Zusammenfassung des Urteils RA220002: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte A.________ wurde wegen verschiedener Straftaten festgenommen und die Untersuchungshaft wurde bis zum 7. Januar 2020 verlängert. A.________ hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, jedoch wurde die Beschwerde abgewiesen. Es besteht ein dringender Tatverdacht gegen A.________, unter anderem wegen Raubes, Körperverletzung und Verstössen gegen das Waffengesetz. Aufgrund der Beweislage und der Wiederholungsgefahr wurde die Verlängerung der Untersuchungshaft gerechtfertigt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden A.________ auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RA220002 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 17.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arbeitsrechtliche Forderung |
Schlagwörter : | Arbeit; Probezeit; Hinweis; Beschwerdeverfahren; Verlängerung; Kündigung; Beklagten; Urteil; Vorinstanz; Rechtsmittel; Sinne; Eventualbegründung; Lockdown; Streitwert; Hauptbegründung; Kündigungsfrist; Bundesgericht; Kantons; Oberrichter; Verfahren; Berufung; Arbeitsvertrag; Zeitpunkt; Vereinbarung; Parteien; Arbeitnehmer |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 335b OR ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RA220002-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. S. Janssen und Oberrichterin lic. iur. B. Schärer sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner
Beschluss vom 17. August 2022
in Sachen
GmbH,
Beklagte und Beschwerdeführerin
gegen
betreffend arbeitsrechtliche Forderung
Erwägungen:
a) Mit Urteil der Vorinstanz vom 21. Februar 2022 wurde die Beklagte und Beschwerdeführerin (fortan Beklagte) verpflichtet, der Klägerin und Beschwerdegegnerin (fortan Klägerin) Fr. 2'702.95 zu bezahlen, nebst Zins zu 5 % auf
Fr. 1'147.90 ab dem 26. November 2020 und auf Fr. 1'555.05 ab dem 23. Januar
2021 (Urk. 11 = Urk. 14).
Innert Frist erhob die Beklagte mit Eingabe vom 21. März 2022 Berufung mit dem Antrag, es sei Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils aufzuheben und die Klage abzuweisen (Urk. 13).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-12).
a) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Berufung nur zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.– beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO), ansonsten ist die Beschwerde zu ergreifen (Art. 319 lit. a ZPO). Im vorinstanzlichen Verfahren betrug der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren Fr. 2'702.95 (Urk. 14 S. 9 E. 7.1), weshalb die beschliessende Kammer vorliegend – entsprechend der Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz (Urk. 14 S. 10 Dispositivziffer 5) – ein Beschwerdeverfahren gemäss Art. 319 ff. ZPO und nicht, wie von der Beklagten vorgebracht (Urk. 13 S. 1 f.), ein Berufungsverfahren eröffnet hat.
Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).
Auf die Ausführungen der Beklagten in ihrer Eingabe vom 21. März 2022 (Urk. 13) ist nachfolgend nur insoweit einzugehen, als sich dies für die Entscheidfindung als notwendig erweist.
Gemäss Art. 326 Abs. 1 ZPO sind im Beschwerdeverfahren neue Beweismittel ausgeschlossen. Dies wird mit dem Charakter der Beschwerde begründet, die sich als ausserordentliches Rechtsmittel im Wesentlichen auf die
Rechtskontrolle beschränkt und nicht das erstinstanzliche Verfahren fortsetzen soll. Das Novenverbot ist grundsätzlich umfassend (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 326 N 3 f.).
Die erstmals im Beschwerdeverfahren eingereichte Urkunde 15/1 ist im Sin- ne von Art. 326 Abs. 1 ZPO als verspätet zu betrachten und kann daher im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
a) Die Vorinstanz führte im angefochtenen Urteil als Hauptbegründung an, der von der Beklagten angegebene Grund für die Verlängerung der Probezeit, die im Zuge der Bekämpfung der COVID-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschliessungen, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Infolgedessen habe sich die Probezeit von B. deswegen nicht verlängern können. Dies gelte umso mehr, als dass während des Lockdowns weder die Schliessung von Reinigungsunternehmen schlechthin noch die Schliessung von Hotels je behördlich angeordnet worden sei (unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 lit. n COVID-19- Verordnung 2 [Stand zwischen 17. März 2020 und 30. April 2020]). Eine allenfalls pandemiebedingte verringerte Nachfrage nach Reinigungsdienstleistungen und die dadurch allenfalls verursachte Unmöglichkeit, B. Arbeit zuzuweisen, habe somit keinen Einfluss auf die Länge der Probezeit. Folglich habe sich die Probezeit nicht verlängert. Sie sei am 31. März 2020 abgelaufen. B. sei dem- nach am 1. Oktober 2020, als die Beklagte den Arbeitsvertrag gekündigt habe (unter Hinweis auf Urk. 3/6), nicht mehr in der Probezeit, sondern im ersten Anstellungsjahr gewesen. Im ersten Anstellungsjahr habe die Kündigungsfrist einen Monat betragen und das Arbeitsverhältnis habe auf Ende eines Kalendermonats aufgelöst werden können (unter Hinweis auf Urk. 3/2 Ziff. 8). Weil die Kündigung B. unstrittig am 1. Oktober 2020 ausgesprochen worden sei, habe das Arbeitsverhältnis – unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist – am 30. November 2020 geendet (Urk. 14 S. 6 E. 4.2.3 lit. a).
Im Sinne einer Eventualbegründung erwog die Vorinstanz, selbst wenn davon ausgegangen würde, die Beklagte habe mit dem – übrigens undatierten und keinen Zeitpunkt bezeichnenden – Schriftstück Verlängerung Probezeit (unter Hinweis auf Urk. 3/4) Ziffer 7 des Arbeitsvertrages abgeändert (unter Hinweis auf
Urk. 3/2) und damit mit B. einen weiteren Verlängerungsgrund im Sinne von Art. 335b Abs. 3 OR vereinbart, hätte sich diese im Zeitpunkt der Kündigung am
1. Oktober 2020 nicht mehr in der Probezeit befunden. Dies aus folgendem Grund: Die Beklagte habe die Verlängerung der Probezeit mit der ausbleibenden Arbeit begründet (unter Hinweis auf Urk. 3/4). Die Probezeit hätte sich somit maximal um jene Dauer verlängern können, während der die Beklagte B. infolge schwacher Auftragslage keine Arbeit habe zuweisen können. Da B. effektiv bis am 13. März 2020 gearbeitet habe (unter Hinweis auf Prot. Vi S. 6; da- nach habe sie eine volle Kurzarbeitsentschädigung erhalten [unter Hinweis auf Urk. 2 Rz. 5]) und es der Beklagten nach eigenen Angaben möglich gewesen sei, ihren Arbeitnehmern ab September 2020 wieder Arbeit zuzuweisen (unter Hinweis auf Prot. Vi S. 6), hätte die Verlängerungsperiode somit mutmasslich vom
14. März 2020 bis 31. August 2020 gedauert. Nachdem die ursprünglich vereinbarte Probezeit von drei Monaten – ohne Verlängerung – am 31. März 2020 abgelaufen wäre (unter Hinweis auf Urk. 3/2 Ziff. 2 und 7), wäre diese durch die ausbleibende Möglichkeit, B. Arbeit zuzuweisen, ab 14. März 2020 effektiv um 18 Tage verkürzt worden. Unter Berücksichtigung der Verlängerungsperiode hätte die Probezeit somit ab 1. September 2020 noch 18 Tage, mithin bis 18. September 2020 gedauert. Dass B. ab 1. September 2020 effektiv nicht gearbeitet habe, sei irrelevant. Es wäre der Beklagten nämlich möglich gewesen, B. Arbeit zuzuweisen, und es hätte kein Arbeitsmangel im Sinne der Vereinbarung mehr bestanden, der eine Verlängerung der Probezeit hätte rechtfertigen können. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang zudem darauf, dass das fehlende Einverständnis von B. zu einem Einsatz ausserhalb der Region Zürich belanglos sei. Die Beklagte hätte angesichts der Vereinbarung in Ziffer 3 des Arbeitsvertrages, wonach sie den Arbeitsort unabhängig von der Zustimmung von B. bestimme (unter Hinweis auf Urk. 3/2), nämlich nicht der Zustimmung B. bedurft, um ihr Arbeit an einem Arbeitsort ausserhalb der Region Zürich zuzuweisen. Aus dem Gesagten folge, dass selbst wenn die Parteien eine Verlängerung der Probezeit für die Dauer, während der die Beklagte B. kei- ne Arbeit infolge schlechter Auftragslage habe zuweisen können, vereinbart hätten, die Probezeit sich deswegen bis maximal am 18. September 2020 verlängert
hätte. Daraus folge, dass auch in diesem Falle zum Zeitpunkt der Kündigung am
Oktober 2020 die Probezeit bereits abgelaufen gewesen wäre, und die Beklagte anlässlich der Kündigung am 1. Oktober 2020 die Kündigungsfrist von einem Monat hätte berücksichtigen müssen (Urk. 14 S. 6 f. E. 4.2.3 lit. b).
b) Die Beklagte bringt in ihrer Rechtsmitteleingabe vom 21. März 2022 – soweit verständlich – vor, sie habe mit der Frage zur Anwendung von Art. 335b Abs. 3 OR das SECO konfrontiert. Das SECO habe ihr vorgeschlagen, dass es sich dabei um eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht gemäss
Art. 335b Abs. 3 OR handle, da am Lockdown weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber schuld sei. Sie habe das Gesetzbuch durchsucht. In keinem Artikel werde darin auf vorgesehene Massnahmen im Falle einer Pandemie eines Lockdowns hingewiesen, da dies im 2020 erstmals aufgetreten sei. Im angefochtenen Urteil seien die vorgeschriebenen gesetzlichen Vorgaben lediglich 1 zu 1 übernommen worden, ohne die neue Situation betreffend Lockdown zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit dieser Situation seien viele neue Regeln ohne gesetzliche Grundlage hervorgebracht worden. Die Probezeit diene dazu, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb der drei Monate kennenlernen könnten. Dies sei durch den Lockdown verhindert worden. Für sie wäre es die beste Lösung gewesen, allen Mitarbeitern mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen zu kündigen, da sie dann keine Zusatzversicherungskosten zu tragen gehabt hätte. Da sie jedoch auch die Mitarbeiter habe schützen wollen, habe sie eine solche schriftliche Vereinbarung geschlossen, damit die Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz für den Fall hätten, dass die Massnahmen aufgehoben würden (Urk. 13 S. 2).
Die Beschwerdebegründung der Beklagten nimmt vorliegend einzig auf die Hauptbegründung (Urk. 14 S. 6 E. 4.2.3 lit. a) des angefochtenen Urteils Bezug. Mit der Eventualbegründung (Urk. 14 S. 6 f. E. 4.2.3 lit. b) setzt sich die Beklagte in ihrer Rechtsmitteleingabe vom 21. März 2022 (Urk. 13 S. 2) mit keinem Wort auseinander. Durch die vorinstanzliche Haupt- und Eventualbegründung wird die Klage der Klägerin unabhängig voneinander gutgeheissen. Würde die Beschwerde einzig in Bezug auf die Hauptbegründung gutgeheissen, so hätte die
Beklagte die klägerische Forderung aufgrund der erstinstanzlichen Eventualbegründung trotzdem zu bezahlen. Aus diesem Grund hätte sich die Beklagte für ei- ne allfällige vollständige Gutheissung ihrer Beschwerde inhaltlich mit der Hauptbegründung und der Eventualbegründung auseinandersetzen müssen. Da sie dies nicht getan hat, ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten.
Der Streitwert beträgt Fr. 2'702.95, weshalb das Beschwerdeverfahren kostenlos ist (Art. 114 lit. c ZPO). Mangels wesentlicher Umtriebe ist der Klägerin für das Beschwerdeverfahren keine Entschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte ihrerseits hat als unterliegende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO), wobei sie im Beschwerdeverfahren ohnehin keinen diesbezüglichen Antrag stellte (Urk. 13).
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird nicht eingetreten.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage der Doppel der Urk. 13 und 15/1 sowie einer Kopie der Urk. 15/2, und an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 2'702.95.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 17. August 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. A. Baumgartner versandt am:
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