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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RA230006
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RA230006 vom 19.01.2024 (ZH)
Datum:19.01.2024
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_118/2024
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrechtliche Forderung (unentgeltliche Rechtspflege, Sicherheit für die Parteientschädigung)
Zusammenfassung : Der Fall betrifft A. A.________, der eine unabhängige Tätigkeit als Betreiber eines Imbisses und Catering-Services unter dem Namen `C.________` ausübt. Die Caisse de compensation B.________ hat die Beitragsvorschüsse für das Jahr 2019 auf der Grundlage eines Einkommens von 70'000 Fr. festgelegt. A.________ beantragte eine Verdienstausfallentschädigung aufgrund von COVID-19 und war mit der Höhe der Entschädigung nicht einverstanden. Die Caisse lehnte die Anpassung ab, da keine endgültige Steuerveranlagung vorlag. A.________ legte Rekurs ein, der jedoch abgewiesen wurde. Die Caisse berief sich auf die vorläufige Beitragsfestsetzung. Letztendlich wurde der Rekurs abgelehnt, und A.________ erhielt eine Entschädigung von 26 Fr. 40 pro Tag.
Schlagwörter : Gericht; Rechtsanwalt; Verfügung; Verfahren; Klägers; Vertreter; Parteien; Vorinstanz; Gesuch; Frist; Beklagten; Sinne; Zustellung; Beschwerdeverfahren; Kanton; Beschwerdegegner; Rechtspflege; Parteientschädigung; Gewährung; Eingabe; Vertretung; Prozessvoraussetzungen; Bundesgericht; Sicherheit; Streitwert; Rechtsmittel; Beschwerdeschrift
Rechtsnorm:Art. 137 ZPO ; Art. 299 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 67 ZPO ; Art. 68 ZPO ; Art. 69 ZPO ; Art. 93 BGG ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:143 III 28;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RA230006-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Ersatzoberrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner

Beschluss vom 19. Januar 2024

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Beschwerdeführer

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

    Kanton Zürich,

    Beschwerdegegner 1

    vertreten durch Arbeitsgericht Zürich

    sowie

  2. ,

    Beklagter und Beschwerdegegner 2

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

    betreffend arbeitsrechtliche Forderung (unentgeltliche Rechtspflege, Sicherheit für die Parteientschädigung)

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichts am Arbeitsgericht Zürich, 3. Abteilung, im vereinfachten Verfahren vom 16. August 2023 (AH220046-L)

    Erwägungen:

    1. a) Mit Verfügung vom 16. August 2023 wies die Vorinstanz im bei ihr anhängigen Forderungsprozess das Gesuch des Klägers und Beschwerdeführers (fortan Kläger) um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie seinen Eventualantrag um Gewährung einer Notfrist für die Beibringung von einschlägigen Belegen zum Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab. Dem Kläger wurde sodann eine nicht erstreckbare Frist angesetzt, um für die Parteientschädigung des Beklagten und Beschwerdegegners 2 (fortan Beklagter) ei- ne Sicherheit von Fr. 4'600 zu leisten (Urk. 3/63 S. 7 Dispositivziffern 1-3 = Urk. 2 S. 7 Dispositivziffern 1-3).

  1. Innert Frist erhob der Kläger persönlich mit Eingabe vom 26. August 2023 Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 1; sinngemäss):

    1. Das Verfahren sei per sofort zu sistieren.

    2. Die Zwangsmandatierung sei Rückgängig zu machen und für nichtig zu erklären.

    3. Das Verfahren sei an einen anderen Standort/Kanton zu verlegen.

    4. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sei gutzuheissen.

    5. Der Streitwert sei auf den in der Eingabe gemachten Wert zurückzusetzen.

    6. Das Begehren um Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung des Beklagten sei abzuweisen.

    7. Das Gericht habe darzulegen, wieso es die Auffassung vertrete, dass ausschliesslich eine deutsche Staatsbürgerschaft vorliege.

    8. Der Beklagte habe dem Gericht die überreichten und abgesegneten Belege über Schiedsrichtergebühren, Turniergebühren und Ausbil- dungskosten sowie den Arbeitsvertrag vorzulegen.

    9. Der Beklagte habe dem Gericht im Detail darzulegen, was wann und wo verschwunden sei und warum der Kläger damit in Verbindung gebracht werde.

    Mit Verfügung vom 4. September 2023 wurde Rechtsanwalt Dr. X. ei- ne Frist angesetzt, um dem Gericht mitzuteilen, ob er die Eingabe des Klägers persönlich vom 26. August 2023 als Beschwerde genehmige (Urk. 4). Mit fristgerechter Eingabe vom 15. September 2023 teilte dieser der beschliessenden Kammer mit, dass er in seiner Funktion als notwendiger Vertreter des Klägers dessen Beschwerde vom 26. August 2023 nicht genehmige (Urk. 5).

  2. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (vgl. Urk. 3/1-65).

  1. a) Mit Verfügung vom 3. April 2023 bestellte die Vorinstanz für den Kläger in der Person von Rechtsanwalt Dr. X. im Sinne von Art. 69 ZPO ein Vertreter zur führung des Prozesses (Urk. 3/44). Die dagegen vom Kläger persönlich erhobene Beschwerde wurde mit Urteil der Kammer vom 8. Mai 2023 abgewiesen, weshalb die Verfügung vom 3. April 2023 in Rechtskraft erwachsen ist.

    1. Gegen die Anordnung bzw. Beibehaltung einer notwendigen Rechtsvertretung kann die davon betroffene Person selbststündig (ohne Vertretung) das zulüssige Rechtsmittel erheben. Wie bereits die Vorinstanz korrekterweise erwog, ist über die zulässigkeit der Bestellung von Rechtsanwalt Dr. iur. X. für den Kläger bereits rechtsKräftig entschieden worden (Urk. 2 S. 7 E. 13). Auf die diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom 26. August 2023 ist deshalb nicht einzugehen.

    2. Ferner brachte der Kläger in seiner Beschwerdeschrift weder einen Grund dar (Urk. 1 S. 1 f.), welcher für die Nichtigkeit der Verbeiständung im Sinne von Art. 69 ZPO durch Rechtsanwalt Dr. X. spricht, noch ist ein solcher ersichtlich.

  2. a) Das Gericht pröft von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 60 ZPO), was auch für die Rechtsmittelinstanz gilt. Zu den Prozessvoraussetzungen zählt die Prozessfühigkeit der Parteien (Art. 59 Abs. 2 lit. c

    ZPO) und damit auch die Postulationsfühigkeit. Sind die Prozessvoraussetzungen nicht erfüllt, tritt das Gericht auf eine Klage ein Gesuch nicht ein (Art. 59 Abs. 1 ZPO im Umkehrschluss). Die Prozessvoraussetzungen müssen grundsätzlich im Zeitpunkt der Füllung des Sachurteils gegeben sein. Dennoch ist ihr Vorliegen möglichst frühzeitig, d.h. grundsätzlich zu Beginn des Verfahrens, und vor der materiellen Beurteilung der Klage des Gesuchs zu prüfen (vgl. BGer 5A_469/2019 vom 17. November 2020, E. 3.2 m.w.H.).

    b) Dem Kläger fehlt im vorliegenden Prozess abgesehen von der Frage der Beibehaltung der notwendigen Rechtsvertretung (vgl. vorstehende E. 2) die Postulationsfühigkeit (Prozessführungsbefugnis), d.h. die Fähigkeit, durch eige- nes Handeln rechtsgültig prozessuale Handlungen vorzunehmen (Hrubesch- Millauer, DIKE-Komm-ZPO, Art. 67 N 21). Dies hat zur Folge, dass von der Partei selber ohne die notwendige Vertretung vorgenommene Prozesshandlungen grundsätzlich nichtig, d.h. vom Gericht nicht zu beachten sind (BSK ZPO-Tenchio, Art. 69 N 21; Hrubesch-Millauer, DIKE-Komm-ZPO, Art. 69 N 9). Mangels fehlen- der Postulationsfühigkeit des Klägers persönlich und da Rechtsanwalt Dr.

    X. die Beschwerdeschrift des Klägers persönlich vom 26. August 2023 nicht genehmigt hat, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. BGer 5A_469/2019 vom 17. November 2020, E. 5.3 m.w.H.).

  3. Der Kläger beantragt persönlich, ihm sei die Korrespondenz des Gerichts (zumindest auch) persönlich zuzustellen. Die Nichtzustellung der Korrespondenz habe zur Folge, dass weder die Inhalte noch die Fristen irgendeine Gültigkeit hätten (Urk. 1 S. 1).

Ist eine Partei vertreten, so erfolgt die Zustellung an die Vertretung (Art. 137 ZPO). Das heisst, dass die für die Partei bestimmte Urkunde dem Vertreter zuzustellen ist. Als Vertretung im Sinne von Art. 137 ZPO gelten nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sowohl die vertraglichen (Art. 68 ZPO) als auch die gesetzlichen (Art. 67 Abs. 2 ZPO) und die vom Gericht bestellten Vertreter

(Art. 69 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1 lit. c und Art. 299 ZPO; BGer 5A_803/2019 vom

3. April 2020, E. 3.3 m.w.H.). Wurde für das Verfahren rechtmässig ein Vertreter

bestellt, so fällt eine direkte Zustellung an die Partei ausser Betracht und eine solche gilt grundsätzlich als nicht Gehörig erfolgt (BGE 143 III 28 E. 2.2.1 m.w.H.).

Wie bereits ausgefährt wurde Rechtsanwalt Dr. X. mit rechtsKräftiger Verfügung der Vorinstanz vom 3. April 2023 für den Kläger als Vertreter im Sinne von Art. 69 ZPO bestellt. Die gerichtlichen Zustellungen an den Kläger haben deshalb im erstinstanzlichen Verfahren und diesem Beschwerdeverfahren an Rechtsanwalt Dr. X. zu erfolgen. Einzig Zustellungen an diesen gelten als Gehörig erfolgt (vgl. dazu auch Urk. 2 S. 7 E. 13).

5. Der erstinstanzliche Streitwert beträgt Fr. 26'800 (Urk. 3/18 S. 3 E. 1), weshalb das Beschwerdeverfahren kostenlos ist (Art. 114 lit. c ZPO). Mangels wesentlicher Umtriebe ist dem Beklagten für das Beschwerdeverfahren keine Entschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO).

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde des Klägers wird nicht eingetreten.

  2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos.

  3. Dem Beklagten wird für das Beschwerdeverfahren keine Parteientschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner 1 und den Beklagten unter Beilage je einer Kopie der Urk. 1 und 5, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

    Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert der Hauptsache beträgt Fr. 26'800.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 19. Januar 2024

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. A. Baumgartner versandt am:

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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