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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils RT160122: Obergericht des Kantons Zürich

Die Stadt Winterthur hat gegen A. Rechtsöffnung beantragt, um Sozialhilfekosten in Höhe von Fr. 22'762.20 zurückzufordern. Das Einzelgericht wies das Begehren ab, worauf die Stadt Winterthur Beschwerde einreichte. Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass die Forderung verjährt sei. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied, dass die Frist für die Geltendmachung verwirkt war und wies das Rechtsöffnungsbegehren ab. Die Gesuchstellerin erhielt nur für einen Betrag von Fr. 2'000.- definitive Rechtsöffnung. Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider leitete die Kammer, die Gerichtskosten betrugen CHF 750.-.

Urteilsdetails des Kantongerichts RT160122

Kanton:ZH
Fallnummer:RT160122
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT160122 vom 21.12.2016 (ZH)
Datum:21.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung
Schlagwörter : Recht; Rechtsöffnung; Rückerstattung; Sozialhilfe; Frist; Betreibung; Vollstreckung; Betrag; Gesuchsgegnerin; Verfahren; Leistungen; Entscheid; Sinne; Verwirkung; Verjährung; Schaden; Urteil; Vorinstanz; Verfügung; Forderung; Rechtsprechung; Bundesgericht; Schuld; Winterthur; Rückforderung; Verwirkungsfrist; Verwaltung
Rechtsnorm:Art. 121 DBG ;Art. 127 OR ;Art. 128 OR ;Art. 137 OR ;Art. 15 ATSG ;Art. 16 AHVG ;Art. 25 ATSG ;Art. 318 ZPO ;Art. 52 AHVG ;Art. 68 KG ;Art. 80 KG ;Art. 81 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:127 V 209; 129 V 30; 131 V 4; 137 III 617; 138 II 169; 140 II 384;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts RT160122

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT160122-O/U.doc

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr. H.A. Müller und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Urteil vom 21. Dezember 2016

in Sachen

Stadt Winterthur,

Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin

vertreten durch Soziale Dienste der Stadt Winterthur

gegen

A. ,

Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin

betreffend Rechtsöffnung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Winterthur vom 17. Juni 2016 (EB160184-K)

Erwägungen:

I.
  1. Im Rechtsöffnungsverfahren vor dem Einzelgericht im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Winterthur ersuchte die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (fortan Gesuchstellerin) um definitive Rechtsöffnung für die Rückerstattung geleisteter Sozialhilfe in der Höhe von Fr. 22'762.20 nebst Fr. 115.30 Betreibungskosten und die Kosten des amtlichen Verfahrens (Urk. 1). Als Rechtsöffnungstitel legte die Gesuchstellerin zwei Rückerstattungsentscheide der Fürsorgebehörde der Stadt Winterthur vom 23. April 2009 und 28. September 2009 vor (Urk. 2/2, 2/3). Mit Urteil vom 17. Juni 2016 wies die Vorinstanz das Rechtsöffnungsbegehren ab (Urk. 13).

  2. Am 1. Juli 2016 erhob die Gesuchstellerin Beschwerde mit den folgenden Anträgen (Urk. 12 S. 2):

    1. Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben.

    2. Es sei in der Betreibung Nr. ..., Betreibungsamt Elgg, Zahlungsbefehl vom 4. April 2016, definitive Rechtsöffnung zu erteilen.

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

Der Kostenvorschuss ging innert Frist ein (Urk. 19). Die Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gesuchsgegnerin) reichte am 23. August 2016 rechtsgültig unterzeichnet am 1. September 2016 - die Beschwerdeantwort ein und beantragte die Abweisung der Beschwerde (Urk. 21, 25). Mit Verfügung vom

5. September 2016 wurde letztere der Gegenpartei zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 26).

II.
  1. Die Beschwerde muss konkrete Anträge enthalten, aus welchen sich ergibt, in welchem Umfang der vorinstanzliche Entscheid angefochten wird (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm et al., ZPO Komm., Art. 321 N 14). Der Beschwerdeantrag der Gesuchstellerin enthält keine Bezifferung. Rechtsbegehren sind indessen im Lichte der Begründung auszulegen (BGE 137 III 617 E. 6.2). Aus der Begründung der Beschwerde erhellt, dass die Gesuchstellerin die Rechtsöffnung gemäss dem vor Erstinstanz gestellten Begehren anstrebt. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

  2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die Gesuchstellerin sei eine schweizerische Verwaltungsbehörde im Sinne von Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG und die zwei Rückerstattungsverfügungen vom 23. April 2009 und 28. September 2009 seien grundsätzlich definitive Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 SchKG. Die Rückerstattungsverfügung vom 23. April 2009 halte fest, dass der Betrag von

    Fr. 2'000.- (zzgl. aufgelaufener Zins) spätestens bei Abschluss der Sozialhilfeunterstützung zurückzuerstatten sei. Da die Sozialhilfeunterstützung per 31. März 2009 eingestellt worden sei, sei die Forderung gleichentags fällig geworden. Die Rückforderungsverfügung vom 28. September 2009 betreffend zu Unrecht erhaltene Alimenten enthalte hingegen keine Angaben zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung, weshalb auf das Datum der Rechtskraft (8. November 2009) abzustellen sei. Folglich sei der gesamte Betrag von Fr. 22'762.20 bei Anhebung der Betreibung am 14. April 2016 (Datum der Zustellung des Zahlungsbefehls) ohne Weiteres fällig gewesen (Urk. 13 S. 3 f.).

    Zu prüfen sei indes die von der Gesuchsgegnerin sinngemäss aufgeworfene Frage, ob die Forderung nicht verjährt bzw. verwirkt sei. Das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) enthalte einzig eine Frist für die Festsetzung von Rückforderungen von Sozialversicherungen und Sozialhilfen, nicht jedoch für die Vollstreckung einer rechtskräftig festgesetzten Rückforderung. Gemäss Lehre und Rechtsprechung verwirke die Vollstreckung von Rückerstattungsforderungen in analoger Anwendung von Art. 16 Abs. 2 AHVG fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Verfügung Rechtskraft erlangt habe. Vorliegend habe die fünfjährige Verwirkungsfrist am 1. Januar 2010 zu laufen begonnen. Die Anhebung der Betreibung sei erst am 14. April 2016 erfolgt und damit nach Ablauf der Verwirkungsfrist. Demzufolge sei der Rückerstattungsanspruch der Gesuchstellerin verwirkt und das Rechtsöffnungsbegehren abzuweisen (Urk. 13 S. 5 f.).

  3. Die Gesuchstellerin führt in ihrer Beschwerde aus, das kantonale Sozialhilfegesetz regle lediglich die Frist, innert der die Verwaltung einen Rückerstattungsbeschluss zu erlassen habe (mit Hinweis auf § 30 Sozialhilfegesetz; SHG). Im Sozialhilferecht nicht geregelt sei die Verjährung in Bezug auf die Vollstreckung eines formell rechtskräftigen Rückerstattungsbeschlusses. Mangels spezialrechtlicher Bestimmung gelange eine Verjährungsfrist von zehn Jahren zur Anwendung (mit Hinweis auf die Literatur). Die Anwendung einer fünfjährigen Verwirkungsfrist führe im Bereich der Vollstreckung eines rechtskräftigen Verwaltungsentscheids zu einem nicht nachvollziehbaren Ergebnis. Entsprechend verletze der angefochtene Entscheid das klare materielle Recht. Gerade mangels gesetzlicher Grundlage bei öffentlich-rechtlichen rechtskräftigen Rückerstattungsansprüchen einer Sozial-/Fürsorgebehörde könne von einer analogen Anwendung von Art. 127 OR ausgegangen werden. Das Rechtsgebiet der Sozialhilfe sei nicht deckungsgleich mit dem Rechtsgebiet der Sozialversicherungen und schon gar nicht mit dem AHV-Rechtsgebiet. Im Übrigen sei selbst im Sozialversicherungsrecht eine zehnjährige Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach Art. 52 AHVG etabliert worden. Auch das Obergericht des Kantons Zürich habe in einem Entscheid vom 9. Dezember 2010 eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäss Art. 127 OR explizit festgehalten (Urk. 12

    S. 2 f).

  4. Unrechtmässig bezogene Sozialhilfeleistungen sind zurückzuerstatten (§ 26 SHG). Gemäss § 30 Abs. 2 SHG verjährt die Rückerstattungsforderung fünf Jahre, nachdem die Fürsorgebehörde von ihrem Entstehen Kenntnis erhalten hat (Ausnahme vorbehalten). Sodann können Leistungen, die im Zeitpunkt der Rückerstattungsverfügung mehr als 15 Jahre zurückliegen (Ausnahmen vorbehalten), nicht zurückgefordert werden (§ 30 Abs. 1 SHG). Nicht streitig ist, dass mit den Rückerstattungsverfügungen vom 23. April 2009 und 28. September 2009 die zuständige Sozialbehörde die Frist der Festsetzungsverwirkung gemäss § 30 SHG gewahrt hat.

  5. Davon zu unterscheiden ist die Verwirkung der Vollstreckung. Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz unterliegen öffentlich-rechtliche Forderungen auch beim Fehlen einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung der Verjährung Verwirkung. Fehlen Vorschriften zur Verjährung, so hält sich der Richter vorab an die Regeln, die der Gesetzgeber im öffentlichen Recht für verwandte Tatbestände aufgestellt hat; mangels entsprechender Regelungen sind die allgemeinen (zivilrechtlichen) Grundsätze über die Verjährung heranzuziehen, wonach für einmalige Leistungen eine zehnjährige, für periodische eine fünfjährige Frist gilt (BGE 140 II 384 E. 4.2 m.H.).

  6. Die Vorinstanz bezog sich auf das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Dieses regelt in Art. 25 ATSG die Rückforderung von unrechtmässig bezogenen Leistungen, enthält indessen keine Aussagen zur Vollstreckung einer rechtskräftig festgesetzten Rückforderung. Gemäss der Rechtsprechung gilt jedoch für die Vollstreckung rechtskräftig festgesetzter Rückforderungen eine fünfjährige Verwirkungsfrist (BGer 9C_320/2014 vom 29. Januar 2015, E. 2.2 m.H.). Daneben hat die neuere Rechtsprechung aber ebenso festgelegt, dass die Frist für die Vollstreckungsverwirkung für Beiträge von Art. 16 Abs. 2 AHVG in Änderung der Praxis nicht analog auch für Schadenersatzforderungen nach Art. 52 AHVG gilt; vielmehr ist die zehnjährige Frist von Art. 137 Abs. 2 OR analog anwendbar (vgl. BGE 131 V 4 Regeste). Art. 52 AHVG beschlägt die Haftung des Arbeitgebers, welcher durch absichtliche grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zufügt. Zudem hat das Bundesgericht entschieden, dass für die Vollstreckung rechtskräftig zugesprochener Leistungen eine zehnjährige absolute Verwirkungsfrist gilt (BGE 127 V 209 E. 2a).

  7. Die Gesuchstellerin kritisiert die von der Vorinstanz gemachte Analogie zum Sozialversicherungsrecht. Der Analogieschluss setzt hinreichend gleich gelagerte Verhältnisse voraus (BGE 129 V 30 E. 2.2). Die Analogie hat somit zu berücksichtigen, dass jener Regelungszusammenhang, für den eine Vorschrift im positiven Recht existiert, und jene Thematik, welche durch das Fehlen einer gesetzlichen Norm gekennzeichnet ist und für die sich die Frage der analogieweisen Heranziehung der anderen Regel stellt, hinreichende sachliche Gemeinsamkeiten aufweisen müssen.

  8. Rückerstattungsentscheid vom 28. September 2009

    1. Im Rückerstattungsentscheid vom 28. September 2009 wurde die Gesuchsgegnerin im Sinne von § 26 lit. b SHG verpflichtet, die ihr ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe im Betrag von Fr. 24'600.-, abzüglich geleistete Zahlungen, zurückzuerstatten. Die Schuld setzt sich aus den monatlichen Alimente und den Kinderzulagen zusammen (Urk. 2/3). Ratio legis von § 26 SHG und Art. 25 Abs. 1 ATSG ist die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes. Und sowohl die sozialversicherungsrechtlichen Leistungen im Sinne von Taggeldern und Renten (Art. 15 ATSG) wie auch die zu Unrecht ausgerichteten Alimente gemäss Sozialhilfegesetz sind periodisch wiederkehrende Leistungen öffentlich-rechtlicher Natur. Insofern bestehen zweifelsohne sachliche Gemeinsamkeiten. Jedenfalls ist es weder eine Schadenersatzforderung im Sinne von Art. 52 AHVG, noch handelt es sich um rechtskräftig zugesprochene Leistungen, die der Staat schuldet.

    2. Der Einwand der Gesuchstellerin, die Sozialhilfe könne nicht mit den Sozialversicherungen verglichen werden, ist gleichwohl zu prüfen. Während die Versicherungsleistungen vorwiegend aus Beiträgen und Prämien der Versicherten (und mitunter der Arbeitgeber) finanziert werden und die wirtschaftlichen Folgen sozialer Risiken wie Arbeitslosigkeit, Alter Krankheit absichern, bezweckt die mit Geldern der öffentlichen Hand finanzierte Sozialhilfe wirtschaftliche Hilfe, wenn die betroffene Person für ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln nicht hinreichend aufkommen kann. Und während die Sozialversicherungen grundsätzlich bundesrechtlich geregelt sind, ist die vom Prinzip der Subsidiarität geprägte Sozialhilfe im kantonalen Recht verbrieft. Da in erster Linie auf diejenige Ordnung zurückzugreifen ist, die das öffentliche Recht für verwandte Fälle aufgestellt hat, wäre vorab eine gesetzliche Regelung im kantonalen Recht zu suchen. Soweit ersichtlich, lässt sich kein verwandter Sachverhalt finden. Würde man an die Mittelherkunft anknüpfen, also an das Kriterium, dass im zu beurteilenden Fall öffentliche Gelder zurückgefordert werden, zeigt sich, dass der Gesetzgeber zumindest im Bereich des Steuerrechts die Bezugsverjährung kodifiziert hat: Im kantonalen

      Recht verjähren Steuerforderungen fünf Jahre, nachdem die Einschätzung rechtskräftig geworden ist (§ 131 Abs. 1), und in jedem Fall zehn Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Steuern rechtskräftig festgesetzt worden sind (§ 131 Abs. 3). Das Gleiche trifft im Übrigen auf das Bundesrecht zu (Art. 121 DBG).

    3. Im Entscheid betreffend die Arbeitgeberorganhaftung nach Art. 52 AHVG begründete das Bundesgericht seine Praxisänderung u.a. damit, dass sich eine längere Frist (als die fünfjährige gemäss Art. 16 Abs. 2 AHVG) rechtfertige, da Schadenersatzforderungen oft fünfoder sechsstellige Summen ausmachten und deshalb häufig nicht innert einer fünfjährigen Frist abbezahlt werden könnten, sodass die Ausgleichskassen wiederum eines Teils ihrer Ansprüche verlustig gingen. Andrerseits bestehe aus Sicht der Rechtssicherheit kein Bedürfnis an einer kurzen Frist, weil die Verhältnisse nach der rechtskräftigen Festsetzung des Schadenersatzes klar seien (BGE 131 V 4 E. 3.4). Aus diesen Argumenten lässt sich für den vorliegenden Fall nichts gewinnen. Gerade der Umstand, dass der geschuldete Betrag aufgrund der Verwaltungsverfügung rechtskräftig feststeht, legt es nahe, dass die zuständige Behörde nicht untätig bleibt, sondern den Vollzug der von ihr erlassenen Verfügungen vorantreibt. Dass auch das Gemeinwesen nach Treu und Glauben gehalten ist, nicht unbesehen zuzuwarten, spiegelt sich in der Rechtsprechung, wonach die Verjährung von Amtes wegen beachtet werden muss, wenn der Staat Gläubiger ist (BGE 138 II 169 E. 3). Diese Regelung zielt auf den Schutz des Privaten gegenüber den Verwaltungsbehörden, die ihrer Aufgabe zur Geltendmachung der Forderung nicht nachgekommen sind (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allg. Verwaltungsrecht, 7. Aufl., Zürich 2015, N 776).

      8.4. Die Gesuchstellerin trägt schliesslich vor, dass jede kürzere als die zehn Jahre dauernde Frist eine Privilegierung der Schuldnerin darstelle, denn es sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese für den von ihr verursachten Schaden bzw. ihre Schuld nicht ebenso lange soll belangt werden können wie für jede andere Forderung (Urk. 12 S. 3). Diese Auffassung vertritt das Bundesgericht im genannten Entscheid zur Arbeitgeberorganhaftung. Wie dargelegt, unterscheidet die Rechtsprechung zwischen der Vollstreckungsfrist für die Rückerstattung von unrechtmässigen Leistungen und Beiträgen einerseits und der Geltendmachung von

      Schadenersatzforderungen andrerseits. Das Argument der Privilegierung liesse sich auch bei der Rückerstattung anführen. Dennoch hat die Praxis entschieden, die bereits vor Inkrafttreten des ATSG geltende Rechtsprechung für die Vollstreckung von Rückerstattungsforderungen auch unter der Herrschaft des ab 1. Januar 2003 in Kraft tretenden Rechts zu bestätigen (vgl. Urteil Eidg. Versicherungsgericht I 721/05 vom 12.05.2006, E. 2.3).

      8.5 Nach dem Gesagten sprechen gute Gründe dafür, die Vollstreckungsfrist für die Rückerstattung der ausgerichteten Sozialhilfe in analoger Anwendung der Rechtsprechung zu Art. 25 ATSG auf fünf Jahre zu bemessen. Selbst wenn die privatrechtlichen Bestimmungen herangezogen werden, ist auf das Hauptmerkmal der periodischen Leistungen abzustellen und in Analogie zu Art. 128 OR die Verwirkungsfrist ebenfalls auf fünf Jahre festzulegen. Folglich hat die Vorinstanz zu Recht erkannt, dass die Frist für die Geltendmachung vor Anhebung der Betreibung verwirkt war, weshalb das Rechtsöffnungsbegehren soweit es die Verfügung vom 28. September 2009 betrifft abzuweisen ist.

  9. Rückerstattungsentscheid vom 23. April 2009

    1. Mit Verfügung vom 23. April 2009 wurde die Gesuchsgegnerin verpflichtet, das ihr gewährte Mietzinsdepot im Betrag von Fr. 2'000.bei Einstellung der Sozialhilfe zurückzubezahlen (Urk. 2/2). Das Mietzinsdepot wurde im Sinne eines Darlehens gewährt, und zwar gekoppelt an die Ausrichtung der Sozialhilfe. Da bei dieser Verfügung nicht die zu Unrecht ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe im Sinne von periodischen Leistungen im Vordergrund steht, sondern das Darlehen an sich, ist auf die privatrechtlichen Bestimmungen abzustellen. Demzufolge ist die Frist für die Verwirkung auf zehn Jahre zu bemessen. Der geltend gemachte Betrag gemäss Verfügung vom 23. April 2009 in Höhe von Fr. 2'000.war daher bei Anhebung der Betreibung nicht verwirkt.

    2. Gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG ist bei Vorhandensein eines geeigneten Titels definitive Rechtsöffnung zu erteilen, falls der Betriebene nicht durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des als Rechtsöffnungstitel dienenden Entscheids getilgt gestundet worden ist, er die Verjährung anruft. Nach

      ausdrücklicher Gesetzesvorschrift darf der Richter im Rechtsöffnungsverfahren die Einrede der Tilgung nur anerkennen, wenn dafür der Urkundenbeweis erbracht wird.

    3. Die Gesuchsgegnerin macht geltend, dass sie das Mietzinsdepot im Betrag von Fr. 3'704.80 bereits zurückbezahlt habe (Urk. 21 S. 2). Demgegenüber lässt sich dem Rückerstattungsentscheid vom 28. September 2009 entnehmen, dass die Sozialbehörde den bereits bezahlten Betrag von Fr. 3'704.80 an den Betrag von Fr. 24'600.für bezogene Alimente / Kinderzulagen angerechnet hatte und eine Restschuld von Fr. 20'895.20 verblieb (Urk. 2/3). Diese Urkunde ist für das vorliegende Verfahren verbindlich, da allfällige Einwendungen gegen die Anrechnung auf dem Rechtsmittelweg gegen die Verfügung vom 28. September 2009 hätten vorgebracht werden müssen. Anzufügen bleibt, dass die Gesuchstellerin auch weitere von der Gesuchsgegnerin geleistete Fr. 133.bei der Anhebung der Betreibung in Abzug gebracht hat (Urk. 2/3 S. 3).

    4. Die weiteren Vorbringen der Gesuchsgegnerin betreffen den Bestand der Forderung und können im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden.

  10. Zusammenfassend ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Gesuchstellerin definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 2'000.zu erteilen. Im Mehrbetrag ist das Rechtsöffnungsbegehren abzuweisen. Für die Betreibungskosten kann keine Rechtsöffnung erteilt werden, weil hierfür kein Rechtsöffnungstitel vorliegt. Ohnehin ist aber eine Rechtsöffnung auch überflüssig, weil gemäss Art. 68 Abs. 2 SchKG von den Zahlungen des Schuldners die Kosten vorab erhoben werden können, womit diese im Ergebnis zur Schuld geschlagen werden und vom Schuldner zusätzlich zum Betrag, welcher dem Gläubiger zugesprochen worden ist, zu bezahlen sind (BGer 5A_455/2012 vom 5. Dezember 2012, Erw. 3). Zu den Betreibungskosten zählen auch die Spruchgebühr und die Parteientschädigung des Rechtsöffnungsverfahrens.

  11. Trifft die Rechtsmittelinstanz einen neuen Entscheid, so entscheidet sie auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 318 Abs. 3 ZPO analog). Die Höhe der Gerichtsgebühr blieb unangefochten (Urk. 13 S. 16,

Dispositiv-Ziffer 2). Die Gesuchstellerin unterliegt zu mehr als 90 %. Es erscheint daher vertretbar, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich der Gesuchstellerin aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung an die Gesuchsgegnerin ist nicht geschuldet, da die Voraussetzungen von Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO nicht erfüllt sind. Dispositiv-Ziffer 3 und 4 sind somit zu bestätigen.

III.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind gestützt auf Art. 48 i.V.m.

Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 750.festzusetzen. Sie sind unter Hinweis auf den Ausgang des Verfahrens ebenfalls vollumfänglich der Gesuchstellerin aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist auch für das Beschwerdeverfahren mangels Umtrieben im Sinne von Art. 95 Abs. 3 ZPO nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Winterthur vom 17. Juni 2016 aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

    1. Der Gesuchstellerin wird in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Elgg (Zahlungsbefehl vom 4. April 2016) defini tive Rechtsöffnung erteilt für Fr. 2'000.-.

    Im Mehrbetrag wird das Rechtsöffnungsbegehren abgewiesen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 750.festgesetzt.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Gesuchstellerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 22'762.20.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 21. Dezember 2016

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz

versandt am: jo

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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