Zusammenfassung des Urteils PS230110: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Verfahren über die Verwertung von gepfändeten Vermögenswerten entschieden. Der Beschwerdeführer hatte gegen einen Beschluss des Bezirksgerichts Zürich Beschwerde eingelegt, da das Betreibungsamt Zürich 1 das Verwertungsbegehren des Gläubigers vor Ablauf der gesetzlichen Frist entgegengenommen hatte. Die Vorinstanz wies die Beschwerde ab, da nach ihrer Ansicht kein Nachteil für den Beschwerdeführer entstanden war. Der Beschwerdeführer legte erneut Beschwerde ein, argumentierte jedoch, dass ein zu früh gestelltes Verwertungsbegehren ungültig sei. Das Obergericht wies die Beschwerde letztendlich ab und entschied, dass das Betreibungsamt korrekt gehandelt hatte. Die Gerichtskosten werden nicht erhoben, und Parteientschädigungen sind nicht vorgesehen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS230110 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 27.07.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_611/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Mitteilung des Verwertungsbegehrens usw. / Betreibung Nr. ... / Pfändung Nr. ... / Verwertung Nr. ... |
Schlagwörter : | Betreibung; Verwertung; SchKG; Betreibungsamt; Verwertungsbegehren; Beschwerde; Pfändung; Beschwerdegegner; Recht; Verwertungsbegehrens; Gläubiger; Schuldner; Mitteilung; Betreibungsamtes; Vorinstanz; Begehren; Beschwerdeführer; Betreibungsämter; Aufsichtsbehörde; Beschwerdeführers; Pfändungsurkunde; Vermögenswerte; Nichtigkeit; Betreibungshandlung; Entscheid; Frist; Antrag |
Rechtsnorm: | Art. 100 KG ;Art. 116 KG ;Art. 121 KG ;Art. 124 KG ;Art. 13 KG ;Art. 133 KG ;Art. 145 KG ;Art. 15 KG ;Art. 17 KG ;Art. 18 KG ;Art. 190 BV ;Art. 20a KG ;Art. 22 KG ;Art. 31 KG ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 43a BV ;Art. 59 ZPO ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 130 III 661; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer als obere kantonale AufsichtsBehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Geschäfts-Nr.: PS230110-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Tanner
Urteil vom 27. Juli 2023
in Sachen
,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt X1. , vertreten durch Rechtsanwalt X2. ,
gegen
,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. , vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2. ,
betreffend Mitteilung des Verwertungsbegehrens usw. / Betreibung Nr. 1 / Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3 (Beschwerde über das Betreibungsamt Zürich 1)
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdegegner betrieb mit Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 vom 30. Juni 2020 den Beschwerdeführer für einen Betrag von Fr. 12'358'443.81 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 19. Juni 2020 (act. 3/C).
Am 16. Juni 2021 [nicht am 23. November 2020, vgl. act. 3/E S. 1 und 3] vollzog das Betreibungsamt Zürich 1 in Abwesenheit des Beschwerdeführers die Pfändung. Das Betreibungsamt Zürich 1 erliess die Pfändungsurkunde am
18. August 2021 (act. 3/E S. 1) und stellte diese am 23. August 2021 rechtshilfeweise über das Betreibungsamt Lugano dem Beschwerdeführer zu (act. 7/6).
Der Beschwerdegegner ersuchte mit Schreiben vom 26. August 2021 das Betreibungsamt Zürich 1 um Verwertung (act. 7/7). Am 30. August 2021 verfasste diese Behörde das entsprechende Mitteilungsschreiben, wobei sie dieses erst am
November 2022 rechtshilfeweise durch das Betreibungsamt Lugano dem Beschwerdeführer zustellen liess (act. 3/B).
2.
Gegen diese Mitteilung des Verwertungsbegehrens erhob der Beschwerdeführer am 18. November 2022 bei der 1. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich als untere kantonale AufsichtsBehörde über BetreibungsÄmter (fortan Vorinstanz) Beschwerde mit dem
(act. 1 S. 2)
Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, damit keine nicht reversiblen Vorkehren getroffen werden dürfen, somit insbesondere hinsichtlich der Aufforderung zur Liquidierung und Auszahlung der gepfändeten und/oder verarrestierten Guthaben und/oder beweglichen Vermögenswerte bei den Banken C. AG und D. AG.
und mit folgenden
(act. 1 S. 2)
Es sei die Unwirksamkeit des Verwertungsbegehrens vom 30. August 2021 und die Nichtigkeit jeder Betreibungshandlung im Rahmen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3) nach dem
23. September 2022 festzustellen.
Es seien die Entgegennahme und die Folgeleistung des Verwertungsbegehrens vom 30. August [gemeint: 2021] im Rahmen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3) sowie die Mitteilung des Verwertungsbegehrens vom 30. August 2021 (zugestellt am
18. November 2022) aufzuheben.
Es sei dem Verwertungsbegehren vom 30. August 2021 keine Folge zu leisten und das Erlöschen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 festzustellen.
Unter Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss Art. 20a SchKG.
Die Vorinstanz wies mit Zirkulationsbeschluss vom 31. Mai 2023 diese Beschwer- de ab, soweit sie darauf eintrat (act. 37 = act. 39).
3.
Mit Eingabe vom 15. Juni 2023 erhob der Beschwerdeführer dagegen Beschwer- de, wobei er Folgendes beantragte:
(act. 38 S. 2)
1. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, damit keine nicht reversiblen Vorkehren getroffen werden dürfen, somit insbesondere hinsichtlich der Aufforderung zur Liquidierung und Auszahlung der gepfändeten und/oder verarrestierten Guthaben und/oder beweglichen Vermögenswerte bei den Banken C. AG und D. AG.
(act. 38 S. 2 f.)
Es sei der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehür- de über BetreibungsÄmter (Geschäfts-Nr. CB220142-L) vom 31. Mai 2023 im Rahmen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Pfändung Nr. 2 / Verwertung-Nr. 3) gegen den Beschwerdeführer aufzuheben.
Es sei die Unwirksamkeit des Verwertungsbegehrens vom 26./30. August 2021 (zugestellt am 18. November 2022) und die Nichtigkeit jeder Betreibungshandlung im Rahmen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3) nach dem 23. September 2022 festzustellen.
Es seien die Entgegennahme und die Folgeleistung des Verwertungsbegehrens vom 26./30. August 2021 (zugestellt am 18. November 2022) im Rahmen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3) sowie die Mitteilung des Verwertungsbegehrens vom 26./30. August 2021 (zugestellt am
18. November 2022) aufzuheben.
Es sei dem Verwertungsbegehren vom 30. August 2021 (zugestellt am 18. November 2022) keine Folge zu leisten und das Erlöschen der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 1 festzustellen.
Eventualiter, es sei die Dispositiv-Ziffer 1 des Zirkulationsbeschlusses des Bezirksgerichts Zürich vom 31. Mai 2023 im Verfahren Geschäfts-Nr. CB220142-L aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Alles unter Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss Art. 20a SchKG.
Mit präsidialVerfügung vom 21. Juni 2023 integrierte die Kammervorsitzende die Schutzschriftakten aus dem Verfahren-Nr. RX230001 in das vorliegende Beschwerdeverfahren, erteilte der Beschwerde einstweilen die aufschiebende Wirkung und setzte dem Beschwerdegegner eine Frist an, um zum Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen. Dazu stellte sie dem Beschwerdegegner die Beschwerde auszugsweise zu (act. 43). Der Beschwerdegegner reichte am 29. Juni 2023 seine Stellungnahme ein (act. 45), zu welcher sich der Beschwerdeführer am 13. Juli 2023 äusserte (act. 47). Mit dem vorliegenden Endentscheid sind dem Beschwerdegegner die (ganze) Beschwerdeschrift und die Eingabe des Beschwerdeführers vom 13. Juli 2023 zuzustellen.
4.
Aufgrund dieses verfahrensabschliessenden Urteils erübrigt sich ein separater Entscheid über die Erteilung der aufschiebenden Wirkung für die Dauer des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Der entsprechende Antrag des Beschwerdefährers (act. 38 S. 2) ist daher als gegenstandslos geworden abzuschreiben.
1.
Die Vorinstanz hat als untere AufsichtsBehörde über BetreibungsÄmter entschieden (Art. 13 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 17 SchKG). Solche Anordnungen können innert zehn Tagen nach ihrer Eröffnung an die obere kantonale AufsichtsBehörde weitergezogen werden (Art. 18 Abs. 1 SchKG). Die Vorinstanz stellte den angefochtenen Zirkulationsbeschluss vom 31. Mai 2023 dem Beschwerdeführer am 6. Juni 2023 zu (act. 35/3). Dieser übergab sein Rechtsmittel am 15. Juni 2023 (Datum Poststempel; act. 38 S. 1) und damit rechtzeitig in- nerhalb der 10-Tagesfrist der Schweizerischen Post.
Auf das Beschwerdeverfahren nach Art. 18 SchKG sind die Regelungen von Art. 319 ff. ZPO anwendbar (Art. 20a Abs. 3 SchKG in Verbindung mit 18 EG SchKG und 84 GOG). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet einzureichen (Art. 321
Abs. 1 ZPO). Dabei soll in der Begründung zum Ausdruck kommen, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet resp. weshalb dieser nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei unrichtig sein soll, ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten wird. Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 ZPO; OGer ZH, PS180175 vom
18. Dezember 2018, E. 4.3). Die vorliegende Beschwerde enthält klare Rechtsbegehren und wurde ausreichend begründet. Damit entspricht sie den formellen Voraussetzungen von Art. 321 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid der Vorinstanz beschwert. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen von Art. 59 Abs. 2 ZPO erfüllt sind, ist auf sein Rechtsmittel einzutreten.
2.
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, ein Gläubiger könne die Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte gemäss Art. 116 Abs. 1 SchKG frühestens einen Monat nach der Pfändung verlangen. Diese gesetzliche Minimalfrist erlaube dem Schuldner, den Gläubiger vor der Verwertung doch noch zu befriedigen. Wenn der Schuldner der Pfändung fernbleibe, dann laufe die Frist ab Zustellung der Pfändungsurkunde an den Schuldner. Vorliegend sei dem Beschwerdeführer die Pfändungsurkunde am 23. August 2021 rechtshilfeweise zugestellt worden. Damit habe der Zeitrahmen für das Verwertungsbegehren am
24. September 2021 zu laufen begonnen (Art. 116 Abs. 1 SchKG in Verbindung mit Art. 31 SchKG und Art. 142 Abs. 1 f. ZPO). Der Beschwerdegegner habe sein Verwertungsbegehren hingegen bereits am 26. August 2021 und damit vor Ablauf
der gesetzlichen Minimalfrist von Art. 116 Abs. 1 SchKG am 24. September 2021
gestellt (act. 37 E. 3.1.2 f.).
Gemäss Art. 9 Abs. 2 VFRR würden Fortsetzungs- und Verwertungsbegehren, die im Zeitpunkt des Eingangs beim Betreibungsamt gesetzlich noch nicht zulässig seien, mit der Bemerkung verfrüht, erst am ... zulässig zurückgeschickt. Allerdings sei Art. 9 Abs. 2 VFRR bloss eine Ordnungsvorschrift, deren Missachtung für sich alleine nicht anfechtbar sei. Die Entgegennahme eines verfrühten Verwertungsbegehrens führe daher nicht zur Nichtigkeit der nachfolgen- den Betreibungshandlungen. Wenn ein Begehren vor Ablauf der Minimalfrist gestellt werde, dann entfalte dieses keine Wirkung. Das Betreibungsamt dürfe einem verfrühten Verwertungsbegehren einstweilen keine Folge leisten und zu keiner Verwertung schreiten. Es könne dem Betreibungsamt aber nicht verwehrt sein, ein verführtes Begehren entgegenzunehmen und pendent zu halten. Die Minimalfrist von Art. 116 Abs. 1 SchKG bezwecke Nämlich bloss, den Schuldner vor einer vorzeitigen Verwertung durch das Betreibungsamt zu Schätzen (act. 37
E. 3.2.1).
Vorliegend habe das Betreibungsamt Zürich 1 das Verwertungsbegehren vom 26. August 2021 am 30. August 2021 entgegengenommen. Erst am
16. November 2022 sei die rechtshilfeweise Mitteilung dieses Verwertungsbegehrens an den Vertreter des Beschwerdeführers erfolgt. Zwischen dem 23. August 2021 und dem 24. September 2021 habe das Betreibungsamt Zürich 1 keine gepfändeten Vermögenswerte verwertet und so die einmonatige Schonfrist von
Art. 116 Abs. 1 SchKG gewahrt. Durch die Entgegennahme des zu früh gestellten Verwertungsbegehrens seien dem Beschwerdeführer vorliegend keine Nachteile entstanden (act. 37 E. 3.2.2).
3.
Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, nach dem klaren Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 VFRR müsse das Betreibungsamt ein Verwertungsbegehren, das mehr als zwei Tage zu früh gestellt wurde, an den Gläubiger zurückschicken. Diese Bestimmung bilde nicht bloss eine Ordnungs-, sondern eine Gültigkeitsvorschrift.
Der Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 VFRR sei zudem klar und bedürfe keiner Auslegung. Ein zu früh eingereichtes Begehren müsse somit grundsätzlich zurückgewiesen werden. Einzig Begehren, die höchstens zwei Tage zu früh gestellt wür- den, dürfe das Betreibungsamt entgegennehmen und in der Reihenfolge ihres Eingangs eintragen (Art. 9 Abs. 3 VFRR). Es sei hingegen willkürlich und rechtswidrig, ein Gesuch für mehr als 15 Monate bis zum 18. November 2022 pendent zu halten, wie dies das Betreibungsamt Zürich 1 getan habe. Dies laufe auf ein bedingtes Verwertungsbegehren hinaus, was unzulässig und mit der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren sei. Vielmehr hätte das Betreibungsamt Zürich 1 das Verwertungsbegehren zurückweisen müssen. Sowohl verfrüht als auch verspätet gestellte Verwertungsbegehren seien unwirksam. Der Betreibende, der nicht in- nert der unabänderlichen Fristen von Art. 116 Abs. 1 SchKG ein wirksames Verwertungsbegehren stelle, verliere sein Recht, die Verwertung zu beantragen. Ein gesetzeswidrig zu früh gestelltes Verwertungsbegehren sei unwirksam, was wie- derum die Nichtigkeit aller nachfolgenden Betreibungshandlung bewirke. Ein wirksames Verwertungsbegehren bilde Nämlich eine Voraussetzung für eine spätere Verwertung. Vorliegend seien sowohl die Entgegennahme eines zu früh gestellten Verwertungsbegehrens als auch seine Mitteilung rechtswidrig und daher aufzuheben. Da vorliegend ein neues Verwertungsbegehren innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen nicht mehr erfolgen könne, sei auch das Erlöschen der Betreibung Nr. 1 festzustellen (act. 38 S. 918).
4.
Der Beschwerde liegt unbestrittenermassen folgender Sachverhalt zugrun- de: Das Betreibungsamt Zürich 1 vollzog am 16. Juni 2021 in Abwesenheit des Beschwerdeführers die Pfändung (act. 3/E S. 4). Am 18. August 2021 verfasste diese Behörde die entsprechende Pfändungsurkunde (act. 3/E S. 1) und stellte diese am 23. August 2021 dem Beschwerdeführer rechtshilfeweise zu (act. 7/6). Der Beschwerdegegner ersuchte mit Schreiben vom 26. August 2021 um Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte (act. 7/7). Am 30. August 2021 unterzeichnete das Betreibungsamt Zürich 1 das Formular MITTEILUNG des Verwertungsbegehrens in der Betreibung Nr. 1 / Pfändung Nr. 2 / Verwertung Nr. 3
(act. 3/B). Darin war unter anderem Folgendes vermerkt: Der Gläubiger/die Gläubigerin verlangt mit Begehren vom 30.08.2021 die Verwertung der von dieser Betreibung betroffenen bewegliche[n] Sachen / Forderungen / Rechte. Das Betreibungsamt Zürich 1 liess diese Mitteilung am 18. November 2022 rechtshilfeweise dem Beschwerdeführer zustellen (act. 3/B).
Der Verfahrensschritt der Verwertung bezweckt, gepfändete Vermögenswerte in Geld umzusetzen, um so den Gläubiger zu befriedigen (KUKO SchKG- R?etschi, 2. A., Art. 116 N 1). Im Rahmen eines Notverkaufs (Art. 124 Abs. 2 SchKG) bei einer Nachpfändung (Art. 145 SchKG) verwertet das Betreibungsamt PfandgegenStände von Amtes wegen (SK SchKG-Zondler, 4. A.,
Art. 116 N 6). Kein Verwertungsbegehren ist zudem nätig, wenn das Pfändungsgut bereits in liquider Form, das heisst als Schweizer Banknoten und Mänzen, vorliegt. überdies sind unbestrittene und fällige Forderungen des Schuldners gegenüber Dritten von Amtes wegen einzuziehen (Art. 100 SchKG; KUKO SchKG- Zopfi, 2. A., Art. 100 N 4). Das Betreibungsamt muss hier von sich aus tätig wer- den und darf nicht zuerst ein Verwertungsbegehren des Gläubigers abwarten. Das Betreibungsamt kann daher insbesondere auch die überweisung von gepfändeten Bankguthaben des Schuldners in Schweizer Franken auf das Konto des Betreibungsamtes verlangen (BSK SchKG I-Sievi, 3. A., Art. 100 N 8). Wie aus der Pfändungsurkunde vom 18. August 2021 (act. 3/E S. 6) hervorgeht, verfügt der Beschwerdeführer bei der C. AG über ein Kontokorrentguthaben im Wert von Fr. 1'004'765.34 (Verbindung Nr. 4). Für die Verwertung dieses liquiden Guthabens in Schweizer Franken ist kein Verwertungsbegehren erforderlich. Vielmehr kann hier das Betreibungsamt direkt die nätige Zahlungsanweisung an die C. AG erlassen.
Abgesehen von den vorstehend genannten SonderFällen darf eine Verwertung nur gestützt auf einen Antrag des Gläubigers (Art. 116 Abs. 1 f. SchKG) des Schuldners (Art. 124 Abs. 1 SchKG; Art. 133 Abs. 2 SchKG) hin erfolgen. Der Gläubiger kann die Verwertung der gepfändeten beweglichen Vermögensstücke, Forderungen und andern Rechte frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr nach der Pfändung verlangen (Art. 116 Abs. 1 SchKG). Diese gesetzlichen Ver-
wirkungsfristen sind weder abnder- noch wiederherstellbar (BSK SchKG I- Frey/Staible, 3. A., Art. 116 N 34).
Ist der Schuldner bei der Pfändung nicht anwesend und auch nicht vertreten, laufen die Fristen von Art. 116 SchKG erst ab Zustellung der Pfändungsurkunde an ihn (BGer, 5A_346/2018 vom 3. September 2018, E. 3.1.1; BGE 130 III 661 E. 1.2; KUKO SchKG-R?etschi, 2. A., Art. 116 N 27). Das Betreibungsamt
Zürich 1 unterzeichnete die Pfändungsurkunde am 18. August 2021 (act. 3/E S. 1) und stellte sie am 23. August 2021 rechtshilfeweise via Betreibungsamt Lugano dem Beschwerdeführer zu (act. 7/6). Damit begann die Frist von Art. 116 Abs. 1 SchKG am 24. September 2021 zu laufen und endete am 24. August 2022
(Art. 31 SchKG in Verbindung mit Art. 142 Abs. 1 und Abs. 2 analog ZPO). Der Beschwerdegegner ersuchte mit Schreiben vom 26. August 2021 und damit vor dem 24. September 2021 das Betreibungsamt Zürich 1 um Verwertung (act. 7/7). Der Beschwerdegegner hat mithin sein Verwertungsbegehren vor Ablauf der einmonatigen Wartefrist von Art. 116 Abs. 1 SchKG gestellt.
Die Art. 9 Abs. 2 f. VFRR regeln, wie BetreibungsÄmter mit zu früh gestellten Verwertungsbegehren umgehen müssen. Nach diesen Bestimmungen werden Verwertungsbegehren, deren Stellung im Zeitpunkt, wo sie beim Betreibungsamt einlangen, gesetzlich noch nicht zulässig sind, dem Einsender mit der Bemerkung 'verfrüht, erst am ... zulässig' zurückgeschickt (Abs. 2). Ausgenommen sind solche Begehren, die höchstens zwei Tage zu früh einlangen. Diese werden gleichwohl entgegengenommen und, wie die andern, in der Reihenfolge des Eingangs eingetragen (Abs. 3 Satz 1). Obwohl der Beschwerdegegner sein Verwertungsbegehren am 26. August 2021 (act. 7/7) und damit weit mehr als zwei Tage vor dem 24. September 2021 beim Betreibungsamt Zürich 1 gestellt hatte, sandte diese Behörde das Begehren nicht an den Beschwerdeführer zurück. Vielmehr bewahrte das Betreibungsamt die Eingabe während über einem Jahr bei sich auf, ehe es dem Beschwerdeführer am 18. November 2022 rechtshilfeweise mitteilte, der Beschwerdegegner verlange die Verwertung seiner gepfändeten Vermögenswerte (act. 3/B).
Der Gesetzgeber hat die Minimalfrist von Art. 116 Abs. 1 SchKG im Interesse des Schuldners aufgestellt: Dieser soll den betreibenden Gläubiger aus an- deren Quellen doch noch befriedigen und so die drohende Verwertung abwenden können (vgl. BGer, 5A_753/2014 vom 8. Januar 2015, E. 2.1; SK SchKG-Zondler,
4. A., Art. 116 N 9; KUKO SchKG-R?etschi, 2. A., Art. 116 N 16). Nimmt das Betreibungsamt ein Verwertungsbegehren verfrüht entgegen, setzt es damit keinen Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 22 Abs. 1 SchKG (BGer, 5A_43/2010 vom
19. März 2010, E. 3.2; BSK SchKG I-Frey/Staible, 3. A., Art. 116 N 34). Anders sieht es aus, wenn das Betreibungsamt einem verspäteten Verwertungsbegehren Folge leistet: Wird die Maximalfrist nicht eingehalten, erlischt die Betreibung von Gesetzes wegen (Art. 121 SchKG). Das Erlöschen der Betreibung führt zur Nichtigkeit aller nachfolgenden Betreibungshandlungen (Art. 22 Abs. 1 SchKG; KUKO SchKG-R?etschi, 2. A., Art. 121 N 7; SK SchKG-Zondler, 4. A., Art. 121 N 9).
gestützt auf Art. 15 Abs. 2 SchKG erliess der Bundesrat am 5. Juni 1996 die VFRR. Art. 9 Abs. 2 VFRR verpflichtet BetreibungsÄmter dazu, verfrühte Verwertungsbegehren an die Gläubiger zurückzusenden. Ohne diese Bestimmung Müssten die BetreibungsÄmter solche Begehren während der Karenzfristen von Art. 116 Abs. 1 f. SchKG bei sich pendent halten. Nur wenn höchstens zwei Tage bis zum Ablauf der Minimalfristen von Art. 116 Abs. 1 f. SchKG fehlen, bewahrt das Betreibungsamt das Verwertungsbegehren bei sich auf (Art. 9 Abs. 3 VFRR). In diesen Fällen wäre eine Rücksendung Nämlich eine blosse Formalität, verstreichen doch bis zu einem neuen Begehren nur schon aufgrund des Postlaufs min- destens zwei Tage. Die Art. 9 Abs. 2 f. VFRR vereinfachen die Verfahrensabläufe der BetreibungsÄmter, indem diese zu früh gestellte Verwertungsbegehren gewissermassen zu ihrer Entlastung zurücksenden können. Auf diese Weise verwirklicht Art. 9 Abs. 2 f. VFRR das Gebot der ökonomischen Verwaltungsführung (vgl. Art. 43a Abs. 5 BV). Entsprechend sind diese Verordnungsbestimmungen bloss als Ordnungsvorschriften zu qualifizieren. Sie Schätzen den Schuldner nicht vor verfrühten Verwertungsbegehren. Diese Funktion kommt vielmehr Art. 116
Abs. 1 f. SchKG zu. Als Bundesgesetz hat das SchKG Vorrang vor Allfällig widersprechenden Verordnungen des Bundesrates, weshalb das genaue Verhältnis von Art. 9 Abs. 2 VFRR zu Art. 116 Abs. 1 f. SchKG offenbleiben kann (vgl. zur
Massgeblichkeit von Bundesgesetzen Art. 190 BV). Der Beschwerdegegner ersuchte mit Schreiben vom 26. August 2021 um Verwertung (act. 7/7). Ein solches verfrühtes Verwertungsbegehren ist, wie oben dargelegt, nicht nichtig. Am
30. August 2021 verfasste das Betreibungsamt Zürich 1 die Verwertungsbegehrensmitteilung, welche sie am 18. November 2022 dem Beschwerdeführer rechtshilfeweise zustellte (act. 3/B). Damit standen dem Beschwerdeführer statt der gesetzlichen Schonfrist von einem Monat rund vierzehn Monate zur Verfügung, um seine Schulden doch noch aus eigenem Antrieb zu bezahlen. Das Betreibungsamt Zürich 1 nahm in dieser Zeitspanne keine Betreibungshandlungen vor und verwertete insbesondere auch keine gepfändeten Vermögenswerte. Die Vorinstanz räumte dem Beschwerdeführer somit im Ergebnis sehr viel mehr Zeit ein als Art. 116 Abs. 1 SchKG vorsieht. Folglich ist dem Beschwerdeführer durch die unterbliebene Retournierung des Verwertungsbegehrens an den Beschwerdegegner kein Nachteil entstanden. Da das Betreibungsamt Zürich 1 den Sinn und Zweck von Art. 116 Abs. 1 SchKG gewahrt hat, liegt keine Gesetzesverletzung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG vor.
5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.
Das Verfahren vor den kantonalen AufsichtsBehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG). Parteientschädigungen dürfen hier nicht zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner unter Beilage der ganzen Beschwerde (act. 38) und der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13. Juli 2023 (act. 47), an das Bezirksgericht Zürich,
Abteilung als untere kantonale AufsichtsBehörde über BetreibungsÄmter, sowie an das Betreibungsamt Zürich 1, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen AufsichtsBehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
Dr. M. Tanner versandt am:
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