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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils RA180001: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zwischen einem Kläger und einer Beklagten, die sich um Lohnnachzahlungen und Einsicht in das Personaldossier dreht. Die Beklagte fordert eine Sicherheitsleistung für ihre Parteientschädigung, die der Kläger zunächst ablehnt. Es folgen verschiedene Verfahrensschritte, in denen die Höhe der Sicherheitsleistung diskutiert wird. Letztendlich wird entschieden, dass der Kläger eine Sicherheitsleistung von Fr. 14'000.- erbringen muss. Die Entscheidung des Einzelgerichts wird aufgehoben und das Verfahren an die Kollegialabteilung des Arbeitsgerichts Zürich überwiesen. Der Kläger wird im Beschwerdeverfahren kosten- und entschädigungspflichtig. Der Streitwert übersteigt Fr. 30'000.-, weshalb das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig ist.

Urteilsdetails des Kantongerichts RA180001

Kanton:ZH
Fallnummer:RA180001
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RA180001 vom 23.04.2018 (ZH)
Datum:23.04.2018
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_323/2018
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrechtliche Forderung (Sicherheitsleistung)
Schlagwörter : Sicherheit; Streitwert; Mindeststreitwert; Beklagten; Klage; Verfahren; Parteien; Überzeit; Verfügung; Vorinstanz; Arbeitsgericht; Frist; Sicherheitsleistung; Parteientschädigung; Beschwerde; Höhe; Woche; Überstunden; Arbeitsgerichts; Stunden; Mindestwert; Forderung; Abteilung; Eingabe; Gericht; Arbeitsstunden; Einzel; Schweiz; Klageschrift
Rechtsnorm:Art. 100 ZPO ;Art. 103 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 129 ZPO ;Art. 13 ArG ;Art. 145 ZPO ;Art. 243 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 46 ArG ;Art. 60 ZPO ;Art. 63 ZPO ;Art. 85 ZPO ;Art. 91 ZPO ;Art. 92 BGG ;Art. 96 ZPO ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:121 I 108; 129 III 171;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts RA180001

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RA180001-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. M. Reuss Valentini

Beschluss vom 23. April 2018

in Sachen

  1. , LLC,

    Beklagte und Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. und/oder Rechtsanwalt lic. iur. X2. ,

    gegen

  2. ,

    Kläger und Beschwerdegegner vertreten durch Rechtsanwalt Y. ,

    betreffend arbeitsrechtliche Forderung (Sicherheitsleistung)

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Arbeitsgerichtes Zürich,
    1. Abteilung, vom 5. Dezember 2017 (AH170150-L)

      Erwägungen:

      1. Am 31. Juli 2017 ging beim Arbeitsgericht Zürich die Klage des in C. wohnhaften Klägers und Beschwerdegegners (fortan Kläger) ein, mit welcher er

        von der ebenfalls in C.

        ansässigen Beklagten und Beschwerdeführerin

        (fortan Beklagte) einerseits Einsicht in sein Personaldossier sowie in weitere Unterlagen fordert und andererseits die Begleichung von nach Auskunftserteilung zu beziffernden Lohnnachzahlungen für die im Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis

        31. Dezember 2012 von ihm als Entsandter in Zürich geleisteten Überstunden im Sinne einer Teilklage verlangt. Dabei geht er von einem geschätzten Mindeststreitwert von USD 26'616.30 aus (Urk. 1 S. 2, 4). Auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens wurde gestützt auf Art. 199 Abs. 2 lit. a ZPO verzichtet (vgl. Urk. 1 S. 4). In der Folge wurde die Beklagte gemäss vorinstanzlicher Präsidialverfügung vom 15. August 2017 auf dem Rechtshilfeweg aufgefordert, eine Zustelladresse in der Schweiz zu bezeichnen (Urk. 5-10). Dieser Aufforderung kam die Beklagte fristgerecht nach (Urk. 11). Mittels erstinstanzlicher Präsidialverfügung vom 24. Oktober 2017 wurde der Beklagten sodann Frist zur Erstattung ihrer Klageantwort anberaumt (Urk. 13). Innert Frist verlangte die Beklagte mit Eingabe vom 6. November 2017 unter anderem die Abnahme dieser Frist und beantragte die Verpflichtung des Klägers, ihr für die Parteientschädigung, ausgehend von einem Streitwert von mindestens Fr. 157'000.-, eine Sicherheit in der Höhe von Fr. 15'752.zu leisten (Urk. 15 S. 1). Gemäss präsidialer Verfügung vom 13. November 2017 wurde der Beklagten die Frist zur Stellungnahme zur Klage einstweilen abgenommen und dem Kläger Frist angesetzt, um sich zu dem von der Beklagten geltend gemachten Mindeststreitwert in der Höhe von Fr. 157'000.zu äussern (Urk. 16). Mit Eingabe vom 24. November 2017 bezog der Kläger Stellung und hielt am seinerseits geltend gemachten Mindeststreitwert von USD 26'616.30 fest (Urk. 19). Gemäss Verfügung der Präsidentin der 1. Abteilung des Arbeitsgerichts Zürich vom 5. Dezember 2017 wurde dem Kläger hernach unter anderem Frist anberaumt, um für die Parteientschädigung der Beklagten Sicherheit in der Höhe von Fr. 4'900.zu leisten (Urk. 20). Auf rechtzeitiges Begehren des Klägers wurde ihm diese Frist bis am 15. Januar 2018 erstreckt (Urk. 22).

      2. Gegen die Verfügung vom 5. Dezember 2017 liess die Beklagte innert Frist (vgl. Urk. 5/21/2; Art. 145 ZPO) Beschwerde erheben und folgende Anträge stellen (Urk. 1 S. 2):

        1. Ziff. 1 des Dispositivs der Verfügung des Einzelgerichts am Arbeitsgericht Zürich vom 5. Dezember 2017 (AH170150-L/Z4) sei aufzuheben und durch folgende Fassung zu ersetzen:

        '1. Dem Kläger wird eine Frist von 10 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung angesetzt, um für die Parteientschädigung der Beklagten Sicherheit in der Höhe von CHF 14'000 zu leisten.

        Die Sicherheit kann bei der Bezirksgerichtskasse Zürich (Postkonto ) in bar durch Garantie einer in der Schweiz niedergelassenen Bank eines zum Geschäftsbetrieb in der Schweiz zugelassenen Versicherungsunternehmens geleistet werden.'

        1. Eventualiter sei Ziff. 1 des Dispositivs der Verfügung des Einzelgerichts am Arbeitsgericht Zürich vom 5. Dezember 2017 (AH170150-L/Z4) aufzuheben und zur neuen Entscheidung betreffend Höhe der Sicherheitsleistung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

        2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdegegners.

        Sodann stellte die Beklagte das Gesuch, ihrer Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen (Urk. 1 S. 2).

      3. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Mit Verfügung vom 10. Januar 2018 wurde dem Kläger Frist zur Stellungnahme zum gegnerischen Gesuch um aufschiebende Wirkung angesetzt (Urk. 6). Der Kläger widersetzte sich diesem Ersuchen in der Folge nicht (Urk. 9 S. 2). Mittels Verfügung vom 23. Januar 2018 wurde der Beschwerde der Beklagten gegen Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung der Präsidentin des Arbeitsgerichts Zürich, 1. Abteilung, vom 5. Dezember 2017 die aufschiebende Wirkung erteilt (Urk. 10). Gemäss Verfügung vom 30. Januar 2018 wurde dem Kläger Frist zur Beantwortung der Beschwerde anberaumt (Urk. 11). Mittels Eingabe vom 15. Februar 2018 liess der Kläger die Beschwerde rechtzeitig beantworten, wobei er auf vollumfängliche Abweisung derselben unter Kostenund Entschädigungsfolgen für die Verfahren beider Instanzen zulasten der Beklagten schloss (Urk. 12 S. 2). Mit Verfügung vom 20. Februar 2018 wurde

die Beschwerdeantwortschrift der Beklagten zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 13).

    1. Entscheide über die Leistung von Sicherheiten sind mit Beschwerde anfechtbar (Art. 103 ZPO). Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.

    2. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Es gilt das Rügeprinzip (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger, ZPO Komm., ZPO 321 N 15). Ferner herrscht ein umfassendes Novenverbot, welches sowohl echte als auch unechte Noven beinhaltet und ebenso diejenigen Fälle umfasst, in denen die Untersuchungsmaxime gilt (vgl. Freiburghaus/Afheldt, a.a.O., ZPO 326 N 4; Emmel, a.a.O., N 13 zu Art. 119 ZPO; BGE 5A_405/2011, E. 4.5.3.).

    1. Erfüllt die klagende Partei eine der Voraussetzungen gemäss Art. 99 Abs. 1 ZPO, hat sie auf Antrag der beklagten Partei Sicherheit für deren Parteientschä- digung zu leisten. Die Leistung der Sicherheit ist eine Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 2 lit. f ZPO). Weil es sich um eine Prozessvoraussetzung handelt, sind die relevanten Tatsachen von Amtes wegen festzustellen (BSK ZPO-Rüegg, Art. 99 N 2).

      Die Beklagte stellte den Antrag auf Sicherheitsleistung für ihre Parteientschädigung mit Eingabe vom 6. November 2017 (Urk. 15) im Rahmen der ihr anberaumten Frist zur Klageantwort und damit rechtzeitig (vgl. Mohs, OFK-ZPO, ZPO 99 N 2 m.w.H.).

      Der Kläger hat keinen Wohnsitz in der Schweiz. Es ist daher der Kautionsgrund gemäss Art. 99 Abs. 1 lit. a ZPO gegeben. Ein Staatsvertrag, welcher eine Befreiung von der Kautionspflicht vorsieht, liegt zwischen der Schweiz und den USA nicht vor (vgl. auch BGE 121 I 108 E. 3d; Suter/von Holzen, in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., ZPO 99 N 22). Dass beide Parteien Wohnsitz in C. /USA haben und die Beklagte die Zwangsvollstreckung in ihrem Heimatstaat vollziehen kann (Urk. 12 S. 3), vermag an der gesetzlich

      vorgesehenen Kautionspflicht bei ausländischem Wohnsitz der klagenden Partei nichts zu ändern, weil Kostenentscheide schweizerischer Gerichte im Ausland nicht ohne weiteres vollstreckt werden können (Mohs, OFK-ZPO, ZPO 99 N 3 m.H.).

    2. Die Sicherheitsleistung ist nach der mutmasslichen Höhe der Parteientschä- digung zu bemessen, wie diese im Verfahren der angerufenen Instanz nach dem massgeblichen kantonalen Tarif voraussichtlich festzusetzen sein wird (Art. 95 Abs. 3 und Art. 96 ZPO). Die entscheidende Behörde verfügt bei der Festsetzung der Sicherheit naturgemäss über ein weites Ermessen (Urwyler/Grütter, DIKEKomm-ZPO, Art. 100 N 1). Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist in erster Linie auf den Streitwert abzustellen (§ 2 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 1 AnwGebV).

    3. Die Vorinstanz erwog, der Kläger habe in seiner Eingabe vom 24. November 2017 wiederholt dargelegt, dass es sich vorliegend um eine Stufenklage mit einem Mindeststreitwert unter Fr. 30'000.handle. Die Voraussetzungen für eine Stufenklage seien gegeben und der angegebene Mindeststreitwert sei nachvollziehbar. Die Klage sei daher im vereinfachten Verfahren zu behandeln. Das Grundhonorar einer berufsmässigen Vertretung nach der zürcherischen Anwaltsgebührenverordnung betrage bei einem Streitwert von USD 26'616.30 bzw. Fr. 25'788.50 rund Fr. 4'900.- (inkl. MwSt.). Die von der Beklagten beantragte Sicherheitsleistung von Fr. 15'752.erscheine daher zu hoch. Der Kläger sei aber zu verpflichten, für die Parteientschädigung der Beklagten eine Sicherheit von Fr. 4'900.zu leisten (Urk. 2 S. 2).

    4. Die Beklagte kritisiert, sie habe schon vor Vorinstanz in ihrer Eingabe vom 6. November 2017 aufgezeigt, dass der Mindeststreitwert nach der klägerischen Argumentation rund sechsmal höher gelegen habe, als vom Kläger angegeben. Dementsprechend habe sie beantragt, die Sicherheitsleistung ausgehend von einem Streitwert von Fr. 157'000.- (recte wohl: USD 157'000.-, vgl. Urk. 1 S. 7) zu bemessen. Darüber hinaus habe sie beantragt, die daraus resultierende Grundgebühr gestützt auf § 4 Abs. 2 AnwGebV um 10 % zu erhöhen, da die eingereichten Dokumente alle in englischer Sprache verfasst seien, was mit Übersetzungsaufwand und entsprechendem Zeitaufwand verbunden sei. Die Vorinstanz habe

      es in Verletzung von Art. 91 Abs. 2 ZPO unterlassen, die offensichtlich unrichtige Angabe des Mindeststreitwertes durch den Kläger zu berichtigen. Zur Prüfung der Frage, ob der genannte Streitwert offensichtlich unrichtig sei, sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung denn auch nicht einfach auf das klägerische Rechtsbegehren, sondern auf die Klageschrift insgesamt abzustellen. Der Kläger habe in seiner Klageschrift auf die von ihm eingereichten Arbeitsstundenübersichten verwiesen, aus denen hervorgehen soll, dass er in der von ihm für massgeblich erklärten Periode vom 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2012 angeblich 175.5 Stunden Überzeit geleistet habe, was durchschnittlich 6.75 Überstunden pro Woche entspreche. Daraus habe der Kläger den Mindeststreitwert von USD 26'616.30 abgeleitet. Der Kläger habe in seiner Klageschrift aber auch ausgeführt, die Arbeitsstundenübersichten seien äusserst zurückhaltend erstellt worden und gäben die tatsächlich geleistete Überzeit nicht annähernd wieder. Vielmehr habe er effektiv weit mehr Überzeit geleistet, indem er zwischen 85 bis 100 Stunden pro Woche habe arbeiten müssen, was einer Überzeitarbeit von mindestens 40 Stunden Überzeit pro Woche entspreche. Auf dieser Darstellung sei der Kläger zu behaften. Die Vorinstanz habe es unterlassen, die offensichtlich unrichtige und im Widerspruch zu den eigenen Behauptungen des Klägers stehende Angabe des Streitwerts zu berichtigen. Richtigerweise hätte die Vorinstanz von einem Mindeststreitwert von mindestens Fr. 152'000.ausgehen und entsprechend eine Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung in der Höhe von mindestens Fr. 14'000.festlegen müssen (Urk. 1 S. 4 ff.).

    5. Der Kläger lässt entgegnen, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt habe, handle es sich vorliegend um eine Stufenklage mit einem Mindeststreitwert unter Fr. 30'000.-, wobei dieser Mindeststreitwert nachvollziehbar dargelegt worden sei. Aufgrund des Informationsdefizits sei es ihm weder möglich noch zumutbar (gewesen), die Forderung genau zu beziffern. Er habe in seiner Klageschrift eingehend dargelegt, wie sich der Mindeststreitwert zusammensetze. Dieser ergebe sich aus der Arbeitsstundenübersicht der Beklagten, welche diese ihm mit Schreiben vom 2. November 2015 zugeschickt habe. Danach habe er in den Monaten Juli bis Dezember 2012 anerkanntermassen Überzeit von mindestens 175.5 Stunden geleistet, was einer Entschädigung von USD 26'616.33 entspreche (zur

      Berechnung vgl. Urk. 1 S. 9 und Urk. 12 S. 4). Effektiv habe er aber noch mehr gearbeitet und weitere Überzeit geleistet, auch in den Nächten und über die Wochenenden, wobei eine genaue Bezifferung erst nach Auskunftserteilung durch die Beklagte möglich sei. Sollte die Vorinstanz nach Auskunftserteilung durch die Beklagte der Ansicht sein, der Streitwert liege höher als der angegebene Mindeststreitwert in der Höhe von USD 26'616.30, könne sie die Höhe der Sicherheitsleistung der Parteientschädigung dem höheren Streitwert anpassen. Die Vorinstanz bleibe dabei auch zuständig und die Verfahrensart ändere sich nicht. Im Übrigen bestimmten sich die definitiven Kostenund Entschädigungsfolgen nach dem definitiven Streitwert, sodass der Vorwurf fehlschlage, der Kläger wolle ein kostenloses Verfahren anstreben (Urk. 12 S.3 ff.).

    6. Ist es der klagenden Partei unmöglich unzumutbar, ihre Forderung bereits zu Beginn des Prozesses zu beziffern, so kann sie eine unbezifferte Forderungsklage erheben. Sie muss jedoch einen Mindestwert angeben, der als vorläufiger Streitwert gilt (Art. 85 Abs. 1 ZPO). Bei der Höhe der Festlegung des Mindeststreitwertes ist der Kläger weitgehend frei; ein Eingreifen des Gerichts über eine analoge Anwendung von Art. 91 ZPO ist nur angezeigt, wenn der angegebene Mindestwert offensichtlich unrichtig ist. Dass das Gericht eingreift, wenn der angegebene Mindestwert offensichtlich unrichtig ist, rechtfertigt sich insbesondere deshalb, weil andernfalls der vom Kläger zu leistende Kostenvorschuss sowie eine allfällige Sicherheit für die Parteientschädigung zu tief angesetzt würden. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Sicherheit und auch der Vorschuss nachträglich erhöht werden können (Art. 100 Abs. 2 ZPO). Ob der Kläger den Mindestwert offensichtlich zu tief angegeben hat, ist schwierig zu beurteilen und dementsprechend mit Zurückhaltung zu bejahen. Wie viel der Kläger schlussendlich von der Beklagten verlangen will, kann erstens nur er selber festlegen und hat er zweitens zu Beginn des Prozesses wohl noch nicht entschieden, ansonsten würde er kaum eine unbezifferte Forderungsklage erheben. Nur wenn die Vorbringen im Rahmen der Klagesubstantiierung darauf schliessen lassen, dass der Kläger mit grosser Wahrscheinlichkeit weit mehr zu fordern beabsichtigt, als er als Mindestwert angibt, kann das Gericht den vorläufigen Streitwert höher als den angegebenen Mindestwert ansetzen. Um davon ausgehen zu können, die Angabe des Klägers

sei offensichtlich unrichtig, ist mithin ein klarer Widerspruch zwischen den klägerischen Vorbringen und dem genannten Mindestwert vorausgesetzt (Bopp/Bessenich, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 85 N 18; Sabine Baumann Wey, Die unbezifferte Forderungsklage nach Art. 85 ZPO, Diss. Luzern 2013, Rz. 478 ff.). Zur Prüfung der Frage, ob der genannte Streitwert offensichtlich unrichtig ist, ist nicht einfach auf das Rechtsbegehren abzustellen, sondern auf die Klageschrift insgesamt (OGer ZH RB130011 vom 18.04.2013, E. 4c).

Der vom Kläger angegebene Mindeststreitwert von USD 26'616.30 bzw. Fr. 25'788.50 basiert auf 175.5 Überzeitarbeitsstunden, welche der Kläger für die Zeitspanne von Juli 2012 bis Ende Dezember 2012 aus der ihm von der Beklagten zugesandten Arbeitsstundenübersicht für das Jahr 2012 (vgl. Urk. 5/4/4 und Urk. 5/4/5) ableitet (Urk. 1 S. 2, 6 f., 9 f.; Urk. 12 S. 4, 7). Der Kläger geht allerdings explizit von effektiv zwischen 85 bis 100 wöchentlichen Arbeitsstunden und damit basierend auf einer vereinbarten und wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden (Urk. 5/1 S. 8; Urk. 5/4/3 S. 4, Ziffer 5; Urk. 5/4/4) von mindestens 40 Überzeitstunden pro Woche aus. Er werde die Zahlen entsprechend präsentieren können, sobald die Beklagte ihrer Auskunftspflicht nachgekommen sei (Stufenklage). Die von der Beklagten herausgegebene Arbeitsübersicht sei dabei nicht zu verwechseln mit einer Arbeitszeiterfassung, zumal erstere im Sinne einer blossen Schätzung funktioniere, welche jeweils wochenweise im Voraus erstellt worden sei. Die daraufhin effektiv geleistete Arbeitszeit habe die Beklagte bis heute nicht offengelegt (Urk. 5/1 S. 6 f.).

Überzeit liegt vor, wenn nicht nur die vertragliche (Überstunden), sondern die Maximalarbeitszeit laut Arbeitsgesetz (45 Stunden pro Woche, 9 Stunden pro Tag für Büropersonal; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a ArG) überschritten wird. Der Arbeitnehmer hat nachzuweisen, dass er Überstunden leistete und dass sie angeordnet betrieblich notwendig waren (BGE 129 III 171 E. 2.4). Er hat auch die genaue Zahl der Überstunden nachzuweisen (BGer 4C.133/2000 vom 8. September 2000, E. 3c). Die Arbeitgeberin trifft eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten (Art. 46 ArG i.V.m. Art. 73 Abs. 1 lit. c ArGV 1). Angesichts dieser Aufzeichnungspflicht ist vom Arbeitnehmer nicht zu erwarten, dass er seinerseits irgendwelche Aufzeichnungen über seine Arbeitszeiten macht bzw. eine genaue Aufstellung seiner Überstunden beibringt. Allerdings kann er sehr wohl abschätzen und nach entsprechenden substantiierten Behauptungen mit Zeugen nachweisen, ob und gegebenenfalls in welchem ungefähren Umfang in einem Betrieb Überstunden geleistet worden sind (vgl. BGer 4C.146/2003 vom 28. August 2003, E. 5.2.1).

Der Kläger behauptet mindestens 40 wöchentliche Überzeitarbeitsstunden (mindestens 85 wöchentliche Arbeitsstunden abzüglich 45 Stunden wöchentliche Höchstarbeitszeit; Urk. 5/1 S. 6). Der angegebene Mindeststreitwert basiert dann jedoch lediglich auf durchschnittlich 6.75 Überzeitstunden pro Woche, welche aus der beklagtischen Arbeitsstundenübersicht hervorgehen (175.5 Überzeitstunden : 26 Wochen; Urk. 5/1 S. 6, 9 f.; vgl. auch Urk. 5/15 S. 3). Der angegebene Mindeststreitwert ist somit rund sechs Mal tiefer als der Mindeststreitwert, wie er sich aus den klägerischen Behauptungen in der Klageschrift ergibt. Es ist somit davon auszugehen, dass der Kläger mit grosser Wahrscheinlichkeit weit mehr zu fordern beabsichtigt, als er als Mindestwert angibt. Er ist denn auch durchaus in der Lage, die geleisteten Überzeitstunden (zwischen 40 und 55 pro Woche) abzuschätzen. Damit ist jedoch von einer offensichtlich unrichtigen Streitwertangabe auszugehen, welche durch das Gericht zu korrigieren ist (Art. 91 Abs. 2 ZPO analog).

Anzumerken bleibt, dass es dem Kläger unbenommen geblieben wäre, seine Teilklage nicht nur auf den geltend gemachten Zeitraum, sondern auch betragsmässig auf einen Streitwert unter Fr. 30'000.zu beschränken, zumal das Beweisrisiko betreffend den Nachweis von geleisteten Überstunden bekanntlich hoch ist. Solches ist zulässig, nachdem kein Verstoss gegen Treu und Glauben vorliegt, wenn Teilklage erhoben wird, um in den Genuss der Vorteile des kostenlosen und von der Untersuchungsmaxime beherrschten Verfahrens zu kommen, selbst wenn sich dieses Motiv klar aus der Begründung ergibt. Die Inanspruchnahme der Vorteile eines bestimmten Verfahrens einer bestimmten sachlichen Zuständigkeit durch Teilklage ist für sich genommen nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. OGer ZH LA170013 vom 9.10.2017, E. 4.2; ZR 114/2015 Nr. 55 S. 208210).

Den Überzeitlohn beziffert der Kläger mit USD 151.66 (Urk. 5/1 S. 10; Urk. 12 S. 4; vgl. auch Art. 13 Abs. 1 ArG). Ausgehend von 40 wöchentlichen Überzeitstunden und 26 Wochen rechtfertigt es sich somit, von einem (vorläufigen) Mindeststreitwert von rund USD 157'700.bzw. rund Fr. 152'500.- (Wechselkurs am 31. Juli 2017 [Eingang Klage]: 1 USD = 0,96681 CHF [www.de.exchange-rates.or g]; vgl. auch Urk. 15 S. 3; Urk. 1 S. 7) auszugehen.

Bei einem (vorläufigen) Streitwert von rund Fr. 152'500.ergibt sich eine Grundgebühr von rund Fr. 14'000.- (§ 4 Abs. 1 AnwGebV). Ein (10 %iger) Zuschlag gemäss § 4 Abs. 2 AnwGebV, wie die Beklagte dies mit Blick auf die eingereichten Dokumente forderte, welche alle in englischer Sprache verfasst seien, was mit Übersetzungsaufwand und entsprechendem Zeitaufwand verbunden sei (Urk. 15

S. 3; Urk. 1 S. 4), rechtfertigt sich zur Zeit nicht. Im Kanton Zürich ist die Amtssprache Deutsch (Art. 129 ZPO i.V.m. Art. 48 KV), weshalb sämtliche Eingaben und Dokumente grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen sind. Entsprechend forderte die Vorinstanz den Kläger im Rahmen ihrer Verfügung vom 5. Dezember 2017 denn auch auf, die von ihm eingereichten, in englischer Sprache verfassten und als relevant erachteten Beilagen auf Deutsch (Amtssprache) übersetzen zu lassen (Urk. 2). Ausserdem beschränkt sich die Beklagte im Rahmen ihrer Beschwerde nunmehr selbst auf eine Grundgebühr von Fr. 14'000.- (Urk. 1

S. 1, 5). Der Kläger schuldet der Beklagten für deren mutmassliche Parteientschädigung mithin eine Sicherheitsleistung von Fr. 14'000.- und nicht bloss eine solche von Fr. 4'900.-, wie die Vorinstanz dies verfügte.

  1. Weil jedoch von einem Streitwert von rund Fr. 152'500.auszugehen ist, ist die (unbezifferte) Forderungsklage nicht mehr im vereinfachten Verfahren zu führen (Art. 243 Abs. 1 ZPO). Die Streitsache hätte dementsprechend von Anfang an dem Kollegialgericht des Arbeitsgerichts Zürich zur Behandlung im ordentlichen Verfahren zugeoder überwiesen werden müssen und nicht dem Einzelgericht des Arbeitsgerichts im vereinfachten Verfahren (vgl. Art. 243 Abs. 1 ZPO e contrario; § 20 Abs. 1 lit. a GOG, § 25 GOG e contrario). Die sachliche Zuständigkeit ist eine von Amtes wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 1 lit. b ZPO; Art. 60 ZPO). War das Einzelgericht sachlich nicht zuständig, ist die angefochtene Verfügung vom 5. Dezember 2017 indessen nichtig und formell aufzuheben. Im Übrigen tat die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 6. November 2017 die Auffassung kund, die Vorinstanz sei weder örtlich noch sachlich zustän- dig (Urk. 5/15 S. 4). Die Beklagte ist somit durch den stillschweigenden Zustän- digkeitsentscheid der Vorinstanz auch beschwert.

    Wird eine Klage beim falschen Spruchkörper innerhalb des nämlichen Gerichts eingereicht, ist die Klage gerichtsintern formlos an den (sachlich) zuständigen Spruchkörper weiterzuleiten, ohne dass ein förmlicher Nichteintretensentscheid wegen fehlender Zuständigkeit zu ergehen hat und ohne dass Art. 63 ZPO Anwendung findet. Die Rechtshängigkeit der Klage beim angerufenen Gericht bleibt bestehen (A. Staehelin/D. Staehelin/P. Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. A., 2013,

    S. 172 f; I. Berger-Steiner, BK ZPO Art. 63 N 22; Zürcher, in SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 59 N 17; M. Müller-Chen, DIKE-Komm-ZPO, Art. 63 N 17). Ist die Verfügung des präsidialen Einzelgerichts vom 5. Dezember 2017 mangels (sachlicher) Zuständigkeit aufzuheben, bleibt in analoger Anwendung des vorgenannten Grundsatzes die beim Arbeitsgericht Zürich eingereichte Klage in dessen Zuständigkeit als Kollegialgericht rechtshängig. Das Verfahren ist damit an das Kollegialgericht am Arbeitsgericht Zürich zur Behandlung im ordentlichen Verfahren zu überweisen (vgl. OGer ZH LA150031 vom 25.11.2015, E. 3.2). Dieses wird zunächst dem Kläger Frist anzusetzen haben, um für die (mutmassliche) Parteientschädigung der Beklagten eine Sicherheitsleistung von Fr. 14'000.zu erbringen. Das Kollegialgericht ist an diese verbindliche Weisung der Berufungsinstanz gebunden (vgl. Reetz/Hilber, in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., Art. 318 N 31).

  2. Der Streitwert des vorliegenden arbeitsrechtlichen Verfahrens übersteigt in der Hauptsache Fr. 30'000.-, weshalb das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig ist (Art. 114 lit. c ZPO e contrario). Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Kläger im Beschwerdeverfahren kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Anzumerken bleibt, dass die Vorinstanz zwar zu Unrecht still-

schweigend ihre sachliche Zuständigkeit bejahte. Eine eigentliche Justizpanne, welche billigkeitshalber eine Kostenauflage an den Kanton erlauben würde (Art. 107 Abs. 2 ZPO; BGer 5A_104/2012 vom 11. Mai 2012, E. 4.4.2; BGer

4A_364/2013 vom 5. März 2014, E. 15.4), liegt jedoch nicht vor, zumal der Kläger

diesen Verfahrensfehler mit seiner Streitwertangabe zumindest mitverschuldet hat.

Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren ist in Anwendung der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG) auf Fr. 500.festzulegen (§ 12 GebV OG i.V.m. § 9 Abs. 1 GebV OG). Sodann ist der Kläger antragsgemäss (vgl. Urk. 1 S. 2) zur Leistung einer Parteientschädigung an die Beklagte für das Beschwerdeverfahren zu verpflichten. Diese ist, ausgehend von einem obergerichtlichen Streitwert von Fr. 9'100.- (Fr. 14'000.verlangte Sicherheitsleistung abzüglich Fr. 4'900.von der Vorinstanz zugesprochene Sicherheitsleistung), auf Fr. 700.festzusetzen (§ 4 Abs. 1, § 9, § 11 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 und 4 AnwGebV; Mehrwertsteuer inbegriffen).

Es wird beschlossen:

  1. Die Verfügung der Präsidentin der 1. Abteilung des Arbeitsgerichts Zürich als Einzelgericht vom 5. Dezember 2017 wird aufgehoben.

  2. Das Verfahren wird im Sinne der Erwägungen an die Kollegialabteilung der

    1. Abteilung des Arbeitsgerichts Zürich überwiesen.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.festgesetzt.

  4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

  5. Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 700.zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und die 1. Abteilung des Arbeitsgerichts Zürich (Einzelund Kollegialgericht), je gegen Empfangsschein.

    Die erstund zweitinstanzlichen Akten werden der 1. Abteilung des Arbeitsgerichts Zürich (Kollegialgericht) nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist zugestellt.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 BGG.

Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert in der Hauptsache liegt über Fr. 15'000.-.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 23. April 2018

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. M. Reuss Valentini versandt am:

mc

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