Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS230150 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 23.11.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets |
Zusammenfassung : | Der Text handelt von einem Scheidungsfall, bei dem es um die elterliche Sorge und Unterhaltszahlungen für drei Kinder geht. Nach verschiedenen Gerichtsentscheiden wurde der Vater verpflichtet, Unterhaltszahlungen zu leisten. Die Mutter forderte eine Erhöhung der Unterhaltszahlungen, was vom Gericht teilweise genehmigt wurde. Der Vater legte gegen das Urteil Berufung ein, argumentierte jedoch erfolglos, dass die Stipendien der Kinder nicht als Einkommen angerechnet werden sollten. Letztendlich wurde das Urteil bestätigt, und die Gerichtskosten wurden dem Vater auferlegt. |
Schlagwörter : | Token; Protokoll; Ether; Block; Recht; Blockchain; Kryptowäh; Zahlungs-Token; Vermögens; Kryptowährung; Schweiz; Vermögenswerte; Wallet; Smart; Contract; Kryptowährungen; -Protokoll; Massnahme; Bericht; Holding; Massnahmen; Gericht; Protokolle; Holdings |
Rechtsnorm: | Art. 1 ZGB ; Art. 106 ZPO ; Art. 166 IPRG ; Art. 167 IPRG ; Art. 168 IPRG ; Art. 170 IPRG ; Art. 170 KG ; Art. 242 KG ; Art. 242a KG ; Art. 292 StGB ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 90 BGG ; Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 132 III 140; 135 III 566; 137 III 625; 138 III 232; 140 III 512; 142 II 49; 149 III 249; |
Kommentar: | Schweizer, 2. Aufl., Zürich, Art. 262 ZPO, 2016 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS230150-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur, Vorsitzender,
Oberrichter Dr. E. Pahud und Ersatzrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Gerichtsschreiberin MLaw L. Jauch
Urteil vom 23. November 2023
in Sachen
als Co-Liquidatoren der C. Holdings (in Liquidation), Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt X1. und / Rechtsanwalt X2. , betreffend Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets
Rechtsbegehren:
(act. 10)
1. Es sei der Beschluss FSD 54 OF 2023 (IKJ) vom Grand Court der Cayman Islands vom 11. Juli 2023 für das Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft gerichtlich anzuerkennen.
Das Stadtammann- und Betreibungsamt Zürich 1, Gessnerallee 50, 8001 Zürich sei gerichtlich anzuweisen, ein Güterverzeichnis über sämtliche auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft befindlichen Vermögenswerte der C. Holding, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika] aufzu- nehmen.
Der E. AG (CHE-...), F. -strasse 1, ... Zürich sei gerichtlich unter Strafandrohung von Art. 292 StGB zu verpflichten, die zugunsten der C. Holdings, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika] gehaltenen auf diese lautenden, gebuchten, registrierten und/oder eingetragenen KryptoVermögenswerte, namentlich die Ether-KryptoVermögenswerte, die sich in jeglichen Protokollen algorithmischen Codes der E. AG befin- den und sich in ihrem Besitz befinden, von ihr kontrolliert betrieben werden und die von der digitalen Brieftasche (Wallet?) übertragen wurden, im Besonderen jene deren öffentliche Adresse auf der Ethereum-Blockchain §2 lautet, zu sperren.
Der E. AG (CHE-...), F. -strasse 1, ... Zürich sei gerichtlich unter Strafandrohung von Art. 292 StGB zu verbieten, über die zugunsten der C. Holdings, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika] gehaltenen auf diese lautenden, gebuchten, registrierten und/oder eingetragenen KryptoVermögenswerte, namentlich die Ether-KryptoVermögenswerte, die sich in jeglichen Protokollen algorithmischen Codes der E. AG befin- den und sich in ihrem Besitz befinden, von ihr kontrolliert betrieben werden und die von der digitalen Brieftasche (Wallet?) übertragen wurden, im Besondren jene deren öffentliche Adresse auf der Ethereum-Blockchain §2 lautet, zu verfügen, namentlich diese zu verkaufen, transferieren, zu übertragen, zu veräussern, zu verpfänden, zu belasten, zu entfremden und/oder zu verschenken.
Die Rechtsbegehren Nr. 2-4 seien superprovisorisch zu verfügen.
- unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST -
Verfügung des Bezirksgerichts:
(act. 12 = act. 15 = act. 17)
Das Gesuch um (superprovisorischen) Erlass sichernder Massnahmen wird abgewiesen.
[Mitteilung.]
[Rechtsmittelbelehrung.]
BeschwerdeAnträge:
(act. 16)
1. Die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 4. August 2023
(EK231085-L) sei vollumfänglich aufzuheben.
Das Stadtammann- und Betreibungsamt Zürich 1, Gessnerallee 50, 8001 Zürich sei gerichtlich anzuweisen, ein Güterverzeichnis über sämtliche auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft befindlichen Vermögenswerte der C. Holdings, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika] aufzu- nehmen.
Der E. AG (CHE-...), F. -strasse 1, 8008 Zürich sei gerichtlich unter Strafandrohung von Art. 292 StGB zu verpflichten, die zugunsten der C. Holdings, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika] gehaltenen auf diese lautenden, gebuchten, registrierten und/oder eingetragenen KryptoVermögenswerte, namentlich die Ether-KryptoVermögenswerte, die sich in jeglichen Protokollen algorithmischen Codes der E. AG befin- den und sich in ihrem Besitz befinden, von ihr kontrolliert betrieben werden und die von der digitalen Brieftasche (Wallet?) übertragen wurden, im Besonderen jene deren öffentliche Adresse auf der Ethereum-Blockchain §2 lautet, zu sperren.
Der E. AG (CHE-...), F. -strasse 1, 8008 Zürich sei gerichtlich unter Strafandrohung von Art. 292 StGB zu verbieten, über die zugunsten der C. Holdings, ... [Adresse], D. [Staat in Mittelamerika], gehaltenen auf diese lautenden, gebuchten, registrierten und/oder eingetragenen KryptoVermögenswerte, namentlich die Ether-KryptoVermögenswerte, die sich in jeglichen Protokollen algorithmischen Codes der E. AG befin- den und sich in ihrem Besitz befinden, von ihr kontrolliert betrieben werden und die von der digitalen Brieftasche (Wallet?) übertragen wurden, im Besondren jene deren öffentliche Adresse auf der Ethereum-Blockchain §2 lautet, zu verfügen, namentlich diese zu verkaufen, transferieren, zu übertragen, zu veräussern, zu verpfänden, zu belasten, zu entfremden und/oder zu verschenken.
Die Rechtsbegehren Nr. 2-4 seien superprovisorisch zu verfügen.
- unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST -
Eventualiter
Die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 4. August 2023
(EK231085-L) sei vollumfänglich aufzuheben.
Die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
- unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST -
Erwägungen:
1.
Mit Eingabe vom 23. Juni 2023 (ebenso Datum des Poststempels, act. 1; samt Begleitschreiben, act. 2, und Beilagen, act. 3, act. 4/244) stellten die Gesuchsteller und Beschwerdeführer (fortan: Beschwerdeführer) beim Bezirksgericht Zürich (fortan: Vorinstanz) ein Begehren um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets nach Art. 166 IPRG (Beschluss FSD 54 OF 2023 [IKJ] des Grand Court der Cayman Islands vom 8. März 2023) sowie Anordnung sichernder Massnahmen nach Art. 168 IPRG. Mit Verfügung vom 29. Juni 2023 wies die Vorinstanz das Gesuch um Anordnung sichernder Massnahmen ab, weil nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass der fragliche Beschluss des Grand Court der Cayman Islands als ausländisches Konkursdekret anerkannt werden könne
(act. 5 S. 4 und Dispositiv-Ziffer 1). Mit Eingabe vom 26. Juli 2023 (ebenso Datum des Poststempels, act. 10; samt Beilagen, act. 11/B44B51) stellten die Beschwerdeführer in Abänderung des urspränglichen Gesuchs die obgenannten Rechtsbegehren um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets nach
Art. 166 IPRG (Beschluss FSD 54 OF 2023 [IKJ] des Grand Court der Cayman Islands vom 11. Juli 2023) sowie Anordnung sichernder Massnahmen
nach Art. 168 IPRG. Mit Verfügung vom 4. August 2023 wies die Vorinstanz das Gesuch um Anordnung sichernder Massnahmen wiederum ab (act. 12 = act. 15 [Aktenexemplar] = act. 17).
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17. August 2023 (ebenso Datum des Poststempels, act. 16; samt Beilagen, act. 1719) rechtzeitig
(act. 13 i.V.m. act. 16) die vorliegende Beschwerde, wobei sie gleichzeitig um superprovisorische Anordnung sichernder Massnahmen nach Art. 168 IPRG ersuchten (Beschwerdeantrag 5).
Mit Verfügung vom 22. August 2023 (act. 20) wurde das Gesuch um superprovisorische Massnahmen abgewiesen. Zudem wurden die Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 5'000 aufgefordert, welcher fristgerecht eingegangen ist (act. 22).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 113). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
2. Das Beschwerdeverfahren gegen Entscheide über sichernde Massnahmen gemäss Art. 168 IPRG richtet sich nach Art. 319 ff. ZPO (Art. 309 lit. a und lit. b Ziff. 7 ZPO i.V.m. Art. 319 lit. a ZPO; vgl. OGer ZH PS230006 vom 22. März 2023
E. II/1 m.w.H.; VOLKEN PAUL/RODRIGUEZ RODRIGO, in: Zürcher Kommentar zum IPRG - Band II - Art. 108a-200, Kommentar zum Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vom 18. Dezember 1987, 3. Aufl., Zürich - Basel - Genf 2018, Art. 168 IPRG N 7). Die Beschwerde ist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet einzureichen (vgl. Art. 321 Abs. 1 ZPO). Als BeschwerdeGründe können die unrichtige Rechtsanwendung sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Neue Antr?ge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
3.
Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens und der vorliegenden Beschwerde sind sichernde Massnahmen im Zusammenhang mit der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets. Der Antrag um Anerkennung eines ausl?n- dischen Konkursdekrets ist (sofern der Schuldner in der Schweiz keine im Han- delsregister eingetragene Zweigniederlassung hat) an das Gericht am Ort des Vermögens in der Schweiz zu richten (Art. 167 Abs. 1 IPRG). Sobald die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets beantragt ist, kann das Gericht auf
Begehren der antragstellenden Partei die sichernden Massnahmen nach Art. 162165 SchKG und Art. 170 SchKG anordnen (Art. 168 IPRG).
Die Beschwerdeführer machten im vorinstanzlichen Verfahren (stark zusammengefasst) Folgendes geltend (vgl. act. 10 Rz. 35, wo weitgehend auf das ursprängliche Gesuch, act. 1, verwiesen wird): Die Beschwerdeführer seien mit Verfügung des Grand Court der Cayman Islands vom 8. März 2023 bzw. vom
11. Juli 2023 als Liquidatoren der insolventen C. Holdings eingesetzt wor- den (vgl. act. 1 Rz. 33; act. 10 Rz. 22). Die C. Holdings, eine Gesellschaft nach dem Recht der Cayman Islands, habe eine Unternehmensgruppe (fortan: C. -Gruppe) kontrolliert, um die Kryptowährungsplattform C'. , auch bekannt als C''. , zu betreiben (vgl. act. 1 Rz. 32, 41). Indirekter Mehrheitsaktionür und Direktor der C. Holdings sei G. gewesen (vgl. act. 1 Rz. 46). Eine Untersuchung öffentlich zugänglicher Quellen habe ergeben, dass
unter anderem Vermögenswerte in Form der Kryptowährung Ether, welche entweder der C. Holdings Nutzern der C''. Gehörten, veruntreut habe (vgl. act. 1 Rz. 34, 4749, 87). Dabei habe er im Zeitraum vom 28. Juli 2021 bis zum 22. September 2022 zunächst insgesamt 11'010.08 Ether von einer virtuellen Brieftasche (sog. Wallet) der C''. (Wallet mit der öffentlichen Adresse 3; fortan: C''. -Wallet) auf sein eigenes Wallet (2; fortan in übereinstimmung mit der Terminologie der Beschwerdeführer: strittiges Wallet) übertragen. Zwischen dem 28. Juli 2021 und dem 11. Mai 2023 habe er sodann 13'912.7583 Ether vom strittigen Wallet auf ein Protokoll transferiert, das von der E. AG mit Sitz in Zürich erstellt worden sei (nachfolgend: E. -Protokoll; vgl. act. 1 Rz. 8081, 91, 94, 118127). Das E. -Protokoll funktioniere als sog. Smart Contract auf einer Ethereum-Blockchain und erlaube es den Nutzern, Ether in einem sog. Collateral Pool (fortan: Ether-Pool) als Sicherheit zu hinterlegen und dafür Darlehen in Form der Kryptowährung H. (ein sog. Stablecoin, dessen Wert an US-Dollar geknüpft ist) zu beziehen. Jeder Nutzer müsse dazu einen virtuellen Tresor (sog. Trove) errichten, um Ether einzuzahlen und
abzuheben (oder umgekehrt; vgl. act. 1 Rz. 91100). G. habe durch Hinterlegung der besagten 13'912.7583 Ether im Ether-Pool etwa 11'920'219.04 H. bezogen, wobei sich die 13'912.7583 Ether am 13. Juni
2023 noch im Ether-Pool befunden hätten (vgl. act. 1 Rz. 124127). Die E. AG übe als Schöpferin und Eigentümerin des E. -Protokolls eine gewisse Kontrolle über dieses aus und habe infolgedessen Verfügungsmacht i.S.v.
Art. 242a Abs. 2 SchKG über die im Ether-Pool hinterlegten Vermögenswerte, wenngleich sie dies bestreite (vgl. act. 1 Rz. 37, 103117, 139, 142; act. 10
Rz. 60). Die von G. veruntreuten und nunmehr im Ether-Pool hinterlegten 11'010.08 Ether Gehörten nach wie vor der C. Holdings und seien nach Er- öffnung des Hilfskonkursverfahrens nach Massgabe von Art. 170 IPRG i.V.m.
Art. 242 Abs. 3 SchKG zu admassieren (vgl. act. 1 Rz. 134135). Die E. AG sei im Sinne einer sichernden Massnahme anzuweisen, die besagten 11'010.08 Ether zu blockieren (vgl. act. 1 Rz. 208221), nätigenfalls durch Umprogrammierung des E. -Protokolls (vgl. act. 1 Rz. 222). Sollte dies nicht möglich sein, sei die E. AG anzuweisen, LUSD, die von der E. -Wallet ausgegeben würden, zu sperren, gegebenenfalls durch änderung der Protokolle, Algorithmen und Codes (vgl. act. 1 Rz. 223).
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, Kryptowährungen seien analog zu Forderungen am Wohnsitz bzw. Sitz des Drittschuldners belegen (Art. 167 Abs. 3 IPRG; act. 12 S. 2 f.). Die Beschwerdeführer hätten nicht behauptet, dass die E. AG Verwahrerin von Kryptowährungen sei, die der C. Holdings als Gemeinschuldnerin zuständen, dass sie aus einem anderen Rechtsgrund Drittschuldnerin der C. Holdings sei. Ebenso wenig hätten die Beschwerdeführer Unterlagen eingereicht, welche dies belegen würden (act. 12 S. 4). Sodann erschliesse sich nicht, inwiefern bzw. auf welcher rechtlichen Grundlage der
Ether-Pool der E. AG Gehöre und sie dadurch direkt indirekt die Kontrolle über die innerhalb des Ether-Pools hinterlegten Vermögenswerte ausübe (act. 12 S. 4). Insgesamt sei davon auszugehen, dass die E. AG zwar die der Kryptowährungsplattform zugrundeliegende Software entwickelt habe, die darauf gehandelten KryptoVermögenswerte jedoch direkt von den Nutzern verwaltet und verschoben würden (act. 12 S. 4 f.). Bei der von den Beschwerdeführern behaupteten gewissen Kontrolle der E. AG über das E. -Protokoll handle es sich offenbar um eine allenfalls mögliche technische Kontrolle, welche
jedoch keine zivilrechtliche Berechtigung der E. AG an den Vermögenswerten auf dem E. -Protokoll beGründe (act. 12 S. 5).
Die Beschwerdeführer Rügen sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Sie machen im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz habe den Belegenheitsort von Kryptowährungen zu Unrecht nach der für Forderungen massgeblichen Regelung gemäss Art. 167 Abs. 3 IPRG bestimmt (vgl. act. 16 Rz. 26 ff.). Richtigerweise seien Kryptowährungen als immaterielle Vermögenswerte zu betrachten und am Ort der Systemverwalterin hier die E. AG mit Sitz in Zürich zu lokalisieren (vgl. act. 16 Rz. 41 ff.). In tatsächlicher Hinsicht habe die Vorinstanz verkannt, dass die von der E. AG geschaffene Plattform gerade nicht den direkten Austausch zwischen den Nutzern ermögliche. Vielmehr finde der Austausch zwischen den Nutzern und dem von der E. AG erstellten Protokoll statt. Der E. AG komme als Systemverwalterin die Verfügungsgewalt über die von ihr geschaffe- nen Kryptowährungen und den Ether-Pool zu (vgl. act. 16 Rz. 66 ff.). Die Vorinstanz habe für diese zuständigkeitsbegründenden Tatsachen fälschlicherweise ein Höheres Beweismass als blosses Glaubhaftmachen verlangt (vgl.
act. 16 Rz. 76 ff.). Schliesslich müsse die örtliche zuständigkeit in Zürich unabhängig vom Vorliegen von Vermögenswerten anerkannt werden, da die Beschwerdeführer ein klares Interesse hätten, Ansprüche gegen die E. AG in der Schweiz einklagen zu können (vgl. act. 16 Rz. 66 ff.).
Auf die einzelnen Vorbringen ist soweit relevant im Rahmen der nachfolgenden Prüfung genauer einzugehen.
In einem ersten Schritt ist zu klüren, wie Kryptowährungen im Kontext von Art. 167 f. IPRG zu lokalisieren sind bzw. in welchen Fällen Kryptowährungen als am Gerichtsort belegen betrachtet werden können, sodass eine örtliche Zust?n- digkeit für die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets und die Anord- nung sichernder Massnahmen besteht. Dazu ist auf die technischen Grundlagen von Kryptowährungen und deren rechtliche Qualifikation einzugehen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die örtliche zuständigkeit bei der vorliegenden Ak-
tenlage zu bejahen ist, wobei auch die SachverhaltsRügen der Beschwerdeführer zu berücksichtigen sind.
4.
Unter Kryptowährungen im engeren Sinne werden sog. Zahlungs-Token (wie z.B. Bitcoin Ether) verstanden, die auf der sog. Distributed Ledger- Technologie beruhen (vgl. Bericht des Bundesrats Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger-Technologie und Blockchain in der Schweiz Eine Auslegeordnung mit Fokus auf dem Finanzsektor vom 14. Dezember 2018 [fortan: DLT- Bericht] S. 89, 141). Die Distributed Ledger-Technologie (zu Deutsch etwa Dezentrale Register-Technologie Streuregister-Technologie) beschreibt ein computerbasiertes Buchungssystem, bestehend aus einem Register, also einer Datenstruktur, in der die relevanten Daten kryptographisch verschlüsselt festgehalten werden, sowie einem Protokoll, das bestimmt, wie die Daten ausgetauscht und abgeglichen werden. Im Unterschied zu anderen Buchungssystemen ist das Register dezentral auf einer Vielzahl von Netzwerkknotenpunkten gespeichert,
d.h. auf mit dem Internet verbundenen Computern, auf denen eine Client Software installiert ist (sog. Nodes). Bei sog. permissionless Distributed Ledger- Systemen (wie der Ethereum-Blockchain) können sich beliebige Nutzer jederzeit bewilligungsfrei ohne Mitwirkung einer zentralen Instanz Zugang verschaffen. Die Datenverwaltung erfolgt über algorithmische Konsensmechanismen zwischen den Nodes, wiederum ohne Beteiligung einer zentralen Stelle eines Interme- diürs (vgl. zum Ganzen DLT-Bericht S. 1826, 31, 33; ENZ BENJAMIN V., Kryptowährungen im Lichte von Geldrecht und Konkursaussonderung, Diss. Zürich 2019, S. 12 m.w.H.; HAUSER-SP?HLER GABRIELA, Innovation vs. Regulation, Compliance im Digital-Finance-Bereich, Zürich - Basel - Genf 2017 [= Law & Ma- nagement Praxis 6], S. 16; MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchainbasierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022, S. 1123, 62; VOCK DOMI- NIK/HOFMANN DOMINIK, DLT-
basierte Token: Pfändung und Konkursbeschlag, SJZ 115/2019 S. 307 ff., 308; WENDEHORST CHRISTIANE/GRITSCH DANIEL, in: OMLOR SEBASTIAN/LINK MATHIAS
(Hrsg.), Kryptowährungen und Token, 1. Aufl., 2021, S. 759 ff., 763 f.). Eine mögliche Form, wie die Daten in einem solchen System abgelegt werden können, ist die sog. Blockchain. Dabei werden Operationen (z.B. Zahlungstransaktionen) in einem Block zusammengefasst und an den letzten früher erstellten Block angereiht, sodass die registrierten Operationen später nicht mehr verändert werden können (vgl. DLT-Bericht S. 18, 20).
Auf einem Distributed Ledger bzw. einer Blockchain können nebst reinen Daten auch sog. Smart Contracts dezentral abgespeichert werden, also Programmcodes, welche beim Vorliegen algorithmisch vordefinierter Bedingungen
(d.h. beim Vorhandensein bestimmter Inputdaten wie z.B. Zahlungsanweisungen, Wechselkursdaten etc.) bestimmte Operationen nach vordefinierten und grundsätzlich unveränderlichen Regeln automatisch abwickeln (vgl. DLT-Bericht
S. 23; BO?KI? MAGDALENA/HEPP SEBASTIAN, zkKYC in Decentralized Finance (De- Fi), GesKR 2023 S. 209 ff., 213 f.; MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022, S. 37; MÜLLER CHRISTOPH, Die Smart Contracts aus Sicht des Schweizerischen Obligationenrechts, ZBJV 155/2019 S. 330 ff., 331; SESING ANDREAS/BAUMANN JONAS S., Automatisierung
von Vertragsbeziehungen in der Industrie 4.0, InTeR 2020 S. 134 ff., 138; vgl. zur nachträglichen Unveränderlichkeit: MEYER STEPHAN D., Dezentrale autonome Organisationen (DAOs) und das Gesellschaftsrecht der Zukunft, AJP 2023 S. 319 ff., 335; MÜLLER LUKAS/SEILER RETO, Smart Contracts aus Sicht des Vertragsrechts, AJP 2019 S. 317 ff., 324 f.; WEBER ROLF H., Haftpflichtrecht und Versicherungen / Online-Dienstleistungen im Versicherungsbereich, in: MÜLLER KA- RIN/SCHWARZ J?-RG (Hrsg.), Auf zu neuen Ufern!, Festschrift für Walter Fellmann, Bern 2021, S. 131). Gerade Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain ermöglichen im Finanzbereich diverse Anwendungen, die auf die Disintermediation von Banken Vermögensverwaltern gerichtet sind, und unter den überbegriff Decentralized Finance (DeFi) gefasst werden (vgl. BO?KI? MAGDALENA/HEPP SE- BASTIAN, zkKYC in Decentralized Finance (DeFi), GesKR 2023 S. 209 ff., 210).
Ein sog. (Native) Token stellt in technischer Hinsicht eine auf der Blockchain gespeicherte (rivalisierende) Informationseinheit dar (vgl. DLT-Bericht S. 36, 49; ENZ BENJAMIN V., Kryptowährungen im Lichte von Geldrecht und Konkursaussonderung, Diss. Zürich 2019, S. 43; MEYER STEPHAN D., Rivalisierende digitale Güter im Niemandsland des Privatrechts, sic! 2023 S. 583 ff., 584). Wirtschaftlich bzw. funktional handelt es sich bei den hier interessierenden Zahlungs-Token (Kryptowährungen im engeren Sinne) um eine WertverKörperung, die als reines Zahlungsmittel für Waren und Dienstleistungen konzipiert ist (in Abgrenzung zu Nutzungs- und Anlage-Token; vgl. zum Ganzen DLT-Bericht S. 49 und 88 f. mit Verweis auf die Wegleitung der FINMA für Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs) vom 16. Februar 2018). Der Zugriff auf einen Zahlungs- Token erfolgt technisch mithilfe eines asymmetrisch kryptografischen Schlüsselpaars, das der Nutzer in einem permissionless Distributed Ledger-System selbststündig erzeugt. Der öffentliche Schlüssel (sog. Public Key) dient als Adresse, die anderen Nutzern zwecks Empfang von Transaktionen bekanntgegeben wird. Mit dem privaten Schlüssel (sog. Private Key) wird die Verfügungsmacht über die Adresse bzw. die damit verknüpften Zahlungs-Token ausgeübt (vgl. DLT-Bericht
S. 19, 28, 146; ENZ BENJAMIN V., Kryptowährungen im Lichte von Geldrecht und Konkursaussonderung, Diss. Zürich 2019, S.1218; MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022, S. 2628; VOCK DOMINIK/HOFMANN DOMINIK, DLT-basierte Token: Pfändung und Konkursbeschlag, SJZ 115/2019 S. 307 ff., 311). Das Schlüsselpaar wird üblicherweise in einem sog. Wallet gespeichert, entweder online über ein Software-Wallet, das selbststündig via einen Dienstleister gehalten werden kann, offline, z.B. auf einem Hardware-Wallet. Die Zahlungs-Token bleiben derweil dezentral auf der Blockchain gespeichert (vgl. MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022, S. 28 f.).
In rechtlicher Hinsicht werden Zahlungs-Token von der herrschenden Lehre als rein faktische, immaterielle Vermögenswerte und nicht etwa als Forderungen andere Rechte qualifiziert (vgl. DLT-Bericht S. 54, 66, 89 m.w.H.; Botschaft zum Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, BBl 2020 233 S. 242; E GGEN MIR- JAM, Was ist ein Token, AJP 2018 S. 558 ff., 562; ENZ BENJAMIN V., Kryptowährungen im Lichte von Geldrecht und Konkursaussonderung, Diss. Zürich 2019,
S. 162; GABERTHÜEL TINO/GRIVEL XAVIER, Tokenisierung von Aktien unter dem
neuen DLT-Gesetz (insb. Art. 973d ff. OR) und CMTA Standard, SZW 2022
S. 254 ff., 255; GEIGER ALEXANDRA/KELLER STEFAN, Kryptowährungen in der Nachlassplanung und -abwicklung, successio 2021 S. 259 ff., 261; HEINEL BASTIAN, Zwangsverwertung von Drittpfändern im Unternehmenskonkurs, Verfahren - Pfandobjekte - Rechtsbehelfe, Zürich - Basel - Genf 2022, S. 134; VOCK DOMI- NIK/HOFMANN DOMINIK, DLT-basierte Token: Pfändung und Konkursbeschlag, SJZ 115/2019 S. 307 ff., 309 m.w.H.; ähnlich JUTZI THOMAS/ABB?HL ANDRI, Fintech und DLT, Privat- und finanzmarktrechtliche Grundlagen in der Schweiz, Bern 2023,
S. 38 und S. 45 f., die Token als digitale, rivalisierende, exklusive Gegenstände des Fahrniseigentums beschreiben). Eine Minderheit vertritt die Auffassung, ein Token stelle eine Obligation dar, weil er dem Inhaber gegenüber den anderen Systemteilnehmern der Blockchain einen Anspruch auf Anerkennung als Berechtigter vermittle (vgl. VON DER CRONE HANS CASPAR/KESSLER FRANZ J./ANGSTMANN LUCA, Token in der Blockchain privatrechtliche Aspekte der Distributed Ledger Technologie, SJZ 114/2018 S. 337 ff., 340, 343; vgl. aber VON DER CRONE HANS CASPAR/BAUMGARTNER FLEUR, Digitalisierung des Aktienrechts Die Ausgabe von Aktien als Registerwertrechte, SZW 2020 S. 351 ff., 352, wonach Zahlungs-Token als rein faktische, immaterielle Vermögenswerte zu qualifizieren seien). Diese Auffassung wird überzeugend mit den Argumenten abgelehnt, dass es den Teil- nehmern des dezentralen Systems für eine allseitige Vertragsbeziehung an einem Rechtsbindungswillen fehlen dürfte, und darüber hinaus nicht klar sei, inwiefern ein Anerkennungsanspruch eine klagbare Forderung gegen einzelne Teilnehmer begründen sollte (vgl. DLT-Bericht S. 54; CHEVALLEY CYRILL A. H., The Legal Nature of Bitcoin under Swiss Private and Private International Law, recht 2023 S. 93 ff., 100; EGGEN MIRJAM, Was ist ein Token, AJP 2018 S. 558 ff., 561; ENZ BENJA-
MIN V., Kryptowährungen im Lichte von Geldrecht und Konkursaussonderung, Diss. Zürich 2019, S. 180 f.; HEINEL BASTIAN, Zwangsverwertung von Drittpfändern im Unternehmenskonkurs, Verfahren - Pfandobjekte - Rechtsbehelfe, Zürich - Basel - Genf 2022, S. 133 f.). In übereinstimmung mit der herrschenden Lehre hat der Bundesgesetzgeber Art. 242a SchKG geschaffen (in Kraft seit 1. August 2021), der die Herausgabe kryptobasierter Vermögenswerte im Konkursverfahren regelt. Nach der Botschaft besteht eine inhaltliche Nähe zum konkursrechtlichen
Aussonderungsanspruch für bewegliche Sachen, weshalb sich Art. 242a SchKG stark an Art. 242 SchKG anlehnt (vgl. BBl 2020 233 S. 291).
Nach dem Gesagten stellen Zahlungs-Token Vermögenswerte dar, die eher mit Sachen als mit Forderungen zu vergleichen sind. Mit Bezug auf die Frage, wo Zahlungs-Token im Sinne von Art. 167 Abs. 1 IPRG belegen sind, ist den Beschwerdeführern folglich darin zuzustimmen, dass eine analoge Anwendung der Bestimmung über die Belegenheit von Forderungen (Art. 167 Abs. 3 IPRG) nicht sachgemäss erscheint (vgl. act. 16 Rz. 26 ff.). Die Beschwerdeführer machen zu Recht geltend, dass eine Anknüpfung am Wohnsitz des Drittschuldners ins Leere läuft, weil ein Drittschuldner bei Zahlungs-Token nicht auszumachen ist (vgl. act. 16 Rz. 110112).
Es bleibt zu klüren, wie Zahlungs-Token als immaterielle Vermögenswerte im Kontext von Art. 167 Abs. 1 IPRG zu lokalisieren sind. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass sich der Bundesrat und der Bundesgesetzgeber im Zuge der Anpassung des Bundesrechts an die Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register mit dieser Frage nicht befasst haben. Zwar äussert sich der bun- desrätliche DLT-Bericht im Hinblick auf verschiedene Streitigkeiten, die Berührungspunkte mit Token aufweisen, zur internationalen zuständigkeit und zum anwendbaren Recht (vgl. DLT-Bericht S. 7482). Die vollstreckungsrechtliche Belegenheit von Zahlungs-Token wurde im DLT-Bericht hingegen nicht thematisiert und vom Bundesgesetzgeber auch nicht normiert (vgl. BBl 2020 233; BBl 2020 7801). Damit ist die Belegenheit rechtsfortbildend zu bestimmen (vgl. Art. 1 ZGB).
UnKörperliche Vermögenswerte, wie Forderungen eben Zahlungs- Token, können nicht real, sondern nur normativ im Sinne einer Fiktion lokalisiert werden (vgl. BGE 140 III 512 E. 3.5.1; M ARKUS ALEXANDER R., in: DASSER FE-
LIX/OBERHAMMER PAUL (Hrsg.), Lugano-übereinkommen (Lug?), 3. Aufl., Bern 2021, Art. 22 Nr. 5 N 222). Die normative Lokalisierung hat sich dabei am Sinn und Zweck der anzuwendenden Bestimmung auszurichten. Nach dem Sinn und Zweck von Art. 167 IPRG soll an einem Schweizer Gerichtsort dann eine Zust?n- digkeit für die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets bestehen, wenn dort auf Vermögenswerte zugegriffen werden kann, die im Zuge des Hilfskonkursverfahrens nach Art. 170 ff. IPRG an die ausländische Konkursmasse abzuliefern sind (vgl. OGer ZH PS230006 vom 22. März 2023 E. II/3.6). Für die Belegenheit von Zahlungs-Token ist deshalb (jedenfalls im Kontext von Art. 167 Abs. 1 IPRG) auf die faktische ZugriffsMöglichkeit abzustellen. Diese wird denn auch in verwandten Konstellationen des internationalen Zwangsvollstreckungsrechts als massgebliches Anknüpfungskriterium für die Lokalisierung von unkörperlichen Vermögenswerten insbesondere Forderungen herangezogen (vgl. zur Belegenheit von Forderungen im internationalen Zwangsvollstreckungsrecht: BGE 137 III 625 E. 3.4; MARKUS ALEXANDER R., in: DASSER FELIX/OBERHAMMER PAUL (Hrsg.),
Lugano-übereinkommen (Lug?), 3. Aufl., Bern 2021, Art. 22 Nr. 5 N 222; BSK SchKG-STOFFEL, Art. 272 N 48; vgl. zur Einheitstheorie, welche für die Frage, wann ein Anfechtungsanspruch der schweizerischen Hilfskonkursmasse zusteht, auf die tatsächliche Vollstreckbarkeit in der Schweiz abstellt: BAUMGARTNER AMBROISE, Handlungsbefugnisse der ausländischen Konkursverwaltung in der Schweiz, Eine Würdigung der Revision des IPRG vom 1. Januar 2019 unter präfung einer weiteren Harmonisierung mit der EuInsVO, Zürich - Basel - Genf 2022,
S. 209; vgl. schliesslich STAEHELIN DANIEL, Die internationale zuständigkeit der Schweiz im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, AJP 1995 S. 259 ff., 261 f., der für die vollstreckungsrechtliche Lokalisierung von Vermögenswerten generell auf die praktische Verwertbarkeit abstellt).
Wie einleitend ausgefährt, erfolgt der faktische Zugriff auf Zahlungs-Token grundsätzlich über den Private Key (vgl. E. 4. 1). Demzufolge kommen als Anknüpfungspunkte für den Belegenheitsort nach Art. 167 Abs. 1 IPRG zunächst der (Wohn-)Sitz des Private Key-Inhabers, allenfalls dessen gewähnlicher Aufenthaltsort auch der Lageort eines Hardware-Wallets in Frage (vgl. zu den Vor- und Nachteilen einer Anknüpfung am Sitz des Private Key-Inhabers bzw. am Lageort des Private Key: LEHMANN MATTHIAs, in: OMLOR SEBASTIAN/LINK MATHIAS (Hrsg.), Kryptowährungen und Token, 1. Aufl., 2021, S. 210 ff., 229 ff.; vgl. so- dann EICHEL FLORIAN/ZEMP RAPHAEL, Veräusserung von NFT für digitale Objekte unter dem IPRG, ZBJV 159/2023 S. 87 ff., 74; FAVROD-COUNE PASCAL, Les cryp-
toactifs dans la procédure dex?cution forc?e: saisie, revendication, réalisation (1/2 : I.-II.), JdT 2023 II p. 45 ff., 59; THOMALE CHRIS, Herstellerhaftungsklagen ?
Internationaler Deliktsgerichtsstand und anwendbares Recht bei reinen Vermögensschden wegen versteckter ProduktMängel (1/2), ZVglRWiss 2020 S. 59 ff., 7779; VOCK DOMINIK/HOFMANN DOMINIK, DLT-basierte Token: Pfändung und Konkursbeschlag, SJZ 115/2019 S. 307 ff., 311). Je nach technischer Ausgestaltung des Zahlungs-Token bzw. des Distributed Ledger ist ein faktischer Zugriff alternativ auch über eine Instanz denkbar, welche die Kontrolle über das System als solches ausübt. Bei sog. permissioned Distributed Ledger-Systemen werden die Zugangsrechte von einer zentralen Verwaltung gesteuert (vgl. MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022,
S. 23 f.), weshalb sich deren Sitz als Anknüpfungspunkt für die Belegenheit von Zahlungs-Token anbietet (teilweise als Place of the Relevant Operating Authority (PROPA) bezeichnet; vgl. LEHMANN MATTHIAS, Kollisionsregeln für die Blockchain im Rechtsvergleich, ZVglRWiss 2023 S. 269 ff., 284; LEHMANN MATTHIAs, in: OMLOR SEBASTIAN/LINK MATHIAS (Hrsg.), Kryptowährungen und Token, 1. Aufl., 2021, S. 210 ff., 229, 236). Bei permissionless Distributed Ledger-Systemen existiert hingegen per definitionem keine zentrale Verwaltung (vgl. E. 4. 1), womit eine entsprechende Anknüpfung ausser Betracht fällt (vgl. LEHMANN MATTHIAS, Kollisionsregeln für die Blockchain im Rechtsvergleich, ZVglRWiss 2023 S. 269 ff., 284, 287; LEHMANN MATTHIAs, in: OMLOR SEBASTIAN/LINK MATHIAS (Hrsg.), Kryptowährung rungen und Token, 1. Aufl., 2021, S. 210 ff., 229; so auch der von den Beschwer- deführern zitierte Bericht des Financial Markets Law Committee Distributed Ledger Technology and Governing Law: Issues of Legal Uncertainty vom März 2018, Rz. 6.6, abrufbar unter http://fmlc.org/wp-content/uploads/2018/05/dlt_paper.pdf ). Allerdings bestehen Mischformen der beiden Systeme (vgl. MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Diss. Zürich 2022,
S. 25). Zudem verfügt unter Umständen der Protokollentwickler über eine ZugriffsMöglichkeit. So ist es gemäss verschiedenen Autoren nicht unüblich, dass Protokollentwickler selbst bei Smart Contracts, die auf einem permissionless Distributed Ledger beruhen, einen sog. Admin Key behalten, um Fehler im Protokoll auch nach dessen Aufschaltung beheben zu können (vgl. BO?KI? MAGDALE- NA/HEPP SEBASTIAN, zkKYC in Decentralized Finance (DeFi), GesKR 2023 S. 209 ff., 213 f.; HUMBEL CLAUDE/ECKERT FABRICE, Decentralized Exchanges: Grundlagen, Risiken und ausgewählte aufsichtsrechtliche Aspekte, SZW 2023 S. 10 ff., 19 f.; JUTZI THOMAS/ABB?HL ANDRI, Fintech und DLT, Privat- und finanzmarktrechtliche Grundlagen in der Schweiz, Bern 2023, S. 406 f.; MAURENBRECHER BENE- DIKT/LEISINGER BENJAMIN, Decentralized Finance (Teil 2), SJZ 118/2022 S. 704 ff., 715). Eine derartige KontrollMöglichkeit widerspricht jedoch der grundlegenden Idee eines gänzlich dezentralisierten bzw. permissionless Protokolls, weshalb sich die Protokollentwickler teilweise auch explizit verpflichten, den Admin Key zu ei- nem bestimmten Zeitpunkt aufzugeben (vgl. HUMBEL CLAUDE/ECKERT FABRICE, Decentralized Exchanges: Grundlagen, Risiken und ausgewählte aufsichtsrechtliche Aspekte, SZW 2023 S. 10 ff., 19 f.; MEYER STEPHAN D., Dezentrale autonome Organisationen (DAOs) und das Gesellschaftsrecht der Zukunft, AJP 2023
S. 319 ff., 335; sinngemäss auch JUTZI THOMAS/ABB?HL ANDRI, Fintech und DLT, Privat- und finanzmarktrechtliche Grundlagen in der Schweiz, Bern 2023, S. 150 f.; MÜLLER LUKAS/SEILER RETO, Smart Contracts aus Sicht des Vertragsrechts, AJP 2019 S. 317 ff., 324 f.).
Nach dem Gesagten hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, wer wie auf einen Zahlungs-Token zugreifen kann, wobei Distributed Ledger-Systeme einer laufenden wirtschaftlich-technischen Entwicklung unterworfen sind. Vor diesem Hintergrund ist von einer abschliessenden Aufzählung der zuständigkeitsbe- Gründenden Anknüpfungspunkte abzusehen, also von einer Konkretisierung dessen, wie die faktische ZugriffsMöglichkeit auf einen Zahlungs-Token genau ausgestaltet sein muss, um einen Belegenheitsort im Sinne von Art. 167 Abs. 1 IPRG zu begründen. Eine derartige Konkretisierung liefe Gefahr, lückenhaft zu sein aufgrund technischen Fortschritts zu werden und so negative zuständigkeitskonflikte zu verursachen. Solche zuständigkeitskonflikte gilt es indessen zu vermeiden (vgl. BGE 140 III 512 E. 3.2; BGE 137 III 625 E. 3.4). Folglich ist eine zuständigkeitsbegründende Belegenheit von Zahlungs-Token im Kontext von
Art. 167 Abs. 1 IPRG immer dann zu bejahen, wenn am Schweizer Gerichtsorts in irgendeiner Form sei es mittels Anweisung des dort ansässigen Private Key- Inhabers, des Admin Key-Inhabers anderweitig eine faktische Zugriffsmöglichkeit auf sie besteht. Massgebend ist, ob es den Schweizer Behörden nach den Umständen des Einzelfalls tatsächlich möglich ist, die fraglichen Zahlungs-Token
im Rahmen eines Hilfskonkursverfahrens nach Art. 170 ff. IPRG zu behündigen und der ausländischen Konkursmasse zuzuführen (vgl. E. 4. 5).
Im Anwendungsbereich von Art. 167 Abs. 1 IPRG muss das Vorhandensein von Vermögenswerten am Gerichtsort nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden (vgl. BGE 135 III 566 E. 4.2; BSK IPRG-B ERTI ()/MABILLARD,
Art. 167 N 6 m.w.H.). Demgemäss genügt es für die Begründung der zuständigkeit, wenn die faktische ZugriffsMöglichkeit auf Zahlungs-Token am Gerichtsort gestützt auf die Darstellung der antragstellenden Partei glaubhaft ist. Nach st?n- diger bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn aufgrund objektiver Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ihr Vorhandensein besteht, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rech- net, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (vgl. statt vieler: BGE 142 II 49
E. 6.2; BGE 138 III 232 E. 4.1.1). Es muss aber zumindest mehr für das Vorhan- densein der fraglichen Tatsache sprechen als dagegen (vgl. BGer 5A_147/2023 vom 3. Juli 2023 E. 4.1; BGer 5A_349/2017 vom 26. Januar 2018 E. 2.2;
BGE 132 III 140 E. 4.1.2).
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass Vollstreckungsprobleme, welche im Zuge des Hilfskonkurses allenfalls auftreten könnten, bei der Beurteilung der zuständigkeit nach Art. 167 Abs. 1 IPRG nicht vorweggenommen werden dürfen. Stellt sich beispielsweise (wie vorliegend) die Frage, ob eine Drittperson etwa die Protokollentwicklerin effektiv über eine ZugriffsMöglichkeit auf Zahlungs-Token verfügt, sodass sie einer gerichtliche Anweisung auf Sperrung Herausgabe Folge leisten könnte, genügt im Rahmen der zuständigkeitsPrüfung, wie gezeigt, blosses Glaubhaftmachen. Mithin lässt die Möglichkeit, dass eine solche Anweisung letztlich gar nicht umsetzbar sein könnte, die zuständigkeit nicht entfallen, solange gestützt auf die Darstellung der antragstellenden Partei gewisse Elemente für die Umsetzbarkeit sprechen. Ehe eine solche Anweisung an eine Drittperson erlassen wird beispielsweise als sichernde Massnahme nach Art. 168 IPRG ist indessen zu prüfen, ob sich der Einbezug der Drittperson ins Verfahren rechtfertigt. Nach der Lehre sind Drittpersonen insbesondere dann vorgängig anzuhören, wenn sich eine Anweisung belastend auf sie auswirkt (vgl.
G?NGERICH ANDREAS, in: Berner Kommentar, ZPO, Band I: Art. 1-149 ZPO; Band II: Art. 150-352 ZPO und Art. 400-406 ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bern 2012, Art. 262 N 35 ; BSK ZPO-SPRECHER, Art. 262 N 22; sinngemäss Zür- CHER JOHANN, in: BRUNNER ALEXANDER/GASSER DOMINIK/SCHWANDER IVO (Hrsg.),
ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 262 N 33).
Zwischenfazit : Eine örtliche zuständigkeit für die Anerkennung eines auslündischen Konkursdekrets und die Anordnung sichernder Massnahmen gemäss Art. 167 f. IPRG besteht, wenn die antragstellende Partei glaubhaft macht, dass Kryptowährungen im engeren Sinne (Zahlungs-Token) insofern am Gerichtsort belegen sind, als dort in irgendeiner Form eine faktische ZugriffsMöglichkeit auf sie gegeben ist.
Vorliegend berufen sich die Beschwerdeführer sinngemäss auf eine faktische ZugriffsMöglichkeit auf die angeblich der C. Holdings (Gemeinschuld- nerin) gehörenden Zahlungs-Token (Ether) via die Protokollentwicklerin E. AG mit Sitz in Zürich. Die E. AG habe das Protokoll des Smart Contracts entwickelt, welcher dem Ether-Pool zugrunde liege, wo die fraglichen Zahlungs- Token hinterlegt seien. Sie übe nach wie vor die Kontrolle über das Protokoll aus, was die Beschwerdeführer unter Darlegung verschiedener Indizien glaubhaft gemacht hätten (vgl. E. 3.2 und 3. 4). Die Vorinstanz habe den Sachverhalt diesbezüglich offensichtlich unrichtig festgestellt, indem sie (mitunter) erwogen habe, dass sich nicht erschliesse, inwiefern der Ether-Pool der E. AG Gehöre und diese dadurch direkt indirekt die Kontrolle über die im Ether-Pool hinterlegten Vermögenswerte ausübe (vgl. act. 16 Rz. 58, 91100). Ferner habe die Vorinstanz verkannt, dass die E. AG auch die von ihr geschaffene Kryptowährung H. kontrolliere (vgl. act. 16 Rz. 8390).
Nach Angaben der Beschwerdeführer handelt es sich beim E. - Protokoll um einen dezentralisierten (sprich permissionless) Smart Contract auf der Ethereum-Blockchain (vgl. act. 1 Rz. 93, 114; sinngemäss act. 16 Rz. 105; vgl. auch JUTZI THOMAS/ABB?HL ANDRI, Fintech und DLT, Privat- und finanzmarktrechtliche Grundlagen in der Schweiz, Bern 2023, S. 277 f. mit spezifischem Bezug auf E. ). Wie dargelegt, ist das Protokoll eines solchen Smart Contracts nach seiner Aufschaltung grundsätzlich unveränderlich (vgl. E. 4. 1). Eine (unmittelbare) KontrollMöglichkeit der Protokollentwicklerin, etwa über einen Admin Key, stellt eine konzeptionell systemwidrige Ausnahme dar (vgl. E. 4. 6). Wie die Beschwerdeführer selbst ausführen, dementierte die E. AG im Austausch mit den Beschwerdeführern denn auch jegliche KontrollMöglichkeit über das
E. -Protokoll (vgl. act. 1 Rz. 104). Sie habe sich auf den Standpunkt gestellt, dass nicht sie, sondern das Ethereum-Netzwerk das E. -Protokoll verwalte. Da die Nutzer das Protokoll direkt und ohne Vermittler nutzen können, unterhalte sie zu diesen auch keine Kundenbeziehung. Die Schnittstellen, welche Zugang zum Protokoll bieten (sog. Frontends), würden von unabhängigen Anbietern betrieben. Der Code, welcher dem E. -Protokoll und seinen Funktionen zugrunde liege, sei unveränderlich. Deshalb könne die E. AG den Code nicht ändern, Transaktionen nicht beeinflussen und Wallets (bzw. Gelder) nicht einfrieren (vgl. act. 1 Rz. 139 f.; vgl. auch die E-Mail der E. AG vom 15. Juni 2023, act. 4/28, wo die E. AG mitunter schreibt: E. AG can't [...] influence any transaction or freeze/blacklist/etc. any funds held by the protocol). Nichtsdestotrotz behaupten die Beschwerdeführer, dass die E. AG in Wahrheit sehr wohl den Ether-Pool und die H. kontrolliere, was an den nachfolgend zu beleuchtenden Indizien erkennbar sei (vgl. E. 4.1 1).
Als erstes Indiz führen die Beschwerdeführer ein von der E. AG gegenwürtig betriebenes Bug Bounty-Programm an. Im Rahmen dieses Programms verspreche die E. AG, dass jeder, der einen Fehler im E. - Protokoll findet, Geld als Belohnung erhalte. Es sei offensichtlich, dass die
E. AG die Möglichkeit behalte, das Protokoll zu korrigieren, da das Bug Bounty-Programm ansonsten keinen Sinn ergeben würde (vgl. act. 1 Rz. 110 113).
Entgegen den Beschwerdeführern lässt der Umstand, dass die E. AG ein Bug Bounty-Programm betreibt, keine Rückschlüsse auf deren Kontroll- Möglichkeiten über das E. -Protokoll zu. So gibt es theoretisch verschiedene Möglichkeiten, wie die Erkenntnisse aus einem Bug Bounty-Programm verwertet
werden könnten. Eine erste Möglichkeit besteht darin, eine neue, verbesserte Version des Protokolls aufzuschalten und die Nutzer dazu zu veranlassen, auf dieses umzusteigen (vgl. Ethereum-Dokumentation, Upgrading Smart Contracts, abrufbar unter https://ethereum.org/en/developers/docs/smartcontracts/upgrading/). Eine zweite Möglichkeit liegt zwar durchaus in der überarbeitung des urspränglichen Protokolls. Änderungen können jedoch auch ohne Admin Key der Protokollentwickler vorgenommen werden, sofern sog. Gover- nance-Funktionen im Protokoll einprogrammiert wurden (vgl. MEYER STEPHAN D., Dezentrale autonome Organisationen (DAOs) und das Gesellschaftsrecht der Zukunft, AJP 2023 S. 319 ff., 335; MEYER STEPHAN D., Rechte an und aus Blockchain-basierten Crypto Tokens, Zürich - Basel - Genf 2022 (= ZStP 313), S. 17). Beispielsweise kann der Smart Contract so konzipiert sein, dass er über zwei verschiedene, miteinander verknüpfte Protokolle funktioniert, bei dem das eine Protokoll die Funktionen und das andere die Werte (z.B. Benutzersalden) enthält. Ei- ne solche Architektur erlaubt es, nätigenfalls das unveränderliche Werte-Protokoll mit einem neuen, verbesserten Funktions-Protokoll zu verknüpfen und so im Ergebnis ein Upgrade des Systems zu erzielen (vgl. MAUME PHILIPP/FROMBERGER MATHIAS, Die Blockchain-Aktie (1/2), ZHR 185 (2021) S. 507 ff., 514 f., Fn 118; vgl. auch die Ethereum-Dokumentation, Smart Contract Security, abrufbar unter https://ethereum.org/en/developers/docs/smart-contracts/security/; Ethereum- Dokumentation, Upgrading Smart Contracts, abrufbar unter https://ethereum.org/
en/developers/docs/smart-contracts/upgrading/). Alternativ kann der Smart Contract zum Beispiel sog. Governance Token vorsehen, mit welchen Netzwerkteilnehmer über ProtokollÄnderungen abstimmen können (vgl. BO?KI? MAGDALE- NA/HEPP SEBASTIAN, zkKYC in Decentralized Finance (DeFi), GesKR 2023 S. 209 ff., 214; HUMBEL CLAUDE, Decentralized Finance, GesKR 2022 S. 9 ff., 10; vgl. auch die Ethereum-Dokumentation, Smart Contract Security, abrufbar unter https://ethereum.org/en/developers/docs/smart-contracts/security/).
Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass die E. AG irgendwelche Angaben dazu gemacht hätte, wann und wie sie Allfällige Protokollfehler (sog. Bugs) beheben würde. Solche Angaben finden sich im übrigen auch nicht in der
von den Beschwerdeführern eingereichten Dokumentation zum Bug Bounty- Programm (vgl. act. 4/31). Wie gezeigt, bestehen theoretisch Möglichkeiten der Fehlerbehebung, die keine Kontrolle der E. AG über das E. -Protokoll voraussetzen. Angesichts dessen genügt der blosse Hinweis der Beschwerdeführer auf das Bug Bounty-Programm nicht, um glaubhaft zu machen, dass die
E. AG entgegen ihrer eigenen Auskunft und entgegen der grundlegenden Konzeption eines dezentralisierten (permissionless) Smart Contracts die Kontrolle über das E. -Protokoll innehat.
Ein weiteres Indiz für die behauptete Kontrolle der E. AG erblicken die Beschwerdeführer in einer Twittermeldung, wonach die E. AG in Kürze eine aktualisierte Version des Protokolls einsetzen werde (vgl. act. 16 Rz. 98; act. 10 Rz. 55; act. 11/50). Auch daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die
E. AG die Kontrolle über das aktuelle E. -Protokoll ausübt. Die Formulierung der Twittermeldung E. is coming out with a V2 deutet eher darauf hin, dass die E. AG ein neues, verbessertes Protokoll aufzuschalten gedenkt (vgl. act. 11/50). Dies würde dafür sprechen, dass die E. AG das aktuelle E. -Protokoll eben nicht abändern bzw. kontrollieren kann. Hinzu kommt, dass das Datum der Twittermeldung weder behauptet wird noch aus den Akten hervorgeht, womit es dieser von Vorneherein an Beweiswert mangelt.
Gewissermassen als Auffangargument machen die Beschwerdeführer geltend, die E. AG übe die Kontrolle über die von ihr geschaffenen H. aus (vgl. act. 16 Rz. 50, 8390; act. 1 Rz. 104108). Beim H. handle es sich um eine Kryptowährung, welche E. -Nutzer durch Hinterlegung von Ether im Ether-Pool darlehensweise beziehen und in der Folge frei verwenden könnten (vgl. E. 3. 2; act. 1 Rz. 93100). Vorliegend habe G. die der Gemeinschuldnerin gehörenden, veruntreuten Ether vom strittigen Wallet in den Ether-Pool transferiert. Als Gegenleistung seien H. vom E. -Wallet auf das strittige Wallet übertragen worden (vgl. E. 3. 2; act. 1 Rz. 126128). Sollte die E. AG die verlangte Sperrung von Ether nicht ausführen können, wäre sie anzuweisen, stattdessen H. , die von der E. -Wallet übertragen wür- den, zu sperren (vgl. act. 1 Rz. 223225, 233). Die Kontrolle der E. AG über
die H. ergebe sich aus deren Bericht betreffend das erste Quartal 2023, wo sie schreibe: während E. selbst aufgrund der Unveränderlichkeit seiner Smart Contracts immer auf dem Mainnet sein wird, können H. und I. als Token auf Layer 2 gebRückt werden (vgl. act. 16 Rz. 50, 98; act. 1 Rz. 105
108; act. 4/29).
Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Beschwerdeführer eine selektive Kontrolle der E. AG über die Ausgabe von H. herleiten. Nach den Ausführungen der Beschwerdeführer funktioniert die Ausgabe von H. gegen die Hinterlegung von Ether automatisch über einen Smart Contract (vgl. E. 3. 2;
act. 16 Rz. 56). Da, wie gezeigt, nicht glaubhaft ist, dass die E. AG das dem Smart Contract zugrundeliegende Protokoll als Ganzes kontrolliert (vgl. E. 4.1 3 4. 16), erschliesst sich auch nicht, wie sie einzelne Operationen der automatischen Transaktionsabwicklung beeinflussen können sollte. Der von den Beschwerdeführern angerufene Bericht der E. AG betreffend das erste Quartal 2023 ist in diesem Zusammenhang unbehelflich. grundsätzlich sind Zahlungs-Token nicht interoperabel, d.h. sie existieren nur in ihrer jeweiligen Blockchain-Umgebung und können nicht auf andere Blockchain-Netzwerke verschoben werden. Deshalb werden seit geraumer Zeit Infrastrukturen geschaffen, welche einzelne Blockchain-Netzwerke miteinander verbinden (sog. Bridges; vgl. SIEGEL DIRK, in: OM- LOR SEBASTIAN/LINK MATHIAS (Hrsg.), Kryptowährungen und Token, 1. Aufl., 2021,
S. 89 ff., 109; vgl. auch die Ethereum-Dokumentation, Blockchain bridges, abrufbar unter https://ethereum.org/en/bridges/). Mit dem im Bericht enthaltenen Hinweis, dass zwecks Verschiebbarkeit von H. eine Bridge zwischen dem E. -Netzwerk (Mainnet) und dem Layer 2 existiert, ist somit nichts darüber gesagt, inwiefern die E. AG das E. -Protokoll einzelne Operatio- nen (Ausgabe von H. ) kontrollieren kann.
Schliesslich zielen auch die Verweise der Beschwerdeführer auf ähnliche Fälle, in denen Massnahmen gegen die Schöpfer von dezentralisierten Protokollen gerichtlich angeordnet worden seien, ins Leere (vgl. act. 16 Rz. 101107). Wie dargelegt, hängen die KontrollMöglichkeiten der Protokollentwickler über ein auf-
geschaltetes Protokoll von dessen individueller Ausgestaltung ab (vgl. E. 4.6 und
E. 4. 14), weshalb VergleichsFälle keine Rückschlüsse zulassen.
Nach dem Gesagten vermögen die Beschwerdeführer nichts vorzubringen, was mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten würde, dass die
E. AG über eine faktische ZugriffsMöglichkeit auf die angeblich der Gemeinschuldnerin gehörenden Zahlungs-Token verfügt. Mithin ist nicht glaubhaft gemacht, dass die fraglichen Zahlungs-Token im Sinne von Art. 167 Abs. 1 IPRG am Sitz der E. AG in Zürich belegen sind. Folglich ist eine örtliche Zust?n- digkeit in Zürich für die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets (Beschluss FSD 54 OF 2023 [IKJ] des Grand Court der Cayman Islands vom 11. Juli 2023) vorfrageweise zu verneinen, womit es auch an einer zuständigkeit für die Anordnung der verlangten sichernden Massnahmen nach Art. 168 IPRG fehlt.
Eventualiter bringen die Beschwerdeführer vor, die örtliche zuständigkeit wäre auch ohne Vorliegen von Vermögenswerten am Gerichtsort zu bejahen, weil sie ein klares Interesse daran hätten, Ansprüche gegen die E. AG in der Schweiz einklagen zu können (vgl. act. 16 Rz. 6673). Dem ist nicht zu folgen. Mangels glaubhafter ZugriffsMöglichkeit der E. AG auf die behaupteten Vermögenswerte würde eine Klage der Beschwerdeführer gegen die E. AG mutmasslich ins Leere laufen, weshalb, wie gezeigt, kein schutzwürdiges Interesse an der Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets ersichtlich ist. Etwas Gegenteiliges ist auch dem von den Beschwerdeführern zitierten Bundesgerichtsentscheid BGer 5P.284/2004 vom 19. Oktober 2004 E. 4.2 nicht zu entnehmen. Darin erwog das Bundesgericht zwar in einem obiter dictum, es könne auch dann ein Interesse an der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets bestehen, wenn sich keine Vermögenswerte auf Schweizer Staatsgebiet befänden, beispielsweise um eine Handlung des Schuldners anzufechten, die der Widerrufsklage unterliegt (vgl. auch BGer 5A_87/2020 vom 7. Juli 2020 E. 5.4, wo das Bundesgericht erwog, die Tragweite dieser Rechtsprechung könne offenbleiben). Eine derartige Konstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Somit bleibt es dabei, dass die örtliche zuständigkeit nach Art. 167 Abs. 1 IPRG zu verneinen ist.
Im Ergebnis ist die Beschwerde abzuweisen.
5.
Im Beschwerdeverfahren wird die Entscheidgebühr grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Bestimmungen festgelegt. Sie bemisst sich nach Massgabe dessen, was vor der Beschwerdeinstanz noch im Streit liegt ( 12
Abs. 1 und Abs. 2 GebV OG). Vorliegend wurde das Beschwerdeverfahren als nichtstreitiges Einparteienverfahren gefährt. Aufgrund der Nähe zu den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit rechtfertigt es sich, die Entscheidgebühr in analoger Anwendung von 8 Abs. 4 GebV OG auf einen Betrag zwischen
Fr. 100 und Fr. 7'000 festzusetzen (vgl. BGE 149 III 249 E. 3.4.1; BGE 142 III
110 E. 3.3; OGer ZH PS180130 vom 3. Oktober 2018 E. VI/3 f.). Unter BeRücksichtigung des hohen Interessenwerts, welcher nach Angaben der Beschwerdeführer rund USD 18'200'000 beträgt (vgl. act. 1 Rz. 36), der Schwierigkeit des Falls und des Zeitaufwands des Gerichts ist die Entscheidgebühr auf Fr. 7'000 zu bemessen ( 2 Abs. 1 lit. a, lit. c und lit. d GebV OG). Ausgangsgemäss wer- den die Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Infolge ihres Unterliegens ist den Beschwerdeführern keine Parteientschä- digung zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 7'000 festgesetzt, den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt und mit dem von ihnen geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Für den Fehlbetrag von Fr. 2'000 stellt die Gerichtskasse den Beschwer- deführern Rechnung.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an
die Parteien,
das Bezirksgericht Zürich,
die Gerichtskasse.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG sowie ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw L. Jauch versandt am:
24. November 2023
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