelt (vgl. Urk. 34, E. 2.1.3). Der Beklagte machte vor Vo- rinstanz jedoch geltend, dass er von der Klägerin zur Unterzeichnung der Schei- dungskonvention erpresst worden sei, wobei der ernstliche Nachteil im Sinne von Art. 156 StGB, welcher die Klägerin ihm in Aussicht gestellt habe, im empfindli- chen Übel des Aufschubs einer bereits vereinbarten Ehescheidung um fast zwei Jahre bestanden habe (Urk. 15 S. 14 f.). Des Weiteren liege ein Willensmangel im Sinne von Art. 30 Abs. 2 OR vor, da die Klägerin gewusst habe, dass er den Ab- schluss des für ihn unvorteilhaften Vertrages als das kleinere Übel empfinden würde, als die mit der Notlage verbundenen Nachteile, nämlich dass er die Fami- liengründung mit seiner neuen Lebenspartnerin nicht hätte angehen können (Urk. 15 S. 15).

  2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, bei Vorliegen eines definitiven Rechtsöffnungstitels sei gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG die Rechtsöffnung auszu- sprechen, sofern der Betriebene nicht durch Urkunden beweise, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden sei, oder die Verjährung anrufe. Solche Einwendungen bringe der Beklagte nicht vor. Der Beklagte ergehe sich in seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2022 in ausschweifenden, für das vorliegende Rechtsöffnungsverfahren sowohl inhaltlich als auch rechtlich gröss- tenteils irrelevanten und teilweise befremdlich anmutenden Ausführungen über die Umstände, aufgrund derer die Ehe der Parteien gescheitert sei. Entgegen der Annahme des Beklagten sei die Vorgeschichte, welche zur angeblichen Erpres- sung durch die Klägerin geführt habe, nicht relevant, da es sich beim Erpres- sungsvorwurf einerseits nicht um eine durch strikten Urkundenbeweis nachzuwei- sende Einwendung gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG handle. Andererseits verfüge

    das angerufene Rechtsöffnungsgericht nicht über die Kognition, die behaupteten (strafrechtlichen) Erpressungsvorwürfe gegen die Klägerin, sowie den bezüglich des Zustandekommens der Scheidungskonvention vorgebrachten (vertragsrecht- lichen) Willensmangel, materiell zu überprüfen. Der Beklagte habe selber ausge- führt, dass er auf eine strafrechtliche Verfolgung verzichtet habe, weshalb weder eine Strafuntersuchung durchgeführt worden sei, geschweige denn ein Strafurteil vorliege. Zum Nachweis seiner Vorwürfe lege der Beklagte vorwiegend E- Mailkorrespondenz zwischen der Klägerin und ihm sowie einen undatierten Ent- wurf der Scheidungskonvention ins Recht. Eine eingehende Würdigung derselben sei jedoch nicht angezeigt, da diese mehrheitlich Sachverhaltselemente zum In- halt hätten, welche vorliegend für den Verfahrensausgang nicht entscheidend sei- en. Gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. b ZPO könne eine Partei beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden habe, die Revision eines rechtkräfti- gen Entscheids verlangen, wenn ein Strafverfahren ergeben habe, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Ent- scheid eingewirkt worden sei. Da der Beklagte bis zum heutigen Zeitpunkt im Zu- sammenhang mit den vermeintlich erpresserischen Handlungen, die er der Kläge- rin vorwerfe, keine Strafanzeige gestellt habe, sei es fraglich, ob das sachlich zu- ständige Gericht das Vorliegen eines Revisionsgrundes für das Scheidungsurteil bejahen würde. Da das Rechtsöffnungsgericht nicht Revisionsinstanz des der Forderung zugrundeliegenden Scheidungsurteils sei und sich die Kognition ohne- hin auf die Vollstreckung des definitiven Rechtsöffnungstitels beschränke, würden sich auch in diesem Zusammenhang Ausführungen erübrigen (Urk. 34 S. 4 ff.).

  3. Der Beklagte macht zu Recht nicht geltend, dass es sich beim Vorbringen eines Willensmangels, mit welchem er die materielle Grundlage des Rechtsge- schäfts in Frage stellt, um eine zulässige Einwendung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG – Tilgung, Stundung oder Verjährung – handeln würde. Im Gegenteil an- erkennt er, dass die Berufung auf Art. 81 SchKG sicherlich unzutreffend gewe- sen sei, er habe jedoch aufgrund damaliger Zeitknappheit in der Gesuchsantwort nicht genug Zeit in die rechtliche Argumentation investieren können (Urk. 33 S. 6). Der Beklagte beruft sich nun im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen auf die Nichtigkeit des Rechtsöffnungstitels und rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung von iura novit curia (Art. 33 S. 7 f.). Zusammengefasst bringt er vor, der von ihm vor Vorinstanz geschilderte Sachverhalt sei von der Klägerin nicht bzw. zumindest nicht in der erforderlichen Substantiierung bestritten worden und habe damit gesamthaft als erstellt zu gelten. Somit sei von ihm nicht nur glaubhaft ge- macht, sondern bewiesen worden, dass die Klägerin mit hohen (dem Ehemann verschwiegenen) Schulden in die Ehe gekommen sei, während der Ehe ständig Druck auf ihn ausgeübt habe, dass er in ihre Selbständigkeit hunderttausende von Franken investieren müsse, weil sie nicht mehr (wie zuvor während 20 Jahren) für grosse Unternehmen habe arbeiten wollen und sie deshalb lieber absichtlich ar- beitslos geblieben sei, dass es nach nur 18-monatiger Ehe, keinen Kindern und durch die Ehe nur abnehmendem Vermögen ohnehin kaum etwas zu teilen oder an Unterhaltsforderungen gebe, dass sie aufgrund des Angebots des Beklagten, sich einvernehmlich zu einigen, ihre zunächst auf Fr. 334'000.– bezifferte Forde- rung auf Fr. 700'000.– erhöht und dann wenige Tage vor der Anhörung durch die Richterin noch einmal weitere Fr. 200'000.–, total also Fr. 900'000.–, gefordert habe, und hierbei klar gemacht habe, dass sie genau wisse, dass sie keine sol- chen Ansprüche aus Ehescheidungsrecht habe, sie ihn aber sonst nicht für seine neue Beziehung freigebe. Eindeutiger – da nachlesbar in den E-Mails der Kläge- rin in den Tagen vor der Anhörung durch die Richterin – könne eine Erpressung nicht stattfinden. Dass er angestachelt werde, kurze Zeit nach einer Eheschei- dung gegen seine Ex-Ehefrau eine Strafanzeige zu erstatten oder sich innert kur- zer Zeit sogleich wieder in ein Revisionsverfahren stürzen zu müssen, ohne die Distanz gewinnen zu können und die Ex-Ehefrau sich dann dennoch auf die Voll- streckbarkeit eines solchen nichtigen Vertrags berufen können und die erpressten Mittel auf dem Rechtsöffnungsweg einfordern könne, wäre klarerweise unbillig im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB. Die definitive Rechtsöffnung sei vielmehr von Amtes wegen dort zu verweigern, wo die Nichtigkeit des gerichtlichen Vergleichs als Vollstreckungstitel zu Tage trete. Dies gelte namentlich dort, wo eine Vollstre- ckung zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Er habe die Nichtigkeit glaubhaft gemacht bzw. sie sogar mangels substantiierter Bestreitung bewiesen und die Unbilligkeit sei wie geschildert offensichtlich. Die Klägerin habe jedes Recht, sich einer Scheidung zu widersetzen, wie auch jeder Nachbar das Recht habe, sich

    einen Verzicht auf eine Einsprache bzw. deren Rückzug von der Bauherrschaft vergüten zu lassen. Doch gebe es eine Grenze in der Höhe der Summe und in der Motivation bzw. der Nutzung von Nachteilen, die der Gegenseite drohen wür- den (Urk. 33 S. 6 f.).

  4. Neben den Einwendungen gegen die Forderung nach Art. 81 SchKG kann vorweg auch der Rechtsöffnungstitel als solcher bestritten und beispielsweise gel- tend gemacht werden, das Urteil sei gefälscht, nichtig oder nicht rechtskräftig, weshalb gar kein definitiver Rechtsöffnungstitel nach Art. 80 Abs. 1 SchKG vorlie- ge (BGE 137 III 87 E. 3). Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten (BGE 138 II 501 E. 3.1 m.w.H.). Die Nichtigkeit kann auch erst im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden (BGE 136 II 415 E. 1.2 m.w.H.; zum Ganzen BGer 2C_252/2018 vom 27. April 2018, E. 3.2). Eine Nichtigkeit besteht nur dann, wenn der Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht er- kennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nich- tigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktio- nelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht. Inhaltliche Mängel einer Verfügung oder eines Ent- scheides führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit (BGE 138 II 501 E. 3.1; BGE 136 III 571 E. 6.2.; BGer 4A_646/2020 v. 12. April 2021 E. 3.3.2 m.w.H.).

    1. Der Beklagte bringt keine Sachumstände vor, die auf eine Nichtigkeit im Sinne der Lehre und Rechtsprechung schliessen lassen würden. Gemäss Art. 29

      f. OR ist ein Vertrag, der unter dem Einfluss von Furchterregung abgeschlossen wurde, für den Bedrohten nicht nichtig, sondern kann sich dieser innert Jahresfrist auf die Unverbindlichkeit des Vertrags berufen (Art. 31 OR). Damit ist gleichzeitig gesagt, dass auch aufgrund der behaupteten Erpressung im Sinne von Art. 156 StGB durch die Klägerin, welche in strafrechtlicher Hinsicht der Furchterregung entspricht, keine Nichtigkeit gegeben sein kann, zumal andernfalls das bewusst von Art. 20 OR abweichende Konzept weitgehend obsolet würde (BGE 134 III 52

      E. 1.3.3 m.w.H.). Mängel dieser Art führen damit lediglich zur Anfechtbarkeit des die Vereinbarung genehmigenden Entscheids (insbesondere genügt aufgrund des

      Charakters als gerichtlich genehmigter Vergleich auch eine blosse Parteierklärung

      i.S.v. Art. 31 OR nicht, vgl. BSK SchKG-Staehelin, Art. 80 N 25). So kann mittels Berufung geltend gemacht werden, dass der genehmigten Vereinbarung ein Wil- lensmangel zugrunde liege, sie gegen zwingendes Recht verstosse oder offen- sichtlich unangemessen sei (BSK ZPO-Bähler, Art. 289 N 3; ZK ZPO-Sutter- Somm/Gut, Art. 279 N 26; ZK ZPO-Fankhauser, Art. 289 N 7). Die rechtskräftig genehmigte Vereinbarung kann sodann bei Erfüllung der allgemeinen Vorausset- zungen mittels Revision angefochten werden, wobei vorliegend wohl die Berufung auf die Unwirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs im Vordergrund stünde (Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO; ZK ZPO-Fankhauser, Art. 289 N 9). Es wäre dem Be- klagten damit offen gestanden, die gerichtlich genehmigte Scheidungskonvention anzufechten, was er unbestrittenermassen nicht getan hat (Urk. 33 S. 6 f.). Sub- jektive Beweggründe, welche ihn am Beschreiten des Rechtsmittelwegs gehindert haben, sind irrelevant und vermögen insbesondere keine Unbilligkeit der Vollstre- ckung des rechtskräftigen Entscheids zu begründen.

    2. Soweit der Beklagte die Nichtigkeit auf die Höhe der vereinbarten Abgel- tungszahlung und die Motivation der Nutzung von ihm drohenden Nachteilen zu- rückführen will, ist ihm ebenfalls nicht zu folgen. So trifft zwar zu, dass das Bun- desgericht im Zusammenhang mit einer vereinbarten Entschädigung für den Rückzug eines Rechtsmittels im Bauverfahren eine Entschädigung, die gänzlich ausserhalb dessen stand, was vernünftigerweise noch als Entschädigung nach- barrechtlicher Inkonvenienzen betrachtet werden konnte, im Rahmen einer Er- pressung als sittenwidrig qualifizierte (BGer 6P/5/2206 und 6S.8/2006 vom

12. Juni 2006, E. 7.2). Der Sittenwidrigkeit lag jedoch der Umstand zu Grunde, dass die Verzögerung von Bauvorhaben durch administrative und gerichtliche Verfahren zu einer erheblichen Schädigung der Bauherrschaft führen kann, und es dem Beschwerdeführer ganz überwiegend darum ging, aus dem drohenden Verzögerungsschaden Profit zu ziehen (BGer 6P/5/2206 und 6S.8/2006 vom

12. Juni 2006, E. 7.3). Dieser Fall unterscheidet sich damit massgeblich vom Sacherhalt, welchen der Beklagte vorträgt. Der Beklagte verortet den ernstlichen Nachteil im Aufschub der Scheidung um zwei Jahre. Diese Wartefrist ist jedoch gesetzlich vorgesehen (vgl. Art. 114 ZGB), womit sie als solche nicht als ernstlicher Nachteil qualifiziert werden kann. Ein aus dem drohenden Aufschub der Scheidung resultierender objektiv messbarer erheblicher Schaden ist sodann we- der ersichtlich noch dargetan. Vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, dass der drohende Aufschub der Scheidung nach einem objektiven Massstab ge- eignet wäre, auch eine besonnene Person in der Lage des Betroffenen gefügig zu machen und so seine freie Willensbildung und -betätigung zu beschränken (BGE 122 IV 322 E. a; BGE 120 IV 17 E. 2a/aa je m.w.H). Im Übrigen fehlt es auch an konkreten Behauptungen und Beweisen, welche es zuliessen, den Pauschalbe- trag von Fr. 900'000.– bzw. der verbleibenden Fr. 200'000.– auf eine sittenwidrige (und damit über den Übervorteilungstatbestand von Art. 21 OR hinausgehende) Wertdisparität zu überprüfen. Wie eingangs dargelegt, verpflichtete sich der Be- klagte den Pauschalbetrag von Fr. 900'000.– nicht nur im Hinblick auf den Aufbau der Selbständigkeit der Klägerin zu bezahlen, sondern auch in Abgeltung sämtli- cher unterhalts-, vorsorge- und güterrechtlicher Ansprüche. Entsprechend bedürf- te es einer umfassenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien bzw. einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung, um ein sittenwidriges Missverhältnis überhaupt feststellen zu können. Hinzukommt, dass es sich dabei

– bis auf die berufliche Vorsorge – um Ansprüche handelt, die der Dispositions- maxime unterliegen, womit im Lichte der Privatautonomie ein grosser Spielraum einhergeht. Von einem offensichtlichen oder leicht erkennbaren Mangel kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Allein die Behauptung des Beklagten, dass es nach 18-monatiger Ehe, keinen Kindern und durch die Ehe nur abneh- mendes Vermögen ohnehin kaum etwas zu teilen oder an Unterhaltsforderungen gegeben habe, ist klarerweise nicht ausreichend. Ebenso wenig lässt der Hinweis der Klägerin, dass es nicht darum gehe, was ihr aus Eherecht zustehe (vgl. Urk. 16/10), ohne weiteres auf ein sittenwidriges Missverhältnis hinzuweisen, zu- mal es gerade zum Wesen des Vergleichs gehört, dass die Parteien zu Gunsten einer raschen Prozesserledigung (an welcher in dem Fall überwiegend der Be- klagte ein Interesse hatte) auf die vollständige Klärung ihrer Ansprüche zu ver- zichten. Lediglich der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle abschliessend da- rauf hingewiesen, dass es auch nicht Sache der Rechtsmittelinstanz ist, in der vom Beklagten in ihrer Gesamtheit wiederholten vorinstanzlichen Sachverhaltsdarstellung (vgl. Urk. 33 S. 8-19) nach möglicherweise relevanten Stellen zu su- chen (vgl. vorstehend E. II.1.).

6. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als offensichtlich unbegründet ab- zuweisen.

IV. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Für das Beschwerdeverfahren beträgt der Streitwert Fr. 200'000.–. Die zweitinstanzliche Spruchgebühr ist in Anwendung von Art. 48 GebV SchKG in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 3'000.– festzusetzen. Aus- gangsgemäss ist sie dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

  2. Für das Beschwerdeverfahren hat der Beklagte zufolge seines Unterliegens keinen Anspruch auf Entschädigung; der Klägerin erwuchs kein erheblicher Auf- wand. Demgemäss sind für das Beschwerdeverfahren keine Parteientschädigun- gen zuzusprechen (Art. 95 Abs. 3 ZPO; Art. 106 Abs. 1 ZPO).

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'000.– festgesetzt.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Beklagten auf- erlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage der Doppel von Urk. 33, Urk. 35 und Urk. 36/2-7, sowie an die Vorinstanz, je ge- gen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert

30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 200'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 24. August 2022

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw S. Meisel versandt am:

lm

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