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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RT120021
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT120021 vom 22.02.2012 (ZH)
Datum:22.02.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung, aufschiebende Wirkung
Zusammenfassung : Das Obergericht des Kantons Zürich entschied in einem Fall bezüglich Rechtsöffnung und aufschiebender Wirkung. Der Beklagte hatte gegen die Rechtsöffnung geklagt, da er angab, die Zustellung der entsprechenden Dokumente nicht erhalten zu haben. Die Klägerin argumentierte jedoch, dass die Dokumente ordnungsgemäss zugestellt wurden. Das Gericht entschied letztendlich zugunsten der Klägerin und wies die Beschwerde des Beklagten ab. Der Richter, Dr. R. Klopfer, leitete das Urteil, die Gerichtskosten betrugen CHF 300.-, und die unterlegene Partei war männlich.
Schlagwörter : Entscheid; Abholung; Einsprache; Zustellung; Recht; Abholungseinladung; Beklagten; Einsprache-Entscheid; Rechtsöffnung; Sendung; Postfach; Urteil; Vorinstanz; Parteien; Abholfrist; Fehler; Vermutung; Bundesgericht; Bezirksgericht; Uster; Einsprache-Entscheids; Wohnsitz; Beschwerde-Entscheid; Rechtsöffnungstitel; Bezug; Briefkasten; Frist
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 327 ZPO ; Art. 55 ATSG ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE: BGE 9C_753/2007,;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT120021-O/U.doc

Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, die Oberrichterinnen Dr. M. Schaffitz und Dr. D. Scherrer sowie der Gerichtsschreiber lic. iur. B. Häusermann

Urteil vom 22. Februar 2012

in Sachen

A. ,

Beklagter und Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Ausgleichskasse B. ,

Klägerin und Beschwerdegegnerin

betreffend Rechtsöffnung, aufschiebende Wirkung

Erwägungen:

  1. Mit Urteil des Einzelgerichts am Bezirksgericht Uster vom 23. Januar 2012 wurde der Klägerin in der Betreibung Nr. des Betreibungsamts C. (Zahlungsbefehl vom 28. Juni 2011) gegen den Beklagten definitive Rechtsöffnung erteilt, primär für die Forderung von Fr. 8'536.05 (Urk. 27 S. 11). Dieses Urteil wurde den Parteien am 2. Februar 2012 zugestellt (Urk. 28). Für den Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens kann auf die entsprechenden Erwägungen im erwähnten Urteil verwiesen werden (Urk. 27 S. 2).

    Mit Eingabe vom 13. Februar 2012 erhob der Beklagte fristgerecht Beschwerde mit folgendem Rechtsbegehren (Urk. 29 S. 2):

    1. Es sei das Urteil des Bezirksgerichtes Uster vom 23. Januar 2012 aufzuheben und es sei das Rechtsöffnungsbegehren abzuweisen;

    2. Es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen;

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Klägerin.

    1. Die Klägerin stützt ihr Rechtsöffnungsbegehren auf zwei von ihr erlassene Entscheide, konkret auf die Schadenersatzverfügung vom 11. März 2011 und den Einsprache-Entscheid vom 29. April 2011 (Urk. 1 S. 1 f.; Urk. 2/12, Urk. 2/4). Die Vorinstanz erwog im angefochtenen Urteil, der Einsprache-Entscheid der Klägerin sei am 29. April 2011 eingeschrieben versandt und nach der am 9. Mai 2011 ungenutzt abgelaufenen Abholfrist an die Klägerin retourniert worden. Der Beklagte wäre in der Lage gewesen, vom Inhalt des Einsprache-Entscheids Kenntnis zu nehmen. Zudem sei er schon mit seiner Einsprache gegen die Verfügung vom 11. März 2011 Partei eines streitigen Sozialversicherungsverfahrens geworden und habe deshalb mit der Zustellung des Einsprache-Entscheids rechnen müssen. Er hätte dafür sorgen müssen, dass ihm behördliche Akte zugestellt werden könnten. Der Briefumschlag einer eingeschriebenen Sendung, der datiert, mit einer Abholfrist und dem Vermerk nicht abgeholt versehen sowie unterzeichnet ist, erbringe den Nachweis, dass eine Abholungseinladung nach erfolglosem Zustellungsversuch der Sendung am Wohnsitz des Beklagten in dessen Machtbereich gelangt sei. Der EinspracheEntscheid gelte daher am letzten Tage der Abholfrist, vorliegend am 9. Mai 2011, als zugestellt. Es könne offen bleiben, ob der Einsprache-Entscheid, wie von der Klägerin behauptet, zusätzlich mit gewöhnlicher Post an den Beklagten gesandt wurde und den Fristenlauf zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Beschwerde-Entscheid ausgelöst habe. Die Verfügung vom 11. März 2011 und der Einsprache-Entscheid vom 29. April 2011 stellten somit einen definitiven (vollstreckbaren) Rechtsöffnungstitel für die Schadenersatzforderung von Fr. 8'536.05 dar (Urk. 27 und Urk. 30, je S. 5-7 bzw. Erw. 2.2).

    2. Der Beklagte hält dem mit seiner Beschwerde entgegen, er und seine Ehefrau seien in der Regel nicht zuhause. Deshalb sei die Post beauftragt worden, alle Sendungen ins Postfach zu legen. Mit Bezug auf die Schadenersatzverfügung vom 11. März 2011 sei eine Abholungseinladung im Postfach gelegen. Mit Bezug auf den Einsprache-Entscheid vom 29. April 2011 sei dies nicht der Fall gewesen. Die Postmitarbeiter, die ihn alle persönlich und gut kennen würden, hätten auch nichts von einer Abholungseinladung erwähnt. Es sei nicht versucht worden, ihm (dem Kläger) den Einsprache-Entscheid am Wohnsitz zuzustellen. Die Vorinstanz gehe von der Annahme aus, dass Postbeamte keinen Fehler machten und eine Abholungseinladung nicht beispielsweise in ein falsches Postfach legen könnten. Entgegen dieser unzutreffenden Fiktion könne jedoch eine Abholungseinladung bei der Post verlegt, in den falschen Briefkasten in das falsche Postfach gelegt werden generell abhanden kommen. Es werde nicht überprüft, ob eine Abholungseinladung ordnungsgemäss an den Adressaten gelangt sei. Nach Ablauf der Abholungsfrist werde lediglich festgestellt, dass eine eingeschriebene Sendung innert Frist nicht abgeholt wurde, und hernach die eingeschriebene Sendung, datiert und mit dem entsprechenden Vermerk versehen, dem Absender retourniert. Bei umstrittener Zustellung habe die Absenderin den vollen Nachweis der Zustellung zu erbringen. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass ihm (dem Beklagten) eine Einladung zur Abholung des Einsprache-Entscheids in den Briefkasten in das Postfach gelegt worden sei. Die Zustellungsfiktion komme nicht zum Tragen. Es liege kein definitiver Rechtsöffnungstitel vor (Urk. 29 S. 4f., Ziff. 9 ff.).

  1. Mit dem Beschwerde-Entscheid der Klägerin vom 29. April 2011 liegt ein sozialversicherungsrechtlicher Entscheid vor. Somit gilt der Grundsatz, wonach bei bestehendem Prozessverhältnis die Zustellung einer eingeschriebenen Sendung spätestens am siebten Tag nach dem ersten Zustellversuch als erfolgt gilt (Art. 38 Abs. 2bis ATSG; Art. 55 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 20 Abs. 2bis VwVG). Es ist unbestritten und aktenkundig (Urk. 2/12, Urk. 2/13), dass der Beklagte mit der Zustellung des Beschwerde-Entscheids rechnen musste, d.h. dass ein Prozessrechtsverhältnis bestand. Nach seinen eigenen Ausführungen in der Beschwerdeschrift hat es der Beklagte mitveranlasst und deshalb auch zu verantworten, dass keine Zustellversuche an seinem Wohnsitz unternommen wurden, sondern Abholungseinladungen direkt in sein Postfach gelegt wurden (vgl. oben, Ziff. 2.2). Es ist unbestritten bzw. belegt, dass der EinspracheEntscheid vom 29. April 2011 gleichentags (also an einem Freitag) eingeschrieben an die rubrizierte Adresse des Beklagten versandt und die Sendung nach Ablauf der ungenutzten Abholfrist bis Montag, den 9. Mai 2011, an die Klägerin retourniert wurde (Urk. 2/4, Urk. 2/5). Unter diesen Voraussetzungen gilt in der Praxis die widerlegbare - Vermutung, dass die zuständige Person der Post die Abholungseinladung (Avis) ordnungsgemäss in den Briefkasten im vorliegenden Fall in das Postfach des Empfängers gelegt und das Zustelldatum korrekt eingetragen hat. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Abholungseinladung spätestens am Montag, den 2. Mai 2011, in das Postfach des Beklagten gelegt wurde. Für Abweichungen von dieser Vermutung erfolgt eine Umkehr der Beweislast in dem Sinn, als bei Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten derjenigen Partei ausfällt, die den Erhalt der Abholungseinladung bestreitet (vgl. zum Ganzen BGE 9C_753/2007, mit zahlreichen Hinweisen, sowie mit Bezug auf die fingierte Zustellung von [privatrechtlichen] Entscheiden nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO - den Entscheid der Kammer vom 15. Juni 2011, Geschäfts-Nr. RT110066, Erw. 4).

    Es sind keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich, die dafür sprechen, dass im vorliegenden Fall der für die Ausund Zustellung der Abholungseinladung zuständigen Person ein Fehler unterlaufen wäre. Dass solche Fehler bei einem Massengeschäft wie der Zustellung von eingeschriebenen Sendungen

    unterlaufen, entspricht dem natürlichen Lauf der Dinge. Trotzdem hat sich die vorstehend wiedergegebene Praxis entwickelt. Der blosse Hinweis des Beklagten auf die generelle Möglichkeit/Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Zustellung vermag daher an der erwähnten Vermutung bzw. Beweislastumkehr nichts zu ändern. Dass das Personal der Post deren Kunden nicht im Einzelfall persönlich auf Abholungseinladungen hinweist, bildet die Regel. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es sich vorliegend anders verhalten sollte. Der Beklagte kann daher auch aus dem diesbezüglichen Hinweis nichts zu seinen Gunsten ableiten. Mangels substantiierter Einwände gegen die Vermutung sowie entsprechender Beweisofferten ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, den Einsprache-Entscheid der Klägerin vom 29. April 2011 zur Kenntnis zu nehmen. Die Zustellung hat im Einklang mit der erwähnten Praxis als per 9. Mai 2011 erfolgt zu gelten. Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines definitiven Rechtsöffnungstitels zu Recht bejaht. Anderweitige Gründe, weshalb der Klägerin die definitive Rechtsöffnung zu Unrecht erteilt worden wäre, wurden vom Beklagten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

  2. Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet. Entsprechend ist sie - und mit ihr das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung in Anwendung von Art. 322 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 327 Abs. 2 ZPO ohne Weiterungen abzuweisen.

  3. Ausgangsgemäss wird der Beklagte kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Spruchgebühr ist in Anwendung von Art. 48 GebV SchKG auf Fr. 300.festzusetzen. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung; der Klägerin erwuchs kein erheblicher Aufwand. Entsprechend sind für das Beschwerdeverfahren keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Das Gesuch des Beklagten, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, wird abgewiesen.

  3. Die Spruchgebühr wird auf Fr. 300.festgesetzt.

  4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Beklagten auferlegt

  5. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage der Doppel von Urk. 29, 30 und 31/2-5, sowie an das Bezirksgericht Uster, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 9'182.05.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 22. Februar 2012

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber: lic. iur. B. Häusermann

versandt am: js

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