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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS230060
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS230060 vom 26.07.2023 (ZH)
Datum:26.07.2023
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_610/2023
Leitsatz/Stichwort:Zahlungsbefehl
Schlagwörter : Beschwerde; Recht; Betreibung; Beschwerdegegnerin; Vorinstanz; Uster; SchKG; Beschwerdeführer; Vertretung; Treibungsamt; Betreibungsamt; Panamaische; Gericht; Zahlungsbefehl; Partei; Aufsichtsbehörde; Entscheid; Vertretungsbefugnis; Parteien; Panama; Vollmacht; Rechtsanwalt; Rechtsmittel; Gesellschaft; Panamaischen; Gültig; Beweis; Urteil; Müsse
Rechtsnorm: Art. 1 IPRG ; Art. 13 KG ; Art. 143 ZPO ; Art. 154 IPRG ; Art. 155 IPRG ; Art. 158 IPRG ; Art. 16 IPRG ; Art. 17 KG ; Art. 18 KG ; Art. 20a KG ; Art. 22 KG ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 327 ZPO ; Art. 38 OR ; Art. 59 ZPO ; Art. 68 ZPO ; Art. 8 ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:107 III 49; 123 III 328; 130 III 231; 144 III 277;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS230060-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschrei- ber Dr. M. Tanner

Urteil vom 26. Juli 2023

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführer

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X1. und / oder Rechtsanwalt Dr. iur. X2.

    gegen

  2. Inc.,

Beschwerdegegnerin

angeblich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Zahlungsbefehl

(Beschwerde über das Betreibungsamt Uster)

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksgerichtes Uster vom 15. März 2023 (CB220017)

Erwägungen:

I.

1.

    1. Die Gläubigerin und Beschwerdegegnerin ist eine Aktiengesellschaft (Inc.; sociedad anonima) mit Sitz in Panama (act. 3/8–9). Der Schuldner und Beschwerdeführer ist eine Privatperson und wohnt in C. . Die D. AG hat ihren Sitz in E. . Sie bezweckt im Wesentlichen die Bewirtschaftung des In- dustrieparks F. (act. 3/3).

    2. Mit Schreiben vom 4. März 2022 reichte Rechtsanwalt lic. iur. Y. na- mens der Beschwerdegegnerin beim Betreibungsamt Uster ein Betreibungsbe- gehren ein. Darin forderte er den Beschwerdeführer auf, der Beschwerdegegnerin Fr. 100'000'000.– zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 6. März 2017 zu bezahlen

(act. 9/1). Das Betreibungsamt Uster stellte am 7. März 2022 den entsprechenden Zahlungsbefehl aus. Dieser Zahlungsbefehl wurde dem Beschwerdeführer am

  1. ärz 2022 persönlich überreicht (act. 3/2 S. 2).

    2.

    Mit Eingabe vom 21. März 2022 erhob der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Uster als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs (fortan Vorinstanz) gestützt auf Art. 17 SchKG Beschwerde gegen diese Betrei- bung. Darin stellte er folgende Anträge (act. 1 S. 2):

    1. Der Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Uster vom 7. März 2022 (Betreibung Nr. ...) sei aufzuheben;

    1. Es sei die Nichtigkeit des Zahlungsbefehls des Betreibungsamtes Uster vom 7. März 2022 (Betreibung Nr. ...) festzustellen;

    2. Der entsprechende Eintrag im Betreibungsregister des Betreibungsamtes Uster (Be- treibung Nr. ...) sei unverzüglich zu löschen und das Betreibungsamt Uster sei zur Löschung anzuweisen.

Die Vorinstanz wies das Rechtsmittel mit Beschluss vom 15. März 2023 ab (act. 44 = act. 47 = act. 49).

3.

Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24. März 2023 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich, wobei er folgende An- träge stellte (act. 48 S. 2):

1. Der Beschluss des Bezirksgerichts Uster (als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs) vom 15. März 2023 (Geschäfts-Nr. CB220017) sei aufzuheben;

  1. Der Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Uster vom 7. März 2022 (Betreibung Nr. ...) sei aufzuheben;

  2. Es sei die Nichtigkeit des Zahlungsbefehls des Betreibungsamtes Uster vom 7. März 2022 (Betreibung Nr. ...) festzustellen;

  3. Der entsprechende Eintrag im Betreibungsregister des Betreibungsamtes Uster (Be- treibung Nr. ...) sei unverzüglich zu löschen und das Betreibungsamt Uster sei zur Löschung anzuweisen.

Mit Präsidialverfügung vom 3. Juli 2023 wurde der Beschwerdegegnerin eine Frist angesetzt, um die Beschwerde zu beantworten (act. 50). Mit Schreiben vom

13. Juli 2023 ersuchte die Beschwerdegegnerin um Fristerstreckung (act. 52). Am

17. Juli 2023 zog sie dieses Gesuch sinngemäss zurück (vgl. act. 54) und reichte gleichentags fristgerecht ihre Beschwerdeantwort ein. Darin stellte sie folgenden Antrag (act. 55 S. 2):

Die Beschwerde sei abzuweisen, sofern darauf einzutreten ist.

Diese Beschwerdeantwort (act. 55) ist dem Beschwerdeführer mit dem vorliegen- den Endentscheid zuzustellen. Die Akten der Vorinstanz (act. 1–45) wurden von Amtes wegen beigezogen (Art. 327 Abs. 1 ZPO). Die Angelegenheit ist spruchreif.

II.

1.

    1. Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist der vom Betreibungsamt Us- ter ausgestellte Zahlungsbefehl Nr. ... nichtig oder zumindest anfechtbar (act. 48

      S. 2). Solche Mängel sind bei der Aufsichtsbehörde geltend zu machen (Art. 17 Abs. 1 SchKG in Verbindung mit Art. 13 SchKG). Das entsprechende Verfahren richtet sich nach Art. 20a Abs. 2 SchKG und im Übrigen nach kantonalem Recht (Art. 20a Abs. 3 SchKG; BSK SchKG I-Cometta/Möckli, 3. A., Art. 20a N 38). Im Kanton Zürich ist § 18 EG SchKG in Verbindung mit § 83 f. GOG massgeblich. Dabei ist der Sachverhalt von Amtes wegen zu untersuchen; die Bestimmungen der ZPO sind sinngemäss anwendbar (§ 83 Abs. 3 GOG). Für den Weiterzug an das Obergericht gelten insbesondere die Bestimmungen über die Beschwerde (§ 84 GOG in Verbindung mit Art. 319 ff. ZPO).

    2. Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet einzureichen (Art. 321

      Abs. 1 ZPO). In der Begründung soll zum Ausdruck kommen, an welchen Män- geln der angefochtene Entscheid leidet resp. weshalb dieser nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei unrichtig sein soll. Mit der Beschwerde kann die un- richtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im oberen kantonalen Aufsichtsbeschwerdeverfahren ausge- schlossen (Art. 326 ZPO, vgl. OGer ZH, PS110019 vom 21. Februar 2011, E. 3.4; OGer ZH, PS180175 vom 18. Dezember 2018, E. 4.3).

    3. Vorliegend hat die Vorinstanz als untere Aufsichtsbehörde entschieden (Art. 13 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 17 SchKG). Solche Entscheide kön- nen innert zehn Tagen nach der Eröffnung an die obere kantonale Aufsichtsbe- hörde weitergezogen werden (Art. 18 Abs. 1 SchKG). Die Vorinstanz stellte den angefochtenen Beschluss vom 15. März 2023 dem Beschwerdeführer am

16. März 2023 zu (act. 45). Dieser übergab sein Rechtsmittel am 24. März 2023 und damit rechtzeitig innerhalb der 10-Tagesfrist der Schweizerischen Post

(Art. 143 Abs. 1 ZPO; act. 48 S. 1). Die vorliegende Beschwerde enthält klare Rechtsbegehren und wurde ausreichend begründet. Damit entspricht sie den for- mellen Voraussetzungen von Art. 321 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid der Vorinstanz beschwert. Da auch die übri- gen Prozessvoraussetzungen von Art. 59 Abs. 2 ZPO erfüllt sind, ist auf das Rechtsmittel einzutreten.

2.

    1. Rechtsanwalt Y. unterzeichnete am 4. März 2022 ein Betreibungs- begehren und reichte dieses am 7. März 2022 (Eingangsdatum) beim Betrei- bungsamt Uster ein. Dieses Begehren bezeichnet den Schuldner, die Gläubigerin und ihren Vertreter wie folgt (act. 9/1):

      Schuldner/in (Name, Vorname bzw. Firma; Adresse; PLZ Ort)

      1. … [Adresse]

        Gläubiger/in (Name, Vorname bzw. Firma; Adresse; PLZ Ort)

      2. Inc.

        … [Adresse]

        vertreten durch

        (Name, Vorname bzw. Firma; Adresse; PLZ Ort)

        RA Y.

        … [Adresse]

    2. Rechtsanwalt Y. leitet seine Vertretungsbefugnis aus zwei Anwalts- vollmachten ab, die bis auf die jeweilige Datierung – 5. Januar 2022 (act. 3/7) respektive 15. April 2022 (act. 14A) – gleich lauten:

POWER OF ATTORNEY

Attorney at law

lic. iur. Y.

is hereby empowered in the matter of

B. Inc. […]

vs.

A. […] concerning

- Claims in connection with the (alleged) mandate as board member (and/or presi- dent of the board) of D. AG and/or any other activities for D. AG and (alleged) acts and/or omissions in the name and on behalf of D. AG

- […]

to perform all legal acts of a holder of an unlimited power of attorney […] G. , 05 JANUARY 2022 [respektive 15 APRIL 2022]

(Place) (Date)

The client: [Unterschrift: H. , Unterschrift: I. ] B. Inc.

3.

    1. Die Vorinstanz wies die SchK-Beschwerde im Wesentlichen mit folgender Begründung ab: Eine mangelhafte Vertretungsbefugnis des betreibenden Gläubi- gers stelle eine Rüge dar, die zwar grundsätzlich auf dem Beschwerdeweg ge- genüber den Aufsichtsbehörden geltend gemacht werden müsse. Im Zusammen- hang mit der Vertretungsbefugnis würden sich indessen umfangreiche materiell- rechtliche Fragen stellen, die Gegenstand mehrerer, langjähriger Gerichtsverfah- ren im In- und Ausland bildeten. Eine abschliessende Prüfung dieser Fragen sei im Rahmen einer SchK-Beschwerde nicht möglich. Die sich stellenden materiell- rechtlichen Fragen seien vorliegend derart umfangreich und komplex, dass ein präjudizierender Entscheid durch die Aufsichtsbehörde nicht angezeigt erscheine. Vielmehr müsse die abschliessende Beantwortung dieser Fragen den Zivilgerich- ten vorbehalten bleiben. Eine umfangreiche Prüfung im Rahmen einer kostenlo- sen SchK-Beschwerde sei zudem rechtsmissbräuchlich, zumal die SchK- Beschwerde nicht für die Beantwortung derartiger Fragestellung konzipiert sei. Entsprechend prüfe die Vorinstanz bloss, ob die nötige Vollmacht offensichtlich nicht vorliege und damit der angefochtene Zahlungsbefehl offensichtlich ungültig sei. Für die abschliessende Klärung dieser Fragen seien die Parteien auf die An- erkennungs- und die Aberkennungsklage verwiesen (act. 47 E. 4.2.9–4.2.11).

    2. Am 20. November 2015 habe J. , Präsident der Beschwerdegegnerin, eine Generalvollmacht ausgestellt. Darin ermächtige er K. , H. und

  1. , mittels Kollektivunterschrift zu zweien für die Gesellschaft zu handeln. Diese Generalvollmacht umfasse insbesondere auch die Befugnis, Rechtsanwäl- ten Prozessvollmachten zu erteilen und Verfahren beliebiger Art einzuleiten. Zwar sei die Generalvollmacht an der Verwaltungsratssitzung vom 31. Mai 2016 aufge- hoben worden. Indessen habe der Juzgado Quinte de Circuito de lo Civil del Pri- mer Circuito Judicial de Panamá (Fünftes Zivilgericht des ersten Gerichtsbezirks von Panama) mit Entscheid vom 2. Mai 2019 dieses Verwaltungsratssitzungspro- tokoll für nichtig erklärt. Das Primer Tribunal Superior del Primer Distrito Judical de Panamá (Erstes Oberstes Gericht des Ersten Gerichtsbezirks von Panama) habe diese Beurteilung mit Entscheid vom 15. März 2022 bestätigt. Es habe ebenfalls ausdrücklich festgehalten, dass alle Verwaltungsratsbeschlüsse vom

    31. Mai 2016 und vom 10. Juni 2016 nichtig seien. Aus einer Legal Opinion vom

    18. April 2022 gehe schliesslich hervor, dass dieser panamaische Berufungsent- scheid vom 15. März 2022 in Rechtskraft erwachsen sei. Der Beschwerdeführer bringe weder genügend substantiiert vor, er habe diesen Entscheid angefochten, noch habe er geeignete Beweismittel ins Recht gelegt, welche auf eine solche An- fechtung hindeuten würden. Entsprechend stehe mittlerweile rechtskräftig fest, dass H. und I. für die Beschwerdegegnerin kollektivzeichnungsbe- rechtigt seien. Diese beiden Personen hätten am 5. Januar 2022 respektive am

    15. April 2022 je gemeinsam die Anwaltsvollmachten für Rechtsanwalt Y. unterzeichnet. Folglich sei Rechtsanwalt Y. zur Vertretung der Beschwer- degegnerin im Betreibungsverfahren berechtigt. Eine abschliessende Klärung der Bevollmächtigung der Beschwerdegegnerin bleibe aber dem Zivilgericht vorbehal- ten (act. 47 E. 4.2.12–4.3).

    4.

      1. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, eine fehlende Vertretungsbe- fugnis auf Seiten der betreibenden Partei bewirke die Nichtigkeit des Zahlungsbe- fehls (Art. 22 SchKG). Bedeutungslos sei in diesem Zusammenhang, ob dem Be-

        treibungsamt beim Prüfen der Vollmacht ein Fehler unterlaufen sei oder nicht (act. 48 S. 3 f.).

      2. Die Vertretungsbefugnis richte sich nach dem Recht von Panama. Die Vor- instanz sei davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer den Nachweis der panamaischen Vertretungsregeln hätte erbringen müssen. Richtigerweise hätte die Vorinstanz von Amtes wegen prüfen müssen, wer für eine panamaische Ge- sellschaft Prozesse führen und zu diesem Zweck Rechtsvertreter bestellen könne. Die Vorinstanz hätte die Vertretungsbefugnis richtigerweise mit voller Kognition überprüfen müssen. Indem sie bloss untersucht habe, ob eine Vollmacht offen- sichtlich fehle, habe sie ihre Kognition rechtswidrig eingeschränkt (act. 48 S. 5– 7).

      3. Die Anwaltsvollmachten vom 5. Januar 2022 und vom 15. April 2022 seien von H. und von I. im Namen der Beschwerdegegnerin unterzeichnet worden. Diese beiden Herren seien weder im Jahr 2022 noch im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung im panamaischen Handelsregister eingetragene Direkto- ren oder Verwaltungsräte der Beschwerdegegnerin gewesen. Ohne eine solche handelsregisterrechtliche Eintragung sei keine rechtsgültige Vertretung möglich. Da sich die Beschwerdegegnerin auf die Generalvollmacht berufe, trage sie die Beweislast für den Nachweis ihrer Gültigkeit, und zwar nach Massgabe des an- wendbaren panamaischen Rechts. Abgesehen davon sei unklar, ob die beiden panamaischen Urteile rechtskräftig geworden seien (act. 48 S. 7 f.).

      4. Zusammenfassend fehle dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin die Vertretungsbefugnis. Aus diesem Grund sei der entsprechende Zahlungsbefehl nichtig oder zumindest aufzuheben (act. 48 S. 8).

    5.

      1. Die Beschwerdegegnerin macht ihrerseits geltend, die Brüder H. und I. seien als Generalbevollmächtigte befugt gewesen, namens der Beschwerdegegnerin eine Prozessvollmacht auszustellen. Das erstinstanzliche pa- namaische Urteil vom 2. Mai 2019 halte nämlich fest, dass die Kraftloserklärung

        der Aktienanteile der beiden Brüder am 31. Mai 2016 und der Rückzug der Gene- ralvollmacht vom 10. Juni 2016 nichtig gewesen sei. Das erstinstanzliche pana- maische Gericht habe den Gesellschaftsstatus aufgrund der Nichtigkeit der ge- nannten Handlungen auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Annahme des Beschlusses vom 31. Mai 2016 zurückgesetzt. Als Folge davon seien die Vollmach- ten weiterhin gültig gewesen. Das zweitinstanzliche panamaische Gericht habe am 15. März 2022 dieses erstinstanzliche Urteil bestätigt. Die Legal Opinion vom

        18. April 2022 belege zudem, dass beide Gerichtsentscheide in Rechtskraft er- wachsen seien. Die Vorinstanz habe anhand dieser Urteile detailliert und korrekt die Vertretungsbefugnis von H. und I. aufgezeigt (act. 55 S. 6 f.).

      2. Die vom Beschwerdeführer kritisierten Ausführungen der Vorinstanz seien nicht zu beanstanden. Nur bei einer offensichtlich fehlenden Vollmacht sei näm- lich ein Zahlungsbefehl ungültig. Die Prüfung der Vertretungsbefugnis bilde eine komplexe materiell-rechtliche Frage und könne deshalb nicht im Rahmen einer SchK-Beschwerde abschliessend erfolgen. Es stehe dem Beschwerdeführer aber frei, seine Einwendungen im späteren materiell-rechtlichen Zivilverfahren vorzu- bringen. Der Beschwerdeführer habe denn auch keine einzige Rechtsquelle ge- nannt, aufgrund derer die Vorinstanz die Vertretungsbefugnis mit voller Kognition hätte überprüfen müssen (act. 55 S. 9).

      3. Der Richter müsse das ausländische Recht von Amtes wegen abklären. Er könne jedoch insbesondere im summarischen Verfahren den Parteien eine Mit- wirkungs- oder gar eine Nachweispflicht auferlegen. Da es sich um einen Nach- weis und nicht um einen Beweis im eigentlichen Sinne handelt, seien die gewöhn- lichen Beweisregeln nicht anwendbar, hingegen seien die Regeln der Beweiswür- digung massgeblich. Misslinge der Nachweis, gelte die Beweislastverteilung ge- mäss Art. 8 ZGB nicht. Vielmehr müsse der Richter nach wie vor in einem der Verhältnismässigkeit und Zumutbarkeit entsprechenden Ausmass versuchen, das anwendbare Recht ausländische Recht selbst festzustellen. Auch inhaltlich seien die Vorbringen des Beschwerdeführers unbegründet. Nach panamaischem Recht könnten nämlich gültig bevollmächtigte Personen eine Gesellschaft ohne Eintra-

    gung im öffentlichen Register vertreten. Insofern entfalte der Registereintrag bloss deklaratorische Wirkung (act. 55 S. 10–12).

    6.

      1. Im Betreibungsbegehren sind unter anderem anzugeben: der Name und Wohnort des Gläubigers und seines allfälligen Bevollmächtigten sowie, wenn der Gläubiger im Ausland wohnt, das von demselben in der Schweiz gewohnte Domi- zil (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG). Dabei hat sich der allfällige Vertreter durch eine Vollmacht auszuweisen (Art. 68 Abs. 3 ZPO analog). Wird der Vertreter von einer juristischen Person bevollmächtigt, so muss auch die vollmachtsunterzeichnende Person berechtigt sein, für die juristische Person zu handeln

        (E. Staehelin/Schweizer, in: Sutter-Somm et al., 3. A., Art. 68 ZPO N 28).

      2. Reicht ein Bevollmächtigter im Namen einer Drittperson ein Betreibungs- begehren ein, muss das Betreibungsamt die Vollmacht des Rechtsvertreters nicht überprüfen (BGE 144 III 277 E. 3.1.1; BSK SchKG I-Kofmel Ehrenzeller, 3. A., Art. 67 N 23). Indessen kann der Schuldner bei einer fehlenden oder mangelhaf- ten Vollmacht die Aufhebung der Betreibung auf dem Beschwerdeweg (Art. 17 SchKG) verlangen (BGE 144 III 277 E. 3.1.1; BGE 130 III 231 E. 2.1; OGer ZH, PS210090 vom 3. Mai 2022, E. D/2.2.1).

      3. Das Fehlen einer Vollmacht bei Einreichen des Betreibungsbegehrens führt nicht automatisch zu dessen Nichtigkeit. Vielmehr kann die Gläubigerin das Handeln eines vollmachtlosen Stellvertreters nachträglich genehmigen (BGE 107 III 49 E. 1 f.). Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts, sieht doch Art. 38 OR ausdrücklich die Möglichkeit einer nachträglichen Geneh- migung von Vertretungshandlungen vor (OGer ZH, PS150008 vom 5. März 2015,

    E. II/3.2). Erfolgt keine solche Genehmigung, wird die Betreibung als ungültig auf- gehoben (BSK SchKG I-Kofmel Ehrenzeller, 3. A., Art. 67 N 23).

    7.

      1. Zwischen den Parteien ist strittig, ob H. und I. im Namen der Beschwerdegegnerin Rechtsanwalt Y. eine gültige Anwaltsvollmacht ausstellen konnten. Die Beschwerdegegnerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Panama (act. 3/8 f.), weshalb ein internationaler Sachverhalt vorliegt (Art. 1 Abs. 1 IPRG). Da die Schweiz und Panama keinen gesellschaftsrechtlichen

        Staatsvertrag abgeschlossen haben, bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem 10. Kapitel Gesellschaftsrecht des IPRG. Gemäss Art. 154 Abs. 1 IPRG unterstehen Gesellschaften dem Recht desjenigen Staates, nach dessen Vor- schriften sie organisiert sind, wenn sie die entsprechenden vorgeschriebenen Publizitäts- oder Registrierungsvorschriften erfüllen. Vorliegend ist dies die Rechtsordnung von Panama. Dieses Gesellschaftsstatut legt unter anderem die Vertretung der aufgrund ihrer Organisation handelnden Personen fest (Art. 155 lit. i IPRG; BSK IPRG-Eberhard/von Planta, 4. A., Art. 155 N 19 f.; Dutoit/Bonomi, Droit international privé suisse, 6. A., Basel 2022, Art. 155 IPRG N 11). Vorbehal-

        ten bleibt der Schutz gutgläubiger Dritter (Art. 158 IPRG), der im vorliegenden Zu- sammenhang nicht relevant ist. Das Gesellschaftsstatut regelt insbesondere die Vertretungsmacht der Organe und Hilfspersonen sowie deren Umfang (BGer, 4A_454/2018 vom 5. Juni 2019, E. 2.2).

      2. Das Gericht muss den Inhalt des massgeblichen ausländischen Rechts von Amtes wegen feststellen. Dazu kann es die Mitwirkung der Parteien verlan- gen und bei vermögensrechtlichen Ansprüchen den Nachweis der Parteien über- binden (Art. 16 Abs. 1 IPRG). Nur wenn sich der Inhalt des anzuwendenden aus- ländischen Rechts nicht ermitteln lässt, darf das Gericht schweizerisches Recht anwenden (Art. 16 Abs. 2 IPRG).

    8.

      1. SchK-Beschwerden sind ihrem Zweck entsprechend beförderlich zu be- handeln. So beträgt die Rechtsmittelfrist ans Bundesgericht statt 30 bloss

        10 Tage (Art. 100 Abs. 2 lit. a SchKG). Zudem müssen sich Beweiserhebungen in einem vernünftigen Rahmen bewegen (BGer, 5A_680/2019 vom 10. Dezember 2019, E. 2.3.2; BGE 123 III 328 E. 3; OGer, PS220009 vom 16. Mai 2022, E. 4.1).

        Dieser Grundsatz muss sinngemäss auch für die Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts gelten. Das Gericht verfügt diesbezüglich über einen Er- messensspielraum (vgl. CHK IPRG-Buhr/Gabriel/Schramm, 3. A., Art. 16 N 11):

        Im Interesse einer speditiven Prozessleitung wird die Behörde bei einer SchK- Beschwerde in der Regel nicht zuerst vertiefte eigene Rechtsabklärungen vor- nehmen, sondern direkt den Nachweis des ausländischen Rechts bei einer ver- mögensrechtlichen Angelegenheit den Parteien überbinden. Führt dies zu keinem Ergebnis, so ist schweizerisches Recht anzuwenden (Art. 16 Abs. 2 IPRG).

      2. Die Vorinstanz stützt sich auf die erwähnten erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsurteile aus Panama ab (act. 47 E. 4.2.11–4.2.19). Ob das Berufungsurteil mittlerweile in Rechtskraft erwachsen ist und damit H. und I. die Beschwerdegegnerin rechtsgültig vertreten können, lässt sich aufgrund der Akten nicht abschliessend beantworten: Die Beschwerdegegnerin reichte keine staatli- che Rechtskraftsbescheinigung, sondern bloss eine Legal Opinion ein, welche die Anwaltskanzlei L. für sie ausgestellt hat (act. 14/23). Ein privates Rechts- gutachten vermag eine offizielle Rechtskraftsbescheinigung in aller Regel nicht zu ersetzen. Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als der Anwaltskanzlei

        L. offenkundig die nötige Unabhängigkeit fehlt, ist doch an ihrem Kanzleisitz die Beschwerdegegnerin mit einer c/o-Adresse domiziliert.

      3. Zweifel an der behaupteten Rechtskraft der panamaischen Urteile drängen sich aber auch noch aus einem weiteren Grund auf: H. und I. sind immer noch nicht als zeichnungsberechtige Personen im Handelsregister von Pa- nama eingetragen. Die Beschwerdegegnerin betonte am 27. Mai 2022 im vo- rinstanzlichen Verfahren, dieser Eintrag werde zeitnah erfolgen (act. 20 S. 3 f.). Am 17. Juli 2023 hielt die Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeantwort fest, die Bereinigung des panamaischen Handelsregisters sei im Gange (act. 55

        S. 12). Weshalb diese Registerbereinigung mehr als ein Jahr nach der angebli- chen Rechtskraft des panamaischen Rechtsmittelentscheides immer noch nicht erfolgt ist, hat die Beschwerdegegnerin nicht schlüssig dargelegt.

      4. Bei dieser Ausgangslage durfte die Vorinstanz nicht vorbehaltlos auf die panamaischen Urteile abstellen (act. 47 E. 4.2.17 f.). Vielmehr hätte sie zuerst den Nachweis des ausländischen Rechts in dieser vermögensrechtlichen Angele- genheit den Parteien überbinden müssen (Art. 16 Abs. 1 Satz 3 IPRG).

    9.

    Indem die Vorinstanz die Vertretungsverhältnisse nicht nach panamaischem Recht prüfte, verletzte sie Art. 16 Abs. 1 IPRG. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigen sich Ausfüh- rungen zur Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Betreibung.

    III.

    Das Verfahren vor der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG in Verbindung mit Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG). Parteientschädigungen werden hier nicht zu- gesprochen (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

    Es wird erkannt:

    1. In Gutheissung der Beschwerde wird der Beschluss des Bezirksgerichts Uster, Untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Kon- kurs, vom 15. März 2023 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägun- gen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

    2. Es werden keine Kosten erhoben.

    3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

    4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdeführer unter Bei- lage der Beschwerdeantwort (act. 55) samt Beilagen (act. 56), an das Be- treibungsamt Uster sowie an das Bezirksgericht Uster, je gegen Empfangs- schein.

      Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

    5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist in- nert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht,

    1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetrei- bungs- und Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Obergericht des Kantons Zürich

  2. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

Dr. M. Tanner versandt am:

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