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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils RT170202: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Rechtsöffnungsverfahren entschieden, dass das Bundesamt für Sozialversicherung Anspruch auf eine offene Rückforderung von Beiträgen zur Förderung der Invalidenhilfe in Höhe von Fr. 413'562.- hat. Die Kosten wurden dem Gesuchsgegner auferlegt. Dieser hat Beschwerde erhoben, die jedoch als unzulässig und unbegründet abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'500.- wurden dem Gesuchsgegner auferlegt. Der Gesuchsgegner hat erfolglos ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Die Entscheidungsgebühr beträgt Fr. 1'500.- und Parteientschädigungen wurden nicht zugesprochen. Der Entscheid wurde am 7. Februar 2018 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts RT170202

Kanton:ZH
Fallnummer:RT170202
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT170202 vom 07.02.2018 (ZH)
Datum:07.02.2018
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_199/2018
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegner; Recht; Vorinstanz; Entscheid; Rechtsöffnung; Gesuchsgegners; Verfügung; Urteil; Beschwerdeverfahren; Bundesgericht; Rechtsmittel; Frist; Dispositiv; Bundesamt; Sozialversicherung; Feststellung; Gewährung; Rechtspflege; Frist; Begründung; Erwägungen; Bestätigung; Devolutiveffekt; Beschwerdeinstanz; Parteien; Oberrichter; Sachen
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 13 EMRK ;Art. 132 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 54 VwVG ;Art. 81 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:127 V 228; 130 V 138; 131 II 306; 134 II 142;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts RT170202

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT170202-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr. H.A. Müller und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Montani Schmidt

Urteil vom 7. Februar 2018

in Sachen

A. ,

Gesuchsgegner und Beschwerdeführer

gegen

Bundesamt für Sozialversicherung BSV, Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin

betreffend Rechtsöffnung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Dielsdorf vom 23. Oktober 2017 (EB170312-D)

Erwägungen:

    1. Mit Urteil vom 23. Oktober 2017 erteilte die Vorinstanz der Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gesuchstellerin) in der Betreibung Nr. des Betreibungsamts Rümlang-Oberglatt (Zahlungsbefehl vom 16. November 2016) gestützt auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 2016 für eine offene Rückforderung ausgerichteter Beiträge zur Förderung der Invalidenhilfe betreffend die Jahre 2011 bis 2014 (Urk. 3/2 S. 2 ff.) definitive Rechtsöffnung für Fr. 413'562.-; die Kostenund Entschädigungsfolgen wurden zu Lasten des Gesuchsgegners und Beschwerdeführers (fortan Gesuchsgegner) geregelt (Urk. 17 S. 8 f. = Urk. 13 S. 8 f.).

    2. Hiergegen erhob der Gesuchsgegner mit Schreiben vom 26. November 2017 innert Frist Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 16 S. 1):

In Sachen Bundesamt für Sozialversicherungen gegen A. betr. Rechtsöffnung verlangen wir mit Beschwerde unter Aufhebung des Entscheids des BG Dielsdorf vom 23. Oktober 2017 die Abweisung des Begehrens und die Feststellung der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 und Art. 13 EMRK, unter KEF.

    1. Am 4. Dezember 2018 (Datum Fristablauf der Beschwerdefrist: 4. Dezember 2017) ergänzte der Gesuchsgegner seine Beschwerdeschrift (Urk. 18). Diese Ergänzung erfolgte innerhalb der Rechtsmittelfrist, weshalb sie soweit für die Entscheidfällung von Relevanz zu beachten ist.

    2. In der Folge wurde dem Gesuchsgegner mit Präsidialverfügung vom

5. Januar 2018 Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 1'500.angesetzt (Urk. 19). Innert Frist stellte der Gesuchsgegner ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urk. 20-21/1-2). Hierüber wird nachfolgend zu entscheiden sein.

    1. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde führende Partei hat im Einzelnen darzulegen, an welchen Mängeln (unrichtige Rechtsanwendung, offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts) der angefochtene Entscheid ihrer Ansicht nach leidet. Was nicht beanstandet wird, braucht grundsätzlich nicht geprüft zu werden. Werden keine, unzulässige ungenügende Rügen erhoben, stellt dies einen nicht behebbaren Mangel dar (vgl. Art. 132 ZPO), d.h. ist nicht eine Nachfrist zur ergänzenden Begründung anzusetzen, sondern ist die Beschwerde abzuweisen bzw. ist darauf nicht einzutreten. Sodann sind neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel im Beschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

    2. Der Gesuchsgegner verweist in seiner Beschwerde auf die vor Vorinstanz eingereichte Begründung vom 10. Oktober 2017, welche er zum Bestandteil der Beschwerde erklärt. Darin sei alles Wesentliche dargestellt, so dass er sich nicht zu wiederholen brauche (Urk. 16 S. 1). Eine solche Begründung vermag den gesetzlichen Vorgaben nicht zu genügen (s. E. 2.1 vorangehend), da die erforderliche Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen fehlt. Eine blosse Wiederholung des bereits vor Vorinstanz Gesagten - nichts anderes ist der Verweis auf die vor Vorinstanz eingereichte Stellungnahme genügt nicht. Entsprechend ist darauf nicht weiter einzugehen.

    3. Der Gesuchsgegner wirft der Vorinstanz vor, sich nicht ausreichend mit dem Einwand auseinandergesetzt zu haben, wonach sich weder das Bundesamt für Sozialversicherungen noch das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht mit den zahlreichen Erwägungen des Gesuchsgegners in den damaligen Verfahren auseinandergesetzt habe. So habe sie lediglich ein Beispiel herausgepickt, um diesen Einwand zu widerlegen, was zeige, wie sich die Justiz plump aus der Affäre zu stehlen pflege. Die Einwände des Gesuchsgegners gegen die Streichung der Subventionen sei mitnichten einzeln gewissenhaft geprüft worden (Urk. 16 S. 2). Der Gesuchsgegner verkennt, dass im Rechtsöffnungsverfahren nicht (mehr) geprüft wird, ob eine Forderung zu Recht besteht nicht und ob sie begründet ist nicht. Es wird einzig geprüft, ob die Voraussetzungen für eine (vorliegend) definitive Rechtsöffnung erfüllt sind, d.h. ob ein entsprechender gültiger Rechtsöffnungstitel vorliegt und keine Einwendungen nach Art. 81 SchKG seitens des Schuldners gegeben sind, wonach die Forderung erlassen, getilgt,

gestundet verjährt ist. Über den materiellen Bestand der Forderung bzw. über die materielle Richtigkeit des Urteils ist nicht zu befinden (BGer 5A_661/2012 vom 17. Januar 2013, E. 4.1 m.w.H.; BGer 6B_413/2009 vom 13. August 2009,

E. 1.2.3 m.w.H.). Damit aber hatte die Vorinstanz auch nicht zu prüfen, ob die Einwendungen des Gesuchsgegners in den jeweiligen Verfahren gewissenhaft geprüft wurden nicht; ohnehin standen dem Gesuchsgegner hierzu die ordentlichen Rechtsmittel zu Verfügung; diese hat er denn auch ergriffen. Wurden diese abgewiesen, bzw. darauf nicht eingetreten, ist nicht im Vollstreckungsverfahren neu zu prüfen, ob dies zu Recht Unrecht erfolgt ist. Damit hat es sein Bewenden. Entsprechend aber ist auch nicht weiter darauf einzugehen, inwiefern das Bundesgericht dem Gesuchsgegner zu Recht Unrecht krasse, nicht behobene Ungebührlichkeit vorgeworfen hat.

      1. Schliesslich rügt der Gesuchsgegner die Feststellung der Vorinstanz, wonach im Verwaltungsrechtspflegeverfahren der Rechtsmittelentscheid aus prozessualer Sicht aufgrund des Devolutiveffekts die angefochtene Verfügung ersetze, die Abweisung einer Beschwerde jedoch dennoch als Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheides gelte, selbst wenn der Wortlaut der Verfügung nicht ins Dispositiv aufgenommen worden sei. Diesbezüglich bringt der Gesuchsgegner vor, die Vorinstanz habe sich auf irgendwelche dahergelaufenen Kommentatoren berufen. Dabei habe das Bundesamt für Sozialversicherungen eben gerade nicht die Bestätigung seiner Verfügung, sondern lediglich die Abweisung der Beschwerde verlangt. Da das Bundesverwaltungsgericht schlicht und einfach an die Parteianträge gebunden gewesen sei, habe es die Leistungspflicht nicht ins Urteilsdispositiv aufnehmen können. Damit sei er im genannten Rechtsöffnungstitel zu keiner Leistung verpflichtet worden (Urk. 16 S. 4).

      2. Der Gesuchsgegner irrt: Der Devolutiveffekt hat die Bedeutung, dass mit Einreichen der Beschwerde die Beschwerdeinstanz zum Entscheid über die angefochtene Verfügung zuständig wird. Die Devolution bedeutet die Überwälzung der Zuständigkeit; sie hat zur Folge, dass es der Vorinstanz grundsätzlich verwehrt ist, weitere Abklärungen Anordnungen in der Streitsache zu treffen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, bewirkt der Devolutiveffekt zudem, dass

der Entscheid der Beschwerdeinstanz prozessual die angefochtene Verfügung ersetzt und damit alleiniger Anfechtungsgegenstand für einen nachfolgenden Instanzenzug bildet (BGE 130 V 138 E. 4.2). Entgegen der Ansicht des Gesuchsgegners aber hat die Beschwerdeinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln und ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (vgl. Art. 54 VwVG; BGE 127 V 228 E. 2b aa). Wird die Beschwerde abgewiesen, und gilt der angefochtene Hoheitsakt folglich weiterhin, führt der Devolutiveffekt dazu, dass die vorinstanzliche Anordnung im Dispositiv des Rechtsmittelentscheides inhaltlich wiederholt wird. Hier wählt die Praxis ein pragmatisches Vorgehen: So wird die Beschwerde gegen die Erteilung einer Bewilligung regelmässig abgewiesen, ohne dass als zweite Anordnung im Dispositiv die Bewilligung erteilt wird. In diesen Fällen gilt die vorinstanzlich ausgesprochene Bewilligung sinngemäss als Bestätigung und der entsprechende Verfügungsinhalt wird implizit zum Bestandteil des Rechtsmittelentscheides (Kiener in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Auer/Müller/Schindler, Art. 54 N 16). Fällt die Beschwerdeinstanz einen Sachentscheid, so ersetzt dieser den angefochtenen vorinstanzlichen Entscheid und tritt an dessen Stelle, auch wenn in seinem Dispositiv bloss die Beschwerde abgewiesen wird. Dieses Dispositiv bedeutet in Wirklichkeit die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids (BGE 134 II 142

E. 1.4; BGE 130 V 138 E. 4.2; Seiler in: Waldmann/Weissenberger, Praxiskommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVG], 2. A., Art. 54 N 16). Damit aber erweist sich der Einwand des Gesuchsgegners als nicht zielführend.

3.5 Demgemäss erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unzulässig bzw. unbegründet, weshalb auf das Einholen einer Beschwerdeantwort der Gegenpartei verzichtet werden kann (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
    1. Die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren ist in Anwendung von Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG (vgl. ZR 110/2011 Nr. 28) auf Fr. 1'500.festzusetzen. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Gesuchsgegner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

    2. Der Gesuchsgegner hat für das Beschwerdeverfahren ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gestellt mit der Begründung, er verfüge nicht über genügend Mittel und auch ihm als juristischer Person stehe das Recht auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu (Urk. 20). Das Gesuch ist zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde (vgl. vorstehende Erwägungen) abzuweisen (Art. 117 lit. b ZPO). Ohnehin ist eine juristische Person nur dann anspruchsberechtigt, wenn ihr einziges Aktivum im Streit liegt und auch die daran wirtschaftlich Beteiligten mittellos sind, wozu neben ihren Gesellschaftern und Organen auch interessierte Gläubiger gehören (BGE 131 II 306 Erw. 5.2.1 f.).

    3. Der Gesuchstellerin ist mangels relevanter Umtriebe im Beschwerdeverfahren keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO).

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch des Gesuchsgegners um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

  2. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'500.festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gesuchsgegner auferlegt.

  5. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage je einer Kopie der Urk. 16, Urk. 18, Urk. 20 und Urk. 21/1-2, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht,

    1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 413'456.-.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 7. Februar 2018

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. K. Montani Schmidt

versandt am: bz

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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