Zusammenfassung des Urteils RT220064: Obergericht des Kantons Zürich
Die A.________ AG hat gegen C.________ eine Klage eingereicht, um einen Betrag von CHF 526'006.20 einzufordern, der auf Darlehensverträgen und Verantwortlichkeitsansprüchen basiert. Das Bezirksgericht wies die Klage ab, woraufhin die A.________ AG Berufung einlegte. Das Kantonsgericht hob das Urteil auf und wies den Fall zur erneuten Prüfung an das Bezirksgericht zurück. Die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von CHF 5'000.00 wurden dem Beklagten auferlegt, der zudem die Klägerin mit CHF 5'400.00 entschädigen muss.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RT220064 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 21.07.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsöffnung |
Schlagwörter : | Gesuchsgegnerin; Recht; Vorinstanz; Unterschrift; Bestätigung; Gesuchsteller; Entscheid; Partei; Eingabe; SchKG; Parteien; Rechtsöffnung; Verfahren; Beschwerdeverfahren; Gericht; Dokument; Urteil; Authentizität; Gehör; Sinne; Erwägungen; E-Mail; Gehörs; Rechtsmissbrauch; Betreibung; Gesuchstellers; üglich |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ;Art. 14 OR ;Art. 178 ZPO ;Art. 2 ZGB ;Art. 29 BV ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 53 ZPO ;Art. 68 KG ;Art. 82 KG ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 104 II 99; 138 III 374; 139 III 466; 146 III 237; 147 III 176; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RT220064-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichter Dr. M. Kriech und Ersatzoberrichter Dr. M. Nietlispach sowie Gerichtsschreiberin MLaw N. Paszehr
Beschluss vom 21. Juli 2022
in Sachen
AG,
Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X.
gegen
,
Gesuchsteller und Beschwerdegegner vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Rechtsöffnung
Erwägungen:
Mit Urteil vom 8. März 2022 erteilte die Vorinstanz dem Gesuchsteller und Beschwerdegegner (fortan Gesuchsteller) in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Zell-Turbenthal (Zahlungsbefehl vom 13. Juli 2021) provisorische Rechtsöffnung für Fr. 185'375.– nebst Zinsen zu 5% seit 17. Juni 2018 sowie für Kosten und Entschädigung gemäss vorinstanzlichem Urteil (Urk. 18 S. 8 f. = Urk. 21 S. 8 f.). Grundlage bildete ein als Bestätigung betiteltes Schreiben der
Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin (fortan Gesuchsgegnerin) vom 16. Oktober 2017, welches die Unterschrift des Verwaltungsratspräsident der Gesuchsgegnerin, C. , trägt (Urk. 21 S. 3; Urk. 3/2 = Urk. 23/3; Urk. 13/3 = Urk. 23/4; Urk. 13/10 = Urk. 23/5).
Gegen das Urteil vom 8. März 2022 erhob die Gesuchsgegnerin am
ärz 2022 rechtzeitig (vgl. Art. 321 Abs. 2 ZPO und Urk. 19) Beschwerde mit den folgenden Anträgen (Urk. 20 S. 2):
1. Es sei das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 8. März 2022, Geschäfts-Nr. EB210468, vollständig aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch des Gesuchstellers und Beschwerdegeg- ners vom 23. Dezember 2021 vollumfänglich abzuweisen.
Eventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom
8. März 2022, Geschäfts-Nr. EB210468, vollständig aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MwSt. zu Lasten des Gesuchstellers und Beschwerdegegners.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1–19). Mit Verfügung vom 29. März 2022 wurde der Gesuchsgegnerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 3'000.– angesetzt (Urk. 24), welcher fristgerecht einging (Urk. 25). Mit Verfügung vom 26. April 2022 wurde dem Gesuchsteller Frist zur Beantwortung der Beschwerde angesetzt (Urk. 26). Die Beschwerdeantwort, in welcher der Gesuchsteller auf Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gesuchsgegnerin schliesst, datiert vom 6. Mai
2022 (Urk. 27). Sie wurde der Gesuchsgegnerin mit Verfügung vom 9. Mai 2022 zur Kenntnisnahme gebracht (Urk. 31). Mit Eingabe vom 24. Mai 2022 reichte die Gesuchsgegnerin eine Stellungnahme ein (Urk. 32), welche dem Gesuchsteller am 25. Mai 2022 zugestellt wurde (Prot. II S. 6; Urk. 33). Die darauf folgende Stellungnahme des Gesuchstellers vom 3. Juni 2022 (Urk. 34) wurde der Gesuchsgegnerin am 7. Juni 2022 zur Kenntnis gebracht (Prot. II S. 7; Urk. 35). Am
13. Juni 2022 liess die Gesuchsgegnerin eine weitere Stellungnahme einreichen (Urk. 36), welche dem Gesuchsteller am 14. Juni 2022 zugestellt wurde (Prot. II
S. 8; Urk. 37). Weitere Eingaben der Partei erfolgten nicht. Das Beschwerdeverfahren ist spruchreif.
Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden
(Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Dazu gehört, dass in der Beschwerde im Einzelnen dargelegt werden muss, was genau am angefochtenen Entscheid unrichtig sein soll (BGer 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3; BGer 5D_65/2014 vom 9. September 2014, E. 5.4.1; je m.H. auf BGE 138 III 374 E. 4.3.1). Was nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden. Das gilt zumindest insoweit, als ein Mangel nicht offensichtlich ist (BGE 147 III 176 E. 4.2.1).
Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel (Noven) sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Was im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet, bestritten eingereicht wurde, kann im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden. Es herrscht grundsätzlich ein umfassendes Novenverbot sowohl für echte als auch unechte Noven (BGer 5A_872/2012 vom 22. Februar 2013, E. 3; BGer 5A_405/2011 vom
27. September 2011, E. 4.5.3 m.w.H.; vgl. aber immerhin auch BGE 139 III 466
E. 3.4 und BGer 4A_51/2015 vom 20. April 2015, E. 4.5.1; zum Ganzen ferner
ZK ZPO-Freiburghaus/Afheldt, Art. 326 N 4 f.; Steininger, DIKE-Komm-ZPO, Art. 326 N 1 ff.).
Schuldanerkennung
Vorinstanzlicher Entscheid und Parteistandpunkte
Die Vorinstanz erwog, der Gesuchsteller stütze sein Begehren auf ein als Bestätigung betiteltes Schreiben der Gesuchsgegnerin vom 16. Oktober 2017, worin die Gesuchsgegnerin unterschriftlich bestätige, dem Gesuchsteller
Fr. 265'375.– aufgrund der Vereinbarung vom 24. Oktober 2016 zu schulden. Dieses Schreiben erfülle grundsätzlich die Anforderungen an einen provisorischen Rechtsöffnungstitel (Urk. 21 E. II. 1.2). Anschliessend ging die Vorinstanz auf die einzelnen Einwendungen der Gesuchsgegnerin ein. Zum Einwand der fehlenden Authentizität der Unterschrift auf der genannten Bestätigung hielt sie fest, dass die Bestreitung ausreichend begründet werden müsse. Der Bestreitende müsse konkrete Umstände dartun, die beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Authentizität des Dokuments (Inhalt Unterschrift) zu wecken vermöchten. Diesen Anforderungen sei die Gesuchsgegnerin nicht nachgekommen. Beim Vergleich der Unterschrift auf der Bestätigung mit der amtlich beglaubigten Unterschrift von
C. könne entgegen der Auffassung der Gesuchsgegnerin keine grosse Abweichung festgestellt werden. Die Gesuchsgegnerin lasse zur Bestreitung der Echtheit der Unterschrift zunächst ausführen, C. könne sich nicht daran erinnern, je ein solches Dokument unterzeichnet zu haben. Er unterschreibe auch nie mit dem Zusatz VRP. Im weiteren Verlauf des Verfahrens habe sich die Gesuchsgegnerin indessen gerade gegenteilig auf den Standpunkt gestellt, C. habe dem Gesuchsteller am 16. Oktober 2017 eine E-Mail gesandt und die im Recht liegende Bestätigung sei als PDF diesem E-Mail angehängt gewesen. Die PDF-Datei sei dabei durch Umwandlung eines Word-Dokumentes generiert wor- den, in welchem die Unterschrift von C. digital – nicht aber als qualifizierte
elektronische Signatur im Sinne von Art. 14 Abs. 2bis OR – eingefügt worden sei.
Die Sachdarstellung der Gesuchsgegnerin widerspreche sich damit selbst. Dies
könne nicht genügen, um ernsthafte Zweifel an der Authentizität der vorgelegten Bestätigung zu wecken. Der Einwand der Gesuchsgegnerin stehe der Erteilung der Rechtsöffnung demnach nicht entgegen (Urk. 21 E. II. 4.1 f.).
Die Gesuchsgegnerin rügt, die Vorinstanz habe es unterlassen, ihre zentrale Einwendung der Formungültigkeit der Bestätigung vom 16. Oktober 2017 zu prüfen (Urk. 20 Rz. 14). Im Rahmen der Gesuchsantwort und in Anbetracht der mit dem Rechtsöffnungsgesuch eingereichten Version der Bestätigung vom
16. Oktober 2017 habe sie, die Gesuchsgegnerin, angegeben, dass sich C. nicht daran erinnern könne, vor rund fünf Jahren die Bestätigung unterschrieben zu haben, weshalb sie die Authentizität der auf der Bestätigung angebrachten Unterschrift bestritten habe. Sie habe sich im Rahmen des ersten Schriftenwechsels mithin auf den Standpunkt gestellt, dass die Unterschrift nicht von C. angebracht worden sei, da das Schriftbild der auf dieser Bestätigung angebrachten Unterschrift deutlich vom normalen Schriftbild der Unterschrift von C. abweiche. Dies scheine die Vorinstanz verkannt zu haben, indem sie nur einen Vergleich zwischen der amtlich beglaubigten Unterschrift von C. und derjenigen auf der im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels eingereichten Version der Bestätigung angestellt habe. Nachdem der Gesuchsteller in seiner zweiten Eingabe darauf hingewiesen habe, dass C. ihm die Bestätigung vom
16. Oktober 2017 mit E-Mail vom gleichen Tag zugeschickt habe und sich das Schriftbild der Unterschrift auf der neuen Version der Bestätigung nunmehr mit dem normalen Schriftbild der Unterschrift von C. gedeckt habe, habe die Gesuchsgegnerin diesen Vorgang aufgearbeitet und die entsprechenden E-Mails und Dokumente wiederherstellen lassen. Dabei habe sie ausgeführt, dass es zutreffe, dass C. dem Gesuchsteller am 16. Oktober 2017 eine E-Mail gesandt habe, welche die Bestätigung vom gleichen Datum als PDF-Anhang enthalten habe. Das PDF sei aber durch Umwandlung aus einem Word-Dokument ge- neriert worden, in welches die Unterschrift von C. digital eingefügt worden sei. Dagegen sei die Bestätigung vom 16. Oktober 2017 insbesondere nicht ausgedruckt, unterschrieben und eingescannt worden. Hierfür habe sie verschiedene Beweismittel offeriert. Mit anderen Worten habe die Gesuchsgegnerin in ihrer zweiten Eingabe nicht mehr die Authentizität der auf der Bestätigung angebrachten Unterschrift bestritten, sondern bestätigt, dass diese von C. angebracht worden sei. Die Gesuchsgegnerin habe sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, dass die Bestätigung vom 16. Oktober 2017 dem Formerfordernis von Art. 82 Abs. 1 SchKG (durch Unterschrift bekräftigte Schuldanerkennung) nicht genüge. So habe sie unter Bezugnahme auf STAEHELIN ausgeführt, dass anders als bei der eigenhändigen Unterschrift auf einem Dokument, das danach als PDF eingescannt und dann per E-Mail verschickt werde, die eingescannte Unterschrift, die – wie vorliegend – einem elektronischen Dokument digital hinzugefügt werde, unzureichend sei. Hierbei handle es sich um eine Faksimileunterschrift gemäss Art. 14 Abs. 2 OR, die nur zulässig sei, wenn – anders als vorliegend – eine entsprechende Verkehrsübung bestehe. Es gebe mit anderen Worten kein unterschriebenes Original der Bestätigung und es handle sich auch nicht um eine qualifizierte
elektronische Unterschrift i.S.v. Art. 14 Abs. 2bis OR, weshalb die Bestätigung vom
16. Oktober 2017 keine durch Unterschrift bekräftigte Schuldanerkennung i.S.v. Art. 82 Abs. 1 SchKG darstelle und weshalb das Rechtsöffnungsgesuch abzuweisen sei. Die Vorinstanz gebe die diesbezüglichen Ausführungen der Gesuchsgegnerin zwar (verkürzt) wieder; dies aber unter dem falschen Titel der Authentizität der Unterschrift nach Art. 178 ZPO. Indem die Vorinstanz die Vorbringen der Gesuchsgegnerin unter dem Aspekt Formgültigkeit nicht geprüft habe, habe sie das rechtliche Gehör der Gesuchsgegnerin verletzt (Urk. 20 Rz. 8–11). Das Verhalten der Gesuchsgegnerin sei auch nicht widersprüchlich: So habe sich die Gesuchsgegnerin bzw. ihr Verwaltungsratspräsident schlicht nicht mehr daran erin- nern können, vor fünf Jahren ein Schreiben (unqualifiziert elektronisch) unterzeichnet zu haben, welches ohnehin nur eine andere Vereinbarung bestätige. Diese Unsicherheit sei durch die ursprünglich eingereichte Version der Bestätigung noch bekräftigt worden. Nachdem der Gesuchsteller in seiner zweiten Eingabe eine neue Version der Bestätigung eingereicht und erstmals auf die Art der Übermittlung und die übrigen Umstände hingewiesen habe, habe die Gesuchsgegnerin den Vorgang geprüft und umgehend die Authentizität der Unterschrift bestätigt. Dies stelle kein widersprüchliches, sondern ein konsistentes Verhalten dar, das einer Berufung auf einen Formmangel natürlich nicht entgegenstehe (Urk. 20 Rz. 12).
Der Gesuchsteller bestreitet, dass die Bestätigung nicht eigenhändig von C. unterschrieben worden sei (Urk. 27 Rz. 16; Urk. 34 Rz. 7). Die Parteien hätten aus Beweisgründen, u.a. um Ansprüchen wie denjenigen von Art. 82
Abs. 1 SchKG zu genügen, eine schriftliche und unterzeichnete Schuldanerken- nung erstellt (Urk. 27 Rz. 20; Urk. 34 Rz. 8). Von einer eigenhändig angebrachten Unterschrift, wie dies im Geschäftsverkehr üblich sei, habe er gutgläubig ausgehen dürfen. Es habe für den Gesuchsteller auch keinerlei Möglichkeit bestanden, zu überprüfen, wie die Unterschrift angebracht worden sei (Urk. 27 Rz. 20 f.). Im Übrigen erwecke der Vorwand, es liege eine Faksimileunterschrift vor – in Anbetracht der im Verfahren vor Vorinstanz vorgebrachten Argumentation, der Unterzeichner erinnere sich nicht an das Dokument und die Unterschrift entspreche nicht seiner echten Unterschrift –, den Eindruck der Treuwidrigkeit und des Rechtsmissbrauchs. Die Berufung auf den Formmangel sei rechtsmissbräuchlich und entfalte daher keine Wirkung (Urk. 27 Rz. 22–26; Urk. 34 Rz. 10–12).
Die Gesuchsgegnerin wiederum bestreitet, dass die Parteien eine unterzeichnete Bestätigung erstellt hätten, um Art. 82 Abs. 1 SchKG zu genügen, weshalb auch die Berufung auf die Rechtsmissbräuchlichkeit mangels Treuwidrigkeit ausscheide (Urk. 32 Rz. 8 f.; Urk. 36 Rz. 4).
Rechtliches
Art. 53 ZPO gewährleistet den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör, wie ihn Art. 29 Abs. 2 BV umschreibt. Danach verlangt das rechtliche Gehör unter anderem, dass das Gericht die Vorbringen der vom Entscheid in ihren Rechten betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfin- dung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich das Gericht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen aus- drücklich widerlegt. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen
sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGer 5A_801/2018 vom 30. April 2019, E. 3.3, m.w.H.).
Wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz festgestellt, so leidet der Entscheid an einem schweren Mangel und wird aufgrund der sogenannten formellen Natur des Gehörsanspruchs, unabhängig davon, ob der Entscheid ohne die Verletzung anders ausgefallen wäre, aufgehoben. Aus- nahmsweise kann die Verletzung von der Rechtsmittelinstanz geheilt werden. Die Heilung ist jedoch nur zulässig, wenn die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht gravierend ist und die Rechtsmittelinstanz die gleiche Kognition in Tat- und Rechtsfragen hat wie die Vorinstanz (Sutter-Somm et al., ZPO Komm., Art. 53
N 26 f., m.w.H.).
Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz
(Art. 2 Abs. 2 ZGB). Wann ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs zu beachten sind. Die Norm dient als korrigierender Notbehelf für die Fälle, in denen formales Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde. Rechtsmissbrauch ist restriktiv anzunehmen. Einen Grundsatz der Gebundenheit an das eigene Handeln gibt es nicht. Vielmehr ist in einem Widerspruch zu früherem Verhalten nur dann ein Verstoss gegen Treu und Glauben zu erblicken, wenn dieses ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, das durch die neuen Handlungen enttäuscht wird (BGer 4A_389/2018 vom 22. August 2018, E. 3.1, m.w.H.). Das Gericht hat den Rechtsmissbrauch von Amtes wegen zu beachten, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von einer Partei in der vom Prozessrecht vorgeschriebenen Weise vorgetragen wurden und feststehen (BGE 104 II 99 E. 2b) m.w.H.).
Würdigung
Der Gesuchsteller bestreitet im Beschwerdeverfahren erstmals, dass die Unterschrift auf der Bestätigung vom 16. Oktober 2017 nicht eigenhändig angebracht worden sei (Urk. 27 Rz. 16; Urk. 34 Rz. 7). Auch die Behauptung, die Parteien hätten die Bestätigung zu Beweisgründen erstellt, u.a. um Ansprüchen wie denjenigen von Art. 82 Abs. 1 SchKG zu genügen, erfolgt zum ersten Mal (Urk. 27 Rz. 20; Urk. 34 Rz. 8). Offensichtlich ist dies darauf zurückzuführen, dass der Gesuchsteller die Eingabe der Gesuchsgegnerin vom 14. Februar 2022 (Urk. 16), in welcher diese – unter novenrechtlichen Gesichtspunkten zulässigerweise (vgl. BGE 146 III 237, E. 3.1 f., m.w.H.) – erstmals behauptete, dass die Unterschrift von C. digital eingefügt worden sei, erst zusammen mit dem Endentscheid vom 8. März 2022 erhielt (vgl. Urk. 21 S. 9 Dispositiv-Ziff. 5). Daher hatte der Gesuchsteller gar keine Gelegenheit, vor Vorinstanz zu diesen neuen Behauptungen Stellung zu nehmen. Aufgrund des Novenverbots im Beschwerdeverfahren (dazu oben E. II. 2) können diese Vorbringen des Gesuchstellers jedoch nicht mehr berücksichtigt werden. Auch die Stellungnahmen der Gesuchsgegnerin zu den Hintergründen der Ausstellung der Bestätigung (Urk. 32 Rz. 8 f.; Urk. 36 Rz. 4) haben daher unberücksichtigt zu bleiben.
Es trifft zu, dass die Vorinstanz den Einwand der Gesuchsgegnerin betreffend Formungültigkeit des Bestätigungsschreibens vom 16. Oktober 2017 nicht prüfte. Die diesbezüglichen tatsächlichen Vorbringen der Gesuchsgegnerin, dass die PDF-Datei durch Umwandlung eines Word-Dokuments generiert worden sei, in welches die Unterschrift von C. digital – nicht aber als qualifizierte elektronische Signatur im Sinne von Art. 14 Abs. 2bis OR – eingefügt worden sei, liess
die Vorinstanz lediglich im Zusammenhang mit der Frage der Authentizität der Unterschrift von C. in ihre Erwägungen einfliessen. Sie hielt fest, dass sich die Sachdarstellung der Gesuchsgegnerin damit selbst widerspreche, nachdem sie zuerst habe ausführen lassen, dass sich C. nicht daran erinnern könne, je ein solches Dokument unterzeichnet zu haben. Dies genüge nicht, um ernsthafte Zweifel an der Authentizität der Bestätigung zu wecken (Urk. 21 E. II. 4.2). Aus diesen Erwägungen des angefochtenen Entscheids ergibt sich nicht, weshalb die
Vorinstanz die Echtheit der Unterschrift überhaupt noch prüfte, wenngleich die Gesuchsgegnerin diese in ihrer Eingabe vom 14. Februar 2022 nicht mehr bestritten hatte. Das Gericht hat die von einer Partei behaupteten und von der anderen Partei nicht bestrittenen sogar zugestandenen Tatsachen ohne weitere Prüfung seinem Entscheid zugrunde zu legen (KUKO ZPO-Oberhammer/Weber,
Art. 55 N 11). Dies gilt auch, wenn eine Partei eine Tatsache zuerst bestreitet und im späteren Prozessverlauf doch anerkennt. Die Gesuchsgegnerin führte in ihrer Eingabe vom 14. Februar 2022 auch aus, weshalb sie ihre Argumentation änderte (vgl. Urk. 16 Rz. 5 f.). Darauf ging die Vorinstanz in ihrem Entscheid nicht ein. In- dem die Vorinstanz es unterliess, zu begründen, weshalb sie sich mit dem Einwand der fehlenden Formgültigkeit nicht auseinandersetzte, den diesbezüglichen Sachverhalt nicht erstellte und rechtlich würdigte, verletzte sie den Gehörsanspruch der Gesuchsgegnerin.
Die Vorinstanz verletzte des Weiteren auch den Gehörsanspruch des Gesuchstellers, indem sie diesem die Eingabe der Gesuchsgegnerin vom
14. Februar 2022 (Urk. 16) erst mit dem Endentscheid vom 8. März 2022 zukommen liess (vgl. Urk. 21 S. 9 Dispositiv-Ziff. 5). Das sog. Replikrecht steht einer Prozesspartei unabhängig davon zu, ob die eingereichte Eingabe neue Tatsachen rechtliche Argumente enthält und ob sie im Einzelfall geeignet ist, den richterlichen Entscheid zu beeinflussen. Es ist Sache der Parteien und nicht des Gerichts, zu beurteilen, ob eine neue Eingabe ein neues Beweismittel Bemerkungen erfordert (BGer 5D_203/2013 vom 12. März 2014, E. 2.1, m.w.H.). Vorliegend erhielt die Eingabe entscheidrelevante Noven. Die Vorinstanz durfte auch nicht einfach davon ausgehen, dass der Gesuchsteller die neuen Tatsachendarstellungen der Gesuchsgegnerin bestreiten würde. Folglich unterliess es die Vorinstanz, den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig festzustellen.
Die Beschwerdeinstanz verfügt in Tatfragen nicht über die gleiche Kognition wie die Vorinstanz. Sie kann den Sachverhalt nur auf offensichtliche Unrichtigkeit überprüfen und weder ergänzen noch selber Beweise abnehmen (vgl.
Art. 320 ZPO). Eine Heilung der Gehörsverletzung(en) ist daher vorliegend ausgeschlossen. Das angefochtene Urteil ist deshalb in Gutheissung der Beschwerde
aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 327 Abs. 3 lit. a ZPO).
Was den vom Gesuchsteller erhobenen Einwand des Rechtsmissbrauches betrifft, bedarf es zu dessen Beurteilung einer Würdigung der gesamten Umstände, wozu auch die Hintergründe der Ausstellung der Bestätigung gehören. Die diesbezüglichen tatsächlichen Ausführungen der Parteien können jedoch, wie gezeigt, im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden (oben E. III. 1.3.1). Über die Frage des Rechtsmissbrauchs kann daher nicht entschieden werden, weshalb das Verfahren auch unter diesem Aspekt an die Vorinstanz zurückzuweisen ist.
2. Betreibungskosten
Wie gezeigt, ist das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In dessen Rahmen wird die Vorinstanz auch über die Kosten- und Entschä- digungsfolgen neu zu befinden haben, sodass sich Ausführungen zur weiteren Rüge der Gesuchsgegnerin, dass für in einem SchKG-Summarverfahren gesprochene Kosten- und Entschädigungsfolgen keine Rechtsöffnung zu erteilen sei (Urk. 20 Rz. 13), grundsätzlich erübrigen. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass aus der Vorschrift von Art. 68 SchKG in gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung abgeleitet wird, dass für die Kosten der laufenden Betreibung entgegen ei- ner verbreiteten erstinstanzlichen Praxis keine Rechtsöffnung zu erteilen ist (ZR 108 [2009] Nr. 2, E. 4; ebenso BGer 2C_781/2020 vom 28. Dezember 2020,
E. 1.3; BGer 5A_455/2012 vom 5. Dezember 2012, E. 3, m.w.H.; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 68/04 vom 26. August 2004, E. 5.3.2; BSK SchKG I- Staehelin, Art. 84 N 76; KUKO SchKG-Gehri, Art. 68 N 4). Zu den Betreibungskosten zählen auch die Spruchgebühr und die Parteientschädigung
des Rechtsöffnungsverfahrens (BSK SchKG I-Staehelin, Art. 84 N 76).
Im Falle eines Rückweisungsentscheides kann sich die Rechtsmittelinstanz damit begnügen, lediglich ihre Gerichtskosten festzulegen und deren Verteilung sowie den Entscheid über die Parteientschädigung der Vorinstanz zu überlassen, das heisst vom definitiven Ausgang des Verfahrens abhängig zu machen (Art. 104 Abs. 4 ZPO; OGer ZH RT200074 vom 16.07.2020, E. 4). In diesem Sinne sind die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens in Anwendung von Art. 48 i.V.m.
Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 3'000.– festzusetzen; sodann ist vorzumerken, dass die Gesuchsgegnerin einen Kostenvorschuss in der genannten Höhe geleistet hat. Die Verteilung sowie der Entscheid über die Parteientschädigung sind der Vorinstanz zu überlassen.
Es wird beschlossen:
In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Winterthur vom 8. März 2022 aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'000.– festgesetzt.
Die Entscheidung über eine allfällige Parteientschädigung und deren Höhe im Beschwerdeverfahren sowie die Verteilung der Prozesskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem neuen Entscheid der Vorinstanz vorbehalten.
Es wird vorgemerkt, dass die Gesuchsgegnerin für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einen Kostenvorschuss von Fr. 3'000.– geleistet hat.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erst- und zweitinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert der Hauptsache beträgt Fr. 265'375.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG
Zürich, 21. Juli 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw N. Paszehr versandt am:
jo
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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