Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RA220001 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 08.09.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arbeitsrechtliche Forderung |
Schlagwörter : | Arbeit; Beschwerde; Recht; Beklagten; Kilometer; Vorinstanz; Partei; Verfahren; Entschädigung; Betrag; Höhe; Parteien; Fahrzeug; Bezahlen; Pauschale; Monatlich; Klage; Gericht; Beschwerdeverfahren; Effektiv; Urteil; Arbeitnehmer; Effektive; Beruf; Fahrzeugs; Effektiven; Auslagen; Berechnung; Beweis; Monatliche |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 318 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 327a OR ; Art. 327b OR ; Art. 42 OR ; Art. 8 ZGB ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 131 III 439; 143 III 297; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RA220001-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin
Dr. S. Janssen und Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos Würgler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. C. Faoro
Beschluss und Urteil vom 8. September 2022
in Sachen
,
Beklagte und Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur., LL.M. X. ,
gegen
,
Klägerin und Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. et lic. oec. Y. , betreffend arbeitsrechtliche Forderung
Die Beklagte und Beschwerdeführerin (fortan Beklagte) ist eine Aktienge- sellschaft mit Sitz in C. und bezweckt gemäss ihrem aktuellen Handelsre- gistereintrag jedes Handelsgeschäft im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Lieferung von Produkten, insbesondere verzehrfertigen Lebensmitteln, und der Lieferung von Waren und/oder damit verbundenen Dienstleistungen an Konzern- gesellschaften oder Dritte. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (fortan Kläge- rin) war für die Beklagte als Essenskurierin zunächst in einem auf drei Monate be- fristeten Arbeitsverhältnis auf Stundenlohnbasis tätig. Dieses Arbeitsverhältnis wurde in der Folge fortgesetzt und die Beklagte zahlte der Klägerin ab Februar 2019 einen Bruttostundenlohn von Fr. 21.–, welcher sich aus Fr. 19.– Lohn zu- züglich Fr. 2.– Entschädigung für die Benutzung des eigenen Fahrzeugs zusam- mensetzte. Am 19. August 2019 schlossen die Parteien einen unbefristeten Ar- beitsvertrag. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2019 kündigte die Beklagte das Ar- beitsverhältnis per 30. November 2019 (Urk. 1 Rz. 27 und Rz. 49; Urk. 8 Rz. 6, 7, 18 und 25; Urk. 10/2-3; Urk. 14 Rz. 7; Urk. 5/3 und Urk. 5/4).
Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von CHF 28'588.63 brutto nebst Zins zu 5% seit 1. März 2020 zu be- zahlen.
Eventualiter sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen vom Gericht durch Schätzung festzulegenden Betrag zzgl. Zins zu 5% seit 1. März 2020 zu bezahlen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, letztere zuzüglich des aktuellen Normal-Mehrwertsteuersatzes von derzeit 7.7 %, zulasten der Beklagten.
An der Hauptverhandlung vom 10. Februar 2021 erklärte die Klägerin, ihr Rechts- begehren auf Fr. 12'165.– reduzieren zu wollen (vgl. Prot. I S. 45). Schliesslich
stellte sie das folgende (modifizierte) Rechtsbegehren (Urk. 37 Rz. 10 S. 4 und Urk. 51 S. 2):
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von CHF 6'903.25 brutto zu bezahlen zuzüglich Zins zu 5% seit
März 2020.
Eventualiter sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen vom Gericht durch Schätzung festzulegenden Betrag zu bezah- len, dies zuzüglich Zins zu 5% seit 01. März 2020.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, letztere zuzüglich MwSt. von derzeit 7.7%, zulasten der Beklagten.
Im Übrigen kann betreffend den Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 57 S. 3 f. = Urk. 60 S. 3 f.). Am 12. November 2021 entschied die Vorinstanz über die Klage wie folgt (Urk. 57 S. 22 f. = Urk. 60 S. 22 f.):
[Verfügung:]
Vom Klagerückzug im Umfang von CHF 21'685.38 wird Vormerk genommen und der Prozess in diesem Umfang als dadurch erle- digt abgeschrieben.
Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird mit nachfolgen- dem Urteil entschieden.
[Schriftliche Mitteilung.]
[Erkenntnis:]
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 5'127.05 (brutto gleich netto) nebst Zins zu 5 % seit 1. März 2020 zu bezahlen.
Im Mehrumfang wird die Klage abgewiesen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschä- digung von CHF 1'938.– zu bezahlen.
[Schriftliche Mitteilung.]
[Rechtsmittelbelehrung: Berufung, 30 Tage.]
1. Es sei das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom
12. November 2021 im Verfahren mit der Geschäfts- Nr. AH200124-L/U aufzuheben;
Es sei die Klage abzuweisen und der Beschwerdeführe- rin/Beklagten für das erstinstanzliche Verfahren eine volle Partei- entschädigung in Höhe von CHF 5'814.– zuzusprechen;
Eventualiter sei die Sache an das Arbeitsgericht Zürich,
Abteilung, zurückzuweisen und die Klage neu zu beurteilen;
4. Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerde- gegnerin/Klägerin.
Prozessualer Antrag:
1. Der Beschwerde sei, vorab ohne Anhörung der Beschwerdegeg- nerin/Klägerin, superprovisorisch die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Mit Verfügung vom 6. Januar 2022 wurde das Gesuch um Gewährung der auf- schiebenden Wirkung abgewiesen (Urk. 64 Disp. Ziff. 1). Die Beschwerdeantwort datiert vom 25. Februar 2022 (Datum Poststempel: 28. Februar 2022; Urk. 70). Darin stellte die Klägerin die folgenden Anträge (Urk. 70 S. 2):
1. Auf die Beschwerde sei nicht einzutreten.
Es sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich mit der Geschäftsnummer AH200124-L vom 12. November 2021 sei zu bestätigen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, letztere zuzüglich
7.7 % Mehrwertsteuer zulasten der Beklagten.
Am 28. Februar 2022 stellte die Klägerin mit separater Eingabe ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege per 17. November 2021 (Urk. 66). Die Beschwerdeantwort wurde der Beklagten mit Verfügung vom 28. März 2022 zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 74). Weitere Eingaben sind nicht erfolgt.
(Urk. 64 S. 2) – nicht die Berufung, sondern die Beschwerde gegeben. Da die Be- klagte korrekterweise eine Beschwerde erhoben hat (vgl. Urk. 59), erübrigen sich Weiterungen hierzu.
zugehen, dass die Klägerin vom 1. Februar bis 18. November 2019 im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit eine Strecke von insgesamt 9'671.75 km zurückgelegt habe, wobei auch die jeweils gefahrene Strecke vom Wohnort zum Arbeitsort und zu- rück zu berücksichtigen sei (Urk. 60 E. IV./3.2. S. 12-17). Was die Entschädigung betreffe, so könne statt umständlicher Berechnungen auch eine feste Kilometer- entschädigung (oder eine Monatspauschale) vereinbart werden. Da Art. 327b Abs. 1 OR zugunsten des Arbeitnehmers zwingend sei, müsse die Kilometerpau- schale so hoch sein, dass sie im Durchschnitt eine volle Deckung der dem Arbeit- nehmer erwachsenden effektiven Kosten bewirke. Im Allgemeinen würden sich die vereinbarten Kilometerpauschalen an den von den Steuerbehörden anerkann- ten Sätzen orientieren. Diese seien auch massgebend, wenn der Richter die ef- fektiven Unkosten mangels genauer Belege frei schätzen müsse. Im Steuerrecht betrage die Pauschale maximal Fr. 0.70 pro Kilometer (mit Verweis auf das Kreis- schreiben 25 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 18. Dezember 2009 [rec- te: 18. Januar 2008] über Muster-Spesenreglemente für Unternehmen und für Non-Profit-Organisationen sowie die Wegleitung der Schweizerischen Steuerkon- ferenz [SSK] und der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV] zum Ausfüllen des Lohnausweises bzw. der Rentenbescheinigung, Formular 11). Diese steuer- rechtlichen Kilometerpauschalen seien zwar – wie die Beklagte geltend mache – im Arbeitsrecht gesetzlich nicht vorgesehen. Allerdings ermöglichten sie prakti- kable Lösungen, welche sich über Jahre hinweg bewährt hätten, ohne dass kom- plizierte Berechnungen angestellt werden müssten, die letztlich nicht zwingend zu genaueren Resultaten führten. In Bezug auf die Kilometerentschädigung seien je- denfalls nicht zu strenge Anforderungen an die Berechnungsparameter zu stellen. In jedem Fall müsse die Kilometerpauschale die effektiven Kosten decken, und dem Arbeitnehmer könne nicht das Risiko zugemutet werden, selber für die Auf- wendungen aufkommen zu müssen, die ihm durch die Verrichtung seiner Arbeits- tätigkeit entstanden seien. Es sei also ohne Weiteres von den von der Klägerin geltend gemachten 70 Rappen pro Kilometer auszugehen. Dies umso mehr, als sich aus der von der Beklagten eingereichten Medienmitteilung des TCS ergebe, dass ab 2019 sogar ein Betrag von durchschnittlich Fr. 0.71 pro Kilometer ge- rechtfertigt wäre. Unter Zugrundelegung der Kilometerpauschale von Fr. 0.70 resultiere somit ein Betrag von Fr. 6'770.25 (0.70 [Rappen pro Kilometer] x 9'671.75 [km]; Urk. 60 E. IV./3.3. S. 17 f.). Hiervon sei die bereits erhaltene Pauschalent- schädigung abzuziehen. Nachdem sich die berechnete Strecke nur auf die Zeit vom 1. Februar bis 31. Oktober 2019 beziehe, sei auch nur die für diesen Zeit- raum bezahlte Entschädigung in Höhe von Fr. 1'643.20 (821.60 Stunden x Fr. 2.–
) anzurechnen. Entsprechend ergebe sich ein geschuldeter Betrag von Fr. 5'127.05 (brutto gleich netto). Da diesem Betrag effektive Auslagen entgegen- stünden, dürften keine Beiträge für Sozialversicherungen abgezogen werden (Urk. 60 E. IV./3.4. S. 18 f.). Zudem sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Verzugszins von 5 % seit 1. März 2020 zu bezahlen (Urk. 60 E. IV./3.5. S. 19 f.).
sichtigten Gewinnmaximierung kaum im Interesse der Beklagten läge. Zudem ha- be die Nutzung des eigenen Fahrzeugs lediglich als eine vorübergehende Notlö- sung gegolten und die Kalkulation der Entschädigung habe auf einem bloss vo- rübergehenden Zeitmoment basiert, weshalb die vereinbarte Entschädigung auch durch die letztlich dauerhafte Nutzung und den dadurch um ein Vielfaches erhöh- ten Verschleiss angehoben werden müsste. Ausserdem orientiere sich die Höhe der steuerrechtlichen Pauschalen an Klein- und Mittelklassewagen und beim Au- tomobilhersteller D. handle es sich um einen Produzenten solcher Wagen. Entsprechend spiele es auch keine Rolle, um welches Modell es sich genau ge- handelt habe. Überdies sei festzuhalten, dass die Beklagte die von der Vorinstanz angeführte Medienmitteilung des TCS, der sich ein Durchschnittspreis von Fr. 0.71 pro Kilometer entnehmen lasse, selbst eingereicht habe. Und schliesslich sei auch nicht zu bemängeln, dass die Vorinstanz die Unkosten frei geschätzt ha- be. Wie bereits die Vorinstanz ausgeführt habe, orientierten sich die vereinbarten Kilometerpauschalen im Allgemeinen an den von den Steuerbehörden anerkann- ten Sätzen, wobei diese auch massgebend seien, wenn der Richter die effektiven Unkosten mangels genauer Belege frei schätzen müsse. Insofern sei einmal mehr ersichtlich, dass auch das Gericht von einer strikten individuellen Berechnung auf Basis von Modell, Alter und Neuwert des Fahrzeugs weitestgehend absehe und auf Pauschalen abstelle, was im Lichte der zuvor erwähnten Unschärfen bzw. Problemstellungen (namentlich Missbrauchspotenzial und mangelnde Praktikabili- tät) nicht zu beanstanden sei. Abgesehen davon basierten die steuerrechtlichen Ansätze auch auf bestimmten Parametern und würden nicht willkürlich durch die Steuerbehörden festgelegt. Dem steuerlichen Ansatz lägen zudem die durch- schnittlichen Kosten eines Mittelklassewagens mit einer jährlichen Gesamtfahr- leistung von rund 15'000 km (Neupreis ca. Fr. 30'000.–) zugrunde, wobei dieser Abzug angesichts der tatsächlichen Kosten zu tief angesetzt sei. Für den vorlie-
gend sechsjährigen D.
E.
[Modell] mit einem Neuwert von
Fr. 30'000.– sei dieser Ansatz demnach angemessen (Urk. 70 Rz. 3-9 S. 4-10).
des Gebrauchs für die Arbeit zu vergüten (Art. 327b Abs. 1 OR). Übliche Be- triebskosten sind die Kosten für Benzin, Öl, Batterien, Bereifung, Winterausrüs- tung; Unterhaltskosten sind die Kosten für Reinigung, Reparaturen, Kontrollen und Wartung sowie gemäss h.L. die Kosten für den Ein- oder Abstellplatz (BK Rehbinder/Stöckli, Art. 327b OR N 4; Brunold, Die Arbeitsauslagen im schweizeri- schen Individualarbeitsrecht, Bern 2014, N 386 f.). Um sich die meist umständli- che Berechnung zu ersparen, können Arbeitnehmer und Arbeitgeber untereinan- der auch eine Pauschale aushandeln, wie beispielsweise einen pauschalen Zu- schlag zum Stundenlohn oder eine feste Kilometerentschädigung (vgl. Brunold, a.a.O., N 429; BK-Rehbinder/Stöckli, Art. 327b OR N 6). Vereinbarte Kilometer- pauschalen orientieren sich dabei im Allgemeinen an den von den Steuerbehör- den anerkannten Sätzen. Diese sind auch massgebend, wenn der Richter man- gels genauer Belege über die effektiven Unkosten diese frei schätzen muss (BK- Rehbinder/Stöckli, Art. 327b OR N 6; Brunold, a.a.O., N 430; vgl. aber Streiff/von Kaenel/Rudolph, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. 2012, Art. 327b OR N 3, wonach zur Beurteilung der Angemessenheit von Pau- schalen steuerliche Regelungen, insbesondere solche über Abzüge für die Ver- wendung privater Fahrzeuge für den Arbeitsweg oder für den öffentlichen Ver- kehr, kaum verwendbar seien). Aufgrund des relativ zwingenden Charakters von Art. 327b Abs. 1 OR hat die Pauschale jedoch mindestens die durchschnittlichen Betriebs- und Unterhaltskosten für das Fahrzeug zu decken. Andernfalls kann der Arbeitnehmer nebst dem Pauschalbetrag noch die Entschädigung der darüber hinausgehenden Kosten verlangen (Brunold, a.a.O., N 433).
E. 5.1; Art. 8 ZGB). Mithin obliegt es damit grundsätzlich dem Arbeitnehmer, zu behaupten und zu beweisen, wie viele Kilometer er in der fraglichen Zeit insge- samt mit seinem Privatfahrzeug zurückgelegt hat, wie viele der (gesamthaft) ge- fahrenen Kilometer auf Dienstfahrten entfallen sind, sowie, welche Kosten in der fraglichen Zeit für das verwendete Fahrzeug angefallen sind (vgl. betr. Aufteilung der Kosten auf Privat- und Dienstfahrten: BK-Rehbinder/Stöckli, Art. 327b OR
N 5; Brunold, a.a.O., N 397; Streiff/von Kaenel/Rudolph, a.a.O., Art. 327b N 2). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf jedoch vom Arbeitnehmer in Bezug auf die Höhe der Auslagen kein strenger Beweis verlangt werden. Effektiv gehabte Auslagen, die ziffernmässig nicht mehr beweisbar sind, sind vom Richter in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzen (vgl. BGE 131 III 439 E. 5.1).
Denn die steuerlichen Ansätze stellen – ebenso wie die vom TCS jährlich publi- zierten durchschnittlichen Betriebskosten für ein Musterauto (vgl. www.tcs.ch/de/testberichte-ratgeber/ratgeber/kontrollen-unterhalt/kilometer- kosten.php, zuletzt aufgerufen am 15. August 2022) – lediglich Orientierungshilfen dar, sofern das Gericht die effektiven Auslagen mangels Belegen in analoger An- wendung von Art. 42 Abs. 2 OR schätzen muss. Hierfür muss das Gericht aber zunächst die Umstände des konkreten Falles kennen. Derartige Feststellungen finden sich – wie die Beklagte zu Recht bemängelt – im angefochtenen Urteil in- des nicht. Insbesondere hat die Vorinstanz auch keine Feststellungen hinsichtlich des von der Klägerin benützten Fahrzeugs getroffen, womit das Argument der Klägerin, den steuerlichen Ansätzen lägen die durchschnittlichen Kosten eines Mittelklassewagens mit einer jährlichen Gesamtfahrleistung von rund 15'000 km (Neupreis ca. Fr. 30'000.–) zugrunde und diese Ansätze seien damit für den vor- liegend sechsjährigen D. E. mit einem Neuwert von Fr. 30'000.– an- gemessen, ins Leere geht. Was die Klägerin im Übrigen in ihrer Berufungsant- wortschrift vorbringt, verfängt unter Verweis auf das vorstehend Ausgeführte ebenfalls nicht. Insbesondere verkennt sie, dass die Parteien eines Arbeitsver- trags eine Pauschalentschädigung vereinbaren können und in den meisten Fällen aus Praktikabilitätsüberlegungen auch tun werden. Verlangt aber die Arbeitneh- merin in der Folge einen höheren Auslagenersatz, so obliegt es ihr, die entspre- chenden Anspruchsgrundlagen zu behaupten und belegen. Zudem bestehen im Arbeitsrecht und Steuerrecht unterschiedliche Rechtsgrundlagen, weshalb die steuerlichen Ansätze nicht unbesehen zugrunde gelegt werden können. Indem die Vorinstanz somit ohne Grundlage die Kosten für die zurückgelegten Kilometer geschätzt hat, hat sie das Recht unrichtig angewandt. Die Beschwerde erweist sich insoweit als begründet und die Dispositiv-Ziffern 1-4 des vorinstanzlichen Ur- teils sind aufzuheben.
ten ist. Insbesondere hat die Klägerin – obwohl durchaus möglich und zumutbar – weder vorgebracht und belegt, welche fixen Kosten (bspw. für die Verkehrssteuer, Versicherungen, Vignette etc.) ihr im Jahr 2019 im Zusammenhang mit ihrem Fahrzeug angefallen sind, noch hat sie sich beispielsweise zur jährlichen Laufleis- tung des Fahrzeugs geäussert (vgl. auch Urk. 51 Rz. 11, worin die Klägerin aus- drücklich festhält, dass sich die Einreichung weiterer Belege zum Privatfahrzeug erübrige, da sie für den Beweis der entstandenen Auslagen nicht erforderlich sei-
en). Sie machte einzig geltend, dass sie einen sechsjährigen D.
E.
mit einem Neuwert von vielleicht Fr. 40'000.– für ihre Arbeitstätigkeit benutzt ha- be (Prot. I S. 10 und S. 32; s.a. Urk. 51 Rz. 9 f.). Diese Behauptungen wurden von der Beklagten jedoch bestritten (Urk. 59 Rz. 12 f. mit Verweis auf Prot. I S. 10;
s.a. Prot. I S. 41 f.) und die Klägerin hat für die bestrittenen Behauptungen keinen rechtsgenügenden Beweis offeriert, obschon ihr dies ohne Weiteres möglich ge- wesen wäre, beispielsweise durch Vorlage des Kaufvertrags oder des Fahrzeug- ausweises. Sie verwies einzig auf den Printscreen eines Chats, dem sich jedoch in dieser Hinsicht nichts zu ihren Gunsten entnehmen lässt (Urk. 51 Rz. 9 mit Verweis auf Urk. 5/12 S. 2). Auch ist nicht zu bemängeln, dass die Vorinstanz den Sachverhalt in Anwendung des geltenden sozialen Untersuchungsgrundsatzes gemäss Art. 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ZPO nicht von Amtes wegen abgeklärt hat, zumal sich das Gericht bei anwaltlich vertretenen Parteien – wie hier – wie im or- dentlichen Prozess zurückhalten darf und soll (vgl. BK ZPO II-Killias, Art. 247 N 33 m.w.H.). Da die Klägerin somit den Nachweis für eine ungenügende Vergü- tung nicht erbracht hat, ist ihre Klage abzuweisen.
S. 20 ff. und Urk. 60 Disp. Ziff. 4) blieb unangefochten. Ebenfalls nicht bean- standet wurde, dass die Vorinstanz der Beklagten keinen Mehrwertsteuerzu- schlag zugesprochen hat (vgl. Urk. 60 E. V./2. S. 22). Entsprechend bleibt es da- bei.
5.1. Für das Beschwerdeverfahren sind ebenfalls keine Gerichtskosten zu erhe- ben (Art. 114 lit. c ZPO). Die im Beschwerdeverfahren vollumfänglich unterliegen- de Klägerin ist aber zu verpflichten, der Beklagten für das zweitinstanzliche Ver- fahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Diese ist ausgehend von einem Streitwert im Beschwerdeverfahren von Fr. 5'127.05 (brutto gleich netto) in Anwendung von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 sowie
§ 11 Abs. 1 der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV) auf Fr. 800.– (exkl. MwSt.) festzusetzen. Ein Mehrwertsteuerzuschlag wurde von der Beklagten nicht beantragt (vgl. Urk. 59, Ziffer 4 der Anträge) und ist somit nicht zuzusprechen.
In Bezug auf die Klägerin ist von folgenden finanziellen Verhältnissen aus- zugehen:
a) | Einkommen abzüglich: | Fr. | 4'039.45 |
b) | Grundbetrag | Fr. | 1'100.00 |
b) | Zuschlag zum Grundbetrag (25 %) | Fr. | 275.00 |
c) | Wohnkosten | Fr. | 925.00 |
c) | Krankenkasse (KVG) | Fr. | 357.65 |
d) | Krankheitskosten | Fr. | 0.00 |
e) | Mobilitätskosten | Fr. | 95.85 |
f) | Kommunikation | Fr. | 70.00 |
g) | Ratenzahlungen | Fr. | 302.50 |
h) | Unterstützungsbeiträge | Fr. | 0.00 |
i) Weiterbildungskosten Fr. 0.00
Total Bedarf Fr. 3'126.00
überdies ein Zuschlag zum Grundbetrag im Umfang von 25 %, mithin von Fr. 275.– (25 % von Fr. 1'100.–), zu gewähren.
und arbeitet offenbar in Zürich (vgl.
Urk. 69/10). Vor diesem Hintergrund erscheinen die von ihr geltend gemachten monatlichen Kosten für den öffentlichen Verkehr von Fr. 95.85 (Fr. 1'150.– pro Jahr / 12; drei Zonen; vgl. Urk. 66 Rz. 10) als angemessen. Entsprechend ist die- ser Betrag im Bedarf vorzusehen.
diese Zahlungen genau geleistet werden. Es kann mithin nicht nachvollzogen werden, ob es sich hierbei tatsächlich um die Tilgung bereits aufgelaufener Schulden oder aber um jeden Monat anfallende Lebenskosten der Klägerin han- delt. So macht die Klägerin geltend, monatliche Raten in Höhe von Fr. 150.– an die G. GmbH zu bezahlen (Urk. 66 Rz. 12). Allerdings lässt sich den Akten entnehmen, dass die nämliche Gesellschaft monatlich Fr. 150.– für die Lagerung von Möbeln verlangt (siehe Urk. 40 Rz. 8 und Urk. 42/19). Da aber selbst bei voll- umfänglicher Berücksichtigung der Zahlungen ein genügend hoher Überschuss resultiert, ist dieser Betrag einstweilen im Bedarf zu belassen.
tern auch nicht belegt und bezahlt den Betrag gemäss ihren eigenen Angaben (siehe Urk. 66 Rz. 13) aus ihrem Vermögen und nicht aus ihrem Einkommen. Folglich ist der diesbezüglich geltend gemachte Betrag auch aus diesen Gründen nicht im prozessualen Notbedarf anzurechnen.
Die Klägerin macht geltend, sie absolviere eine Weiterbildung an der Euro- päischen Fernhochschule H. . Die monatlichen Kosten würden sich auf EUR 251.00 bzw. Fr. 260.– belaufen. Aufgrund des für den Arbeitgeber geschaf- fenen Mehrwerts werde die Weiterbildung genehmigt, wobei die Finanzierung von der Klägerin selbst vorgenommen werde. Da die Weiterbildungskosten in direk- tem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin stünden, seien sie zum Notbedarf hinzuzurechnen (Urk. 66 Rz. 15).
Von der Klägerin wird nicht weiter ausgeführt, dass und weshalb diese Wei- terbildung mit ihrem Beruf direkt zusammenhängen soll, und dies liegt auch nicht ohne Weiteres auf der Hand, zumal bereits offenbleibt, welchen Beruf die Klägerin ausübt. Auch aus der zur Untermauerung ihrer Vorbringen eingereichten Bestäti- gung der Europäischen Fernhochschule H. (Urk. 69/9) kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nichts zu ihren Gunsten ableiten. Unter diesen Umstän- den rechtfertigt sich eine Berücksichtigung dieser Kosten nicht.
+ Fr. 800.–) als auch die für das zweitinstanzliche Verfahren angefallenen eige- nen Anwaltskosten innert eines Jahres zu tilgen, zumal Letztere sich nach dem
kantonalen Gebührentarif richten und in Berücksichtigung von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 sowie § 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV einen Betrag in der Grössenordnung von Fr. 2'000.– nicht übersteigen dürften. Mangels Bedürftigkeit ist das Gesuch der Klägerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren daher abzuweisen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 5'814.– zu bezahlen.
[entfällt]
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 5'127.05.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 8. September 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Vorsitzende:
lic. iur. A. Huizinga
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. C. Faoro
versandt am: ip
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