Zusammenfassung des Urteils RT110060: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gemeinde X beantragte am 8. März 2001 die definitive Rechtsöffnung für Unterhaltsbeiträge in Höhe von Fr. 16'301.-, die der Gesuchsgegner aufgrund eines genehmigten Unterhaltsvertrags schuldete. Das Einzelgericht wies das Begehren ab, aber das Obergericht gab der Beschwerde der Gemeinde statt. Es wurde festgestellt, dass die Verjährung der Forderung nicht begonnen hatte, da sie nicht vor einem schweizerischen Gericht geltend gemacht werden konnte. Der Gesuchsgegner hatte seinen Wohnsitz während dieser Zeit im Ausland. Die Vorinstanz entschied, dass die Verjährung während der Auslandsaufenthalte des Gesuchsgegners nicht stillstand und die Beschwerde daher gutgeheissen werden sollte.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RT110060 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 20.09.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Definitive Rechtsöffnung für eine Forderung, die sich aus einem Unterhaltsvertragergibt. Einrede der Verjährung. |
Schlagwörter : | Unterhalt; Recht; Rechtsöffnung; Forderung; Schweiz; Gesuchsgegner; Verjährung; Unterhaltsvertrag; SchKG; Vorinstanz; Gericht; Betreibung; Wohnsitz; Ausland; Vollstreckung; Rechtsöffnungstitel; Leistung; Vollstreckungsverfahren; Arrestgegenstände; Urteil; Spanien; Kindes; Gesuchsgegners; Unterhaltsklage; Rechtsöffnungsverfahren; Vormundschaftsbehörde; Unterhaltsbeiträge; Verfügung |
Rechtsnorm: | Art. 131 OR ;Art. 287 ZGB ;Art. 46 KG ;Art. 52 KG ;Art. 79 IPRG ;Art. 81 KG ; |
Referenz BGE: | 134 III 294; |
Kommentar: | Stephen V. Berti, Zürcher 3. Auflage, Zürich, 2002 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Bei einem von der Vormundschaftsbehörde genehmigten öffentlich beurkundeten Unterhaltsvertrag handelt es sich um einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinn von Art. 80 Abs. 2 Satz 2 SchKG (E. 1).
Periodisch geschuldete Forderungen wie Unterhaltsbeiträge verjähren mit Ablauf von fünf Jahren seit Fälligkeit der ersten rückständigen Leistung (Art. 128 Ziff. 1
i.V.m. Art. 131 Abs. 1 OR). Die Verjährung beginnt jedoch nicht bzw. steht still, solange die Forderung vor einem schweizerischen Gericht nicht geltend gemacht werden kann (Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR). Ein Vollstreckungsverfahren vor einem schweizerischen Gericht ist so lange ausgeschlossen, als der Schuldner seinen Wohnsitz im Ausland hat (Art. 46 SchKG) bzw. keine Arrestgegenstände in der Schweiz bekannt sind (Art. 52 SchKG). Während dieser Zeit beginnt die Verjährung nicht, bzw. sie steht still (E. 2).
Sachverhalt:
Am 8. März 2001 ersuchte die Gesuchstellerin (Gemeinde X) das Einzelgericht um definitive Rechtsöffnung für bevorschusste Unterhaltsbeiträge im Betrag von Fr. 16'301.-, die der Gesuchsgegner aufgrund eines von der Vormundschaftsbehörde genehmigten Unterhaltsvertrages schuldet. Mit Urteil vom 6. April 2011 wies das Einzelgericht das Rechtsöffnungsbegehren ab. Eine von der Gesuchstellerin gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde hiess das Obergericht gut.
Aus den Erwägungen:
Die Vorinstanz ging im angefochtenen Urteil zutreffend und unangefochten davon aus, dass es sich beim Unterhaltsvertrag vom 25. April 1995 um ei-
nen definitiven Rechtsöffnungstitel handelt. Da der Unterhaltsvertrag von der Vormundschaftsbehörde zu genehmigen ist (Art. 287 Abs. 1 ZGB), ist von einer einem gerichtlichen Entscheid gleichgestellten - Verfügung einer Verwaltungsbehörde auszugehen (Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG). Unbestritten sind auch der Bestand und die Höhe der in Betreibung gesetzten Forderung.
Gegen die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung erhob der Gesuchsgegner die Einwendung der Verjährung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die in Betreibung gesetzte Forderung resultiere aus Alimentenzahlungen im Zeitraum von Dezember 1996 bis Juli 1999; da es sich dabei um periodische Leistungen im Sinn von Art. 128 Ziff. 1 OR handle, welche in fünf Jahren verjährten, sei die in Betreibung gesetzte Forderung bereits verjährt.
Gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG wird die definitive Rechtsöffnung für eine auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel beruhenden Forderung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt gestundet worden ist, wenn er die Verjährung anruft.
Forderungen für periodische Leistungen verjähren mit Ablauf von fünf Jahren seit Fälligkeit der ersten rückständigen Leistung (Art. 128 Ziff. 1
i.V.m. Art. 131 OR). Allerdings beginnt eine Verjährung nicht bzw. steht
still, falls sie begonnen hat, solange eine Forderung vor einem schweizerischen Gericht nicht geltend gemacht werden kann (Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die in Betreibung gesetzte Forderung, welche aus Alimentenzahlungen im Zeitraum von Dezember 1996 bis Juli 1999 resultiert, vor dem Hintergrund der fünfjährigen Verjährungsfrist an sich bereits verjährt wäre. Umstritten ist einzig die Frage, ob die Verjährung nicht begann, weil die Forderung nicht vor einem Schweizer Gericht geltend gemacht werden konnte.
In tatsächlicher Hinsicht war im erstinstanzlichen Verfahren die Darstellung der Gesuchstellerin unbestritten, dass der Gesuchsgegner per
30. Juni 1996 nach Spanien ausreiste, sich am 13. November 2004 wieder in Zürich anmeldete, bevor er am 19. Mai 2006 erneut nach Spanien ausreiste; per 16. September 2008 reiste der Gesuchsgegner wieder in die Schweiz ein und lebt seither ununterbrochen in der Gemeinde Y.
Vor dem Hintergrund dieses Sachverhaltes ging die Vorinstanz in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass gemäss Art. 81 lit. a i.V.m. Art. 79 Abs. 1 IPRG die Möglichkeit bestanden habe, den Gesuchsgegner am Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort des unterhaltsberechtigten Kindes - und damit in der Schweiz einzuklagen. Aus diesem Grund sei die Voraussetzung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR nicht erfüllt und die Verjährungsfrist sei während den Auslandsaufenthalten des Gesuchsgegners nicht still gestanden bzw. habe während dieser Zeit zu laufen begonnen.
Gegen diese Rechtsauffassung wendet die Gesuchstellerin im Beschwerdeverfahren ein, die Vorinstanz verkenne, dass es nicht um die Erhebung einer Unterhaltsklage, sondern um die Vollstreckung der Forderung gegangen sei; für ein betreibungsrechtliches Verfahren sei in der Schweiz aber kein Gerichtsstand zu Verfügung gestanden, weshalb die Verjährung während den Auslandsaufenthalten des Gesuchsgegners geruht habe.
Zu Recht kritisiert die Beschwerdeführerin die Begründung der Vorinstanz:
Die Vorinstanz hält zwar zutreffend fest, dass für eine Unterhaltsklage betreffend Kinderunterhalt ein forum am gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. am Wohnsitz des Kindes in der Schweiz zur Verfügung stehen würde (Art. 79 Abs. 1 IPRG). Ferner bestehe auch ein Gerichtsstand für die Beurteilung von Ansprüchen, die vom bevorschussenden Ge-
meinwesen geltend gemacht werden (Art. 81 lit. a IPRG). Allerdings übersieht die Vorinstanz, dass im vorliegenden Fall für eine Unterhaltsklage gar kein Anlass besteht. Der Unterhaltsanspruch des Kindes wurde nämlich im Unterhaltsvertrag vom 25. April 1995 abschliessend geregelt. Wie erwähnt handelt es sich dabei auch nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz - um einen definitiven Rechtsöffnungstitel. Wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes aufgrund des Unterhaltsvertrages bereits feststand, bestand kein Raum für ein zusätzliches Erkenntnisverfahren.
Es könnte sich daher höchstens die Frage stellen, ob während der Auslandsabwesenheit des Gesuchsgegners für die durch den Unterhaltsvertrag bereits verbindlich festgesetzten Unterhaltsbeiträge ein Vollstreckungsverfahren (definitives Rechtsöffnungsverfahren) in der Schweiz hätte durchgeführt werden können. Wenn Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR einen Stillstand der Verjährung vorsieht, falls es ausgeschlossen ist, eine Forderung vor einem schweizerischen Gericht geltend zu machen, trifft dies nicht nur auf Erkenntnis-, sondern auch auf Vollstreckungsverfahren zu (Stephen V. Berti, Zürcher Kommentar,
3. Auflage, Zürich 2002, N 21 zu OR 134, mit zahlreichen Hinweisen). Da gemäss Art. 46 Abs. 1 SchKG die Betreibung am Wohnsitz des Schuldners zu führen ist, wäre ein Rechtsöffnungsverfahren in der Schweiz ausgeschlossen gewesen, solange der Gesuchsgegner seinen Wohnsitz in Spanien hatte. Allenfalls hätte gestützt auf Art. 52 SchKG eine Betreibung in der Schweiz erfolgen können, wenn die Gesuchstellerin sichere Kenntnisse von Arrestgegenständen in der Schweiz gehabt hätte (BGE 134 III 294 E. 1.1 S. 296). Das Vorliegen von solchen Arrestgegenständen hat der Gesuchsgegner im erstinstanzlichen Rechtsöffnungsverfahren jedoch nicht behauptet, weshalb auch nicht von der Möglichkeit einer Betreibung an einem allfälligen Arrestort ausgegangen werden kann.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für eine Unterhaltsklage in der Schweiz (Erkenntnisverfahren) kein Raum bestand, weil der bevorschusste Unterhalt schon abschliessend im Unterhaltsvertrag vom 25. April 1995 festgesetzt war. Und für ein Rechtsöffnungsverfahren in der Schweiz (Vollstreckungsverfahren) bestand keine Möglichkeit, weil der Gesuchsgegner Wohnsitz in Spanien hatte und keine Arrestgegenstände in der Schweiz behauptet wurden. Die Verjährung stand während der Auslandsabwesenheiten des Gesuchsgegners still (Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR). Aus diesen Gründen ist die Auffassung der Vorinstanz, dass die vom Gesuchsgegner erhobene Einwendung der Verjährung zu schützen sei, nicht richtig und die Beschwerde daher gutzuheissen.
Obergericht, I. Zivilkammer Urteil vom 20. September 2011
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