Zusammenfassung des Urteils RB240003: Obergericht des Kantons Zürich
Die Firma P.________ SA hat gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Beschwerde eingelegt, das sie zur Zahlung eines Betrags an E.________ verpflichtet. E.________ hatte auf ausstehenden Lohn geklagt, den die Firma bestritt und zusätzlich Schäden am Material geltend machte. Das Gericht entschied zugunsten von E.________ und verurteilte P.________ SA zur Zahlung. Die Firma legte daraufhin fristgerecht Beschwerde ein, jedoch genügte die Begründung nicht den Anforderungen. Die Beschwerde wurde als unzulässig erklärt, und die Gerichtskosten der zweiten Instanz wurden nicht erhoben.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RB240003 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 12.03.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung (Kosten- und Entschädigungsfolgen) |
Schlagwörter : | Vorinstanz; Wohnsitz; Gericht; Beklagten; Parteien; Klage; Entscheid; Gerichtskosten; Beschwerdeverfahren; Anschein; Anmeldung; Schlichtungsverhandlung; Verfahren; Parteientschädigung; Verhalten; Schlichtungsverfahren; Beschluss; Disp-Ziff; Bezirk; Prozesskosten; Bundesgericht; Obergericht; Rechtsanwalt; Meilen |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 108 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RB240003-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender,
Oberrichterin Dr S. Janssen und Ersatzoberrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiber lic. iur. F. Rieke
Urteil vom 12. März 2024
in Sachen
,
Beklagter und Beschwerdeführer
vertreten durch Rechtsanwalt Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Klägerin und Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Forderung (Kosten- und Entschädigungsfolgen)
Erwägungen:
a) Am 28. Februar 2023 reichte die Klägerin beim Bezirksgericht Meilen (Vorinstanz) gegen den Beklagten eine Forderungsklage über Fr. 94'691.-- nebst Zins ein (Urk. 2; unter Beilage der entsprechenden Klagebewilligung, Urk. 1). Mit Beschluss vom 9. Januar 2024 (Urk. 36 = Urk. 39) trat die Vorinstanz auf die Klage nicht ein (Disp.-Ziff. 1), setzte die Entscheidgebühr auf Fr. 4'250.-fest (Disp.-Ziff. 2), auferlegte die Gerichtskosten (inkl. Kosten des Schlichtungsverfahrens von Fr. 420.--) den Parteien je zur Hälfte (Disp.-Ziff. 3) und sprach keine Parteientschädigungen zu (Disp.-Ziff. 4).
Gegen diesen (ihm am 12. Januar 2024 zugestellten; Urk. 37/1) Beschluss erhob der Beklagte am 12. Februar 2024 fristgerecht Beschwerde und stellte den Beschwerdeantrag (Urk. 38 S. 2):
Die Ziff. 3 und 4 des Beschlusses vom 9. Januar 2024 seien aufzuheben, die Gerichtskosten (inkl. der Kosten des Schlichtungsverfahrens) seien der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 11'651.00 zuzüglich Mehrwertsteuer zu bezahlen.
? unter Kosten- und Entschädigungsfolge ?
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-37). Der Beklagte hat den ihm auferlegten Gerichtskostenvorschuss von Fr. 2'440.-fristgerecht geleistet (Urk. 40 und 41). Da sich die Beschwerde sodann sogleich als unbegründet erweist, kann auf weitere Prozesshandlungen verzichtet werden (vgl. Art. 322 Abs. 1 ZPO).
a) Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Dabei bedeutet Geltendmachung, dass in der Beschwerde dargelegt werden muss, was genau am angefochtenen Entscheid unrichtig sein soll. Das Beschwerdeverfahren ist nicht einfach eine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern es dient der überPrüfung des angefochtenen Entscheids anhand von konkret dagegen vorgebrachten Beanstandungen. Die Beschwerde muss sich daher mit den EntscheidGründen der Vorinstanz konkret und im Einzelnen auseinandersetzen; eine blosse Darstellung der Sach- und/oder Rechtslage aus eigener Sicht genügt nicht. Was nicht rechtsgenügend beanstandet wird, braucht vom Obergericht nicht überpröft zu werden und hat insofern grundsätzlich Bestand.
Die Vorinstanz trat auf die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht ein. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche hätten ihren Ursprung im zahn?rztlichen Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Der Klägerin würden die Gerichtsstände am Wohnsitz des Beklagten und am Erfüllungsort zur Verfügung stehen. Da der Beklagte nie Wohnsitz im Bezirk Meilen gehabt habe und der Erfüllungsort der zahn?rztlichen Leistungen im Bezirk Zürich liege, sei die angerufene Vorinstanz örtlich unzuständig (Urk. 39 Erw. 3.9). Zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen erwog die Vorinstanz zusammengefasst, die Prozesskosten würden grundsätzlich der unterliegenden Partei auferlegt. Davon könne u.a. gemäss Art. 107 Abs. 1 lit. b ZPO abgewichen werden, wenn eine Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst gewesen sei. Solches könne etwa angenommen werden, wenn die obsiegende beklagte Partei durch ihr vorprozessuales Verhalten die Einleitung eines Verfahrens veranlasst habe, das hätte vermieden werden können. Dies sei namentlich der Fall, wenn die Einleitung des Verfahrens auf ein Verwirrung stiftendes Verhalten der obsiegenden beklagten Partei zurückgefährt werden könne. Vorliegend
habe der Beklagte mit seiner Umzugsmeldung, wonach er von C.
nach
D. gezogen sei, einen gewissen Anschein erweckt, dass er seinen Wohnsitz nach D. verlegt habe, was die Klägerin offensichtlich veranlasst habe, bei der Vorinstanz Klage einzuleiten. Durch dieses Verwirrung stiftende Verhalten, das der Beklagte ohne weiteres bereits während des Schlichtungsverfahrens und nicht erst im gerichtlichen Verfahren hätte auflösen können, habe dieser die Klageeinleitung bei einem unzuständigen Gericht mitverursacht. Es rechtfertige sich deshalb, die Prozesskosten beiden Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (Urk. 39 Erw. 4.1).
Der Beklagte macht in seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend, es liege kein Anwendungsfall von Art. 107 Abs. 1 lit. b ZPO vor. Es sei unbestritten, dass von seiner Seite am 15. August 2022 eine Umzugsmeldung per 1. September 2022 erfolgt sei, welche der Klägerin am 9. September 2022 bestätigt worden sei. Am 19. September 2022 habe die Gemeinde D. die Aufhebung der Anmeldung in Aussicht gestellt, aber er sei sich diesbezüglich noch nicht im Reinen gewesen, ob denn sein Wohnsitz definitiv nicht dorthin verlegt werde. Die Vorinstanz gehe davon aus, dass er im Zeitpunkt der Schlichtungsverhandlung vom 20. Dezember 2022 bereits gewusst habe, dass die Anmeldung aufgehoben würde; dies lasse sich indessen den Akten nicht entnehmen. Es habe gewiss ein Anschein bestanden, dass er seinen Wohnsitz nach D. verlegt habe, was er auch beabsichtigt habe, aber sich weiter verzügert habe, bis er definitiv von der Aufhebung der Anmeldung erfahren habe. Er sei sodann nicht verpflichtet gewesen, das Verwirrung stiftende Verhalten bereits im Schlichtungsverfahren aufzulösen. Ohnehin lasse die Vorinstanz dabei ausser Acht, dass er der Schlichtungsverhandlung ferngeblieben sei und damit die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit gar nicht habe vorbringen können. Das Nichterscheinen zur Schlichtungsverhandlung könne nicht per se als ein unnötige Prozesskosten verursachendes Verhalten gemäss Art. 108 ZPO qualifiziert werden (Urk. 38 S. 4 ff.).
Wer wie der Beklagte sich an seinem bisherigen Wohnsitz abmeldet und an einem neuen Ort anmeldet, erweckt grundsätzlich den Anschein, dass er seinen Wohnsitz an den neuen Ort verlegt habe. Dies wird auch vom Beklagten eingeräumt (Urk. 38 S. 5 Rz. 5). Die Anmeldung allein begründet noch keinen neuen Wohnsitz, womit bei einer Klage am vermeintlichen Wohnsitz immer noch die auf dem fehlenden Wohnsitz beruhenden Einreden erhoben werden können. Der Beklagte konnte damit zwar erst im vorinstanzlichen Gerichtsverfahren die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erheben (was zum Nichteintretensentscheid der Vorinstanz gefährt hat). Dies ändert aber nichts daran, dass die Ummeldung des Beklagten, wie ausgefährt und eingeräumt, den Anschein der Wohnsitznahme in D. begründet hat. Dass die Klägerin wegen dieser ihr am 9. September 2022
bestätigten Anmeldung des Beklagten in D.
die Klage am 14. September
2022 bei der für diesen Ort zuständigen SchlichtungsBehörde rechtshängig gemacht und in der Folge bei der Vorinstanz eingereicht hat, ist entgegen der Bestreitung des Beklagten (Urk. 38 Rz. 7) offensichtlich. Ebenso offensichtlich ist, dass der Beklagte den Anschein der Wohnsitznahme in D. bereits an der Schlichtungsverhandlung vom 20. Dezember 2022 resp. generell im Schlichtungsverfahren hätte korrigieren können. Dass er der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt
ferngeblieben ist und keine Pflicht hatte, daran teilzunehmen, ändert hieran nichts. Wann der Beklagte von der Aufhebung seiner Anmeldung durch die Gemeinde D. erfahren hat, ist hierbei irrelevant; relevant ist, dass er bis zur Schlichtungsverhandlung entgegen dem von ihm geschaffenen Anschein effektiv keinen Wohnsitz in D. begründet hatte. Die vorinstanzliche Feststellung, dass der Beklagte die Klageeinreichung bei der örtlich unzuständigen Vorinstanz mitverursacht habe, ist damit nicht zu beanstanden, ebenso wenig die darauf beruhende Verteilung der Prozesskosten in Anwendung von Art. 107 Abs. 1 lit. b ZPO.
d) Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist demgemäss abzuweisen.
a) Für das Beschwerdeverfahren beträgt der Streitwert Fr. 14'929.75 (Fr. 12'594.75 [geforderte Parteientschädigung inklusive Mehrwertsteuer] plus Fr. 2'335.-- [Hälfte der vorinstanzlichen Gerichtskosten inkl. Schlichtungskosten]). Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von 4 Abs. 1 und 12 der Gerichtsgebührenverordnung auf Fr. 2'440.-festzusetzen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind ausgangsgemäss dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen (Art. 111 Abs. 1 ZPO).
Für das Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, dem Beklagten zufolge seines Unterliegens, der Klägerin mangels relevanter Aufwendungen (Art. 106 Abs. 1, Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'440.-festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage des Doppels von Urk. 38, und an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die vorinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 14'929.75.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 12. März 2024
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. F. Rieke versandt am:
ip
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